Umgang mit Menschen mit Demenz, besonders herausforderndem

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Umgang mit Menschen mit Demenz, besonders herausforderndem
Umgang mit Menschen mit Demenz, besonders
herausforderndem Verhalten
(Vortrag von Saskia Brehm beim Pflegestammtisch am 26.02.2015 in Straubing)
„Ich will, wie ich es bislang getan habe, die Schönheit dieser Welt in mich aufnehmen und die
Zuneigung meiner Familie und Freunde spüren. Ich möchte all diese Dinge erleben, auch wenn die
Erinnerung schnell verblasst. Wir genießen solche Momente ja, um ihrer selbst willen, nicht nur, um
uns später daran erinnern zu können“ .(Boden, 1998, p. 145)
Wir Menschen leben im Schutz, den wir einander bieten
Dieses irische Sprichwort entspringt zweifellos der Erfahrung vieler Generationen, der Erfahrung
eines Lebens in einer wunderbaren, jedoch oft unwirtlichen Gegend. Es erinnert uns daran, dass nur
das Zusammensein mit anderen Menschen echten, wahren Schutz bieten kann. Ein Mensch der
gegen die Attacken der Alzheimer-Krankheit oder einer anderen Demenz ankämpft, ist ganz
besonders schutz- und unterstützungsbedürftig. Die Person muss in mitmenschliche Beziehungen
eingebettet sein.
„Etwas tun“, ein ur-menschliches Bedürfnis
Menschen mit Demenz brauchen, wie gesunde auch, Aktivitäten, um ihr Dasein als sinnvoll zu
empfinden. Auch sie wollen eingebunden sein ins bunte Netz des Lebens. Das Tun selbst trägt den
Sinn in sich und befriedigt; nicht das Ergebnis zählt, nicht einmal die objektive, praktische
Notwendigkeit für die Tätigkeit ist entscheidend. Der Sinn liegt in der persönlichen Befriedigung, die
aus dem Tun erwächst, aus der vertrauten, gewohnten Beschäftigung der eigenen Hände.
Wichtig:
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Menschen mit Demenz brauchen zum Tätigsein Unterstützung
Tätigsein reduziert gewisse Demenzsymptome. Manche lassen sich damit sogar behandeln
Pflege, die den gewohnten Lebensstil unterstützt, ist die allerbeste
Tätigsein verleiht der Gegenwart einen Sinn
Die tätige Person in den Mittelpunkt stellen, nicht die Tätigkeit selbst
Grundsätzliches zu schwierigen Verhaltensweisen = Herausforderndes Verhalten
Das Verhalten ist herausfordernd (schwierig) nicht die Person
Menschen mit Demenz bemühen sich nach Kräften, ihren Alltag zu bewältigen. Sie sind zuallererst
Menschen, Persönlichkeiten mit vielen verschiedenen Fähigkeiten und Bedürfnissen.
Jedes Verhalten hat eine Bedeutung
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Verhaltensweisen (wenn auch seltsam) sind immer Versuche zu kommunizieren
Oft drücken sie ein unbefriedigtes Bedürfnis aus
Wie sind aufgefordert (herausgefordert), uns in die Welt der Demenz-Kranken
hineinzuversetzen
Der Betroffene will sein Würde bewahren, fühlt sich hilflos und kann das Problem selbst nicht
lösen
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Verhalten, das Pflegende stört, ist ein Symptom der Gehirnerkrankung
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Die Person mit Demenz kann ihr Verhalten nicht willentlich kontrollieren
Nichts passiert mutwillig
Sie kämpfen gegen das Nachlassen ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten
Sie leben in einer Welt, die sie immer weniger verstehen
Es sind spezifische Symptome der Erkrankung: Verkennung, Gedächtnisverlust
Wenn sich die ersten Demenzsymptome zeigen, ist das Gehirn bereits zu 80% geschädigt
Schlafen/ Nächtliches Umherwandern/ Schlaf-Wachumkehr/ Schlafstörungen
Schlaf = Wichtig für das Wohlbefinden des Erkrankten, aber auch für den Betreuer
Im Alter verändert sich erfahrungsgemäß das Schlafmuster. Alte Menschen schlafen nachts weniger,
kompensieren den Schlafmangel jedoch oft tagsüber mit einem Nickerchen. Das Schlafstadium IV,
der tiefste und erholsamste Schlaf ist, bes. bei Männern, unterbrochen. Oft sind beide Faktoren
zusammen dafür verantwortlich, dass sich Hochbetagte weniger ausgeruht fühlen. Es gibt ferner
Beweise, dass Schlafstörungen, etwa das Schlafapnoesyndrom bei alten Menschen seltener erkannt
werden.
Anpassungen:
Raten Sie ihrem Schützling, öfter und kürzer zu schlafen. Es ist zwar naheliegend, früher zu Bett zu
gehen, wenn man müde wird, bringt damit allerdings die Schlafperiodik noch mehr durcheinander.
Probleme /Ursachen
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Evtl. ist das Schlaf-Wach-Zentrum des Gehirns geschädigt, kann zu einer Umkehr des TagNacht-Rhythmus führen
Verstehen die natürlichen Signale der Umgebung, dass es Nacht ist, nicht mehr
Können ihre gewohnten Abendrituale nicht mehr selbständig durchführen
Wenn sie nachts aufwachen und sich nicht auskennen, fürchten sie sich und sind
desorientiert
Medikamentennebenwirkung, paradoxe Wirkung
Durst oder Hunger
Niedriger oder hoher Blutdruck
Unter- oder Überzucker
Schmerzen durch falsches Lagern
Unangenehmer Lichteinfall oder zu wenig Licht
Muskelkrämpfe
Atemwegserkrankungen und Schlafapnoe
Schwer zuordenbare Wahrnehmungen (Bäume bewegen sich im Wind, werfen Schatten)
Laute Geräusche oder ungewohnte Stille
Harndrang
Hilfen
Vorbereitungen zum Schlafen gehen nicht verändern (Biographie!!!)
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Feste Gewohnheiten beachten
Rituale einhalten
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Schlafenszeiten beachten
In Studien wurde festgestellt, dass der Schlaf, vor allem auch die Unruhe verbessert werden
kann und die Aggressionsbereitschaft gesenkt wird, wenn die Kranken sich tagsüber in
ausreichend hellen Räumen mit guter schattenfreier Beleuchtung (günstiger Effekt tägl. 500
Lux in Glühbirnen), nachts dagegen in Dunkelheit aufhalten
Einschlafen helfen
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Tagsüber für reichlich Gelegenheit sich zu bewegen sorgen
Anregende Aktivitäten sind zwei bis drei Stunden vor dem Schlafen gehen kontraproduktiv
Besuche absprechen (Kinder, Enkelkinder), dass die Reizüberflutung nicht so groß ist
Evtl. abends 1 Tasse Bohnenkaffe anbieten
Warme Milch oder Milchprodukte
Glas Bier oder Rotwein
Kamillen oder Kräutertees, Baldrian, Hopfenzapfen, Melissen, Weißdorn, Orangenblüten
Schlaffördernde Lebensmittel: Teigwaren, Süßigkeiten, Rindfleisch, Ananas, Birnen, Datteln
Beruhigende Musik, Lieder gemeinsam singen
Nestchen bauen- kann trösten und beruhigen
Wärmflasche, Kirschkernkissen
Warmes beruhigendes Fußbad, abends Vollbad mit ätherischen Ölen
Aromapflege: Lavendel, Bergamot, Salbei, Geranie, Zitrone, Majoran
Manchmal (wenn gewöhnt Ticken der Uhr) kann eine leichte Geräuschkulisse für bessere
Nachtruhe sorgen
Schatten im Zimmer führen zu Unruhezuständen
Störungen in der Nacht vermeiden (z.B. Einlagenwechsel)
Viele ältere Menschen haben ein geringeres nächtliches Schlafbedürfnis, was sie mit
Nickerchen untertags kompensieren. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange sie nicht allzu
ausgedehnt sind und den Nachtschlafzyklus unterbrechen
Bieten Sie ihr eine Rückenmassage oder eine andere entspannende Massage an
Wandert sie Person umher, begleiten Sie sie zur Toilette, lenken Sie sie ab, leise Musik,
Vorlesen, leichter Imbiß
Beobachten Sie die Person, Mimik, Gestik, Schonhaltung, vielleicht hat sie Schmerzen z.B.
wenn Sie sich ständig das Knie reibt (Arthrose) oder die Zehen tun weh (z.B. bei Diabetes),
mit dem Arzt absprechen, ob für die Zeitspanne nachts (ca. 12 Std.) Schmerzmittel gegeben
werden soll
Sicherheitsvorkehrungen treffen
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Bett an die Wand stellen oder z.B. Kommode ans Fußende stellen, um das Aufstehen zu
erschweren
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Sicherste Sturzprävention = Niedrigbett und Matratze auf den Boden
Bei nächtlichem Umherwandern sollte der Mensch im Bett Schuhe tragen oder Socken mit
Noppen
Überwachungssysteme vorteilhaft – Bewegungsmelder im Raum oder Sensormatte (spielt
z.B. eine Melodie, wenn sie betreten wird)
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Keine Verwirrung stiften
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Kleidung für den nächsten Tag nicht schon am Vorabend zurecht legen
Schlafzimmer ausschließlich für Ruhe, Entspannung und Schlaf reservieren
Büro oder Wohnzimmer vermittelt Orte für Aktivitäten und erschwert das Einschlafen
Alle mit Tagesaktivitäten verbundenen Dinge außer Sichtweite halten
Wacht eine Person nachts auf, fragen ob sie sich wohlfühlt, ob sie zu fest oder zu leicht
zugedeckt ist, Hände und Füße anfassen = erkennbar ob sie kalt sind
Zieht sie es vor , auf einem bequemen Sessel oder Sofa zu schlafen, nichts dagegen
unternehmen, sondern mit einer Decke warm halten
Versichern Sie ihr, dass sie bei Bedarf sofort zur Stelle sind
Hilfe durch Psychopharmaka
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Der Nachtschlaf wird medikamentös initiert und künstlich verlängert
Aufenthalt der Kranken im Bett dauert dadurch oft 12 Std. und länger, obwohl alte
Menschen nicht mehr als 8 Stunden brauchen
Wer vor 18.00 ins Bett gebracht wird und nach Mitternacht aufwacht, der hat in der Regel
keine Schlafstörung, sondern wird um seine biologischen Bedürfnisse gebracht
Es wird ihm ein Bedarf nach Schlafmittel unterstellt, den er nicht hat
Die hohe Gabe von Sedativa (die Halbwertzeit vieler Benzodiazepine beträgt ca. 72 Stunden),
ist medizinischer Unsinn und überdies rechtswidrig
Mittel letzter Wahl: Schlafförderndes Antidepressivum, aber Vorsicht: Schlafmittel können
noch morgens wirken und erhöhen die Sturzgefahr. Langsames Aufstehen und evtl.
Sitzgymnastik. Auch sollten schlaffördernde Medikamente nicht mehr nach 23.00 Uhr
gegeben werden.
Unruhe und Hinlauftendenz
Unruhe kann viele Ursachen haben, stellt für den Betroffenen einen erheblichen Leidensdruck dar.
Für das helfende Umfeld ein sehr schwieriges Problem
Ursachen
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Alltägliche Handlungen werden aufgrund der Gedächtnisstörung ständig wiederholt (An- und
Ausziehen von Kleidung, Suchen von Gegenständen, Essen)
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Gedächtnisstörungen und Orientierungsstörungen erschweren die Anpassung an neue
Situationen und einen Umgebungswechsel, die Menschen fühlen sich zutiefst verunsichert
und wollen in ihre gewohnte Umgebung
Körpersignale (Schmerz, Harndrang) werden nicht richtig interpretiert
Der gewohnte Bewegungsdrang kann nicht ausagiert werden
Eine sinnvolle Beschäftigung fehlt – allerdings reicht die „Event-Beschäftigung (Singgruppe,
Spielegruppe) oftmals nicht aus, vielmehr muss Beschäftigung alltagsbezogen sein und den
individuellen Bedürfnissen gerecht werden
Aufgaben und Pflichten aus früheren Lebensphasen drängen sich ins Bewusstsein und stellen
für die Betroffenen einen Handlungszwang dar (z.B. Kinder von der Schule abholen, sich um
die pflegebedürftige Mutter kümmern, zur Arbeit gehen)
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Traumatische Erlebnisse aus der Vergangenheit (z.B. Kriegserlebnisse werden als real erlebt
und vermischen sich mit der Gegenwart). Das kann sich durch panische Angst mit Unruhe
und Agitiertheit äußern
Hilfen
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Menschen mit Demenz nicht von vergleichsweise harmlosen Tätigkeiten, die lediglich
Unordnung hervorbringen (wühlen in Schränken) abbringen
Bei Erregung beruhigen, validierende Gespräche, ablenken
Strukturierter Tagesablauf, Mahlzeiten und Tätigkeiten nach festem Zeitschema gestalten,
Orientierungshilfen geben, regelmäßige Toilettengänge
Bei notwendigem Umgebungswechsel möglichst viele vertraute Gegenstände mitnehmen (
Schlafanzug, Kopfkissen, Bilder, Wecker usw.)
Dem Menschen tagsüber Gelegenheit zur körperlichen Betätigung und Bewegung geben, z.B.
durch lange Spaziergänge. Nachhaltiger Effekt – zeigt sich aber erst nach Wochen
Die Umgebung beruhigen und vertraut (biografiegerecht) gestalten, Geräusche und grelles
Licht vermeiden
Bei mobilen Patienten die Kontaktdaten in Form von Armband, eingenähten Hinweisen oder
Anhänger bereitstellen. Wenn Sie diese Sachen als besondere Geschenke präsentieren,
werden sie sicher lieber genutzt. Darüber hinaus ist es wichtig, das Umfeld zu informieren
und um Mithilfe zu bitten
Halten Sie ein aktuelles Foto der Person bereit, um im Notfall die Identifikation zu
erleichtern.
Stecken Sie ein paar getragene Kleidungsstücke ungewaschen in eine Plastiktüte und legen
Sie diese in die Gefriertruhe, damit zur Personensuche eingesetzte Spürhunde den Geruch
aufnehmen können. Einsatz einer Hundestaffel – Bundesverband Rettungshunde e.V. Diese
Staffel kann von Institutionen aber auch von Angehörigen angerufen werden Der Einsatz ist
kostenlos.
Gehen Betroffene verloren, die Polizei informieren (es muss nicht erst 24 Stunden gewartet
werden): die Polizei entscheidet im Einzelfall.
Notieren Sie täglich, was die Person anhat.
Bringen Sie Zusatzschlösser, Riegel oder Bolzen am oberen und unteren Rand der Tür an,
sowie Sicherheitsschlösser und Schlüssellochabdeckungen, die sich unauffällig in die
Umgebung einfügen, etwa durch entsprechende Farbgebung getarnt sind
Verdecken Sie Türgriffe mit einer Kindersicherung (erhältlich in Spielwarenläden oder
Kinderabteilungen großer Kaufhäuser)
Tarnen Sie den ganzen Türdurchgang mit Stoffbahnen oder einer Dekoration. Sehr effektiv
sind auch gemalte Wandbilder mit freundlichen Motiven (z.B. Blumengärten) , die zwar
interessant sind, sich aber dennoch ganz klar von der Realität unterscheiden und sich über
Tür, Türrahmen und angrenzende Wandflächen erstrecken. (Ein in der Wandfarbe gehaltener
Türrahmen lässt die Tür fast verschwinden). Achten Sie gleichzeitig darauf, dass nichts den
Gesamteindruck stört und die Aufmerksamkeit auf die Tür lenkt, etwa einzelne
Bastelarbeiten, Vorhänge, Spiegel oder andere Dekorationen
Eine einfache Vorrichtung kann Ihnen anzeigen, dass sich jemand am Ausgang zu schaffen
macht: eine Glöckchenkette am Griff, eine kleine Glocke über der Tür oder eine Sensormatte,
die ein Signal gibt, wenn sie betreten wird.
Halten Sie Mäntel, Straßenschuhe, Autoschlüssel usw. außer Sichtweite, weil solche
Gegenstände Aufforderungscharakter besitzen.
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Ein weiteres Problem ist das Betreten häuslicher Gefahrenzonen oder anderer Bereiche, wo sie
andere Familienmitglieder stören. Folgende Maßnahmen können hier Abhilfe schaffen:
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Bieten Sie einladende Sitzgelegenheiten oder stimulierende Beschäftigungen an, die zum
Verweilen anregen – dieser Gedanke wurde am Anfang mit Fallbeispielen besprochen
Verwenden Sie Halbtüren für Räume wie Küche und Schlafzimmer, damit Blickkontakt nach
draußen möglich ist und andere Familienmitglieder gesehen werden können.
Stellen Sie aus hellem Stoff „ Signale“ her, die sich bei Bedarf mit Klettverschlüssen quer in
den Türrahmen spannen lassen(z.B. Verkehrszeichen – Durchgang verboten bzw. Durchfahrt
verboten. Vielleicht genügt dieses Signal bereits, um die Person davon abzuhalten, ein
bestimmtes Zimmer zu betreten oder veranlasst sie, in ihrem Schlafraum zu bleiben. Ein rotweißer Plastik-Markierungsstreifen kann den gleichen Dienst tun. Achtung: Schutzgitter für
Kinder sind nicht geeignet, vielmehr besonders an Treppen gefährlich. Demenzkranke
nehmen sie meist als ein unnatürliches Hindernis wahr, versuchen eventuell, darüber zu
steigen und können dabei stürzen.
Sichern Sie die gefährlichsten Bereiche mit einer der oben beschriebenen Schließ- und
Tarntechniken. Das werden im Laufe der Zeit Keller, Dachboden, Werkstatt, Garagen und
Wäscheraum sein. Hat sich die Person in Ihrer Obhut in gesunden Tagen bevorzugt an diesen
Orten aufgehalten und beschäftigt, ist es wichtig, für sichere Alternativen zu sorgen (z.B.
einen anderen Platz zum Wäsche falten).
Sichere Wanderwege anbieten
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Bieten Sie der demenzkranken Person im oder beim Haus einen sicheren Bereich an, in dem
sie herumgehen und wandern kann. Der Grundriss mancher Häuser bietet sich für komplette
Rundgänge geradezu an, weil man durch Küche, Flur und Wohnzimmer wieder zurück in die
Küche gelangt. Ihr Schützling wird diesen Rundweg vielleicht ganz von alleine für sich
entdecken. Treffen Sie die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen, weil z.B. lose Teppiche,
Unebenheiten des Bodens, Unordnung, zu viele herumstehende Möbel oder instabile
Einrichtungsgegenstände, die nicht zum Abstützen geeignet sind eine Gefahr darstellen .
Den Weg entlang angebrachte Handläufe oder Griffe wirken einladend und erhöhen die
Sicherheit. Der Weg soll einerseits nicht durch Hindernisse erschwert sein, andererseits an
ungefährlichen interessanten Objekten vorbei führen, etwa an Bildern oder Andenken, die
zum Verweilen und Betrachten anregen. Ein Stuhl an entsprechender Stelle kann die Person
veranlassen, Platz zu nehmen und sich auszuruhen. Gibt es an diesem Ort außerdem Musik
oder andere interessante Dinge (kleine Naschereien, Obst, Gemüse, Getränke), lädt er
bestimmt zum Verweilen ein. Bitte versuchen Sie, frustrierende Sackgassen zu vermeiden
(z.B. abgeschlossene Türen). Fühlpfade können dazu beitragen, dass die sicheren Wege
tatsächlich benutzt werden.
Die Wegführung im Außenbereich soll sich an den gleichen Grundsätzen orientieren:
Rundwege verhindern Sackgassen, sie sollen glatte Oberflächen haben, keine störenden
Hindernisse oder andere Gefahrenpunkte aufweisen – etwa stachelige oder giftige Pflanzen –
sowie mit interessanten Objekten und Sitzgelegenheiten ausgestattet sein. Dazu eignen sich,
wie schon genannt, Brunnen, Vogelhäuschen, Standbilder Gartendekorationen und
Ruhebänke.
Umgang mit „ Extremer Erregtheit“
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Unter Aggression wird ein Angriffsverhalten verstanden, welches sich gegen Dinge, Menschen oder
gegen die eigene Person (Autoaggression) richtet. Aggressives Verhalten wird in den seltensten
Fällen durch krankheitsbedingte Veränderungen im Gehirn verursacht.Siesind jedoch die Ausnahme,
keinesfalls die Regel. Zumeist handelt es sich um eine Reaktion des Kranken auf seine erschwerten
Lebensbedingungen und seine ohnmächtige Angst Hierbei ist es wieder wichtig, die Ursache für
dieses Verhalten herauszufinden und wenn möglich zu eleminieren. Zeigen Menschen über die
gesamte Lebensspanne hinweg aggressive Tendenzen, werden diese im Rahmen einer Demenz
verstärkt bzw. können sie noch unvermittelter ausbrechen.
Halten diese Verhaltensweisen länger ohne erkennbaren Grund an, wenden Sie sich an einschlägig
erfahrene Fachkräfte, z.b. die lokale Kontaktstelle der Alzheimergesellschaft.
Ursachen
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Betroffene verstehen nicht, warum das Umfeld auf ständiges Fragen ungeduldig reagiert. Auf
laute oder genervte Antworten reagieren sie aggressiv
Sie verstehen nicht, warum sie sich in einer bestimmten Situation (Krankenhaus, Tagespflege
befinden und diese auch nicht verlassen dürfen
Sie verstehen nicht, warum sie bestimmte Handlungen (Auto fahren, kochen, zur Bank
gehen) nicht mehr ausführen dürfen
Sie empfinden medizinische oder pflegerische Handlungen als Angriff und wehren sich
Ein Umgebungswechsel führt häufig zu einer tiefen Verunsicherung und aggressivem
Abwehrverhalten
Es fehlt eine sinnvolle Beschäftigung, der Betroffene langweilt sich
Reizüberflutung (laute Geräusche, viele Menschen, auch viele Fragen die überfordern
Sie haben Schmerzen, können dies aber nicht ausdrücken, z.b. bei Transfers
Hilfen
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Bleiben Sie ruhig
Eine gute Möglichkeit einen wütenden Menschen zu beruhigen ist, seinen Ärger ernst zu
nehmen und Verständnis zu zeigen
Betroffenen mit Namen ansprechen, ggf. auch mit Titel
Lenken Sie die Person ab, etwa mit einer kleinen Mahlzeit, einem Spaziergang oder einer
anderen beliebten Beschäftigung. Aggressionen lassen sich besonders gut durch motorische
Aktivitäten abbauen
Nähern Sie sich Ihrem Schützling nie überraschend, fassen Sie ihn nie unvorbereitet an.
Menschen mit Demenz zucken dabei womöglich reflexhaft zusammen, d.h. sie reagieren so,
wie ein Säugling auf ein plötzliches Geräusch, eine plötzliche Berührung oder einen
Lagewechsel reagiert
Vermeidung von Konfrontationen, Diskussionen (ggf. Schuld auf sich nehmen) und Streit
Vermeiden von Lachen oder Necken, Vorsicht bei direktem Blickkontakt
Vermeiden Sie Auseinandersetzungen, außer bei Gefahr für Leib und Leben. Doch selbst in
solchen Situationen ist es oft besser, nicht zu intervenieren
Mehr zuhören als sprechen, langsam in normaler Lautstärke sprechen
Gehen Sie auf die emotionalen Bedürfnisse ihres Schützlings ein, indem Sie ihn beruhigend
und freundlich zusprechen
Rufen Sie unbedingt Hilfe herbei, wenn Sie um Ihre eigene oder die Sicherheit anderer
fürchten. Sie sollten für derartige Fälle einen Notfallplan parat haben (z.b. eine Person in der
Nachbarschaft oder ein anderes Familienmitglied herbei rufen können)
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Gehen Sie auf Abstand und geben Sie dem erregten Menschen den persönlichen Freiraum
Reduzieren Sie die Stimulation in der Umgebung (Radio, Fernseher ausmachen)
Bringen Sie alle potenziell gefährlichen Objekte außer Reichweite
In manchen Fällen hilft Körperkontakt, nicht selten verstärkt er aber die Aggressionen (z.B.
bei Abwehr der Körperpflege), deshalb ist es ratsam, sich selbst in Sicherheit zu bringen, auch
auf Fluchtweg achten
Darauf achten, dass er den Raum verlassen kann – geschlossene Türen können Ärger
verstärken
Keine Drohungen (z.B. „wenn du das nicht lässt, komme ich nicht wieder zurück“) oder
Bestrafungen (Einsperren, Zuwendung verweigern)
Körperpflege geschlechtsspezifisch durchführen lassen
Für Ausgleich durch Bewegung und Sport sorgen, so kann Frustation abgebaut werden.
Nehmen Sie als Pflegende Entlastungsmöglichkeiten in Anspruch
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Rechtzeitige Hilfe suchen, Kontakt zu Selbsthilfegruppen, Pflegekurse, Pflegeberatung
Für den eigenen Ausgleich sorgen, sich Freizeit verschaffen und diese nach den eigenen
Bedürfnissen gestalten
Stressabbau durch Sport und Entspannungsverfahren
Aufrechterhalten von sozialen Kontakten
Leben ist, was passiert, während wir mit anderen Plänen beschäftigt sind.
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Wir hoffen, dass für Sie und Ihren Schützling (Bewohner) die eine oder andere brauchbare Lösung
dabei war!
Vortrag zum downloaden:
Quellennachweis: Das Demenz-Buch/ Carol Bowlby Sifton Huber Verlag
Praxishandbuch Demenz (Erkennen-Verstehen-Behandeln) /Elisabeth Stechl / Mabuse-Verlag
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