und das Auge des Ares

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und das Auge des Ares
Harry
Potter
und
das Auge des Ares
geschrieben von Katja Brinkert
Die vorliegende Geschichte ist eine FanFiction zu Harry Potter. Alle Charaktere
gehören Joanne K. Rowling, bis auf die, die in der Geschichte entwickelt wurden
und die nicht von JKR sind.
Diese Geschichte darf nicht verkauft werden!
.
Harry Potter und das Auge des Ares
INHALT
Inhalt
1. Die Rettung ......................................................................................... 1
2. Himmel und Hölle ............................................................................ 16
3. Herr der dunklen Künste................................................................. 29
4. Die erste Lektion............................................................................... 48
5. Besuch an Halloween........................................................................ 66
6. Gryffindor gegen Slytherin.............................................................. 78
7. Das Geständnis ................................................................................. 89
8. Vollmond..........................................................................................103
9. Der unverzeihliche Fluch ................................................................112
10. Mrs. Figgs Geheimnis......................................................................130
11. Godric’s Hollow...............................................................................145
12. Poseidons Dreizack..........................................................................155
ACHTUNG: ‚Das Auge des Ares’ entstand vor dem Erscheinen des fünften Harry Potter
Buches ‚Der Orden des Phönix’. Es basiert also ausschließlich auf den Grundlagen vom
‚Feuerkelch’.
Bitte beachtet dies, beim Lesen.
Nun viel Spaß bei ‚Harry Potter und das Auge des Ares’
Eure Katja
Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
1. Die Rettung
Es war noch früh am Morgen und im Ligusterweg Nr. 4 herrschte friedvolle Stille. Die Sonne
war bereits aufgegangen und die ersten Strahlen fielen durch ein Fenster im ersten Stock auf
das Bett eines schlafenden Jungen. Er hatte dunkles, wirres Haar, und auf seiner Stirn befand
sich eine blitzförmige Narbe.
In der Mitte des Zimmers auf einem kleinen Tisch stand ein Vogelkäfig, in dem eine SchneeEule döste. Als die ersten Sonnenstrahlen den Käfig erreicht hatten schuhute der weiße Vogel
missmutig und steckte seinen Kopf tief unter die Flügel.
Harry Potter öffnete bei den leisen Protesten seiner Eule langsam die Augen und blickte in
ihre Richtung.
„Na Hedwig“, fragte er müde „ist dir die Sonne heute morgen zu hell? Warte, ich ziehe die
Vorhänge für dich zu, damit du noch ein bisschen schlafen kannst.“
Harry streckte den Arm aus und nahm seine Brille vom Nachttisch. Schläfrig stand er auf und
zog die Vorhänge ein Stückchen weiter zu, so dass die Sonne nicht mehr auf die schlafende
Hedwig fiel. Er ging zurück zu seinem Bett und blickte auf den Wecker, der auf dem
Nachttisch stand. Es war zehn vor sieben, also hatte er noch ein paar Minuten Zeit, bevor
Tante Petunia nach oben kommen würde um ihn durch wildes Klopfen an seiner Zimmertür
aus dem Bett zu holen.
Eigentlich hatte Harry ja Ferien, doch sein Onkel und seine Tante, bei denen Harry lebte,
hatten beschlossen ihn in eine Sommerschule der Muggel zu schicken, damit er
ausnahmsweise einmal etwas Vernünftiges lernen sollte. Normalerweise ging Harry nach
Hogwarts auf eine Schule für Hexerei und Zauberei, aber Onkel Vernon und Tante Petunia
hielten eine solche Schule für reine Zeitverschwendung.
Harry seufzte und nahm sein T-Shirt vom Stuhl um sich anzuziehen. In diesem Moment
klopfte es laut an seine Zimmertür und eine schrille Stimme schrie: „Aufstehen, du
Nichtsnutz, mach dass du aus dem Bett kommst!“
„Ja, ich komme gleich, Tante Petunia“, antwortete Harry verschlafen durch die geschlossene
Zimmertür.
Als sich die Schritte seiner Tante entfernt hatten zog er sein T-Shirt an und nahm eine Jeans
aus dem Schrank. Beide Kleidungsstücke waren dem dünnen Jungen um mehrere Nummern
zu groß, doch seine Verwandten kauften Harry nie passende Kleidung, statt dessen musste er
immer die abgetragenen Sachen seines fetten Cousins Dudley tragen.
Eigentlich mochte Harry Muggelsachen ganz gerne, wenn sie ihm denn gepasst hätten, aber
es war für ihn schon ein komisches Gefühl in solcher Kleidung in die Schule zu gehen. In
Hogwarts trugen alle Schüler schwarze Umhänge und einen spitzen Zaubererhut. Am Anfang
war Harry sich sehr komisch in diesen Sachen vorgekommen, doch nach vier Jahren in
Hogwarts waren sie wie eine zweite Haut für ihn geworden.
Glücklicherweise gab es in der Sommerschule keine Schuluniformen, da der Unterricht
schließlich nur wenige Wochen stattfand. Harry erinnerte sich mit Abscheu an die Uniform,
die Tante Petunia vor Jahren für ihn grau eingefärbt hatte, da sie ihm keine Neue kaufen
wollte. Sie hatte wie ein alter Putzlappen ausgesehen und erbärmlich gestunken.
Nachdem er seine Socken angezogen hatte ging er zu Hedwigs Käfig und betrachtete seine
Eule. Der Vogel schien Harrys Blick bemerkt zu haben und schielte mit einem Auge unter
ihrem Flügel hervor.
„Na, meine Gute, wie geht es dir? Tut dein Flügel noch sehr weh?“, fragte er sie und Hedwig
antwortete mit einem mitleiderregenden fiepen.
„Ich wünschte ich könnte mehr für dich tun, aber die Salbe von Madam Pomfrey wird dir mit
Sicherheit helfen. Wie gut, dass sie mir letztes Jahr ein kleines Döschen ihrer Salbe gegen
Verletzungen als Reserve gegeben hat.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Harry hoffte inständig, dass die Salbe der Schulkrankenschwester von Hogwarts auch Tieren
half, denn Hedwig hatte ein paar Tage nach Beginn der Ferien einen kleinen Unfall mit einer
Katze gehabt. Zum Glück war nichts schlimmes passiert, aber der rechte Flügel der Eule hatte
ein paar tiefe Kratzer abbekommen. Diese Verletzung machte dem Vogel das Fliegen im
Moment unmöglich, so saß sie nun schon seit drei Wochen in ihrem Käfig saß und sich von
Harry bedauern und verwöhnen ließ.
Eigentlich hatte Harry, direkt nachdem er von Onkel und Tante erfahren hatte welch
wunderbaren Pläne sie für seine Ferien geschmiedet hatten, einen Hilferuf an seinen Freund
Ron schicken wollen, doch noch am selben Tag hatte Hedwig diesen Unfall gehabt und
Harrys Vorhaben unmöglich gemacht. Ron kam aus einer reinen Zaubererfamilie und seine
Eltern besaßen weder ein Telefon noch einen Briefkasten, so dass man sie auf anderem Wege
als per Eulenpost nicht erreichen konnte.
Daraufhin hatte Harry seine zweite Freundin aus Hogwarts, Hermine Granger, anrufen wollen
(ihre Eltern waren beide Muggel und besaßen ein Telefon), doch die Dursleys achteten stets
darauf, dass Harry niemals alleine im Haus war, und hatten bisher jeden seiner Versuche das
Telefon zu benutzen vereitelt.
Ein weiterer Schrei seiner Tante, er solle sich beeilen, riss Harry aus seinen trüben Gedanken.
Er verließ sein Zimmer und trottete die Treppe hinunter in die Küche. Tante Petunia und
Onkel Vernon saßen bereits am Tisch und tranken ihren Kaffee. Dudley war nicht zum
Frühstück erschienen, denn im Gegensatz zu Harry musste er nicht in diese Sommerschule
und durfte seine Ferien mit schlafen und fernsehen genießen.
Als Harry die Küche betrat blickte Onkel Vernon von seiner Zeitung auf. Er warf einen
bösartigen Blick auf Harry und legte seine Lektüre zur Seite.
„Dein Lehrer hat gestern Abend angerufen, Bursche. Er hat sich darüber beschwert, dass du in
fast allen Fächern absolut mangelhafte Leistungen bringst. Deine Kenntnisse in Mathematik
und Chemie seinen haarsträubend, sagte er. Was lernst du eigentlich auf deiner komischen
Schule?“
Harry schwieg. Es schien ihm klüger nicht auf Onkel Vernons Frage zu antworten, bevor er
etwas Falsches sagte.
Onkel Vernon blickte ihn erwartungsvoll an.
„Na, hat’s dir die Sprache verschlagen? Ich habe dich etwas gefragt, und erwarte eine
Antwort. Jedenfalls scheinen sie dir keine Manieren beizubringen.“
Harry sah seinen Onkel ärgerlich an. Jetzt bleib bloß ruhig, versuchte er sich einzureden, lass
dich nur nicht provozieren.
Er versuchte seinen Ärger hinunter zu schlucken und antwortete mit leiser, unsicherer
Stimme: „Ich lerne in Hogw...., äh meiner Schule alles was ich für mein späteres Leben
brauche.“
Fast hätte er den Namen seiner Schule ausgesprochen, doch dieser, sowie alle Worte die mit
Zauberei und Hexerei zu tun hatten waren im Hause Dursley strengstens verboten.
Onkel Vernon blickte Harry ungehalten an.
„Was du brauchst, hä, dass ich nicht lache, reine Zeitverschwendung ist das. Und wenn du
mir noch einmal so eine freche Antwort gibst, wirst du gar nicht mehr zu diesen Irren
zurückgehen. Dann kannst du ab nächstem Schuljahr ins ‚St.-Brutus-Sicherheitszentrum für
unheilbar kriminelle Jungen‘ gehen. Die werden dir schon Manieren beibringen“, zischte
Onkel Vernon gereizt.
Das war zu viel für Harry.
„Ich werde wieder nach Hogwarts gehen, egal wie“, murmelte er leise vor sich hin.
Er hatte sofort bemerkt, dass er einen Fehler gemacht hatte, aber es war ihm einfach so heraus
gerutscht. Nun konnte er seine Worte nicht mehr ungeschehen machen. Vielleicht hatte Onkel
Vernon ihn ja nicht gehört, schließlich hatte er sehr leise geredet.
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Doch seine Hoffnungen wurden sofort zerstört, denn Onkel Vernon blickte Harry giftig an
und sagte drohend: „Was hast du gesagt? An meinem Tisch wird so geredet das ich es
verstehe. Also, raus mit der Sprache.“
Harry stockte der Atem. Warum hatte er sich nur so provozieren lassen?
„Äh, nichts, Onkel Vernon, tut mir leid“, antwortete er unsicher.
Bei diesen Worten war sein Onkel aufgesprungen. Er packte Harry an den Haaren und riss
seinen Kopf schmerzhaft nach hinten.
Er bebte jetzt vor Wut und brüllte Harry an: “Nichts, hä? Du glaubst wohl du wärst besonders
schlau. Ich kann dir nur raten hüte deine Zunge Bursche. Wir können hier auch ganz andere
Seiten aufziehen. Ich glaube wir waren viel zu nachsichtig mit dir!“
Onkel Vernon ließ Harrys Haare wieder los und verpasste ihm im gleichen Moment eine
kräftige Ohrfeige. Harry sah seinen Onkel wütend an.
Er wusste nicht was er sagen sollte, doch bevor er seine Gedanken wieder geordnet hatte
knurrte sein Onkel: “Mach, dass du in die Schule kommst, dein Frühstück kannst du
vergessen.“
Harry blickte seinen Onkel hasserfüllt an, unfähig sich zu bewegen.
„Raus jetzt“, brüllte Onkel Vernon, und Harry drehte sich um und stolperte durch die Tür
nach draußen in den Flur.
Er kochte vor Wut. Wie konnte sein Onkel nur so über Hogwarts reden?
Auf dem Weg nach draußen kam er an der Garderobe vorbei und blickte in den Spiegel. Seine
Wange war feuerrot, doch das schmerzhafte Pochen fing bereits an abzuklingen. Harry hatte
schon schlimmere Schmerzen aushalten müssen.
Vor einigen Wochen, am Finaltag des Trimagischen Turniers, war er durch eine Falle in die
Hände seines Todfeindes Lord Voldemort geraten. Dieser hatte Harry mit dem verbotenen
Cruciatus-Fluch belegt, durch den Harry die schlimmsten Schmerzen seines Lebens
durchlitten hatte.
Er nahm seine Schultasche und verließ das Haus der Dursleys. Da sie ihm kein Geld für den
Schulbus gaben, musste Harry jeden Tag den Schulweg von mehreren Kilometern zu Fuß
hinter sich bringen. Er ging den Ligusterweg entlang und bemerkte, dass die Nachbarin der
Dursleys, Mrs. Figg, am Fenster hinter der Gardine stand und ihn beobachtete.
Früher hatten die Dursleys ihn immer zu Mrs. Figg gebracht, wenn sie mit Dudley einen
Ausflug gemacht hatten, bei dem sie Harry nicht dabei haben wollten. Mrs. Figg hatte dem
gelangweilten Harry dann immer ausgiebig die Photos ihrer zahllosen Katzen gezeigt.
Harry ging weiter die Straße entlang. Der Schulweg zog sich wie jeden Tag zäh dahin, aber in
dieser Zeit hatte Harry immer die Gelegenheit etwas nachzudenken. Natürlich hatte Onkel
Vernon in einem Punkt recht, auch wenn Harry das eigentlich nicht zugeben wollte. Da er
seinem Alter entsprechend in der Muggel-Schule zur Zeit die neunte Klasse besuchte, waren
seine Leistungen in den meisten Fächern sehr schlecht.
In Hogwarts lernten die Schüler zwar schwierige Verwandlungen und das brauen der
kompliziertesten Zaubertränke, aber eine richtige Mathematik- oder Chemie-Stunde hatte
Harry schon seit Jahren nicht mehr gehabt. Auf der Schule der Zauberer wurde nun einmal
mehr Wert auf die speziellen Künste der Hexerei gelegt.
Da Harry seinen Onkel kannte, und dieser nur selten leere Drohungen ausstieß, machte er sich
langsam doch ernsthafte Sorgen, ob Onkel Vernon es wirklich wahr machen konnte, und
Harry daran hindern würde nach den Ferien wieder nach Hogwarts zu gehen.
Würde Professor Dumbledore, der Schulleiter von Hogwarts, oder einer der anderen Lehrer
versuchen Kontakt mit Harry aufzunehmen, wenn er nicht pünktlich zu Beginn des
Schuljahres mit den anderen Schülern erschien? Hoffentlich war Hedwig bald wieder gesund,
sie war Harrys einzige Verbindung zur Welt der Zauberer.
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Nach einer halben Stunde Fußmarsch hatte Harry die Schule erreicht. Da er noch ein paar
Minuten Zeit hatte, trottete er gemächlich zu dem Zeitschriften-Kiosk auf der anderen
Straßenseite um die Schlagzeilen zu lesen.
Eigentlich interessierte ihn das Geschehen in der Muggelwelt nicht sonderlich, er hätte lieber
den Tagespropheten, die Tageszeitung der Zauberer, gelesen, aber ein paar Informationen
konnten ja nicht schaden. Harry betrachtete die verschiedenen Zeitungen, die an dem kleinen,
runden Lädchen ausgehängt waren, und sein Blick blieb auf dem Leitartikel der Londoner
Times hängen:
Achter ungeklärter Mord in zwei Wochen
Gestern am frühen Abend wurde die Leiche eines jungen Mannes
in einem Londoner Vorort gefunden. Wie auch schon an den
Körpern
der
anderen
Opfer
konnten
keine
Spuren
von
Gewalteinwirkung an der Leiche festgestellt werden. Die
Polizei steht vor einem Rätsel. Ein Zusammenhang zwischen den
Todesfällen konnte noch nicht nachgewiesen werden. Nach
derzeitigen Informationen standen die Opfer in keinem Kontakt
miteinander ..........
Harry schluckte. In England und vor allem in London fanden zwar ständig Verbrechen statt,
doch so viele Morde innerhalb so kurzer Zeit kamen trotzdem nicht häufig vor. Harrys Magen
verkrampfte sich schmerzhaft.
Er dachte an seinen Schulkameraden Cedric Diggory, der von Lord Voldemort mit dem
Todesfluch ‚Avada Kedavra‘ getötet worden war. Dieser Fluch war unaufhaltbar wenn er
einmal ausgesprochen war und tötete das Opfer innerhalb von Sekunden, ohne irgendwelche
Verletzungsspuren zu hinterlassen. War es möglich, dass der dunkle Lord oder seine
Anhänger hinter diesen ungeklärten Morden steckte?
Harry wurde durch das Läuten der Schulglocke aus seinen Gedanken gerissen und beeilte
sich, um in sein Klassenzimmer zu kommen. Pünktlich mit dem zweiten Klingeln erreichte er
die Tür und betrat den kleinen Raum. Da nicht viele Schüler die Sommerschule besuchten
waren die Klassen von acht bis zehn Schülern nicht in den normalen Klassenräumen der
Schule untergebracht, sondern mussten sich mit den verschiedenen Karten- und Lagerräumen
zufrieden geben.
Die meisten Schüler beachteten Harry kaum, als er den Raum betrat. Sie hielten ihn für
ziemlich sonderbar, weil er immer in solch verbeulten, ausgeleierten Sachen herumlief.
Pierce, ein großer, schlanker Junge mit braunen Haaren kam auf Harry zu und sagte: „Na, du
Lumpensammler, da hast du ja wieder ein paar ganz schicke Klamotten ausgegraben. Haste
die vom Trödel?“
Harry schwieg, er hatte keine Lust, sich in den paar Wochen, die er in der Muggelwelt
verbrachte noch mehr Feinde zu machen.
„Was ist, hat‘s dir die Sprache verschlagen?“
„Lass ihn doch in Ruhe Pierce“, sagte ein Mädchen hinter Harry.
Sie hatte lange blonde Locken und eine niedliche Stupsnase. Harry mochte sie sehr gerne,
hätte es aber nie offen zugegeben.
„Halt du dich da raus Lindsay, das geht nur Rumpelstilzchen und mich was an. Der
Mülleimer kann sich gefälligst selbst verteidigen.“
Bei diesen Worten grinste Pierce, ging auf Harry zu und verpasste ihm ohne Vorwarnung
einen Kinnhaken. Harry strauchelte, konnte sich aber auf seinen Füßen halten.
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Was nun passierte ging rasend schnell. Bevor Pierce noch einmal zuschlagen konnte, hatte
Harry reflexartig unter sein T-Shirt gegriffen, seinen verborgenen Zauberstab, den er auch in
der Muggelwelt stets bei sich trug ergriffen, und ihn auf Pierce gerichtet.
Glücklicherweise war sein T-Shirt so weit, dass er den Zauberstab im Verborgenen halten
konnte. Er blickte Pierce finster an und murmelte so leise, dass niemand ihn verstehen konnte
„Horribilis vexare“.
Pierce riss die Augen weit auf, gab ein Jaulen von sich und begann sich schlagartig am
ganzen Körper zu kratzen. Der Juck-Fluch war der erste und auch harmloseste Fluch, der
Harry eingefallen war und seine Wirkung würde nur wenige Minuten anhalten, Harry wollte
schließlich nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen.
Erst nachdem er den Fluch ausgesprochen hatte wurde ihm bewusst, dass er einmal mehr in
der Muggelwelt gezaubert hatte, und das war für einen minderjährigen Zauberer streng
verboten.
Schon zwei mal hatte Harry wegen solch eines Verstoßes eine Verwarnung vom
Zaubereiministerium erhalten. Er konnte nur hoffen, dass dieser Ausrutscher ihm keinen
Schulverweis einbrachte. Harry ging mit einem Knoten in seinem Magen zu seinem Platz.
Seine Mitschüler betrachteten ihn misstrauisch. Sie konnten nicht verstehen was eben passiert
war. Pierce, dessen Jucken langsam nachließ warf Harry einen wütenden Blick zu, ging
jedoch auch zu seinem Platz, denn in diesem Moment betrat der Lehrer Mr. Rice den Raum.
Eine öde Physik-Stunde begann.
Harry, dem die meisten Grundlagen in diesem Fach fehlten, malte gelangweilt in sein Heft. Er
machte sich immer noch Sorgen um den eben ausgesprochenen Zauberspruch, konnte jetzt
aber nichts mehr daran ändern. Hoffentlich würde ihm das Ministerium gestatten auch
weiterhin nach Hogwarts zu gehen.
Harry blickte gelangweilt an die Decke. Er sehnte sich nach den interessanten
Unterrichtsstunden von Hogwarts, den Verwandlungen, der Zauberei und allem anderen.
Selbst die Zaubertrank-Stunden von Professor Snape waren spannender als dieses sinnlose
berechnen von Fallgeschwindigkeiten und Stromwiderständen.
Harry hätte sich nie träumen lassen, dass er einmal seinen verhasstesten Lehrer vermissen
würde, und wenn er gewusst hätte was ihn nächstes Schuljahr in Hogwarts erwartete, hätte er
diese sehnsüchtigen Gedanken an Professor Severus Snape sicherlich sehr schnell wieder
verdrängt.
Unverhofft wurde Harry durch einen Rippenstoß seines Nachbarn aus den Gedanken gerissen.
Er blickte nach vorne.
„Mr. Potter, haben Sie meine Frage verstanden?“ fragte Mr. Rice.
„Ich wollte von Ihnen die Formel für die Berechnung der relativen Beschleunigung wissen.“
„Ich, ich.... ich weiß nicht, Sir“, stotterte Harry.
„Ach Mr. Potter,“ seufzte der Lehrer, „was soll ich nur mit Ihnen machen, das ist Stoff der
siebten Klasse, auf was für eine Schule gehen Sie denn, wenn Sie diese einfachen Sachen
nicht wissen?“
Die anderen Schüler der Klasse kicherten. Harry biss sich auf die Lippen. Er konnte ja
schlecht sagen, dass er normalerweise Teekannen in Schildkröten verwandelte statt trockene
Geschwindigkeitsberechnungen durchzuführen. Doch Mr. Rice schien gar keine Antwort zu
erwarten, denn er hatte sich bereits umgedreht, und schrieb ein paar, für Harry
unverständliche Formeln an die Tafel.
Nach einigen Minuten fing Harry wieder an in sein Heft zu malen. Er begann die Tage zu
zählen, die er nun schon in dieser verdammten Schule saß und versuchte nachzurechnen was
für ein Datum heute eigentlich war.
Harry blickte mit großen Augen auf das Ergebnis seiner Rechnung: heute war der 30. Juli.
Das hieß morgen war sein fünfzehnter Geburtstag.
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Normalerweise freute Harry sich nicht sonderlich auf diesen Tag, denn die Dursleys gaben
ihm nicht viel Grund zum Feiern, aber in diesem Jahr war das anders. Dieses mal fieberte er
seinem Geburtstag entgegen und schickte ein Stoßgebet in den Himmel, dass ihm seine
Freunde wie jedes Jahr Geburtstagskarten schickten, denn dann hatte er eine Chance einer der
Eulen einen Hilfebrief mitzugeben.
Die Schulstunden verstrichen quälend langsam. Doch Harry hatte nun etwas Besseres zu tun
als dem langweiligen Stoff zu folgen. Er riss geräuschlos ein Blatt aus seinem Heft und
begann einen Brief an Ron zu schreiben:
Lieber Ron,
hier ist es grauenhaft, mein Onkel und meine Tante haben mich in eine Sommerschule der
Muggel gesteckt. Ich habe keine Ahnung von dem Kram, den die da unterrichten. Es ist so
langweilig, dass ich fast schon Professor Snape vermisse, kannst Du Dir das vorstellen?
Heute beim Frühstück hat Onkel Vernon mir gedroht, dass ich nächstes Jahr nicht mehr nach
Hogwarts darf. Sie wollen mich tatsächlich in das St.-Brutus-Sicherheitszentrum schicken.
Mein Onkel war so wütend, dass er mir sogar eine geknallt hat. Dann habe ich heute in der
Schule dem ganzen noch die Krone aufgesetzt, und versehentlich gezaubert.
Meinst Du Deine Eltern können irgend etwas unternehmen um mich hier raus zu holen? Bitte
antworte mir schnell. Hedwig ist leider krank, deshalb konnte ich Dir nicht früher schreiben.
Vielen Dank
Harry
Harry war nicht sehr zufrieden mit diesem Brief. Er wollte Ron so viel schreiben, fand aber
nicht die richtigen Worte, zu viel ging ihm durch den Kopf. Aber eigentlich war ja egal was er
schrieb. Hauptsache die Weasleys konnten ihm helfen.
Nach einem langen Schultag, der nach Harrys Meinung wohl Jahrhunderte gedauert haben
musste, endete die letzte Stunde und er machte sich auf den Weg zurück in den Ligusterweg.
Normalerweise beeilte er sich nicht sonderlich um nach Hause zu kommen, doch heute war
das anders. Vielleicht kam ja die ein oder andere Eule früher an, und er konnte noch heute
seinen Brief wegschicken. Harry war voller Hoffnung, dass dies seine Chance war der
Tyrannei seines Onkels zu entfliehen.
Als er in den Ligusterweg einbog bemerkte er erneut Mrs. Figg, die wieder hinter ihrer
Gardine stand und zu ihm herüber blickte.
Zu Hause angekommen ging er direkt in sein Zimmer, ohne seine Verwandten auch nur eines
Blickes zu würdigen. Onkel Vernon war noch auf der Arbeit (was für ein Glück), Tante
Petunia bereitete in der Küche das Abendessen, und sein Cousin Dudley saß im Wohnzimmer
vor dem Fernseher.
Um sich die Zeit zu vertreiben holte Harry sein Lieblingsbuch „Quidditch im Wandel der
Zeiten“ aus seinem Versteck unter dem losen Dielenbrett, legte sich auf sein Bett und
betrachtete die beweglichen Bilder des Buchs.
Hoffentlich dachten seine Freunde an ihn, sie hatten ihn doch wohl nicht vergessen? Harry
hatte Angst über diese Möglichkeit nachzudenken und schob den Gedanken schnell wieder
zur Seite.
Langsam verstrichen die Minuten und wurden allmählich zu Stunden. Als Harry auf die Uhr
blickte war es bereits acht Uhr. Seine Tante und sein Onkel hatten es scheinbar nicht für nötig
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
gehalten ihn zum Essen zu rufen. Nun gut, dann würde er sich eben, wenn alle vor dem
Fernseher saßen etwas zu Essen aus der Küche organisieren.
Harry wartete noch eine halbe Stunde und öffnete dann leise seine Zimmertür. Onkel Vernon,
Tante Petunia und Dudley waren jetzt sicher im Wohnzimmer und er konnte unbemerkt in die
Küche schleichen. Harry betrat leise die Treppe, wurde aber von den lauten Stimmen seines
Onkels und seiner Tante gestoppt. Sie mussten die Wohnzimmertür offen gelassen haben und
diskutierten lautstark.
Er wollte wieder in sein Zimmer zurückkehren, um noch eine halbe Stunde zu warten, als
Onkel Vernon von unten brüllte: „Bursche, beweg deinen Hintern hier runter.“
Harry zuckte zusammen. Sein Onkel konnte unmöglich gesehen haben, dass er hier oben am
Treppenabsatz stand.
Wahrscheinlich war es nur ein dummer Zufall, dass er ihn ausgerechnet jetzt rief. Harry ging
langsam die Treppe hinunter. Er hatte kein gutes Gefühl, denn Onkel Vernon rief Harry nie
ohne Grund.
Meistens wollte er nur etwas von ihm, wenn er der Meinung war, dass Harry wieder einmal
etwas ausgefressen hatte. Als Harry das Wohnzimmer betrat saßen Tante Petunia und Onkel
Vernon auf dem Sofa und blickten ihn hasserfüllt an. Dudley saß auf einem Sessel neben
ihnen, wippte aufgeregt auf und ab und grinste hämisch.
„Was ist?“, fragte Harry.
„Das hier ist,“ knurrte Onkel Vernon bösartig, hielt Harry einen Brief vor die Nase und
funkelte ihn mit gefährlich zusammengekniffenen Augen an.
Harry schluckte. Er erkannte den Briefkopf sofort. Bereits vor drei Jahren hatte ihm das
Zaubereiministerium solch einen Brief geschickt, als der Hauself Dobby im Ligusterweg
Nummer 4 gezaubert hatte.
Harry nahm den Brief aus Onkel Vernons Hand und las:
Sehr geehrter Mr. Potter,
uns ist zu Gehör gekommen, dass in Ihrem Wohnort verbotenerweise ein Juck-Fluch
verwendet wurde. Wie wir Ihnen bereits vor drei Jahren ins Gedächtnis rufen mussten, ist es
jugendlichen Zauberern nicht gestattet, außerhalb ihrer Schulen zu zaubern. Weitere
Zauberei kann in schweren Fällen zum Schulverweis führen (Erlass zur Vernunftgemäßen
Beschränkung der Zauberei Minderjähriger, 1875, Abschnitt C).
Außerdem ist Ihre magische Tätigkeit in Anwesenheit von Mitgliedern der nichtmagischen
Gemeinschaft (Muggel) durchgeführt worden. Dies ist gemäß Abschnitt 13 des
Geheimhaltungsabkommens der Internationalen Zauberervereinigung ein schweres
Vergehen. Auch daran haben wir Sie bereits vor drei Jahren erinnern müssen.
Für diese wiederholte Übertretung der Zaubereigesetze wird Ihnen ein Bußgeld in Höhe von
30 Galleonen auferlegt. Zusätzlich überlassen wir es Professor Dumbledore und der Leiterin
ihres Hauses, ob Ihnen diverse Vergünstigungen, wie Besuche in Hogsmeade, etc. entzogen
werden.
Hochachtungsvoll
Mafalda Hopfkirch
Abteilung für unbefugte Zauberei
Zaubereiministerium
„Was sind 30 Galleonen?“, fragte Onkel Vernon barsch als Harry von seinem Brief aufsah.
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
„So ungefähr 150 Pfund“, antwortete er ihm, mit leicht zitternder Stimme.
Harry hatte zwar gewusst, dass er Post vom Ministerium bekommen würde, aber trotzdem
hatte es ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt.
Sein Onkel und seine Tante blickten ihn immer noch wütend an.
„Und was glaubst du, wer dieses Geld bezahlen soll?“, keifte Tante Petunia.
Harry überlegte fieberhaft. Er konnte seinen Verwandten ja schlecht sagen, dass er ein kleines
Vermögen besaß, und die Strafe selbst bezahlen würde.
„Ich, ich, ..... mein Pate wird das bezahlen“, stotterte er unsicher.
„Dein Pate, der Verbrecher, hä?“, blaffte Onkel Vernon erbost.
„Der hat das Geld bestimmt gestohlen“, rief Tante Petunia schrill und schien einem
Ohnmachtsanfall nahe.
„Wenn der soviel Geld hat, könnte er eigentlich dafür bezahlen, dass wir dich hier
durchfüttern, schreib ihm das in deinem nächsten Brief.“
Harry schluckte. Das konnte Onkel Vernon unmöglich ernst meinen.
„Äh, Sirius hat nicht viel Geld“, antwortete Harry schnell, „wie soll er denn auch welches
verdienen?“
Onkel Vernon blickte ihn immer noch durchdringend an. Harry kannte nur einen Menschen,
der ihn mit noch mehr Hass ansehen konnte, und das war Professor Snape, ach nein, und
natürlich Lord Voldemort.
Onkel Vernon brummte missbilligend und sagte: „Wir werden jedenfalls keinen Penny für
dich bezahlen, schreib dir das hinter die Ohren. Und noch was: Wer hat dir eigentlich die
Erlaubnis unterschrieben, dass du in dieses Dorf darfst? Ich war es jedenfalls nicht. Wäre ja
auch noch schöner, nach dem, was du damals mit Tante Magda angestellt hast.“
„Das war Sirius“, antwortete Harry leise.
„Sirius, Sirius, immer nur Sirius, dieser Gangster untergräbt ständig unsere Autorität. Der
sollte mir mal in die Finger kommen, dem würde ich was erzählen.“
Onkel Vernon machte eine kurze Pause, bevor er mit leichter Panik in der Stimme fortfuhr:
„Aber glaub ja nicht, ihn jemals einladen zu können, dass das klar ist. Von diesem Pack
kommt mir keiner ins Haus. Und jetzt verschwinde.“
Harry verließ so schnell er konnte das Wohnzimmer und machte sich auf den Weg in sein
Zimmer.
Er war ungefähr auf halber Höhe der Treppe, als er Onkel Vernon und Tante Petunia wieder
von unten reden hörte. Vorsichtig ging er wieder 2 Stufen nach unten um besser hören zu
können.
„Ich habe von Anfang an gesagt, dass der Junge uns nur Scherereien macht“, keifte Tante
Petunia, „wir hätten ihn nie mit diesem riesigen Trottel mitgehen lassen dürfen, dann wäre es
niemals so weit gekommen. Das hat seine Abartigkeit noch verstärkt.“
Darauf entgegnete Onkel Vernon: „Das hat ein Ende, Petunia, das verspreche ich dir. Er wird
nicht mehr zu dieser Brut zurückgehen. Vielleicht ist es noch nicht zu spät einen halbwegs
normalen Menschen aus ihm zu machen. Ich werde morgen früh in St. Brutus anrufen und
einen Patz für das nächste Schuljahr für den Burschen reservieren. Dann wollen wir mal
sehen, ob die ihm dort nicht Respekt einprügeln können.“
Harry hörte, wie Onkel Vernon von seinem Sessel aufstand, und geräuschvoll die
Wohnzimmertür zuschlug.
Harry schlich leise zurück in sein Zimmer und schloss geräuschlos die Tür. Alles drehte sich
in seinem Kopf. Seine Verwandten schienen es tatsächlich ernst zu meinen, dass sie ihn nicht
mehr zurück nach Hogwarts lassen wollten. Harry legte sich auf sein Bett und versank in
seine Gedanken.
Er musste wohl eingeschlafen sein, denn einige Stunden später erwachte er, als etwas gegen
sein Fenster klatschte.
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Harry schreckte auf und blickte auf seine Uhr. Es war kurz nach halb drei: er hatte
Geburtstag.
Er stand auf und ging zum Fenster um nachzuschauen woher dieses Geräusch gekommen war.
Als er das Fenster öffnete flog aufgeregt fiepend ein grau gefiederter Tennisball in sein
Zimmer.
„Ach, hallo Pig, na mein Kleiner, hast du eine gute Reise gehabt?“
Harry strecke die Hand aus und die kleine Zwerg-Eule landete in Harrys Hand. Pigwidgeon,
so der volle Name des kleinen Vogels, gehörte Ron. Harry freute sich, nun endlich etwas von
seinem besten Freund zu hören.
Pig hüpfte hysterisch auf seiner Hand hin und her. Am Bein der Eule war ein Brief und ein
Päckchen festgebunden, das größer war als der kleine Vogel. Harry hatte große Mühe beides
zu packen.
„Ganz ruhig, Pig“, sagte er liebevoll zu der winzigen Eule, „du darfst gleich wieder los, ich
habe nämlich einen sehr wichtigen Brief für dich an Ron.“
Pigwidgeon fiepte wieder aufgeregt und Hedwig, die das Spektakel aus ihrem Käfig
beobachtet hatte, drehte den beiden demonstrativ den Rücken zu. Sie hielt nicht viel von der
Unprofessionalität ihres kleinen Kollegen.
Harry nahm den Brief für Ron und band ihn mit großer Mühe an Pigs Bein. Sobald er die
kleine Eule losgelassen hatte flatterte sie wieder durch das Fenster und verschwand in der
Nacht.
Harry nahm den Brief seines besten Freundes und öffnete ihn. Er enthielt eine
Geburtstagskarte, in welcher sich Ron nach Harrys Befinden erkundigte.
Harry schnaubte. Sein Befinden, dass er nicht lachte, aber seine Misere würde hoffentlich
bald vorbei sein, sobald Pig den Brief an Ron überbracht hatte.
Nachdem er Rons Karte gelesen hatte öffnete er das Päckchen und ein Lächeln machte sich
auf seinem Gesicht breit. Mrs. Weasley hatte ihm einen verführerisch duftenden
Geburtstagskuchen gebacken. Harry nahm ein großes Stück und machte es sich auf seinem
Bett bequem.
Nachdem er gegessen hatte stellte er die Geburtstagskarte auf seinen Nachttisch und verstaute
den restlichen Kuchen unter dem losen Dielenbrett, das sich unter seinem Bett befand.
Dann legte er sich wieder ins Bett. Er hoffte inständig, dass Rons Eltern ihm helfen würden.
Sie waren sehr nette Leute, und hatten Harry schon mehrmals in den Ferien aufgenommen.
Als Harry am nächsten Morgen erwachte, saßen bereits drei Eulen auf dem Fensterbrett und
warteten geduldig darauf, dass er ihnen öffnen würde.
Harry öffnete das Fenster und ließ die Eulen ein. Sie waren von Hagrid, dem Wildhüter von
Hogwarts, seiner Freundin Hermine, die auf einer Zaubererpost wohl eine Eule geliehen hatte,
und von seinem Paten Sirius.
Harry freute sie über die Geburtstagsgrüße und die Essensvorräte, die sie ihm geschickt
hatten. Das war genau das, was er jetzt gebrauchen konnte. Hagrid hatte ihm einen riesigen
Schinken geschickt, und Hermine und Sirius hatten ihm ebenso wie Ron einen
Geburtstagskuchen gebacken.
Er genehmigte sich ein Stück Kuchen und stellte die Karten auf seinen Nachttisch. Dann
brachte er den Eulen eine kleine Schale Wasser.
Als Harry an diesem Morgen mit einem mulmigen Gefühl zum Frühstück in die Küche gehen
wollte, fand er die Küchentür abgeschlossen vor.
Er hörte das geschäftige Treiben seiner Tante und die raschelnde Zeitung seines Onkels durch
die geschlossene Tür, wollte jedoch nicht klopfen. Als er auf den Boden blickte sah er vor der
Küchentür einen Teller mit einer trockenen Scheibe Toast.
9
Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Nun gut, wenigstens hatten sie ihm eine Kleinigkeit zum frühstücken hinterlassen. Harry hatte
sowieso keine große Lust seinem Onkel an diesem Morgen zu begegnen.
Er nahm sich den Toast, schulterte seine Schultasche und verließ das Haus. Zum Glück war
heute Freitag, und er hatte die nächsten zwei Tage frei. Allerdings freute er sich auch nicht
unbedingt darauf, zwei volle Tage mit den Dursleys verbringen zu müssen.
An den Wochenenden bevölkerte normalerweise Dudleys Bande das Haus und ihre
Lieblingsbeschäftigung schien es zu sein Harry zu piesacken.
Harrys Schultag verlief langweilig wie immer, und er konnte das Ende der letzten Stunde gar
nicht abwarten. Er hoffte, dass Rons kleine Eule vielleicht noch am Nachmittag mit einer
Nachricht seines besten Freundes zurück sein könnte.
Auf dem Nachhauseweg musste er immer wieder in den Himmel blicken aber er suchte
vergebens nach einem Anzeichen der kleinen Eule.
Harry hatte die Hoffnung auf eine schnelle Antwort Rons schon fast aufgegeben, als er in den
Ligusterweg einbog. Mrs. Figg saß auf einer Bank in ihrem Vorgarten, eine Katze räkelte sich
genüsslich auf ihrem Schoß, und sie blickte interessiert zu Harry herüber. Harry war nicht
entgangen, dass die alte Frau scheinbar immer an ihrem Fenster stand oder sich im Garten
aufhielt, wenn Harry an ihrem Haus vorüber ging.
Als er den Vorgarten von Nummer vier erreicht hatte, hörte er von einem nahe gelegenen
Baum ein leises fiepen. Harry blickte in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war
und erkannte Pig.
Er lief schnell in Richtung des Baumes, und streckte seine Hand aus. Sofort kam Pig
angeflogen und kuschelte sich glücklich in seine Hand. Der kleine Vogel war unübersehbar
sehr stolz, dass er seine wichtige Aufgabe so gut erledigt hatte.
„Hallo Pig, schön, dass du wieder da bist. Musst dich ja ganz schön beeilt haben. Sei jetzt
bitte ganz still bis wir in meinem Zimmer sind, damit mein Onkel und meine Tante dich nicht
hören, wenn wir ins Haus gehen.“
Vorsichtig steckte er die Hand mit der Eule unter sein T-Shirt. Da es so warm war hatte er
leider keine Jacke an, sonst hätte er die kleine Eule unauffälliger verstecken können, aber es
musste auch so gehen.
So leise wie möglich betrat Harry das Haus seiner Verwandten und wollte sofort die Treppe
nach oben schleichen um den Brief von Ron zu lesen, als plötzlich Onkel Vernon vor ihm
stand.
„Was gibt’s da zu verstecken, Bursche?“ blaffte er Harry an.
Harry merkte wie seine Knie weich wurden. Onkel Vernon würde toben, wenn er die kleine
Eule entdeckte.
„Ich ... ich habe nur Bauchschmerzen, das ist alles“, antwortete Harry gequält.
„Hmpf, komische Art sich den Bauch zu halten. Mach, dass du in dein Zimmer kommst, Es
reicht schon, wenn du uns die nächsten beiden Tage von morgens bis abends auf der Tasche
liegst.“
Harry, der froh war so schnell von seinem Onkel entlassen worden zu sein, ohne dass dieser
etwas von Harrys Geheimnis gemerkt hatte, rannte zwei Stufen auf einmal nehmend die
Treppe nach oben.
„Und mach gefälligst deine Hausaufgaben, du fauler Bengel“, rief sein Onkel ihm noch
hinterher.
Nachdem Harry die Tür seines Zimmers hinter sich geschlossen hatte, holte er Pigwidgeon
unter seinem T-Shirt hervor. Die winzige Eule hatte sich in seine Hand gekuschelt und war
eingeschlafen.
Vorsichtig setzte er sie auf den Tisch neben Hedwigs Käfig, stellte ihr eine kleine Schale mit
Wasser hin, falls sie aufwachte und durstig war, und knotete behutsam den Brief vom Bein
des Vogels:
10
Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Hallo Harry,
das ist ja furchtbar, was Du da schreibst. Meine Mutter war ganz aufgelöst, als ich ihr
Deinen Brief gezeigt habe. Selbstverständlich werden wir Dir helfen, doch mein Vater meinte
Du solltest vorher Sirius fragen, ob Du zu uns kommen darfst, schließlich ist er Dein Pate und
will sicher wissen wo Du bist.
Wenn Hedwig immer noch krank ist kannst Du gerne Pig zu ihm schicken. Der kleine hatte
den ganzen Sommer noch nicht viel zu tun, da freut er sich sicher über noch etwas Bewegung.
Sag mir sofort Bescheid, wenn Du eine Antwort von Sirius hast.
Gruß Ron
P.S. halt die Ohren steif, wir kriegen Dich da schon raus.
Rons Vater hatte Recht. Harry hatte gar nicht daran gedacht seinem Paten von seinem
Problem zu berichten. Sicher war es besser Sirius vorher zu informieren, bevor er den
Ligusterweg Nummer vier verließ.
Er setzte sich an seinem Schreibtisch, nahm seine Feder und ein Stück Pergament und schrieb
einen langen Brief an seinen Paten.
Er beschrieb alles, was sich in den letzten Wochen zugetragen hatte, dass er in die MuggelSchule musste, dass sein Onkel ihm gedroht hatte, ihn nicht mehr nach Hogwarts zu lassen,
dass er ihn geschlagen hatte und dass er verbotener Weise gezaubert hatte.
Als Harry den Brief beendet hatte las er ihn noch einmal durch und setzte ein zufriedenes
Gesicht auf. Sicher hatte sein Pate nichts dagegen, wenn er die letzten Ferienwochen bei Ron
verbrachte.
Harry verschloss den Brief und setzte sich auf sein Bett. Er beobachtete die kleine schlafende
Eule, die sicherlich erschöpft war von ihrer Reise.
Er wusste nicht, wie lange er so da gesessen hatte, als Pig sich langsam regte. Die kleine Eule
setzte sich auf und streckte verschlafen ein Bein. Als sie die kleine Schale mit Wasser neben
sich bemerkt hatte hüpfte sie über den Tisch und begann genüsslich zu trinken.
Harry stand auf, nahm eine Kleinigkeit zu Fressen für Pig aus Hedwigs Käfig und fütterte den
kleinen Vogel.
„Tut mir leid Pig, aber ich muss dich gleich wieder auf die Reise schicken. Dieser Brief muss
so schnell wie möglich zu Sirius. Es ist aber bestimmt nicht so weit, Sirius ist so weit ich weiß
immer noch bei Professor Lupin, der wohnt glaube ich irgendwo in der Nähe von London.“
Mit diesen Worten band er den Brief an das Bein der Eule und streichelte ihr zärtlich den
Kopf. Hedwig fiepte eifersüchtig und warf Harry einen neidischen Blick zu.
Nachdem Pig fertig gefressen hatte, hüpfte er zum Fenster, blickte Harry noch einmal stolz
an, denn er liebte wichtige Aufgaben, und flog davon. Jetzt konnte Harry nur noch warten.
Der nächste Tag war ein Samstag. Schon vor dem Frühstück hörte er von unten die lauten
Stimmen von Dudleys Freunden. Harry hatte keine Lust nach unten zu gehen, sie würden ihn
sicher nur wieder verhauen, und so verbrachte er fast den ganzen Tag in seinem Zimmer um
sehnsüchtig auf eine Antwort von Sirius zu warten.
Erst am Nachmittag kam Pigwidgeon mit der von Harry so sehnlichst erwarteten Antwort
seines Paten zurück. Harry löste ungeduldig den Brief von Pigs Bein, und setzte die kleine
Eule in Hedwigs Käfig, damit sie etwas trinken und fressen konnte. Aufgeregt öffnete er den
Umschlag:
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Mein lieber Harry,
ich bin erschüttert zu hören, wie Deine Verwandten Dich behandeln. Sei versichert, dass Du
auch nächstes Schuljahr wieder Hogwarts besuchen wirst, dafür werde ich schon sorgen.
Leider kann ich Dir nicht erlauben zu den Weasleys zu gehen.
Harry starrte mit aufgerissenen Augen auf den Brief.
In der momentanen Lage ist es für Dich einfach zu gefährlich dort. Die Weasleys sind zwar
alle Zauberer, haben aber keine großen Erfahrungen im Kampf gegen Lord Voldemort. Auch
Professor Dumbledore, mit dem ich natürlich sofort Kontakt aufgenommen habe, ist meiner
Meinung.
Harrys Finger krallten sich um den Brief bis seine Fingerknöchel weiß wurden. Wütend lass
er weiter:
Ich denke allerdings, dass wir zu einer akzeptablen Lösung Deines Problems gelangt sind.
Remus Lupin, bei dem ich immer noch wohne, wird Dich morgen früh abholen und hier her
bringen. Professor Dumbledore vertraut uns und meint, wir können Dir gemeinsam genügend
Schutz bieten, bis Du nach Hogwarts zurück fährst.
Sage kein Wort zu Deinen Verwandten, und packe bis morgen früh Deine Sachen zusammen.
Remus wird gegen 9 Uhr bei Euch sein. Leider kann ich nicht mitkommen, es ist zu riskant, da
ich wie Du weißt immer noch gesucht werde.
Außerdem hat Professor Dumbledore versprochen, Dir keine zu harte Strafe aufzuerlegen,
wegen Deines kleinen Versehens.
Mach Dir keine Sorgen mehr
Gruß Sirius
Harry konnte den Brief seines Paten nicht mehr aus der Hand legen. Er starrte immer wieder
auf die Zeilen, die er ihm geschrieben hatte. In seinem Gesicht machte sich ein glückliches
Lächeln breit.
Endlich, nach so langer Zeit würde er bei ihm leben können. Fast genauso wie auf Sirius
freute Harry sich darauf seinen ehemaligen Lehrer Professor Lupin wieder zu sehen. Lupin
war nach Harrys Meinung der beste Lehrer, den sie jemals in ‚Verteidigung gegen die
dunklen Künste‘ gehabt hatten. Leider war am Ende des vorletzten Schuljahres
herausgekommen, dass Lupin ein Werwolf war, und so verließ er die Schule, bevor sich die
Eltern der Schüler darüber beschwerten.
Außerdem fiel Harry ein Stein vom Herzen, dass Professor Dumbledore scheinbar seine
verbotene Zauberei nicht zu streng bewertete.
Mit zitternden Händen nahm Harry ein Stück Pergament und schrieb Ron von Sirius‘
Antwort. Er konnte es immer noch nicht fassen.
Als Pigwidgeon sein Mahl beendet hatte war auch Harry mit dem Brief fertig und holte die
winzige Eule wieder aus Hedwigs Käfig.
„So mein Kleiner“, sagte er, „das ist jetzt die letzte Aufgabe, die ich Dir geben muss. Bring
das zu Ron.“
Nachdem Pig ihn verlassen hatte, begann Harry seine Sachen zu packen. Er war zwar noch
eine Menge Zeit bis Professor Lupin hier sein würde, doch er wollte auf alle Fälle fertig sein,
wenn sein Lehrer kam um ihn abzuholen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Auch an diesem Abend hielten es die Dursleys nicht für nötig Harry zum Essen zu rufen, aber
Harry war viel zu aufgeregt um etwas zu Essen, und wenn sein Onkel ihn wieder gereizt hätte,
hätte er sich mit Sicherheit verplappert.
Als die Nacht hereinbrach legte Harry sich in sein Bett um zu schlafen, doch er war viel zu
nervös. Er stand leise auf und schlich in die Küche um sich etwas zu essen zu holen.
Die Dursleys hatten an diesem Abend Rinderbraten gegessen, und der ganze Kühlschrank war
überfüllt mit Resten. Harry nahm sich ein Stück, und ging leise zurück in sein Zimmer
Nachdem er gegessen hatte legte er sich wieder auf sein Bett, konnte jedoch lange Zeit nicht
einschlafen, er war viel zu aufgeregt. Irgendwann fiel er in einen unruhigen Schlaf.
Er erwachte am nächsten Morgen sehr früh und sprang sofort aus dem Bett, um noch einmal
den Brief seines Paten zu lesen. Er wollte sich nur noch einmal vergewissern, dass er das alles
auch nicht geträumt hatte.
Um halb neun ging Harry die Treppe hinunter um mit seinen Verwandten zu frühstücken. An
diesem Morgen war die Tür nicht versperrt und Harry betrat die Küche.
Onkel Vernon sah nicht einmal von seiner Zeitung auf als Harry sich auf seinen Platz setzte,
Tante Petunia wirbelte geschäftig durch die Küche und würdigte Harry ebenfalls keines
Blickes, und Harrys fetter Cousin Dudley grinste nur hämisch. Das Frühstück verlief an
diesem Morgen weitestgehend schweigend.
Harry wurde immer nervöser. Er musste sich sehr zusammen reißen um nicht ungeduldig auf
seinem Stuhl hin und her zu rutschen. So unauffällig wie möglich blickte er auf seine Uhr.
Es war mittlerweile fünf Minuten vor neun. Gleich musste Professor Lupin kommen. Harry
glaubte vor Spannung platzen zu müssen. Hoffentlich kam er auch pünktlich. Was, wenn
Sirius und Lupin es sich anders überlegt hatten, und ihn vielleicht doch nicht bei sich
aufnehmen wollten?
Es klingelte.
„Geh, und mach die Tür auf, Bursche“, blaffte Onkel Vernon ohne von seiner Zeitung
aufzusehen Harry an.
Das hätte sein Onkel nicht zweimal sagen müssen, denn Harry hatte bereits die Küchentür
erreicht, als sein Onkel den Satz beendet hatte. Eilig ging er durch den Flur, und öffnete die
Haustür.
Vor ihm stand ein schlanker, großer Mann, mit schulterlangen, hellbraunen Haaren, die
bereits deutlich mit grauen Strähnen durchsetzt waren. Er trug eine abgetragene, enge Jeans
und ein altes, graues T-Shirt.
Harry staunte: “Professor Lupin, ich habe Sie ja noch nie in Muggelkleidung gesehen. Vielen,
vielen Dank, dass Sie da sind.“
Mit diesen Worten fiel Harry seinem ehemaligen Lehrer um den Hals, ließ ihn jedoch sofort
wieder los und blickte beschämt auf den Boden, schließlich gehörte es sich nicht einen Lehrer
zu umarmen.
„Entschuldigen Sie, tut mir leid“, murmelte Harry und sein Gesicht wurde rot.
Lupin lächelte.
„Hallo Harry, schön dich wieder zu sehen. Es ist viel zu lange her“, sagte Professor Lupin und
legte freundschaftlich eine Hand auf Harrys Schulter.
„Wer ist da, Bursche?“, ertönte die Stimme seines Onkels aus der Küche.
Lupin und Harry blickten in Richtung Küchentür.
„Hol jetzt am besten deinen Onkel, ich werde hier warten. Ich glaube nicht, dass er mich
hinein bitten wird.“
Damit hatte Lupin sicher recht. Harry lächelte ihn noch einmal an, drehte sich dann um, und
ging in die Küche.
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Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
„Onkel Vernon, es ist mein Lehrer, er möchte mit dir reden“, sagte Harry zu seinem Onkel
gewandt.
„Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt, du Taugenichts?“ blaffte dieser ihn an.
Onkel Vernon erhob sich von seinem Stuhl und folgte Harry zur Haustür. Er blickte den
Mann der dort stand misstrauisch an. So etwas sollte ein Lehrer sein, der in Jeans herumlief?
Sollte er der Jugend nicht ein besseres Vorbild sein?
Als Onkel Vernon die Tür erreicht hatte streckte Lupin ihm die Hand entgegen und sagte
höflich: „Guten Tag Mr. Dursley. Mein Name ist Professor Lupin. Ich bin, oder besser ich
war ein Lehrer Ihres Neffen. Es tut mir leid, dass ich Sie an einem Sonntag morgen stören
muss, aber ich habe etwas Wichtiges mit Ihnen zu besprechen.“
„Ich weiß schon, ich weiß“, sagte Onkel Vernon ärgerlich, „Ihr Kollege Mr. Rice hat bereits
Anfang dieser Woche angerufen und sich über die Leistungen dieses Versagers hier
beschwert. Ich kann Ihnen nur sagen, dass sich das ändern wird.“
Während der letzten Worte sah er mit einem bösen Blick in Richtung Harry.
„Mr. Dursley, ich glaube Sie missverstehen mich“, antwortete Lupin freundlich, „Ich war ein
Lehrer von Hogwarts, und kann mich nicht im geringsten über Harrys schulische Leistungen
beklagen, im Gegenteil.“
Onkel Vernon starrte Lupin hasserfüllt an.
„Was wollen Sie hier, ich will mit Ihresgleichen nichts zu tun haben. Meine Familie und ich,
wir haben kein Interesse an Ihrem Gesindel.“
Er blickte mit einem hasserfüllten Blick in Richtung Harry und sagte mit einem drohenden
Ton in der Stimme: „Das gilt auch für den Burschen hier.“
Harry machte einen Schritt nach vorne und stellte sich neben Lupin. Dieser lächelte Harry
freundlich an und legte einen Arm um Harrys Schultern.
„Mr. Dursley, ich bin hier im Auftrag von Mr. Black, Harrys Paten. Er hat mich gebeten den
Jungen zu ihm zu bringen. Er möchte, dass Harry den Rest seiner Ferien, bevor er zurück
nach Hogwarts muss, bei ihm verbringt.“
Onkel Vernon war mittlerweile feuerrot angelaufen.
„Ihr seid alles Betrüger und Verbrecher, kein Wunder, dass der Bengel hier so viel von euch
hält. Das kommt überhaupt nicht in Frage. Der Junge wird ab nächstem Jahr das ‚St.-BrutusSicherheitszentrum für unheilbar kriminelle Jungen‘ besuchen“, brüllte er.
Lupin blickte Harry an.
„Harry, geh bitte nach oben und hol deine Sachen, ich möchte unter vier Augen mit deinem
Onkel sprechen.“
Harry gehorchte etwas enttäuscht, denn er hätte zu gerne gewusst was Professor Lupin noch
zu Onkel Vernon sagen wollte, und ging die Treppe nach oben in sein Zimmer. Dort
angekommen konnte er zwar noch das Brüllen seines Onkels hören, doch er konnte nicht
mehr verstehen was er sagte.
Professor Lupin sah Harry nach und wandte sich wieder Onkel Vernon zu, als Harry aus
seinem Blick verschwunden war.
„Mr. Dursley, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie nur vor dem Gesetz der
Muggel Harrys Vormund sind. Vor dem Zaubereigesetz wurde noch kein offizieller Vormund
für den Jungen bestellt, da es bis jetzt noch nicht nötig war. Aus diesem Grund haben Sie
keinerlei Handhabe den Jungen von seinem weiteren Besuch in Hogwarts abzuhalten.“
Onkel Vernon kochte.
„Das ist eine Frechheit“, brüllte er, „ich habe diesen Bengel jahrelang durchgefüttert, ich hatte
alle Kosten am Hals und von Ihrem Pack hat niemand auch nur einen Finger gerührt.“
Lupin senkte leicht den Blick, dann entgegnete er ruhig: „Es war Mr. Black leider aus
persönlichen Gründen bis jetzt nicht möglich seinen Pflichten gerecht zu werden, aber er
möchte nun den Wünschen von Harrys Eltern entsprechen und den Jungen wenigstens
vorläufig bei sich aufnehmen.“
14
Harry Potter und das Auge des Ares
1. Die Rettung
Onkel Vernon schnaubte wieder, dann polterte er los: „Ich weiß zwar nicht, was Sie bei Ihrer
Sippe für eine Rechtsprechung haben, aber ich habe noch von keinem Ministerium gehört,
welches das Sorgerecht für ein Kind an einen entflohenen Verbrecher überträgt. Ja, Sie, ich
höre auch Nachrichten, und wir haben alles verfolgt, was über diesen Verbrecher berichtet
wurde.“
Professor Lupin schluckte leicht. Er hatte gehofft, dass die Dursleys über Sirius‘ Situation
nicht informiert waren, aber eigentlich hätte er es erwarten müssen, da schließlich auch die
Muggelnachrichten über Sirius‘ Ausbruch berichtet hatten.
Er sah Onkel Vernon wieder in die Augen und antwortete: „Ich denke, Mr. Dursley, das
sollten wir das Ministerium entscheiden lassen. Bis dahin werde ich den Jungen mitnehmen.“
Harry nahm seinen großen Koffer und den Käfig mit Hedwig und machte sich wieder auf den
Weg nach unten.
Als er wieder bei seinem Onkel und Professor Lupin angekommen war, sagte sein Lehrer:
„Komm Harry, lass uns gehen.“
Onkel Vernon schien vor Wut fast zu platzen. Lupin nahm Harry den schweren Koffer aus der
Hand und wandte sich zur Tür.
„Das wird ein Nachspiel haben, Sie werden noch von mir hören, Sie“, keifte Onkel Vernon,
doch er machte keinerlei Anstalten seinen Neffen, der Lupin zur Tür gefolgt war, aufzuhalten.
Harry atmete erleichtert auf, als die Tür zum Ligusterweg Nr. 4 hinter ihm ins Schloss fiel.
Er blickte Lupin interessiert an: „Was haben Sie denn noch zu meinem Onkel gesagt, ich hatte
wirklich Angst er würde mich nicht aus dem Haus lassen!“
Lupin grinste.
„Das brauchst du nicht zu wissen Harry, aber es scheint gewirkt zu haben, das ist die
Hauptsache.“
Harry war enttäuscht, er hätte zu gerne gewusst, was Professor Lupin in seinem Abwesenheit
zu seinem Onkel gesagt hatte. Insgeheim bewunderte er Lupin dafür, wie ruhig er während
des gesamten Gesprächs geblieben war. Dieser Mann hatte wirklich eine unheimliche
Selbstbeherrschung.
„Professor, wie kommen wir jetzt eigentlich zu Ihnen nach Hause, und zu Sirius?“ fragte
Harry erneut.
„Na damit“, antwortete Lupin und zeigte mit dem Finger auf einen alten VW Käfer, der vor
dem Haus der Dursleys geparkt war.
„Und Harry, ich bin nicht mehr dein Lehrer, also sag bitte nicht Professor. Nenn mich
Remus.“
Harry strahlte Lupin an und folgte ihm zum Wagen.
Als sie in den Wagen stiegen sah Harry wieder Mrs. Figg an ihrem Fenster stehen. Sie winkte
ihm zu, und Lupin winkte zurück. Mrs. Figg lächelte ihnen zu und verschwand.
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Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
2. Himmel und Hölle
Professor Dumbledore ging in seinem Büro nun schon seit einer viertel Stunde auf und ab. Er
hatte tiefe Sorgenfalten auf der Stirn und war in seine Gedanken versunken. Auf dem Stuhl
vor seinem Schreibtisch saß Professor Snape.
„Severus, willst du diese Bürde wirklich wieder auf dich nehmen? Noch kannst du ‚NEIN‘
sagen“, sagte Dumbledore zu seinem Gegenüber.
„Albus, wir haben doch schon vor den Ferien darüber gesprochen. Nur wenn ich zu den Death
Eatern zurück gehe haben wir eine Chance zu erfahren, was Voldemort als nächstes vor hat“,
antwortete Snape eindringlich.
„Du hast ja recht, aber wenn er dir misstraut, wenn er merkt, dass du gemeinsame Sache mit
uns machst .... er wird dich töten Severus. Hast du auch das bedacht?“, sagte Dumbledore
besorgt.
„Albus, ich weiß genau was für ein Risiko ich eingehe. Aber ich muss es riskieren, wenn wir
Erfolg haben wollen“, stellte Snape fest.
Dumbledore seufzte und setzte sich auf seinen Stuhl hinter dem Schreibtisch. Er sah
unheimlich alt und müde aus.
Er blickte Snape in die Augen.
„Wir alle hier wissen zu schätzen welche Gefahr du für uns eingehst. Sei versichert, dass ich
immer hinter dir stehen werde. Wenn es Probleme gibt kannst du dich jeder Zeit an mich
wenden, und ich meine jeder Zeit. Leider steht das Ministerium, genau wie ich es erwartet
habe, nicht auf unserer Seite. Sie wollen einfach nicht akzeptieren, dass Voldemort zurück ist.
Du musst gut auf dich aufpassen.“
Snape nickte.
„Dann werde ich in den nächsten Tagen die Death Eater kontaktieren, und um eine
Unterredung mit dem dunklen Lord bitten“, sagte Snape kalt.
„Wahrscheinlich wird er sich Zeit lassen, bis er antwortet. Falls er mich nicht gleich tötet wird
er mir voraussichtlich befehlen als Spion nach Hogwarts zurück zu kommen. Dann kann ich
weiterhin uneingeschränkt meiner Lehrtätigkeit nachgehen, denn um keinen Verdacht zu
erregen wird er mich nicht zu jeder Aktion der Death Eater rufen.“
Dumbledore atmete schwer.
„Severus, was deine Lehrtätigkeit angeht habe ich noch ein großes Anliegen.“
Snape blickte auf.
„Ich weiß es ist sehr viel verlangt, aber ich möchte, dass du im nächsten Schuljahr den
Unterricht zur ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ übernimmst. Professor Sprout kann
einige deiner Zaubertrank-Klassen übernehmen, da auch sie ausgebildete Alchimistin ist“,
fuhr Dumbledore vorsichtig fort.
Snape blickte ihn überrascht an.
„Selbstverständlich werde ich diesen Unterricht übernehmen, wenn du es willst Albus. Mach
dir keine Sorgen, ich schaffe das schon.“
*
*
*
Nach einer dreistündigen Fahrt erreichten Harry und Lupin den kleinen Ort, in dem Lupin
wohnte. Sie durchquerten das Dorf, und als Harry schon dachte Lupin würde den Ort wieder
verlassen hielt der Wagen vor einem kleinen Haus.
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Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Es lag am Rande des Dorfes, etwas abseits, und war von einer großen Hecke umgeben, so
dass Remus Lupin von keinen neugierigen Nachbarn beobachtet werden konnte. Dies war
sehr wichtig, denn es durfte niemand wissen, dass er sich einmal im Monat in einen
ausgewachsenen Werwolf verwandelte.
Als Harry aus dem Wagen gestiegen war und in Richtung Haus blickte erkannte er seinen
Paten in der Tür.
Er schien sich seit ihrer letzten Begegnung sehr gut erholt zu haben, denn er hatte deutlich
zugenommen, sah nicht mehr so ausgemergelt aus und machte auch sonst einen sehr
gepflegten Eindruck. Seine Haare waren kurz geschnitten und der wilde Bart war
verschwunden.
Harry rannte auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. Er war überglücklich und nun, endlich,
konnte er seinen Gefühlen freien Lauf lassen. Als er Sirius wieder losließ waren seine Augen
feucht, doch er lächelte.
„Na na, ist ja alles in Ordnung, du hast es doch hinter dir. Lass dich erst einmal ansehen“,
sagte Sirius und lächelte ebenfalls.
Harry hatte nun endlich seine Sprache wieder gefunden und antwortete mit leichtem
Schluchzen: „Oh Sirius, wenn du nur wüsstest wie froh ich bin hier zu sein. Es war so
furchtbar. Ich hatte schon Angst ich würde dich nie wieder sehen.“
Sirius schüttelte verständnisvoll den Kopf.
„Ach Harry sag doch so etwas nicht. Dein alter Pate lässt dich doch nicht im Stich.“
Sirius schob Harry durch die geöffnete Wohnungstür und führte ihn in das kleine
Wohnzimmer des Hauses. An der gegenüberliegenden Wand stand eine gemütliche
Sitzgruppe und an den Wänden ringsum waren hohe Bücherregale mit alten Büchern und
Pergamentrollen. Harry bemerkte, dass sich fast die Hälfte der Bücher mit Werwölfen
beschäftigten.
Mittlerweile hatte auch Lupin, der Harrys Gepäck dabei hatte, das Haus betreten.
Er folgte den Beiden ins Wohnzimmer und sagte: „Setz dich Harry. Jetzt haben wir genug
Zeit, und du kannst uns alles noch einmal in Ruhe erzählen. Du hast zwar schon einiges in
deinem Brief geschrieben, doch es hilft dir sicher, wenn du dir noch einmal alles von der
Seele reden kannst.“
Harry schilderte Sirius und Remus noch einmal alles, was sich im Hause der Dursleys
abgespielt hatte. Er ließ sich viel Zeit und musste immer wieder seine Erzählung
unterbrechen, um sich noch einmal alle Ereignisse ins Gedächtnis zu rufen.
Die beiden Männer ließen den Jungen reden ohne ihn zu unterbrechen und hörten ihm
aufmerksam zu.
Als Harry geendet hatte war das Gesicht seines Paten rot angelaufen.
„Was sind denn das für Menschen, die einen 15-jährigen Jungen tyrannisieren?“, fragte er
aufgebracht.
Er blickte seinen Freund Remus an.
Lupin schien kurz zu überlegen und sagte dann zu Sirius gewandt: „Padfoot, alter Freund, du
hättest dieses Mann sehen müssen. Wie ich dein Temperament kenne, wärst du diesem
Muggel mit Sicherheit an die Gurgel gegangen. Wenn du mich fragst, kann Harry nächsten
Sommer auf keinen Fall mehr zu diesen Leuten gehen. Nach seinen Aussagen wird das ja von
Jahr zu Jahr schlimmer. Das kann nicht so weiter gehen. Ich werde in den nächsten Tagen
einen Brief an Dumbledore schreiben und ihm meine Eindrücke schildern.“
Sirius knurrte: „Hm, vielleicht hätte ein gewisser schwarzer Hund diesen Kerl mal gehörig
beißen sollen. Dumbledore muss einfach einsehen, dass Harry nicht unter Muggel gehört.“
Harry war überglücklich die Beiden so reden zu hören. Vielleicht konnten sie wirklich etwas
bei Dumbledore erreichen.
Er blickte Sirius an und sagte hoffnungsvoll: „Oh ja, dann kann ich meinen nächsten Sommer
ganz mit euch verbringen.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Lupin runzelte bei Harrys Worten die Stirn und Sirius machte ein nachdenkliches Gesicht.
Schließlich sagte Lupin: „Harry, du bist jederzeit Willkommen in diesem Haus, ich möchte
dass du das weißt. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob Professor Dumbledore auf Dauer
einem Werwolf und einem gesuchten Verbrecher die Verantwortung für dich übergeben wird,
und diese Entscheidung hängt auch nicht nur alleine an ihm.“
Harry blickte von einem zum anderen und antwortete: „Aber Profess...., äh Remus, Professor
Dumbledore weiß doch, dass Sirius unschuldig ist, und dich hat er schließlich ein Jahr an der
Schule unterrichten lassen.“
Eine leichte Verzweiflung machte sich in Harrys Stimme breit.
Sirius lächelte Harry nun wieder an und sagte: „Ja Harry ich weiß, aber wem von uns würde
denn das Zaubereiministerium das offizielle Sorgerecht für dich übertragen? Ich befürchte
Moony hat recht. Aber wir müssen auf alle Fälle abwarten was Dumbledore sagt. Vorher zu
spekulieren hat keinen Sinn.“
Und damit hatte Sirius Black wohl recht.
„So Harry“, sagte Lupin schließlich, „ich werde dir jetzt mal dein Zimmer zeigen, komm.“
Mit diesen Worten führte er Harry die Treppe nach oben. Im oberen Flur befanden sich vier
Türen.
„Das hier ist das Badezimmer. Und in diesen beiden Zimmern schlafen Sirius und ich. Das
mittlere Zimmer ist mein Gästezimmer, obwohl ich noch nie Gäste hatte, außer Sirius. Aber
der zählt wohl nicht richtig. Wenn du irgend etwas brauchst lass es mich bitte wissen.“
Harry betrat das Zimmer und fühlte sich sofort heimisch. Unter dem großen Fenster stand ein
gemütliches Bett, an der Wand daneben stand ein kleiner Schreibtisch, und auch ein
gemütlicher Sessel und ein großer Kleiderschrank fehlten in diesem Raum nicht.
Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Harry war selten so glücklich gewesen wie bei
den alten Freunden seines verstorbenen Vaters, außer vielleicht im Fuchsbau, dem Haus der
Weasleys.
Sie verbrachten die Tage mit ausgiebigen Spaziergängen und am Abend, wenn sie alle
gemütlich im Wohnzimmer saßen erzählten Remus und Sirius von ihren alten Schulstreichen.
Es dauerte nicht lange, und Beide hatten den Jungen in ihr Herz geschlossen.
*
*
*
Es war schon spät am Abend als Professor Severus Snape in seinem Labor vor einem großen
Kessel stand und die letzten Zutaten des Wolfstrankes in die grün schimmernde, dampfende
Flüssigkeit gab.
Obwohl sein ehemaliger Kollege Remus Lupin nun schon seit einem Jahr nicht mehr in
Hogwarts unterrichtete, hatte er trotzdem dem Wunsch von Dumbledore entsprochen, und
braute noch regelmäßig diesen äußerst komplizierten Trank, der es Werwölfen während ihrer
Verwandlung ermöglichte ihren Verstand zu behalten. Jeden Monat, eine Woche vor
Vollmond, wurde der Trank dann per Eule zu Professor Lupin geschickt.
Eigentlich konnte Snape Remus Lupin nicht leiden, zu viele Streitereien und Hass hatte es in
den letzten Jahren zwischen ihnen gegeben.
Schon zu der Zeit, als Severus Snape, Remus Lupin, Sirius Black und James Potter
gemeinsam zur Schule gegangen waren hatte es immer wieder Streit zwischen ihnen gegeben.
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Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Viele Male war er bereits in Versuchung gekommen den Trank ein bisschen zu manipulieren
um seine Wirkung herab zu setzen, hatte es aber immer unterlassen, aus Loyalität zu Albus
Dumbledore.
Mit einem Wink seines Zauberstabs löschte er das Feuer unter dem Kessel, um das Gebräu
abkühlen zu lassen.
Er setzte sich an seinen Schreibtisch und kramte seine Unterlagen hervor. Bis zum Beginn des
nächsten Schuljahres hatte er noch eine Menge vorzubereiten.
Snape hatte sich vorgenommen für ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ komplett neue
Lehrpläne aufzustellen, da er die bestehenden für zu unzureichend und lückenhaft hielt.
Außerdem musste er noch entscheiden, welche Zaubertrank-Klassen er an Professor Sprout
abgeben konnte. Die Lehrerin für Kräuterkunde hatte zwar in ihrer Jugend eine gute
Ausbildung in Alchemie genossen, doch waren ihr Kenntnisse im Laufe der Jahre etwas
eingerostet, und sie hatte große Probleme mit den komplizierteren Tränken.
Snape würde wohl nichts anderes übrig bleiben, als die oberen Klassen selbst zu unterrichten.
Er verzog bei diesem Gedanken das Gesicht. Noch eine Stunde mehr, die er den jungen Potter
auf dem Hals haben würde. Doch Potter war nicht der einzige in der zukünftigen 5. Klasse der
Gryffindors, gegen den er einen Groll hegte.
In dieser Klasse befanden sich außer ihm auch noch Hermine Granger, diese Besserwisserin
und Neville Longbottom, der es bis jetzt in fast jeder Zaubertrankstunde geschafft hatte irgend
etwas seltsames mit seinem Trank anzustellen. Im Zweifelsfalle flog gleich der ganze Kessel
in die Luft.
Snape verdrehte bei diesem Gedanken die Augen.
Nachdem er die Lehrpläne für die ersten und zweiten Klassen zusammengestellt hatte
unterbrach er seine Arbeit.
Er drehte sich um und blickte auf den Kalender, der hinter seinem Schreibtisch hing. Es war
jetzt schon über eine Woche her, seit er den Death Eatern eine Nachricht für Lord Voldemort
übergeben hatte, doch bis jetzt hatte er noch keine Antwort auf sein Gesuch um
Wiederaufnahme erhalten.
Snape wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Als er gerade mit den Plänen für die dritten
Klassen beginnen wollte durchzuckte plötzlich ein stechender Schmerz seinen linken
Unterarm.
Der Schmerz breitete sich weiter aus und krampfte seine Eingeweide zusammen. Er schob mit
schmerzverzerrtem Gesicht den linken Ärmel seines Umhangs nach oben um sich seinen Arm
zu betrachten.
Das Dunkle Mal auf seinem Arm hatte sich pechschwarz verfärbt. Der Dunkle Lord rief ihn.
Es war so weit.
Snape atmete noch einmal tief durch und machte sich auf den Weg nach Hogsmeade, um zu
Lord Voldemort zu apparieren.
Als er den kleinen Ort erreicht hatte schlüpfte er in eine dunkle Nebenstraße und
disapparierte.
Nur Sekunden später war er am alten Riddle-Haus, dem Hauptquartier des Dunklen Lords.
Vorsichtig schaute er sich um, konnte jedoch in der Nähe des Hauses niemanden entdecken.
Er musste sehr vorsichtig sein, vielleicht hatte Lord Voldemort ihn durchschaut und wollte
ihn in eine Falle locken.
Langsam ging er auf das Haus zu. Die Tür stand offen und Snape betrat den düsteren
Korridor.
Es roch modrig, und von der Decke hingen staubige Spinnweben. Severus Snape schritt
langsam auf die große Flügeltür am Ende des dunklen Flurs zu. Kurz bevor er sie erreicht
hatte schwangen die beiden Flügel der Tür knarrend auf und gaben Snape den Blick in das
ehemalige Wohnzimmer des Herrenhauses frei.
19
Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Von der alten Einrichtung war nichts mehr übrig geblieben. Das einzige Möbelstück in
diesem Raum, wenn man es denn so nennen konnte, war ein großer, pechschwarzer Altar.
Und genau vor diesem Altar stand der Dunkle Lord zusammen mit Peter Pettigrew und 2
weiteren Death Eatern. Seine rot glühenden Augen blickten durch die Tür und blieben an
Snape haften. Snape musste sich zusammenreißen um dem Drang zu wiederstehen
wegzurennen.
Langsam und mit gesenktem Blick betrat er den Raum. Als er den Dunklen Lord erreicht
hatte fiel er auf die Knie und küsste dessen Umhangsaum. Oh, wie er diese Stiefelleckerei
hasste, aber es gehörte zu einer der grundlegendsten Verhaltensregeln, wenn man vor den
Dunklen Lord trat.
„Steh auf, Snape“, zischte eine kalte Stimme.
Severus Snape erhob sich und trat respektvoll einen Schritt zurück. Er sah Lord Voldemort
nun direkt in sein hässliches, schlangenhaftes Gesicht. Die Augen des Dunklen Lords
verengten sich als er wieder zu Snape sprach.
„Nun, es hat lange gedauert, Snape, bis du gemerkt hast wem du verpflichtet bist.“
„Verzeiht, Meister“, antwortete Snape in demütigem Tonfall, „ich werde nicht mehr wanken
in meinen Überzeugungen.“
Voldemort gab ein verächtliches Geräusch von sich.
„Warum wohl Snape sollte ich deinen Worten Glauben schenken?“, fragte er kalt.
Doch er schien keine Antwort von Snape zu erwarten, statt dessen ging er nun langsam vor
seinem Gegenüber auf und ab und fuhr in fast väterlichem Tonfall fort.
„Du hattest mich verlassen, Snape, hast deinem Herrn und Meister den Rücken zugekehrt.
Das hat mich schwer getroffen.“
Bei dem nächsten Satz blieb er stehen und drehte sich ruckartig zu Severus um, so dass seine
hässliche Fratze nur Zentimeter von Snapes Gesicht entfernt war und sein stinkender Atem
Snape ins Gesicht schlug.
Er fuhr in drohendem Tonfall fort: „Ich schätze so etwas nicht.“
Severus Snape musste schlucken. Lass dir jetzt bloß nichts anmerken, dachte er. Wieder fiel
er vor dem Dunklen Lord auf die Knie und antwortete: „Meister, ich war dumm und
unerfahren. Ich habe einen Fehler gemacht. Habt erbarmen.“
Voldemorts stechende Augen waren nun zu gefährlichen Schlitzen verengt. Sie schienen
Severus direkt ins Herz zu blicken.
Er zischte: „Ja Snape, du bist dumm, und du hast einen Fehler gemacht. Und du solltest
wissen, dass ich mich niemals erbarme.“
Die letzten beiden Worte hatte er verächtlich ausgespuckt.
„Du weißt wie die Strafe für Verrat lautet, Herr der Zaubertränke, doch da du zu mir
zurückgekommen bist, werde ich nachsichtig mit dir sein.“
Snape wusste was jetzt folgen würde, doch bevor er sich auch nur halbwegs darauf
vorbereiten konnte, hatte der Dunkle Lord seinen Zauberstab aus seinem Umhang gezogen
und zischte „Crucio“.
Die Welle des Schmerzes traf Severus nicht ganz unerwartet, doch er musste in den letzten
Jahren wohl vergessen haben, wie gewaltig dieser Fluch war.
Er hatte das Gefühl seine Knochen würden zu glühender Lava, und jeden Moment würde
sicherlich das Blut in seinen Adern beginnen zu kochen. Seine Eingeweide krampften sich
schmerzhaft zusammen.
Severus wand sich von Schmerzen gepeinigt auf dem kalten Boden zu Voldemorts Füßen.
‚Nur nicht schreien, gib ihm bloß nicht die Genugtuung dass du schreist’, konnte er nur
immer wieder denken.
Doch der Dunkle Lord schien Severus‘ Gedanken gelesen zu haben, wartete noch eine
Minute, und zischte abermals „Crucio“.
20
Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Der Schmerz in Snapes Körper schien ins Unermessliche zu steigen, und ob er es wollte oder
nicht, er konnte nur noch schreien. Seine Muskeln begannen unkontrolliert zu zucken.
Doch Snapes Schmerzensschrei schien den Dunklen Lord befriedigt zu haben, denn er
beendete den Fluch mit einem Wink seines Zauberstabs.
Snape atmete schwer und stoßweise, und der Schmerz verließ nur langsam seinen Körper. Je
länger der Cruciatus-Fluch durchgehalten wurde, desto länger dauerte es auch, bis die letzten
Auswirkungen aus dem Körper des Opfers verschwunden waren.
Snape wusste nicht, wie lange Voldemort den Schmerzensfluch durchgehalten hatte, es
mussten mit Sicherheit fünf Minuten gewesen sein. Langsam versuchte er sich aufzurichten,
brach bei dem Versuch jedoch sofort wieder zusammen.
Als der Dunkle Lord wieder zu sprechen begann versuchte Severus ihm in die Augen zu
blicken.
„Na also Snape, ich höre immer was ich hören will von meinen Untergebenen. Man
widerspricht mir nicht.“
„Ich bin Euer ergebener Diener, Meister“, keuchte Snape und versuchte vergeblich
Blickkontakt mit Voldemort zu halten, der nun langsam mit hinter dem Rücken verschränkten
Armen um Snape herumging.
„Ich weiß nicht Snape“, zischte er, „ich bin mir noch nicht so ganz im Klaren darüber, wie
ehrlich deine Demut ist. Ich denke ich werde auf Nummer sicher gehen. Crucio.“
Eine zweite Welle des Schmerzes überrollte Severus und er krümmte sich erneut auf dem
Boden.
Der Dunkle Lord ging noch ein paar Schritte um Snapes sich windenden Körper herum und
gab dann seinen beiden Death Eatern, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatten, ein
kurzes Zeichen.
Beide traten mit gezückten Zauberstäben lächelnd einen Schritt nach vorne, richteten sie auf
Snape und sagten ebenfalls: „Crucio“.
Snapes Welt explodierte, seine Schreie erfüllten den Raum. Er hatte das Gefühl sein Körper
würde entzwei gerissen. Jeden Moment würden seine Adern platzen.
Kurz bevor er ohnmächtig wurde nahm Voldemort jedoch den Fluch von ihm.
Snape lag keuchend auf dem Boden, sein Körper wurde geschüttelt von heftigem Zucken und
Krämpfen.
Der Dunkle Lord trat einen Schritt nach vorne, bis er direkt über Snape stand und blickte ihn
kalt an.
„Ich werde dir noch eine zweite Chance geben, aber du musst dich beweisen“, sagte er, „du
wirst zurückkehren nach Hogwarts und meine Feinde im Auge behalten. Ich werde dich in
regelmäßigen Abständen zu mir rufen, damit du mir von den Geschehnissen berichten kannst.
Und wage es nicht mich noch einmal zu enttäuschen. Ich werde kein zweites mal so
nachsichtig mit dir sein.“
Mit diesen Worten wandte er sich zur Tür und bedeutete seinen Death Eatern ihm zu folgen.
Als er die Tür erreicht hatte drehte er sich noch einmal um. Snape versuchte sich auf dem
Boden windend in die Richtung von Voldemort zu drehen.
„Das hätte ich ja fast vergessen Snape“, sagte er mit weicher, sanfter Stimme, „Ich wollte dir
noch etwas mit auf den Weg geben, auf dass du in deiner Treue nie mehr wanken mögest.“
Er zog erneut seinen Zauberstab aus dem Umhang und richtete ihn auf Snape.
„Fracturo“, zischte er.
Snape hatte das Gefühl, als umfasse eine unsichtbare Hand sein linkes Schienbein. Der Griff
wurde fester und mit einem lauten Knacken brachen seine Knochen entzwei. Snape stöhnte
laut auf.
„Du darfst dich entfernen“, sagte der dunkle Lord kalt, verließ mit seinem Gefolge den Raum,
disapparierte, und ließ Severus mit seinem Schmerz allein.
21
Harry Potter und das Auge des Ares
*
2. Himmel und Hölle
*
*
Sirius Black schreckte aus dem Schlaf hoch. Hatte er einen Schrei gehört? Er stieg aus dem
Bett, nahm seinen Zauberstab vom Nachttisch und sagte: „Lumos“.
Nachdem er seine Pantoffeln gefunden hatte ging er zu seiner Schlafzimmertür um draußen
nach dem Rechten zu sehen. Er öffnete sie und vor ihm stand Remus.
„Ach Moony, hast du auch was gehört?“, fragte er ihn verschlafen.
„Ja“, flüsterte Lupin, „ich glaube das war Harry. Lass uns besser nachsehen.“
Mit diesen Worten gingen sie zu Harrys Zimmertür und öffneten sie leise. Das Zimmer war
dunkel. Harry lag zusammengekrümmt in seinem Bett, hielt sich mit beiden Händen die Stirn
und stöhnte leise.
Er schien die Beiden nicht bemerkt zu haben. Sirius war mit zwei Sätzen bei seinem Neffen
und setzte sich neben ihn auf das Bett. Vorsichtig legte er eine Hand auf Harrys Schulter.
Harry zuckte bei der plötzlichen Berührung seines Paten zusammen. Mit schmerzverzerrtem
Gesicht blickte er ihn an.
„Sirius, hab ich dich geweckt? Tut mir leid“, keuchte er.
„Harry mein Junge, was ist denn passiert, was ist los?“, fragte Sirius aufgelöst.
Auch Lupin war mittlerweile an Harrys Bett getreten.
„Ach, ... Professor Lupin,........ Remus, du auch,.... meine .... meine Narbe ..... es war plötzlich
so ein stechender Schmerz, so schlimm ..... so schlimm war es noch nie“, keuchte Harry
weiter.
„Ganz ruhig Harry“, sagte Lupin sanft und kniete sich vor Harrys Bett.
„Ist das in letzter Zeit öfter vorgekommen?“, fragte er leise um Harrys Kopf nicht noch mehr
zu belasten.
Harry atmete immer noch stoßweise, schien sich aber langsam wieder zu beruhigen.
„Nein“, antwortete er, „das letzte mal...... beim Trimagischen Turnier, als ich.......bei Lord
Voldemort war. Da war es auch ziemlich schlimm,.........vor allem in dem Moment, als er
Cedric getötet hat.“
Lupin nickte langsam.
„Es ist anzunehmen, dass so etwas in der Art vorhin auch vorgefallen ist. Wahrscheinlich hat
er wieder jemanden getötet, oder noch schlimmer“, murmelte er besorgt.
„Wenn er wenigstens seine Opfer schnell töten würde, aber er hat Spaß daran sie leiden zu
lassen. Kennst du die drei unverzeihlichen Flüche, Harry?“
Harry nickte.
„Ja, Mad Eye Moody, oder besser Mr. Crouch hat uns letztes Jahr in ..... ‚Verteidigung gegen
die dunklen Künste‘ davon erzählt. Und als ich bei Voldemort war ........ habe ich den
Imperius- und den Cruciatus-Fluch am eigenen Leib erlebt.“
Lupin senkte seinen Blick etwas und entgegnete: „Ja, ich erinnere mich, Sirius hat es mir
erzählt. Aber Voldemort kennt noch andere Schmerzflüche, die fast genauso gefährlich sind
wie der Cruciatus-Fluch.“
Sirius hatte den Beiden still zugehört. Er hatte immer noch seine Hand auf Harrys Schulter
liegen.
Er räusperte sich und sagte: „Harry, ich befürchte, dass deine Narbe in nächster Zeit noch
öfter weh tun wird, du hast durch sie eine enge Bindung an den Dunklen Lord.“
Er blickte seinen Freund an.
„Remus, du bist doch hier der Experte für dunkle Künste, hast es ja ein Jahr in Hogwarts
unterrichtet, meinst du man kann etwas dagegen machen?“
Lupin schüttelte niedergeschlagen den Kopf.
22
Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
„Sirius, ich bin kein Fachmann für Schmerzflüche oder Fluchnarben, und schon gar keiner für
Lord Voldemort. Ich weiß nicht mal, ob es überhaupt jemanden gibt, der alles über den
Dunklen Lord weiß. Ich befürchte da gibt es noch viele Geheimnisse.“
Schweigend saßen die drei zusammen. Harry war froh die beiden Männer bei sich zu haben,
auch wenn sie ihm nicht helfen konnten, doch ihre Anwesenheit hatte etwas tröstliches.
Nach einer Weile sagte Sirius: „Schlaf jetzt wieder Harry. Möchtest du, dass ich bei dir
bleibe?“
Harry nickte stumm.
Lupin stand auf und strich Harry über sein wirres Haar.
„Schlaf gut Harry, bis morgen. Gute Nacht, Padfoot.“
Mit diesen Worten verließ er das Zimmer.
Als Harry am nächsten Morgen erwachte, war es schon sehr spät und Sirius war
wahrscheinlich schon nach unten gegangen um zu frühstücken, denn er hatte Harrys Zimmer
verlassen. Harry setzte seine Brille auf, zog sich an und ging ebenfalls nach unten.
In der Küche traf er Remus Lupin, der gerade dabei war das dreckige Geschirr vom Frühstück
abzuspülen. Er spülte natürlich nicht per Hand, sondern schwenkte energisch seinen
Zauberstab, und die Teller und Tassen spülten sich selbständig ab.
Als Harry den Raum betrat blickte Lupin von seiner Arbeit auf und lächelte Harry an.
„Guten Morgen, du Langschläfer. Wie geht es dir? Hast du noch Schmerzen?“
„Nein“, antwortete Harry, „es ist alles wieder in Ordnung. Remus, ich wollte mich noch
einmal für gestern Nacht entschuldigen, es tut mir leid, dass ich euch aus dem Bett geholt
habe, ich ...“
Lupin runzelte die Stirn und fiel Harry ins Wort.
„Harry, entschuldige dich nie mehr dafür, wenn du Hilfe brauchst. Du weißt, dass Sirius und
auch ich immer für dich da sein werden.“
Er schien fast ein bisschen ärgerlich.
„Danke“, stammelte Harry etwas beschämt.
Natürlich wusste er, dass sein Pate immer für ihn da sein würde, und er freute sich, dass
mittlerweile auch Remus Lupin zu einem guten Freund geworden war.
Nach den letzten Wochen gehörten die beiden Männer für Harry fast schon zusammen, er
wollte keinen von ihnen mehr missen.
„Komm, iß erst mal etwas, ich habe extra deinen Teller stehen lassen. Ich leiste dir ein
bisschen Gesellschaft“, sagte Lupin und schob Harry zum Küchentisch.
Die Beiden setzten sich und Harry begann gierig zu essen.
„Wo ist eigentlich Sirius?“, fragte er Lupin mit vollem Mund, denn er hatte an diesem
Morgen seinen Paten noch nicht gesehen.
„Er musste für einige Tage zu Mundungus Fletcher fahren, einer von unseren alten Kämpfern.
Er wollte mit ihm über diese seltsamen Todesfälle, die sich in den letzten Wochen in London
ereignet haben, sprechen. Eigentlich wollte er sich noch von dir verabschieden aber er wollte
dich nicht wecken“, antwortete Lupin.
„Meint ihr denn, dass diese Morde etwas mit Voldemort zu tun haben?“, fragte Harry
gespannt.
„Hm“, meinte Lupin, „was ist denn deine Meinung?“
Harry überlegte kurz.
„Ich denke schon, dass es etwas mit Voldemort zu tun hat. Es ist doch irgendwie verdächtig.“
Lupin runzelte die Stirn.
„Wenn er es war, werden wir es herausfinden. Ach Harry, das hätte ich ja fast vergessen,
heute morgen kam eine Eule mit dem Brief aus Hogwarts für dich.“
23
Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Mit diesen Worten legte er einen Brief auf den Tisch, der mit grüner Tinte an Harry adressiert
war. Harry nahm den Umschlag und riss ihn sofort auf. Er enthielt die übliche Mitteilung,
dass Harry sich wie immer am 31. August am Gleis 9 ¾ einfinden sollte, um mit dem
Hogwarts-Express in die Schule zu fahren.
Er sah Lupin entgeistert an.
„Oh weia, heute ist ja schon der 28. Der Brief kam dieses Jahr aber spät. Die Zeit ist so
schnell vorbei gegangen. Dann muss ich ja schon am Sonntag wieder in die Schule fahren.“
Es war das erste mal seit Harry in Hogwarts war, dass er lieber noch etwas länger Ferien
gehabt hätte.
„Remus, ich muss noch meine Bücher kaufen. Wie machen wir das denn, es ist ja kaum noch
Zeit.“
„Mach dir keinen Sorgen Harry, wenn du willst, können wir morgen in die Winkelgasse
fahren, dann kannst du alles besorgen. Lass mal sehen welche Bücher du dieses Jahr
brauchst“, antwortete Lupin.
Harry zog einen zweiten Zettel aus dem Umschlag, faltete ihn auf und las:
Lehrbücher für das 5. Schuljahr:
- Miranda Habicht: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 5
- Gundula Transfari: Verwandlung im Detail
- Arsenius Bunsen: Die Kunst mit dem Kessel
- Adolf Mortifer: Der schwarze Tod
Alle Schüler werden gebeten auch die Bücher der vergangenen Jahre aus dem Kurs
‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ mitzubringen (Außer den Werken von Gilderoy
Lockhart)
Harry grinste. An Professor Lockhart und seine angeblichen Biographien konnte er sich nur
zu gut erinnern. Er wunderte sich nur etwas darüber, warum er die Bücher der anderen Jahre
noch einmal mitbringen sollte. Eigentlich hatten sie alle Themen die darin enthalten waren
abgehandelt.
„Remus, meinst du ‚Der schwarze Tod‘ ist das neue Buch für Verteidigung gegen die dunklen
Künste?“
Lupin nickte.
„Ja, ich kenne dieses Buch. Ich finde nur, dass es für ein Schulbuch ein bisschen, nun sagen
wir, ein bisschen unpassend ist. Ich hätte es selbst in den Abschlussklassen nicht verwendet.
Es geht darin vor allem um mächtige Flüche, die in einem Duell verwendet werden können.
Sehr seltsam.“
Harry dachte kurz nach, dann sagte er: „Ich würde zu gerne wissen, wen wir dieses Jahr in
Verteidigung haben. Bis jetzt hatten wir jedes Jahr einen anderen Lehrer. Willst DU nicht
wieder zurückkommen, Remus?“
Lupin lächelte gequält.
„Ach Harry, du kannst dir nicht vorstellen wie gerne ich wieder unterrichten würde, aber du
weißt doch selbst, dass es unmöglich ist. Die Eltern der Schüler würden einen Werwolf als
Lehrer ihrer Kinder niemals tolerieren.“
24
Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Am nächsten Morgen machten Harry und Lupin sich gemeinsam auf den Weg nach London.
Dort angekommen gingen sie direkt in den ‚Tropfenden Kessel‘, in dessen Hinterhof sich der
Eingang zur Winkelgasse befand.
Nachdem Harry etwas Geld aus seinem Verließ bei Gringotts, der Zaubererbank, geholt hatte,
begaben sie sich direkt zu der Buchhandlung Flourish & Blotts.
Schnell hatten sie alle Bücher beisammen, denn der Verkäufer hatte vorausschauend alle
Bücher, welche die Hogwarts-Schüler brauchten, in den vorderen Teil des Ladens geräumt.
Nachdem sie den Laden verlassen hatten wollte Harry noch einen neuen Federkiel kaufen,
und so machten sie sich auf den Weg zum Schreibwarenladen.
Vor dem Laden liefen sie Ron und Hermine in die Arme. Schon von weitem schrie Hermine:
„Harry, Harry, hallo, hier sind wir!“
Dabei winkte sie ganz aufgeregt.
Als Harry seine beiden Freunde erreicht hatte fielen die drei sich in die Arme. Erst danach
bemerkte Ron Lupin.
„Oh, guten Tag Professor Lupin, ist ja toll, dass wir Sie mal wiedersehen.“
Auch Hermine freute sich offensichtlich ihren alten Lehrer wieder zu sehen.
„Hallo Professor, wie geht es Ihnen?“, fragte sie höflich.
„Hallo Ihr zwei“, antwortete Lupin fröhlich, „schön dass wir euch treffen. Darf ich euch alle
auf ein Eis bei Florean Fortescues Eissalon einladen, dann könnt ihr noch ein bisschen
plaudern, bevor wir wieder nach Hause fahren.“
Ron und Hermine nahmen die Einladung gerne an und Ron sagte: „Toll, dann kannst du uns
ja alles erzählen was passiert ist, Harry.“
„Okay“, sagte Harry, „geht doch schon mal vor, ich will mir nur noch eine Feder kaufen.“
Fünf Minuten später trafen die vier sich in der Eisdiele.
Als sie sich gerade an einen kleinen Tisch vor dem Salon setzen wollten kam plötzlich eine
schwarz vermummte Gestalt aus dem Schatten der Häuser.
Der Mann steuerte geradewegs auf sie zu. Harry, Ron und Hermine blieben wie angewurzelt
stehen. Lupin griff unauffällig nach seinem Zauberstab. Als der Mann an ihnen vorbei ging
rempelte er Hermine heftig an und zischte im vorbeigehen: „Schlammblüter, ihr seid die
nächsten.“
Hermine wurde bleich. Ihr war alle Farbe aus dem Gesicht gewichen und ihre Knie zitterten.
Ron und Harry waren sprachlos.
Lupin fand als erster seine Sprache wieder und sagte besorgt: „Das war ein Death Eater. Ich
hatte nicht erwartet, dass sie schon so öffentlich in der Winkelgasse auftreten. Seid mir nicht
böse Kinder, aber ich denke es ist das Beste, wenn Harry und ich hier so schnell wie möglich
verschwinden. Ein Glück, dass er Harry nicht erkannt hat. Ich möchte dass ihr sofort zu euren
Eltern geht und, sobald ihr alle Einkäufe erledigt habt, nach Hause fahrt.“
Ron und Hermine nickten stumm.
Lupin und Harry verließen so schnell sie konnten ohne Aufmerksamkeit zu erregen die
Winkelgasse und fuhren nach Hause.
Während der Fahrt sagte keiner ein Wort. Harry spürte genau in welcher Gefahr er sich
befunden hatte und er merkte, dass Lupin sich deswegen große Vorwürfe machte. Nicht
auszudenken was passiert wäre, wenn der Death Eater Harry erkannt hätte.
*
*
*
25
Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Es war kurz nach Mitternacht, als eine dunkle Gestalt die Eingangshalle von Hogwarts betrat.
Der Mann schien starke Schmerzen zu haben und schleppte sich langsam und humpelnd
durch den langen Korridor. Als er die Treppen zum Kerker erreicht hatte sank er erschöpft zu
Boden. Es war Severus Snape.
Er atmete schwer und blickte die lange Treppe hinunter.
‚Wie soll ich es nur bis in mein Büro schaffen’, dachte er.
Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie er es geschafft hatte genug Kräfte zu
mobilisieren um aus dem alten Riddle-Haus zu disapparieren. In Hogsmeade angekommen
hatte er sich den langen Weg zur Schule geschleppt.
Sein Körper wurde immer wieder von starken, schmerzhaften Krämpfen gepackt und sein
linkes Bein konnte er nicht mehr gebrauchen. Auch wenn er nicht drauf trat hatte er höllische
Schmerzen.
Er atmete tief durch.
Selbst das bereitete ihm unglaubliche Qualen, aber er musste sein Büro erreichen. Er musste
unter allen Umständen vermeiden, dass irgend jemand ihn hier mitten im Korridor fand. Man
würde ihm unangenehme Fragen stellen, er konnte ja schlecht die Wahrheit sagen, denn
Professor Dumbledore war der einzige der wusste, dass Severus wieder mit den Death Eatern
sympathisierte.
Er nahm seine letzten Kräfte zusammen und schleppte sich langsam, Stufe für Stufe, die
Treppe hinunter.
Als er endlich die Tür seines Büros erreicht hatte brach er erneut zusammen.
Langsam zog er seinen Zauberstab aus dem Ärmel und sprach keuchend einige
Zauberformeln um die Schutzmechanismen seiner Tür zu entfernen.
Als die Tür sich öffnete schleppte er sich in sein Büro und brach ohnmächtig zusammen.
Professor Dumbledore saß an seinem Schreibtisch und hatte den Kopf in die Hände
vergraben.
Er hatte vor einigen Stunden von seinem Fenster aus beobachtet, wie Severus Snape im
Schutz der Dunkelheit das Schloss verlassen hatte. Er musste nicht fragen um zu wissen wo
Severus hingegangen war.
Dumbledore machte sich immer noch große Vorwürfe, dieses Opfer von Snape verlangt zu
haben. Er hätte wissen müssen, dass Snape eine Bitte von ihm niemals ausschlagen würde.
Dafür war Severus einfach zu loyal.
Dumbledore wurde durch ein lautes Klopfen an seiner Tür aus den Gedanken gerissen. Er
erhob sich und öffnete. Vor ihm stand Mr. Filch, der Hausmeister.
„Guten Abend, Mr. Filch“, sagte Dumbledore müde, „was gibt es, dass sie mich so spät noch
stören?“
„Direktor, Professor Snape ist vor einigen Minuten zurückgekommen. Sah gar nicht gut aus.
Wollte nur, dass sie das wissen. Habe ihn vom ersten Stock aus gesehen, als ich meine Runde
gemacht habe.“
Dumbledore stürzte an Filch vorbei und rannte so schnell ihn seine alten Beine tragen konnten
hinunter in die Kerker.
Als er den Korridor zu Snapes Büro erreicht hatte sah er schon von weitem, dass die Bürotür
offen stand. Seine schlimmsten Befürchtungen schienen wahr zu werden: Severus ließ
NIEMALS seine Tür offen stehen.
Dumbledore eilte zu der geöffneten Tür. Als er das Büro betreten wollte wäre er beinahe über
Snapes leblosen Körper gestolpert.
„Oh mein Gott“, entfuhr es ihm. Er beugte sich nach unten und fühlte Severus‘ Puls.
Er lebte noch.
26
Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Vorsichtig hob er den verletzten Mann hoch und schleppte ihn zum Bett, das sich im
Nachbarzimmer befand.
Snape stöhnte leise als Dumbledore ihn auf das Bett legte.
„Severus, Severus kannst du mich hören?“
Snape stöhnte wieder.
„Albus“, keuchte er, „ich bin wieder dabei, ....... Der Dunkle Lord war gnädig mit mir.“
„Gnädig?“, fragte Dumbledore schockiert, „Severus er hat dich fast umgebracht.“
Langsam wurden Snapes Gedanken wieder klarer.
„Albus, er hatte Nachsicht mit meiner Untreue, sonst würde ich nicht mehr leben. Tu mir
einen Gefallen, schau dir mein Bein an. Er hat mich böse erwischt.“
Wieder wurde Snapes Körper von Krämpfen erfasst und er stöhnte laut.
Dumbledore schob vorsichtig den Umhang über Snapes Bein und wurde bleich. Die Knochen
des linken Unterschenkels waren eindeutig gebrochen und ragten in bizarrem Winkel aus
einer klaffenden Wunde.
Er stand auf und ging hinüber in Snapes Arbeitszimmer.
Er wusste, dass Severus immer einen kleinen Vorrat an heilenden Tränken aufbewahrte. Das
war ein Glück, denn Dumbledore konnte schlecht Madam Pomfrey, die Krankenschwester,
holen, und ihr den schwer verletzten Severus zeigen, ohne eine Erklärung abzugeben, woher
diese Verletzungen stammten.
Er suchte fieberhaft nach einem schmerzlindernden Gebräu. Endlich fand er eine kleine
Phiole gefüllt mit violetter Flüssigkeit.
Auf der Flasche war die Aufschrift ‚Cruciatus-Serum‘ zu lesen und Dumbledore ging mit der
Flasche zurück zu Snape.
Vorsichtig half er dem verletzten Mann sich aufzusetzen und setzte ihm die Phiole an die
Lippen.
Snape trank das Serum in kleinen Schlucken, und verzog das Gesicht. Das Gebräu schmeckte
fürchterlich, doch mit jedem Tropfen, der seine Lippen berührte, schien sein Körper sich mehr
und mehr zu entspannen.
Als er die Phiole geleert hatte legte ihn Dumbledore wieder in die Kissen und betrachtete sich
Snapes Bein genauer.
Er holte seinen Zauberstab aus seinem Umhang und berührte behutsam den zersplitterten
Knochen. Er flüsterte eine lange Beschwörungsformel und der zerstörte Knochen fügte sich
Stück für Stück wieder zusammen. Schließlich schloss er mit einem Wink seines Zauberstabs
die klaffende Wunde.
Snape seufzte, als die Schmerzen in seinem Bein nachließen. Dann fiel er in einen unruhigen
Schlaf.
Dumbledore holte sich einen Stuhl aus Snapes Büro und setzte sich neben das Bett. Es dauerte
viele Stunden bis Snape wieder erwachte.
Er öffnete langsam die Augen und blickte Dumbledore verwundert an.
„Albus, hast du die ganze Zeit hier gesessen?“, fragte er.
Es ging ihm mittlerweile deutlich besser, auch wenn er noch blasser war als normal, und sein
Gesicht schien noch hagerer. Die Qualen der letzten Stunden hatten deutliche Spuren
hinterlassen.
Dumbledore lächelte.
„Ja, ich war die ganze Zeit hier. Ich wollte nicht, dass du alleine aufwachst. Außerdem weißt
du genau, dass wir miteinander reden müssen, je schneller desto besser. Fühlst du dich kräftig
genug?“
Snape setzte sich wie zur Bestätigung halb in seinem Bett auf, hatte aber sichtlich Mühe,
diese Position zu halten.
„Es wird schon gehen, es muss“, antwortete er.
„Hat er dir den gewünschten Posten gegeben?“, fragte Dumbledore.
27
Harry Potter und das Auge des Ares
2. Himmel und Hölle
Snape nickte und Dumbledore fuhr fort.
„Dann sei bitte vorsichtig, wenn Voldemort auch nur den geringsten ......“
Snape unterbrach ihn.
„Wenn der Dunkle Lord auch nur den geringsten Zweifel an meiner Loyalität hat, wird dies
hier dagegen nur ein harmloser Kratzer sein, ich bin mir des Risikos voll bewusst, Albus.“
Dumbledore senkte den Blick und erwiderte leise: „Ich mache mir große Vorwürfe, dass ich
dich dazu überredet habe.“
Snape schüttelte energisch den Kopf.
„Es war meine Entscheidung, Albus, du hast nichts damit zu tun“, sagte er scharf.
Dann verzog er leicht das Gesicht. Scheinbar waren die Schmerzen noch nicht vollständig
abgeklungen.
Beide schwiegen einen Moment.
Dumbledore hatte noch etwas Wichtiges auf dem Herzen, wusste aber nicht wie er es seinem
Gegenüber am Besten mitteilen sollte.
Schließlich blickte er Snape direkt in die Augen und sagte langsam: „Severus, ich frage mich
.....“
Snape unterbrach ihn wieder.
„Albus ich weiß was du sagen willst, aber ich versichere dir, dass mein Unterricht nicht
darunter leiden wird. Die Schüler werden eine kontinuierliche Ausbildung erhalten.“
Dumbledore schüttelte wieder den Kopf und antwortete: „Severus, das weiß ich, ich vertraue
dir, aber mir liegt noch etwas anderes am Herzen.“
Snape merkte auf.
„Ich weiß, dass ich schon wieder etwas schier unmögliches von dir verlange, aber ich möchte
dich bitten deinen Hass gegen Harry Potter zu vergessen und den Jungen auf seinen Kampf
gegen Voldemort vorzubereiten. Es wird wieder eine Konfrontation geben, ich weiß es, und
du weißt es auch. Ich bitte dich Severus, um des Jungen Willen.“
Snapes Miene verfinsterte sich und er biss die Zähne zusammen, dann antwortete er kalt: „Ich
kann meinen Hass nicht vergessen, aber ich verspreche, Potter alles beizubringen was er
braucht, um deinetwillen. Ich habe nur eine Bedingung: ich tue es auf meine Art.“
Dumbledore schien zufrieden mit dieser Antwort.
„Ich vertraue dir Severus, das ist mehr, als ich von dir verlangen kann. Aber sei nicht zu hart
zu dem Jungen.“
Snapes Augen verengten sich, doch er nickte.
28
Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
3. Herr der dunklen Künste
Der Bahnhof Kings Cross in London war voller Menschen. Harry hatte Mühe seinen
Gepäckwagen mit dem großen Koffer und Hedwigs Käfig durch die Massen zu steuern.
Links und Rechts neben ihm liefen Remus Lupin und Sirius Black. Sie beobachteten
aufmerksam die Leute, die hektisch an ihnen vorbei eilten. Nach dem Vorfall in der
Winkelgasse wollten sie kein Risiko mehr eingehen. Falls sich irgendwo ein Death Eater
versteckte, so wollten sie auf alle Fälle verhindern, dass er an Harry heran kam.
Nach ihrer Begegnung mit Voldemorts Anhänger war Lupin noch vorsichtiger als normal. Er
hätte es sich nie verziehen, wenn Harry in der Winkelgasse etwas zugestoßen wäre, weder
Harry gegenüber noch Sirius. Harrys Pate hatte Lupin keine Vorwürfe gemacht, wie sollte er
auch, aber Lupin wusste, dass auch Sirius Angst um Harry hatte.
Harry dagegen machte sich im Moment viel größere Sorgen um Sirius, denn dieser hatte es
sich nicht ausreden lassen Harry und Lupin in menschlicher Gestalt zum Bahnhof zu
begleiten.
Als Animagus hätte er auch die Möglichkeit gehabt die beiden als Hund zu begleiten, doch
Sirius meinte, dass er in seiner wahren Gestalt den Jungen gegen andere Zauberer besser
schützen könnte.
Alle drei atmeten auf, als sie den Zugang zum Gleis 9 ¾ erreicht hatten. Remus blickte sich
prüfend um, doch im Moment waren keine Zauberer in Sicht, die Sirius eventuell erkennen
könnten.
Sirius drehte sich zu Harry und sagte: „So, das hätten wir. Pass bitte auf dich auf, Harry.
Weiter kann ich nicht mitkommen, ich bin in der Zaubererwelt zu bekannt. Schick mir bitte
sofort eine Eule, wenn du angekommen bist. Meinst du Hedwig schafft das schon wieder?“
Harry lächelte seinen Paten an und antwortete: „Klar schafft sie das, sie hatte ja genug Zeit
sich zu erholen. Machs gut Sirius, ich melde mich sobald ich angekommen bin.“
Dann sagte er zu Lupin gewandt: „Remus, du musst nicht mitkommen bis zum Gleis, da
werden so viele Zauberer sein, dass es keiner wagen wird mir etwas anzutun.“
Remus runzelte die Stirn und antwortete nachdenklich: „Ich weiß nicht ob das so gut ist,
Harry, ....... Okay, in Ordnung, du bist ja kein kleines Kind mehr, das hast du mittlerweile oft
genug bewiesen. Aber noch eins: besteig bitte so schnell wie möglich den Zug. Halte dich
nicht zu lange draußen auf und setz dich ins letzte Abteil. Professor Dumbledore hat auf
meine Bitte einen Verwirrungszauber über dieses Abteil gelegt, der zusätzlich mit einer
Alterssperre versehen ist. Jeder über 18, der dieses Abteil betritt, wird auf der Stelle nicht
mehr wissen, was er eigentlich wollte, und dann verwirrt das Abteil wieder verlassen. Bleib
bitte die ganze Fahrt in dem Abteil und lauf nicht im Zug herum, man kann nie wissen wer
sich da eingeschlichen hat. Mir ist erst wieder wohler zu Mute, wenn du in Hogwarts
angekommen bist.“
Harry nickte.
„Ist gut Remus, das werde ich machen. Und vielen Dank noch mal euch beiden. Ich weiß
nicht, wie ich das wieder gut machen kann, was ihr für mich getan habt.“
Die beiden Männer lächelten und Sirius antwortete: „Da gibt es nichts zu Danken Harry. Wir
zwei sind doch quasi eine Familie, na ja, und Remus, der hat sowieso schon immer dazu
gehört. Ich wünsche dir eine schöne Zeit in Hogwarts, und vergiss nicht zu schreiben. Wenn
nichts Unvorhergesehenes passiert wirst du mich auch weiterhin bei Remus erreichen.“
Nachdem sie sich alle noch einmal herzlich umarmt hatten wollte Harry gerade durch die
Absperrung gehen, als Sirius ihn noch einmal zurück rief.
„Harry, warte, ich hätte fast etwas vergessen.“
Harry blickte ihn irritiert an. Was konnte denn jetzt noch sein?
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Sie hatten sich doch verabschiedet, Sirius hatte ihn gebeten vorsichtig zu sein, und er hatte es
versprochen.
Er ging wieder zurück zu seinem Paten und blickte ihn erwartungsvoll an.
Sirius kramte in seinem Mantel und zog dann ein kleines, dreckiges Päckchen heraus.
„Hier Harry, wird langsam Zeit, dass du das bekommst.“
Harry blickte neugierig auf das Päckchen. Es schien sehr alt zu sein, denn an den Ecken war
das Papier bereits eingerissen und es sah insgesamt sehr abgegriffen aus.
„Was ist das?“, fragte er interessiert.
„Sieh nach“, antwortete Sirius und grinste.
Nun schaltete sich auch Lupin wieder in das Gespräch ein.
„Padfoot, hältst du das für klug? Wenn einer von ihnen das mitbekommt ist Harry in großen
Schwierigkeiten.“
Sirius schien einen Moment zu überlegen, dann sagte er zu Harry: „Ja, ich glaube Remus hat
Recht, öffne es am Besten erst, wenn du im Zug bist. Ron und Hermine können es ruhig
mitbekommen, ich vertraue ihnen, aber achte darauf, dass dich sonst keiner sieht. Alles
weitere wirst du dann schon sehen.“
Harry nickte verunsichert.
„Ja, ist Okay, werde ich machen. Vielen Dank Sirius. Macht’s gut ihr zwei, ich schreibe
euch.“
Mit diesen Worten drehte Harry sich endgültig um und schob seinen Gepäckwagen auf die
Absperrung zwischen Gleis 9 und Gleis 10 zu. In diesem Moment hörte er einen Schrei hinter
sich.
„Da, seht, das ist Sirius Black, ruft das Ministerium!“
Harry drehte sich verwirrt um und sah etwa zwanzig Meter von sich entfernt zwei Frauen. Sie
starrten Sirius entgeistert an und eine der Beiden deutete mit ausgestrecktem Finger auf ihn.
„Geh, Harry, beeil dich!“, rief Remus ihm zu und zerrte Sirius mit sich von Gleis 9 ¾ fort.
Harry zögerte.
Er überlegte fieberhaft, ob er irgend etwas für Sirius tun konnte. Sein Pate durfte einfach nicht
gefasst werden, er hatte schon zu viele Jahre unschuldig in Askaban gesessen. Und was sollte
Harry nur ohne ihn anfangen?
„Harry, geh!“, rief nun auch Sirius in seine Richtung.
Harry wartete noch einen kurzen Moment bis Sirius und Remus hinter der nächsten Ecke
verschwunden waren, dann nahm er einmal kräftig Anlauf, rannte durch die Barriere und
betrat die Welt der Zauberer.
Er konnte nur hoffen, dass Sirius und Remus entkommen waren, aber die beiden Frauen
hatten keinerlei Anstalten gemacht sie zu verfolgen und so war Harry guter Hoffnung.
Auf dem Gleis 9 ¾ herrschte große Betriebsamkeit. Überall standen Schüler mit ihren Eltern
und verabschiedeten sich, bevor sie in den Zug stiegen.
Schon von weitem hatte Harry Ron und Hermine entdeckt, die beide bei Mr. und Mrs.
Weasley standen.
Harry winkte ihnen, und bedeutete mit einer ausholenden Geste, dass er im Zug auf sie warten
würde. Dann betrat er sofort wie versprochen den Zug und begab sich ins letzte Abteil. Zum
Glück war das Abteil noch leer, und Harry verstaute sein Gepäck.
Nach wenigen Minuten kamen Ron und Hermine, die beide etwas erstaunt waren über Harrys
schnelle Flucht in den Zug, und setzten sich zu ihm.
„Hallo Harry wie geht’s dir?“, fragte Ron.
„Was ist denn los, warum bist du gleich in den Zug gestürmt?“, wollte Hermine wissen.
Harry berichtete beiden von Sirius‘ Bitte und von dem Verwirrungszauber der das Abteil
schützen sollte. Beide waren von dieser Idee sehr beeindruckt.
Die Fahrt nach Hogwarts verlief ruhig, und nun endlich hatte Harry genug Zeit seinen
Freunden zu berichten, was in seinen Ferien alles passiert war.
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Er beschrieb alle Ereignisse aus dem Hause Dursley, den Besuch von Lupin und vor allem
sein Aufenthalt bei Sirius und Remus.
„Boa“, sagte Ron überwältigt, „du sagst jetzt ‚du‘ zu einem Lehrer? Vielleicht sollten wir das
mal bei Snape probieren, der wirft uns glatt in seinen Kessel.“
Alle drei lachten.
Als er von dem Zwischenfall auf dem Bahnhof berichtete starrte Ron ihn schockiert an und
auch Hermine stutzte einen Moment, doch dann sagte sie: „Ich würde mir an deiner Stelle
nicht zu viele Sorgen machen, Harry, Sirius weiß sich schon zu helfen. Überleg mal, wie
lange er sich jetzt schon vor dem Ministerium versteckt.“
Harry nickte. Er konnte nur hoffen, dass sie Recht hatte.
Auf der weiteren Fahrt gab Harry noch ein paar Geschichten zum Besten, die Remus und
Sirius ihm im Laufe der letzten Wochen erzählt hatten, zum Beispiel, wie sie oft heimlich die
Schule verlassen hatten und durch den verbotenen Wald geschlichen waren, oder wie sie die
Geheimgänge von Hogwarts erforscht hatten um ‚Die Karte des Rumtreibers‘ anzufertigen.
Harry erzählte auch, wie Remus und Sirius gelacht hatten, als er ihnen berichtet hatte, wie
Snape vorletztes Schuljahr versucht hatte die Karte zu entschlüsseln. Damals hatte Snape
Harry mit der verschlüsselten Karte in der Tasche erwischt und wollte unbedingt hinter ihr
Geheimnis kommen. Doch als er die Karte mit dem Zauberstab berührt hatte und sagte:
‚Professor Severus Snape, Oberlehrer an dieser Schule, befiehlt dir, das Wissen, das du
verbirgst, preiszugeben‘ hatte die Karte begonnen Snape wild zu beschimpfen und zu
beleidigen.
Als ihnen langsam die Gesprächsthemen ausgingen fiel Harry wieder das kleine Päckchen
ein, das er von Sirius bekommen hatte.
Vorsichtig holte er es aus seiner Tasche.
„Was ist das?“, fragte Ron neugierig.
„Ich weiß auch nicht, Sirius hat es mir vorhin gegeben, bevor ich zum Zug gegangen bin. Er
hat gesagt, dass ich es erst öffnen soll, wenn ich auf dem Weg nach Hogwarts bin.“
Auch Hermine war nun neugierig geworden.
„Na los, mach schon auf“, sagte sie drängend.
„Okay, Ron, mach doch bitte mal den Vorhang zu, Sirius hat auch gesagt, dass das hier besser
keiner sehen sollte, außer euch natürlich.“
Ron erhob sich und zog den kleinen Vorhang zu, der an den Fenstern der Abteiltüren
angebracht war.
Harry öffnete vorsichtig das Paket und holte eine Kette aus dem alten, zerknitterten Papier. Es
war eine feine, lange Goldkette mit einem goldenen Anhänger. Er war fast so groß wie ein
Sickel, eingefasst mit winzigen rot schimmernden Steinen. In der Mitte war ein Mann
abgebildet, der mit einen Helm, einem Schild, einem Schwert und einer Lanze ausgerüstet
war. Alles in Allem sah er aus wie ein alter, griechischer Krieger.
Ron und Hermine kamen neugierig näher.
„Zeig mal, was ist das?“, fragte Ron.
„Hier sieh mal Harry, da war auch noch ein Zettel drin, der ist dir eben runtergefallen, mach
schon lies ihn vor, ich bin ja so gespannt“, drängte Hermine.
Harry nahm den zerknitterten, gilbigen Zettel, faltete ihn auseinander und las seinen Freunden
leise vor:
Mein Lieber Harry,
wenn Du diesen Brief jemals lesen solltest, dann sind wir wahrscheinlich nicht mehr am
Leben. Ich gehe davon aus, dass Lord Voldemort uns trotz aller Vorsichtsmaßnahmen
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
gefunden hat, und da wir ihm nicht geben konnten was er verlangt hat, hat er wahrscheinlich
kurzen Prozess gemacht.
Nun Harry, hältst Du in Händen, was wir mit unserem Leben beschützt haben. Dieses Amulett
hat große Macht wenn es in die falschen Hände gerät. Pass gut darauf auf, wir vertrauen Dir.
Ich gehe davon aus, dass Remus Lupin, Sirius Black oder Peter Pettigrew es Dir gegeben
haben. Halte dich immer an sie. Sie waren uns immer gute Freunde und haben uns mehrmals
das Leben gerettet.
Und vergiss nie,
wir werden Dich immer lieben.
Mum & Dad
Als Harry den Brief zu ende gelesen hatte, hatte er Tränen in den Augen.
„Sie haben wirklich nicht gewusst, dass Wurmschwanz ihr Feind war. Sie haben ihm bis zum
Schluss vertraut“, sagte er mit tränenerstickter Stimme.
Hermine und Ron wussten nicht was sie antworten sollten. Ron nickte nur stumm. Schließlich
stand Hermine auf und nahm Harry wortlos in den Arm. Harry begann zu schluchzen. Es
dauerte mehrere Minuten, bis er sich wieder beruhigt hatte.
Plötzlich wurde die Abteiltür aufgerissen.
„Sieh mal an, der große Potter heult wie ein Baby, und das Schlammblut muss ihn trösten,
wie rührend.“
Es war Draco Malfoy mit seinen Freunden Vincent Crabbe und Gregory Goyle im
Schlepptau.
„Malfoy, mach dass du raus kommst“, blaffte Ron ihn an, „ich kann mich nicht erinnern, dass
dich jemand eingeladen hat.“
Malfoy grinste hämisch.
„Wenn ich das den anderen Slytherins erzähle, werden sie sich totlachen.“
Harry sprang auf und schrie ihn an: „Verschwinde Malfoy. Verschwinde in das Rattenloch,
aus dem du gekrochen bist.“
Malfoy wollte eine bissige Bemerkung erwidern, doch sein Blick war auf das Amulett
gefallen, welches Harry immer noch in der Hand hielt.
Sein Mund klappte auf und er konnte nichts mehr sagen.
Fast zur gleichen Zeit war Hermine aufgesprungen und stieß den verdatterten Malfoy samt
Crabbe und Goyle nun unsanft aus dem Abteil. Dann schloss sie die Tür wieder mit einem
lauten RUMS.
Keiner sagte ein Wort.
Schließlich brach Ron die Stille: „Ich glaube er hat es gekannt. Ist das möglich?“
Harry brachte keinen Ton heraus.
Hermine antwortete ihm.
„Hm, sah fast so aus. Wenn das Amulett wirklich so mächtig ist, und Voldemort schon vor 14
Jahren hinter ihm her war, dann ist es durchaus möglich, dass es auch sehr bekannt ist.“
„Verdammt“, rief Harry plötzlich aus, „ausgerechnet der muss hier rein platzen. Wenn er es
seinem Vater erzählt, weiß Voldemort es auch bald. Lucius Malfoy wird es ihm erzählen. So
etwas kann aber auch nur mir passieren.“
„Harry“, sagte Hermine beschwichtigend, „das hätte jedem passieren können, es war ein
blöder Zufall. Du kannst nichts dafür. Ich schlage vor, dass wir, sobald wir wieder in
Hogwarts sind, umgehend in die Bibliothek gehen, um herauszufinden, was das Besondere an
diesem Amulett ist. Falls es wirklich bekannt ist, finden wir bestimmt etwas darüber.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
‚Ja’, dachte Harry, ‚das war wieder typisch Hermine, suchst du eine Antwort, geh in die
Bibliothek’, aber dieses mal hatte sie vielleicht recht.
„Ich finde Hermine hat Recht“, schaltete sich nun auch Ron wieder in das Gespräch ein.
„Und wahrscheinlich sagt Malfoy es eh nicht seinem Vater. Der ist doch so blöd, der hat das
100 prozentig gleich wieder vergessen.“
Harry verzog das Gesicht. Er konnte Malfoy zwar nicht leiden, aber er musste zugeben, dass
der Junge sehr gerissen sein konnte. Schließlich war er nicht umsonst ein Slytherin.
Nun ja, jetzt war sowieso nichts mehr zu ändern. Harry nickte zustimmend um das Gespräch
zu beenden, und wie erwartet ließen seine Freunde auch von dem Thema ab.
Harry steckte das Amulett in seine Tasche und versuchte es vorerst aus seinen Gedanken zu
verbannen. Im Moment konnte er nichts tun.
Es begann schon dunkel zu werden als der Hogwarts-Express endlich den Bahnhof von
Hogsmeade erreichte. Die Schüler, nun alle gekleidet in ihren schwarzen Umhängen,
verließen den Zug und strömten auf den Bahnsteig. Von weitem hörten Harry, Ron und
Hermine ihren Freund Hagrid rufen: „Erstklässler zu mir!“
Sie drängten sich durch die Massen um zu Hagrid zu gelangen.
Als sie ihn endlich erreicht hatten rief er: „Hallo Ihr drei, wie geht’s euch, habt ihr euch in den
Ferien gut erholt?“
Die drei begrüßen Hagrid und bejahten seine Frage. Bevor sie noch etwas sagen konnten
wurden sie von den anderen Schülern zu den Kutschen gedrängt, die vor dem Bahnsteig
schon auf sie warteten.
Harry, Ron und Hermine setzten sich gemeinsam in eine der pferdelosen Kutschen und ließen
sich zur Schule fahren.
Als die Kutschen Hogwarts erreicht hatten stiegen alle Schüler aus und gingen sofort in die
große Halle.
Wie jedes Jahr war die Halle festlich geschmückt. An den Wänden hingen die Banner der vier
Häuser, Gryffindor, Hufflepuff, Ravenclaw und Slytherin, und die Tische waren mit goldenen
Tellern gedeckt.
Harry und seine Freunde betraten die Halle und wollten sich direkt auf den Weg zum Tisch
der Gryffindors machen, als sie auf Professor Dumbledore trafen.
Er war auf dem Weg zum Lehrertisch, am anderen Ende des Raums.
Als er die drei Freunde bemerkte kam er auf sie zu und sagte: „Hallo ihr drei, na schöne
Ferien gehabt?“
Er lächelte und seine Augen funkelten. Alle drei bejahten seine Frage.
Harry konnte sich schon vorstellen, dass der Direktor nicht ohne Grund zu ihnen gekommen
war. Sicher wollte er gleich mit Harry über seine Bestrafung für das unerlaubte Zaubern
reden. Aber musste es unbedingt hier, vor allen Schülern sein?
Dumbledore blickte Harry freundlich an, als er fortfuhr.
„Harry, bitte komm nachher, wenn das Festbankett vorbei ist in mein Büro. Ich muss mit dir
sprechen.“
Harry hatte einen Kloß im Hals und nickte stumm. Dumbledore schien zufrieden mit Harrys
Antwort und setzte seinen Weg zum Lehrertisch fort.
Harry, Ron und Hermine gingen zu ihren Plätzen und setzten sich.
Gleich würde Professor McGonagall zusammen mit den Erstklässlern den Raum betreten,
doch bis jetzt waren noch nicht alle Schüler der anderen Klassen da, und so warteten sie. Alle
drei blickten neugierig zum Tisch der Lehrer.
„Komisch, ich sehe überhaupt keinen neuen Lehrer, oder könnt ihr jemanden sehen?“, fragte
Harry seine Freunde.
Hermine machte einen langen Hals, als sie antwortete.
33
Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
„Nein, ich sehe auch niemanden, vielleicht kommt er ja später ....“
„Vielleicht haben wir kein ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ mehr“, fiel ihr Ron
hoffnungsvoll ins Wort.
Nachdem sie noch einen Moment gerätselt hatten sagte Harry plötzlich: „Habt ihr euch schon
mal Snape genauer angesehen? Der sieht ziemlich mitgenommen aus, der hatte wohl keine
schönen Ferien.“
„Oh weia“, stimmte Ron ihm zu, „Der sieht ja aus, als hätte ihn ein Zug überfahren.“
„Hoffentlich haben wir Zaubertränke erst am Ende der Woche, der sieht im Moment nicht so
aus, als ob er besonders gut gelaunt wäre“, pflichtete Hermine ihm bei.
Und in der Tat sah Severus Snape nicht besonders gut aus. Er hatte seit seiner Rückkehr von
dem Treffen mit Voldemort nichts gegessen und war noch magerer als normal.
Die Haut in seinem Gesicht war fahl und eine Strähne seines schwarzen, fettigen Haares hing
ihm in die Stirn.
Er hatte sehr schlechte Laune und machte ein Gesicht, dass sogar ein Troll reiß aus
genommen hätte bei seinem Anblick. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er die Schüler
an, die nach und nach die große Halle betraten, bis sein Blick an Harry hängen blieb.
Harry bemerkte Snapes hasserfüllten Blick, und ein kalter Schauer lief ihm den Rücken
hinunter. Schnell sah er wieder zu seinen Freunden. Der kalte, angsteinflößende Blick des
Zaubertränkelehrers gefiel ihm ganz und gar nicht.
Bevor Harry, Ron und Hermine sich noch weitere Gedanken über Snape machen konnten,
öffnete sich die große Eingangstür und Professor McGonagall betrat mit ungefähr vierzig
nervösen Erstklässlern den Raum.
Alle Gespräche verstummten. Die Lehrerin führte die neuen Schüler bis zum Tisch der
Lehrer, vor dem schon ein Hocker stand, auf welchem ein alter, ausgefranster Zaubererhut
lag.
Dieser ‚sprechende Hut‘ hatte die Fähigkeit in die Köpfe der Schüler zu blicken, und so war
es seine Aufgabe die Neuen auf die vier Häuser zu verteilen.
Für einen Moment herrschte vollkommenes Schweigen. Dann tat sich direkt unter der
Krempe des Hutes ein Riss auf, so weit wie ein Mund, und der Hut begann zu singen:
Es waren einmal vier Zauberer, sehr bekannt,
nach welchen unsre Häuser sind benannt.
Um zu entscheiden, wer in welches Haus gehört,
haben sie einen gewaltigen Zauber beschwört.
Sie verliehen mir von ihrem Wissen ein Stück,
und das ist jetzt für euch ein Glück,
denn die großen vier sind lange schon tot,
unmöglich ist es ihnen zu verkünden selbst ihr Gebot.
Ich bin zwar schon alt, doch weiß ich genau
wohin ihr gehört, denn ich bin erfahren und schlau.
Seid ihr tapfer und habt viel Mut,
ist Gryffindor für euch sehr gut.
Für alle von euch, die klug und weise sind,
ist Ravenclaw das Richtige, denn dort ist man im Denken geschwind.
In Hufflepuff ist man eifrig, treu und gerecht,
und Arbeit findet man nicht schlecht.
Doch habt ihr viel Ehrgeiz, und sucht nach der Macht,
das hat schon mancher in Slytherin vollbracht.
Ihr müsst mich nur einen Moment auf dem Kopfe tragen,
wohin ihr gehört, werde ich euch schon sagen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Jetzt setzt mich schon auf, greift ruhig zu,
Denn ich weiß genau was ich hier tu.
Als der Hut sein Lied beendet hatte, folgte tosender Applaus.
Jedes Jahr freuten die Schüler sich auf das Lied des sprechenden Hutes, denn er sang nie das
gleiche Lied zweimal.
Dann wurden die Erstklässler auf die vier Häuser verteilt.
Nach der Zeremonie erhob sich Professor Dumbledore um die Schüler zu begrüßen.
„Ich heiße euch herzlich zu einem neuen Schuljahr in Hogwarts willkommen. Auch in diesem
Jahr wollen wir euch wieder soviel Wissen wie möglich vermitteln. Es wird sicher alle
Schüler freuen zu hören, dass in diesem Jahr wieder der Quidditch-Pokal ausgespielt wird.“
Dumbledore wurde durch laute Jubelrufe unterbrochen und lächelte.
„Dachte ich es mir doch, dass das in eurem Sinne ist. Bevor wir nun mit dem Essen beginnen,
habe ich noch eine letzte Ankündigung zu machen. Wie viele von euch vielleicht schon
bemerkt haben, befindet sich unter uns in diesem Jahr kein neuer Kollege.
Das Lehrerkollegium ist sich darüber einig, dass es in der momentanen Situation, in der sich
unsere Gesellschaft befindet, zu riskant ist, ein neues Mitglied bei uns aufzunehmen. Wir
möchten nicht noch einmal ein solches Desaster wie im letzten Jahr erleben. Doch ich
verspreche euch, dass ihr auch in diesem Schuljahr nicht auf ‚Verteidigung gegen die dunklen
Künste‘ verzichten müsst.
Zu unser aller Freude und Erleichterung konnte ich Professor Snape dafür gewinnen dieses
Fach zu übernehmen.“
Im Saal entbrannte großer Lärm.
Die Schüler am Slytherin-Tisch jubelten, die Schüler der anderen Häuser beschwerten sich
lautstark und ein paar saßen wie versteinert auf ihren Plätzen.
Snape blickte kalt über die Reihen der Schüler, und sein Mund verzog sich zu einem
selbstgefälligen Lächeln, doch das Lächeln erreichte wie so oft nicht seine Augen, sie blieben
kalt, starr und berechnend.
„Sieh dir dieses Arschloch an“, empörte sich Harry, und kassierte für diesen Ausdruck einen
strengen Blick von Hermine.
„Jetzt hat er es endlich geschafft. Ich kann mir bildlich vorstellen, wie Dumbledore ihn
beknien musste, damit er den Posten übernimmt. Wahrscheinlich sieht er so mitgenommen
aus, weil er nächtelang gefeiert hat. Na das kann ja was werden“, beschwerte er sich weiter.
Dumbledore hob die Hand und die Gespräche verstummten.
„Meine lieben Schüler, es gibt keinen Grund für diese Unruhe. Professor Snape hat große
Erfahrungen im Bereich der schwarzen Künste und ist somit prädestiniert für diese Stelle. Um
Professor Snape bei seiner Doppelbelastung etwas zu entlasten, wird Professor Sprout in
diesem Jahr die Klassen eins bis vier in ‚Zaubertränke‘ unterrichten. Nun wünsche ich euch
einen guten Appetit.“
Als Dumbledore zu ende gesprochen hatte füllten sich die Teller wie von Zauberhand mit
einer Vielfalt von Speisen, doch Harry war der Hunger vergangen.
„Mann, jetzt haben wir zwei mal pro Woche Snape“, sagte er.
„Viermal“, unterbrach ihn Hermine kleinlaut.
„Was?“, rief Ron aufgebracht.
„Ja“, antwortete Hermine, „ab der fünften Klasse gibt es zwei mal pro Woche ‚Zaubertränke‘
und ‚Verteidigung gegen die dunkeln Künste‘. Dafür haben wir nur noch einmal ‚Pflege
magischer Geschöpfe‘ und ‚Kräuterkunde‘.“
Harry stöhnte.
„Na klasse, dann versucht Snape mich jetzt also nicht mehr einmal pro Woche platt zu
machen, sondern viermal.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Neville Longbottom, der bis jetzt nur still zugehört hatte sagte leise: „Oh nein, vier mal
Snape, das wird furchtbar.“
Nach dem Essen gingen fast alle sofort in ihre Gemeinschaftsräume. Nur Harry machte sich
auf den Weg zum Büro von Professor Dumbledore.
Der Schulleiter hatte bereits vor gut zwanzig Minuten die große Halle verlassen, aber Harry
hatte es nicht allzu eilig seine Strafe abzuholen, und so hatte er noch einen Moment gewartet.
Als er den Wasserspeier, der die Tür zu Professor Dumbledores Büro verbarg, erreicht hatte
blieb er stehen.
Er kannte das Passwort nicht und würde wohl oder Übel warten müssen, bis der Schulleiter
ihm die Tür von innen öffnete.
Harry betrachtete den großen, reichlich verzierten Wasserspeier, und sein Blick blieb an
einem schmalen Spalt daneben hängen. Harry schaute genauer hin: die geheime Tür war
offen!
Hatte Dumbledore vergessen die Tür hinter sich zu schließen, oder hatte er sie für Harry
aufgelassen?
Nun, er würde es nicht herausfinden, wenn er davor stehen blieb.
Er öffnete die Tür und ging die steile Wendeltreppe, die zu dem Büro führte, nach oben. Kurz
bevor er das Ende der Treppe erreicht hatte, hörte er Stimmen. Professor Dumbledore schien
nicht alleine zu sein, und Harry erkannte die andere Stimme sofort. Sie gehörte dem
Zaubereiminister Cornelius Fudge.
Harry blieb in einigem Abstand von der Tür stehen, denn er wollte das Gespräch nicht
unterbrechen. Trotzdem konnte er es nicht vermeiden, dass er jedes Wort verstand, das die
beiden Männer miteinander sprachen.
„Cornelius, ich bitte sie“, sagte Dumbledore drängend.
Er hatte scheinbar Mühe ruhig zu bleiben.
„Albus, ich kann nicht glauben, dass Sie immer noch einen Death Eater schützen“, antwortete
Fudge verständnislos.
„Er wurde freigesprochen, das wissen Sie so gut wie ich“, empörte sich Dumbledore.
Harry konnte ein verächtliches Schnauben von Fudge hören.
Dann sagte er abschätzig: „Einmal Death Eater, immer Death Eater. Wie können Sie sich so
sicher sein, Albus, dass er sich nicht bereits wieder Sie-Wissen-Schon-Wem angeschlossen
hat? Sie sind ein Narr, wenn Sie glauben, dass er Ihnen gegenüber loyal ist.“
„Ich vertraue ihm das sollte ihnen genügen. Aber scheinbar haben sie nun endlich akzeptiert,
dass Lord Voldemort zurück ist“, schnaubte Dumbledore wütend.
Harry ging noch 2 Stufen höher, um besser hören zu können. Eigentlich wollte er nicht
lauschen, aber es war doch zu interessant.
„Ich muss zugeben, die Hinweise dafür sind erdrückend. Wir schließen die Möglichkeit nicht
ganz aus, dass er eventuell wieder etwas stärker geworden ist. Nichts desto trotz, meine Leute
werden Ihren Lehrer im Auge behalten, seinen Sie versichert, sobald auch nur der kleinste
Verdacht gegen ihn aufkommt, wird er die Mauern von Askaban in diesem Leben nicht mehr
verlassen.“
„Cornelius, das ist lächerlich, sie können nicht .....“
„Professor Dumbledore, das Gespräch ist für mich beendet. Aber ich warne Sie: wenn Sie
einem Death Eater Schutz gewähren, sind Sie am Ende. Guten Abend.“
Harry hörte ein leises PLOPP. Dann war alles still.
Scheinbar hatte Professor Dumbledore durch die Flammen mit dem Zaubereiminister
gesprochen, denn Harry hatte das Geräusch des sich auflösenden Fudges sofort
wiedererkannt.
Er überlegte, ob er vielleicht ein paar Schritte nach unten gehen sollte, um dann mit festem
Schritt wieder nach oben zu gehen, so dass Dumbledore wusste, dass jemand da war.
Er wollte vermeiden, dass der Direktor das Gefühl hatte Harry würde ihn belauschen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Noch während er überlegte was er am Besten machen sollte, hörte er plötzlich wieder eine
Stimme aus dem Büro: „Komm herein, Harry.“
Harry betrat mit schlechtem Gewissen das Büro. Er hatte schließlich nicht absichtlich
lauschen wollen.
Professor Dumbledore lächelte Harry an und bedeutete ihm sich zu setzen.
Er sah unheimlich müde und ausgelaugt aus. Das Gespräch mit Fudge musste ihm ganz schön
zugesetzt haben.
„Professor, ich wollte nicht ..... es tut mir leid ....“, stammelte Harry unbeholfen.
„Ist schon gut Harry, ich bin ja selbst schuld, schließlich habe ich die Geheimtür offen
gelassen. Mach dir keine Vorwürfe“, antwortete er.
Harry atmete auf. Doch ihn quälte noch eine Frage und er wollte wissen, ob seine Vermutung
stimmte.
Vorsichtig begann er: „Professor, entschuldigen Sie bitte, aber darf ich Ihnen eine Frage
stellen?“
„Natürlich darfst du, aber ich kann dir nicht versprechen, dass ich sie dir auch beantworten
kann“, sagte Dumbledore ruhig.
Harry dachte einen Moment nach, wie er am besten anfangen sollte, dann fragte er zögernd:
„Professor, der Lehrer, über den Sie mit Mr. Fudge gesprochen haben, war das Professor
Snape?“
Dumbledore senkte leicht den Blick, dann sah er Harry direkt in die Augen.
„Harry, ich habe volles Vertrauen zu Professor Snape. Wie du vor den Ferien mitbekommen
hast, habe ich ihn um einen Gefallen gebeten. Er erweist uns einen unschätzbaren Dienst und
geht damit ein sehr hohes Risiko ein. Das sollte als Antwort genügen.“
Harry nickte.
Beide saßen eine Weile schweigend da.
Harry betrachtete die verschiedenen Portraits, die an den Wänden hingen. Es handelte sich um
die früheren Schulleiter von Hogwarts. Einige schliefen bereits, ein paar andere schienen
Harry genau zu beobachten.
Fawkes, der Phönix saß auf seiner Stange, hatten den Kopf unter die Flügel vergraben und
schlief ebenfalls.
Nach einer Weile ergriff Dumbledore wieder das Wort.
„Harry, wie du dir sicher denken kannst, habe ich dich noch wegen etwas anderem in mein
Büro gerufen.“
Harry nickte wieder.
Natürlich, seine Bestrafung, das hatte er in der Aufregung fast vergessen. Er spielte nervös am
Saum seines Umhangs und blickte auf den Boden.
Er traute sich nicht Dumbledore in die Augen zu schauen. Sicher war der Schulleiter
enttäuscht von ihm.
„Ja, ich weiß, Professor“, antwortete er niedergeschlagen, „in dem Brief vom Ministerium
stand bereits, dass ich meine Strafe von Ihnen erhalten würde. Was werden Sie jetzt machen?“
Dumbledore schwieg einen Moment, dann sagte er sanft: „Harry, schau mich bitte an.“
Gehorsam hob Harry seinen Kopf und sah Dumbledore an.
Der Schulleiter blickte ihn ernst an.
„Du weißt, dass es minderjährigen Zauberern verboten ist außerhalb ihrer Schulen zu zaubern.
Es ist zu eurem eigenen Schutz, denn wenn ein Zauber schief geht, ist niemand da um es zu
korrigieren. Schlimme Dinge sind in der Vergangenheit passiert, als nur halb ausgebildete
Zauberer sich überschätzt haben.
Oft ist es fast zu spät wenn die Agenten des Ministeriums erscheinen, um einen Zauber
rückgängig zu machen. Denk zum Beispiel an deine Tante, die du vor zwei Jahren
aufgeblasen hast. Außerdem ist eines unserer größten Anliegen, dass unsere Existenz für die
Welt der Muggel geheim bleibt.
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Das letzte mal, als die Muggel auf uns aufmerksam wurden, war eine dunkle Zeit für unsere
Gesellschaft. Wir wurden verfolgt und gejagt, Zauberer und Hexen wurden gefoltert und
verbrannt. Niemand war mehr sicher.“
Harry nickte wieder stumm.
„Das Ministerium hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass du einen Juck-Fluch angewandt
hast, zugegeben ein sehr harmloser Zauber. Trotzdem möchte ich genau wissen, wie es dazu
gekommen ist.“
Harry atmete tief durch, und erzählte Dumbledore alles was sich an diesem Tag in der Schule
der Muggel zugetragen hatte. Als er geendet hatte blickte Dumbledore ihn immer noch ernst
an und nickte.
„Ich verstehe, dass du provoziert wurdest, das rechtfertigt aber noch nicht, was du getan hast.
Nun also zu deiner Bestrafung.“
Harry senkte wieder den Blick, als Dumbledore fortfuhr.
„Lass mich überlegen, das Zaubern außerhalb der Schule ist untersagt, du hast in einer Schule
gezaubert, eine Schule der Muggel, aber doch eindeutig eine Schule. Nun, wenn ich mir die
Sache genau betrachte sehe ich eigentlich keinen Grund, dir eine Strafe aufzuerlegen. Du bist
durch dein schlechtes Gewissen gestraft genug.“
Harry starrte Dumbledore ungläubig an. Meinte der Direktor das ernst?
Dumbledores Augen blitzten spitzbübisch und er zwinkerte Harry zu.
„Danke, Professor, vielen Dank“, stammelte Harry immer noch völlig verwirrt.
„Harry, ich möchte, dass du mir versprichst, dass so etwas nie wieder vorkommt. Das nächste
mal wird das Ministerium das Strafmaß vielleicht selbst festsetzen. Dann kann ich dir nicht
mehr helfen.“
Harry strahlte nun über das ganze Gesicht. Er konnte es einfach nicht fassen, so glimpflich
davon gekommen zu sein.
„Natürlich, ich verspreche es. Ich werde mich zusammen reißen.“
Dumbledore nickte zufrieden.
„Geh jetzt in deinen Gemeinschaftsraum, es war ein langer Tag.“
Harry erhob sich von seinen Stuhl, drehte sich um, um den Raum zu verlassen, blieb jedoch
abrupt stehen.
„Gibt es noch etwas, Harry?“, fragte Dumbledore überrascht.
Harry drehte sich noch einmal um und ging wieder einen Schritt auf Dumbledores
Schreibtisch zu.
„Professor“, begann Harry unsicher, „ich wollte mich noch bei ihnen bedanken, dass ich
meine Ferien bei Sirius und Remus verbringen durfte. Ich ....“
„Ist schon gut, Harry“, antwortete Dumbledore mit einem Lächeln.
Harry verließ erleichtert das Büro des Schuldirektors und ging zurück zum Gryffindor-Turm.
Vor dem Portrait der fetten Dame stand Ron und wartete auf ihn.
„Hallo Ron, ich hab schon überlegt, wie ich in den Gemeinschaftsraum kommen soll. Ich
hatte ganz vergessen Lee Jordan nach dem Passwort zu fragen, bevor ich zu Professor
Dumbledore gegangen bin. Nett dass du gewartet hast.“
Ron grinste.
„Immer zu Diensten“, sagte er in gespielt unterwürfigem Ton um machte eine tiefe
Verbeugung vor Harry. Auch Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Ron sagte das Passwort, „Rosenkavalier“, das Bild schwang zur Seite und sie betraten den
Gemeinschaftsraum.
Normalerweise fanden die Schüler an ihrem ersten gemeinsamen Abend kein Ende, zu
interessant waren die Ferienerlebnisse der anderen, doch an diesem Abend war der
Gemeinschaftsraum fast leer.
„Was ist denn hier los?“, fragte Harry verwirrt.
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
„Na ja, die sind alle ein bisschen geschockt wegen Snape, da hatte keiner mehr groß Lust
noch über die Ferien zu reden. Was wollen die uns dieses Jahr denn noch alles antun? Snape
in ‚Zaubertränke‘ und ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘. Warum ist denn nicht
einfach Lupin wiedergekommen? Das wäre doch das Beste gewesen. Er ist ein super Lehrer,
und ihn kennen schon alle, er wäre also kein Fremder.“
Niedergeschlagen berichtete Harry von seinem Gespräch mit Lupin, welches er genau über
dieses Thema mit ihm geführt hatte.
Als er seine Erzählung beendet hatte sagte Ron: „Aber jetzt erzähl mal, was hat Dumbledore
gesagt?“
Harry und Ron setzten sich in ein paar Sessel vor dem Kamin und Harry berichtete von
seinem Gespräch mit Professor Dumbledore.
Als er schließlich fertig war sagte Ron: „Hm, war ja schon vor den Ferien abzusehen, dass
Fudge ziemlich geschockt war, als er erfahren hat, dass Snape ein Death Eater war. Aber ich
find’s klasse, dass er dich nicht bestraft hat. Ist echt ein feiner Kerl.“
Sie unterhielten sich noch einen Moment, dann sagte Harry: „Ron, ich glaube ich gehe jetzt
ins Bett, ich bin müde.“
Auch Ron gähnte herzhaft.
Gemeinsam gingen sie nach oben in ihren Schlafsaal. Ihre Mitschüler schliefen bereits. Sie
zogen ihre Umhänge aus, schlüpften in ihre Pyjamas und gingen ins Bett.
Am nächsten Morgen trafen Harry und Ron Hermine im Gemeinschaftsraum und gingen
gemeinsam mit ihr zum Frühstück. Auf dem Weg nach unten klärte Harry sie über die
jüngsten Ereignisse auf.
Vor der Tür zur großen Halle trafen sie auf ein paar Siebtklässler aus Slytherin. Als sie
Hermine erblickten zischte einer von ihnen „Schlammblut“ und die anderen lachten hämisch.
Hermine starrte sie wütend an und Harry legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. Sie
warteten bis die Slytherins zu ihrem Tisch verschwunden waren und betraten dann ebenfalls
die Halle.
Als sie den Tisch der Gryffindors erreicht hatten wedelten Fred und George, Rons
Zwillingsbrüder, mit ein paar Bögen Pergament.
„Kommt hier rüber“, rief George, „wir haben schon mal eure Stundenpläne in Empfang
genommen. Da kann man ja echt neidisch werden, ihr habt freitags nachmittags frei.“
„Ja, aber dafür haben wir vier mal Unterricht bei Snape“, schnauzte Ron ihn an.
Fred grinste.
„Und? Wir doch auch, Aber eigentlich habt ihr ihn nur dreimal, ihr habt nämlich freitags
‚Zaubertränke’ und ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste’ hintereinander.“
Harry stöhnte.
Bei dem Gedanken Snape gleich zwei Doppelstunden hintereinander ertragen zu müssen
drehte sich ihm der Magen um. Da hatten sie sich den freien Nachmittag im Anschluss redlich
verdient.
„Gib mal her“, sagte er zu den Zwillingen und nahm ihnen die Stundenpläne aus der Hand.
„Na das fängt ja prima an“, maulte er, „erste Stunde ‚Geschichte der Zauberei‘ bei Binns und
direkt danach Snape in ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘.“
Noch während sie sich unterhielten flog eine große Schar Eulen mit der heutigen Post in die
große Halle.
Ein großer Uhu ließ Hermine die neuste Ausgabe des ‚Tagespropheten‘ in den Schoß fallen.
Sie faltete sofort die Zeitung auf und begann zu lesen.
„Harry, hier, sieh mal, da steht etwas von Sirius“, sagte sie leise, so dass Rons
Zwillingsbrüder sie nicht hören konnten.
Harry riss ihr die Zeitung aus der Hand und begann zu lesen:
39
Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Sirius Black in Kings Cross
Nach
Augenzeugenberichten
wurde
gestern
gegen
elf
Uhr
vormittags der gefährliche Verbrecher Sirius Black, der vor
etwa zwei Jahren aus dem Zauberei-Gefängnis Askaban entflohen
ist, gesehen. Die Zeugen berichten, dass Black sich auf dem
Bahnhof Kings Cross in London in der Nähe von Gleis 9 ¾
herumgetrieben haben soll.
Das Ministerium hat sofort drei Dementoren aus Askaban
angefordert, doch als sie auf dem Bahnhof eintrafen, war Black
bereits verschwunden.
Der Pressesprecher des Ministeriums hat uns mitgeteilt, dass
nach diesem Vorkommnis wieder verstärkt nach Black gefahndet
wird.
Sollte er in der Nähe von Hogwarts gesichtet werden, hat
Minister Fudge bereits zugesagt, wieder Dementoren zum Schutze
der Schüler, und im Besonderen für Harry Potter, zur Verfügung
zu stellen. Nach Informationen, die dem Tagespropheten aus
sicherer Quelle zugetragen wurden, hat Sirius Black bereits
vor zwei Jahren versucht den jungen Potter zu töten.
„Er ist entkommen“, zischte Harry erleichtert.
Fred, der ebenfalls einen Tagespropheten in der Hand hielt sah zu ihm hinüber.
„Ist wirklich eine Schande, dass sie Black schon wieder nicht erwischt haben.“
George nickte zustimmend.
Harry versuchte die Zwillinge zu ignorieren. In ihren Augen war Sirius nur ein gewöhnlicher
Verbrecher, sie konnten ja nicht wissen, was vor eineinhalb Jahren alles in Hogwarts
geschehen war. Harry wollte sich lieber gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn die
Dementoren Sirius erwischt hätten.
Ron und Hermine sahen ihn mitleidig an. Sie wussten genau, was Harry fühlte.
Um sich etwas abzulenken wandte Harry sich wieder Rons Zwillingsbrüdern zu und fragte
sie: „Was machen eigentlich ‚Weasleys Zauberhafte Zauberscherze‘?“
„Ach, wir können uns nicht beschweren“, antwortete Fred, und ein Grinsen machte sich auf
seinem Gesicht breit.
„Wir haben in den Ferien sehr fleißig gearbeitet und zwölf neue Scherzartikel erfunden. Wenn
wir nach diesem Jahr mit der Schule fertig sind steht unserer Karriere nichts mehr im Weg“,
sagte George und grinste ebenfalls.
„Und das verdanken wir alles dir“, fügte Fred bedeutungsvoll hinzu und klopfte Harry
anerkennend auf die Schulter.
Harry hatte den Zwillingen letztes Jahr nach dem Vorfall mit Voldemort den gesamten
Gewinn geschenkt, den er als Preis für den Sieg beim Trimagischen Turnier gewonnen hatte.
Er selbst hatte nichts von dem Geld behalten.
Schweigsam frühstückten sie und machten sich dann gemeinsam auf den Weg zu Professor
Binns‘ Klassenraum.
Professor Binns, ein Geist, den nicht einmal sein Tod davon abgehalten hatte weiter zu
unterrichten, war in Hogwarts dafür bekannt den langweiligsten Unterricht der Schule zu
geben, und auch an diesem morgen bestätigte er dies wieder.
Er hielt der gelangweilten Klasse einen langatmigen Vortrag über die Gebräuche der
vorchristlichen Schamanen, und die einzige, die ihm zuhörte war Hermine.
40
Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Nach der Geschichtsstunde machten sich die Gryffindors auf den Weg zu ‚Verteidigung
gegen die dunklen Künste‘.
Harrys einziger Trost war, dass sie dieses Fach nicht zusammen mit den Slytherins hatten.
Aber eigentlich war das nur ein kleiner Trost.
Sie betraten das Klassenzimmer und Harry, Ron und Hermine suchten sich sofort Plätze in
der letzten Reihe. Sie wollten so weit wie möglich von Snape entfernt sitzen.
Es hatte kaum geläutet, da betrat Professor Snape den Klassenraum. Sein schwarzer Umhang
wehte dämonisch hinter ihm her.
Ohne ein Wort der Begrüßung ging er zu seinem Pult und fixierte die Klasse kalt.
„Ihre Sitzordnung gefällt mir ganz und gar nicht“, sagte er leise.
Es war fast nur ein Flüstern, doch alle konnten ihn mühelos verstehen.
Snape hatte die Gabe auch ohne seine Stimme zu erheben sehr durchdringend zu sprechen. Er
musste selten einmal laut werden, denn alle Schüler hatten zu viel Respekt und teilweise
sogar Angst vor ihm, um ihn zu provozieren.
Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.
„Darf ich die letzte Reihe bitten nach vorne zu kommen, hier sind noch genug Plätze frei. Mr.
Longbottom, Sie bitte auch. Potter, kommen Sie am besten gleich hier zu mir.“
Missmutig standen Harry, Ron, Hermine und Neville auf und gingen in die erste Reihe, in die
sich aus gutem Grund keiner gesetzt hatte: jeder wollte so weit wie möglich weg von Snape.
Als sie die vorderen Plätze erreicht hatten versuchten sie sich so weit wie möglich nach außen
zu setzen, um wenigstens so noch etwas Abstand zwischen sich und Snape zu lassen.
Snape blickte sie immer noch kalt an.
„Potter, ich sagte Sie sollen zu mir kommen.“
Wieder stand Harry missmutig auf und setzte sich auf den Platz direkt vor Snapes Pult.
Ohne Harry eines weiteren Blickes zu würdigen wandte Snape sich wieder an die ganze
Klasse.
„Wie sie schon von Professor Dumbledore erfahren haben, werde ich sie im folgenden
Schuljahr in ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ unterrichten. Wir haben eine Menge
Stoff aufzuholen, denn sie hängen weit zurück. Weder dieser besessene Professor Quirrell,
noch der verrückte Mad Eye Moody, oder sagen wir besser Mr. Barty Crouch jr. hat Ihnen
viel beigebracht. Von dem Werwolf sprechen wir lieber überhaupt nicht.“
Harry zischte zu Ron: „Das ist eine Frechheit!“
„Mr. Potter“, sagte Snape in einem öligen Tonfall, „würden Sie uns freundlicherweise an
Ihrer Unterhaltung teilhaben lassen?“
Harry stockte der Atem. Er hatte nicht bedacht, dass er so nah an Snape saß, dass dieser jedes
Wort verstehen konnte das Harry sagte.
„Äh, nichts Professor“, antwortete er und versuchte so unschuldig wie möglich auszusehen.
„Potter“, zischte Snape jetzt gereizt, „was haben sie gerade gesagt?“
Harry schluckte.
„Ich sagte nur“, begann Harry vorsichtig, „dass wir bei Professor Lupin eine ganze Menge
gelernt haben.“
Snape blickte Harry kalt an. Seine stechenden, schwarzen Augen fixierten ihn.
Als Snape schließlich wieder sprach hatte er einen verschlagenen Ton in der Stimme.
„Mr. Potter, ich bin nicht interessiert daran von Ihnen belehrt zu werden was gut und was
schlecht ist. Bitte überlassen Sie dies meinem Urteil. Zufällig habe ich von Professor
Dumbledore erfahren, dass Sie einen Teil Ihrer Ferien mit einem Werwolf und einem
ehemaligen Gefangenen aus Askaban verbracht haben.
Auf Grund dieses schlechten Einflusses, den Sie offenbar genossen haben, werde ich ein
Auge zudrücken und von einer Strafarbeit für dieses ungebührliche Verhalten absehen. Doch
ich rate Ihnen zukünftig ihre Zunge im Zaum zu halten.“
Snape machte eine kurze Pause und fuhr dann wieder in öligem Tonfall genussvoll fort.
41
Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
„Fünf Punkte Abzug für Gryffindor für Ihre Frechheit, Mr. Potter.“
Hass stieg in Harry auf.
Er wäre Snape am liebsten an die Gurgel gegangen, aber dann hätte Snape Gryffindor
wahrscheinlich so viele Punkte abgezogen, dass sie selbst am Ende des Schuljahres noch
weniger als null hatten.
Snape blickte nun wieder auf die ganze Klasse.
„In der ersten Hälfte dieses Schuljahres werden wir eingehend den Stoff der letzten Jahre
wiederholen und versuchen Ihre enormen Wissenslücken zu schließen. Doch ich denke wir
sollten erst einmal überprüfen, was Sie in den letzten vier Jahren gelernt haben, oder besser
was Sie versäumt haben zu lernen. Nehmen Sie bitte Ihre Federn heraus, wir schreiben einen
Test.“
Die Klasse stöhnte auf.
„Ruhe“, zischte Snape gefährlich und fuhr dann drohend fort, „ich warne Sie, dieser Test wird
in vollem Umfang in Ihre Abschlussnote eingehen, also rate ich Ihnen sich anzustrengen.“
Mit diesen Worten stand er auf und begann die Aufgaben-Blätter in der Klasse zu verteilen.
Der Test enthielt tatsächlich alles, was sie in den letzten vier Jahren durchgenommen hatten.
Selbst Hermine stöhnte auf, als sie die umfangreiche Aufgabenstellung sah.
Nach einer scheinbar endlosen Stunde wurden die Schüler vom Klingeln erlöst. Alle packten
ihre Sachen zusammen und verließen den Klassenraum, als Snape plötzlich rief: „Potter hier
bleiben, die anderen können gehen.“
Als alle die Klasse verlassen hatten ging Harry vorsichtig zu Professor Snape.
Er hatte schon befürchtet, dass seine unbedachte Äußerung von vorhin noch ein Nachspiel
haben würde.
Snape blickte Harry direkt in die Augen und ein fieses Grinsen umspielte seinen Mund als er
schließlich in seinem öligsten Tonfall zu sprechen begann.
„Mr. Potter, auf Grund der besonderen Umstände hat Professor Dumbledore mich gebeten
Ihnen meine ganz besondere Aufmerksamkeit zu teil werden zu lassen.“
Dann fuhr er etwas kälter fort.
„Damit Sie das nächste mal nicht wieder wie ein hilfloses, kleines Kind vor Lord Voldemort
stehen, werden einige Sonderlektionen fällig werden.“
Er machte eine kurze Pause.
„Sie werden mich zukünftig Dienstags und Donnerstags pünktlich um 19:00 Uhr in diesem
Klassenraum treffen. Dann wollen wir mal sehen, ob wir etwas gegen Ihr alarmierend
armseliges Wissen unternehmen können.“
Im ersten Moment brachte Harry kein Wort hervor. Er kochte vor Wut und starrte Snape nur
wortlos an.
Snape schien Harrys Ärger zu bemerken und sein fieses Lächeln kehrte zurück. Als Harry
schließlich seine Sprache wiedergefunden hatte sagte er empört zu Professor Snape: „Aber
Professor, ich ........“
„Keine Widerrede, Potter“, blaffte Snape ihn an.
„Es ist die ausdrückliche Anweisung von Professor Dumbledore. Seien sie versichert, dass
diese Idee mit Sicherheit nicht von mir stammt. Aber sie können sich genauso sicher sein,
dass ich die mir übertragene Aufgabe ernst nehmen werde. Sehr ernst. Außerdem muss ich
darauf bestehen, dass dies unter uns bleibt. Wenn die falschen Leute von diesen Lektionen
erfahren, kann das sehr unangenehme Konsequenzen haben. Sie können gehen, Potter.“
Harry verließ wie in Trance das Klassenzimmer.
Ron und Hermine hatten vor der Tür auf Harry gewartet.
„Und, was wollte er?“, fragte Ron neugierig.
Harry wollte seinem besten Freund antworten brachte aber kein Wort heraus.
42
Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
„Na los, erzähl schon“, sagte Hermine ungeduldig, „hat er dir jetzt doch eine Strafarbeit
gegeben?“
„Nein“, antwortete Harry niedergeschlagen, „viel schlimmer.“
Ron blickte Harry verständnislos an. Wie konnte etwas noch schlimmer sein als eine
Strafarbeit? Das letzte mal, als er eine Strafarbeit erledigen musste, hatte Snape ihm das
Putzen der Bettpfannen im Krankenflügel aufgehalst.
„Was kann denn schlimmer sein als eine Strafarbeit? Hat er dir einen Heiratsantrag
gemacht?“, fragte Ron verwirrt.
„Professor Dumbledore hat Snape angewiesen mir zwei mal pro Woche abends
Sonderunterricht zu geben. Wegen Voldemort“, sagte Harry deprimiert.
Ron stand mit offenem Mund vor Harry und wusste nicht was er sagen sollte. Hermine
überlegte kurz, dann sagte sie: „Hm, von Snape kannst du sicherlich eine Menge lernen. Er
weiß viel über die dunklen Künste und Ihr-Wißt-Schon-Wen.“
„Hermine“, rief Ron entsetzt, „es ist SNAPE. Hast du den Verstand verloren?“
„Entschuldige, du hast ja recht Ron“, murmelte Hermine.
„Was willst du jetzt machen?“, fragte sie zu Harry gewandt.
Harry blickte sie verwundert an und antwortete: „Ich kann gar nichts machen, es ist die
ausdrückliche Anweisung von Dumbledore. Snape hat sich nicht um diese Aufgabe gerissen,
das hat er mir selbst gesagt.“
Rons Blick wurde nun mitleidig.
„Das klingt ja gar nicht gut. Der wird dich Stück für Stück auseinander nehmen“, meinte er.
„Danke Ron“, antwortete Harry sarkastisch.
Nun wurde auch Hermines Blick etwas mitfühlender, als sie sagte: „Oh Harry, sechs mal pro
Woche Snape, das klingt nicht wirklich gut.“
Ron dachte einen Moment nach, dann sagte er leise, damit kein anderer außer Harry und
Hermine ihn hörten: „Aber es wundert mich nicht, dass niemand von diesen extra Stunden
erfahren soll. Stell euch mal vor, falls Snape wirklich wieder bei den Death Eatern ist, und
Ihr-Wißt-Schon-Wer erfährt, dass er Harry hilft, dann ist er fällig.“
Hermine nickte zustimmend und sagte: „Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Ihr-WißtSchon-Wer dafür besonders viel Verständnis haben würde. Wenn zum Beispiel Malfoy davon
Wind bekommt und es seinem Vater erzählt, weiß Ihr-Wißt-Schon-Wer es auch bald.
Eigentlich ist es ja sehr mutig von Snape dir zu helfen.“
Harry schnaubte verächtlich. Ob Snape mutig war oder nicht, war ihm eigentlich völlig egal.
„Ja, falls er überhaupt wieder bei Ihr-Wißt-Schon-Wem ist. Das wissen wir nicht mit
Sicherheit“, warf Ron ein. Harry nickte nachdenklich.
Nein, Professor Dumbledore hatte nicht definitiv gesagt, dass Snape wieder zu den Death
Eatern und Voldemort zurückgekehrt war. Er hatte nur von einem Gefallen gesprochen. Sie
konnten nur vermuten, dass es damit zusammen hing, dass Snape wieder als Spion für
Hogwarts arbeiten sollte.
Nach einer kurzen Pause sagte er: „Na kommt schon, es gibt gleich Mittagessen.“
Harry stocherte lustlos in seinem Essen herum. Er hatte keinen Hunger, auch wenn er schon
gestern und heute morgen nicht viel gegessen hatte. Ihm war der Appetit mittlerweile
endgültig vergangen.
Missmutig blickte er zum Lehrertisch, und sein Blick blieb an Snape haften, der zwar mit den
anderen Lehrern am Tisch saß, sich aber an keinem der Gespräche beteiligte, und auch keinen
Bissen anrührte.
Harry schnaubte leise. ‚Nein’, dachte er, ‚soweit würde es nicht kommen’, und steckte sich
einen großen Bissen seiner Nudeln in den Mund. Er würde es nicht so weit kommen lassen,
dass er auch so hager wurde wie Snape, so dass all seine Mitschüler noch sagen würden ‚seht
ihr, die beiden passen doch zusammen‘.
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Nach dem Mittagessen hatten sie ‚Verwandlung’ bei Professor McGonagall. Sie hieß die
Schüler herzlich zu einem neuen Jahr auf Hogwarts willkommen.
„Wir haben dieses Jahr viel vor“, fuhr sie fort.
„Die letzten vier Jahre haben wir uns zwar schon mit der Verwandlung von einer Form in eine
andere beschäftigt, doch in diesem Jahr möchte ich Ihnen die ‚Stufenweise Transformation‘
genauer erläutern. Kann mir jemand sagen was das ist?“
Sofort war Hermines Hand oben.
Professor McGonagall wartete noch einen Moment, ob sich noch andere Schüler melden
wollten, dann sagte sie: „Miss Granger, was können sie uns über die stufenweise
Transformation sagen?“
Hermine räusperte sich demonstrativ, dann antwortete sie der Lehrerin: „Unter der
Stufenweisen Transformation versteht man die Kunst, in der Regel Gegenstände, seltener
Tiere oder Pflanzen, innerhalb von mehreren Schritten von einer in eine andere Form zu
verwandeln.“
Hermine blickte ihre Lehrerin erwartungsvoll an.
„Gut Miss Granger, aber vielleicht ein bisschen sehr theoretisch.“
Dann wandte sie sich wieder der ganzen Klasse zu.
„Bei dieser Art der Verwandlung geht es ganz einfach darum, dass man die Verformung des
Objekts genauer steuert. Wenn man die stufenweise Transformation perfekt beherrscht, ist es
möglich einen Verwandlungszauber jederzeit zu verlangsamen, oder sogar zu stoppen. Man
kann ihn aber auch schrittweise ablaufen lassen, immer Stück für Stück. Ich werde es ihnen
an einem ganz einfachen Beispiel demonstrieren.“
Mit diesen Worten legte Professor McGonagall einen roten Apfel auf den Tisch. Sie sagte
„Transmuto partiale“, und mit einem Wink ihres Zauberstabs schien der Apfel etwas ovaler
zu werden und der Stiel am oberen Ende wurde deutlich kürzer.
Sie wartete einen Moment. Dann bewegte sie wieder kurz den Zauberstab, und der Apfel
wurde noch etwas ovaler, fast wie ein Ei und bekam gelbe Tupfen.
Mit einer weiteren Bewegung ihres Stabes wurde der längliche Apfel nun schmaler und noch
etwas länger, die gelbe Farbe überwog nun deutlich und der Stiel war verschwunden.
Wieder legte sie eine kurze Pause ein, damit die Schüler alle genau sehen konnten was mit
dem Apfel geschehen war.
Mit einem letzten Wink hatte der Apfel nun endgültig die Form einer gelben Banane
angenommen.
Die Schüler staunten. Natürlich war es nicht so schwer einen Apfel in eine Banane zu
verwandeln, schließlich gehörten beide in die selbe Kategorie, doch bis jetzt hatten sie einfach
nur ihre Zaubersprüche aufgesagt, und gehofft, dass die Verwandlung vollständig ablaufen
würde.
Nachdem Professor McGonagall ihnen noch einen längeren Vortrag über die Betonung der
Formel und des genauen Bewegungsablaufes mit dem Zauberstab gehalten hatte, durften nun
auch die Schüler ihr Glück probieren. Mit einem Schlenker ihres Zauberstabes verteilte sie
Äpfel an alle Schüler.
Ein leises Stimmengewirr wurde nun im Raum laut, als alle Schüler anfingen die
Zauberformel aufzusagen um die Äpfel zu verwandeln.
Bei keinem wollte es so richtig gelingen. Selbst Hermines Apfel machte keine großen
Anstalten sich in eine Banane zu verwandeln.
Harry beobachtete sie gelangweilt. Er hatte Professor McGonagalls Vortrag zwar gehört, aber
kaum ein Wort richtig mitbekommen. All seine Gedanken kreisten um Snape.
Plötzlich wurde er von einem lauten Knall aus den Gedanken gerissen. Er blickte sich
verwirrt um.
„Ih gitt, was für eine Sauerei“, schrie Dean Thomas.
Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Dean war von oben bis unten mit Apfelmus bekleckert. Neville Longbottom hatte etwas zu
energisch versucht seinen Apfel zu transformieren und aus lauter Protest war dieser kurzer
Hand einfach in tausend Stücken in die Luft geflogen.
Seamus Finnigan, der neben Dean saß, streckte die Hand aus und kratzte etwas von dem Mus
aus Deans Haaren. Stirnrunzelnd steckte er das Apfelmus in den Mund und kicherte zu
Neville gewandt: „Mmmm, schmeckt glaube ich schon ein klein bisschen nach Banane.“
Neville lief feuerrot an. Er war es ja gewöhnt, dass alles was er tat in die Hose ging, aber
normalerweise fanden Explosionen immer nur in ‚Zaubertränke‘ statt.
Alle außer Professor McGonagall lachten laut.
„Ruhe“, rief sie aufgebracht, „Dean, gehen sie am besten in den Gryffindor-Turm, und
waschen sie sich das Zeug aus den Haaren.“
Dean verließ den Raum, und der Rest der Stunde lief ohne weitere nennenswerte
Vorkommnisse ab.
Nach dem Unterricht gingen die Gryffindors in ihren Gemeinschaftsraum. Harry trottete
lustlos hinter Ron und Hermine her. Ron blickte ihn mitleidig an und sagte aufmunternd:
„Schreib doch mal an Sirius, vielleicht kann er noch mal mit Dumbledore reden.“
Harry zuckte zusammen. Sirius! Er hatte gestern Abend ganz vergessen ihm zu schreiben.
Harry nickte und antwortete Ron: „Ja, gute Idee. Ich verstehe nur nicht, warum Professor
Dumbledore mir gestern Abend nichts davon gesagt hat.“
Dann setzte er sich in eine Ecke des Gemeinschaftsraums und schrieb einen Brief an Sirius
und Remus. Er hatte das Gefühl sich nun endlich alles von der Seele reden zu können, was
ihn die letzten zwei Tage bedrückt hatte. Zwar hatte er schon ausgiebig mit Ron und Hermine
gesprochen, aber von Sirius und Remus versprach er sich irgendeine Patentlösung.
So beschrieb er wie Malfoy ihn im Zug mit dem Stein gesehen hatte und dass Snape nun auch
‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ unterrichtete. Zum Schluss berichtete er noch von
Dumbledores Idee, Snape solle ihm extra Unterricht geben.
Während er diesen Brief schrieb kam ihm plötzlich ein seltsamer Gedanke. Sirius hatte
Dumbledore doch über alles informiert was in den letzten Wochen vorgefallen war, ob
Dumbledore Sirius in dieser Zeit auch schon über diesen Punkt informiert hatte?
Hatte Sirius schon davon gewusst, als sie sich am Bahnhof Kings Cross verabschiedet hatten?
Harry wollte sich einfach nicht vorstellen, dass sein Pate ihm etwas verheimlichen könnte.
Das war einfach unmöglich.
Als er den Brief beendet hatte kam Colin Creevey, ein Viertklässler, auf ihn zugerannt.
„Hallo Harry, wir haben uns ja noch gar nicht begrüßt. Wie waren deine Ferien? Ich war mit
meinen Eltern auf Mallorca, war echt toll da. Warst du auch weg?“
All dies hatte Colin gesagt ohne auch nur einmal Luft zu holen. Harry seufzte und murmelte
„Hallo Colin“.
Gerade als Colin zu einem neuen Vortrag ansetzen wollte stand Harry wortlos auf und ließ
Colin stehen.
Er hatte keine große Lust sich mit ihm auseinander zu setzen, er wusste, dass er, wenn er
einmal anfing mit Colin zu reden, ihn nie mehr los werden würde. Statt dessen machte er sich
auf den Weg in die Eulerei, um Hedwig den Brief für Sirius und Remus zu bringen.
Es war schon dunkel als Harry das Schloss verließ, aber es störte ihn nicht. Er war schon oft
im Dunklen über das Schulgelände gelaufen und konnte sich nicht vorstellen, dass ihm hier
etwas Schlimmes passieren konnte.
Als er die Eulerei erreicht hatte waren die meisten der Vögel schon ausgeflogen. Harry spähte
in die Dunkelheit und rief Hedwig, in der Hoffnung, dass sie noch da war.
Er brauchte nicht lange zu warten, bis Hedwig angeflogen kam. Sie setzte sich auf Harrys
Schulter und knabberte zur Begrüßung zärtlich an seinem Ohr.
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
„Hallo Hedwig, meine Gute“, begrüßte Harry sie.
„Na, fühlst du dich fit genug für einen kleinen Ausflug?“
Wie zur Bestätigung streckte Hedwig ein Bein aus, damit Harry seinen Brief daran befestigen
konnte. Als er fertig war erhob Hedwig sich sofort in die Luft und verschwand in der Nacht.
Harry blickte ihr noch einen Moment nach, bis die Dunkelheit die weiße Eule endgültig
verschluckt hatte.
Dann machte er sich wieder auf den Weg zur Schule. Er war so in seine Gedanken versunken,
dass er die Gestalt, die hinter ihm her schlich nicht bemerkte. Auf halbem Weg zur Schule
wurde Harry durch einen Ruf aus seinen Gedanken gerissen.
„Harry, was machst du’n hier?“, fragte eine tiefe Stimme.
Harry drehte sich ruckartig um.
„Ach Hagrid, hast du mich erschreckt“, antwortete Harry erleichtert.
Bei seinem Glück hätte er jetzt eigentlich Professor Snape hinter sich erwartet. Hagrid sah ihn
verwundert an und sagte: „‘Tschuldigung, wollt ich nicht. Was machst du hier draußen? Es is‘
schon spät. Ausgerechnet du solltest nun wirklich nicht im Dunkeln hier draußen rum
schleichen.“
„Ich wollte nur noch einen Brief abschicken, vorher bin ich noch nicht dazu gekommen, weißt
du, und ich hatte doch versprochen gleich zu schreiben, sobald ich in Hogwarts angekommen
bin.“
„Harry, das is‘ trotzdem nich gut. Ich bring dich jetzt besser wieder in die Schule, bevor dich
noch jemand anders hier draußen erwischt. Da könntest du richtig Ärger bekommen“,
antwortete Hagrid.
Harry nickte und sagte: „Okay, danke Hagrid.“
Schweigend machten sie sich wieder auf den Weg zur Schule. Am Portal verabschiedeten sie
sich und Hagrid sagte: „Kommt die Tage doch mal auf nen Tässchen Tee vorbei. Ich hab grad
gestern frische Kekse gebacken.“
„Ja ist gut Hagrid, ich werde es auch Hermine und Ron sagen. Machs gut.“
Harry ging wieder zum Gryffindor-Turm und war froh, dass er sonst niemandem auf den
Korridoren begegnete.
Als er das Bild der fetten Dame erreicht hatte sagte er das Passwort „Rosenkavalier“ und
betrat den Gemeinschaftsraum. Überall saßen Schüler und machten die ersten Hausaufgaben,
lasen oder unterhielten sich.
Er brauchte nicht lange zu suchen, bis er an einem der Fenster Ron und Hermine entdeckte.
Sie saßen gemeinsam mit Ginny an einem Tisch und spielten ‚Snape explodiert‘. Harry
gesellte sich zu ihnen.
„Ach Harry, da bist du ja, hast du den Brief weggeschickt?“, fragte Hermine.
Harry nickte.
„Bin mal gespannt was Sir..... äh Schnuffel so schreibt“, sagte Ron.
Fast hätte er Sirius beim Namen genannt, aber außer ihm, Hermine, Dumbledore und
mittlerweile auch Snape und Mr. und Mrs. Weasley durfte niemand wissen, dass Sirius Black
Harrys Pate war. Schließlich war er offiziell immer noch ein flüchtiger Verbrecher.
Ron sah unsicher zu Ginny hinüber. Hoffentlich hatte sie nicht verstanden um wen es hier
ging.
Ginny blickte von einem zum anderen. Als ihr Blick für einen Moment an Harry hängen blieb
lief ihr Gesicht sofort rot an. Sie murmelte irgend etwas von Zaubertränke-Hausaufgaben und
machte sich so schnell sie konnte aus dem Staub.
Hermine blickte ihr mitleidig hinterher, dann sagte sie zu Harry und Ron gewandt: „So Jungs,
wann gehen wir in die Bibliothek wegen äh, Ihr-Wißt-Schon-Was? Morgen Abend?“
„Nein“, antwortete Harry, „morgen ist Dienstag, da muss ich zu Snape.“
„Hm, vielleicht können Hermine und ich schon mal alleine anfangen“, schlug Ron vor.
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Harry Potter und das Auge des Ares
3. Herr der dunklen Künste
Harry blickte ihn ungläubig an, das war gar nicht typisch für Ron, freiwillig in die Bibliothek
zu gehen. Es musste ihn wirklich brennend interessieren, was es mit der Kette auf sich hatte.
„Klar“, sagte Harry schließlich, „wenn es euch nichts aus macht könnt ihr ja schon mal
schauen ob ihr etwas findet. Ich stoße dann einfach später zu euch. Da Snape selbst gesagt
hat, dass er keine große Lust hat, hoffe ich, dass er mich nach spätestens einer Stunde wieder
gehen lässt.“
Hermine sah ihn zweifelnd an, sagte jedoch nichts. Das wäre gar nicht typisch für Snape,
dachte sie.
Den Rest des Abends verbrachten sie mit ‚Snape explodiert‘ doch Harry war so
unkonzentriert, dass er dauernd verlor. Als die Uhr schließlich schon nach elf anzeigte
machten sie sich auf den Weg in ihre Schlafsäle.
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
4. Die erste Lektion
Am nächsten Morgen hatte die fünfte Klasse der Gryffindors in der ersten Stunde
Kräuterkunde bei Professor Sprout und danach ‚Pflege magischer Geschöpfe‘ bei Hagrid
zusammen mit den Slytherins.
Hagrid erwartete sie schon vor seiner Hütte.
„Guten Morgen“, sagte er fröhlich, „dann kommt mal mit.“
Mit diesen Worten führte er die Klasse zur Rückseite seiner Hütte. Dort waren riesige Bassins
aufgebaut.
Sie konnten nicht erkennen was sich darin befand, denn alle waren sorgfältig mit großen
Planen verdeckt.
„Was soll das denn schon wieder sein?“, fragte Malfoy verächtlich.
„Gibt der Idiot uns jetzt auch noch Schwimmunterricht?“
Crabbe und Goyle lachten glucksend bei Malfoys Äußerung.
„Halt die Klappe“, fuhr Harry ihn an.
Auch ihm war irgendwie nicht wohl bei dem Anblick der Bassins, wer wusste denn schon,
was Hagrid sich dieses mal wieder für Monster besorgt hatte, vielleicht giftige
Wasserschlangen, oder etwas noch schlimmeres. Aber er wollte auf jeden Fall verhindern,
dass Malfoy schon vor Beginn der ersten Stunde Hagrid verunsicherte, schließlich war Hagrid
sein Freund.
Hagrid schien Malfoys bissigen Kommentar nicht bemerkt zu haben, und als alle Schüler um
das große Bassin versammelt waren zog Hagrid die Plane herunter.
Alle starrten auf das Becken.
„So, das hier sind Fervefacus-Fische“, erklärte Hagrid und deutete auf die großen Fische im
Bassin.
Die Größten waren über einen Meter lang. Sie schimmerten und leuchteten in den
unterschiedlichsten Farben. Einige waren gelb, andere blau, aber die meisten waren irgendwie
blau und gelb schattiert. Von ihrem Kopf bis zu ihrem Rücken zog sich eine gefährlich
aussehende Reihe spitzer Stacheln. Aus ihren Mäulern ragten lange, scharfe Zähne.
„Wie ihr seht, haben fast alle Fische verschiedene Farben“, fuhr Hagrid fort.
„Über diese Farben teilen sie uns mit, ob sie gut oder schlecht gelaunt sind. Wenn ihre
Schuppen gelb sind, könnt ihr problemlos zu ihnen gehen und sie füttern. Sind sie aber blau,
dann haltet lieber Abstand, dann könnten sie nämlich ein Sekret ausspucken, das ziemlich doll
brennt auf der Haut, oder manchmal beißen sie sogar.“
Ron verzog das Gesicht.
„Schon wieder so ne kreative Entdeckung von Hagrid. Hätte ich mir gleich denken können.
Bestimmt müssen wir gleich mit ihnen spielen, oder so“, flüsterte er Harry zu, der ebenfalls
nicht sehr glücklich aussah.
Malfoy schnaubte verächtlich und fragte: „Und sind diese Dinger auch für irgendwas gut?“
„Natürlich sind sie für was gut,“ antwortete Hagrid.
„Wenn ihr sie gefüttert habt könnt ihr ihnen ganz vorsichtig die losen Schuppen vom Körper
entfernen, die werden nämlich für einige Zaubertränke gebraucht.“
Hermine rümpfte die Nase. Ihr war gar nicht wohl bei dem Gedanken spuckende und
beißende Fische zu füttern.
„Komm mal her, Harry“, sagte Hagrid und grinste.
Wie immer war er furchtbar stolz auf die Kreaturen, die er der Klasse präsentierte.
„Nimm mal hier die Tiefseealgen und halt sie in das Bassin. Da werden gleich die ersten
Fische kommen und schauen was es leckeres gibt.“
Zögernd ging Harry zu dem Bassin und nahm die Algen, die Hagrid ihm hinhielt. Vorsichtig
näherte er sich dem Becken und hielt die Spitze der Algen ins Wasser. Sofort kam ein
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
riesiger, knall blauer Fisch angeschwommen und beäugte den Störenfried. Als er das Futter
erkannte färbten sich seine Schuppen allmählich gelb und er begann genüsslich zu fressen.
„Seht ihr, is ganz einfach“, sagte Hagrid stolz.
„So Harry, jetzt kannst du vorsichtig ein paar lose Schuppen von seinem Rücken abkratzen.“
Harry fand die ganze Sache gar nicht so witzig, aber Hagrid zuliebe begann er vorsichtig am
Rücken des Fisches herum zu kratzen. Dem Fisch schien das zu gefallen, denn er lehnte sich
genüsslich gegen Harrys Hand und genoss scheinbar diese Massage. Hagrid grinste stolz.
„So“, sagte er, „jetzt nehmt ihr euch alle etwas von den Algen und probiert es auch mal.“
Nach und nach nahmen sich alle Schüler etwas von den glitschigen, grünen Algen und gingen
zum Rand des Beckens. Nur Malfoy, Crabbe und Goyle bewegten sich keinen Zentimeter.
Hagrid blickte sie verwirrt an und fragte: „Na Jungs, habt ihr etwa Angst vor Fischen?“
Das war zu viel für Malfoy.
„Pah, ich habe doch keine Angst vor Fischen, ich bin doch nicht wie unsere kleine Heulsuse“,
antwortete Malfoy in arrogantem Ton und bedachte Harry mit einem abschätzigen Blick.
Crabbe und Goyle begannen wieder zu glucksen. Hagrid, der Malfoys Bemerkung scheinbar
nicht verstanden hatte, bedachte ihn mit einem verwirrten Blick, kümmerte sich dann aber
nicht weiter um ihn.
Statt dessen nahm er Harry etwas zur Seite und fragte: „Na Harry, alles in Ordnung?“ Harry
nickte.
„Hm, war ja keine ausführliche Antwort, is wirklich alles Klar bei dir, oder hast du ein
Problem?“, bohrte er weiter.
Harry atmete schwer aus, dann antwortete er: „Ach, es ist Snape.“
„Was hat er denn gemacht?“ fragte Hagrid verwundert.
Harry zögerte einen Moment, erzählte Hagrid dann jedoch alles über den Sonderunterricht,
den er von Snape bekommen sollte. Gleichzeitig bat er seinen Freund darum, diese
Information bitte für sich zu behalten um niemanden in Schwierigkeiten zu bringen.
Nachdem er geendet hatte sagte Hagrid: „Na, na, so schlimm ist das doch auch wieder nicht,
ist doch nett von ihm, dass er dir hilft.“
Harry war so verblüfft von Hagrids Antwort, dass er nicht wusste was er darauf antworten
sollte und knurrte schließlich ein leicht sarkastisches „Toll“.
Dann wandte er sich wieder den Fischen zu. Er wollte nicht noch so einen guten Ratschlag
von Hagrid bekommen.
Viel zu schnell war diese Stunde für Harrys Geschmack vorbei. Nicht, dass er so begeistert
von den Fischen gewesen wäre, doch gleich nach dem Mittagessen hatten sie Zaubertränke
bei Snape zusammen mit den Slytherins.
Nach dem Essen trotteten Harry, Ron und Hermine in Richtung der Kerker. Keiner von ihnen
hatte große Lust und so beeilten sie sich nicht sonderlich.
Als sie schließlich das Klassenzimmer erreicht hatten waren schon fast alle Plätze belegt. Die
einzigen noch freien Plätze befanden sich im vorderen Drittel des Kerkers. Harry seufzte und
begab sich mit Ron und Hermine nach vorne.
Eigentlich hatte er keine Lust auch in diesem Unterricht so nah am Pult des Lehrers zu sitzen,
aber in ‚Zaubertränke‘ war es sowieso egal wohin sie sich setzten, denn Snape hatte die
unangenehme Angewohnheit im Kerker stets auf und ab zu gehen um die Kessel der Schüler
genau zu inspizieren, während sie ihre Tränke brauten.
Kurz nach ihnen betrat Snape den Raum. Er schien mal wieder sehr schlecht gelaunt zu sein.
Er bedachte die Klasse mit einem grimmigen Blick und begann mit dem Unterricht.
„Bisher haben wir uns ausschließlich mit einfachen Tränken beschäftigt, doch da Sie nach 4jähriger Ausbildung eine ausreichende Grundlage haben sollten, werden wir uns im ersten
Halbjahr mit der komplizierten Kunst der Wahrheitsseren befassen. Im zweiten Halbjahr
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
werden wir uns mit Vergessens- und Verwirrungstränken beschäftigen. Ich weiß, dass einige
von Ihnen sehr hart arbeiten für dieses Fach.“
Er bedachte Malfoy mit einem wohlwollenden Blick.
„Aber die meisten von Ihnen werden etwas mehr Engagement aufbringen müssen, wenn Sie
dem Stoff weiterhin folgen wollen.“
Mit diesen Worten warf er einen finsteren Blick auf Harry und fixierte dann Neville. Neville
wurde noch blasser und quiekte vor Schreck.
Snape grinste und sagte in öligem Tonfall zu Neville: „Mr. Longbottom, wollten Sie etwas zu
diesem Thema sagen? Teilen Sie doch bitte der ganzen Klasse mit, was Sie uns über
Wahrheitstränke sagen können.“
Sofort war Hermines Finger nach oben geschnellt.
Neville begann stotternd etwas zu flüstern und Snape unterbrach ihn brüsk.
„Mr. Longbottom, wir können Sie leider nicht verstehen. Wiederholen Sie das noch einmal,
schließlich möchte die ganze Klasse etwas von ihnen lernen.“
Neville begann leicht zu zittern und antwortete nun etwas lauter: „Man m-m-muss immer d-ddie Wahrheit s-sagen.“
Snape verdrehte demonstrativ die Augen und fuhr Neville an: „Das, Mr. Longbottom sagt
bereits der Name aus. Wir alle sind wirklich sehr beeindruckt von Ihrem außergewöhnlichen
Kombinationsvermögen.“
Neville wurde rot.
Hermine war mittlerweile fast von ihrem Platz aufgesprungen, so sehr bemühte sie sich ihrem
Lehrer anzudeuten, dass sie etwas zu diesem Thema zu sagen hatte.
Snape bedachte sie mit einem giftigen Blick und sagte kalt: „Miss Granger, es interessiert
niemanden hier, was sie zu sagen haben, also sparen sie sich die Mühe.“
Hermine setzte sich wieder und lief ebenfalls rot an. Nach einer kurzen Pause fuhr Snape fort:
„5 Punkte Abzug für Gryffindor für Unwissen, und weitere 5 für penetrante
Aufdringlichkeit.“
Mit diesen Worten bedachte er Hermine und Neville mit einem boshaften Grinsen.
Nach diesem Vorfall wandte Snape sich wieder der ganzen Klasse zu und fuhr mit seinem
Unterricht fort, als wäre nichts geschehen.
„Wie Sie sicher wissen, gibt es viele verschiedene Wahrheitsseren, die sich durch ihre
verschiedenen Wirkungsweisen und vor allem durch ihre Stärken unterscheiden. Vor einiger
Zeit war der beliebteste und auch gleichzeitig gefährlichste Trank das Veritas-Serum. Bis jetzt
gibt es dafür noch kein Gegenmittel, auch wenn schon viele danach geforscht haben. Leider
ist dieser Trank heute verboten. Es wurde vor einigen Jahren vor allem von Lord Voldemort
eingesetzt, um an geheime Informationen zu kommen.“
Als Snape den Namen Voldemort aussprach, waren einige Schüler zusammengezuckt. Snape
hatte dies mit einem Grinsen registriert.
„Lord Voldemort“, er betonte nun diesen Namen absichtlich, und wieder zuckten einige
zusammen, „benutzte allerdings auch häufig den sogenannten Veritas-Fluch, doch dieser ist
nur ein billiger Abklatsch des Serums. Der Trank ist nach meiner Meinung deutlich
effektiver, allerdings auch viel aufwendiger als ein einfacher Fluch.“
Snape machte eine Pause und fixierte wieder die Klasse, dann fuhr er fort: „Mit so etwas
banalem wie einem Fluch werden wir uns hier nicht befassen, ich bevorzuge die brodelnde
Wahrheit in Kesseln.“
Snape führte das Thema noch weiter aus, und die ganze Klasse schrieb eifrig mit, schließlich
wollte niemand negativ auffallen, indem er in Snapes Unterricht nicht aufpasste.
Als die Stunde fast zu Ende war sagte Snape: „Ich möchte, dass sie als Hausaufgabe 10
verschiedene Wahrheitstränke heraussuchen und ihre Unterschiede beschreiben. Und ich
möchte von jedem eine detaillierte Ausführung sehen, keine Stichpunkte.“
Wieder bedachte er die Klasse mit einem finsteren Blick.
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
Alle waren froh, als das Klingeln sie erlöste. So schnell sie konnten packten sie ihre Sachen
und verließen den Kerker, damit Snape nicht auf die Idee kam ihnen noch mehr Hausaufgaben
aufzudrücken.
Vor der Tür stießen Harry, Ron und Hermine auf Malfoy, der gerade mit Crabbe und Goyle
sprach.
Als er Hermine erblickte grinste er und schnarrte: „Na, Granger, Professor Snape steht wohl
nicht auf Muggel-Liebhaber und Schlammblüter. Da kannst du dich noch so anbiedern mit
deinem Wissen. Er weiß nun mal, wer die achtbaren Zauberer sind, oder was sagst du dazu,
Potter?“
Grinsend starrte er nun Harry an.
„Glaubst du etwa dein Vater ist etwas besseres, nur weil er ein Death Eater ist?“, fauchte
Harry und sah Malfoy hasserfüllt an.
Er hatte genau ins Schwarze getroffen.
Das Grinsen auf Malfoys Gesicht erstarb und er starrte Harry wütend an.
„Sag so etwas nicht über meinen Vater. Wie kommst du dazu so etwas zu behaupten? Mein
Vater ist ein wichtiger Mann im Ministerium, er hat Einfluss, und wird die Gesellschaft der
Zauberer wieder auf den rechten Weg führen.“
Harry lachte verächtlich. Er wusste es besser. Bei seiner letzten Begegnung mit Lord
Voldemort war auch Lucius Malfoy unter den Death Eatern gewesen und hatte den dunklen
Lord winselnd um Vergebung gebeten, dafür, dass er nicht in den langen Jahren von
Voldemorts Abwesenheit nach ihm gesucht hatte. Um diese Diskussion zu beenden drehte er
sich demonstrativ um und stapfte mit Ron und Hermine davon.
„Ihr werdet schon sehen, wer am Ende triumphiert“, schrie Malfoy ihnen nach, doch sie
ignorierten ihn.
Gemeinsam gingen sie in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors und vertrieben sich den
Nachmittag mit ‚Snape explodiert‘.
Als es Zeit wurde zum Abendessen, gingen sie gemeinsam hinunter in die große Halle. Ron
und Hermine waren während des Essens schon sehr nervös, denn sie wollten danach sofort in
die Bibliothek gehen, um etwas über das Amulett herauszufinden.
Harry dagegen war nicht ganz so enthusiastisch, hatte er doch gleich Unterricht bei Professor
Snape. Er hatte keine große Lust, und so ließ er sich entsprechend Zeit auf dem Weg zu
Snapes Klassenzimmer.
Als er den Raum erreicht hatte war es kurz nach sieben.
Snape stand bereits mit hinter dem Rücken verschränkten Armen neben seinem Schreibtisch.
Er blickte Harry kalt an, als dieser das Klassenzimmer betrat und sagte: „Guten Abend Mr.
Potter. Schön, dass sie doch noch den Weg gefunden haben.“
Dann fuhr er mit noch kälterer Stimme fort: „Setzen sie sich.“
Harry ging zu seinem Platz, direkt vor Snapes Schreibtisch, und setzte sich. Snape schritt
langsam mit immer noch verschränkten Armen langsam vor Harry auf und ab.
„Nun, Mr. Potter,“ begann er schließlich, „wir wollen unsere Zeit nicht mit sinnlosem
Geschwafel verschwenden, also fangen wir gleich an. Ich möchte nur eins von vorn herein
klarstellen: Sie denken sicher Professor Dumbledore hätte mich hierzu überredet, und daher
hätten Sie jetzt ein leichtes Leben, weil ich diese Aufgabe nicht ernst nehme, aber da irren Sie
sich.
Seien Sie versichert, dass dies die härtesten Lektionen werden, die Sie je erhalten haben.
Dieser Unterricht wird nicht mit Schulnoten bewertet, er wird auch nicht in Ihre
Abschlussnote eingehen, aber trotzdem wird es am Ende nur zwei mögliche Ergebnisse
geben: Erfolg oder Misserfolg, Leben oder Tod. Ich hoffe doch, dass Sie uns nicht
enttäuschen, Potter.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
Snape grinste bei diesen Worten leicht.
Harry schluckte unmerklich. Das klang ganz und gar nicht gut. Er hatte tatsächlich gehofft,
dass Snape hier auch nur seine Stunden absitzen würde, aber er schien sich wirklich in den
Kopf gesetzt zu haben Harry richtig zu triezen, und hier würde Snape keiner davon abhalten
ihn endgültig fertig zu machen. Im Gegenteil, er hatte sogar noch Dumbledores Segen. Snapes
letzter Satz klang ihm noch in den Ohren, dieser Mann würde doch nur enttäuscht sein, falls
Harry überlebte.
„Möchten Sie irgend etwas sagen, Potter?“, unterbrach Snape Harrys Gedanken mit öligen
Tonfall.
„Nein, Sir“, antwortete Harry schnell, bevor Snape noch weiter nachbohrte.
„Dann können wir ja anfangen. Was wissen sie über den dunkeln Lord?“
Harry überlegte kurz, dann antwortete er: „Also, äh, Lord Voldemort wurde unter dem Namen
Tom Riddle geboren, und ....“.
Sofort unterbrach Snape ihn: „Ich bin überrascht, dass ausgerechnet Sie Voldemort beim
Namen nennen, Potter. Beeindruckend. Allerdings war Ihre Antwort ansonsten weniger
beeindruckend. Lord Voldemort wurde als Tom Marvolo Riddle geboren.“
Er blickte Harry kalt an und fragte ihn mit seinem öligen Tonfall: „Wollen Sie sich das nicht
aufschreiben?“
Harry zuckte zusammen.
An etwas zum Schreiben hatte er nicht gedacht. Er versuchte eine Entschuldigung zu
stammeln. „Ich äh, hab nichts dabei, Sir.“
Snape baute sich drohend vor Harry auf.
„Dachten Sie etwa, dass dies hier ein Kaffeekränzchen wird?“, zischte er.
„Das ist meine letzte Warnung Potter, mit diesem Engagement steuern Sie im Moment auf ein
Ergebnis hin, das Ihren Freunden sicher nicht gefallen wird. Warum wohl überrascht mich
ihre Ignoranz nicht? Ich werde es Ihnen sagen. Sie sind genauso über alle Maßen arrogant wie
Ihr Vater.“
Harry blickte Snape hasserfüllt an.
Er wusste genau, dass er ihn nur provozieren wollte, und trotzdem kochte er vor Wut.
‚Lass meinen Vater aus dem Spiel’, dachte er zornig.
Snape grinste eisig.
‚Nein’, dachte Harry, ‚diese Genugtuung werde ich dir nicht geben’.
Er zwang sich zu einem knappen Lächeln und sagte in gezwungen freundlichen Ton: „Es tut
mir leid, Professor, es wird nicht wieder vorkommen.“
Snape blickte Harry verblüfft an.
Mit solch einer Reaktion hatte er am aller wenigsten gerechnet. Wortlos ging er zu seinem
Pult, nahm eine Feder und mehrere Seiten Pergament heraus, und legte die Sachen ohne ein
weiteres Kommentar vor Harry auf den Tisch. Harry nahm die Feder und begann zu
schreiben.
Snape fuhr mit dem Unterricht fort.
„Sicher können Sie sich nun erklären, wie der dunkle Lord zu seinem späteren Namen kam?
Es ist eine Abwandlung von Vorlost. Seit wann benutzte er diesen Namen?“ frage Snape.
Harry überlegte wieder. Voldemort hatte ihm in der Kammer des Schreckens und letztes
Frühjahr auf dem Friedhof vor dem Haus seines Vaters zwar einiges zu seiner Vergangenheit
erzählt, aber an solche Details konnte Harry sich nicht mehr erinnern.
Er schüttelte den Kopf und antwortete: „Ich weiß nicht mehr genau, ich glaube er hatte ihn
schon während der Schulzeit.“
„Nicht ganz korrekt,“ antwortete Snape ungerührt, „für die Slytherins, in deren Haus
Voldemort sich bekannter Weise befand, führte er Anfang der 3. Klasse diesen Namen ein.
Schon damals beherrschte er mehr dunkle Flüche als sein Lehrer für ‚Verteidigung gegen die
dunklen Künste‘. Bereits als 13-jähriger versammelte er eine große Schar Anhänger um sich,
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
doch er verstand es, dies vor den Lehrern zu verbergen. Zu dieser Zeit ahnte noch keiner, was
einmal aus Tom Vorlost Riddle werden würde.“
Snape bombardierte Harry mit Daten und Fakten, und Harry hatte große Mühe alles
mitzuschreiben, was Snape ihm erzählte.
Dieser Mann wusste wirklich eine ganze Menge über Lord Voldemort.
Es war schon weit nach elf, als Snape Harry endlich entließ.
„Sie können gehen, Potter. Wir werden am Donnerstag den Beginn der Death Eater
besprechen, und die ersten Jahre Voldemorts, nachdem er die Schule verlassen hat. Bereiten
Sie sich darauf vor, ich habe keine Lust hier weiterhin Monologe zu halten“, sagte Snape kalt.
Harry beeilte sich, seine Pergamente zusammen zu packen, und verließ so schnell er konnte
das Klassenzimmer.
Die Flure von Hogwarts waren wie ausgestorben, alle Schüler befanden sich bereits in ihren
Gemeinschaftsräumen. Harry rannte in Richtung Gryffindor-Turm, als er plötzlich mit
jemandem zusammen stieß. Er blickte verwirrt auf, und sah in das Gesicht von Professor
Dumbledore.
„Harry, was machst du um diese Zeit noch hier? Du gehörst in deinen Gemeinschaftsraum“,
sagte Dumbledore freundlich.
Harry brauchte einen Moment um sich von seinem Schreck zu erholen, dann antwortete er:
„Entschuldigen Sie bitte, Professor, aber ich war bis eben bei Professor Snape, ich wollte
gerade in den Gryffindor-Turm gehen.“
Dumbledore schien leicht die Stirn zu runzeln, als er sagte: „Na dann beeile dich bitte, es ist
nicht ratsam, wenn Schüler sich nachts auf den Fluren herum treiben.“
Harry setzte seinen Weg fort.
Als er den Gemeinschaftsraum erreicht hatte war er fast leer. Nur ein paar Siebtklässler saßen
am Kamin und unterhielten sich.
Harry ging direkt in seinen Schlafsaal. Er war todmüde. Snape hatte ihm vier Stunden lang
Vorträge über die Schulzeit von Lord Voldemort gehalten, wie er im Geheimen begonnen
hatte Verbündete um sich zu scharen, wie er die Lehrer getäuscht hatte, und schließlich
Vertrauensschüler und Schulsprecher wurde.
Auch die Vorkommnisse mit der Kammer des Schreckens hatte Snape eingehend ausgeführt.
Der einzige Punkt, den er ausgelassen hatte, war Voldemorts Behauptung ein Erbe Slytherins
zu sein. Dies, sagte er, wolle er zu einem späteren Zeitpunkt weiter ausführen.
Harry schaffte es gerade noch seinen Schlafanzug anzuziehen und wollte sich gerade in sein
Bett legen, als er Rons Stimme hörte: „Hey Harry, ich dachte schon du kommst gar nicht
mehr und würdest bei Snape übernachten. Wie war’s denn?“
Harry schnaubte müde und sagte gähnend: „Hör bloß auf, mir platzt der Kopf, ich hab 3
Seiten Pergament vollgeschrieben, und das ist nicht mal die Hälfte von dem, was Snape
erzählt hat. Wenn das die nächsten Wochen so weiter geht, dann sterbe ich. Aber jetzt erzähl
du doch mal, habt ihr was raus gefunden über das Amulett?“
Ron seufzte.
„Nein, wir haben zwar bis halb zehn gesucht, aber wir müssen wohl die falschen Bücher
erwischt haben. Hermine hat dann zwar noch ein Buch gefunden, das ziemlich
vielversprechend geklungen hat ‚Magische Glücksbringer und ihre Bedeutung in der
Zauberei‘, aber um halb zehn macht ja die Bibliothek zu, und da mussten wir raus. Wir
wollten morgen nach der letzten Stunde weitersuchen, kommst du mit?“
„Natürlich komme ich mit“, sagte Harry verwundert, „es ist ja schließlich mein Amulett, da
kann ich euch doch nicht alleine suchen lassen, morgen nach Wahrsagen suchen wir gleich
weiter.“
„Okay, prima“, entgegnete Ron.
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
„So, jetzt muss ich aber ins Bett, ich bin tot müde“, sagte Harry und gähnte herzhaft.
„Schlaf gut Ron, bis morgen.“
„Gute Nacht, Harry“, antwortete Ron. Harry legte sich in sein Bett, und nach wenigen
Minuten war er eingeschlafen.
*
*
*
Professor Severus Snape war gerade dabei die letzten Arbeiten der fünften Klasse in
‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ zu korrigieren. Die Ergebnisse waren so, wie er es
erwartet hatte: katastrophal.
Die Schüler schienen in den letzten Jahren so gut wie nichts gelernt zu haben. Die einzigen
Fragen, die wenigstens halbwegs zu seiner Zufriedenheit beantwortet worden waren, waren
die nach der Verteidigung gegen verschiedene magische Geschöpfe, wie Irrwichte,
Hinkepanks, Kappas, Grindelohs, Rotkappen und so weiter.
Scheinbar hatte sein verhasster Kollege Remus Lupin, der diese Themen mit der Klasse
durchgenommen hatte, doch nicht so schlechte Arbeit geleistet, wie er es sich gewünscht
hatte.
Als er die letzte Arbeit beendet hatte, klopfte es an seiner Bürotür. Severus stutzte.
Normalerweise bekam er nie Besuch, und schon gar nicht um so eine Zeit, es war bereits kurz
nach zwölf.
Er erhob sich von seinem Stuhl und ging zur Tür. Als er sie öffnete stand Professor
Dumbledore vor ihm.
„Albus, was machst du hier, es ist schon spät?“, fragte Snape verdutzt sein Gegenüber.
Dumbledore lächelte und antwortete: „Nun, wie ich sehe, hast du auch noch nicht geschlafen,
Severus. Darf ich hereinkommen?“
Snape nickte grimmig und sagte: „Ja, selbstverständlich, ich musste noch die Arbeiten der
fünften Klasse durchsehen, eine Trauerspiel muss ich dir sagen. Vier Jahre Unterricht, und sie
haben keine Ahnung über die Verteidigung gegen Nymphen oder Vampire. Es ist eine
Schande, aber das wird sich ändern, das versichere ich.“
Dumbledore war an Snape vorbeigegangen und hatte sich auf einen Stuhl vor dem
Schreibtisch niedergelassen.
Snape schloss die Tür und setzte sich ebenfalls wieder auf seinen Platz. Dumbledore blickte
Snape nachdenklich an.
Schließlich fragte Snape: „Was willst du Albus, du bist sicher nicht ohne Grund hier herunter
gekommen.“
Dumbledore schien kurz zu überlegen, dann antwortete er: „Findest du nicht, dass du ein
bisschen zu streng bist, Severus?“
„Albus ich bitte dich, diese Arbeiten sind ein Fiasko, diese Schüler müssten alle zurückgestuft
werden“, entrüstete Snape sich.
„Severus“, sagte Dumbledore besänftigend, „ich spreche nicht von diesen Arbeiten, ich
spreche von ...“
„Potter“, fiel Snape ihm kalt ins Wort.
„Ja“, sagte Dumbledore ruhig, „Ich traf Harry vorhin, als er auf dem Weg zu seinem
Gemeinschaftsraum war, und es war bereits weit nach elf, ich möchte dich nur bitten nicht zu
übertreiben.“
Snape schüttelte wieder energisch den Kopf und sagte leicht gereizt: „Albus, du selbst hast
mich gebeten diese Aufgabe zu übernehmen, nun gut, ich habe sie übernommen, und du hast
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
mir freie Hand gegeben, in der Art und Weise, wie ich es mache. Potter ist völlig unerfahren,
ich werde die Lektionen voraussichtlich eher noch intensivieren müssen, um ihm das
beizubringen, was er braucht. Aber ich weigere mich, über jede Stunde Rechenschaft
abzulegen.“
„Severus, bitte“, versuchte Dumbledore Snape zu beruhigen, „ich möchte dir nicht
vorschreiben, wie du deinen Unterricht zu machen hast, ich möchte lediglich, dass du dir
darüber im Klaren bist, dass Harry noch ein Kind ist.“
Snape schnaubte.
„Glaubst du im Ernst, dass Voldemort darauf Rücksicht nimmt? Er will Potter, und je jünger
und unerfahrener er ist, um so leichter kann er ihn erledigen.“
Dumbledore nickte langsam, dann antwortete er: „Ja Severus, du hast ja recht, ich mache mir
nur Sorgen.“
„Das weiß ich, Albus“, entgegnete Snape, „aber du kannst den Jungen nicht ewig beschützen.
Wenn du willst, dass ich Erfolg habe, musst du es mir überlassen Potter vorzubereiten. Er
wird noch viel härtere Lektionen bewältigen müssen, aber nur so hat er eine Chance. Nur
wenn er erfährt, was auf ihn zukommt kann er sich verteidigen.“
Dumbledore blickte Snape mit großen Augen an und sagte dann vorsichtig: „Severus, du hast
nicht vor was ich vermute.“
Snape blickte Dumbledore finster an.
„Doch, genau das habe ich vor, nicht heute und morgen, aber bald.“
Dumbledores fragender Blick war nun einer Ungläubigkeit gewichen.
„Severus, das kannst du nicht machen, du wirst ihm ...“
„eine Chance geben zu überleben“, unterbrach Snape ihn kalt.
Dumbledore schwieg einen Moment. Dann blickte er Snape direkt in die Augen und sagte
leise: „Ich kann das nicht gutheißen. Eigentlich dürfte ich es gar nicht zulassen, bist du dir
wirklich sicher, dass es nötig ist?“
Snape schien sich wieder etwas beruhigt zu haben und antwortete nun in besonnenem Ton:
„Albus, ich kenne Voldemort besser als jeder andere von euch, ich musste oft genug mit
ansehen, was er seinen Opfern antut, bevor er sie tötet. Es ist nötig.“
Dumbledore schien über diese Antwort nicht besonders glücklich zu sein. Er saß in seine
Gedanken versunken in Snapes Büro, blickte auf die verschiedenen Gläser und Gefäße, die
sich in den Regalen des Raums stapelten, und ließ noch einmal alle Fakten des Gesprächs
Revue passieren.
Schließlich blickte er Snape wieder direkt in die Augen und sagte langsam: „Ich werde nicht
sagen, dass du Recht hast, doch ich werde tolerieren, was du vor hast. Aber bitte, Severus, tu
es für den Jungen, und nicht für ihn.“
„Albus, du weisst wem gegenüber ich loyal bin“, antwortete Snape und legte bei diesen
Worten seine Hände auf den Tisch.
Die Ärmel seines Umhangs waren leicht nach oben gerutscht, und gaben die Sicht auf einen
Teil des rot verfärbten, dunklen Males frei. Dumbledore blickte auf Snapes entstellten Arm,
nickte dann, und verließ das Büro.
*
*
*
„Harry, Harry, komm schon wach auf, es ist Zeit zum Frühstücken!“, sagte Ron.
Harry murmelte etwas unverständliches, zog sich seine Bettdecke über den Kopf und drehte
sich auf die andere Seite.
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
„Mach schon Harry, wir kommen zu spät“, versuchte Ron erneut seinen besten Freund dazu
zu bewegen aufzustehen.
Harry öffnete langsam die Augen.
„Wie viel Uhr ist es“, brummte er verschlafen.
Er fühlte sich wie gerädert. Er hatte sehr schlecht geschlafen, zu sehr hatte ihn der gestrige
Tag angestrengt.
„Es ist schon fast halb acht, wenn du dich nicht beeilst, kannst du das Frühstück vergessen.“
Missmutig griff Harry nach seiner Brille und richtete sich langsam in seinem Bett auf.
„Oh oh, du siehst aber ziemlich mitgenommen aus, hast du etwa von Snape geträumt?“,
piesackte Ron seinen Freund.
Harry schnaubte.
„Hör mir bloß mit dem auf. Ich kann diesen Namen nicht mehr hören.“
Stöhnend stand er auf und sagte gähnend: „Ich fühle mich, als hätte ich drei Nächte nicht
geschlafen.“
Er zog seinen Umhang an und ging mit Ron zusammen in den Gemeinschaftsraum. Dort
erwartete sie bereits Hermine.
„Meine Güte, ich dachte ihr kommt gar nicht mehr“, sagte sie leicht ungehalten.
„Harry ist ein bisschen übermüdet, aber wie du siehst hab ich ihn trotzdem aus dem Bett
bekommen“, sagte Ron stolz.
„Na los, lasst uns frühstücken gehen, ich habe einen riesen Hunger“, entgegnete Hermine.
Auf dem Weg zum Frühstück berichtete Harry nun auch Hermine, wie der gestrige Abend
verlaufen war. Als sie die große Halle betraten, waren die meisten Schüler schon im Aufbruch
um ihre Bücher für die erste Stunde zu holen.
Die drei beeilten sich, um an den Gryffindor-Tisch zu kommen, denn sie hatten auf keinen
Fall vor das Essen ausfallen zu lassen. Als sie ihre Plätze erreicht hatten saß bereits Hedwig
auf der Lehne von Harrys Stuhl und blickte ihn ärgerlich an.
„Hallo Hedwig, hast du einen Brief von Sirius für mich, meine Gute?“
Die Eule klapperte ungehalten mit dem Schnabel, sie war eindeutig beleidigt, dass sie so
lange hatte warten müssen.
„Ach Hedwig“, sagte Harry sanft, „sei nicht böse, schau, ich hab hier auch ein Stück
Schinken für dich.“
Mit diesen Worten hielt er Hedwig ein Stück Schinken vom Frühstückstisch vor den
Schnabel, und während die Eule genüsslich fraß entknotete Harry den Brief, der an ihr Bein
gebunden war. Als Hedwig fertig gefressen hatte spannte sie ihre Flügel und verließ die große
Halle.
„Nun mach schon, lies den Brief, ich will auch wissen was drin steht“, sagte Ron neugierig.
Harry öffnete den Umschlag und begann zu lesen.
Lieber Harry,
wir haben lange über Deinen Brief und das, was Du uns berichtet hast beraten. Ich für
meinen Teil frage mich, wie Dumbledore nur auf so eine Schnaps-Idee kommen konnte und
ausgerechnet Snape beauftragt Dir zu helfen. Ich habe Gerüchte gehört, dass Snape wieder
bei den Death Eatern aufgenommen wurde. Nimm Dich bloß in Acht. Falls er wirklich wieder
bei Voldemort ist, kann man sich nicht sicher sein, zu welcher Seite er hält.
Allerdings muss ich andererseits Remus Recht geben. Er meint, obwohl wir alle große
Probleme mit Severus hatten und haben, hat er von allen die wir kennen die meiste Erfahrung
im Bezug auf Voldemort.
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
Ich finde es außerordentlich beunruhigend, dass ausgerechnet der Sohn von Lucius Malfoy
das Amulett gesehen hat. Verstecke es am Besten an einem sicheren Ort in Deinem Schlafsaal
im Gryffindor-Turm, dort wird er es nicht finden, falls er es suchen sollte. So lange die Kette
an einem sicheren Ort ist, ist es besser, wenn Professor Dumbledore vorerst nichts von ihrer
Anwesenheit weiß. Es würde ihn nur weiter beunruhigen. Wenn Du allerdings das Gefühl
hast, dass Malfoy es tatsächlich auf das Amulett abgesehen hat, informiere ihn sofort, dann
wird er wissen was zu tun ist.
Wir bleiben auf alle Fälle in Kontakt
Gruß Sirius & Remus
Harry ließ enttäuscht den Brief sinken. Er hatte gehofft, dass die beiden Männer sich
wenigstens bereit erklären würden noch einmal mit Professor Dumbledore zu reden, ob es
nicht eine andere Lösung gäbe, außer Snape.
Auch wegen des Amuletts hatte er sich ein bisschen mehr Klarheit erhofft, was die
Besonderheit der Kette anging.
Selbstverständlich hatte Harry sie sofort nach seiner Ankunft ganz unten in seinem Koffer
verstaut, damit nicht zufällig irgend jemand sie fand.
„Na los, zeig schon den Brief“, drängelte Ron.
Harry reichte ihm und Hermine den Brief, damit beide ihn lesen konnten.
„Na ja, ist ja nicht so ergiebig“, sagte Ron nachdenklich, nachdem er den Brief gelesen hatte.
„Ich verstehe nicht, warum Dumbledore vorerst nichts von dem Amulett erfahren soll“, sagte
Hermine und sah die beiden Jungs fragend an.
Harry schüttelte ratlos den Kopf.
„Hm, vielleicht, weil er es Harry wegnehmen würde, obwohl seine Eltern wollten, dass er es
bekommt“, überlegte Ron, „ich wüsste zu gerne, was es damit auf sich hat.“
„Ich auch“, sagte Harry, „nach der letzten Stunde werden wir es herausfinden.“
Hermine nickte zustimmend.
Der Unterricht an diesem Tag wollte einfach nicht vorbei gehen.
In der ersten Stunde hatten sie ‚Zauberkunst‘ bei Professor Flitwick. Er hielt ihnen einen
langen Vortrag über Zauber und Umkehrzauber.
In der nächsten Stunde hatten sie ‚Geschichte der Zauberei‘ bei Professor Binns. Mit seiner
monotonen Singsang Stimme setzte er seine Ausführungen über die vorzeitlichen Druiden
fort und schien sich gar nicht daran zu stören, dass niemand außer Hermine ihm zuhörte.
Nach dem Mittagessen machten Ron und Harry sich auf den Weg zu dem Turmzimmer von
Professor Trelawney.
„Ich bin mal gespannt, ob sie dir dieses Jahr wieder den Tod prophezeit“, kicherte Ron.
Harry schnaubte.
Bis jetzt hatte ihre Lehrerin für Wahrsagen Harry jedes Schuljahr den Tod vorausgesagt, doch
leider musste er sie jedes Jahr enttäuschen. Er hoffte inständig, dass das auch so bleiben
würde.
Sie betraten über die wacklige Leiter den Klassenraum von Professor Trelawney. Wie immer
waren die Vorhänge zu gezogen und ein Kessel über dem Feuer verbreitete schwermütige,
beinahe Übelkeit erregende Düfte in dem dämmrigen Raum.
Harry und Ron suchten sich einen Platz in der nähe der Fenster, um wenigstens noch etwas
Tageslicht abzubekommen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
Nach ihnen betraten Lavender Brown und Parvati Patil den Raum. Die beiden Mädchen
setzten sich auf einen der vordersten Sessel, denn sie wollten so nah wie möglich bei ihrem
Idol sitzen.
Nachdem die letzten Schüler das Klassenzimmer betreten hatten, trat Professor Trelawney
geräuschlos aus dem Schatten des düsteren Zimmers.
Harry und Ron waren bereits an diese nebulösen Auftritte gewöhnt, und zeigten sich kaum
beeindruckt, doch Parvati und Lavender hatten sich mit großen Augen leicht nach vorne
gebeugt, um keine Bewegung ihrer Lehrerin zu verpassen.
Professor Trelawney blickte die Klasse mit verschleierten Augen an und begrüßte sie mit
ihrer rauchigen, sanften Stimme.
„Ich begrüße Sie alle zu einem neuen Jahr der Wahrheitsfindung. In diesem Jahr wollen wir
uns mit der Kunst des Traumdeutens befassen. Wir wollen all Ihre tiefsten Ängste und
Schrecken an die Oberfläche befördern.“
Sie blickte durch die ganze Klasse, und ihr Blick blieb für einen Moment an Harry hängen.
Für einen kurzen Augenblick schien ihr Gesicht noch schwermütiger zu werden, als sie mit
ihrer Ansprache fortfuhr: „Auch der Erkennung des Todes werden wir in diesem Schuljahr
näher kommen als jemals zu vor, denn Träume, meine Lieben, verraten alles über einen
Menschen. Sie sagen uns woher wir kommen, und wohin wir gehen werden.“
Langsam schwebte sie durch das düstere Zimmer und blieb schließlich neben Harry stehen.
Mit einem mitleidigen Blick sah sie zu ihm herab und sagte leise: „Es wird mich nicht
überraschen zu erfahren, dass Sie, mein Guter, wahrscheinlich die düstersten Träume von uns
allen haben. Träumen Sie oft von den Boten des Todes?“
Harry verzog leicht den Mund, er hatte schon darauf gewartet, dass Professor Trelawney
wieder damit anfangen würde.
Er sah missmutig zu ihr hoch.
„Eigentlich habe ich in der letzten Zeit immer von Blumen geträumt“, log er.
Ron kicherte.
Im Grunde konnte Harry sich gar nicht daran erinnern was er geträumt hatte, außer den
Träumen, in denen Voldemort irgend jemandem etwas antat, aber das würde er der Lehrerin
mit Sicherheit nicht erzählen.
„Oh, Blumen“, begann Professor Trelawney und ihr Blick schien in die Ferne zu schweifen,
„das Zeichen der Vergänglichkeit, zuerst eine heranreifende, unschuldige Knospe, später eine
wunderschöne Blüte, und schließlich verwelkt sie und wird von den Armen des Todes
umschlossen. Ja, Blumen zeigen uns die Endlichkeit des Lebens.“
Ron verdrehte die Augen und sah Harry an.
„Hat ja nicht lange gedauert, das war glaube ich sogar ein neuer Rekord.“ flüsterte er.
Harry blickte seinen Freund gequält an.
Er nahm zwar die Warnungen der Lehrerin nicht mehr ernst, zu oft hatte sie ihm sein Ende
prophezeit, aber irgend etwas schien trotzdem seinen Magen zusammen zu krampfen.
Den Rest der Stunde verbrachte Professor Trelawney damit die Träume von Lavender und
Parvati zu entschlüsseln, die ihr wie gebannt an die Lippen hingen. Der Rest der Klasse hörte
mehr oder weniger gelangweilt zu.
Als die Stunde endlich zu ende war verließen Harry und Ron das stickige Turmzimmer wie in
Trance. Sie waren wie betäubt von der rauchigen, monotonen Stimme ihrer Lehrerin und den
erdrückenden Dämpfen, die aus dem brodelnden Kessel aufgestiegen waren.
Im Gemeinschaftsraum trafen sie Hermine. Sie war bester Laune, und erzählte fröhlich, welch
komplizierte Aufgaben sie heute in Arithmantik gelöst hatte.
„Ach Hermine hör doch auf, wir wissen ja, dass du gut bist“, sagte Ron leicht gereizt.
Er hatte selten gute Laune wenn er aus Wahrsagen kam, zu verwirrend fand er den Unterricht.
58
Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
Harry hatte eine neue Mitteilung am schwarzen Brett entdeckt und ging auf die
gegenüberliegende Seite des Raums um zu erfahren, was dort ausgehängt wurde.
„Hört mal“, unterbrach Harry die beiden von der anderen Seite des Gemeinschaftsraums, „das
ist ja klasse, nächste Woche beginnt wieder das Quidditch-Training, und habt ihr das gelesen,
Angelina Johnson ist neuer Manschaftscaptain.“
„Oh, das freut mich aber für sie“, entgegnete Ron und ging zu Harry.
„Angelina wird sicher ein würdiger Nachfolger für Oliver Wood. Bin mal gespannt, ob wir
für dieses Jahr einen guten Hüter finden. Jetzt wo Wood weg ist, wird es bestimmt nicht
einfach.“
Mittlerweile war auch Hermine herüber gekommen und studierte den Aushang.
„Die Trainigsstunden sind jeweils ab 19:00 Uhr Mittwochs, Freitags und Dienstags“, las sie
vor.
„Dienstags?“, fragte Ron überrascht.
„Aber Dienstags hast du doch Unterricht bei Snape.“
„Steht da wirklich Dienstag?“, fragte Harry entsetzt.
„Ja, schau doch selbst, hier steht eindeutig Dienstag“, antwortete Hermine.
Harry fluchte.
Ron blickte seinen Freund mitleidig an.
„Du kannst doch mal mit Professor McGonagall sprechen, vielleicht kann sie mit Professor
Snape reden, dass er seinen Unterricht verschiebt“, sagte er hoffnungsvoll.
Harry sah seinen Freund zweifelnd an. Er wusste noch aus früheren Zeiten, dass Professor
McGonagall auch nicht den besten Draht zu Snape hatte, und da Snape der Hauslehrer von
Slytherin war, standen sie quasi in direkter Konkurrenz um den Quidditch-Pokal.
Snape würde es mit Sicherheit freuen, wenn Gryffindors Sucher nicht an allen
Trainingseinheiten teilnehmen konnte.
„Ich kann‘s ja mal versuchen, vielleicht kann sie was machen. Was ist, wollten wir nicht in
die Bibliothek?“, fragte Harry, und lenkte so das Thema auf etwas anderes.
„Ja, kommt schon, ich will jetzt endlich wissen, was es mit dem Amulett auf sich hat“, sagte
auch Hermine.
Sie verließen den Gryffindor-Turm durch das Portrait-Loch und machten sich auf den Weg in
die Bibliothek.
Da in der ersten Schulwoche noch nicht alle Lehrer Hausaufgaben verteilt hatten, war die
Bibliothek recht leer. Nur an einigen Tischen saßen vereinzelt Schüler über verschiedene alte
Bücher gebeugt.
„So, ich suche ‚Magische Glücksbringer und ihre Bedeutung in der Zauberei‘ von gestern
Abend, und ihr schaut euch noch mal in der Abteilung für ‚magische Reliquien und
Hilfsmittel‘ um“, kommandierte Hermine.
Da sie diejenige mit der meisten Bibliothekserfahrung war, gehorchten die Jungs ohne
murren.
Ron und Harry begaben sich in die angegebene Abteilung und zogen planlos irgendwelche
Bücher aus den Regalen, denn sie waren sich nicht so sicher wo genau sie suchen sollten.
Die Stunden vergingen, und die beiden Jungs waren schon kurz davor aufzugeben.
Ron war gerade dabei ein Buch über zauberhafte Hilfsmittel durchzublättern, als er Hermines
Stimme hörte.
„Hier, kommt her, ich hab’s gefunden.“
Harry und Ron rannten quer durch die Bibliothek, in die Richtung, aus der sie Hermines
Stimme gehört hatten.
Madam Pince, die Bibliothekarin, an der sie polternd vorbei rannten warf ihnen einen bösen
Blick hinterher.
„Hey, hey, das hier ist doch keine Rennbahn!“, knurrte sie.
59
Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
„‘Tschuldigung“, riefen Ron und Harry wie aus einem Mund, verlangsamten ihr Tempo
jedoch nicht.
Als die beiden Jungs Hermine erreicht hatten war sie bereits in ein altes Buch vertieft.
Als sie ihre Freunde kommen hörte sah sie auf und sagte: „Hier, seht mal das Bild, das ist
doch Harrys Amulett.“
„Ja, stimmt“, sagte Harry, „das sieht genau so aus. Was steht dabei, lies schon vor.“
„Hm, der Anhänger heißt ‚Das Auge des Ares‘“, sagte sie.
Ron grinste.
„Hihi, klingt ja komisch, was soll denn das sein?“
„Na ja“, sagte Hermine, „Ares war in der griechischen Mythologie der Gott des Krieges, aber
mehr weiß ich auch nicht, hier steht bestimmt mehr.“
Hermine beugte sich über das Buch und begann vorzulesen:
Das Auge des Ares
Das Auge des Ares ist nach dem gleichnamigen griechischen
Kriegsgott benannt. Ares war der Sohn des Zeus und der Hera.
Er war bekannt für seine Kampfesleidenschaft. Im Gegensatz zu
Athene (die auch eine Kriegsgöttin war, aber eher für
Kriegslist zuständig war), stürzte er sich kaltblütig und
unbesonnen ins dichteste Schlachtengewimmel. Ares ergriff nie
Partei für die eine oder andere Gruppe, die sich bekämpften.
Je nach Laune schlug er sich auf die Seite der einen oder der
anderen. Vor allem Streit und Plünderungen, Gemetzel und
Blutbad, das Geräusch aufeinanderstoßender Waffen bereiteten
ihm
Vergnügen.
Wegen
dieser
Vorlieben
und
seiner
Nichtbeachtung der Gesetze war er bei den anderen Göttern
verhasst.
Das Auge des Ares macht keinen Unterschied zwischen weißer und
schwarzer Magie, es verstärkt sie jedoch. Je mächtiger der
ausgesprochene Zauber, und je stärker die Emotionen, mit
welchen er angewendet wird, desto mehr verstärkt das Medaillon
seine Macht. Schwachen Magiern hilft es dagegen kaum.
„Und was soll das jetzt bedeuten?“, fragte Ron verwirrt.
„Ganz einfach“, sagte Hermine, „wenn ein großer Zauberer, so wie Du-Weißt-Schon-Wer das
Amulett trägt, wird er viel stärker, als er ohnehin schon ist. Er ist sehr mächtig, und so
hasserfüllt, dass die Kette ihn wahrscheinlich fast unbesiegbar macht.“
„Na, das klingt ja vielversprechend“, murmelte Harry, „wenn er also jemals das Amulett in
die Finger kriegt, kann ich mir schon mal ein Grab schaufeln. Warum hat Sirius die Kette
bloß nicht behalten, er ist ein fertig ausgebildeter Zauberer, ihm hätte das Amulett sicher
besser helfen können.“
„Das schon“, warf Hermine ein, „aber Sirius muss nicht gegen Du-Weißt-Schon-Wen
kämpfen. Vielleicht dachten deine Eltern, dass du einmal mächtig genug wirst, um das
Amulett zu tragen.“
Harry gab ein verächtliches Geräusch von sich.
„Das adelt mich“, murmelte er mit wenig Überzeugung.
Hermine stellte das Buch wieder ins Regal.
60
Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
Es war schon spät und sie gingen gemeinsam zurück in den Gryffindor-Turm. Kurz vor dem
Portrait-Loch trafen sie auf Peeves, den Poltergeist. Er schwebte wild auf und ab und gluckste
vor sich hin.
Als er sie bemerkte gackerte er: „Oh, die kleinen Gryffindors, schleichen durch die Schule,
sollten längst in ihrem Gemeinschaftsraum sein.“
„Peeves halt die Klappe“, blaffte Ron ihn an, „so spät ist es nun auch wieder nicht. Jetzt lass
uns vorbei.“
„Neeeeiiiiin“, jaulte der Poltergeist, „zuerst will ich Spaß haben.“
Mit diesen Worten zog er zwei Vasen hinter dem Rücken hervor und warf sie auf Harry, Ron
und Hermine. Einer der Vasen traf Hermine schmerzhaft an der Schulter und sie schrie auf.
Dies schien Peeves nur noch mehr anzustacheln und er begann laut zu johlen.
„Los kommt schon“, rief Harry, und zerrte seine Freunde zum Portrait der fetten Dame.
Nachdem er das Passwort gesagt hatte hechteten sie in ihren Gemeinschaftsraum. Peeves war
so mit seinen Jubelschreien beschäftigt, dass er ihr verschwinden gar nicht bemerkte.
Am nächsten Morgen hatten sie in der ersten Stunde Verwandlung bei Professor McGonagall.
Harry wollte diese Gelegenheit nutzen um mit der Lehrerin wegen des Quidditch-Trainings zu
sprechen, schließlich war sie Hauslehrerin von Gryffindor, und es lag mit Sicherheit in ihrem
Sinne, dass Ihr Haus auch in diesem Jahr den Quidditch-Pokal gewann.
Als die Stunde zu ende war wartete Harry, bis seine Klassenkameraden den Raum verlassen
hatten, dann ging er zu Professor McGonagall.
Die Lehrerin hatte ihn nicht bemerkt und war gerade dabei ihre Bücher in die Schublade ihres
Schreibtisches zu räumen.
Harry räusperte sich leicht.
„Ach, Mr. Potter, ich habe Sie gar nicht bemerkt, kann ich noch etwas für Sie tun?“ fragte
Professor McGonagall überrascht.
„Ja, vielleicht, Professor“, antwortete Harry vorsichtig, „ich habe gestern gelesen, dass das
Quidditch-Training wieder beginnt.“
„Ja, und?“, fragte Professor McGonagall verwundert.
„Nun ja, das Training findet unter anderem Dienstags statt“, stotterte Harry weiter.
„Das weiß ich Mr. Potter, ich selbst habe unsere Zeiten in den Plan bei Madam Hooch
eintragen lassen, und ich kann Ihnen sagen, es war sehr schwierig diese Termine überhaupt
noch zu bekommen. Das Feld war schon fast ausgebucht.“
Harry überlegte wie er am besten fortfahren sollte, doch seine Lehrerin kam ihm zuvor.
„Haben Sie ein Problem damit, Mr. Potter?“, fragte sie.
Harry schluckte und antwortete schließlich, „na ja, ich .... vielleicht haben Sie es schon von
Professor Dumbledore erfahren, ich ....“
Harry wusste nicht wie er es ihr sagen sollte, schließlich hatte Snape gesagt, dass er mit
niemandem darüber sprechen sollte und er wusste nicht, ob Professor McGonagall über seine
Extra-Stunden informiert war.
„Ach ja, ich erinnere mich, Sie müssen Dienstags zu Professor Snape.“ sagte sie.
Harry atmete innerlich auf. Also wusste sie es.
„Ja, Professor Dumbledore hat mich über diesen Umstand informiert. Ich war sehr überrascht,
aber auch erfreut, dass Professor Snape sich dazu bereit erklärt hat.“
Harrys Mut sank, doch er fuhr trotzdem fort.
„Ich wollte Sie nur bitten, ob Sie vielleicht einmal mit ihm reden könnten, ob er seinen
Unterricht nicht auf einen anderen Tag verschieben kann, sonst kann ich leider nicht am
Training teilnehmen. Wenn ich mit ihm rede sagt er sicher ‚nein‘“
Professor McGonagall blickte ihn einen Moment an, doch Harry konnte an ihrem
Gesichtsausdruck nicht erkennen, was sie dachte.
61
Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
Schließlich antwortete sie: „Es tut mir leid, Mr. Potter, aber dieser Unterricht geht eindeutig
vor. Ich kann Professor Snape nicht vorschreiben, wie und wann er ihn abzuhalten hat, ich
glaube auch nicht, dass ich in diesem Punkt Einfluss auf ihn hätte.“
Sie machte eine kurze Pause bevor sie fortfuhr.
„Wenn Ihnen diese Belastung allerdings zu viel wird, sagen Sie mir bitte rechtzeitig Bescheid,
damit wir vorübergehend einen neuen Sucher für Gryffindor finden können.“
Harry sah Professor McGonagall schockiert an.
Damit hatte er am wenigsten gerechnet. Er wollte etwas antworten, doch bevor er wusste was
er sagen sollte sprach sie weiter: „Ich würde es allerdings sehr bedauern Sie als Sucher zu
verlieren. Unser Team verdankt Ihnen sehr viel, Mr. Potter.“
Sie lächelte leicht bei diesen Worten. Sie sah Harry erwartungsvoll an und wartete auf eine
Antwort.
Harrys Gedanken drehten sich im Kreis. Nein, er konnte doch nicht mit Quidditch aufhören,
das war schließlich das einzige Vergnügen, das ihm in diesem Schuljahr noch geblieben war.
„Nein, nein Professor, das schaffe ich schon, ich komme auch mit zweimal Training klar“,
murmelte er schließlich enttäuscht.
Professor McGonagall lächelte ihn an.
„Ich weiß, dass Sie es schaffen, Mr. Potter. Wenn Sie nur an sich glauben, vermögen Sie
mehr zu vollbringen, als Sie sich selbst vorstellen können.“
Harry nickte etwas mutlos und verließ das Klassenzimmer.
Hermine und Ron hatten wieder auf ihn gewartet, und er berichtete ihnen, was Professor
McGonagall gesagt hatte.
„Sie wird schon recht haben, Harry“, sagte Hermine nachdem er geendet hatte, „du schaffst
das, und wenn es ganz hart kommt, helfe ich dir bei den Hausaufgaben.“
Harry lächelte dankbar. Gemeinsam gingen sie in die nächste Stunde.
Am Abend machte Harry sich wieder auf den Weg zu Professor Snape. Die kommenden
Wochen verbrachte Snape damit, Harry alles über Voldemorts Lebensgeschichte zu erzählen.
Er erwähnte viele Details, die Harry nicht einmal in den umfangreichen Büchern über den
dunklen Lord gefunden hatte.
Selbstverständlich war Snape mit nichts, das Harry in der Bibliothek gefunden hatte, völlig
einverstanden und genoss scheinbar jede Korrektur, die er anbringen konnte.
Harrys Abende waren voll ausgefüllt. Zweimal in der Woche ging er zu Professor Snape und
zweimal hatte er Quidditch-Training.
Angelina schonte ihre Mannschaft nicht und trainierte unerbittlich. Harry war froh, dass sie
nie ein Wort zu ihm gesagt hatte, weil er nicht zu jedem Training erscheinen konnte.
Scheinbar hatte Professor McGonagall mit ihr deswegen geredet.
Angelina hatte noch einen weiter Coup gelandet: sie hatte Paul Paddington, einen
Drittklässler als Hüter anwerben können. Paul machte seine Sache sehr gut und das
Gryffindor-Team rechnete sich gute Chancen auf den Pokal aus.
Harry hatte durch seinen vollen Stundenplan gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen war,
doch bevor er es richtig begriffen hatte, war es schon Ende Oktober.
Es war empfindlich kalt geworden und die Blätter der Bäume leuchteten in unzähligen
Farben. Am Samstag würde wieder die traditionelle Halloween-Feier stattfinden.
Es war Donnerstag Abend vor Halloween, als Harry sich mal wieder auf den Weg zu
Professor Snape machte.
Er hatte zwar überhaupt keine Lust, hatte aber in den letzten Wochen die Erfahrung gemacht,
dass es besser war Snape nicht warten zu lassen.
Als Harry das Klassenzimmer betrat war Snape noch nicht da. Er blickte sich etwas verwirrt
um und ging zu seinem Platz. Dort lag ein Zettel, der scheinbar von Professor Snape war.
62
Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
Harry nahm ihn in die Hand und las:
Mr. Potter,
schreiben Sie einen Aufsatz über das Leben von Lord Voldemort. Berücksichtigen Sie alle
Fakten, die wir in den letzten Wochen durchgesprochen haben. Mindestlänge: 15 Seiten
Pergament, und schreiben Sie nicht zu groß, Potter.
Professor Severus Snape
Harry war empört.
„Der hat wohl einen Knall“, murmelte er, „das ist ja das Letzte.“
Noch bevor Harry diesen Satz zu ende gesprochen hatte, erschien unter der Nachricht von
Snape ein Nachtrag:
Noch ein Wort, Potter, und Sie schreiben 20 Seiten.
Harry war fassungslos vor Zorn. Snape musste diese Nachricht verhext haben. Er biss sich auf
die Lippen und verließ wütend den Raum.
Er ging direkt zurück in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum und gesellte sich zu Ron und
Hermine.
„Harry, was ist los, ich dachte du wärst bei Snape“, fragte Hermine verwundert.
„Snape war nicht da“, antwortete Harry ärgerlich, „aber er hat mir eine Nachricht
hinterlassen, dass ich einen fünfzehnseitigen Aufsatz über Voldemort schreiben soll.“
„Fünfzehn Seiten?“, fragte Ron entsetzt, „ist der noch ganz sauber?“
„Ja, das hab ich auch gefragt, und da erschien auf dem Zettel eine Warnung, wenn ich noch
ein Wort sagen würde, müsste ich 20 schreiben.“
Ron blickte seinen Freund ungläubig an.
„Mann, Harry, mit fünfzehn Seiten bist du ja das ganze Wochenende beschäftigt, und dieses
Wochenende ist doch das erste in diesem Jahr, an dem wir nach Hogsmeade dürfen.“
„Ja, ich weiß“, sagte Harry, „ich hole am besten gleich meine Aufzeichnungen und fange an.“
Mit diesen Worten stand Harry auf und stapfte wütend in seinen Schlafsaal, um seine
Unterlagen über Voldemort zu holen.
*
*
*
Severus Snape war gerade auf dem Weg zu seinem Klassenzimmer für Verteidigung gegen
die dunklen Künste gewesen, um noch etwas für seinen Unterricht mit Potter vorzubereiten,
als er einen stechenden Schmerz in seinem Arm gespürt hatte.
Das dunkle Mal hatte schwarz geglüht, und Snape musste sich beeilten um den dunklen Lord
nicht zu lange warten zu lassen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
Er hatte es gerade noch geschafft seinem Schüler eine Arbeitsanweisung zu hinterlassen und
hatte sich dann sofort auf den Weg nach Hogsmeade gemacht, um zu Lord Voldemort zu
apparieren.
Es begann bereits dunkel zu werden, als Snape das alte Riddle-Haus erreichte. Weit und breit
war niemand zu sehen.
Vorsichtig betrat er das halb verfallene Gebäude. Sein letzter Besuch war ihm noch sehr gut
im Gedächtnis geblieben, und er machte sich auf das Schlimmste gefasst. Man konnte nie
wissen, ob irgend etwas den dunklen Lord erzürnt hatte.
Der dunkle Lord und Peter Pettigrew erwarteten Snape bereits im alten Wohnzimmer der
Villa.
Als Snape ihn erreicht hatte fiel er auf die Knie und küsste den Saum von Voldemorts
Umhang.
„Erhebe dich“, hörte er die kalte Stimme von Voldemort.
Snape stand auf und trat einen Schritt zurück.
„Ich hoffe du hast die Augen offen gehalten, Snape. Was hast du mir über meine Feinde zu
berichten?“ fragte Voldemort emotionslos.
„Meister, es gibt nicht viel zu berichtet“, antwortete Snape unterwürfig, „Professor
Dumbledore hatte letzte Woche noch einmal ein Gespräch mit Vertretern des Ministeriums,
doch Cornelius Fudge und seine Mitarbeiter glauben immer noch nicht wirklich an eure
glorreiche Auferstehung.“
Voldemort gab ein kurzes, tonloses Lachen von sich.
„Das ist gut so. Bis sie gemerkt haben, dass der dunkle Lord zurückgekehrt ist, wird es für sie
zu spät sein.“
Bei den nächsten Worten begann er vor Snape langsam auf und ab zu schreiten.
„Was macht Potter?“, fragte er kalt.
„Mein Lord, Harry Potter hat seine Ferien bei Sirius Black und Remus Lupin verbracht. Er
scheint die Erlebnisse von seiner letzten Begegnung mit euch recht gut verkraftet zu haben.“
Voldemort stieß ein abschätziges Geräusch aus, dann kniff er die Augen zusammen und sagte
in gefährlichem Ton: „Lupin und Black, diese idealistischen Narren und Anhänger von
Dumbledore sind auch noch fällig. Der Tag ihres Niedergangs wird bald kommen.“
Der dunkle Lord war vor Snape stehen geblieben und seine stechenden Schlangenaugen
schienen sich in Snapes Kopf zu bohren.
„Ich möchte, dass du Potter im Auge behältst“, fuhr er zischend fort, „Sorge dafür, dass er
nicht zu viel Hilfe bekommt, ich möchte vermeiden, dass er zu stark wird, bevor ich mit ihm
fertig bin.“
Snape schluckte.
Wenn der dunkle Lord erfahren sollte, dass er Harry unterrichtete, war das sein Todesurteil.
Er zögerte einen Moment, dann antwortete er: „Ja, Meister, ich werde mich persönlich darum
kümmern.“
Voldemort nickte zufrieden.
Snape atmete innerlich auf. Es schien besser zu laufen, als er es zu hoffen gewagt hatte. Bis
jetzt hatte der dunkle Lord nichts vorzubringen, das gegen seine Vertrauenswürdigkeit sprach.
Er hoffte inständig, dass das auch so bleiben würde.
Voldemort schien das Gespräch nun beenden zu wollen, doch auf einmal trat Wurmschwanz
an seine Seite und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Voldemort merkte auf und ein schlangenhaftes Lächeln machte sich auf seinem lippenlosen
Mund breit.
Er trat einen Schritt zurück und lehnte sich gegen den schwarzen Altar, als er weiter sprach.
„Noch etwas Snape. Mein treuer Wurmschwanz hat mich gerade an eine Information erinnert,
die wir aus sehr sicherer Quelle erhalten haben. Ich habe erfahren, dass das ‚Auge des Ares‘
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Harry Potter und das Auge des Ares
4. Die erste Lektion
in Hogwarts aufgetaucht sein soll. Wir alle können uns vorstellen, wer es hat. FINDE ES und
bringe es mir.“
Snape war verwirrt.
Er hatte geglaubt, dass das Amulett seit dem Tod der Potters verschwunden sei. Warum hatte
Dumbledore ihn nicht davon unterrichtet? Er sah Voldemort in die Augen und antwortete
ergeben: „Wie ihr befehlt, Meister.“
„Du darfst gehen, und enttäusche mich nicht“, sagte der dunkle Lord, drehte sich um und
disapparierte.
Snape atmete auf, doch als er sich umsah bemerkte er, dass Wurmschwanz noch an der selben
Stelle stand und ihn hasserfüllt anblickte.
„Ich werde dich schon kriegen, verlass dich drauf“, sagte er drohend, „Ich werde meinen
Meister noch davon überzeugen, dass du ein dreckiger Verräter bist.“
Snape sah ihm in die Augen und zischte: „ Na Pettigrew, hast du wieder jemanden gefunden,
dem du hinterher schwänzeln kannst? Pass nur auf, dass du dir nicht eines Tages die Finger
verbrennst, du spielst mit dem Feuer. Lord Voldemort ist nicht so einfältig wie James Potter.“
Wurmschwanz knirschte wutentbrannt mit den Zähnen und wollte noch etwas sagen, doch
Snape hatte die Zeit genutzt und war bereits disappariert.
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
5. Besuch an Halloween
An diesem Samstag herrschte beim Frühstück eine große Unruhe. Alle Schüler freuten sich
darauf nach langer Zeit einmal wieder das Dorf Hogsmeade zu besuchen.
Auch Harry, Ron und Hermine konnten es gar nicht abwarten, ihren Süßigkeitenvorrat
aufzufüllen und ein leckeres Butterbier zu trinken.
Sie wollten gerade die große Halle verlassen, als eine große Schar Eulen mit der heutigen Post
durch die oberen Fenster in den Saal flog. Ein großer, dunkelbrauner Uhu flog direkt auf
Harry zu und ließ ihm einen Brief in die Hände fallen.
„Komisch, ich erwarte überhaupt keine Post“, grübelte Harry und drehte ihn verwirrt in den
Händen.
„Dann mach ihn auf, es wird schon drin stehen vom wem er ist“, sagte Ron ungerührt. Harry
öffnete den Brief und las:
Hallo Harry,
bitte triff mich heute Abend um Mitternacht im Pokalzimmer. Es ist wichtig.
Sirius
Ron und Hermine hatten den Brief mit gelesen und Hermine fragte ratlos: „Was Sirius wohl
von dir will? Ich finde es sehr riskant von ihm in die Schule zu kommen, er wird doch immer
noch gesucht.“
„Ich weiß auch nicht“, antwortete Harry noch ratloser, „es muss wohl irgend etwas
Dringendes sein, aber ich verstehe nicht, warum er nicht Remus schickt.“
Harry freute sich zwar auf seinen Paten, machte sich aber große Sorgen um dessen Sicherheit.
Ron schien ihm die Sorge anzusehen und versuchte ihn aufzumuntern: „Mach dir keine
Sorgen, Harry, Sirius weiß schon was er tut. Vor zwei Jahren an Halloween hat er es sogar
unbemerkt bis in den Gryffindor-Turm geschafft. Da ist das Pokalzimmer für ihn doch ein
Klacks.“
Harry nickte unsicher.
Sie verließen gemeinsam die große Halle und holten ihre Mäntel, denn es war inzwischen kalt
geworden. Nachdem sie sich dick eingepackt hatten, machten sie sich auf den Weg ins Dorf.
Auf halbem Weg fragte Hermine: „Harry, bist du dir sicher, dass du mit dem Aufsatz für
Snape fertig wirst, wenn du heute den ganzen Tag in Hogsmeade verbringst?“
Harry verdrehte die Augen und antwortete: „Hermine, bitte, ich möchte heute den ganzen Tag
nichts von Snape oder sonst irgendeinem Lehrer hören. Ich schaffe das schon.“
„Okay, Okay, ist ja gut, ich wollte dir doch nur helfen“, sagte Hermine gereizt und setzte
ihren Weg ohne ein weiteres Wort fort.
Als die Drei Hogsmeade erreicht hatten gingen sie als erstes in den Honigtopf. Der kleine
Laden war schon voll von Hogwarts-Schülern, die alle Süßigkeiten kaufen wollten.
Harry, Ron und Hermine bahnten sich einen Weg durch die Menge um zum hinteren Ende des
Ladens zu gelangen. Dort standen große Fässer mit verschiedenen Schokoladen- und
Pfefferminzdrops.
„Schaut mal hier“, rief Ron begeistert, „die sind ganz neu, Feuerdrops, wenn man sie isst
entsteht auf der Zunge ein Feuerwerk. Fred und George haben mir schon davon erzählt. Die
muss ich unbedingt haben.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
Nachdem sie eine beträchtliche Summe im Honigtopf gelassen hatten machten sie sich auf
den Weg zu den Drei Besen, um ein heißes Butterbier zu trinken. Kurz bevor sie den Eingang
des Pubs erreicht hatten sagte Hermine leise: „Seht mal, ist das nicht Mr. Malfoy da hinten?
Was macht der denn hier?“ Harry und Ron sahen in die angegebene Richtung.
„Ja, Hermine hat Recht“, sagte Harry ebenso leise, „kommt mit, wollen doch mal sehen was
der hier macht.“
Sie schlichen im Schatten der Häuser auf Mr. Malfoy zu. Er stand in einer kleinen, düsteren
Seitengasse und schien auf jemanden zu warten, denn er blickte sich immer wieder nervös
um.
Als sie ihn fast erreicht hatten hörten sie hinter sich Schritte. Schnell versteckten sie sich in
einem dunklen Hauseingang um nicht entdeckt zu werden.
„Hallo Vater, da bist du ja. Hast du es?“
Es war Draco Malfoy. Er ging eilig auf seinen Vater zu.
„Hallo Draco, mein Junge. Natürlich habe ich es. ....... höchstpersönlich gegeben. ....... stolz
auf dich, ...... Wenn du es schaffst ........ Dankes immer gewiss sein. Und sprich mit
niemandem darüber.“
Lucius Malfoy sprach sehr leise, und Harry, Ron und Hermine konnten nicht jedes Wort
verstehen.
„....... nicht enttäuschen, Vater“, sagte Draco mit leichtem Stolz in der Stimme.
Mr. Malfoy reichte seinem Sohn ein kleines Päckchen.
Harry lehnte sich weit nach vorne um erkennen zu können um was es sich handelte, doch Ron
und Hermine zogen ihn zurück in den Schatten.
„Bist du verrückt?“, zischte Hermine, „willst du etwa, dass sie uns sehen?“
Harry schüttelte den Kopf und flüsterte zurück: „Nein, natürlich nicht, ich passe schon auf.“
Mr. Malfoy verabschiedete sich von Draco und verschwand.
Draco steckte das kleine Päckchen in die Tasche und ging an Harry, Ron und Hermine vorbei,
ohne sie zu bemerken.
„Was glaubst du war das?“, fragte Ron.
„Ich habe keine Ahnung“, antwortete Harry verwirrt.
„Von wem haben die zwei geredet?“, fragte Hermine, „etwa von Ihr-Wißt-Schon-Wem?“
Harry und Ron schüttelten ratlos die Köpfe.
„Kommt, lasst uns ein Butterbier trinken, in den Drei Besen können wir uns auch weiter
unterhalten, mir wird kalt“, sagte Ron, und die drei machten sich auf den Weg zum Pub.
Die Drei Besen waren brechend voll mit Schülern, und Harry, Ron und Hermine hatten
großes Glück noch einen Tisch in einer Seitennische zu ergattern.
Harry ging zur Theke und holte für alle ein dampfendes Butterbier. Sie diskutierten noch
lange über das eben gesehene, konnten sich jedoch keinen Reim darauf machen.
Es begann schon dunkel zu werden, als sie sich schließlich auf den Weg zurück zur Schule
machten. Sie brachten ihre Einkäufe in die Schlafsäle und gingen gemeinsam in die große
Halle.
Wie an jedem Halloween war die große Halle festlich geschmückt. In der Luft schwebten
hunderte ausgehöhlter Kürbisse und an der Decke flatterten Schwärme von lebenden
Fledermäusen. Der ganze Saal sah zum Gruseln aus.
Harry, Ron und Hermine gingen zu ihren Plätzen, die wie am ersten Schultag mit goldenen
Tellern gedeckt waren.
Kaum hatten sie sich gesetzt füllte sich der Tisch wie von Zauberhand mit einer Vielzahl von
Speisen. Die Platten waren überladen mit Roastbeef, Brathähnchen, Schweine- und
Lammkoteletts, Würsten, Schinken, Steaks, Pellkartoffeln, Bratkartoffeln, Pommes,
Yorkshire-Pudding, Erbsen, Karotten und noch vielem mehr.
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
Harry hatte es schon seit Wochen nicht mehr so gut geschmeckt. Er verdrängte all seine
Sorgen und langte herzhaft zu.
Nach dem Essen blieben die meisten Schüler noch in der Halle und genossen den Abend. Erst
gegen zehn machten sie sich auf den Weg in ihre Gemeinschaftsräume.
Als er den Gemeinschaftsraum erreicht hatte kehrte langsam Harrys Unruhe zurück. In nicht
ganz zwei Stunden würde er Sirius wiedersehen.
Eigentlich hatte er vorgehabt bis dahin noch an dem Aufsatz für Snape weiter zu arbeiten,
aber er war viel zu nervös.
Er setzte sich gemeinsam mit Ron und Hermine in eine Ecke des Gemeinschaftsraums und
sah den beiden bei einer Partie Zauberschach zu. Natürlich gewann Ron haushoch, denn
Hermine war eine katastrophale Schachspielerin.
Ganz langsam leerte sich der Gemeinschaftsraum bis sie schließlich alleine waren.
Um viertel vor zwölf schlich Harry in den Schlafsaal um seinen Tarnumhang zu holen. Dieser
Umhang, der einst seinem Vater gehört hatte, hatte Harry schon mehrmals gute Dienste
erwiesen.
Er verabschiedete sich von Ron und Hermine, die sich nun auch langsam auf den Weg ins
Bett machten, und verließ den Gryffindor-Turm.
Die Korridore der Schule waren wie ausgestorben und Harry kam gut voran. Er hatte bereits
den ersten Stock, in dem sich das Pokalzimmer befand, erreicht, und wollte gerade um die
letzte Ecke biegen, als sich plötzlich eine schwere Hand auf seine Schulter legte.
Harry blieb vor Schreck fast das Herz stehen. Fast im selben Moment zog ihm eine Hand grob
den Tarnumhang vom Kopf und Harry wirbelte herum.
Er blickte in die kalten Augen von Professor Snape. Harry war wie gelähmt.
„Guten Abend Mr. Potter. Darf ich mir die Frage erlauben, was Sie um diese Zeit hier zu
suchen haben?“, fragte er mit kalter Stimme und ein fieses Lächeln machte sich auf seinem
Gesicht breit.
Harry konnte es nicht fassen. Wie hatte Snape ihn sehen können?
Jetzt war alles aus.
Er starrte Snape mit aufgerissenen Augen an.
„Professor Snape, wie ....“, stammelte er. Snape unterbrach ihn schroff.
„Seit ich Ihr kleines Geheimnis kenne, nehme ich jeden Abend, bevor ich meinen Rundgang
mache, einen Schluck meines selbst entwickelten Spectabilis-Tranks. Dieses Serum schärft
die Augen und erlaubt es mir auch unsichtbare Dinge zu sehen.“
Harry starrte Snape immer noch an. Er wusste nicht was er sagen sollte.
Snape fuhr ungerührt fort.
„Da Sie sich einmal mehr über die Schulregeln hinweggesetzt haben, Potter, werde ich
Gryffindor einhundert Punkte abziehen. Außerdem werden Sie eine Strafarbeit verrichten. Die
genaue Strafe werde ich Ihnen noch mitteilen. Diesen Umhang hier werde ich
selbstverständlich konfiszieren.“
Harry wusste nicht was er sagen sollte.
„Aber Professor, ich ....“, versuchte er schließlich sich zu verteidigen, doch er wurde wieder
von einer Stimme hinter ihm unterbrochen.
„Severus!!“
Harry und Snape drehten sich gleichzeitig um.
Vor ihnen stand Sirius Black.
Harry atmete innerlich auf. Sein Pate würde ihn sicher nicht im Stich lassen. Snape starrte
Sirius hasserfüllt an.
„Severus“, wiederholte Sirius, „Harry ist unschuldig, ich habe ihn gebeten mich hier zu
treffen.“
„Sirius Black“, zischte Snape bösartig, „Eigentlich sollte es mich nicht wundern, dass du
hinter so etwas steckst. Schon zu unserer Schulzeit hast du nicht viel von Regeln gehalten.
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
Nichts desto trotz hat Mr. Potter den Turm der Gryffindors verlassen, und dies verlangt eine
Bestrafung.“
Er bedachte Harry mit einem gefährlichen Lächeln.
Sirius atmete tief durch. Es schien ihm sichtlich schwer zu fallen seine Ruhe zu bewahren.
„Ich bitte dich, Severus“, sagte er mit einem leicht gereizten Ton, „das kann doch nicht dein
Ernst sein. Die Probleme, die du mit Peter, Remus, James und mir während unserer Schulzeit
hattest, haben nichts mit Harry zu tun. Also lass deinen Hass auf uns nicht an ihm aus.“
Snape schnaubte giftig und sein Blick wurde noch gefährlicher, als er fortfuhr.
„Das hat nichts mit euch zu tun, Black, mit Potter junior habe ich ganz eigene Probleme. Das
scheint wohl in der Familie zu liegen.“
Sirius atmete abermals tief durch, bevor er wieder sprach.
„Severus, du wirst den Jungen doch wohl für nichts bestrafen, zu dem ich ihn angestiftet
habe?“
Snape machte eine Pause bevor er fortfuhr.
Bei dem nächsten Satz betonte er jede Silbe genüsslich.
„Ich wiederhole: Einhundert Punkte Abzug für Gryffindor, und eine Strafarbeit. Gehen Sie
jetzt zurück in Ihren Gemeinschaftsraum, bevor es zweihundert werden, Potter.“
Harry wollte sich gerade umdrehen um zum Gryffindor-Turm zurück zu kehren, doch Sirius
hielt ihn zurück.
Er machte ein Gesicht, als wollte er Snape gleich an die Gurgel gehen als er fortfuhr.
„Severus, ich muss mit dem Jungen reden es ist wichtig. Ich werde ihn in einer halben Stunde
persönlich wieder in den Turm bringen, das verspreche ich dir.“
Snapes Blick wurde noch finsterer als er zuerst Sirius und dann Harry fixierte.
„Nun gut, aber wenn nicht, werden Sie sich wünschen niemals das Schlossportal überschritten
zu haben, Potter.“
Mit diesen Worten drehte Snape sich um und ließ sie stehen.
Harry fiel seinem Paten um den Hals.
„Oh, Sirius, bin ich froh, dass du da bist. Einhundert Punkte Abzug, das holen wir doch nie
wieder auf. Und er hat Dads Tarnumhang. Wie soll ich den nur wieder bekommen?“
Sirius lächelte und antwortete.
„Ach Harry, am Besten ist es, wenn erst einmal ein bisschen Gras über die Sache wächst.
Wenn er sich wieder beruhigt hat, kriegen wir auch den Umhang zurück. Lass mich das nur
machen. Komm, gehen wir jetzt besser ins Pokalzimmer, bevor noch jemand vorbei kommt.“
Harry und Sirius betraten das Pokalzimmer und schlossen die Tür hinter sich. Sirius zog
seinen Zauberstab aus der Tasche und sagte: „Lumos“.
Ein schwacher Lichtstrahl trat aus der Spitze seines Zauberstabes und tauchte den Raum in
schummriges Licht, das von den unzähligen Pokalen hundertfach reflektiert wurde.
Sirius setzte sich auf einen der Tische und blickte Harry freundlich an.
„Sirius, was gibt es denn so wichtiges, dass du es riskierst hier in die Schule zu kommen? Es
hätte dich noch jemand anders als Snape sehen können, jemand der nicht weiß, dass du
unschuldig bist. Warum hast du nicht Remus geschickt?“
Sirius lächelte und antwortete: „Langsam Harry, eins nach dem anderen. Natürlich hätte auch
Remus dir sagen können was los ist, aber ich wollte lieber selbst mit dir reden. Wenn mich
irgend jemand gesehen hätte, hätten sie nur einen großen, schwarzen Hund gesehen. Den hätte
niemand mit Sirius Black in Verbindung gebracht.“
Harry blickte seinen Paten immer noch erwartungsvoll an.
„Ja, aber was ist denn nun los? Ist etwas passiert?“
Sirius atmete tief durch, bevor er Harry antwortete: „Ja, Harry, es ist etwas geschehen.
Eigentlich wollten wir es dir erst sagen wenn alles unter Dach und Fach ist, als Überraschung
sozusagen, aber es läuft im Moment nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Remus hat
nach dem Besuch bei deinem Onkel und deiner Tante die Vormundschaft für dich vor dem
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
Zaubereiministerium beantragt. Er hat behauptet er sei dein Pate und wollte so verhindern,
dass die Dursleys ihm zuvor kommen. Daraufhin hat das Ministerium den Dursleys
geschrieben und sie gefragt, ob sie ebenfalls Anspruch auf die Vormundschaft erheben. Sie
haben diese Frage bejaht.“
Harry starrte Sirius mit offenem Mund an.
„WAS? Und was bedeutet das?“, fragte er fassungslos.
„Das bedeutet“, fuhr Sirius langsam fort, „dass nun das Ministerium entscheiden wird, bei
wem du zukünftig leben wirst. Falls Remus gewinnt, kannst du künftig für immer bei uns
bleiben. Ich hätte die Vormundschaft ja gerne selbst beantragt, aber das geht natürlich nicht.
Falls allerdings die Dursleys Erfolg haben sollten, könnten sie dir den weiteren Besuch von
Hogwarts untersagen.“
„NEIN!!“
Harry war entsetzt.
„Harry, reg dich nicht auf, es ist noch nichts entschieden. Das Ministerium macht sich solche
Entscheidungen nicht leicht, vor allem wenn Muggel darin verwickelt sind. Sie haben zur Zeit
sehr viel zu tun, aus diesem Grund wird es erst nächstes Jahr eine erste Anhörung geben. Bis
dahin können wir gar nichts machen. Ich wollte nur, dass du so früh wie möglich darüber
Bescheid weißt.“
Harry nickte langsam.
In seinem Kopf begann sich alles zu drehen.
Sirius bemerkte die Verwirrung seines Patenkindes und legte seine Hände auf Harrys
Schultern.
„Du kannst mir glauben, wir werden alles unternehmen um zu gewinnen. Professor
Dumbledore hat mir jede nur erdenkliche Hilfe zugesagt. Mit seiner Unterstützung haben wir
gute Chancen.“
Harry nickte wieder. Er wusste nicht was er antworten sollte, sein Kopf war völlig leer.
Lange Zeit standen sie so da und sprachen kein Wort.
Schließlich brach Sirius die Stille.
„Harry, ich muss dich jetzt wieder zurück zum Gryffindor-Turm bringen bevor Severus
zurückkommt.“
Er erhob sich und schob Harry vor sich her durch die Tür. Als sie das Portrait der fetten Dame
erreicht hatten nahm Sirius seinen Paten zum Abschied noch einmal in die Arme.
„Wir bleiben auf alle Fälle in Kontakt, Harry. Mach dir nicht zu viele Sorgen. Es wird nichts
so heiß gegessen, wie es gekocht wird.“
Harry verabschiedete sich von seinem Paten, sagte das Passwort und ging in den
Gemeinschaftsraum. Der Raum war leer.
Harry setzte sich in einen Sessel vor dem Kamin, starrte in die Glut, und versank in seine
Gedanken.
Erst viele Stunden später, kurz vor dem Morgengrauen ging er in den Schlafsaal und legte
sich in sein Bett um ein wenig zu schlafen.
Die nächsten Tage war Harry vollauf damit beschäftigt seinen Aufsatz anzufertigen. Er wollte
Snape auf keinen Fall noch einen Grund geben ihm eines auszuwischen.
Es fiel ihm schwer sich zu konzentrieren, zu viel ging ihm durch den Kopf.
Was, wenn die Dursleys das Sorgerecht für ihn zugesprochen bekämen, was, wenn er nicht
mehr nach Hogwarts gehen durfte?
Und was führte Draco Malfoy im Schilde?
Seine Gedanken schweiften immer wieder ab, aber es half nichts, wenn er den Aufsatz nicht
bis Dienstag Abend fertig bekam würde Snape ihm sicherlich den Kopf abreißen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
Von den Gryffindors störte niemand Harry bei seiner Arbeit. Ein paar seiner Hausgenossen
hatten direkt am Morgen nach Harrys verbotenem Ausflug vom schwarzen Brett erfahren,
dass Gryffindor einhundert Punkte abgezogen worden waren.
Zuerst hatten alle gedacht, dass es sich hierbei nur um einen Fehler handeln konnte, doch
nachdem Jessica Lucas, eine Vertrauensschülerin, bei Professor McGonagall nachgefragt
hatte, war für alle klar, wem sie diesen Punktverlust zu verdanken hatten.
Die Hauslehrerin der Gryffindors konnte zwar selbst nicht sagen, warum diese Punkte
abgezogen wurden, hatte aber die Richtigkeit des Punktestands bestätigt.
Seitdem wurde Harry von seinen Hausgenossen fast vollständig ignoriert. Einige warfen ihm
finstere Blicke zu oder zischten irgend etwas boshaftes, wenn sie an Harry vorbei gingen.
Harry versuchte ihre gehässigen Beleidigungen so gut es ging zu überhören. So hatte er
wenigstens Zeit sich um seine Arbeit zu kümmern.
Nur Ron und Hermine versuchten mehrmals mit Harry zu reden, doch er blockte sie immer
wieder ab.
Er hatte ihnen zwar erzählt was in der Nacht von Halloween vorgefallen war, doch er wollte
nicht weiter darüber sprechen.
Die nächsten Stunden ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ und ‚Zaubertränke‘ am
Montag und Dienstag verliefen ohne Zwischenfälle.
Snape bedachte Harry mit einigen giftigen Blicken, sagte aber kein Wort. Das war gar nicht
gut, dachte Harry.
Den kompletten Dienstag Nachmittag war Harry damit beschäftigt den Aufsatz zu vollenden.
Um kurz vor sieben schrieb er die letzten Worte auf das Pergament: es waren sechzehn
Seiten, eine mehr als Snape gefordert hatte.
Harry packte zufrieden die Seiten zusammen und machte sich auf den Weg zu Snape.
Professor Snape erwartete ihn bereits.
„Guten Abend, Mr. Potter“, begrüßte er Harry mit öliger Stimme.
„Ich hoffe Sie hatten bei Ihren ausgedehnten Freizeitaktivitäten noch Zeit für die wichtigen
Dinge?“
Harry versuchte seinen Ärger hinunter zu schluckten und Snapes Anspielung zu überhören.
„Hier ist es, Sir“, knurrte er statt dessen und reichte Snape die Pergamente.
Snape ignorierte Harrys gereizten Tonfall, nahm den Aufsatz in Empfang und bedeutete Harry
sich zu setzen.
Harry ging zu seinem Platz und setzte sich. Snape begab sich zu seinem Pult, machte es sich
in seinem Stuhl bequem und begann den Aufsatz zu lesen.
Harry rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. Hoffentlich hatte Snape nicht zu viel
daran auszusetzen.
Es dauerte beinahe eine halbe Stunde bis Snape von seiner Lektüre aufsah. Er fixierte Harry
und blickte ihn kalt an.
„Wie ich sehe waren meine Bemühungen nicht ganz umsonst. Scheinbar haben Sie
wenigstens ein paar Details behalten“, sagte er selbstgefällig.
„2 Punkte für Gryffindor.“
Harry sprang von seinem Platz auf.
„Aber Professor, Sie....“, begann er aufgebracht.
Snape brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
Harry sah Snape hasserfüllt an.
„Mr. Potter“, sagte Snape mit seiner öligen Stimme, „ich sagte nicht, dass ich diese Punkte
von Gryffindor abziehe, wenn Sie es allerdings wünschen ... ?“
Harrys Hass wich der Überraschung.
Snape hatte soweit er wusste noch nie einem anderen Haus als Slytherin Punkte gegeben.
„Danke, Professor“, stammelte er und sank auf seinen Platz zurück.
Snape ignorierte Harrys Dank und fixierte ihn wieder kalt.
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
Als er weiter sprach war seine Stimme noch öliger, und ein fieses Lächeln machte sich wieder
auf seinem Mund breit.
„Ich denke, Mr. Potter, wir haben noch eine Kleinigkeit zu bereden. Ich glaube mich daran zu
erinnern, dass noch eine Strafarbeit ausstand?“
Dies war eindeutig keine Frage und Harry hielt es für besser nicht zu antworten.
„Mein Klassenraum für Zaubertränke hätte einmal wieder eine gründliche Reinigung nötig.
Ich finde, Sie könnten das nächsten Freitag Abend erledigen.“
Harry dachte mit Grauen an den Kerker.
Überall an den Wänden hingen dicke Spinnweben und der Boden und die Tische waren dick
verkrustet von verspritzten Tränken. Das würde sicherlich die halbe Nacht dauern, und am
Samstag war das erste Quidditch-Spiel der Saison: Gryffindor gegen Slytherin.
„Äh, Professor, entschuldigen Sie bitte, aber am Samstag haben wir ein Quidditch-Spiel, und
wenn ich da nicht ausgeschlafen bin ...., ähm, vielleicht könnte ich das an einem anderen Tag
erledigen?“, fragte Harry vorsichtig.
Wenn er bis spät in die Nacht den Kerker schrubbte standen seine Chancen am nächsten Tag
nicht gerade rosig in Topform zu sein und den goldenen Schnatz vor dem Sucher der
Slytherin-Mannschaft zu fangen, und das war ausgerechnet Draco Malfoy.
Snapes Augen verengten sich zu gefährlichen Schlitzen als er Harry bedrohlich antwortete.
„Mr. Potter, es ist mir neu, dass der Delinquent Zeitpunkt und Art der Strafe bestimmt.“
„Aber das ist nicht fair!“, ereiferte sich Harry.
Snape blickte ihn verächtlich an.
„Ich würde mir an Ihrer Stelle genau überlegen, was sie sagen. Gryffindor hat immer noch ein
paar Punkte übrig, die ich mit Vergnügen abziehen kann. Wenn Sie am Freitag Abend nicht
pünktlich um acht Uhr im Kerker erscheinen, werde ich persönlich dafür sorgen, dass dies das
letzte Quidditch-Spiel ist, das Sie bestreiten. Ein Wort von mir zu Professor McGonagall über
Ihre nächtlichen Ausflüge, und Sie werden ein für alle mal von der Mannschaft
ausgeschlossen.“
Harry schluckte. Professor McGonagall war zwar die Hauslehrerin von Gryffindor, und stets
darauf bedacht, dass ihre Mannschaft gute Chancen auf den Pokal hatte, aber sie war auch
sehr streng, und hatte sicher genauso wenig Verständnis für Harrys Regelverstoß wie Snape.
Außerdem konnte Harry ihr schlecht sagen, warum er mitten in der Nacht den GryffindorTurm verlassen hatte, denn sie wusste nichts von seiner Beziehung zu Sirius.
Für sie war Sirius Black nur ein gewöhnlicher, entflohener Verbrecher.
Harry nickte stumm.
„Dann können wir ja fortfahren“, sagte Snape kalt.
Die nächsten Stunden bombardierte er Harry wieder mit Fakten und Zahlen bis ihm der Kopf
rauchte.
Es war schon kurz vor Mitternacht als Snape ihn endlich entließ.
Am nächsten Morgen erzählte Harry wie immer alle Vorkommnisse des Vorabends seinen
Freunden.
„Das ist doch volle Absicht, dass er dich ausgerechnet einen Abend vor dem Spiel gegen
Slytherin antreten lässt“, ereiferte sich Ron, „Das ist nicht fair. Er weiß ganz genau, dass
Malfoy keine Chance gegen dich hat, wenn du fit bist. Vielleicht solltest du einfach nicht
hingehen.“
„Ron, es hat keinen Sinn sich darüber aufzuregen“, sagte Harry trocken, „Wenn ich nicht
erscheine, erzählt er alles Professor McGonagall. Sie weiß nichts von Sirius und mir, also
wird sie nie im Leben verstehen, weshalb ich nachts durch die Schule geschlichen bin.“
Ron war immer noch außer sich.
„Aber das ist unfair“, rief Ron aufgebracht, „Hermine, sag doch auch mal was.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
Hermine hatte den beiden Jungs die ganze Zeit still zugehört und kein Wort gesagt.
Nun blickte sie Harry an und sagte: „Komm mit!“
„Was? Wohin?“, fragte Harry verwirrt.
„Komm mit!“, wiederholte Hermine nachdrücklich.
Harry starrte sie nur an. Was hatte sie vor? Wollte sie ihn etwa zu Snape schleifen um ihn zu
überzeugen, dass er an einem anderen Tag die Strafarbeit erledigen konnte? Das war
Wahnsinn.
„Jetzt komm schon“, sagte Hermine leicht ärgerlich und zog Harry mit sich in Richtung
Portrait-Loch.
„Hey, und was ist mit mir?“, fragte Ron leicht eingeschnappt.
„Wir sind gleich wieder da, wir treffen uns beim Frühstück“, antwortete Hermine ihm
ungerührt über ihre Schulter.
Harry folgte Hermine widerstrebend durch das Portrait-Loch. Nach einiger Zeit merkte Harry,
wo Hermine ihn hin schleifen wollte.
„Was wollen wir denn in der Bibliothek?“, fragte er ratlos.
„Wart’s ab“, antwortete sie geheimnisvoll.
In der Bibliothek angekommen ging Hermine schnurstracks in die Abteilung für ‚Magische
Tränke‘. Sie holte zielsicher ein dickes, sehr altes Buch aus dem Regal.
„Das hatte ich mir vor ein paar Wochen ausgeliehen, zum Entspannen“, sagte sie, „ich glaube
da steht etwas drin, das dir helfen kann.“
Sie suchte einige Minuten, bis sie die gewünschte Seite gefunden hatte.
„Hier“, sagte sie stolz, und deutete auf die vergilbte Seite des Buches.
„Was ist das?“, fragte Harry leicht überfordert.
„Na ein Munterkeitstrank“, antwortete Hermine ausgelassen.
„Wenn du den vor Beginn des Spiels trinkst, ist es egal ob du die Nacht davor geschlafen
hast, oder nicht. Lass mal sehen, was wir dafür brauchen: Krötenaugen, Spinnenbeine,
Arneskraut, Fervefacus-Schuppen und eine Tareswurzel.“
„Toll“, sagte Harry, „und wo glaubst du, sollen wir Fervefacus-Schuppen und Tareswurzeln
her kriegen? So etwas gibt es im Schülervorrat nicht.“
„Na ja“, antwortete Hermine ungerührt, „wegen der Schuppen werden wir morgen zusammen
Hagrid besuchen, und uns erkundigen, wie es seinen Lieblingen geht. Wenn er mich an die
Fische ran lässt kriege ich schon diese Schuppen.“
„Okay“, sagte Harry, „aber woher sollen wir denn Tareswurzeln kriegen?“
Hermine lächelte ihn wieder vielsagend an.
„Hm, du bist doch am Freitag Abend direkt neben Snapes Arbeitszimmer....“
Harry blickte Hermine fassungslos an.
Er konnte nicht glauben was sie da vorschlug.
„Bist du verrückt?“, rief er, „wenn Snape mich erwischt bin ich tot!!“
„Schrei doch nicht so, sonst hört dich noch jemand“, zischte sie.
Harry schüttelte entgeistert den Kopf. Er brauchte einen Moment um Hermines Vorschlag zu
verdauen.
„Hermine“, sagte er schließlich resignierend, „wir haben wirklich keinen guten Einfluss auf
dich.“
Nach dem Frühstück machten Harry, Ron und Hermine sich auf den Weg zu ‚Zauberkunst‘
bei Professor Flitwick.
Der kleine Lehrer stand wie immer auf einem großen Stapel Bücher und erklärte der Klasse
mit erhobenem Zauberstab was sie heute vor hatten.
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
„Heute werden wir den Verschwindezauber üben. Es handelt sich hierbei um einen recht
komplizierten Spruch, der sehr sorgfältig ausgeführt werden muss. Das Handgelenk muss
dabei ganz locker kreisen, nur nicht verkrampfen, seht ihr, so.“
Professor Flitwick ließ seinen Zauberstab demonstrativ kreisen.
„Der Zauberspruch lautet ‚discendo‘. Ich werde es euch einmal demonstrieren.“
Er deutete mit seinem Zauberstab auf eine braune Aktentasche, die sich auf seinem
Schreibtisch befand, schwenkte den Zauberstab und sagte: „Discendo“.
Es ertönte ein leises PLOP und die Aktentasche löste sich in Luft auf.
Ein leises, anerkennendes Raunen ging durch die Klasse.
„Hey, den muss ich mir merken, wenn Mum wieder nörgelt, dass ich mein Zimmer
aufräumen soll“, flüsterte Ron Harry und Hermine zu. Harry grinste.
Professor Flitwick wartete noch einen Moment, dann schwenkte er erneut seinen Zauberstab
und sagte: „Apparo“.
Mit einem leisen PLING tauchte die Aktentasche genau an der Stelle wieder auf, wo sie sich
zuvor befunden hatte. Erneut ging ein Raunen durch den Raum.
„So“, fuhr Professor Flitwick fort, „nun habt ihr auch gesehen, wie man die verzauberten
Gegenstände wieder auftauchen lässt. Die Bewegung mit dem Zauberstab ist die selbe, nur
die Formel ist anders.“
Professor Flitwick kletterte von seinem Bücherstapel herunter, holte ein paar Kerzen aus
seinem Schreibtisch und verteilte sie an die Schüler.
„Wir werden das nun alle einmal praktisch üben. Aber ich muss euch warnen, wendet diesen
Zauber nicht auf eure Mitschüler an. Dieser Spruch ist nur für leblose Dinge gedacht.
Konstantin der Komische hat vor mehr als zweihundert Jahren einmal seinen Vater
verschwinden lassen, und er ist bis heute nicht wieder aufgetaucht.“
Die Schüler holten ihre Zauberstäbe heraus und bald war das Klassenzimmer erfüllt von
leisem Gemurmel.
Nur selten war ein PLOP oder ein PLING zu hören, denn nur wenige Schüler schafften es auf
anhieb ihre Kerze verschwinden zu lassen.
Natürlich war Hermine eine der ersten, der es gelang doch nach einigen anfänglichen
Problemen schafften auch Ron und Harry es ihre Kerzen verschwinden und wieder
auftauchen zu lassen.
Professor Flitwick ging durch die Klasse, blieb bei jedem Schüler kurz stehen und erteilte wo
es nötig war ein paar Korrekturen.
Die meisten Schüler schafften es nach einigen Tipps von Professor Flitwick ihre Kerze
verschwinden und wieder auftauchen zu lassen, nur Neville schwang immer noch hilflos
seinen Zauberstab wie ein Dirigent durch die Luft und rief immer wieder: „Diszento“.
Professor Flitwick, der Nevilles Probleme bemerkt hatte ging zu ihm.
„Nein, nein, Neville“, sagte er, „es heißt ‚discendo‘, und nicht so verkrampfen. Ja, so ist es
schon besser.“
Neville starrte Professor Flitwick an. Es wusste aus Erfahrung, dass die meisten Lehrer nach
kurzer Zeit mit ihm die Geduld verloren, und seine Hand, in der er den Zauberstab hielt
begann leicht zu zittern.
„Na los, versuch es noch einmal“, sagte Flitwick freundlich, der Nevilles Unsicherheit nicht
zu bemerken schien.
Neville richtete seinen Blick wieder auf die Kerze und versuchte sich zu konzentrieren. Seine
Hand begann noch stärker zu zittern und er hatte große Mühe exakt auf die Kerze vor ihm zu
zielen.
Professor Flitwick trat noch einen Schritt näher an Nevilles Tisch heran.
Neville richtete seinen Zauberstab auf die Kerze und sagte mit zitternder Stimme: „Dis – dis –
discendo“.
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
Ein leises PLOP ertönte, doch die Kerze stand immer noch genau am selben Fleck wie zuvor.
Neville senkte enttäuscht den Blick.
„Neville, um Gottes Willen, was hast du gemacht?“, riss Seamus Finnigan ihn aus seiner
Enttäuschung.
Neville hob den Blick und sah sich nach Seamus um.
„Wieso?“, fragte er ihn, und sah ihn verständnislos an.
Neben Seamus waren Harry, Ron und Parvati aufgesprungen, und auch Hermine schien ihn
anzustarren.
„Was hast du mit Flitwick gemacht?“, fragte Seamus aufgeregt.
Neville blickte verwirrt von einem zum anderen, dann wandte er sich wieder nach vorne, zu
der Stelle, an der eben noch Professor Flitwick gestanden hatte, aber der Platz war leer.
Professor Flitwick war verschwunden.
Neville quiekte entsetzt.
Ron und Parvati waren inzwischen nach vorne zu Neville geeilt.
„Neville, du hast ihn doch nicht etwa verschwinden lassen?“, fragte Parvati ihn entsetzt.
Neville sah sich immer noch verwirrt um, dann stammelte er unsicher: „Ich, ich ... ich weiß
nicht, ich ... meine Hand hat so gezittert, vielleicht .... ich weiß nicht.“
„Neville, du Idiot“, rief Ron und starrte ihn an.
„Keine Panik“, rief Hermine, und versuchte ihre aufgebrachten Mitschüler zu beruhigen.
Sie bahnte sich einen Weg durch ihre aufgeregt durcheinander laufenden Klassenkameraden
zu Neville, atmete einmal tief durch und sagte dann besonnen: „Ganz ruhig, Neville, wenn du
ihn verschwinden lassen konntest, werden wir ihn einfach wieder auftauchen lassen. Richte
deinen Zauberstab auf die Stelle, an der Flitwick gestanden hat, und sprich den Gegenzauber.“
Neville tat wie ihm geheißen und sagte unsicher: „Apparo“.
Nichts passierte.
Der Geräuschpegel in der Klasse wurde noch lauter. Alle riefen aufgeregt durcheinander,
keinen Schüler hielt es mehr auf seinem Platz.
Nun richtete Hermine ihren Zauberstab auf die Stelle an der Flitwick verschwunden war und
sprach entschlossen den Gegenzauber, doch auch ihr gelang es nicht den Lehrer wieder
erscheinen zu lassen.
„RUHE!“, ertönte plötzlich eine energische Stimme, und schlagartig trat Ruhe ein.
Professor McGonagall hatte in dem Durcheinander unbemerkt das Zimmer betreten und stand
nun mit wütend funkelnden Augen vor der Klasse.
„Was geht hier vor?“, fragte sie ärgerlich, und schien dabei jeden einzelnen Schüler mit ihren
Blicken zu durchbohren.
Sofort riefen alle Schüler wieder aufgeregt durcheinander um der Lehrerin zu erklären was
vorgefallen war.
„RUHE!“, rief Professor McGonagall erneut, und die Schüler verstummten.
„Gehen Sie alle auf ihre Plätze, sofort“, sagte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch
zuließ.
Widerstrebend gingen alle zu ihren Plätzen.
„Solch ein Durcheinander habe ich selten erlebt. Sie enttäuschen mich zutiefst. Das hätte ich
nie von Mitgliedern meines Hauses erwartet“, entrüstete sie sich.
„Miss Granger“, sagte Professor McGonagall nun etwas ruhiger, „erklären Sie mir bitte was
hier vorgeht.“
Hermine berichtete der Lehrerin kurz was vorgefallen war, während Professor McGonagall
zuerst Hermine, und dann Neville fassungslos anstarrte.
Neville war auf seinem Stuhl zusammengesunken und sah aus wie ein Häufchen Elend.
Nachdem Hermine geendet hatte schien Professor McGonagall einen Moment zu überlegen,
dann sagte sie in gezwungen ruhigem Ton: „Sie gehen nun alle in ihren Gemeinschaftsraum
bis Ihre nächste Unterrichtsstunde beginnt. Ich werde Professor Dumbledore informieren,
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
vielleicht weiß er, was zu tun ist. Und machen Sie nicht solch einen Lärm auf den Weg in den
Gryffindor-Turm, in den anderen Klassenräumen findet noch Unterricht statt.“
Die Schüler packten ihren Sachen zusammen und verließen in gedrückter Stimmung den
Raum.
Als Neville die Tür erreicht hatte rief Professor McGonagall ihm nach: „Longbottom, Sie
kommen mit mir. Ich denke Professor Dumbledore möchte noch einmal genau wissen, was
passiert ist.“
Neville quiekte entsetzt, blieb jedoch stehen und wartete mit gesenktem Blick, bis der letzte
Schüler den Raum verlassen hatte.
Die Gryffindors gingen gemeinsam in ihren Gemeinschaftsraum, auf dem Weg dorthin sagte
niemand ein Wort.
Als sie schließlich das Portrait-Loch hinter sich gelassen hatten und im Schutze des
Gryffindor-Turms waren wurde es wieder laut. Alle riefen und schrieen durcheinander, die
wildesten Spekulationen wurden laut, wie Dumbledore Neville wohl bestrafen würde und ob
die Lehrer es wohl schaffen würden Professor Flitwick wieder auftauchen zu lassen.
Bei jedem Geräusch, das von draußen kam wandten sich alle Blicke in Richtung des PortraitLochs, denn sie warteten ungeduldig auf die Rückkehr von Neville.
„Ich glaube nicht, dass sie Neville bestrafen“, sagte Hermine entschieden zu Ron und Harry.
Die drei hatten es sich auf den Sesseln vor dem Kamin gemütlich gemacht, und diskutierten
ebenso aufgeregt wie ihre Klassenkameraden.
„Ja, ich denke, dass Dumbledore einfach nur wissen will, was genau vorgefallen ist“, stimmte
Harry ihr zu.
Ron war sich da nicht so sicher.
„Vielleicht werfen sie ihn ja von der Schule“, mutmaßte er.
„Ron“, sagte Hermine entsetzt und starrte ihn an, „es war ein Unfall, so etwas würde
Professor Dumbledore niemals machen.“
„Ein Unfall, sagst du?“, wiederholte Ron nachdenklich, und ein Grinsen machte sich auf
seinem Gesicht breit, „meint ihr, so ein Unfall könnte noch einmal in ‚Zaubertränke‘
passieren?“
Auch Harry musste grinsen. Hermine starrte die beiden Jungs nur entsetzt an.
„Ob Neville bald kommt?“, fragte Ron und versuchte Hermines fassungslosen Blick zu
ignorieren.
„Ich hoffe es“, antwortete Harry und sah in Richtung Tür.
Doch Neville kam nicht.
Auch in ‚Geschichte der Zauberei‘ erschien er nicht.
Erst nach dem Mittagessen kam Neville von Professor Dumbledore zurück. Seinen Augen
waren rot und glitzerten von Tränen.
Seine Klassenkameraden stürzten auf ihn zu und löcherten ihn mit Fragen.
„Haben sie dich von der Schule geworfen?“, fragte Dean Thomas.
„Wie haben sie dich bestraft?“, fragte Lavender Brown.
„Haben sie es geschafft Flitwick wieder her zu zaubern?“, fragte Ron.
Neville schüttelte nur den Kopf.
Schließlich rief Harry: „Lasst ihn doch mal zu Wort kommen.“
Einige nickten zustimmend, und die Fragen verebbten.
„Was ist nun, Neville?“, fragte Hermine, und blickte ihn erwartungsvoll an.
Neville wischte sich die letzten Tränen aus den Augen und sagte dann mit immer noch
tränenerstickter Stimme: „Sie haben mich nicht bestraft, ich musste Professor Dumbledore
immer wieder erzählen was genau passiert ist, dann sind wir in Flitwicks Klassenzimmer, und
Professor McGonagall und Professor Dumbledore haben versucht ihn wieder auftauchen zu
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Harry Potter und das Auge des Ares
5. Besuch an Halloween
lassen, aber sie haben es nicht geschafft. Schließlich haben sie gesagt ich solle in den
Unterricht gehen, sie würden wohl noch etwas brauchen.“
Alle starrten Neville an.
Wenn Dumbledore es nicht schaffte Flitwick wieder auftauchen zu lassen, wer sollte es dann
schaffen?
Der Rest des Unterrichtstages verging quälend langsam und keiner der Gryffindors konnte
sich auf den Unterrichtsstoff konzentrieren. Zu Harrys Leidwesen hatten sie an diesem
Nachmittag ausgerechnet ‚Wahrsagen’.
Beim Abendessen warfen alle verstohlene Blicke zum Tisch der Lehrer, doch weder Professor
Dumbledore, noch Professor McGonagall oder Professor Flitwick saßen dort.
Die Neuigkeit, was sich an diesem Morgen in ‚Zauberkunst‘ der fünften Klasse zugetragen
hatte, hatte sich wie ein Lauffeuer in der großen Halle verbreitet.
Alle spekulierten, ob sie Professor Flitwick jemals wiedersehen würden. Besonders die
Schüler des Hauses Ravenclaw waren sehr bestürzt, denn Flitwick war ihr Hauslehrer. Was,
wenn er nie mehr auftauchen würde?
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
6. Gryffindor gegen Slytherin
Am nächsten Nachmittag, nach der letzten Stunde, machten sich Harry, Ron und Hermine auf
den Weg zu Hagrid.
Harry hatte bereits ein schlechtes Gewissen, weil sie Hagrid in diesem Schuljahr bis jetzt
noch kein einziges Mal besucht hatten. Sie waren schlichtweg einfach noch nicht dazu
gekommen.
Als sie die Hütte erreicht hatten klopften sie an Hagrids Tür. Er öffnete sofort.
„Hallo Ihr drei, schön, dass ihr mich endlich mal besuchen kommt. Dachte schon ihr hättet
den alten Hagrid vergessen. Kommt rein.“
Harry, Ron und Hermine betraten die gemütliche Hütte.
Im Kamin prasselte ein Feuer und Fang, der Saurüde räkelte sich schläfrig vor Hagrids
riesigem Bett.
„Wollt ihr’n Tässchen Tee?“, fragte Hagrid.
„Klar, gerne“, antwortete Ron sofort.
„Ich hab grad gestern ein paar Kekse gebacken, da könnt ihr auch welche haben“, sagte
Hagrid und holte eine große Schachtel mit Keksen aus dem Schrank.
Harry nahm gehorsam einen Keks. Hagrid war nicht gerade für seine Backkünste bekannt,
normalerweise waren seine Kekse immer steinhart. Auch Ron und Hermine bedienten sich
höflich, sie wollten Hagrid schließlich nicht beleidigen.
Während Hagrid einen Kessel mit Wasser aufsetzte stand Hermine auf und holte Teetassen
aus dem Schrank. Dann setzten sie sich um ein wenig zu plaudern.
Nachdem sie ihren Tee getrunken hatten sagte Hermine: „Hagrid, darf ich mir noch mal deine
Fervefacus-Fische anschauen? Ich habe das mit dem Füttern noch nicht so ganz verstanden,
und wenn das in der Jahresabschlussprüfung drankommt, dann .... Oh bitte, darf ich das noch
mal probieren?“
Hagrid strahlte. Es kam selten vor, dass die Schüler soviel Interesse an seinen Geschöpfen
zeigten.
„Klar, Hermine, hier haste noch ein paar Algen. Wenn’s Probleme gibt ruf einfach, dann helf
ich dir“, sagte er freundlich.
Bei diesen Worten erhob er sich, und holte ein paar Algen aus seiner Kommode. Er drückte
sie ihr in die Hand und Hermine verließ die Hütte.
Harry blickte Ron vielsagend an. Ron dachte wohl das Gleiche wie er: sie hatten wirklich
keinen guten Einfluss auf Hermine, sie log Hagrid an ohne auch nur einmal mit der Wimper
zu zucken. Das war nicht zu fassen.
Harry und Ron tranken noch eine Tasse Tee und unterhielten sich weiter mit Hagrid. Hagrid
berichtete, dass er in den Sommerferien viel unterwegs gewesen war um neue Geschöpfe für
den Unterricht zu besorgen, doch er wollte den beiden nicht verraten, was es für Tiere waren.
Er schien sehr stolz auf seine Neuentdeckungen zu sein. Außerdem hatte er mit Madame
Maxime die Dörfer der Riesen besucht. Leider hatten diese wenig Interesse an einer
Kooperation gezeigt. Sie wollten lieber für sich bleiben. Da sie ziemlich abweisend gewesen
waren, war zu hoffen, dass sie auch Lord Voldemort zukünftig nicht unterstützen würden.
Trotz allem schien Hagrid aber ein paar sehr angenehme Wochen mit Madame Maxime
verbracht zu haben.
Nach einer Weile fragte Harry: „Haben Professor Dumbledore und Professor McGonagall es
mittlerweile eigentlich geschafft Flitwick wieder auftauchen zu lassen?“
Hagrid schüttelte traurig den Kopf.
„Nein, bis jetzt noch nicht, Professor McGonagall hat die halbe Nacht in der Bibliothek
verbracht und hat nach einem wirksamen Zauberspruch gesucht, aber ohne Erfolg. Professor
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
Dumbledore hat heute morgen am Lehrertisch erzählt, dass er einen Fachmann für
‚Zauberkunst‘ im Ministerium kontaktieren wollte, um ihn um Rat zu fragen.“
Ron blickte Hagrid fragend an.
„Dann muss er aber ziemlich verzweifelt sein, wenn er das Ministerium um Hilfe bittet“,
sagte er. Hagrid nickte.
„Das kannst du wohl sagen. Sah heute morgen gar nicht gut aus, der Direktor. Hat kein Auge
zu gemacht, vor lauter Sorge um Professor Flitwick.“
Harry und Ron nickten verständnisvoll, sagten jedoch nichts mehr.
Eine viertel Stunde später betrat Hermine wieder die Hütte. „Na, hat’s geklappt?“, fragte
Hagrid interessiert.
„Ja, war überhaupt kein Problem. Sind echt nette Fische“, antwortete Hermine.
Die drei blieben noch eine halbe Stunde bei Hagrid, dann machten sie sich wieder auf den
Weg zur Schule.
„Hast du die Schuppen?“, fragte Harry, als sie das Schlossportal erreicht hatten.
„Klar“, antwortete Hermine, griff unter ihren Umhang und zog fünf schimmernde
Fischschuppen hervor.
„War ganz einfach, die Fische schienen großen Hunger zu haben und kamen sofort
angeschwommen.“
Ron schüttelte den Kopf.
„Wirklich Hermine, du wirst uns immer ähnlicher.“
Hermine grinste.
„Soll das etwa ein Kompliment sein?“, fragte sie leicht entrüstet und zwinkerte Harry mit
einem verschmitzten Lächeln zu.
Am Freitag Abend um kurz vor acht machte Harry sich auf den Weg zum Kerker, in dem sie
‚Zaubertränke‘ hatten.
Er betrat den düsteren Raum und schaute sich um. Snape war nirgends zu sehen, doch auf der
anderen Seite, direkt neben der Tafel, stand eine Tür einen Spalt breit offen.
Harry wusste, dass dies die Tür zu Snapes Arbeitszimmer war.
Seit eines kleinen Zwischenfalls, bei welchem Professor Snape einige Zaubertrank-Zutaten,
die für die Herstellung des Vielsaft-Trank benötigt wurden, abhanden gekommen waren, war
sie immer verschlossen, vor allem während des Unterrichts. So wollte er verhindern, dass die
Schüler sich noch einmal an seinem persönlichen Vorrat bedienten.
Harry ging langsam auf die Tür zu. Vielleicht war das schon seine Chance.
Vorsichtig griff er nach der Tür, um sie zu öffnen, als diese abrupt von innen aufgestoßen
wurde. Snape baute sich drohend vor Harry auf.
„Guten Abend, Mr. Potter“, sagte er mit einem eisigen Lächeln.
„Sie wollten sich doch nicht etwa an meinen Privatgemächern zu schaffen machen?“
Ohne eine Antwort abzuwarten fuhr er fort: „Machen Sie sich an die Arbeit, ich bin in
meinem Arbeitszimmer.“
Harry wollte sich umdrehen um den Putzeimer zu holen, doch Snape hielt ihn mit einer
kurzen Handbewegung zurück.
Er fixierte Harry und sagte in leicht drohendem Tonfall: „Ich behalte Sie im Auge, Potter.“
Dann drehte er sich endgültig um und ging zurück zu seinem Schreibtisch. Er ließ die Tür
halb offen, so dass er von seinem Platz aus fast den gesamten Klassenraum überblicken
konnte.
Harry seufzte leise und holte die Putz-Utensilien aus einem Schrank in der Ecke.
Er blickte sich angeekelt in dem düsteren Klassenraum um, und überlegte, mit was er am
besten anfangen sollte.
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
Alles war völlig verdreckt, die Wände waren voller Spinnweben, die Tische waren verklebt
mit dicken Krusten und der Fußboden war bedeckt mit verspritzen Zaubertränken. Die
steinerne Decke des Kerkers war an den Stellen, wo die stinkenden Fackeln hingen, übersät
mit schwarzen Brandflecken.
Harry nahm einen Staubwedel und machte sich zuerst an das Entfernen der Spinnweben, die
überall an der Decke und in den Ecken hingen. Es war eine mühselige Arbeit, Harry hatte das
Gefühl, dass dieser Klassenraum seit Jahren nicht mehr geputzt worden war.
Es war bereits über eine Stunde vergangen, als er endlich die letzten Spinnweben beseitigt
hatte. Als nächstes würde er sich die verklebten Tische vornehmen.
Während er einen Putzlappen holte, spähte er vorsichtig durch die Tür am hinteren Ende des
Raums. Snape saß an seinen Schreibtisch und las konzentriert in einem alten Buch.
Harry fluchte leise. So würde das nie funktionieren.
Wie sollte er an Snapes Vorratsschrank herankommen, wenn dieser die ganze Zeit in seinem
Büro saß?
Gerade als Harry sich über den ersten Tisch gebeugt hatte wurde plötzlich die Vordertür des
Klassenraums aufgerissen und Professor Sprout stürzte an ihm vorbei.
Ihre Haare standen in alle Richtungen ab und ihr Gesicht war ruß verschmiert. Irrte Harry
sich, oder kamen der Kräuterkunde-Lehrerin tatsächlich kleine Rauchwölkchen aus den
Ohren? Sie bemerkte ihn überhaupt nicht, sondern rannte kopflos in Richtung von Snapes
Arbeitszimmer.
„Professor, Professor“, rief sie keuchend.
Harry sah, wie Snape von seinem Stuhl aufsprang und auf Professor Sprout zueilte.
„Was ist los Professor Sprout, ist etwas passiert?“, fragte er leicht irritiert.
„Professor Snape, entschuldigen Sie die späte Störung, ich war gerade dabei meinen
Unterricht für Montag vorzubereiten als der Schwelltrank, ..... oh bitte kommen Sie schnell“,
keuchte sie aufgelöst.
„Ich komme“, sagte Snape leicht ärgerlich, und folgte Professor Sprout unverzüglich, die
schon wieder auf dem Weg nach draußen war.
Wo sie gelaufen war hinterließ sie durchsichtige Rauchschwaden.
Beide verließen fluchtartig den Raum und ließen Harry alleine.
Harry stand für einen Moment ratlos da. Was mochte wohl passiert sein?
Die Lehrerin für Kräuterkunde hatte scheinbar einen Unfall mit ihrem Trank gehabt.
Harry sah sich nachdenklich in dem Kerker um, und sein Blick blieb an Snapes halb
geöffneter Bürotür hängen. Er war so in Eile gewesen, dass er tatsächlich vergessen hatte sie
zu verschließen.
Dies war seine Chance!
Er eilte durch den Raum um die Vordertür zu schließen, die bei Snapes fluchtartigem
Aufbruch nicht ganz ins Schloss gefallen war. Dies würde ihm eine Sekunde mehr Zeit
verschaffen wenn sein Lehrer zurückkam. Außerdem würde er das Öffnen der Tür auch im
Nebenraum hören, das würde ihn warnen, wenn Snape zurück kam.
Harry ging schnell in Snapes Arbeitszimmer und blickte sich neugierig um.
Überall an den Wänden waren Regale angebracht. Sie waren überladen mit unzähligen
Büchern, alten, staubigen Flaschen und großen, gläsernen Gefäßen. Harry fröstelte, als er sich
den Inhalt genauer betrachtete. Von allen Seiten stierten ihn seltsame Geschöpfe mit ihren
kalten, leblosen Augen an.
Harry schüttelte sich leicht und ging zu dem großen Vorratsschrank, der in einer Ecke neben
Snapes, mit Papieren überladenem, Schreibtisch stand. Der Schrank war vollgestopft mit
Fläschchen, Phiolen, Tiegeln, Körben und Kästchen, die gefüllt waren mit den
verschiedensten Zaubertrankzutaten.
Wo zum Teufel konnte diese Tareswurzel nur sein?
Harry begann nervös den Schrank zu durchsuchen, bis er endlich die Wurzeln gefunden hatte.
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
Er steckte eine Wurzel unter seinen Umhang und wollte den Schrank gerade wieder schließen,
als sein Blick auf einer kleinen, grünlich schimmernden Phiole hängen blieb.
Er nahm sie vorsichtig in die Hand und las die verschnörkelte Aufschrift der Flasche: AntiVeritas-Serum.
Harry stutzte. Sollte das bedeuten, dass er hier ein Gegenmittel für das berüchtigte VeritasSerum in den Händen hielt? Hatte Snape ihnen nicht vor ein paar Wochen erzählt, dass es
kein Gegenmittel dafür gäbe?
Er betrachtete die Phiole genauer. Im Gegensatz zu den anderen Flaschen, die sich in dem
Schrank befanden, sah diese noch absolut neu aus. Alle anderen waren staubig und zerkratzt,
doch diese sah aus, als wäre sie noch nie benutzt worden.
War es möglich, dass Snape dieses Anti-Serum erst vor kurzem gebraut hatte? War er
tatsächlich ein solch grandioser Braumeister und hatte das Serum vielleicht sogar selbst
entwickelt?
Behutsam stellte er die Phiole wieder in den Schrank und schloss leise die Schranktür.
Er wollte Snapes Büro so schnell wie möglich verlassen, doch irgend etwas zog ihn magisch
zu dem dunklen Schreibtisch.
Unsicher näherte er sich dem Tisch und betrachtete die unzähligen Pergamente, die darüber
verstreut waren. Sie waren vollgeschmiert mit unzähligen Formeln und Zaubertrankzutaten.
Auf den obersten Aufzeichnungen bemerkte Harry sehr oft das Wort Cruciatus-Fluch.
Er runzelte die Stirn. Was hatte das wohl zu bedeuten?
Er sah sich weiter um und beäugte das Buch, in dem Snape die letzte Stunde so intensiv
gelesen hatte.
Vorsichtig griff er danach und drehte es auf den Rücken, um den Titel lesen zu können: ‚Die
unverzeihlichen Flüche, gibt es eine Verteidigung?’ Das Buch schien sehr alt zu sein, die
Seiten waren schon stark vergilbt und einige fehlten sogar.
Harry wollte das Buch gerade wieder behutsam auf den Tisch legen, als er plötzlich ein
Geräusch hinter sich hörte.
Erschrocken ließ er das Buch auf den Tisch zurück fallen und drehte sich abrupt um.
Er konnte niemanden sehen, das Büro schien vollkommen leer zu sein. Harry ging zur Tür
und spähte in den Klassenraum.
Auch hier konnte er niemanden entdecken, aber er war sich ziemlich sicher, dass er sich nicht
geirrt hatte.
Er verließ Snapes Büro um sich genauer im Klassenraum umzusehen. Er durfte auf keinen
Fall riskieren, dass ihn irgend jemand dabei erwischte wie er in Snapes Sachen herumwühlte.
Dies würde fatale Folgen für ihn haben.
Er schaute sich im gesamten Klassenraum um, konnte aber niemanden entdecken.
Harry wollte gerade wieder in Snapes Büro zurückkehren, um das Buch wieder so auf den
Schreibtisch zu legen, wie er es vorgefunden hatte, als er ein lautes Gackern hinter sich hörte.
„Wer schnüffelt denn da? Gar nicht nett, gar nicht nett!“
Harry rutschte das Herz in die Hose.
„Peeves“, rief er aufgebracht, „mach dass du wegkommst, du hast hier nichts zu suchen.“
„Schüler, die bei Lehrern schnüffeln, muss es Professor Snape sagen, ja, das muss ich“,
geiferte der Poltergeist und sein Mund verzog sich zu einem gehässigen Grinsen.
Harry geriet in Panik.
Was sollte er machen, wenn Peeves wirklich erzählte, was er gesehen hatte?
„Peeves, hau ab, oder ich hole den blutigen Baron“, rief Harry, hatte aber wenig Hoffnung,
dass diese Drohung helfen würde.
Der Poltergeist schien sehr belustigt und begann wie ein Gummiball auf und ab zu hüpfen.
Dabei stieß er ein markerschütterndes Kreischen aus.
In diesem Moment wurde die Tür des Klassenzimmers jäh aufgerissen, und Professor Snape
baute sich drohend vor Harry und dem Poltergeist auf.
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
Er blieb einen Moment bewegungslos stehen und blickte beide finster an.
„Was ist hier los?“, zischte er gefährlich.
Harry stand wie angewurzelt da und konnte keinen Ton sagen.
Peeves hörte auf zu hüpfen und lächelte Professor Snape hinterhältig an.
„Oh, Professor, böse Dinge passieren hier“, gackerte er und schwebte langsam auf Snape zu.
Snape verzog das Gesicht, es war ihm anzusehen, dass auch er den Poltergeist nicht
sonderlich leiden konnte.
„Entweder du sagst was los ist, oder du verschwindest, Peeves“, sagte er leise und Harry hatte
das Gefühl, Snape würde den Geist am liebsten in tausend Stücke reißen.
„Ja, was war los?“, gluckste Peeves, „oh, ich weiß nicht mehr. War etwas los?“
Snape starrte Peeves wutentbrannt an.
„Raus hier“, zischte er so wütend, dass der Poltergeist leicht erschrocken den Kopf einzog.
Er murmelte etwas vor sich hin, das klang, wie ‚kein Spaß‘ und schwebte davon.
Snape fixierte Harry noch einmal finster und ging zurück in sein Büro.
Harry hielt die Luft an. Hoffentlich würde Snape nicht bemerken, dass sein Buch nicht mehr
an der Stelle lag, an dem er es zurückgelassen hatte.
Er nahm einen Putzlappen und begann die Tische zu schrubben. Aus den Augenwinkeln
beobachtete er seinen Lehrer, wie er zu seinem Schreibtisch ging und sich setzte.
Snapes Blick blieb sofort an dem Buch hängen, in welchem er den ganzen Abend gelesen
hatte. Er sah einen Moment das Buch an, dann warf er Harry durch die halb geöffnete Tür
einen argwöhnischen Blick zu.
Harry lief ein kalter Schauer über den Rücken, er konnte Snapes Blick fast spüren, doch der
Lehrer sagte nichts. Er beobachtete Harry noch einen Moment, dann widmete er sich wieder
seiner Lektüre. Harry entspannte sich etwas und setzte seine Arbeit fort.
Es war bereits kurz nach fünf Uhr morgens, als Harry endlich den Putzlappen zur Seite legte.
Er gähnte herzhaft und ging zu Snapes Tür.
Der Lehrer hatte die ganze Zeit fast unbeweglich an seinem Schreibtisch gesessen und sich
Notizen aus dem alten Buch gemacht.
Kein Wunder, dachte Harry, dass Snape oft so schlecht gelaunt war und die Schüler anblaffte,
wenn er bis mitten in die Nacht arbeitete. Doch das sollte nicht sein Problem sein. Seine
Aufgabe war beendet.
Zaghaft klopfte er an Snapes Tür.
„Entschuldigen Sie, Professor, ich bin fertig, kann ich jetzt gehen?“, fragte er müde.
Snape sah von seiner Arbeit auf und erhob sich.
„Das werde ich erst einmal kontrollieren, Potter. Wenn Sie nicht ordentlich gearbeitet haben
können Sie gleich noch mal von vorne anfangen“, sagte er grimmig.
Er betrat den Klassenraum und sah sich um. Hier und da betrachtete er sich eine Tischplatte
genauer oder prüfte mit dem Finger, ob Harry auch auf den Schränken den Staub entfernt
hatte.
Nach fast zehn Minuten blickte er auf und sagte kalt: „Sie können gehen.“
Harry hatte das Gefühl, dass leichte Enttäuschung in seiner Stimme mitschwang.
Er beeilte sich um zur Tür zu kommen, doch Snape hielt ihn auf.
„Potter“.
Harry drehte sich um und blickte in Snapes nun wieder kalt grinsendes Gesicht.
„Ja, Professor?“, fragte er unsicher.
„Viel Glück für Ihr Spiel nachher.“
Snape blickte Harry verschlagen an. Dann drehte er sich um, ging wieder in sein
Arbeitszimmer und ließ Harry stehen.
Harry ging so schnell ihn seine müden Beine tragen konnten zurück zum Gryffindor-Turm.
Als er das Portrait der fetten Dame erreicht hatte blickte diese ihn ungehalten an: „Gott im
Himmel, wo kommst du denn um diese Zeit her?“
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
„Ich war bei Professor Snape, Rosenkavalier“, sagte Harry gähnend und das Bild schwang
gehorsam zur Seite.
Müde und ausgelaugt schleppte er sich in seinen Schlafsaal und fiel auf sein Bett. Zum
Ausziehen war er viel zu erschöpft, außerdem würde es sich für die paar Stunden sowieso
nicht mehr lohnen.
Noch bevor er diesen Gedanken richtig zu ende gedacht hatte fiel er in einen traumlosen
Schlaf.
„Lass mich doch noch ‘n bisschen pennen“, murmelte Harry, als Hermine ihn am nächsten
morgen wachrüttelte.
Er hatte das Gefühl kaum geschlafen zu haben. War er nicht eben gerade erst ins Bett
gegangen?
„Komm schon, steh auf, es ist kurz nach halb acht. Um elf fängt das Quidditch-Spiel an und
wir müssen noch den Trank brauen.“
Harry erhob sich schlaftrunken und setzte seine Brille auf.
„Hast du die Wurzel?“, fragte Hermine nervös.
Harry grinste müde, griff in die Tasche seines Umhangs und zeigte sie ihr.
„Gut gemacht“, sagte Hermine und lächelte.
Nachdem Harry sich ein wenig frisch gemacht hatte traf er sich mit Hermine im
Gemeinschaftsraum.
„Wo wollen wir das Zeug eigentlich brauen?“, fragte er gähnend.
„Hm, ich dachte mir, dass wir wieder ins Klo der maulenden Myrte gehen. Da sind wir
ungestört.“
Harry nickte zustimmend.
Vor gut drei Jahren hatten sie schon einmal in diesem Mädchenklo den Vielsaft-Trank
gebraut. Sie hatten damals fast einen Monat gebraucht, bis er fertig war, und niemals waren
sie gestört worden. Da die maulende Myrte, ein Geist, der in diesem Klo eines gewaltsamen
Todes gestorben war, jeden vergraulte, der ihr Klo betrat, vermieden die Mädchen es, diese
Toilette zu benutzen.
„Okay, lass uns gehen“, sagte Harry.
„Haben wir auch alles?“
Hermine blickte prüfend in den kleinen Kessel, den sie in der Hand hielt, und kontrollierte
noch einmal, ob sie alle Zutaten hatten.
„Ich denke schon“, sagte sie schließlich.
Sie verließen den Gemeinschaftsraum und machten sich auf den Weg in den zweiten Stock, in
dem sich das Klo befand.
Hermine legte ein gewaltiges Tempo vor, und Harry, der sich zusammenreißen musste um
nicht auf der Stelle einzuschlafen hatte Mühe ihr zu folgen.
„Was macht ihr hier?“
Harry und Hermine drehten sich erschrocken um.
Vor ihnen stand der Hausmeister, Mr. Filch.
Sie waren wie versteinert. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt.
Filch blickte sie finster an und wiederholte knurrend seine Frage: „Was macht ihr hier?
Schüler haben außerhalb des Unterrichts hier nichts zu suchen.“
Hermine war die erste, die ihre Sprache wieder fand.
„Wir, äh, wollten nur, äh, diesen Kessel runter in den Kerker bringen. Ich habe ihn gestern
nach der Zaubertrank Stunde versehentlich mitgenommen.“
Sie wusste, dass es keine besonders gute Ausrede war, aber wahrscheinlich war es dem
Hausmeister sowieso egal warum sie hier herum schlichen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
Filch sah die beiden misstrauisch an und knurrte: „Ich kann es nicht leiden, wenn Schüler
durch die Schule wandern. Ihr kommt jetzt mit in mein Büro. Ich .....“
Ein gewaltiges Poltern erschütterte den ganzen Gang. Irgend etwas Großes musste
heruntergefallen sein.
„Peeves!!“, schrie Filch und blickte hasserfüllt in die Richtung, aus der das Geräusch
gekommen war.
„Jetzt kriege ich dich“, knurrte er.
Dann wandte er sich wieder Harry und Hermine zu.
„Geht in euren Gemeinschaftsraum. Wenn ich euch noch mal hier erwische, verpasse ich euch
eine Strafarbeit, wie ihr sie noch nie erlebt habt.“
Mit diesen Worten drehte Filch sich um und eilte davon.
Harry atmete auf. Er konnte den Poltergeist zwar nicht sonderlich leiden, und nach gestern
Abend noch weniger als vorher, aber dieses mal hatte er ihnen beiden unwissentlich die Haut
gerettet.
Kurz darauf betraten sie das Klo der maulenden Myrte.
Da nur sehr wenige Leute diesen Raum jemals betraten war der Boden bedeckt von Staub, die
Armaturen der Waschbecken hatten ihren Glanz verloren und die Spiegel waren im laufe der
Jahre blind geworden. Durch die verdreckten Fenster fiel ein fahles Licht.
Sie gingen in die erste Zelle und Hermine entfachte ein Feuer in der Kloschüssel.
Gerade als Harry den Kessel auf das prasselnde Feuer stellen wollte hörten sie eine
weinerliche Stimme aus der Nachbarzelle.
„Wer ist da?“
„Hallo Myrte“, sagte Hermine freundlich.
„Wir sind es. Wir wollten dich mal wieder besuchen. Wie geht es dir?“
Myrte schluchzte.
„Ihr wollt mich doch nur auslachen, wie alle anderen“, jammerte sie, „arme Myrte, hässliche
Myrte, dumme Myrte.“
„Aber nein“, sagte Harry besänftigend.
„Du weißt, dass wir so etwas nie sagen würden.“
Myrte antwortete nicht, aber sie hörten ein Schluchzen, das von oben zu kommen schien.
Harry und Hermine blickten nach oben, und sahen Myrtes Gesicht über die Zellenwand
blicken.
„Du bist auch hier“, sagte sie, und ein kleines Lächeln huschte über ihr mürrisches Gesicht.
„Ja, hallo Myrte, wir würden gerne mal dein Klo benutzen, dürfen wir?“, fragte Harry den
Geist.
„Natürlich“, hauchte Myrte und lächelte Harry an.
Dann verschwand sie wieder.
Hermine begann nach und nach die Zutaten in den Kessel zu werfen. Harry gähnte herzhaft
und lehnte sich gegen die Zwischenwand der Klozelle. Er hatte große Mühe seine Augen
offen zu halten.
„Was macht ihr da?“, fragte Myrte nach einer Weile und blickte wieder über die Trennwand.
„Wir brauen einen Trank für Harry“, antwortete Hermine freundlich, während sie zwei
zerstampfte Krötenaugen in den Kessel gab.
Myrte schien einen Moment zu überlegen, dann nickte sie und verschwand wieder. Kurz
darauf hörten Harry und Hermine sie, wie so oft, wieder in der hintersten Klozelle schluchzen
und jammern. Myrte würde sich nie ändern.
„So“, sagte Hermine schließlich, „der Trank ist fertig, Harry wach auf, HARRY, er ist fertig.“
Harry schreckte hoch.
Scheinbar war er für einen kurzen Moment eingeschlafen. Er blickte Hermine irritiert an.
„Ist er fertig?“, fragte er und gähnte wieder.
„Wie viel Uhr haben wir?“
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
„Ja, er ist fertig, das sage ich doch die ganze Zeit. Wir haben jetzt zwanzig vor elf, wir
müssen uns beeilen.“
Mit einem Schlag war Harry wach.
Gleich musste er gegen die Slytherins spielen, hoffentlich wirkte der Trank, sonst würde er
wahrscheinlich während des Spiels schnarchend vom Besen fallen.
Er betrachtete die brodelnde, blassblaue Flüssigkeit in dem Kessel.
„Hoffentlich vergifte ich mich nicht mit dem Zeug, sieht irgendwie komisch aus“, murmelte
er.
Hermine überhörte seinen Kommentar und reichte ihm einen halb gefüllten Becher.
„Ich denke das sollte reichen. Los trink“, sagte sie ungerührt.
„Kriegt ihr jetzt wieder Fell?“, fragte Myrte neugierig, und spähte wieder über die Wand.
Harry sah nach oben und blickte sie missmutig an.
„Das will ich nicht hoffen“, knurrte er.
„Schade“, grunzte Myrte und verschwand wieder.
Harry nahm den Becher und setzt ihn mit Todesverachtung an die Lippen.
Als er den ersten Schluck des Gebräus nahm verzog er sein Gesicht. Warum mussten
Zaubertränke immer so furchtbar schmecken?
„Trink schon“, drängte Hermine, „wir haben nicht mehr viel Zeit.“
Harry schloss die Augen, hielt sich die Nase zu und trank den Becher in einem Zug aus. Dann
wartete er.
Es dauerte ein paar Sekunden, dann spürte er ein angenehm warmes Kribbeln in seinen
Fingerspitzen. Das Gefühl breitete sich aus, und kurz darauf fühlte Harry sich als könne er
Bäume ausreißen.
Er lächelte.
„Na, wie fühlst du dich, klappt’s?“, fragte Hermine erwartungsvoll.
„Ich fühle mich toll. Jetzt hält mich nichts mehr davon ab, Malfoy vom Besen zu hauen.“
„Klingt gut, komm jetzt es wird Zeit, du musst dich noch umziehen und deinen Feuerblitz
holen.“
Harry und Hermine packten ihre Sachen zusammen und verließen das Klo der maulenden
Myrte.
Harry rannte mit seinem Feuerblitz unter dem Arm aus dem Schloss in Richtung QuidditchFeld.
Es war kurz vor elf, alle Ränge der Tribüne waren bereits besetzt.
Die Spieler der beiden Mannschaften hatten sich schon um den Mittelkreis aufgestellt und
warteten, dass Madam Hooch, die Schiedsrichterin, die Bälle frei gab.
Harry schwang sich auf seinen Besen und raste zum Spielfeld. Er erreichte die obersten
Tribünen in dem Moment, als Madam Hooch die große, alte Truhe öffnete, in der sich die vier
Bälle befanden. Er war fast da, nur noch ein paar Meter. In dem Moment, als Madam Hooch
den Quaffel in die Höhe warf, erreichte er den Mittelkreis.
„Mein Gott Harry, wo warst du, alles Okay?“, rief Angelina Johnson ihm von der Seite zu.
Harry konnte nicht antworten, er war zu sehr außer Puste, doch er zeigte ihr seinen nach oben
gestreckten Daumen um zu signalisieren, dass alles in Ordnung war.
Harry blickte hinüber zu den Slytherins. Malfoy schien vor Wut zu kochen, dass Harry es
doch noch rechtzeitig zum Spielbeginn geschafft hatte.
Harry hörte wie aus weiter Ferne Lee Jordan, der wie immer das Spiel kommentierte.
„Und der Quaffel ist freigegeben. Katie Bell von Gryffindor ist im Quaffelbesitz, sie wirft
einen Pass auf Angelina, und Angelina rast auf das gegnerische Tor zu, sie wirft, und ......
JAAA Tor für Gryffindor, 10 zu 0.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
Die Gryffindors auf den Rängen jubelten. Einige schwenkten riesige, rote Transparente mit
der Aufschrift ‚Noch ein Tor für Gryffindor’.
Harry flog 10 Meter über dem Geschehen auf und ab und hielt Ausschau nach dem Schnatz.
Er hatte das Gefühl Bäume ausreißen zu können.
Malfoy hielt sich in einigem Abstand zu Harry auf, aber nah genug, um schnell aufschließen
zu können, falls Harry den goldenen Schnatz entdeckte.
„Warrington von Slytherin jetzt im Quaffelbesitz. Und da kommt ein Klatscher geschlagen
von Fred Weasley. JA, sauberer Schuss Fred, voll auf die zwölf. Fällt bei dem Gesicht
sowieso nicht mehr auf.“
„Jordan, bleiben Sie sachlich“, ermahnte ihn Professor McGonagall.
„‘Tschuldigung, Professor. Alicia Spinnet von Gryffindor im Quaffelbesitz, nein, da kommt
Marcus Flint, der Captain der Slytherins.“
Flint raste mit erhobener Faust auf Alicia zu. Als er sie erreicht hatte holte er aus und
verpasste ihr einen Kinnhaken. Alicia schrie auf und ließ den Quaffel fallen.
„Frechheit, Foul, Schiebung, das ist doch wohl .....“, schrie Jordan in sein Mikrofon.
„Mr. Jordan, ich warne Sie, halten sie sich zurück“, sagte Professor McGonagall aufgebracht.
„Ist doch wahr, Professor.“
Flint hatte einen kleinen Looping gedreht, den Quaffel aufgefangen und raste in Richtung der
Torstangen.
„Flint jetzt im Angriff, und NEIN, Ausgleich, 10 zu 10.“
Der Schiedsrichterin, Madam Hooch, war dieses Foul nicht entgangen, und sprach Gryffindor
einen Freiwurf zu. Alicia warf den Quaffel, aber der Hüter der Slytherins hielt.
Harry drehte immer noch seine Runden, Malfoy dicht an seinen Fersen.
Er sah hinunter zu seinen Mannschaftskameraden und bekam gerade noch mit, wie Katie ein
Tor warf.
„Slytherin wieder im Quaffelbesitz, Montague greift an, er wirf, nein, jaaaa, hervorragend
gehalten von Paul Paddington, prima Entdeckung von Angelina, der neuen
Mannschaftsführerin.“
Auch Harry hatte die großartige Leistung seines Mannschaftskameraden gesehen und jubelte.
Dann sah er sich um, und entdeckte plötzlich etwas Goldenes zwischen den Torstangen der
Slytherins glitzern. Auch Malfoy schien es gesehen zu haben, beide rasten im selben
Augenblick los.
Harry legte sich flach auf seinen Besen um der Luft weniger Widerstand zu bieten und sein
Feuerblitz schob sich an Malfoys Besen vorbei.
Malfoy warf Harry einen hasserfüllten Blick zu, holte aus, und trat mit aller Kraft gegen den
Schweif von Harrys Besen. Der Feuerblitz begann unkontrolliert zu trudeln und Harry hatte
Mühe ihn wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Er hörte von weitem Lee Jordans aufgeregte Schreie.
Harry stabilisierte die Flugbahn seines Feuerblitzes und jagte Malfoy hinterher, doch dieser
war bereits abgebogen, und flog in einer großen Schleife um das Spielfeld.
Scheinbar hatte er sich zu intensiv darauf konzentriert Harry vom Besen zu treten, und hatte
dabei den goldenen Schnatz aus den Augen verloren. Geschah ihm Recht, dachte Harry
ärgerlich.
Währenddessen, fast unbemerkt von den aufgebrachten Zuschauern, die natürlich alle Harry
und Malfoy beobachtet hatten, hatte sich Katie Bell den Quaffel geschnappt und raste auf das
Tor der Slytherins zu.
Leider nicht von allen unbemerkt, denn die beiden Treiber der Slytherins, Derrick und Bole,
hatten sie gesehen und rasten hinter ihr her.
Derrick gab Bole ein Zeichen, und beide schlugen gleichzeitig je einen Klatscher auf Katie.
Ein Klatscher traf sie an der Schulter, der andere verfehlte nur um Haaresbreite ihr linkes Ohr,
doch sie ließ sich nicht beirren und raste weiter.
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Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
„Das ist eine Frechheit, Das ist ein tätlicher Angriff auf unsere Jägerin, das verlangt einen
Strafstoß, .... mindestens“, schrie Lee aufgeregt in sein Mikrofon.
„Mr. Jordan, ich warne Sie, gleich sage ich selber an“, keifte Professor McGonagall, doch
schien sie weniger aufgebracht von Lees Kommentar, sondern eher von der Klatscherattacke
der Slytherins.
Katie raste weiter auf das Tor zu und warf einen Pass zu Angelina, die auf sie zugeflogen
kam. Angelina zielte, warf den Quaffel, doch Bletchley, der Hüter der Slytherins hielt den
Ball.
Harry hatte nicht weiter auf den Spielverlauf geachtet, er suchte nur noch nach dem Schnatz.
Er musste ihn einfach fangen.
Er war seine einzige Chance wieder von den Gryffindors akzeptiert zu werden, nachdem er
sein Haus einhundert Punkte gekostet hatte.
Da, da war er, höchstens einen Meter über dem Boden, fast genau unter Harry.
Der kleine Ball flatterte bewegungslos auf der Stelle.
Harry überlegte nur den Bruchteil einer Sekunde. Er fühlte sich so gut wie noch nie bei einem
Quidditch-Spiel, und wenn er es wagte, konnten sie gewinnen. Es hatte so einfach
ausgesehen, als Viktor Krum dieses Manöver damals bei der Weltmeisterschaft geflogen war.
Harry drückte den Stiel seines Besens nach unten und raste im Sturzflug in Richtung Rasen.
Malfoy war dies nicht entgangen und heftete sich an seine Fersen. Er war höchstens einen
Meter hinter Harry, doch der Feuerblitz konnte den Abstand mühelos halten.
Immer schneller rasten sie dem Boden entgegen, Harry hatte den goldenen Schnatz fest im
Visier, er durfte ihn nicht aus den Augen verlieren.
Noch zehn Meter bis zum Schnatz, noch fünf, Malfoy war ihm immer noch dicht auf den
Fersen.
Harry streckte vorsichtig einen Arm aus um nach dem kleinen, goldenen Ball zu greifen, mit
der anderen hielt er fest seinen Besen umklammert.
Noch zwei Meter.
Harry lehnte sich nach vorne und streckte den Arm noch weiter aus.
Noch ein Meter, ein halber Meter.
Er griff zu und riss im selben Moment seinen Besen steil in die Höhe.
Er hielt strahlend den goldenen Schnatz hoch über seinen Kopf und blickte sich nach Malfoy
um. Zu seiner Überraschung entdeckte er ihn etwa in seiner Höhe, fünf Meter über der Erde.
Scheinbar hatte er kalte Füße bekommen und den Sturzflug kurz vor dem Schnatz
abgebrochen.
Für eine Sekunde schien das ganze Stadion die Luft anzuhalten. Keiner konnte so richtig
fassen, was sie eben gesehen hatten. Harry hatte sich aus fast vierzig Metern Höhe in die
Tiefe gestürzt und einen halben Meter über der Erde den Schnatz gefangen, ohne auch nur das
Gras zu berühren.
Dann explodierte die Tribüne.
Die Gryffindors jubelten und schrieen durcheinander, Lee Jordan brüllte in sein Mikrofon,
keinen hielt es mehr auf den Sitzen.
Alle stürmten auf das Feld um ihren Helden zu feiern.
Harry drehte überglücklich mit hoch erhobenem Schnatz eine Ehrenrunde über die Tribüne.
Er konnte es nicht fassen, er hatte es tatsächlich geschafft, er war den Wronski-Bluff geflogen
und hatte dabei auch noch den Schnatz gefangen.
Die anderen Spieler des Gryffindor-Teams kamen auf ihn zugeflogen. Sie jubelten lautstark
und die Weasley-Zwillinge schwangen laut heulend ihre Keulen.
Harry drehte noch eine Runde, flankiert von seinen Freunden, dann landete er in der Mitte des
Feldes. Sofort kamen die Gryffindors auf ihn zu gestürmt.
„Das war einfach phänomenal!“, schrie Ron.
87
Harry Potter und das Auge des Ares
6. Gryffindor gegen Slytherin
„Nicht zu fassen, wie hast du das gemacht?“, rief Angelina, und Lee Jordan überschlug sich
fast an seinem Mikrofon
„Gryffindor hat gewonnen, Harry Potter hat gewonnen, 170 zu 10 für Gryffindor“, rief er
immer wieder.
Harry strahlte. Selten war er so glücklich gewesen, wie in diesem Moment, und sein Grinsen
wurde noch breiter, als er das Team der Slytherins, Malfoy an der Spitze, fluchend das Feld
verlassen sah.
Dann hoben Fred und George Harry auf ihren Schultern und die Gryffindors verließen
gemeinsam jubelnd das Spielfeld. Es dauerte noch viele Stunden, bis die Feier, die nun im
Gryffindor-Turm stattfand zu ende ging.
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Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
7. Das Geständnis
Das erfolgreiche Spiel gegen die Slytherins hatte Harrys Laune deutlich gesteigert. Die
Gryffindors nahmen Harry nach seinem phänomenalen Sieg den Verlust von 100 Punkten
nicht mehr ganz so übel und redeten wieder mit ihm.
Für seine Mannschaftskameraden war er fast schon ein Held geworden. Immer wieder musste
er erzählen wie er sich bei diesem Manöver gefühlt hatte.
Auch die Stunden von Professor Snape ertrug Harry nun viel leichter.
Er versuchte die unzähligen Schikanen des Lehrers zu überhören, denn er hatte nicht vor, sich
von einem Psychopathen wie Snape die Laune verderben zu lassen.
Harry hatte sich das Grinsen kaum verkneifen können, als Snape nach dem Spiel mit noch
schlechterer Laune als sonst zum Unterricht kam. Er hatte es nicht fassen können, dass Harry
trotz der fast schlaflosen Nacht noch den Schnatz hatte fangen können.
Eine Woche nach dem Spiel Gryffindor gegen Slytherin hatten die Lehrer es immer noch
nicht geschafft Professor Flitwick wieder auftauchen zu lassen. Mit der Zeit machten sich
immer mehr Schüler ernsthafte Sorgen über den Verbleib des Lehrers.
Während des Abendessens erhob sich Professor Dumbledore und bat die versammelte
Schülerschaft und Ruhe.
„Meine lieben Schüler, wie ihr sicher alle schon mitbekommen habt, hatte Professor Flitwick
einen tragischen Unfall. Leider ist es dem Lehrerkollegium bisher noch nicht gelungen
herauszufinden wo Professor Flitwick sich befindet. Wir vermuten allerdings, dass er sich in
einer Art Paralleldimension aufhält. Damit der Unterricht in ‚Zauberkunst‘ ohne
Unterbrechung fortgesetzt werden kann, wird ab morgen eine Vertretung den Unterricht von
Professor Flitwick übernehmen. Ich erwarte, dass ihr Professor Aspervir den Einstieg nicht zu
schwer machen werdet. Die Leitung des Hauses Ravenclaw wir kommissarisch von Professor
Sinistra übernommen. Ich habe bereits Spezialisten aus dem Zaubereiministerium um Hilfe
gebeten. Ihr könnt euch sicher sein, dass wir unser Möglichstes unternehmen werden, damit
Professor Flitwick bald wieder unter uns ist. Und jetzt, guten Appetit.“
Professor Dumbledore setzte sich wieder und ein leises Gemurmel erhob sich in der großen
Halle.
Alle Schüler spekulierten darüber, wie wohl der neue Lehrer sein würde.
Nur am Ravenclaw-Tisch war es sehr ruhig. Erst jetzt, als Professor Dumbledore einen neuen
Hauslehrer für sie bestimmt hatte wurde ihnen deutlich bewusst, dass es wahrscheinlich noch
länger dauern würde, bis ihr Professor Flitwick zurückkehren würde.
„Ich bin echt gespannt auf den neuen Lehrer“, sagte Ron und schob sich den Rest seines
Schinkenbrotes in den Mund.
„Hoffentlich ist er gut und bringt und einiges bei. So kurz vor den ZAG-Prüfungen können
wir es uns wirklich nicht erlauben zu schludern“, sagte Hermine. Ron verdrehte demonstrativ
die Augen.
Harry überlegte kurz.
„So lange es nicht so jemand ist wie Snape ist mir alles recht“, sagte er und spähte aus den
Augenwinkeln zum Lehrertisch.
Snape saß zwischen den anderen Lehrern und war in ein Gespräch mit Professor Sprout
vertieft.
Am nächsten Morgen hatte die fünfte Klasse der Gryffindors in der ersten Stunde
‚Zauberkunst‘.
Gespannt machten sich Harry, Ron und Hermine auf den Weg zu Professor Flitwicks
Klassenzimmer, in dem auch weiterhin der Unterricht stattfinden sollte.
89
Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
Nachdem alle Schüler auf ihren Plätzen saßen betrat Professor Aspervir das Klassenzimmer.
Sie war eine kleine, sehr korpulente Frau mitte 50. Ihre schulterlangen, braunen Locken
standen ihr wirr vom Kopf ab und ihre Körperfülle hatte sie in einen sehr unvorteilhaften,
weißen Umhang gehüllt.
Ron rümpfte die Nase und flüsterte: „Was ist das denn?“
Hermine warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und zischte: „Pssst.“
Professor Aspervir stellte sich in ihrer ganzen Leibesfülle vor die Klasse und begrüßte sie mit
etwas träger, piepsiger Stimme: „Hallo liebe Kinder, ich bin Professor Agathe Aspervir.“
Ein ungehaltenes Murmeln erhob sich in der Klasse.
„Kinder“, raunte Dean entrüstet.
„Für was hält die uns denn?“, fragte Parvati aufgebracht.
„Bitte ihr Lieben, bitte, seid doch ruhig“, piepste Professor Aspervir unsicher, hatte jedoch
wenig Erfolg.
Nur langsam verebbten die Gespräche.
Als die Schüler wieder zur Ruhe gekommen waren fuhr die Lehrerin noch unsicherer fort.
„Ich möchte mich euch erst einmal vorstellen. Ich habe bisher im Zaubereiministerium in der
Abteilung für ‚missglückte Zauberei‘ gearbeitet. Vor vielen Jahren war ich eine gute Freundin
von Professor Flitwick. Als mein Chef mir erzählt hat, dass er einen Unfall hatte, habe ich
mich sofort angeboten seinen Job zu übernehmen. So, jetzt möchte ich euch kennenlernen, ihr
Lieben. Wenn ich eure Namen von der Liste aufrufe antwortet ihr bitte mit ‚ja‘“.
Professor Aspervir verlas die Liste und die Schüler antworteten einer nach dem anderen mit
‚ja‘.
Als sie schließlich bei ‚Potter, Harry’ angekommen war weiteten sich plötzlich ihre Augen.
Sie stand langsam auf und schlurfte zu Harry. Mit piepsiger, weinerlicher Stimme sagte sie:
„Oh, mein lieber Junge, wie freue ich mich dich kennen zu lernen. Ich hatte ja nicht erwartet
die Ehre zu haben dich unterrichten zu dürfen.“
Dabei starrte sie wie gebannt auf Harrys Narbe.
Harry versank halb unter seinem Tisch und versuchte sich auf diese Weise den Blicken der
Lehrerin zu entziehen.
Nachdem Professor Aspervir sich wieder beruhigt hatte kehrte sie zu ihrem Pult zurück.
„Meinst du die ist mit Professor Trelawney verwandt?“, fragte Ron seinen Freund.
Harry versuchte zu grinsen, doch es gelang ihm nicht.
Er war es zwar gewohnt, dass alle auf seine Narbe starrten, doch irgend etwas an dem Blick
dieser Frau war ihm unangenehm.
Ron schien es ähnlich zu gehen, denn er verzog angewidert das Gesicht.
Als Professor Aspervir ihr Pult erreicht hatte wand wie sich wieder der gesamten Klasse zu.
„Lasst uns nun mit dem Unterricht beginnen. Wir werden heute einen komplizierten
Schwebezauber üben. Er lautet ‚Wingardium Leviosa‘.“
Die ganze Klasse stöhnte gelangweilt auf, schließlich hatten sie diesen Zauber bereits in der
ersten Klasse durchgenommen.
Professor Aspervir schien das Murren der Klasse nicht zu bemerken. Schließlich meldete sich
Hermine.
„Entschuldigen Sie bitte, Professor, aber wir haben diesen Zauber bereits durchgenommen.“
Professor Aspervir lächelte unsicher, dann antwortete sie: „Oh, das ist aber schön, aber ich
denke, dieser Zauber ist so schwierig, dass es nicht schadet dieses Wissen noch einmal
aufzufrischen.“
Ron verdrehte wieder die Augen. Diese Lehrerin schien wirklich über alle Maßen unfähig zu
sein.
Nachdem Professor Aspervir an alle Schüler Federn zum Üben verteilt hatte erhoben sich fast
sofort alle Federn hoch in die Luft.
Sogar Neville schaffte es beim ersten Anlauf seine Feder in die Luft zu befördern.
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Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
Über das Gesicht der Lehrerin huschte ein Lächeln.
„Oh, wie schön, ich hätte nie gedacht, eine so begabte Klasse vorzufinden“, piepste sie.
Nun verdrehte auch Hermine die Augen.
Die nächsten Wochen verbrachten sie in ‚Zauberkunst‘ ausschließlich mit Zaubern, die sie
bereits in der ersten oder zweiten Klasse durchgenommen hatten.
Nach wenigen Stunden passte kein Schüler mehr auf.
Ron und Harry unterhielten sich, Parvati und Lavender erledigten ihre Hausaufgaben für
Professor Trelawney, Dean und Seamus spielten mitten auf dem Tisch Zauberschach und
sogar Hermine las unter dem Tisch heimlich ‚Verflixt verzwickte Verwandlungen‘ von
Valerie Varius.
Nur Neville folgte mit größter Aufmerksamkeit den Ausführungen der Lehrerin, endlich gab
es einmal ein Fach, in dem er nicht der Schlechteste war.
Die Bäume hatten inzwischen ihre Blätter verloren, und trugen morgens einen dicken Mantel
aus Reif. Die kalte Dezemberluft hatte eine dünne Eisschicht auf den See gezaubert.
Harry, Ron und Hermine waren auf dem Weg zum Frühstück, als Hermine die beiden Jungs
auf dem letzten Treppenabsatz zurückhielt.
„Seht mal, kennt ihr die beiden Kerle, da unten?“, fragte sie Ron und Harry und deutete nach
unten.
Harry und Ron folgten ihrem Fingerzeig und sahen die beiden Gestalten, die Hermine meinte.
In der Eingangshalle standen zwei Männer.
Der jüngere von beiden hatte hellblondes, strack nach hinten gekämmtes Haar und eine
dickrandige Brille, was ihm einen strengen Ausdruck verlieh. Der Ältere hatte schütteres,
graues Haar und einen dichten, aber sehr gepflegten Vollbart.
Sie standen in der Mitte der Halle und schienen auf irgend etwas oder irgend jemanden zu
warten.
„Die habe ich noch nie gesehen, was können die nur hier wollen?“, fragte Harry irritiert.
„Ich glaube, ich habe den Blonden schon einmal gesehen, als ich mit meinem Dad vor zwei
Jahren mal im Ministerium war“, sagte Ron grübelnd.
„Ja, aber was wollen die hier? Meint ihr die sind hier um Professor Flitwick wieder her zu
zaubern?“, fragte Hermine wieder.
In diesem Moment betrat Professor Dumbledore die Halle und ging auf die beiden Männer zu.
„Guten Tag, meine Herren, bitte folgen Sie mir.“
Seine Stimme klang sehr kalt. Er verließ mit den beiden Männern die Eingangshalle.
„Los, kommt mit, ich will wissen, was da los ist“, sagte Hermine und rannte die Treppe nach
unten, drei Stufen auf einmal nehmend.
Harry warf Ron einen fragenden Blick zu und folgte Hermine dann so schnell er konnte.
Während er die Stufen hinunter sprang hörte er, dass Ron dicht hinter ihm war.
Sie folgten den drei Männern in einen verlassenen Korridor und als sie um die nächste Ecke
bogen konnten sie gerade noch erkennen, dass Dumbledore die beiden in einen leeren
Klassenraum führte.
Er schlug energisch die Tür hinter sich zu, doch diese prallte durch die Wucht im Schloss ab
und öffnete sich wieder einige Zentimeter. Hermine grinste die beiden Jungs an und schlich
zu der angelehnten Tür.
„Was führt Sie hier her, Mr. Loyer, Mr. Colby?“, fragte Dumbledore die beiden Männer.
Seine Stimme klang immer noch kalt und abweisend.
„Professor Dumbledore“, antwortete der Ältere, „mein Kollege Thomas Loyer und ich sind
Auroren des Zaubereiministeriums. Sicher können Sie sich vorstellen, warum wir hier sind.“
„Sagen Sie es mir“, antwortete Dumbledore herausfordern.
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Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
„Professor, Sie wissen wieso wir hier sind“, sagte Colby ungeduldig, „Wir haben im Auftrag
von Minister Fudge die Unterlagen über ihre Lehrer überprüft, und sind bei einer Person auf
ein paar, nun sagen wir, Ungereimtheiten gestoßen.“
„So, haben Sie das, und bei wem, wenn ich fragen darf?“
„Was hat Dumbledore vor?“, zischte Ron seinen Freunden zu.
„Er weiß doch sicher, wovon die beiden reden.“
„Keine Ahnung“, zischte Hermine zurück.
„Professor“, sagte nun Colby noch ungeduldiger, „Sie wissen genau, dass wir von Severus
Snape sprechen. Er selbst hat Minister Fudge vor einem halben Jahr gestanden, dass er einst
Mitglied der Death Eater war. Vor mehr als fünfzehn Jahren hätten einige unserer Auroren ihn
fast überführt. Wir sind nun hier, um Professor Snape zu überprüfen. Das Ministerium
befürchtet, dass ihr Lehrer noch immer mit den Death Eatern sympathisiert.“
„Mr. Colby, das ist lächerlich. Ich werde Ihnen nicht gestatten irgend ein Mitglied meines
Lehrkörpers zu bespitzeln“, entgegnete Dumbledore scharf.
„Professor Dumbledore, ich bedaure“, sagte Thomas Loyer nüchtern, „aber wir wurden von
Minister Fudge persönlich beauftragt und Sie sind nicht befugt uns aufzuhalten.“
Harry blickte Ron und Hermine mit großen Augen an.
Auch Hermine und Ron konnten nichts sagen. Harry hatte seinen Freunden zwar erzählt, dass
Professor Dumbledore schon zu Beginn des Schuljahres eine ernsthafte Diskussion mit Fudge
wegen Snape gehabt hatte, aber keiner von ihnen hatte erwartet, dass der Zaubereiminister
wirklich Ernst machen würde und zwei Auroren nach Hogwarts schicken würde.
In diesem Moment hörten Harry, Ron und Hermine eine Tür, die sich öffnete.
„Ich habe nichts zu verbergen, Direktor“, hörten sie die kalte Stimme von Snape.
Er musste durch eine zweite Tür in das Klassenzimmer gekommen sein.
„Professor Snape“, sagte der Ältere der beiden Männer.
„Sicher erinnern Sie sich noch an mich.“
Seine Stimme klang fast belustigt.
„Wie könnte ich sie vergessen, Roger Colby“, antwortete Snape verächtlich.
„Einer der erfolglosesten Auroren des Zaubereiministeriums. Glauben Sie im Ernst, dass Sie
es nach so vielen Jahren noch schaffen mir irgend etwas nachzuweisen?“
Harry beugte sich weit nach vorne und konnte durch den schmalen Türspalt erkennen, dass
Thomas Loyer seinen Kollegen energisch am Arm festhielt, damit dieser nicht auf Snape
losging.
„Professor Snape“, fuhr Colby wütend fort, „Wir alle hier wissen, dass Sie schuldig sind, und
mein Kollege und ich sind hier um das zu beweisen. Das Ministerium wird nicht tolerieren,
dass Death Eater unseren Zauberernachwuchs ausbilden. Direktor“, wandte er sich wieder an
Professor Dumbledore, „Sicher haben Sie nichts dagegen, wenn wir uns etwas in Ihrer Schule
umsehen.“
„Das werde ich nicht zulassen“, antwortete Dumbledore bestimmt.
„Professor Dumbledore“, antwortete Thomas Loyer sachlich, „Ich bedaure, aber Sie haben
nicht die Kompetenz uns dieses Recht zu verwehren.“
„Die wollen Snape tatsächlich etwas anhängen“, flüsterte Ron seinen Freunden zu und
grinste.
Hermine legte lautlos ihren Zeigefinger auf die Lippen, um Ron zu bedeuten er solle still sein.
„Ich habe nichts zu verbergen, Colby“, zischte Snape scharf.
„Durchsuchen Sie mein Büro, das ist doch das, was Sie wollen. Aber ich verspreche Ihnen,
Sie werden nichts finden.“
„Falls wir irgend etwas finden, das Sie belastet, Professor Snape, verbringen Sie den Rest
Ihres Lebens in Askaban“, sagte Colby scharf.
Snape schnaubte verächtlich.
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Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
„Glauben Sie nur nicht, dass Sie in unserer momentanen Situation einen langen Prozess
bekommen. Die Regierung ist gerade dabei ein Gesetz zu verabschieden, welches es den
Auroren erlaubt Death Eater direkt nach Askaban zu überführen, und ich schwöre Ihnen,
wenn Sie erst einmal dort sind sehen sie das Tageslicht nie wieder. Dafür werde ich höchst
persönlich sorgen.“
„Mr. Colby, ich werde es nicht gestatten, dass Sie einen meiner Lehrer auf diese Weise
bedrohen“, sagte Professor Dumbledore scharf.
„Professor“, sagte Thomas Loyer, „bitte behindern Sie uns nicht bei unserer Arbeit. Wenn wir
zügig vorankommen sind wir in ein bis zwei Tagen fertig und werden Sie nicht weiter
belästigen.“
Die beiden Auroren drehten sich um und gingen in Richtung Tür.
Harry zerrte Ron und Hermine von der Tür weg und alle drei rannten so schnell sie konnten
den verlassenen Korridor entlang, um nicht von den Männern entdeckt zu werden. Als sie das
Klassenzimmer, in dem diese Unterhaltung stattgefunden hatte, weit hinter sich gelassen
hatten hielt Ron an.
„Was meint ihr, ob die was finden?“, fragte er Harry und Hermine etwas außer Atem.
„Ich denke, dass Snape auf so eine Durchsuchung vorbereitet ist“, antwortete Hermine
keuchend und blickte Harry fragend an.
„Ich weiß nicht, als ich vor ein paar Wochen Snapes Klassenzimmer geputzt habe, hatte er
einige sehr kompromittierende Sachen in seinem Büro. Ich könnte mir vorstellen, dass diese
Auroren sich sehr für das Veritas-Gegenserum interessieren würden“, antwortete Harry
grübelnd.
„Wir werden es erfahren. Dumbledore kann es schlecht verheimlichen, falls die Auroren
Snape mitnehmen“, sagte Hermine entschieden. Harry und Ron nickten zustimmend.
Wie versprochen verließen die beiden Auroren Hogwarts zwei Tage später. Die meisten
Schüler hatten von ihrem Besuch nichts mitbekommen, denn sie hielten sich unauffällig im
Hintergrund.
Scheinbar hatten sie Snape nichts nachweisen können, denn er hielt weiter wie gewohnt
seinen Unterricht ab, nur Ron, Harry und Hermine fiel auf, dass er noch schlechter gelaunt
war als sonst.
Täglich wurde es kälter und endlich kam der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien.
In den Schlafsälen und Gemeinschaftsräumen der vier Häuser herrschte eine angespannte
Vorfreude.
Die meisten Schüler waren damit beschäftigt ihre Koffer zu packen, um Weihnachten zu
Hause mit der Familie zu verbringen. Auch Hermine war vollauf mit packen beschäftigt. Der
Hogwarts-Express in Richtung London würde morgen, am 24. Dezember um 9:00 Uhr in
Hogsmeade abfahren.
Am nächsten Morgen gingen alle Schüler noch einmal gemeinsam zum Frühstück.
In der großen Halle herrschte ein heilloses Durcheinander. Bei allen war die Freude auf
Weihnachten zu spüren, ob sie nun in der ersten oder siebten Klasse waren.
Nach dem Frühstück begleiteten Ron und Harry Hermine zum Bahnhof.
„Machs gut, Hermine, schöne Weihnachten, bis zum nächsten Jahr“, rief Harry dem
anfahrenden Zug hinterher.
„Feier schön, bis bald“, versuchte Ron die laut ratternde Lokomotive zu übertönen.
Hermine beugte sich aus dem Fenster winkte ihren beiden Freunden, während der HogwartsExpress den Bahnhof verließ und rief: „Ich hoffe ihr nutzt die Ferien zum Lernen. Die
Prüfungen kommen schneller als ihr denkt.“
Nur sehr wenige Schüler blieben auf dem Bahnsteig zurück.
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Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
Ron und Harry machten sich langsam wieder auf den Weg zur Schule. Sie hatten es nicht
besonders eilig und schlenderten den gewundenen, leicht aufsteigenden Weg entlang.
„Wo, hast du gesagt, verbringen deine Eltern Weihnachten? Bei Bill oder bei Charly?“, fragte
Harry seinen Freund.
„Weder noch“, antwortete Ron, „Sie sind bei Percy, er und seine Freundin Penelope sind
beruflich für drei Monate in Schweden. Ginny, Fred und George wollten unbedingt mit, aber
ich bleibe lieber hier. Mum hat Angst, dass Percy sich an Weihnachten alleine fühlen könnte.
Bill und Charly sind es ja gewöhnt alleine zu sein. Sie sind schon seit mehreren Jahren im
Ausland, aber für Percy ist es das erste Weihnachtsfest außerhalb von England.“
Harry versuchte verständnisvoll zu nicken.
Da er seine Eltern nie kennengelernt hatte, war es für ihn nur sehr schwer vorstellbar, ein
harmonisches Weihnachtsfest mit der Familie zu verbringen. Die Weihnachtsfeste bei den
Dursleys waren immer schrecklich gewesen. Dass er fast nie Geschenke bekommen hatte, war
ihm eigentlich egal. Viel schlimmer war es für ihn gewesen, dass sie ihn selbst an einem
solchen Tag fast völlig ignoriert hatten.
Ein Jahr bevor Harry nach Hogwarts gegangen war, hatte Onkel Vernon Harry sogar im
Schrank unter der Treppe, in welchem er damals noch gewohnt hatte, eingesperrt, damit er
Dudley nicht das Fest versaute. Harry war an diesem Abend sehr niedergeschlagen gewesen,
und Dudley war den ganzen Abend vor Harrys Schrank auf und ab gehüpft und hatte ihn
verspottet.
Die schönsten Weihnachtsfeste hatte Harry in Hogwarts zusammen mit seinem besten Freund
Ron erlebt. An Heilig Abend hatte es immer opulente Festessen gegeben, und am
Weihnachtsmorgen hatte er gemeinsam mit Ron im Gemeinschaftsraum die Geschenke
ausgepackt. In seinem ersten Jahr in Hogwarts war Harry völlig überwältigt gewesen,
überhaupt Geschenke zu bekommen. Er hatte es nicht fassen können.
Aber trotz der schönen Weihnachtsfeste, die Harry in den letzten Jahren in Hogwarts verlebt
hatte, wünschte er sich von ganzem Herzen, wenigstens einmal Weihnachten mit Sirius
verbringen zu können.
Für Harry war Sirius in den eineinhalb Jahren, die er ihn nun kannte, viel mehr zu einer
Familie geworden, als es die Dursleys jemals gewesen waren. Sirius war mehr als nur sein
Pate, er war sein Freund und Harry konnte sich immer auf ihn verlassen. So etwas war für
Harry neu.
Als sie den See erreicht hatten schlug Ron vor: „Wollen wir noch mal bei Hagrid rein
schauen?“
„Okay, der freut sich bestimmt“, antwortete Harry.
Sie verließen den gewundenen Pfad und liefen quer über die Wiese in Richtung zu Hagrids
Hütte. Hier und da kamen sie an ein paar kahlen Bäumen vorbei, auf deren Zweigen ein paar
vor Kälte zitternde Vögel saßen, aber ansonsten war kein Lebewesen weit und breit. Das
ganze Schulgelände schien wie ausgestorben zu sein.
Harry und Ron verbrachten den Rest des Tages bei Hagrid. Sie hatten es nicht eilig zur Schule
zurück zu kommen, da sie die einzigen Gryffindors waren, die ihre Ferien in Hogwarts
verbrachten, und der Turm dadurch wie leer gefegt war.
Als es Zeit zum Abendessen wurde verabschiedeten sich Harry und Ron von Hagrid.
„Machs gut Hagrid. Kommst du nachher auch hoch, in die große Halle?“, fragte Harry seinen
Freund.
„Na klar, denkt ihr ich lass mir das Festessen entgehen?“, antwortete Hagrid.
Dann verließen Harry und Ron die gemütliche Hütte und liefen durch die Dunkelheit zurück
zur Schule. Sie brachten ihre Jacken in den Schlafsaal und gingen gemeinsam zur Großen
Halle.
Als sie die Halle betraten sahen sie sich neugierig um.
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Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
Die Haustische waren zur Seite gerückt worden und hatten einer festlich gedeckten Tafel
Platz gemacht, an der etwa 16 Personen Platz fanden.
An den Wänden standen ein duzend riesiger Tannenbäume. Alle waren auf unterschiedliche
Arten geschmückt worden. An einem der Bäume hingen unzählige Eiszapfen, auf dem
nächsten Baum saßen winzige hell leuchtende Feen, welche die Tanne in ein feierliches Licht
tauchten. Ein anderer Baum war klassisch geschmückt mit hunderten von Christbaumkugeln,
und sein Nachbar war über und über bedeckt mit frischem Schnee, der so verzaubert war, dass
er nicht schmolz.
Harry und Ron staunten. Selten hatten sie die große Halle so festlich gesehen. Die Lehrer
hatten sich in diesem Jahr selbst übertroffen.
An der Tafel in der Mitte saßen bereits zwei Schüler und warteten auf den Beginn des Festes.
Harry und Ron wollten gerade zu dem Tisch gehen um sich ein paar Plätze zu suchen, als Ron
Harry am Arm festhielt.
„Sieh mal, ich glaube ich spinne, das sind ja Malfoy und Goyle. Seit wann verbringen die
denn die Ferien in der Schule?“, fragte er bestürzt.
Harry blickte irritiert in die Richtung, die Ron ihm wies.
„Ich habe keine Ahnung“, antwortete er betroffen, „Die haben mir gerade noch gefehlt.“
Missmutig schlurften sie zu der Tafel und gingen zu Plätzen, die so weit wie möglich von
Malfoy und Goyle entfernt waren.
„Hallo Weasley, na, so einen Christbaumschmuck hast du wahrscheinlich noch nie gesehen.
Vermutlich haben deine Eltern nicht mal das Geld für einen Baum“, schnarrte Malfoy und
blickte Ron provozierend an.
Ron knirschte wütend mit den Zähnen, verkniff sich jedoch ein Kommentar.
„Und du Potter, gab es bei deinen Muggels überhaupt Weihnachten, oder haben sie es immer
ohne dich gefeiert?“, wandte Malfoy sich nun an Harry.
Harry kochte.
„Und was ist mit dir? Deine Eltern scheinen dich ja auch nicht mehr ertragen zu können,
wenn sie dich an Weihnachten nicht zu Hause haben wollen“, fauchte Harry gereizt.
Malfoy streckte sich auf seinem Platz und antwortete arrogant: „Mein Vater hat über die
Feiertage einen wichtigen Auftrag, und ich möchte ihn so wenig wie möglich dabei stören.“
„Pah, was kann das denn schon für ein Auftrag sein, muss er irgend ein schmutziges Geschäft
für Du-Weißt-Schon-Wen erledigen?“, knurrte Ron.
Malfoy sprang von seinem Platz auf und machte einen bedrohlichen Schritt auf Ron zu.
„Pass auf was du sagst, Weasley. Dein Muggel vernarrter Vater wäre froh, irgend jemand
würde ihm überhaupt mal eine Aufgabe geben. Der sitzt doch nur noch im Ministerium, weil
sie noch keinen guten Grund gefunden haben um ihn zu feuern. Wenn unser verehrter
Minister Fudge schlau ist, wird er sich überlegen, ob es zukünftig ratsam ist, mit MuggelSympathisanten zu kooperieren.“
„Halt die Klappe, Malfoy“, fuhr Harry sein Gegenüber an.
Ron knirschte wütend mit den Zähnen und Harry musste seinen Freund am Arm festhalten,
damit dieser sich nicht auf Malfoy stürzte.
In diesem Moment betrat Professor Dumbledore den Raum.
„Ach wie schön, die Ersten sind schon da. Ich dachte es wäre gemütlicher, wenn wir an
diesem Abend nicht an den Haustischen sitzen, sondern alle gemeinsam essen. Wir werden
sowieso nicht so viele sein.“
Harry und Ron warfen Malfoy noch einen wütenden Blick zu, gingen dann jedoch ohne ein
weiteres Wort zu ihren Plätzen und setzten sich.
„Wer wird denn heute Abend außer uns noch kommen, Professor?“, fragte Harry um sich von
Malfoy abzulenken.
Dumbledore dachte kurz nach, dann antwortete er: „Von den Lehrern werden nur noch
Professor McGonagall, Professor Aspervir und Hagrid kommen. Professor Snape lässt sich
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Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
entschuldigen, er zieht es vor, den Abend in seinem Arbeitszimmer zu verbringen. Er sagte er
hätte noch etwas zu erledigen.“
„Na was für ein Glück“, flüsterte Ron seinem Freund zu, dann fragte er zu Dumbledore
gewandt: „Und von den Schülern?“
„Hm, in diesem Jahr sind die meisten nach Hause gefahren. Es sind außer euch nur noch 2
Siebtklässler aus Slytherin, 4 Zweitklässler aus Hufflepuff und 2 Drittklässler aus Ravenclaw
in Hogwarts geblieben. Ich denke, dass sie gleich kommen werden.“
Dumbledore setzte sich an das Kopfende des Tisches.
Nach und nach kamen auch die anderen Schüler und Lehrer in die große Halle.
Als alle versammelt waren erhob sich Professor Dumbledore und sagte feierlich: „Ich heiße
euch alle herzlich an diesem Weihnachtsabend willkommen. Ich möchte keine lange
Ansprache halten, aber dennoch möchte ich die Gelegenheit nutzen und uns allen eine
besinnliche Feier wünschen. Und jetzt, haut rein.“
Nachdem Dumbledore diese Worte gesprochen hatte, füllte sich der Tisch mit den edelsten
Speisen. Es gab gefüllten Truthahn, Schweinelenden, gebratene Entenbrust, unzählige Sorten
von Gemüse, Reis, Nudeln, Kartoffeln und Schokodrops.
Harry musste lächeln. Das war nun wieder typisch Dumbledore. Immer gab es bei solchen
Feiern irgendeine Süßigkeit, die absolut nicht in den Speiseplan passte.
Alle Lehrer und Schüler ließen es sich schmecken. Professor McGonagall unterhielt sich sehr
angeregt mit Professor Aspervir, und wirkte an diesem Abend nicht halb so streng und ernst
wie normal. Vielleicht hatte es mit Weihnachten zu tun, aber vielleicht hatte auch der Wein,
den die Lehrer tranken, seinen Teil dazu beigetragen.
Harry war sich nicht sicher, aber er hatte das Gefühl, dass Professor Aspervir ihm im laufe
des Abends immer wieder verstohlene Blicke zuwarf. Er versuchte sie so gut wie möglich zu
ignorieren.
Professor Dumbledore schenkte sich und Hagrid immer wieder die Gläser voll und prostete
der ganzen Gesellschaft fröhlich zu.
Hagrid war bereits nach einer Stunde deutlich angetrunken, und erzählte jedem, der es wissen
wollte, dass er eines Tages einmal einen Yeti besitzen wollte.
Professor McGonagall lachte und fragte Hagrid daraufhin: „Wo willst du so ein Ungetüm
denn halten? Der passt doch gar nicht in deine Hütte.“
„Ach Professor, da findet sich schon ein Plätzchen. So einen Kuschel kriege ich schon unter.“
Malfoy und Goyle, auf der anderen Seite des Tisches, hatten die Unterhaltung mitbekommen
und rümpften missbilligend die Nasen und verdrehten demonstrativ die Augen.
Als alle das Essen beendet hatten hob Professor Dumbledore seinen Zauberstab und mit
einem kurzen Wink verdunkelte sich die Große Halle.
Er schwenkte ein zweites Mal seinen Stab und der ganze Raum wurde erhellt vom fahlen
Licht von Tausenden von winzigen Sternen, welche die magische Decke nun übersäten.
Dann und wann zog eine Sternschnuppe ihre Bahn über den Himmel.
Alle Schüler, vor allem die Jüngeren, blickten mit staunenden Augen nach oben, und für
kurze Zeit herrschte andächtige Stille im ganzen Saal.
„Na, ich wollte aber nicht, dass es euch völlig die Sprache verschlägt“, sagte Professor
Dumbledore schließlich, und ein Lächeln umspielte seinen Mund.
Es war schon nach elf, als sich die ersten Schüler gähnend entschuldigten um in ihre
Schlafsäle zu gehen.
„Ich glaube, es wird für euch alle Zeit“, sagte Professor McGonagall zustimmend, doch sie
klang nicht halb so streng wie sonst, und kein Schüler widersprach ihr, denn alle waren nach
diesem langen Tag müde.
„Ich werd dann auch ma gehn“, sagte Hagrid lallend und erhob sich gefährlich schwankend
von seinem Stuhl.
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Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
Harry sah Hagrid besorgt an und fragte sich, ob er es überhaupt bis in seine Hütte schaffen
würde, schließlich hatte er mehr als vier Flaschen Wein fast ganz alleine getrunken.
„Sollen wir dich begleiten, Hagrid?“, fragte er deshalb vorsichtig.
„Ich denke das ist eine gute Idee“, antwortete Professor Dumbledore, bevor Hagrid ablehnen
konnte.
„Bring Hagrid mit Ron zusammen in seine Hütte, nicht dass er auf halbem Weg liegen
bleibt.“ „Na klar, das machen wir schon“, antwortete Ron zustimmend.
Nun verließen auch die restlichen Schüler die Halle und Harry und Ron schleppten ihren
Freund, der die beiden um mehr als einen Meter überragte, zur Tür.
Als sie die Tür erreicht hatten hielt Professor Dumbledore sie noch einmal auf und sagte leise
zu Ron und Harry: „Im Turm wartet nachher noch eine Überraschung auf euch, also bleibt
nicht zu lange.“
Harry blickte Dumbledore fragend an, doch dieser zwinkerte ihm nur zu, drehte sich um und
verließ die Halle.
Harry und Ron hatten jedoch nicht viel Zeit über diese Überraschung nachzudenken, denn sie
hatten alle Hände voll zu tun, um den bedrohlich schwankenden Hagrid aus dem Schloss zu
bugsieren.
„Tut mir leid, dass ich so Umstände für euch mach“, lallte Hagrid mit weinerlicher Stimme,
als sie über die große Wiese gingen, „Ich wollt ja gar nich so viel trinken, aber wenns nu ma
da is ..... dann musses doch auch weg, oder was sagt ihr?“
Harry und Ron zogen es vor auf diese Frage nicht zu antworten, es hatte in diesem Zustand
sicherlich wenig Sinn mit Hagrid zu diskutieren. Statt dessen zogen sie ihn weiter über die
Wiese.
Als sie endlich, nach mehr als zwanzig Minuten, die Hütte erreicht hatten, schoben sie Hagrid
aufatmend durch die breite Tür.
Fang, Hagrids Saurüde, begrüßte sie fröhlich winselnd. Er hatte seinen Herrn schon vermisst,
und war überglücklich, dass Hagrid nun wieder bei ihm war.
Nachdem sie ihn auf sein Bett gelegt hatten und Ron ihm die riesigen Schuhe ausgezogen
hatte, verabschiedeten sie sich, doch Hagrid hörte sie nicht mehr. Er schnarchte bereits.
Harry und Ron schlossen die Tür der Hütte und machten sich wieder auf den Weg zum
Schloss.
„Was glaubst du hat Dumbledore gemeint, als er sagte, dass eine Überraschung auf uns
wartet?“, fragte Ron nun neugierig.
„Ich habe keine Ahnung, aber vielleicht hat er sich einen kleinen Spaß erlaubt, und die
Gemeinschaftsräume noch ein bisschen weihnachtlich geschmückt“, antwortete Harry
grübelnd.
Ron überlegte.
„Ja, vielleicht, aber dann hätte er es doch zu allen gesagt, und nicht nur zu uns. Ich kann mir
nicht vorstellen, dass er den Gryffindor-Turm schmückt, und die anderen
Gemeinschaftsräume nicht.“ „Da hast du auch wieder Recht. Ich glaube es hat keinen Sinn
sich den Kopf zu zerbrechen, wir werden es ja gleich sehen. Komm, beeilen wir uns“, sagte
Harry, und beide rannten die Treppen zum Turm der Gryffindors nach oben.
Als sie das Portrait der fetten Dame erreicht hatten sagten sie das neue Passwort
„Weihnachtsengel“ und das Bild schwang zur Seite.
Harry und Ron betraten den düsteren Raum der nur von einem flackernden Feuer im Kamin
erhellt wurde und ihr Blick fiel auf einen Mann, der in der Mitte des Raumes stand und sie
beide anlächelte.
Es war ........ „Sirius“, rief Harry begeistert und rannte strahlend auf seinen Paten zu.
„Seit wann bist du hier? Das ist ja eine Überraschung“, rief Harry und sank in die
ausgebreiteten Arme von Sirius.
97
Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
„Ich bin erst vor einer Minute angekommen. Remus wird auch bald kommen, er wollte noch
einmal kurz zu Professor Dumbledore.“
Auch Ron war mittlerweile herangekommen und streckte Sirius seine Hand entgegen. Statt
ihm die Hand zu schütteln, nahm Sirius jedoch auch Ron in die Arme.
„Hallo Ron, schön dich mal wieder zu sehen“, sagte er und lächelte.
„Hallo Sirius, du siehst prima aus. Wieso bist du hier?“, fragte Ron und freute sich fast
genauso wie Harry seinen alten Bekannten wieder zu sehen.
„Das ist eigentlich ganz einfach“, antwortete Sirius und begann zu grinsen.
„Professor Dumbledore hat Remus und mir erzählt, dass ihr dieses Weihnachten die einzigen
Gryffindors seid, die in der Schule bleiben, und da haben wir uns entschlossen euch ein paar
Tage zu besuchen.“
„Ihr bleibt länger hier?“, fiel Harry ihm aufgeregt ins Wort.
„Wie lange?“
„Das hängt ganz von Professor Dumbledore ab“, antwortete Sirius, und versuchte vergeblich
Harry zu beruhigen, der aufgeregt von einem Fuß auf den anderen trat, „aber ich denke, dass
wir auf alle Fälle vier oder fünf Tage bleiben werden.“
Harry und Ron strahlten um die Wette. Das hatten sie am aller wenigsten erwartet. Diese
Überraschung war Professor Dumbledore wirklich gelungen.
Harry konnte es nicht fassen. Sein sehnlichster Wunsch war in Erfüllung gegangen: er würde
Weihnachten zusammen mit seinem Paten Sirius feiern. Was sollte ihm jetzt noch die Laune
verderben?
Harry und Sirius gingen zu den Sesseln direkt vor dem Kamin und setzten sich.
„Ich muss nur mal kurz in den Schlafsaal, ich komme gleich wieder“, sagte Ron und ging die
Treppe nach oben.
Harry lehnte sich entspannt in seinem Sessel zurück und genoss den Augenblick.
In diesem Moment öffnete sich das Portrait-Loch und Remus Lupin betrat den
Gemeinschaftsraum.
„Hallo Harry, schöne Weihnachten“, sagte er.
„Hallo Remus, ich kann es nicht fassen, dass ihr beide wirklich hier seid. Das ist das tollste
Weihnachtsfest, das ich je hatte“, sagte Harry und strahlte die beiden Männer an.
„Harry, Sirius, kommt schnell“, unterbrach sie plötzlich ein Schrei von Ron.
Harry und Sirius sprangen von ihren Sesseln auf, und alle drei rannten die Treppe zum
Schlafsaal nach oben.
Harry, der als erster die Tür erreicht hatte stieß sie auf und blieb wie angewurzelt stehen.
Der Anblick, der sich ihm bot verschlug ihm den Atem. Sein Bett war zerwühlt und der Inhalt
seines Koffers war über den ganzen Fußboden verteilt.
„Was ist hier passiert?“, fragte Lupin und blickte auf das Chaos.
Ron, der in der Mitte des ganzen Durcheinanders stand war bleich und begann zu stammeln:
„Ich weiß es nicht, Professor, als ich hier hoch kam, war alles verstreut.“
„Es sieht fast so aus, als ob jemand irgend etwas gesucht hat“, murmelte Sirius und ließ
seinen Blick über den Boden schweifen.
Harry hatte nur mit offenem Mund da gestanden und seinen Freunden stumm zugehört.
Plötzlich durchfuhr ihn die Erkenntnis wie ein Blitz.
„Das Auge“, rief er aufgeregt und stürzte auf seinen Koffer zu.
Fieberhaft durchwühlte er das Durcheinander.
Immer wieder drehte er den Inhalt des Koffers um, und prüfte seine Habe. Alles war noch da,
nur das Amulett konnte er nicht finden.
Niedergeschlagen stand er auf und sah seine Freunde resigniert an.
„Das ‚Auge des Ares‘ ist weg. Irgend jemand hat es gestohlen.“
Remus und Sirius rissen die Augen auf.
„Oh, nein“, entfuhr es Lupin.
98
Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
„Das war bestimmt Snape“, fluchte Ron.
„Wieso sollte es Snape gewesen sein?“, fragte Sirius verwundert.
„Er war den ganzen Abend nicht in der großen Halle. Er hätte noch etwas zu tun, hat er zu
Dumbledore gesagt. Na klar hatte er noch etwas zu tun, er musste Harry beklauen“, entrüstete
sich Ron.
„Sirius“, unterbrach Harry die beiden, „kannst du vielleicht als Hund eine Fährte
aufnehmen?“
„Gute Idee, Harry“, pflichtete Remus ihm bei.
Sirius nickte, verwandelte sich in einen großen, schwarzen Hund und begann neugierig die
Sachen auf dem Boden zu untersuchen. Er schnupperte in Harrys Koffer und blickte sie
schließlich mit großen Augen an.
„Was ist?“, fragte Ron aufgeregt.
Er war immer noch bleich und seine Stimme zitterte leicht.
Sirius verwandelte sich wieder in einen Menschen und sagte: „Ich glaube ich habe eine Spur.
Folgt mir.“
Mit diesen Worten verwandelte er sich wieder in einen Hund und rannte aus dem Zimmer, die
Treppe hinunter.
Harry, Ron und Lupin folgten ihm so schnell sie konnten. Als sie den Gemeinschaftsraum
erreicht hatten saß der große Hund bereits vor dem Portrait-Loch und winselte.
Harry öffnete die Tür und Sirius sprang nach draußen. Er rannte quer durch die Schule und
machte nur ab und an einmal halt, um zu überprüfen, ob er die Fährte noch hatte.
Seine Freunde hatten große Mühe ihm zu folgen. Sirius führte seine Verfolger aus der Schule
und lief am See vorbei in Richtung Hogsmeade.
Als er die Grenze von Hogwarts erreicht hatte, verwandelte er sich zurück und wartete, bis
Harry, Ron und Remus ihn eingeholt hatten.
„Und jetzt?“, fragte Harry.
„Ich weiß nicht, ich habe die Fährte verloren. Das ist mir noch nie passiert. Ich verstehe das
selbst nicht“, sagte Sirius fassungslos.
„Aber wir müssen doch irgend etwas unternehmen“, fluchte Ron.
„Wir können nichts machen, die Fährte hört hier einfach auf“, knurrte Sirius, „wahrscheinlich
ist der Dieb hier disappariert.“
„Wir müssen sofort zu Professor Dumbledore“, unterbrach Lupin ihre Diskussion.
„Wir hätten gleich zu ihm gehen sollen.“
Harry nickte niedergeschlagen. Ja, vielleicht wusste der Schulleiter, was jetzt zu tun war.
Sie gingen wieder zurück zur Schule und machten sich auf den Weg zum Büro des Direktors.
Die dunklen Gänge waren wie ausgestorben.
Als sie schließlich den Wasserspeier erreicht hatten sagte Lupin das Passwort
„Zitronenpudding mit Himbeergeschmack“ und sie gingen die lange, gewundene Treppe nach
oben. Ron blickte sich neugierig um, denn er war noch nie in Professor Dumbledores Büro
gewesen.
Als sie endlich das Ende der Treppe erreicht hatten, klopfte Lupin, und öffnete die Tür ohne
auf eine Antwort zu warten.
Professor Dumbledore stand mit dem Rücken zur Tür in seinem Büro und kraulte Fawkes
hinter dem Kopf. Der Phönix schien diese Aufmerksamkeit zu genießen, und reckte sich
wohlig.
Als er die Tür hinter sich hörte, drehte Dumbledore sich um und sah seine Besucher
verwundert an.
„Sind euch schon nach so kurzer Zeit die Gesprächsthemen ausgegangen?“, fragte er
freundlich.
Wenn ihn das unerwartete Eindringen seiner Besucher verärgert hatte, so zeigte er es nicht.
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Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
„Albus, es ist etwas passiert, das keinen Aufschub duldet“, sagte Lupin ernst, ohne auf
Dumbledores Frage einzugehen.
Dumbledore blickte Lupin fragend an.
„Setzt euch und erzählt mir, was passiert ist“, sagte er und ging um seinen Schreibtisch
herum, um sich selbst zu setzen.
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, und wartete auf die Erzählung.
Harry, Ron, Sirius und Remus setzten sich auf vier Stühle vor dem Schreibtisch und Remus
begann zu erzählen.
Als er das ‚Auge des Ares‘ erwähnte, setzte Dumbledore sich plötzlich auf und starrte Remus
entgeistert an, sagte jedoch kein Wort.
Als Remus geendet hatte blickte Dumbledore besorgt in die Runde und sagte zu Harry
gewandt: „Harry, warum hast du mir nicht gesagt, dass du dieses Amulett hast?“
Harry hatte während der ganzen Geschichte den Kopf gesenkt, und traute sich auch jetzt
nicht, dem Direktor in die Augen zu schauen, als er leise antwortete: „Ich habe am Anfang gar
nicht gewusst, dass es so mächtig und wichtig ist, und außerdem ......“
Sirius legte Harry eine Hand auf die Schulter und sagte zu Dumbledore gewandt: „Ich habe
Harry darum gebeten, dir nichts zu sagen.“
„Aber warum?“, fragte Dumbledore und blickte fragend von Sirius zu Remus.
„Remus wollte, dass wir es dir sagen, aber ich dachte es wäre besser, wenn nicht zu viele
davon wissen. Außerdem hättest du Harry sicher das Amulett weggenommen um es zu
verwahren.“
Dumbledore nickte langsam.
„Ja, das hätte ich vielleicht getan. Aber es wäre nur zu seinem Besten gewesen. Ihr zwei
solltet euch doch eigentlich noch gut daran erinnern, was das letzte mal geschehen ist, als
Lord Voldemort versucht hat, an das Amulett zu kommen. Ihr habt euren besten Freund
verloren, und Harry seine Eltern. Ihr beide habt die dunklen Zeiten miterlebt, die vor vielen
Jahren herrschten, wie konntet ihr annehmen, dass Voldemort seine Suche aufgegeben hat?
Habt ihr wirklich angenommen, dass ein fünfzehn jähriger Junge es beschützen kann?“
Sirius hatte während Dumbledores harter Worte den Blick gesenkt und war deutlich auf
seinem Platz geschrumpft. Er machte den Anschein von einem Schuljungen, der von seinem
Lehrer ins Gericht genommen worden war. Er wusste nicht, was er auf die Frage des
Schulleiters antworten sollte. Wie hatte er annehmen können, dass Harry das Amulett
verteidigen könnte. Er hätte ihn durch seine Ignoranz vielleicht sogar in ernste Gefahr bringen
können.
Für eine Weile herrschte Stille im Büro. Alle waren sehr betreten.
Schließlich sah Harry vorsichtig vom Boden auf und sah zu Dumbledore auf, der sie alle
immer noch aufmerksam beobachtete.
„Professor“, begann er langsam, „was ist denn das besondere an diesem Amulett? Was macht
es so gefährlich?“
„Das ‚Auge des Ares‘ wird in der langen Geschichte der berühmten und mächtigen Zauberer
zum ersten Mal im Zusammenhang mit Perikles, zur Zeit des antiken Griechenlands, erwähnt.
Perikles, Herrscher über Athen, führte damals sein Volk und sein ganzes Land in bisher nie
gekannten Wohlstand. Er führte unzählige Kriege und bezwang all seine Gegner mit Hilfe der
Macht dieses Amulettes. Doch sein berühmtester Träger war sicherlich der große Merlin. Er
konnte die Magie dieses Anhängers auf eine Art und Weise nutzen, wie es kein Zauberer vor
oder nach ihm vermochte. Es machte ihn zu einer Legende.“
Dumbledore machte eine Pause.
Harry und Ron, die immer noch verhältnismäßig wenig über das Amulett wussten, sahen ihn
erwartungsvoll an.
„Aber was macht es so mächtig? Ich habe in einem Buch in der Bibliothek gelesen, dass es
die Emotionen verstärkt?“, fragte Harry.
100
Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
Dumbledore nickte.
„Ja, das ist richtig. Nehmen wir zum Beispiel deinen Vater. Auch er war ein kraftvoller
Träger des Medaillons. Aber nicht, weil er so viel mächtiger oder talentierter gewesen wäre
als andere Zauberer, sondern weil er ein sehr emotionaler Mensch gewesen ist. Alles was er
machte, tat er mit ganzem Herzen. Und so kämpfte er auch mit all seinen Gefühlen und
seinem Sinn für Gerechtigkeit gegen Voldemort. Das Amulett spürte seine Emotionen und
verlieh ihm große Kraft. So wurde er zu einem gefährlichen Gegner für den Lord.“
„Und Voldemort ist zerfressen von Hass“, ergänzte Lupin, „wenn er das Amulett in die Finger
bekommt, wird er mächtiger, als jemals ein Zauberer vor ihm. Hass ist es, auf den das ‚Auge
des Ares‘ besonders sensibel reagiert, und der dunkle Lord ist ohnehin einer der stärksten
Zauberer, der jemals gelebt hat. Mit dem Amulett wäre er so gut wie unbesiegbar.“
„Verdammt, es ist meine Schuld“, fluchte Sirius, „hätte ich Harry das Amulett bloß nie
gegeben.“
„Sirius, es hat keinen Sinn, sich Vorwürfe zu machen. Jetzt ist es zu spät. Es war nur eine
Frage der Zeit, dass Voldemort sich auf die Suche nach dem Amulett macht.“
„Professor“, fragte Ron jetzt vorsichtig, „glauben Sie, dass er es selbst gestohlen hat?“
„Nein, ich denke es war einer seiner Anhänger. Er würde es nicht wagen in Hogwarts
einzudringen. Noch nicht“, antwortete Dumbledore.
„Ja, aber wer war es dann?“, fragte Ron wieder.
„Ich weiß es auch nicht, aber vielleicht kenne ich jemanden, der es weiß“, sagte Dumbledore
und erhob sich von seinem Platz.
„Kommt mit“, sagte er und verließ das Büro.
Gemeinsam gingen sie durch die dunklen Gänge der Schule, bis sie das Portrait der fetten
Dame erreicht hatten.
„Oh, guten Abend Professor Dumbledore, was verschafft mir das unerwartete Vergnügen?“,
fragte die Dame und blickte Dumbledore freundlich an.
„Guten Abend, Olivia“, antwortete Dumbledore freundlich, „Ich möchte dir eine Frage
stellen. Ist in den letzten Stunden irgend jemand in den Gryffindor-Turm gegangen, der dort
nicht hingehört?“
Die fette Dame dachte einen Moment nach, dann antwortete sie: „Nein, Professor, nicht dass
ich wüsste. Nur Mr. Black und Professor Lupin. Ansonsten kann ich mich an niemanden
erinnern.“
Als sie den Namen Black aussprach schien ihre Stimme leicht zu zittern. Sie hatte noch nicht
vergessen, dass Sirius vor zwei Jahren versucht hatte ohne ihre Erlaubnis den Turm zu
betreten. Damals hatte er dem Bild vor lauter Zorn ziemlich übel mitgespielt.
Dumbledore nickte kurz und wandte sich wieder seinen Begleitern zu.
„Hm, das habe ich befürchtet. Falls der Eindringling durch diesen Eingang in den Turm
gelangt ist, wovon ich im Moment ausgehe, hat er wahrscheinlich einen Gedächtnis-Zauber
angewandt, so dass Olivia sich nicht mehr daran erinnern kann.“
Harry blickte die drei Erwachsenen mit großen Augen abwechselnd an.
„Ein Gedächtnis-Zauber bei einem Bild? Geht so etwas denn?“
„Ja, so etwas gibt es“, antwortete Lupin, „es gibt in der schwarzen Magie einige Zauber, die
so mächtig sind, dass sie auch bei nicht lebenden Personen wirken, wie zum Beispiel Bilder.“
„Ich denke, wir sollten schlafen gehen,“ sagte Professor Dumbledore schließlich, „Heute
Abend können wir nichts mehr tun. Remus und Sirius, ihr werdet in dem leeren Schlafsaal der
Vertrauensschüler am Ende des Gemeinschaftsraums gleich links schlafen. Dieser Raum
wurde in den letzten Jahren nicht mehr benutzt. Ich habe die Hauselfen gebeten, ihn für euch
herzurichten.“
„Danke Albus“, antwortete Lupin, „ich glaube du hast Recht, heute Abend können wir nichts
mehr ausrichten. Bis morgen.“
101
Harry Potter und das Auge des Ares
7. Das Geständnis
Professor Dumbledore machte sich wieder auf den Weg in sein Büro, und Remus, Sirius, Ron
und Harry gingen gemeinsam in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Sie waren alle sehr
niedergeschlagen.
„Hallo, Harry Potter“, schrillte ihnen eine Stimme aus dem Gemeinschaftsraum entgegen,
„Dobby hat sie so lange nicht mehr gesehen. Wie geht es Harry Potter?“
Der Hauself hüpfte aufgeregt auf und ab und grinste über das ganze Gesicht. Er hatte einen
weißen Kissenbezug wie eine Toga um die Schultern geschlungen und trug wie schon so oft
zwei verschiedenfarbige Socken. Eine war gelb, auf der anderen waren weiße Schäfchen, die
auf einer Wiese grasten abgebildet.
„Guten Abend Dobby“, antwortete Harry müde, „was machst du denn hier?“
„Die Hauselfen haben den hinteren Schlafsaal für die Gäste von Harry Potter vorbereitet.“
„Ach so, verstehe. Sag mal, Dobby, wie geht es denn eigentlich Winky, ich habe sie lange
nicht gesehen“, fragte er den kleinen Hauselfen.
Dobby fingerte nervös an einem Knopf seines Kissenbezuges herum und sagte langsam:
„Ach, Harry Potter, Winky trauert immer noch um ihren Meister, aber es wird besser.
Nachdem ihr junger Herr von uns gegangen ist, hat Professor Dumbledore lange mit ihr
geredet, und jetzt trinkt sie nur noch halb so viel wie letztes Jahr.“
Harry nickte.
„Sag ihr einen schönen Gruß von mir. Sei mir nicht böse, Dobby, aber ich bin müde. Gute
Nacht.“
„Schlafen sie gut Harry Potter“, sagte Dobby, machte eine kleine Verbeugung vor Harry und
wandte sich dem Ausgang zu.
Bevor er das Portrait-Loch erreicht hatte hielt Harry ihn noch einmal auf.
„Dobby, einen Moment noch, ich möchte dich noch etwas fragen“, sagte er.
Der Hauself drehte sich um und lächelte Harry an.
„Harry Potter darf Dobby alles fragen was er will. Dobby ist stolz darauf, wenn er Harry
Potter helfen kann“, antwortete er und kam wieder einen Schritt näher.
„Hast du vielleicht irgend jemanden in der letzten Stunde im Gemeinschaftsraum oder in den
Schlafsälen gesehen? Außer uns natürlich. Es ist nämlich etwas gestohlen worden“, fragte
Harry den Hauselfen.
Vielleicht hatte er ja gesehen, wer das ‚Auge des Ares‘ gestohlen hatte.
Dobby legte den Kopf schief und überlegte einen Moment bevor er antwortete: „Nein, Sir,
Dobby hat niemanden gesehen. Nur die Hauselfen waren hier, und wir würden nie unsere
Meister bestehlen.“
Harry nickte enttäuscht.
„Danke Dobby“, sagte er und Dobby verließ den Gemeinschaftsraum. Harry und Ron sagten
Sirius und Remus ‚Gute Nacht‘ und gingen gemeinsam in ihren Schlafsaal.
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Harry Potter und das Auge des Ares
8. Vollmond
8. Vollmond
Am nächsten Morgen herrschte im Turm der Gryffindors gedrückte Stimmung. Harry und
Ron gingen gemeinsam in den Gemeinschaftsraum. Dort wurden sie bereits von Sirius und
Remus erwartet. Die beiden Männer saßen vor dem Kamin und unterhielten sich.
„Guten Morgen Jungs, schöne Weihnachten“, sagte Sirius und lächelte ihnen zu, aber sein
Lächeln sah nicht wirklich fröhlich aus.
Beide Männer hatten dunkle Ringe unter den Augen und sahen sehr mitgenommen aus.
Harry vermutete, dass sie noch bis spät in die Nacht darüber nachgedacht hatten, was jetzt zu
tun war.
„Guten Morgen, euch auch schöne Weihnachten“, antwortete Harry und ging zu seinem
Paten.
Gemeinsam gingen alle vier zu dem großen Christbaum, unter dem die Geschenke warteten.
Sie setzten sich um den Baum, doch keiner hatte Lust, als erster die Geschenke zu öffnen. Es
war einfach keine Weihnachtsstimmung vorhanden.
„Na kommt schon, es hat keinen Sinn die Köpfe hängen zu lassen, wir können vorerst nichts
mehr tun“, versuchte Sirius sie aufzumuntern, doch er klang nicht sehr überzeugend.
Schließlich griff Ron als erster nach seinen Geschenken, und begann sie auszupacken. Seine
Laune besserte sich nicht sonderlich, als er einen braunen Pullover von seiner Mutter in den
Händen hielt.
„Immer braun, warum immer braun?“, maulte er, und die anderen mussten ungewollt lachen.
Auch Harry griff nun nach dem ersten Paket, und begann es auszupacken. Es war von Hagrid.
Als er es öffnete fielen ihm duzende von Keksen in den Schoß, Hagrid hatte scheinbar wieder
einmal gebacken. Von Mrs. Weasley bekam er wie Ron einen Pullover, doch seiner war
quietsch-türkis.
Nach und nach öffnete er die Päckchen, bis er das letzte in der Hand hielt. Es war von
Hermine. Harry drehte es einen Moment in den Händen. Es fühlte sich an wie ein Buch.
Typisch Hermine, dachte er, wahrscheinlich irgendein Lehrbuch, damit er sich auf die ZAGPrüfungen, am Ende des Schuljahres vorbereiten sollte. Es riss das Papier auf und es kam
tatsächlich ein Buch zum Vorschein. Harry staunte. Hermine hatte sich mal wieder selbst
übertroffen: es war ‚Quidditch im Wandel der Zeiten Band II‘. Harry hatte überhaupt nicht
gewusst, dass es einen zweiten Band gab. Fasziniert schlug er das Buch auf und begann zu
lesen.
„Komm, Harry, frühstücken“, riss ihn einige Minuten später Ron aus seiner Lektüre.
Widerwillig legte Harry das Buch aus der Hand und erhob sich. Als er sich umdrehte konnte
er sich ein Lächeln nicht verkneifen.
Professor Dumbledore hatte wirklich an alles gedacht. Einer der Tische des
Gemeinschaftsraumes war mit einem üppigen Frühstück für vier Personen gedeckt, da Sirius
natürlich nicht in der großen Halle frühstücken konnte. Gemeinsam setzten sie sich und
begannen zu essen.
Nach dem Frühstück stand Lupin auf.
„So meine Lieben, ich muss euch leider für ein oder zwei Tage alleine lassen. Als Professor
Snape gehört hat, dass ich nach Hogwarts komme, hat er mich gebeten, eine neue Variante
seines Wolfstrankes zu testen. Heute Abend ist es so weit, dann ist Vollmond.“
„Aber warum kannst du da nicht bei uns im Turm bleiben?“, fragte Harry irritiert.
„Severus hat gesagt, dass er völlig neue Komponenten in den Trank gemischt hat, und es
können eventuell Nebenwirkungen auftreten. Es ist nur zu eurem Besten. Stellt euch vor, der
Trank wirkt nicht richtig, und ich greife euch hier im Turm an. Das möchte ich auf keinen
Fall riskieren“, versuchte Lupin seinen Standpunkt zu erklären.
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Harry Potter und das Auge des Ares
8. Vollmond
„Aber Professor Lupin“, sagte Ron vorsichtig, „glauben Sie, dass es so klug ist Snape zu
trauen? Wir sind uns ja auch nicht sicher, ob er es vielleicht war, der Harrys Amulett geklaut
hat.“
Lupin lächelte gequält.
„Ron, Professor Dumbledore vertraut Professor Snape, und ich muss ehrlich sagen, dass mir
kaum eine andere Wahl bleibt. Er ist der einzige, der dazu fähig ist, diesen Trank zu brauen.
Er hat ihn selbst entwickelt.“
„Machs gut, Moony, halt die Ohren Steif. Du weißt, wo du mich findest, falls irgend etwas
ist“, sagte Sirius und zwinkerte seinem Freund zu.
Remus Lupin nickte ihnen noch einmal zu und verließ dann den Gryffindor-Turm.
Den Rest des Tages verbrachten Harry, Ron und Sirius im Gemeinschaftsraum.
Sirius gab wieder ein paar seiner alten Geschichten zum besten, und Harry und Ron
berichteten ihrerseits von den Vorkommnissen während des letzten halben Jahres. Außerdem
diskutierten sie noch einmal ausgiebig darüber, wer wohl das Amulett gestohlen haben
könnte. Harry und Ron waren fest davon überzeugt, dass Snape es im Auftrag von Voldemort
getan hatte, Sirius war sich allerdings nicht so ganz sicher.
Nach dem Abendessen holte Ron seine Spielkarten, und sie erklärten Sirius die Regeln von
‚Snape explodiert‘. Es dauerte nicht lange, und Sirius beherrschte das Spiel ebenso gut wie
Harry und Ron. Sie waren gerade bei der achten oder neunten Runde, als das Portrait vor dem
Eingang des Turms zur Seite schwang, und Professor Dumbledore den Raum betrat. Er schien
sehr außer Atem zu sein und hatte einen gehetzten Ausdruck in den Augen.
Sirius sprang sofort von seinem Stuhl auf, der geräuschvoll nach hinten umkippte, und rannte
auf den Schulleiter zu.
„Um Gottes Willen, Albus, ist etwas passiert?“, rief er aufgeregt.
Harry und Ron waren mittlerweile ebenfalls aufgestanden, und gingen auf Dumbledore und
Sirius zu. Dumbledore schnaufte immer noch, schien sich aber langsam wieder zu erholen.
„Sirius, du musst uns helfen. Du bist der Einzige, der ihn im Zaum halten kann.“
„Ja, aber was ist denn geschehen?“, fragte Sirius erneut, mit einem angstvollen Unterton in
der Stimme.
Dumbledore atmete tief durch, dann antwortete er: „Der Wolfstrank scheint nicht richtig zu
wirken, Remus ist aus dem Kerker entkommen und streunt jetzt durch die Untergeschosse der
Schule.“
Sirius war schlagartig jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen.
Harry blickte Ron mit aufgerissenen Augen an. Er wollte sich lieber nicht vorstellen, was
passieren würde, wenn Remus in diesem Zustand irgend jemandem begegnen würde.
Niemand sonst in Hogwarts erwartete auch nur im entferntesten, dass sich ein Werwolf auf
dem Schulgelände herumtreiben könnte. Glücklicherweise waren die meisten Schüler zu
Hause.
„Harry, Ron, ihr bleibt im Gemeinschaftsraum. Hier seid ihr sicher. Ein Werwolf ist sehr
gefährlich, vor allem, wenn der Mensch den Wolf nicht unter Kontrolle hat“, sagte
Dumbledore zu den Jungen und wandte sich wieder dem Ausgang zu.
Sirius folgte ihm und während er durch das Portrait-Loch stieg, verwandelte er sich in einen
großen, schwarzen Hund.
Das Loch schloss sich hinter ihnen, und Harry und Ron blieben alleine zurück.
„Was mag da passiert sein?“, fragte Harry seinen Freund.
„Das ist doch ganz klar, Snape hat versagt. Er hat den Trank für Professor Lupin in den Sand
gesetzt“, antwortete Ron, und konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen.
„Ron, das ist nicht lustig, wenn irgend jemand Remus über den Weg läuft, passiert eine
Katastrophe.“
Ron ignorierte Harrys Ermahnung und spekulierte weiter: „Oder meinst du, er hat den Trank
absichtlich vergeigt? Das wäre ja ein Hammer.“
104
Harry Potter und das Auge des Ares
8. Vollmond
Harry schüttelte verständnislos den Kopf.
„Komm, lass uns aufräumen, ich habe keine Lust mehr auf ‚Snape explodiert‘.“
Er ging zurück zum Tisch und hob den Stuhl auf, den Sirius in seiner Eile umgestoßen hatte.
„Ron, schnell komm her, schau mal“, rief Harry vom Tisch herüber und Ron ging zu seinem
Freund um nachzusehen, was er wollte.
Als er Harry erreicht hatte blickte er in die Richtung, die Harry ihm wies. Auf dem Boden lag
Sirius‘ Zauberstab.
„Der muss ihm aus der Tasche gefallen sein, als er aufgesprungen ist“, sagte Harry
nachdenklich.
„Sieht ganz so aus. Was sollen wir jetzt machen?“, fragte Ron unsicher.
„Ich weiß nicht, solange er ein Hund ist, ist er sicher, aber wenn er sich zurück verwandelt hat
er ohne seinen Zauberstab keine Chance gegen einen Werwolf“, sagte Harry, und leichte
Sorge schwang in seiner Stimme mit.
„Dann gibt es nur eine Möglichkeit“, sagte Ron entschlossen, „Wir müssen ihm den
Zauberstab bringen.“
„Bist du verrückt? Wenn wir Remus über den Weg laufen, sind wir tot“, entrüstete Harry sich,
„und wenn Sirius ihm über den Weg läuft ist er tot“, fügte er leiser hinzu.
„Lass uns gehen“, sagte er entschlossen und zog Ron zum Ausgang des Gryffindor-Turms.
Harry steckte den Zauberstab in seinen Umhang und sie verließen gemeinsam den
Gemeinschaftsraum.
Die Gänge waren wie ausgestorben.
Harry und Ron lief ein kalter Schauer über den Rücken. Irgend etwas an dieser Ruhe war
beängstigend. Eilig gingen sie weiter. Sie wollten die Stille der oberen Flure so schnell wie
möglich hinter sich lassen.
Als sie den Korridor im ersten Stock erreicht hatten, blieb Ron wie angewurzelt stehen.
Er spähte angespannt in die Dunkelheit und lauschte. Harry blieb ebenfalls stehen und
flüsterte: „Hast du was gehört?“
„Ich weiß nicht“, flüsterte Ron zurück, „Ich glaube da vorne hat sich etwas bewegt.“
Geräuschlos zogen sie ihre Zauberstäbe aus dem Umhang und gingen vorsichtig weiter.
Sie bogen um die nächste Ecke, und blickten in zwei glühende Augen.
„Lumos“, schrie Harry und richtete seinen Zauberstab auf die Gestalt vor ihnen.
Als das Licht ihr Gegenüber traf, fauchte es, und sträubte die Nackenhaare.
„Mrs. Norris“, keuchte Ron.
„Diese verdammte Katze, ich hab gedacht, ich sterbe vor Angst.“
Auch Harry atmete erleichtert auf.
„Los, lass uns weitergehen, bevor sie Filch holt. Den können wir jetzt wirklich nicht
gebrauchen.“
Sie gingen weiter und Mrs. Norris starrte ihnen bösartig hinterher.
Harry und Ron bogen um die nächste Ecke und erstarrten.
Etwa 15 Meter vor ihnen stand ein riesiger Werwolf und fletschte seine blitzenden, langen
Zähne.
Ganz langsam kam er auf Ron und Harry zu.
„Harry, er ist nicht mehr im Keller, was sollen wir jetzt machen?“, fragte Ron mit zitternder
Stimme.
„Ganz ruhig bleiben, wenn wir wegrennen könnte ihn das reizen“, flüsterte Harry, war sich
aber nicht sicher, ob seine Spekulation stimmte.
Der Werwolf duckte sich leicht und schlich weiter vorwärts.
In dem schummrigen Licht konnten sie erkennen, wie sich seine Nackenhaare sträubten.
Schleimiger Geifer tropfte aus seinem Maul, und seine Augen funkelten gefährlich.
Harry und Ron gingen langsam Rückwärts, ohne den Werwolf aus den Augen zu lassen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
8. Vollmond
„Vielleicht schaffen wir es, hinter der nächsten Biegung zu verschwinden, bevor er es
bemerkt“, flüsterte Ron und schielte aus den Augenwinkeln zu Harry, ohne dabei den Wolf
ganz aus den Augen zu lassen.
„Ich glaube nicht, dass er darauf reinfällt. Das ist kein normaler Wolf, der ist nicht doof. Was
immer wir auch unternehmen, wir dürfen ihn nur nicht verletzen, denk dran, das ist Lupin“,
flüsterte Harry zurück, und machte noch einen vorsichtigen Schritt rückwärts.
Der Werwolf kam immer näher. Er war nur noch wenige Meter von ihnen entfernt.
Sie sahen wie er sich leicht zusammen kauerte um zu einem Sprung anzusetzen.
In dem Moment, als er sich vom Boden abstieß rief Harry mit leicht panischer Stimme:
„Inimicus paries“ und schwang seinen Zauberstab.
Der Werwolf prallte genau an der höchsten Stelle seiner Flugkurve gegen eine unsichtbare
Mauer und schlug mit einem gewaltigen Schlang auf dem Steinboden auf.
Für einen kurzen Augenblick blieb er benommen liegen, dann rappelte er sich wieder auf und
schüttelte sich.
„Das war genial“, johlte Ron und sah Harry bewundernd an.
„Ich weiß nicht, ob ihn das lange aufhält“, sagte Harry leise und ließ den Werwolf nicht aus
den Augen.
Der Wolf fixierte die beiden Jungen wieder und fletschte die Zähne. Für einen Moment blieb
er bewegungslos auf der Stelle stehen, dann schlich er wieder langsam vorwärts.
Die unsichtbare Mauer schien ihn nicht mehr zu stören.
Schritt für Schritt kam er näher und gab ein tiefes Knurren von sich.
Der Wolf hatte sie fast erreicht, als Ron seinen Zauberstab auf das Tier richtete und
„Petrificus Totalus“ rief.
Die Beine des Werwolfes klappen unter seinem Bauch zusammen und seine Zähne wurden
wie von Zauberhand aufeinander gepresst, so dass er sein Maul nicht mehr öffnen konnte.
„Auch nicht schlecht“, keuchte Harry und grinste Ron kurz an.
Der gefesselte Werwolf gab immer noch ein bedrohliches Knurren von sich und versuchte
sich aus Leibeskräften von der Ganzkörperklammer zu befreien.
Es dauerte nur wenige Sekunden und er konnte bereits seine Beine wieder etwas bewegen.
Ron riss die Augen auf und rief: „Kann man das Biest denn gar nicht aufhalten?“
Seine Stimme überschlug sich fast vor Angst.
In diesem Moment wurden Ron und Harry unsanft zur Seite gestoßen und ein großer,
schwarzer Hund sprang an ihnen vorbei, direkt auf den Werwolf zu. Er fletschte die Zähne
und starrte auf den Wolf, der bereits wieder seine Beine bewegen konnte. Es dauerte noch
einige Sekunden, bis der Werwolf wieder auf seinen Füßen stand und den Hund anknurrte.
Der Hund machte einen Satz auf den Wolf zu und packte ihn am Genick. Dann schleifte er
ihn in Richtung Kerker davon.
Der Werwolf wehrte sich aus Leibeskräften, konnte sich jedoch nicht aus dem festen Biss des
Hundes befreien.
Als die beiden Tiere hinter der nächsten Ecke verschwunden waren atmeten Harry und Ron
auf. Sirius hatte ihnen das Leben gerettet. Wer weiß, wie lange sie Lupin noch in Schach
hätten halten können.
Plötzlich legte sich eine Hand von hinten auf Harrys und Rons Schulter. Beide schrieen vor
Schreck kurz auf und wirbelten herum.
Vor ihnen stand Professor Dumbledore. Sein Gesicht war bleich und er starrte die beiden
Jungen entsetzt an.
„Seid ihr beide lebensmüde?“, fragte er sie mit aufgelöster Stimme, „Er hätte euch umbringen
können. Was macht ihr hier?“
„Professor, wir ...“, stammelte Ron.
„Wir wollten Sirius seinen Zauberstab bringen, er hat ihn in unserem Gemeinschaftsraum
vergessen“, übernahm Harry die Initiative.
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Harry Potter und das Auge des Ares
8. Vollmond
„Aber Harry, Ron, Sirius hat seinen Zauberstab doch gar nicht gebraucht. Er wäre nie im
Leben so dumm, sich einem Werwolf als Mensch gegenüber zu stellen. Was habt ihr euch nur
dabei gedacht?“
Harry und Ron ließen beschämt die Köpfe hängen.
„Kommt mit, ich bringe euch zurück in den Gryffindor-Turm“, sagte Dumbledore und führte
die beiden Jungen zurück zum Portrait der fetten Dame.
Auf dem ganzen Weg sprachen sie kein Wort. Harry fühlte sich elend. Sicher war Professor
Dumbledore nun enttäuscht von ihm. Zuerst hatte er nichts von dem Amulett erzählt, und nun
hatten er und Ron gegen die strikte Anweisung der Erwachsenen den Gemeinschaftsraum
verlassen.
Als sie das Portrait-Loch erreicht hatten sagte Ron das Passwort und die beiden Jungen
betraten den leeren Raum.
Professor Dumbledore sah ihnen noch einen Moment nach, dann schloss er die Tür von außen
und ging in sein Büro.
Ron und Harry setzten sich niedergeschlagen auf zwei Sessel vor dem Kamin und starrten
stumm in die Flammen. Keiner von beiden konnte ein Wort sagen, zu sehr waren sie mit ihren
eigenen Gedanken beschäftigt.
Nach etwa eine halbe Stunde öffnete sich das Portrait-Loch und Sirius betrat das Zimmer.
Harry und Ron sahen von ihren Sesseln auf und beobachteten wortlos, wie er zu ihnen
herüber kam.
Als Sirius die beiden Jungen erreicht hatte wollte Harry eine Entschuldigung stammeln, aber
Sirius ließ ihn nicht zu Wort kommen.
Er sah ihn mit müden Augen an und sagte ernst: „Harry, ich bin maßlos enttäuscht von dir.
Ich hoffe das war euch eine Lehre.“
Weder Harry noch Ron konnten darauf antworten.
Beide sahen Sirius nur beschämt an. Nach einer kurzen Pause fügte Sirius tonlos hinzu: „Geht
jetzt ins Bett, es ist spät.“
Ohne ein Wort erhoben Ron und Harry sich und schlichen bedrückt nach oben in ihren
Schlafsaal.
Harry hatte Mühe seine Tränen zurück zu halten. Er hätte es leichter verkraften können, wenn
Sirius ihn angeschrieen hätte, ihn zur Rede gestellt hätte, ihn beschimpft hätte. Aber diese
Enttäuschung in den Augen seines Paten war nur schwer zu ertragen. Sirius war der letzte
Mensch auf der Welt, den Harry enttäuschen wollte.
An diesem Abend lag Harry noch lange wach, und dachte über die Ereignisse der letzten Tage
nach. Er verfluchte sich für seine Dummheit und Naivität.
Es waren schon viele Stunden vergangen, als er auf seine Uhr blickte. Es war bereits kurz
nach drei.
Er hörte Ron, der sich in seinem Bett hin und her warf. Wahrscheinlich war auch er noch
wach. Sie hatten, seit sie den Gemeinschaftsraum an diesem Abend betreten hatten, kein Wort
mehr miteinander gesprochen, doch Harry wusste, dass sein Freund das selbe fühlen musste
wie er.
Harry konnte sich nicht daran erinnern, wann er an diesem Abend eingeschlafen war und als
er am nächsten morgen erwachte fühlte er sich wie gerädert.
Leise stand er auf und zog sich an. Er hoffte inständig, dass sich später irgend eine
Möglichkeit ergeben würde um noch einmal mit Sirius zu sprechen. Er wollte sich
entschuldigen, sagen dass es ihm leid tat, auch wenn dies den gestrigen Abend nicht
ungeschehen machen würde.
Als er sich fertig angezogen hatte setzte Harry sich auf sein Bett und nahm ‚Quidditch im
Wandel der Zeiten Band II‘. Vielleicht würde das Buch ihn etwas ablenken.
107
Harry Potter und das Auge des Ares
8. Vollmond
„Harry“, riss Ron seinen Freund aus den Gedanken. Harry schreckte hoch.
„Was ist, ich lese“, antwortete er etwas schroffer, als er eigentlich wollte.
Ron zögerte einen Moment dann sagte er vorsichtig: „Du liest seit einer viertel Stunde die
selbe Seite.“
Harry stutzte kurz. Ron hatte Recht, er hatte tatsächlich die ganze Zeit auf ein und die selbe
Seite gestarrt.
„Entschuldige Ron, ich wollte dich nicht so anfahren“, sagte Harry schließlich.
„Ist schon gut“, antwortete Ron und lächelte gequält.
„Tut mir leid, dass ich uns in diesen Schlamassel gebracht habe“, murmelte Ron leise und sah
Harry an.
„Was?“, frage dieser verwirrt.
„Na ja, es war doch meine Idee Sirius den Zauberstab zu bringen. Und jetzt ist er sauer.“
Harry schüttelte energisch den Kopf.
„Es war genauso meine Idee, ich will nicht, dass du dir die Schuld dafür gibst. Wir hätten
beide wissen müssen, dass es Wahnsinn ist da hinaus zu gehen, wenn ein Werwolf durch die
Schule schleicht.“
„Ja, du hast wohl recht“, antwortete Ron und schwieg einen Moment.
Dann fügte er hinzu: „Aber es war echt cool, wie das Vieh gegen deine unsichtbare Mauer
geknallt ist.“
Beide konnten sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.
„Mach dir keine Sorgen, Harry, Sirius wird sich schon wieder beruhigen“, versuchte Ron
seinen Freund aufzumuntern, doch es klang nicht wirklich überzeugend.
Gemeinsam verließen sie ihren Schlafsaal und gingen die Treppe hinunter in den
Gemeinschaftsraum um zu frühstücken.
Sirius saß bereits am Tisch und aß einen Toast mit Marmelade.
Als Harry und Ron den Raum betraten sah er kurz auf, widmete sich aber sofort wieder
seinem Frühstück.
Er sah noch mitgenommener aus als am Vortag. Seine Augen waren matt und ausdruckslos,
sein Gesicht war grau und farblos und sein Haar stand ihm wirr vom Kopf. Dieser Anblick
erinnerte Harry an seine erste Begegnung mit Sirius. Damals war er ständig auf der Flucht vor
den Zauberern des Ministeriums gewesen, ohne ein sicheres Versteck oder eine Zuflucht.
Wortlos setzten Ron und Harry sich und begannen ebenfalls zu frühstücken.
Ron schien großen Hunger zu haben und langte herzhaft zu, doch Harry brachte keinen
Bissen hinunter. Missmutig schob er seinen Honigtoast von einer Seite des Tellers zur
anderen, ohne ihn jedoch anzurühren.
Schließlich stand er auf und ging zurück in seinen Schlafsaal. Dort holte er sein ‚Lehrbuch
der Zaubersprüche, Band 5‘ aus seiner Tasche und legte sich auf sein Bett. Es wurde wirklich
langsam Zeit, dass er anfing für seine ZAG-Prüfungen am Ende des Schuljahres zu lernen.
Als Ron eine halbe Stunde später in den Schlafsaal kam sah Harry von seinem Buch auf.
„Harry, du solltest versuchen mit ihm zu reden. Ihr könnt euch nicht den Rest der Ferien
anschweigen“, sagte Ron und sah Harry eindringlich an.
Harry schüttelte den Kopf.
„Jetzt nicht, ich lerne, das siehst du doch“, antwortete Harry abwesend.
„Wenn du schon lernst, dann halt wenigstens das Buch richtig herum“, sagte Ron ungerührt
und verließ wieder den Schlafsaal.
Erst zum Abendessen ging Harry wieder hinunter in den Gemeinschaftsraum. Er hatte den
ganzen Tag in sein Buch gestarrt, aber gelernt hatte er nicht.
Das Abendessen verlief ebenso schweigend wie das Frühstück. Wieder stocherte Harry lustlos
in seinen Erbsen. Er hatte einfach keinen Appetit.
Nach dem Essen erhob sich Sirius und ging zu einem der Fenster. Wortlos blickte er auf die
untergehende Sonne.
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Harry Potter und das Auge des Ares
8. Vollmond
„Jetzt mach schon“, zischte Ron seinem Freund zu.
Harry erhob sich langsam und ging vorsichtig zu seinem Paten hinüber.
„Sirius“, sagte er leise, als er ihn erreicht hatte.
Sirius wandte seinen Blick vom Fenster ab und sah Harry an. In seinen Augen lag ein
Ausdruck, den Harry noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Es war eine Mischung aus
Resignation und Enttäuschung.
Harry zögerte einen Moment, dann sagte er noch leiser: „es tut mir leid, ich wollte das nicht.“
Sirius sah Harry nur an. Es schien eine Ewigkeit zu dauern bevor er antwortete: „Ich weiß.“
Harry wusste nicht was er darauf antworten sollte, doch bevor ihm eine passende Antwort
einfiel fuhr Sirius sanft fort.
„Harry, ich hatte solche Angst um dich. Versprich mir, dass du nie wieder so etwas Dummes
machen wirst.“
Harry nickte stumm. Er presste die Lippen aufeinander um zu verhindern, dass ihm die
Tränen in die Augen stiegen.
Sirius blickte ihn immer noch an und sagte leise: „Lass uns das vergessen.“
Harry fiel seinem Paten um den Hals.
In der Zwischenzeit war auch Ron langsam herüber gekommen.
Gemeinsam setzten sie sich vor den Kamin. Obwohl sie auch jetzt nicht viel redeten war die
Stimmung nun viel entspannter.
„Auch wenn ich es nicht gerne zugebe“, sagte Sirius später am Abend, „Aber Moony,
Padfoot, Prongs und Wurmschwanz waren auch nicht besser als ihr beide. Wir haben uns
damals auch viel zu oft in Gefahren begeben, ohne abschätzen zu können, wie gefährlich die
Situationen wirklich waren.“
Harry lächelte.
Im Laufe des Abends stellte sich die alte Herzlichkeit, die vor diesem Zwischenfall geherrscht
hatte, wieder vollkommen ein und Harry überkam ein Gefühl des Bedauerns als es Zeit wurde
ins Bett zu gehen. Das erste mal seit Sirius und Remus in Hogwarts angekommen waren
konnte Harry wieder ruhig schlafen.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück kam Remus Lupin zurück. Er sah sehr
mitgenommen und ausgemergelt aus. Unter seinen Augen waren dunkle Ringe, seine Augen
waren matt und er schien körperlich sehr erschöpft. Sogar sein abgetragener Umhang schien
ihm noch schlaffer als sonst von den Schultern zu hängen. Die beiden Vollmond-Tage hatten
ihm ziemlich zugesetzt und die Verwandlung in einen Werwolf hatte unheimlich an seinen
Kräften gezehrt.
Wie zu erwarten konnte er sich an die Vorkommnisse der vorletzten Nacht nicht mehr
erinnern. Der Wolfstrank hatte in dieser Nacht so gut wie keine Wirkung gezeigt und Remus
war wie in früheren Zeiten nur seinen Instinkten gefolgt.
Als seine Freunde ihm erzählten was genau vorgefallen war machte er sich große Vorwürfe
und verfluchte seine Existenz als Werwolf.
Doch trotz dieses tragischen Zwischenfalls waren seine Experimente mit Professor Snape
durchaus positiv gewesen. Nach diesem eindeutigen Fehlschlag hatte Snape die Formel für
den Wolfstrank noch einmal modifiziert, und in der zweiten Nacht hatte Lupin nicht nur sein
volles Bewusstsein behalten, auch die normalerweise sehr qualvolle Verwandlung war fast
schmerzfrei verlaufen.
Viel zu schnell waren die gemeinsamen Tage vorbei, und Remus und Sirius mussten zu
Harrys und Rons großem Bedauern wieder abreisen.
Der Rest der Ferien verlief ereignislos. Harry und Ron verbrachten ihre Tage mit schlafen und
faulenzen und lachten immer wieder über die Geschichten, die Sirius und Remus ihnen
erzählt hatten.
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Harry Potter und das Auge des Ares
8. Vollmond
Am letzten Ferientag kamen die restlichen Schüler, die ihre Weihnachtsferien zu Hause bei
ihren Familien verbracht hatten, wieder nach Hogwarts.
Harry und Ron warteten ungeduldig darauf, ihrer Freundin Hermine alles zu erzählen, was
sich während der Ferien abgespielt hatte.
Hermine war fast ein bisschen beleidigt, als sie erfuhr, dass Sirius und Remus in Hogwarts
gewesen waren und sie die beiden nicht hatte treffen können.
Als Ron und Harry ihr allerdings erzählten was sich noch abgespielt hatte, wurde Hermine
still. Sie war sehr beunruhigt, als sie ihr sagten, dass das ‚Auge des Ares‘ gestohlen worden
war.
Harry hatte fast ein paar Bedenken ihrer Freundin von der Begegnung mit dem Werwolf zu
erzählen, aber da sie nun schon einmal angefangen hatten, war es wohl nur fair, ihr alles zu
berichten.
Hermine war genau wie Harry es erwartet hatte schockiert, als sie diesen Teil der Geschichte
hörte und hielt den beiden eine lange Standpauke. Obwohl auch sie oft an den nächtlichen
Ausflügen der Freunde beteiligt gewesen war, widerstrebte es ihr zutiefst, sich einer direkten
Anweisung eines Erwachsenen zu widersetzen.
Als sie fertig war sagte sie: „Ich habe euch aber auch etwas aus den Ferien mitgebracht.“
Harry und Ron blickten sie fragend an.
Triumphierend zog Hermine zwei große Bogen Pergament aus ihrer Tasche und reichte sie
Harry und Ron.
„Was ist das?“, fragte Ron.
„Schau doch genau hin“, antwortete Hermine leicht beleidigt, „Das ist ein Wiederholungsplan
für die Abschlussprüfungen. Einer für dich und einer für Harry.“
Beide lächelten gequält.
„Oh, vielen Dank Hermine, wir sind dir ja so dankbar“, sagte Ron leicht sarkastisch.
Am nächsten Tag begann wieder der Unterricht, und Harry, Ron und Hermine hatten das
Gefühl, dass allen Lehrern während der Ferien schlagartig klar geworden war, dass sie nun
die fünften Klassen auf die bevorstehenden ZAG-Prüfungen vorbereiten mussten.
Professor McGonagall gab unmenschlich viele Hausaufgaben, welche die Schüler jedes mal
für Stunden beschäftigten. Professor Trelawney prophezeite ihnen allen, dass die Prüfungen
in diesem Jahr besonders schwer werden würden (als ob das nicht in ihrer eigenen Hand lag)
und Professor Sprout hatte ihr Unterrichtstempo dermaßen angezogen, dass alle Schüler das
Gefühl hatten die Prüfungen wären bereits nächste Woche. Nur der Unterricht von Professor
Aspervir war und blieb ein Witz.
Am schlimmsten jedoch war der Unterricht von Professor Snape.
Harry hatte sich nicht vorstellen können, dass der Lehrer noch unbarmherziger und fieser sein
konnte als er es ohnehin schon war, doch Snape triezte sie erbarmungslos.
In ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ mussten die Schüler sich miteinander duellieren,
wobei Snape unzählige hoch komplizierte Flüche von ihnen abverlangte.
In ‚Zaubertränke‘ ließ er sie schwierige Verwirrungstränke brauen, und hatte an jedem
Gebräu etwas auszusetzen.
Gryffindor hatte noch nie so viele Punkte innerhalb so weniger Unterrichtsstunden verloren
wie in diesen Wochen, denn Snape ahndete jeden noch so kleinen Fehler erbarmungslos.
Doch all diese Quälereien waren nichts gegen Harrys abendlichen Unterricht.
Sie waren mittlerweile dazu übergegangen Angriffs- und vor allem Verteidigungsflüche zu
üben, die so anspruchsvoll waren, dass Harry oft mehrere Stunden brauchte, bis man auch nur
halbwegs erkennen konnte, was der Zauber bewirken sollte. Gegen diese Zaubersprüche
kamen ihm die Flüche aus dem Unterricht für ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ wie
ein Kinderspiel vor.
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Harry Potter und das Auge des Ares
8. Vollmond
Professor Snape legte in diesen Stunden noch größeren Wert als sonst auf die perfekte
Ausführung der Zauber und entließ Harry nie, bevor die Flüche nicht präzise und exakt
ausgeführt waren.
Oft kam Harry an diesen Abenden erst nach Mitternacht wieder zurück in den GryffindorTurm. Meistens endeten solche Stunden nicht ganz ohne Nachwirkungen. Nicht selten
zuckten Harry noch Stunden später irgendwelche Gliedmaßen, oder die Tentakel, die Snape
ihm bei einer solchen Gelegenheit an den Kopf gehext hatte verschwanden erst kurz vor dem
Frühstück vollständig.
Da auch das Quidditch-Training wieder begonnen hatte, war Harry fast jeden Abend
unterwegs.
In den wenigen Stunden, die ihm nach dem Nachmittagsunterricht blieben, war er vollauf mit
seinen Hausaufgaben beschäftigt.
Ohne Hermine und Ron hätte er diese Zeit sicherlich nicht überstanden. Hermine ließ ihn
zwar nicht von ihren Hausaufgaben abschreiben, kontrollierte aber die seinen und sagte ihm
so die richtigen Lösungen. Auch Ron unterstützte ihn wo er nur konnte.
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
9. Der unverzeihliche Fluch
Professor Severus Snape apparierte am alten Riddle-Haus.
Nach langer Zeit hatte Voldemort ihn wieder einmal gerufen und Severus wusste nicht, ob er
diesen langen Zeitraum als gutes oder schlechtes Zeichen bewerten sollte. Bei dem dunklen
Lord war beides Möglich.
Angespannt ging er den gewundenen Pfad entlang, der zu dem alten Haus führte.
Es dämmerte bereits, aber es war noch hell genug um alles genau erkennen zu können.
Die kalte Februar-Luft brannte auf seinem Gesicht und er wickelte sich fester in seinen
schwarzen Umhang.
Severus war absichtlich etwas weiter entfernt appariert, um sich ein genaueres Bild der
Umgebung machen zu können. Das letzte was er wollte war in einen Hinterhalt zu geraten.
Er dachte an all die viele Arbeit, die auf seinem Schreibtisch auf ihn wartete und schnaubte
ungehalten. Wie immer hatte ihn der dunkle Lord äußerst ungelegen zu sich gerufen. Er hatte
gerade die letzte Unterrichtsstunde des Tages beendet und war auf dem Weg zu seinem Büro
gewesen, um die Stunden der nächsten Tage vorzubereiten, als ein stechender Schmerz seinen
linken Unterarm durchzuckt hatte. Angewidert hatte er auf das glühende Mal auf seinem Arm
gestarrt und Voldemort einmal mehr verflucht. Doch er wusste, dass es unratsam war dem
Ruf des dunklen Lords nicht zu folgen.
Severus hatte das rostige Gartentor der alten Villa erreicht und der Anblick der sich ihm bot
versetzte ihm einen herben Schlag in die Magengegend.
Auf dem Grundstück standen bereits zwei Dutzend Death Eater im Kreis und umringten ihren
Meister.
Severus fluchte innerlich.
Er hatte nicht damit gerechnet, dass der gesamte innere Zirkel anwesend sein würde. Der
innere Zirkel waren Voldemorts treueste Anhänger, und die einzigen, die direkt Befehle von
dem Dunklen Lord erhielten. Die anderen Death Eater erhielten ihre Befehle in der Regel von
Mitgliedern des inneren Zirkels.
Auch Severus hatte früher einmal zum inneren Zirkel gehört, doch bis jetzt hatte Voldemort
noch keine Anstalten gemacht ihn wieder bei seinen treuesten Anhängern aufzunehmen.
Trotzdem war Severus einer der wenigen, die direkt Befehle vom dunklen Lord erhielten.
Die versammelten Death Eater trugen alle lange, schwarze Kutten und undurchdringliche
Masken.
Als er die Gruppe erreicht hatte traten mehrere von ihnen zurück und gaben ihm den Weg in
das innere des Kreises frei.
Severus betrat den Kreis und begrüßte Voldemort mit der üblichen Prozedur.
Nachdem er sich wieder erhoben hatte trat er einen Schritt zurück und blickte Voldemort
erwartungsvoll an.
Der dunkle Lord fixierte Snape kalt und begann ohne ein Wort der Begrüßung: „Hast du mir
etwas mitgebracht, Snape?“
Severus wusste genau, was Voldemort meinte und zu seiner Schande musste er sich
eingestehen, dass er diesen Auftrag des Lords sträflich vernachlässigt hatte.
Er versuchte seine Unsicherheit zu verbergen und antwortete mit fester Stimme: „Meister, es
hat sich mir noch keine Gelegenheit geboten das ‚Auge des Ares‘ in meine Gewalt zu
bringen. Vor Weihnachten waren zwei Auroren in Hogwarts und ich musste einige
verdächtige Gegenstände in Sicherheit bringen.“
Die rot glühenden Augen des dunklen Lord verengten sich und seine Mundwinkel schienen
leicht zu zucken.
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
Er trat einen Schritt nach vorne, so dass sein Gesicht direkt vor Snapes war und zischte: „So,
keine Gelegenheit? Warum nur, frage ich mich, hat ein anderer meiner Diener diese
Gelegenheit gehabt?“
Mit diesen Worten griff er in seinen Umhang und holte etwas aus einer verborgenen Tasche.
Eine goldene Münze, so groß wie ein Sickel, eingefasst mit roten Rubinen pendelte dicht vor
Severus Gesicht, so dass sie fast seine Nase berührte.
Er schluckte.
Also hatte Voldemort noch jemand anderen auf das Amulett angesetzt und er hatte es nicht
einmal bemerkt. Wenn ihm jetzt keine gute Ausrede einfiel würde es ihm schlecht ergehen.
Voldemort steckte das Amulett wieder in die Tasche seines Umhangs und gab den Death
Eatern hinter Snape ein Zeichen.
Bevor Severus sich umdrehen konnte um nachzusehen was hinter ihm vorging griffen zwei
Death Eater grob seine Arme und drehten sie ihm auf den Rücken.
„Vielleicht bist du ein Lügner“, zischte Voldemort gefährlich und rammte Snape ohne
Vorwarnung eine Faust in den Magen.
Severus krümmte sich vor Schmerz zusammen, doch die beiden Männer hinter ihm hielten
ihn gewaltsam und gnadenlos auf den Füßen.
Er blickte Voldemort von unten in die vor Zorn funkelnden Augen und keuchte: „Ich würde
euch niemals belügen, Meister.“
Jedes Wort war ihm eine Qual und nur langsam kam wieder Luft zurück in seine Lungen.
„Mein lieber Wurmschwanz hier“, Voldemort machte eine kurze Pause und einer der schwarz
vermummten Gestalten trat einen Schritt nach vorne.
Severus konnte das Grinsen unter der Maske förmlich spüren.
„Er meint, du wärst ein Spion“, fuhr Voldemort kalt fort, „Deswegen würdest du die dir
übertragenen Aufgaben nicht zu meiner Zufriedenheit ausführen. Ich denke jedoch, dass ich
dir bei unserem ersten Treffen meinen Standpunkt mehr als deutlich klar und verständlich
gemacht habe. Du wärst nicht so dumm deinen Meister zu hintergehen.“
Er machte eine kurze Pause und starrte Severus immer noch mit seinen brennenden Augen an.
„Oder, Snape?“
Auf ein kurzes Zeichen von ihm ließen die beiden Death Eater Severus los und er fiel auf die
Knie.
Er blickte Voldemort immer noch an und antwortete mit einem Flehen in der Stimme:
„Meister, ich war euch immer treu ergeben.“
Er griff in die Tasche seines Umhangs.
Im selben Moment hatte Voldemort blitzschnell seinen Zauberstab gezückt und ihn drohend
auf Snape gerichtet.
Ganz langsam zog Severus eine kleine Phiole aus seiner Tasche und hielt sie dem dunklen
Lord entgegen.
Voldemort steckte den Zauberstab wieder zurück in seinen Umhang und starrte auf die Phiole.
„Das ist ein Zeichen meiner Loyalität, Herr“, sagte Snape in unterwürfigem Tonfall.
Voldemort kam einen Schritt näher und betrachtete neugierig das kleine Gefäß mit der
grünlich schimmernden Flüssigkeit.
„Das ist ein Gegenmittel für das Veritas-Serum und den Veritas-Fluch.“
„Es gibt kein Gegenmittel“, unterbracht Voldemort ihn barsch und blickte Snape abschätzig
an.
„Meister, verzeiht, wenn ich es wage zu widersprechen“, antwortete Snape vorsichtig und
wägte genau die Worte ab die er wählte, „Aber ich habe die letzten Monate damit zugebracht
diesen Trank für euch zu entwickeln.“
Ein fieses Lächeln machte sich auf Voldemorts Gesicht breit.
„Sehr schlau, Snape. Du hast also einen Weg gefunden das Veritas-Serum zu neutralisieren.
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du hast es nicht ganz ohne Eigennutz
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
gebraut, denn nun können wir mit Hilfe dieses Serums nicht mehr feststellen, ob du
tatsächlich die Wahrheit sagst. Wirklich schlau.“
Severus schluckte wieder. Genau diese Reaktion hatte er von Voldemort erwartet. Der dunkle
Lord schien manchmal fast Gedanken lesen zu können.
Voldemort nahm die kleine Phiole aus Snapes Hand und hielt sie gegen den immer dunkler
werdenden Himmel.
„Ich werde dieses Serum bei passender Gelegenheit ausprobieren“, murmelte Voldemort
nachdenklich, bevor er wieder seine volle Aufmerksamkeit Snape widmete.
„Falls dieser Trank wirklich funktioniert denke ich, dass du trotz deines neuerlichen
Versagens eine Belohnung verdient hast.“
Snape merkte auf. Damit hatte er nicht gerechnet.
Er konnte das leise Murmeln der Death Eater um ihn herum hören. Scheinbar hatten auch sie
nicht mit einer solchen Reaktion des dunklen Lords gerechnet.
„Bring mir Harry Potter“, sagte Voldemort laut und ein Hauch von Leidenschaft machte sich
in seiner Stimme breit, die Severus noch nie bei ihm gehört hatte, „und ich gebe dir
Hogwarts.“
Auf einen Schlag waren laute Proteste der Death Eater um ihn herum zu hören.
„Aber Meister ihr könnt nicht .....“, hörte Severus eine vertraute Stimme.
Der Sprecher wurde von Voldemort unsanft unterbrochen.
„Lucius, willst du mir etwa vorschreiben was ich kann und was nicht? Du solltest deine Worte
mit bedacht wählen, sonst könnte der Eindruck entstehen du wolltest deinem Meister
befehlen.“
Severus konnte das Gesicht von Lucius Malfoy nicht sehen, aber er konnte sich vorstellen wie
in diesem Moment jegliche Farbe aus Malfoys Gesicht gewichen war.
Noch bevor Malfoy antworten konnte hatte Voldemort seinen Zauberstab gezückt und Malfoy
einen Schmerz-Fluch entgegen geschleudert.
Lucius brach stöhnend zusammen und krümmte sich wimmernd auf dem feuchten Boden.
Voldemort beachtete ihn nicht weiter und blickte nun wieder auf Snape der immer noch vor
ihm auf dem Boden kniete.
„Bring mir Harry Potter“, wiederholte er nun etwas kälter, „und ich sorge dafür, dass die
Schule für Hexerei und Zauberei dein ist. Unter meiner Anleitung wirst du sie zu einem
Werkzeug der Dunkelheit machen. Aus Hogwarts werden zukünftig die mächtigsten dunklen
Magier hervor gehen, die die Welt je gesehen hat. Und alle werden unter meinem Befehl
stehen.“
Er machte eine kurze Pause, dann zischte er: „Die Zeit der Schlammblüter ist vorbei!“
Dann erhob er seinen Zauberstab und schrie: „Morsmordre“.
Augenblicklich erschien das dunkle Mal riesenhaft am Abendhimmel.
Als Severus in dieser Nacht wieder in Hogwarts eintraf war er immer noch verwirrt.
Lord Voldemort hatte ihm tatsächlich die Leitung von Hogwarts versprochen, wenn er ihm
Potter auslieferte.
Bis jetzt war alles für ihn recht klar gewesen, er hatte gewusst auf welcher Seite er stand, auch
wenn seine Umwelt dies oftmals nicht genau wusste, aber jetzt war alles anders.
Noch nie hatte irgend jemand ihm eine solche Macht versprochen, und Hogwarts war eine
gewaltige Macht. Es war eine der größten Zauberschulen der Welt, und wer die Ausbildung
der zukünftigen Zauberer kontrollierte, hatte die Herrschaft.
Selbstverständlich würde Voldemort ihn dann nicht mehr aus den Augen lassen, aber er
würde sicher eine Möglichkeit finden sich der Kontrolle des dunklen Lords zu entziehen.
Snape schüttelte verwirrt den Kopf. Was dachte er da bloß?
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
Albus Dumbledore, der Leiter von Hogwarts war sein Freund, wie konnte er auch nur im
entferntesten daran denken ihn zu hintergehen, ...... und doch .....
*
*
*
Die fünfte Klasse der Gryffindors saß zusammen mit den Slytherins im Kerker und war damit
beschäftigt eine höchst komplizierte Variante des Oblivious-Tranks zu brauen.
Professor Snape patrouillierte durch die Reihe der Schüler und betrachtete den Fortschritt
ihrer Arbeit teils anerkennend, teils abschätzend. Selbstverständlich hatte er nur Lob für die
Schüler aus Slytherin übrig.
„Bei dieser Variante des Oblivious-Tranks handelt es sich um einen sehr schwachen
Vergessenstrank. Er kann mit Hilfe eines einfachen Serums rückgängig gemacht werden.
Geben sie nun als letzte Zutat drei Spinnenbeine und ein viertel gehackte Drachenleber in
ihren Kessel. Nachdem sie die Leber hinzu gegeben haben sollte der Trank eine satte grüne
Farbe annehmen“, erklärte er und Schritt weiter durch die Reihen.
Als er am Kessel von Neville vorbeikam hielt er inne und warf einen Blick auf die blass-rosa
Flüssigkeit, die sich darin befand und unheilverkündend blubberte.
Er verdrehte demonstrativ die Augen, blickte durch die Klasse und sein Blick blieb für einen
Moment auf Harry haften. Dann starrte er wieder Neville an.
„Selten habe ich solch eine gewaltige Ansammlung von Unfähigkeit auf einem Haufen
erlebt“, zischte er und machte eine kurze Pause.
„Wenn ich hier etwas zu sagen hätte würde sich einiges ändern.“
Er machte abermals eine Pause und sah nun Hermine an.
In seinem Blick war leichter Ekel zu erkennen als er fortfuhr: „Es gibt Zauberer, die sind es
nicht wert eine solch qualifizierte Ausbildung zu erhalten wie Hogwarts sie ihnen bietet.“
Harry sah zu Hermine hinüber, und bemerkte, dass ihr alle Farbe aus dem Gesicht gewichen
war. Ihre Hände zitterten leicht, als sie die letzte Zutat ihres Zaubertranks in den Kessel gab.
Glücklicherweise rettete sie das Läuten der Glocke vor weiteren Ausführungen ihres Lehrers.
Als sie den Klassenraum verlassen hatten fragte Ron Hermine: „Warum hat er dich dabei so
angeschaut? Du bist doch gut.“
Bevor Hermine ihm antworten konnte ergriff Harry das Wort um Hermine die Erklärung zu
ersparen: „Verstehst du denn gar nichts? Hermine hat Muggel-Eltern und nach der Meinung
von Voldemort und seinen Anhängern sind solche Zauberer nichts wert.“
Hermine waren während seiner Worte die Tränen in die Augen gestiegen. Sie drehte sich um
und rannte ohne ein weiteres Wort davon.
„Hermine, warte!“, rief Ron ihr hinterher, doch sie schien ihn nicht zu hören und verschwand
hinter der nächsten Ecke.
„Lass sie, ich glaube sie braucht ein paar Minuten für sich“, sagte Harry unsicher.
Ihm war es sichtlich peinlich, dass er seine Freundin zum Weinen gebracht hatte.
„Was ist nur in Snape gefahren?“, fragte Ron verwirrt, „Er war zwar schon immer ein Idiot,
aber er hat sich bis jetzt noch nie so offen für die Reinblütigkeit eingesetzt.“
„Ich weiß auch nicht, vielleicht beeinflusst ihn Voldemort immer mehr“, überlegte Harry laut.
„Hm, das wäre auch für dich nicht besonders gut, oder?“, fragte Ron und blickte Harry
fragend an.
„Ja, das weiß ich auch, aber solange Professor Dumbledore ihm vertraut muss ich abends zu
ihm, ob es mir passt oder nicht“, sagte Harry in leicht angewidertem Ton.
„Aber was ist, wenn er dich umbringt?“, fragte Ron besorgt.
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
Harry schwieg einen Moment. Über solch eine Möglichkeit wollte er einfach nicht
nachdenken.
Statt dessen sagte er: „Komm, lass und nach Hermine suchen.“
Sie verließen gemeinsam die Kerker und machten sich auf den Weg zum Gryffindor-Turm.
Als sie den Gemeinschaftsraum betraten blickten sie sich suchend nach Hermine um, aber
außer ein paar Viertklässlern war niemand zu sehen.
Gerade als Ron Harry fragen wollte wo Hermine nur stecken konnte sah er Parvati Patil aus
dem Schlafsaal der Mädchen kommen.
„Hey Parvati, komm mal bitte rüber“, rief er dem Mädchen zu.
Parvati sah zu Harry und Ron herüber und kam auf sie zu.
„Was gibt’s?“, fragte sie.
„Hast du Hermine irgendwo gesehen?“, fragte Ron und spähte an ihr vorbei in Richtung
Mädchenschlafsaal.
Parvati hatte seinen Blick bemerkt und antwortete: „Ja, sie ist da oben. Sie liegt auf ihrem
Bett und weint.“
„Dürfen wir?“, fragte Harry vorsichtig und deutete in Richtung des Schlafsaals, „Nur
ausnahmsweise.“
Parvati nickte und die beiden Jungs gingen an ihr vorbei zur Treppe des Mädchenschlafsaals.
Schon an der Tür konnten sie Hermines Schluchzen hören.
Sie gingen leise zu ihrem Bett und setzten sich neben sie. Einen Moment wussten sie nicht
was sie sagen sollten, dann ergriff Ron das Wort: „Du darfst das nicht zu persönlich nehmen.“
„Ich ertrage das bald nicht mehr,“ schluchzte Hermine, ohne das Gesicht aus ihren Kissen zu
nehmen.
„Überall ist dieser Hass. Es ist ja nicht nur Snape, es sind die ganzen Slytherins, und seit das
Schuljahr angefangen hat wird es immer schlimmer.“
Sie setzte sich langsam in ihrem Bett auf und sah Harry und Ron mit von Tränen
verschmiertem Gesicht an.
„Wo soll das nur enden?“
„Das will ich mir lieber nicht vorstellen“, antwortete Harry leise.
„Wenn Voldemort kann, wird er irgendwann bestimmt aus Hogwarts eine Schule für die
dunklen Künste machen.“
Ron sah Harry mit aufgerissenen Augen an, doch Hermine nickte zustimmend.
„Das wird Dumbledore aber nicht zulassen“, rief Ron aufgebracht und schlug mit der Faust
auf Hermines Nachttisch.
„Er würde es nie so weit kommen lassen.“
„Ja, wenn er es dann noch kann“, entgegnete Harry leise und seine Freunde starrten ihn an.
„Na ja, ist doch ganz klar, dass er Professor Dumbledore zuerst aus dem Weg räumen muss“,
erklärte er.
„Aber Dumbledore ist doch viel zu mächtig“, entrüstete sich Ron.
„Ja, aber Du-Weißt-Schon-Wer wird immer stärker. Wer weiß wie lange es noch dauert bis er
mächtiger ist als Dumbledore“, antwortete Hermine immer noch leicht schluchzend.
Für eine Weile saßen sie schweigend da. Jeder dachte noch einmal über das eben gesagte und
dessen Bedeutung nach.
Schließlich erhob Harry sich und sagte: „Kommt, es gibt gleich Abendessen.“
Hermine wischte sich die restlichen Tränen aus dem Gesicht und folgte Harry und Ron in die
große Halle.
Fast alle Schüler saßen schon an ihren Haustischen, als Harry, Ron und Hermine die Halle
betraten. Sie gingen zu ihren Plätzen und setzten sich.
„Komisch“, sagte Ron nachdenklich, „warum ist denn das Essen noch nicht auf dem Tisch?
Ist heute Diät-Tag?“
Wie zur Antwort stand Professor Dumbledore von seinem Platz auf und hob die Hand.
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
Sofort erstarben die Gespräche an den vier langen Tischen und alle sahen gespannt nach
vorne.
„Meine lieben Schüler, ich habe euch einige wichtige Ankündigungen zu machen. Zuerst
einmal etwas sehr positives. Gestern ist es Professor McGonagall und mir endlich gelungen
Professor Flitwick aus der Paralleldimension, in der er sich befunden hat, wieder zu uns zu
holen. Leider ist er sehr geschwächt und befindet sich im Moment im St. Mungos Hospital für
magische Krankheiten, doch die Ärzte sagen, dass er sich wieder erholen wird. Allerdings
wird er in diesem Schuljahr voraussichtlich nicht mehr unterrichten können.“
Sofort wurde es laut in der Halle, und einige Schüler am Ravenclaw-Tisch klatschten in die
Hände und jubelten lautstark. Ihnen war die Erleichterung deutlich anzusehen, dass ihr
Hauslehrer wieder unter ihnen war.
Professor Dumbledore hob die Hand um die Schüler wieder zur Ruhe zu bringen.
„Das zweite das ich euch mitzuteilen habe ist deutlich ernsterer Natur. Aus Gründen, die euch
wohl allen bekannt sind, wurden alle Lehrkräfte in den Osterferien nach London in das
Zaubereiministerium beordert. Es soll besprochen werden, wie wir uns gemeinsam gegen die
dunklen Einflüsse, die unsere Gesellschaft immer weiter unterwandern, zur Wehr setzen
können und müssen.“
Ein leises Tuscheln ging durch den Saal.
„Aus diesem Grund müssen alle Schüler ohne Ausnahme zumindest eine Woche zu Hause bei
ihren Familien verbringen. Wir werden eure Eltern umgehend darüber informieren. Jetzt lasst
es euch schmecken.“
Sofort brandeten die Gespräche in der großen Halle wieder auf. Einige Protestrufe wurden
laut, doch die meisten Schüler waren einfach nur verwirrt. Noch nie war die Schule außer in
den Sommerferien komplett geschlossen worden.
Professor Dumbledore setzte sich wieder auf seinen Platz und das Abendessen erschien auf
den Tischen. Auch Harry, Ron und Hermine sahen sich wundert an.
Nach dem Essen gingen sie zusammen in den Gemeinschaftsraum.
„Harry, machen wir nachher zusammen die Hausaufgaben für Wahrsagen? Ich weiß noch gar
nicht, von was ich letzte Nacht geträumt haben könnte. Vielleicht eine Explosion, oder ....“,
sagte Ron.
„Ich kann nicht“, antwortete Harry und ein leichter Unwillen machte sich in seiner Stimme
breit, „Du weißt doch, dass ich zu Snape muss.“
Ron seufzte.
„Ach stimmt ja, aber wann machst du die Hausaufgaben für Professor Trelawney?“
Nun seufzte auch Harry.
„Ich werde sie wohl danach noch machen müssen. Hoffentlich komme ich dieses Mal früher
von Snape weg als die letzten Wochen.“
„Glaubst du daran?“, schaltete sich Hermine in ihr Gespräch ein.
Harry schnaubte verächtlich.
Als sie den Gemeinschaftsraum erreicht hatten ging Harry direkt in seinen Schlafsaal um die
Unterlagen für Professor Snape zu holen und verließ den Gryffindor-Turm wieder.
Harry hatte das Gefühl ein dicker Stein würde in seinem Magen liegen, als er sich dem
Klassenzimmer näherte, in dem sie ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste‘ hatten.
Nach dem, was Snape heute in ‚Zaubertränke‘ gesagt und angedeutet hatte schien es ihm
nicht die beste Idee mit dem Lehrer die nächsten Stunden alleine verbringen zu müssen.
Ron und Hermine gegenüber hatte er diese Bedenken nicht äußern wollen, denn er wollte sie
nicht mit seinen Problemen belasten.
Als er den Klassenraum erreicht hatte zögerte er einen Moment.
Vielleicht sollte er sich einfach umdrehen und weg rennen. Wenn Snape ihn am nächsten
Morgen fragen würde wo er gewesen sei, konnte er sich ja irgend eine Ausrede einfallen
lassen.
117
Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
Je länger Harry über diese Alternative nachdachte, desto besser gefiel sie ihm.
Aber nein.
Es hatte keinen Sinn.
Snape würde ihm mit Sicherheit nicht glauben und ihm wieder irgend eine scheußliche
Strafarbeit aufdrücken, und da in einer Woche das nächste Quidditch-Spiel gegen die
Hufflepuffs anstand hatte er keine Lust wieder Snapes Zorn auf sich zu ziehen.
Missmutig öffnete er die Tür und spähte in den düsteren Raum.
Er war nur spärlich beleuchtet durch ein duzend Kerzen. Die großen Fackeln an den Wänden
waren erloschen und durch die Fenster drang schwach das Licht des aufgehenden Mondes.
Professor Snape stand bereits neben seinem Schreibtisch und wartete.
„Kommen Sie herein, Potter“, sagte er kalt und blickte Harry auf eine Weise an, die keine
Widerrede zuließ.
Harry trottete missmutig zu seinem Stuhl und setzte sich.
„Sie brauchen es sich gar nicht gemütlich zu machen, wir werden heute wieder eine
praktische Übung durchführen.“
Harry stöhnte innerlich auf.
Er hatte mittlerweile die Erfahrung gemacht, dass die Stunden, die sie mit Übungen
zubrachten, die mit Abstand Anstrengendsten waren, die er sich nur vorstellen konnte.
Snape gab sich nicht damit zufrieden, wenn Harrys Flüche endlich das gewünschte Ergebnis
brachten, er legte pedantischen Wert darauf, dass die Zaubersprüche so genau und präzise wie
nur irgend möglich waren.
Da es sich fast immer um sehr schwierige Flüche handelte, die Snape von ihm abverlangte,
brauchte Harry dafür oft viele Stunden.
„Welches ist der gefährlichste Fluch, außer dem Todesfluch, der ihnen einfällt, Potter?“, fuhr
Snape fort.
Harry brauchte nicht zu überlegen um sich an den schrecklichsten Fluch zu erinnern, den es
seiner Meinung nach gab.
„Der Cruciatus-Fluch“, sagte er leise.
Was hatte Snape nur vor?
Er konnte doch wohl unmöglich .....
„Genau den meine ich. Ich denke, ich brauche ihnen nicht all zu viel über diesen Fluch zu
erzählen, schließlich wissen sie aus erster Quelle, wie er wirkt.“
Harry beobachtete Snape genau und erwartete nun ein Grinsen auf dessen Gesicht, doch es
blieb aus.
Snape sah ihn nur kalt und berechnend an.
„Wie für die meisten Flüche gibt es auch für den Cruciatus-Fluch einen
Verteidigungszauber.“
Harry starrte Snape an.
„Aber Professor Moody, äh, ich meine Mr. Crouch hat uns alles über die drei unverzeihlichen
Flüche erzählt, und er hat nie erwähnt, dass es eine Verteidigung dafür gibt.“
Snape lächelte selbstgefällig.
„Vielleicht, Mr. Potter, wusste dieser schwarze Magier nicht all zu viel über die dunklen
Künste. Es reicht eben nicht aus, sich nur auf seinen Herrn und dessen Fähigkeiten zu
verlassen, hier ist Eigeninitiative und Intelligenz gefragt. Es handelt sich um einen sehr alten
Zauber, ich bezweifle, dass ihn heute überhaupt noch irgend jemand kennt. Wahrscheinlich ist
er nicht einmal Professor Dumbledore oder Lord Voldemort bekannt.“
Snapes Lächeln nahm einen arroganten Ausdruck an.
Harry erinnerte sich an das alte Buch, das er auf Snapes Tisch gesehen hatte an dem Abend,
als er den Kerker geputzt hatte. Snape musste so lange dieses und noch andere alte Bücher
durch gewälzt haben, bis er diesen Zauber gefunden hatte.
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
„Ich habe lange danach gesucht und bin schließlich in einem sehr alten und sehr
unscheinbaren Buch fündig geworden. Sie erinnern sich an das Buch, Potter?“
Snape sah ihn durchdringend an.
Harry schluckte.
Also hatte Snape tatsächlich gemerkt, dass er in dessen Büro gewesen war.
Wie hatte Harry jemals etwas anderes annehmen können. Vor Snape etwas zu verbergen war
fast unmöglich.
Er schwieg auf die Anspielung des Lehrers und Snape fuhr ungerührt fort: „Der Fluch ist sehr
diffizil, ich erwarte nicht, dass Sie ihn lernen werden.“
Er blickte Harry abschätzig an.
„Warum erzählen Sie mir dann von dem Fluch, wenn Sie glauben, dass ich ihn sowieso nicht
lerne?“, fragte Harry unwirsch, ohne darüber nachzudenken.
Wieder stieg Hass in ihm auf.
Snape ignorierte Harrys Frage und sagte kalt: „Stehen sie auf Potter und kommen sie hier
her.“ Harry erhob sich und ging zu Snape.
„Wir werden das praktisch üben“, sagte Snape und ein böses Grinsen erschien auf seinem
Gesicht.
„Was meinen Sie mit üben, wollen sie etwa ....“ fragte Harry vorsichtig.
„Was glauben Sie Potter, wie man das sonst üben soll?“, fragte Snape kalt zurück und blickte
Harry noch abschätziger an.
Es schien offensichtlich, dass er Harry den Gegenfluch nicht zutraute.
„NEIN“, rief Harry, „nein, Sie sind doch verrückt.“
Snape starrte Harry einen Moment stumm an.
„Dann gehen Sie, Potter, raus hier, hauen Sie ab zu Ihren arroganten Gryffindor-Freunden“,
fauchte Snape.
„Sie glauben wohl, dass Ihre Berühmtheit Sie schützt. Sie sind genauso selbstherrlich wie Ihr
Vater. Aber ein berühmter Name ist nicht alles, Potter.“
Harry drehte sich wütend um und stapfte zur Tür.
„Ich werde morgen Professor Dumbledore darüber in Kenntnis setzen, dass Sie keinen Wert
mehr auf meinen Unterricht legen, Potter“, sagte Snape kalt.
Harry hatte bereits die Türklinke in der Hand als er abrupt stehen blieb.
„Der Direktor wird sehr enttäuscht darüber sein, dass Sie seine Fürsorge nicht zu schätzen
wissen. Aber schließlich sind Sie auch ohne Hilfe in der Lage das nächste mal gegen Lord
Voldemort zu bestehen, nehmen Sie sich einfach ein Beispiel an ihrem Vater.“
Harry drehte sich energisch zu Snape um und starrte ihn an. Sein Gesicht war wutverzerrt.
„Okay, das reicht“, schrie er aufgebracht.
Snapes Lächeln gefror.
„Wagen Sie nicht in diesem Ton mit mir zu sprechen, Potter, ich kann Ihr Leben in Hogwarts
zur Hölle machen, seien Sie sich dessen immer bewusst“, zischte er drohend.
„Wenn Sie wollen, dass wir Ihnen helfen, tun Sie das, was man von Ihnen verlangt. Fügen Sie
sich, wenn nicht, gehen Sie zurück zu Ihren feigen, arroganten Gryffindors.“
Harry biss wütend die Zähne aufeinander.
Sein Magen verkrampfte sich und das Blut in seiner Stirn pulsierte schmerzhaft gegen seine
Stirn.
Er hasste Snape aus dem tiefsten Grunde seines Herzens, aber er wollte andererseits Professor
Dumbledore auf keinen Fall enttäuschen.
„In Ordnung“, knurrte Harry und zwang sich zu einem kontrollierten Tonfall.
„Ich erwarte eine Entschuldigung, Potter“, zischte Snape und sein fieses Lächeln kehrte
zurück.
Das Pochen in Harrys Kopf nahm zu und seine Hände ballten sich zu Fäusten.
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
„Entschuldigung, Sir“, knurrte er leise und konnte dabei ein leichtes Fauchen nicht
unterdrücken.
Snape blickte ihn immer noch abschätzig an, schien jedoch Harrys Entschuldigung zu
akzeptieren.
Snape schwieg einen kurzen Moment, wobei er Harry nicht aus den Augen ließ, fuhr dann
jedoch ungerührt mit seinem Unterricht fort.
„Der Fluch lautet ‚securis‘, er muss genau in dem Moment gesagt werden, in dem auch der
Cruciatus-Fluch ausgesprochen wird. Nicht nur die exakte Ausführung des Securitas-Fluchs
ist entscheidend, sondern auch das perfekte Timing. Wird der Fluch zu früh oder zu spät
ausgesprochen, ist er unwirksam und vermag es nicht, den Schmerzfluch aufzuhalten.“
Harry nickte, dass er verstanden hatte.
Er konnte nicht antworten. Bei dem Gedanken, was gleich auf ihn zukommen würde war sein
Mund trocken geworden und seine Knie zitterten leicht.
Snape erklärte nun ausführlich, wie der Securitas-Fluch ausgeführt wurde, natürlich nicht
ohne hin und wieder eine scharfe Bemerkung zu machen, dass Harry ihn sowieso nicht lernen
würde.
Harrys Kopf pochte noch immer, sein Magen krampfte sich immer mehr zusammen, doch er
schluckte seinen immer größer werdenden Ärger hinunter.
Es würde sicherlich der größte Feiertag für Snape sein, wenn Harry endgültig die
Beherrschung verlor, und das ließ Harrys Stolz einfach nicht zu. Er würde sich nicht mehr
provozieren lassen.
Nach den langen Ausführungen des Lehrers musste Harry einige Trockenübungen
absolvieren, wobei Snape immer wieder kleinlichst die Artikulation des Wortes und die
Haltung seines Zauberstabes korrigierte.
„Halten Sie den Zauberstab nicht wie ein Kochlöffel, Potter, Sie sollen hier keine Suppe
umrühren“, sagte er kalt, als Harrys Hand sich vor Anstrengung zu verkrampfen begann.
Langsam begann sein Arm lahm zu werden und seine Konzentration nahm deutlich ab, durch
die immer wiederkehrenden monotonen Übungen.
„Ihre Aufmerksamkeit lässt sehr zu wünschen übrig“, sagte Snape schließlich barsch.
„Vielleicht werden Sie sich besser konzentrieren, wenn wir zu der eigentlichen Übung
wechseln.“
Harry schluckte hart.
Er hatte sich wirklich bemüht den Zauberspruch korrekt auszuführen, aber irgendwie bekam
er einfach kein Gefühl dafür. Irgend etwas daran hatte er einfach noch nicht im Griff.
Snape trat zwei Schritte zurück.
Harry umklammerte krampfhaft den Zauberstab. Seine Hand zitterte leicht.
Er beobachtete seinen Lehrer angespannt. Snapes kalte, schwarze Augen schienen dämonisch
zu funkeln als er langsam seinen Zauberstab hob.
„Crucio“, flüsterte er.
„Securis“, rief Harry mit zitternder Stimme gleichzeitig.
Die Welt um Harry herum brach zusammen.
Ein unmenschlicher Schmerz durchfuhr ihn und seinen Körper schien von innen zerbersten zu
wollen. Sein Blut schien zu glühen und seine Knochen wollten verbrennen.
Harry krümmte sich vor Schmerz auf dem Boden. Durch den Vorhang der Höllenqualen hörte
er einen Schrei. Es war sein eigener.
Verschwommen und wie in weiter Ferne sah er eine schwarze Gestalt über sich. Das bleiche
Gesicht schien teuflisch zu grinsen.
Dann war alles zu Ende.
So schnell wie der Schmerz begonnen hatte ebbten die Wellen wieder ab.
Es waren nur wenige Sekunden gewesen, doch Harry kamen sie vor wie eine Ewigkeit.
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
Keuchend und mit zitternden Armen und Beinen versuchte er aufzustehen, sackte jedoch
wieder zurück auf seine Knie.
Snape stand immer noch an der selben Stelle. Seine kalten Augen beobachteten Harry, doch
er konnte nicht erkennen was sie dachten.
Snape hatte diese Macht mit Sicherheit genossen. Wahrscheinlich hatte er sich schon seit
Jahren gewünscht Harry diesen Fluch auf den Hals zu hetzen.
Ganz langsam beruhigte sich Harrys Atmung wieder und das Zittern ließ nach.
„Ganz miserables Timing, Potter. Wenn ich es darauf angelegt hätte, wären Sie jetzt tot“,
sagte Snape kalt, und Harry hatte das Gefühl, so etwas wie Bedauern in Snapes Gesicht
erkennen zu können.
Er ließ Harry noch einige Minuten verschnaufen, dann hob er abermals den Zauberstab.
Im selben Moment, als der Schmerzfluch auf ihn abgefeuert wurde schrie Harry mit leichter
Panik in der Stimme den Gegenfluch.
Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er ein Gefühl, als wäre sein ganzer Körper taub, dann
brach wieder der Schmerz über ihm zusammen.
Als der Fluch das nächste Mal aufgehoben wurde, konnte Harry noch seine widerhallenden
Schreie verklingen hören.
Wieder atmete er schwer, als die Nachwirkungen langsam seinen Körper verließen.
„Nicht schlecht, Potter, jetzt haben Sie gemerkt, wie der Gegenfluch wirken kann, wenn er
richtig angewandt wird. Aber Ihr Timing lässt immer noch zu wünschen übrig. Außerdem
müssen Sie sich besser auf die genaue Aussprache konzentrieren.“
Wenn Harry die Kraft dazu gehabt hätte, hätte er verächtlich geschnaubt.
Konzentration, wie sollte er sich denn konzentrieren, wenn jeden Moment der CruciatusFluch über ihn hereinbrechen würde.
Wieder wartete Snape einige Minuten um Harry etwas Kraft sammeln zu lassen, dann hob er
von neuem langsam den Zauberstab.
Dieses Mal schien das Taubheitsgefühl einen kurzen Moment länger anzuhalten, bevor eine
gigantische Welle aus Schmerz ihn überrollte.
Er hörte mehrere Schreie, doch der zweite war nicht von ihm. Er hörte durch einen Nebel aus
Schmerz, wie jemand den Namen von Professor Snape rief.
„Severus, um Gottes Willen, sind Sie verrückt geworden?“
Der Schmerz brach abrupt ab und Harry nahm all seine Kraft zusammen und blickte sich um,
um zu sehen, von wem der zweite Schrei gekommen war.
In der Tür stand Professor McGonagall. Ihr Gesicht war bleich und ihre Augen waren panisch
aufgerissen als sie abwechselnd von Harry zu Snape blickte.
„Severus“, rief sie hysterisch, „sind Sie wahnsinnig? Dieser Fluch ist verboten, Sie bringen
Potter um!“
Als sie sah, dass Harry sie anblickte eilte sie nach vorne, ging in die Knie und legte ihm einen
Arm um die Schulter.
„Ist alles in Ordnung, mein Junge?“, fragte sie besorgt.
Dann sah sie wieder zu Snape auf.
„Ich schwöre Ihnen, das wird ein Nachspiel haben“, keifte sie.
Harry hatte sie noch nie so aufgelöst erlebt. Er wollte etwas sagen, die Situation erklären, die
für seine Hauslehrerin mit Sicherheit erschreckend war, doch er brachte nur ein leises Stöhnen
über seine Lippen.
Snape stand vor ihnen und bewegte keinen Muskel. Sein Gesicht war undurchdringlich starr
und seine Augen blickten kalt auf sie herab.
Professor McGonagall strich Harry sanft über seine wirren Haare. Sie machte sich ernsthafte
Sorgen um ihn.
Es dauerte noch eine Minute, bis Harry die Kraft hatte etwas zu sagen.
„Es ist in Ordnung, Professor“, keuchte er unter größter Anstrengung, „das ist schon Okay.“
121
Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
„Was?“, fragte Professor McGonagall und ihre Stimme schien dabei unnatürlich schrill.
„Professor Snape“, keuchte Harry weiter und richtete seinen Blick dabei nach oben auf die
schwarze Gestalt über ihnen, „erklärt mir gerade einen Gegenfluch für den Cruciatus.“
„So etwas gibt es nicht, Potter“, sagte Professor McGonagall entschieden.
„Severus muss das als Vorwand benutzt haben.“
Sie stand auf und baute sich drohend vor Snape auf.
„Ich weiß nicht was Sie vorhaben, Severus, aber ich werde mit dem Jungen zu Professor
Dumbledore gehen. Ich werde Ihnen höchst persönlich ein Disziplinarverfahren an den Hals
hängen, da können Sie sich sicher sein. Ihre Tage an dieser Schule sind gezählt.“
Snape sah sie immer noch eisig an. In seinem Blick schien Verachtung mitzuschwingen.
Dann, ganz langsam, verzog sich sein Mund zu einem leichten Lächeln.
„Tun Sie, was Sie nicht lassen können, Minerva.“
Dann drehte er sich demonstrativ um und entfernte sich einige Schritte von ihr.
Professor McGonagall half Harry vorsichtig auf die Beine und begann ihn energisch in
Richtung Tür zu schieben.
„Nein“, krächzte Harry mit trockener Stimme, „ich bleibe hier, Professor.“
„Potter, Sie kommen mit mir, wir gehen zum Direktor.“
Harry schüttelte energisch den Kopf und befreite sich aus Professor McGonagalls Griff.
Professor McGonagall starrte ihn ungläubig an.
„Hier sind doch alle wahnsinnig“, sagte sie schrill und ging mit schweren Schritten zur Tür.
Als sie bereits die Klinke in der Hand hatte drehte sie sich noch einmal um und sagte:
„Wiegen Sie sich ja nicht in Sicherheit Severus, ich bin gleich mit dem Direktor zurück, und
Gnade Ihnen Gott, wenn Sie Potter in der Zwischenzeit etwas antun.“
Mit einem lauten Rums warf sie die Tür ins Schloss und ließ Harry und Snape alleine.
Für einen Moment geschah nichts.
Harry starrte verwirrt auf Snapes Rücken, der ihm immer noch zugewandt war.
Langsam drehte Snape sich um.
Harry versuchte in seinem Gesicht zu lesen, doch es war kalt und leer, wie immer.
„Fahren wir fort“, sagte er emotionslos, „ich hasse Störungen.“
„Aber Professor“, sagte Harry vorsichtig, „vielleicht sollten wir ......“
„Ich sagte: fahren wir fort“, wiederholte Snape nachdrücklich.
Noch einige Male an diesem Abend richtete Snape den Schmerzfluch auf Harry, und als er
endlich von ihm abließ war es Harry tatsächlich gelungen seine Gegenwehr für mehrere
Sekunden aufrecht zu erhalten.
Doch er schaffte es lediglich die Schmerzen abzublocken, wobei sein Körper sich dabei wie
gelähmt anfühlte. Er war jedoch nicht in der Lage sich zu bewegen.
„Wir werden das nächste Mal an diesem Punkt fortfahren“, sagte Snape sachlich, „Der
Gegenfluch hat nicht viel Sinn, wenn man sich nicht bewegen kann.“
Harry nickte erschöpft und verließ schlurfend den Klassenraum.
Mit letzter Kraft schleppte er sich in seinen Schlafsaal. Zum Glück schliefen Ron und seine
restlichen Klassenkameraden bereits, sie wären sicher sehr erschrocken gewesen, wenn sie
Harry in diesem Zustand gesehen hatten.
Erschöpft ließ er sich auf sein Bett fallen.
Ihm kam wieder Professor McGonagall in den Sinn. Es musste für seine Hauslehrerin
wirklich erschreckend gewesen sein, sie beide auf diese Weise vorzufinden. Am liebsten wäre
Harry mit ihr gegangen um den weiteren Schmerzen zu entgehen, aber er konnte einfach
nicht, und Professor McGonagall war weder mit noch ohne Professor Dumbledore zurück
gekehrt.
Vermutlich hatte der Direktor ihr erklärt, dass er über die Vorgänge informiert war und hatte
Professor McGonagall angewiesen in ihre Räume zurück zu kehren.
Noch während Harry darüber nachdachte glitt er langsam in den Schlaf.
122
Harry Potter und das Auge des Ares
*
*
9. Der unverzeihliche Fluch
*
Der Raum war dunkel.
Dreißig schwarz gekleidete Gestalten standen in einem Kreis und warteten auf die Ankunft
ihres Meisters.
Zwei Dutzend von ihnen trugen schwarze Masken, die Gesichter der anderen waren blass und
angespannt.
Auf dem schwarzen Altar, der sich hinter der Gruppe befand lagen 6 ordentlich
zusammengefaltete Masken, die auf ihre neuen Träger warteten.
Die Anspannung in der Gruppe war fast greifbar.
Dann ertönte ein leises PLOP und alle Blicke wandten sich in die Richtung, aus der das
Geräusch gekommen war.
Der Kreis der 30 Death Eater öffnete sich und Lord Voldemort trat in ihre Mitte. Er blickte
sich mit seinen rot glühenden Augen um und sein Blick blieb auf den 6 Zauberern ohne
Maske hängen.
„Ah, ich begrüße unsere neuen Mitglieder“, sagte er leise.
Seine Stimme klang wie das zischen einer Schlange.
„Bevor ihr jedoch in den Kreis der Death Eater aufgenommen werdet, müsst ihr beweisen,
dass ihr würdig seid, zu meinen Anhängern zu zählen.“
Er hob seine rechte Hand und sechs Death Eater verschwanden kurz in einen Nebenraum.
Kurz darauf kehrten sie mit sechs verängstigten Muggeln zurück.
Die Hände der Frauen waren mit Hilfe eines Klammer-Spruchs auf den Rücken gefesselt und
ihre Gesichter waren angstvoll verzerrt. Sie schrieen vor Angst und bettelten um Gnade.
Lord Voldemort warf ihnen einen kurzen, verächtlichen Blick zu und wandte seine
Aufmerksamkeit dem ersten unmaskierten Mann zu, der ihm am nächsten Stand.
Er war kaum 18 Jahre alt und sein Gesicht war vor Aufregung weiß.
„Zeige mir, dass du es Wert bist in meine Reihen aufgenommen zu werden und töte diesen
Muggel“, zischte Voldemort und deutete auf eine der jungen Frauen, die von seinen Leuten
herein gezerrt worden waren.
Der junge Death Eater machte eine tiefe Verbeugung vor dem dunklen Lord.
„Ja, Meister“, sagte er mit bebender Stimme und zog mit zitternder Hand seinen Zauberstab
aus dem Umhang.
Er richtete ihn auf die junge Frau, zögerte dann jedoch einen Moment.
„Töte sie“, zischte Voldemort, so dass dem jungen Mann ein kalter Schauer über den Rücken
lief.
„Nein, habt erbarmen“, kreischte die junge Frau, doch niemand beachtete ihr Flehen.
Ihre Augen waren vor Angst geweitet.
Der Death Eater der sie festhielt lachte kurz und stieß sie dann nach vorne, so dass sie hart auf
dem Boden fiel.
Der junge Anwärter umklammerte krampfhaft seinen Zauberstab und schrie wie von Sinnen:
„Avada Kedavra“.
Die junge Frau zu seinen Füßen brach lautlos zusammen und war auf der Stelle tot.
In der Runde der Death Eater war es still. Keiner wagte ein Geräusch von sich zu geben, die
überlebenden Muggel kauerten in ihrer Mitte mit panischer Angst und gaben keinen Laut von
sich.
Dann wurde die Stille durch ein leises, langsames Klatschen unterbrochen.
Es war Lord Voldemort. Er lächelte belustigt.
„Sehr schön“, zischte er und trat vor den jungen Anwärter.
123
Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
„Nun gelobe mir und den Death Eatern die Treue, um in unsere Reihen aufgenommen zu
werden.“
Der junge Mann fiel vor dem dunklen Lord auf die Knie und sagte mit zitternder Stimme:
„Ich werde all meine Kraft und mein Streben für die Reinblütigkeit einzusetzen. Mein
Zauberstab und all seine Macht gehören dem dunkeln Lord. Er wird mich leiten und führen.
Er ist mein Meister und ich gelobe ihm die ewige Treue.“
Wieder herrschte eisige Stille in der Runde.
Der junge Mann erhob sich wieder und blickte Voldemort erwartungsvoll an.
„Streck deinen linken Arm aus“, sagte der dunkle Lord kalt.
Der junge Mann krempelte seinen Ärmel nach oben und streckte seinen linken Arm in
Richtung des dunklen Lords.
Lord Voldemort zog seinen Zauberstab aus dem Umhang und richtete ihn auf den Unterarm
des Jungen. „Morsmordre“, zischte er und ein kurzer Aufschrei durchbrach den Raum.
Es stank nach verbranntem Fleisch. Der junge Mann starrte mit verzerrtem Gesicht auf die rot
glühende Stelle auf seinem vor Schmerz brennenden Arm. Langsam ließ das Glühen nach und
Konturen wurden sichtbar. Der Junge erkannte einen Totenkopf aus dessen Mund sich eine
Schlange wand: das dunkle Mal.
„Nun bist du ein Death Eater“, zischte Voldemort leise und reichte dem jungen Mann eine der
Masken, die auf dem Altar lagen.
„Enttäusche mich nicht, ich habe kein Verständnis für Versager.“
Wieder war es für einen Moment totenstill, bevor Voldemort fortfuhr.
„Du wirst zukünftig deine Befehle von Mr. McNair empfangen. Er wird in meinem Namen zu
dir sprechen, und ich erwarte, dass du ihn mit dem ihm gebührenden Respekt behandelst.“
Wieder fiel der Junge Mann auf die Knie und sagte: „Ich danke euch, Meister!“
*
*
*
Trotz der Anstrengungen des Vortages war Harry am nächsten Morgen sehr früh wach, aber
er war keineswegs ausgeschlafen.
Seine Narbe brannte höllisch.
Er hatte von Voldemort geträumt, daran konnte er sich noch erinnern. Viele Death Eater
waren um ihn gewesen, und auch einige Unmaskierte.
Harry hatte ihre Gesichter erkannt.
Noch vor einem Jahr waren sie allesamt Schüler in Hogwarts gewesen. Fünf von Ihnen waren
Slytherins gewesen, unter anderem Kit Carpenter und Adrian Pucey, ein ehemaliger Jäger aus
dem Quidditch-Team, und außerdem Alan Armond, ein Hufflepuff.
Nur langsam ließ der Schmerz in seinem Kopf nach.
Die Bilder der Nacht verschwammen allmählich, doch Harry konnte sich immer noch daran
erinnern, was in seinem Traum vorgefallen war.
Er war sich sicher, dass dies wirklich passiert war. Sicher waren in dieser Nacht auch die
restlichen Muggel gestorben. Scheinbar gehörte es zur Aufnahmezeremonie der Death Eater,
dass die Anwärter einen unschuldigen Muggel töten mussten.
Harry verzog angewidert das Gesicht.
Langsam stand er auf. Seine Muskeln taten im weh und jede Bewegung schmerzte. Er war
blass und hatte dunkle Ringe unter den Augen.
124
Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
Ron und Hermine waren sehr bestürzt, als sie Harry in diesem Zustand sahen, doch trotz ihres
Drängens konnte Harry sich einfach nicht dazu überwinden ihnen von den Vorkommnissen
des letzten Abends zu berichten.
Er war sich sicher, dass sie beide seine Entscheidung nicht verstehen würden, warum er bei
Snape geblieben war, obwohl Professor McGonagall ihn doch zu Professor Dumbledore
bringen wollte, er verstand es ja selbst kaum.
Er berichtete ihnen nur von seinem Traum. Wie er erwartet hatte waren Ron und Hermine
sehr bestürzt als sie davon erfuhren.
Den Unterricht an diesem Tag erlebte Harry wie in Trance, er konnte sich kaum auf den Stoff
konzentrieren, und auch die mehrmaligen Ermahnungen von Professor Binns, er solle
aufpassen, änderten nichts daran.
Mit einem üblen Gefühl in der Magengegend machte Harry sich nach dem Mittagessen mit
Ron auf den Weg in das Turmzimmer von Professor Trelawney.
Wie er erwartet hatte, bemerkte die Lehrerin sofort Harrys angeschlagenen Zustand und
prophezeite ihm wie so oft eine düstere Zukunft.
Im Laufe der nächsten Wochen verbesserte sich Harrys Zustand nur langsam.
Zwei mal in der Woche wurde er von Professor Snape mit dem Cruciatus-Fluch belegt, und
Harry schaffte es nur mäßig den Fluch abzublocken.
Auch wenn es ihm mittlerweile gelang die Schmerzen vollständig abzuwehren, war er nicht in
der Lage seinen Körper in diesem Zustand zu bewegen. Er fühlte nur eine Taubheit, die
seinen gesamten Körper lähmte. Die harten Worte von Snape, die auf diese Lektionen folgten
waren auch nicht gerade dienlich Harrys angekratztes Selbstbewusstsein wieder aufzurichten.
Ron und Hermine versuchten mehrmals mit Harry zu sprechen, doch sobald sie das Thema
auf Harrys angeschlagenen Zustand, oder seinen Unterricht bei Professor Snape lenkten
wiegelte Harry ab und behauptete es sei alles in Ordnung.
Das Quidditch-Spiel gegen die Hufflepuffs endete für Gryffindor mit einer herben Niederlage.
Zwar lagen sie zuerst in Führung, doch Harry hatte in seinem angeschlagenen Zustand gegen
den Sucher der gegnerischen Mannschaft keine Chance.
Gryffindor verlor deutlich mit 190 zu 70 Punkten.
Durch diese Niederlage hatte nun wieder Slytherin die Führung um den Hausmeisterschaft
und den Quidditch-Pokal errungen, da sie nur eine Woche später die Mannschaft der
Ravenclaws dem Erdboden gleich machten.
Es war nur noch eine Woche bis zu den Osterferien und Harrys Laune verbesserte sich
dadurch nicht im Geringsten.
Er hatte vor über zwei Wochen an Sirius geschrieben und ihn gefragt, ob er die Osterferien
bei ihm und Remus verbringen konnte, doch er hatte immer noch keine Antwort von seinem
Paten erhalten. Im Gemeinschaftsraum traf er Hermine und Ron.
„Hast du schon Antwort von Sirius?“, fragte Hermine ihn.
„Nein“, antwortete Harry niedergeschlagen.
„Vielleicht ist ja heute bei der Post was dabei, los, lasst uns frühstücken gehen“, sagte Ron,
drehte sich um und ging in Richtung Portrait-Loch.
Hermine zögerte einen Moment, folgte ihm dann jedoch.
Harry schlurfte lustlos hinter ihnen her in Richtung der großen Halle.
Auf dem Weg zum Frühstück blickte sich Hermine mehrmals nach ihm um.
Harry hatte das Gefühl, dass sie etwas zu ihm sagen wollte, doch er war froh, dass sie und
Ron schon vor Wochen damit aufgehört hatten ihn zu löchern, was in letzter Zeit bei Snape
geschehen war.
Sie waren scheinbar überein gekommen, dass sie warten wollten, bis Harry es ihnen von sich
aus erzählte, und Harry war sehr erleichtert darüber. So konnte er wenigstens über alles
125
Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
andere wieder mit ihnen reden, und irgendwann, wenn das alles vorbei war, würde er ihnen
mit Sicherheit auch erzählen, was er in den letzten Wochen bei Snape erlebt hatte.
Harry hatte sich gerade einen Marmeladen-Toast gemacht, als ein Rauschen die große Halle
erfüllte.
Kurz darauf kam ein riesiger Schwarm Eulen in die Halle geflogen und verteilte die
morgendliche Post.
Harry blickte gespannt nach oben, und sein Warten wurde belohnt.
Ein großer Waldkauz brachte ihm die ersehnte Antwort von Sirius.
Harry riss sofort den Brief auf und wollte lesen, was sein Pate ihm geschrieben hatte, als ein
dunkelbrauner Uhu auf ihn zugeflogen kam, und einen großen Umschlag auf seinen Teller
fallen ließ.
Harry schaute überrascht den Brief an. Eigentlich erwartete er sonst keine Post. Er legte den
Brief zur Seite und widmete sich wieder dem Schreiben von Sirius.
Es war ein sehr kurzer Brief, in dem Sirius Harry erklärte, dass er leider in den Osterferien
zusammen mit Remus einen Auftrag für Professor Dumbledore zu erledigen hatte, und dass
Harry die Ferien bei seinem Onkel und seiner Tante verbringen müsse. Er schrieb außerdem,
dass er es sehr bedaure, dass Harry aber auf keinen Fall bei diesem Auftrag mitkommen
konnte, da es sehr gefährlich werden könnte.
Hermine, die ebenfalls den Brief gelesen hatte legte ihm tröstend einen Arm um die Schulter.
„Mach dir nichts daraus, eine Woche geht schnell vorbei. Bevor du dich versiehst bist du
wieder hier.“
Harry schnaubte verächtlich. Hermine konnte sich ja nicht vorstellen, wie furchtbar es
wirklich war eine volle Woche bei seinen Verwandten verbringen zu müssen.
„Von wem ist denn der andere Brief?“, riss Ron ihn aus seinen Gedanken.
„Keine Ahnung“, sagte Harry und nahm den Umschlag in die Hand.
Er drehte ihn um und betrachtete mit aufgerissenen Augen den Absender.
„Er ist vom Zaubereiministerium“, sagte er überrascht.
„Was wollen die denn von dir?“, fragte Ron sichtlich verwirrt. Harry zuckte die Schultern und
riss den Umschlag auf. Er enthielt nur einen kurzen Brief:
Sehr geehrter Mr. Potter,
die Anhörung Lupin gegen Dursley findet am 17. Juni statt. Bitte finden sie sich pünktlich um
10:30 Uhr in Raum 135, Gebäude A, des Ministeriums ein.
Hochachtungsvoll
Valerie Rickpark
Abteilung für Vormundschaftsangelegenheiten
Zaubereiministerium
„Da hast du aber Glück“, sagte Hermine, die ihm wieder über die Schulter geblickt hatte,
„Am 11. Juni finden die letzten ZAG-Prüfungen statt, da wirst du keine Prüfung verpassen.“
„Du hast Sorgen“, sagte Ron verächtlich.
Harry faltete den Brief zusammen und steckte ihn in seinen Umhang.
„Ich war noch nie im Ministerium, wie es da wohl aussieht“, fuhr Hermine ungerührt fort.
„Ich werde es dir erzählen“, sagte Harry und widmete sich wieder seinem Toast.
Gemeinsam gingen sie zum Unterricht.
126
Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
In der letzten Stunde an diesem Tag hatten sie ‚Verwandlung‘ bei Professor McGonagall.
Schon seit Wochen hatte sie, wenn sie Harry anblickte, einen mitleidigen Ausdruck in ihren
Augen, doch sie hatte nie ein Wort zu ihm gesagt. Harry war sehr froh darüber. Er hätte nicht
gewusst, was er der Lehrerin antworten sollte.
Als die Stunde zu ende war wollte er mit Ron und Hermine den Klassenraum verlassen, doch
Professor McGonagall hielt ihn zurück.
„Warten sie einen Moment, Potter.“
Harry drehte sich überrascht um.
„Was gibt es denn Professor?“, fragte er verwundert.
„Professor Dumbledore möchte Sie sprechen, bitten kommen Sie mit, ich habe ihm
versprochen, Sie direkt nach meinem Unterricht zu ihm zu bringen.“
Harry nickte und folgte seiner Lehrerin, die den Klassenraum verließ und sich auf den Weg
zum Büro des Schulleiters machte.
Harry konnte sich nicht vorstellen, was Dumbledore von ihm wollte.
Er hatte sich in letzter Zeit nichts zu schulden kommen lassen, dazu hätte er auch gar nicht die
Energie gehabt. Grübelnd folgte er Professor McGonagall.
Als sie den Wasserspeier, der den Weg zu Professor Dumbledores Büro versperrte erreicht
hatten, sagte Professor McGonagall das Passwort: „Zitronenpudding mit Himbeergeschmack“
und der Wasserspeier sprang zur Seite.
Gemeinsam gingen sie die Wendeltreppe nach oben. Professor McGonagall klopfte an die
Bürotür des Direktors.
„Komm nur herein, Minerva“, erklang die Stimme von Professor Dumbledore aus dem
Inneren des Büros und Professor McGonagall und Harry betraten das Büro.
Professor Dumbledore saß hinter seinem Schreibtisch und lächelte Harry aufmunternd an.
„Danke, Minerva, du kannst gehen, ich werde das alleine mit Harry regeln“, sagte er und
blickte Professor McGonagall freundlich an.
Harry bemerkte, dass sie protestieren wollte, drehte sich dann jedoch um und verließ das
Büro.
Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte sah Professor Dumbledore wieder auf Harry und
sagte: „Setz dich.“
Harry gehorchte und setzte sich auf einen Stuhl, der Dumbledore gegenüber stand. Er konnte
sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum er hier.
„Na, alles in Ordnung?“, fragte Dumbledore.
„Ja, Sir“, antwortete Harry etwas verwirrt.
Natürlich ging es Harry nicht gut. Seit Wochen war er blass und abgespannt, er hatte Mühe
sich zu konzentrieren und immer wieder kamen die körperlichen Anstrengungen des
Cruciatus-Fluchs dazu.
„Ich habe heute einen Brief aus dem Zaubereiministerium bekommen. Sicher hast du deinen
auch schon erhalten“, fuhr Dumbledore fort. Harry nickte.
„Professor, ich verstehe nur nicht, warum die Anhörung erst so spät stattfindet“, sagte er
verwirrt.
„Das Ministerium hat im Moment sehr viel zu tun, da haben sie für solche Kleinigkeiten nicht
all zu viel Zeit.“
„Werden die Dursleys auch vorgeladen?“, fragte Harry mit leicht zitternder Stimme.
Ihm wurde ganz schlecht, wenn er daran dachte, dass er vielleicht auch die nächsten Jahre bei
seinem Onkel und seiner Tante verbringen musste.
„Nein, sie werden nicht anwesend sein. Das Ministerium hält nicht viel davon Muggel in ihre
Räumlichkeiten vorzuladen.“
Harry atmete innerlich auf.
„Es handelt sich hierbei auch nur um eine erste Anhörung, bei der du gefragt werden wirst,
bei wem du leben möchtest. Ich kann mir schon vorstellen, wie deine Antwort aussehen
127
Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
wird“, sagte Dumbledore und zwinkerte Harry zu, „aber ich kann dir nur raten, deine Antwort
auch gut zu begründen. Das Ministerium wird sehr genau darauf achten, was du sagst.“
Harry nickte wieder.
„Und wie soll ich in das Ministerium kommen, ich habe doch keine Ahnung, wo in London es
sich befindet.“
„Mach dir darüber keine Sorgen“, sagte Dumbledore und lächelte Harry an, „Professor Lupin
hat sich bereit erklärt dich zu begleiten.“
Auch Harry konnte nun ein Lächeln nicht unterdrücken.
„Aber ich habe dich auch noch wegen etwas anderem zu mir gebeten“, fuhr Dumbledore fort.
Harry merkte auf.
„Sirius hat mich gebeten, dich nicht mit dem Hogwarts-Express zu den Dursleys fahren zu
lassen, er hält es für zu gefährlich, und ich pflichte ihm bei. Wir haben überlegt, dich mit
Flohpulver in den Ligusterweg zu schicken.“
Harry schüttelte energisch den Kopf und konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.
„Sir, das ist keine Gute Idee“, sagte er, „die Dursleys haben ihren Kamin mit einer Holzwand
verkleidet, und es gab eine größere Katastrophe, als die Weasleys mich vor eineinhalb Jahren
mittels Flohpulver abholen wollten.“
Dumbledore nickte und schien einen Moment zu überlegen.
„Hm, verstehe, dann werde ich bis zum Wochenende einen Portschlüssel für dich vorbereiten,
der dich dort hin bringen wird. Mit ihm kannst du dann auch wieder nach Hogwarts
zurückkehren. Komm bitte nächsten Samstag um halb elf in mein Büro, ich werde bis dahin
deine Verwandten informieren auf welchem Weg du zu ihnen gelangen wirst.“
„Okay, vielen Dank, Professor“, sagte Harry, und wollte aufstehen, um das Büro des
Direktors zu verlassen.
„Harry“, hielt Dumbledore ihn jedoch zurück, „ist wirklich alles in Ordnung, oder gibt es
etwas, das du mir sagen möchtest?“
„Nein, Sir, es ist alles in Ordnung, ich bin nur etwas überarbeitet, das ist alles, der Unterricht
ist im Moment sehr anstrengend.“
Harry machte eine kurze Pause, „vor allem ....“
Dumbledore unterbrach ihn sanft: „Ich weiß, dass Professor Snape zur Zeit eine Menge von
dir abverlangt, aber ich bin sicher, dass er nur das Beste will.“
Harry versuchte seinen Mund zu einem Lächeln zu verziehen, doch der Versuch misslang
kläglich.
„Ja, Professor, aber der Cruciatus .....“, fuhr Harry vorsichtig fort.
„Ich weiß, ich weiß, er hat mir gesagt, dass er ihn ansprechen wird“, unterbrach Dumbledore
ihn mit gedämpfter Stimme, „und er hat meine Genehmigung dazu, das habe ich auch
Professor McGonagall gesagt, als sie eines Abends sehr aufgelöst in mein Büro gestürmt kam.
Aber falls das Ministerium davon Wind bekommt, bekommen wir alle große Probleme.“
Harry hätte beinahe verächtlich das Gesicht verzogen.
Ansprechen konnte man das nicht gerade nennen, was Professor Snape mit dem CruciatusFluch machte, Harry hatte eher das Gefühl, dass er ihn mit Hilfe dieses Fluchs langsam
umbringen wollte, doch er vermied es, etwas zu Dumbledore zu sagen. Er wusste, dass
Dumbledore Professor Snape vertraute.
„Professor“, begann Harry vorsichtig.
Ihm war gerade wieder etwas eingefallen, über das er schon lange mit dem Direktor hatte
sprechen wollen, doch er hatte es über die viele Arbeit für den Unterricht wieder vergessen.
„Ich hatte vor ein paar Wochen wieder einen Traum.“
Dumbledore blickte Harry erwartungsvoll an, sagte jedoch kein Wort.
„Er handelte wieder von Voldemort. Er hat Adrian Pucey, Kit Carpenter, Alan Armond und
noch ein paar andere ehemalige Schüler aus Hogwarts bei den Death Eatern aufgenommen.“
Dumbledore nickte langsam. Er wirkte nun wieder unheimlich alt.
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Harry Potter und das Auge des Ares
9. Der unverzeihliche Fluch
„Ich weiß, Harry. Immer mehr Zauberer schließen sich ihm an, und die Jungen lassen sich
besonders leicht von ihm beeindrucken. Er verspricht ihnen den Himmel auf Erden. Meine
Informanten haben mir berichtet, dass er mittlerweile über tausend Anhänger alleine in
England um sich versammelt hat. Die Straßen sind nicht mehr sicher vor ihnen, die
Nocturngasse ist komplett unter ihrer Kontrolle und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie
auch die Winkelgasse beherrschen. Bald wird kein muggelstämmiger Zauberer mehr vor
ihnen sicher sein.“
Dumbledore verstummte und Harry wagte es nicht, sich auf seinem Stuhl zu rühren.
Es herrschte eine angespannte Stille im Büro des Direktors.
„Aber ich versichere dir, dass wir alles nötige unternehmen werden um zu verhindern, dass
Voldemort wieder solch eine Schreckensherrschaft führen wird wie vor 15 Jahren“, sagte
Dumbledore bestimmt.
„Aber Professor“, sagte Harry vorsichtig, „wenn er jetzt das ‚Auge des Ares‘ hat, ist er dann
nicht noch mächtiger als damals?“
„Das ist natürlich ein harter Schlag für uns. Meine Informanten haben mir berichtet, dass er
wirklich im Besitz des Amuletts ist, aber trotz allem hat er immer noch nicht zu seiner alten
Kraft zurück gefunden. Er ist noch immer von den langen Jahren des Exils geschwächt. Noch
stehen unsere Chancen nicht schlecht ihn zu besiegen.“
Harry antwortete nicht.
Er hatte immer noch ein schlechtes Gewissen, dass er Dumbledore nichts von dem Amulett
erzählt hatte, bevor es zu spät gewesen war.
Dumbledore schien Harrys Gedanken gelesen zu haben, denn er sagte: „Harry, mach dir keine
Vorwürfe, früher oder später hätte er das Amulett bekommen, egal wo es versteckt gewesen
wäre.“
Irgendwie konnten diese Worte Harry nicht so recht aufmuntern, doch er nickte
niedergeschlagen.
Langsam erhob Harry sich und verließ das Büro des Direktors.
Er kehrte zurück in den Gemeinschaftsraum und berichtete Ron und Hermine, was
Dumbledore ihm gesagt hatte.
Hermine war natürlich ganz Dumbledores Meinung, dass es das Beste wäre, Harry mit einem
Portschlüssel in den Ligusterweg zu schicken, doch Ron schien etwas eingeschnappt, dass sie
nun die lange Fahrt mit dem Hogwarts-Express ohne Harry unternehmen mussten.
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
10. Mrs. Figgs Geheimnis
Nach diesen Aussichten fieberte Harry nicht gerade den Osterferien entgegen. Außer der
Tatsache, dass er in dieser Zeit keinen Unterricht bei Snape haben würde konnte ihn der
Gedanke an die Dursleys nicht unbedingt aufheitern.
Die letzte Schulwoche sollte eigentlich recht ereignislos verlaufen, doch es kam ganz anders.
Am Dienstag vor dem Mittagessen hatten sie wie immer ‚Pflege magischer Geschöpfe‘.
Die Gryffindors machten sich gemeinsam auf den Weg zu Hagrids Hütte. Kurz nach ihnen
trafen auch die Slytherins ein.
Nachdem sie nun die beißenden Fische, die Feuer speienden Kröten, die stechenden
Wasserschlangen und den Riesenkraken, dem sie letzte Woche die Tentakel hatten säubern
müssen, abgehandelt hatten, waren Harry, Ron und Hermine der Meinung, dass es kaum
schlimmer kommen konnte.
Als alle Schüler die kleine Holzhütte erreicht hatten zerrte Hagrid eine große Metallkiste aus
dem Schatten hervor.
„Oh nein, nicht schon wieder Knallrümpfige Kröter“, stöhnte Ron.
Auch Harry verzog das Gesicht.
Neville, der Rons Worte gehört hatte wurde mit einem Schlag bleich.
Auch Malfoy verzog das Gesicht und zischte zu Crabbe und Goyle: „Dieser Vollidiot hat uns
die längste Zeit unterrichtet, wartet es nur ab. Er wird solche Typen in unserer Welt nicht
mehr lange dulden.“
Crabbe und Goyle grinsten, und sahen dabei noch dämlicher aus als üblich.
Malfoy sah zu Harry herüber und grinste ebenfalls.
Harry starrte Malfoy ärgerlich an und musste eine große Portion Selbstkontrolle aufbringen
um nicht auf ihn loszugehen.
Glücklicherweise begann Hagrid in diesem Moment mit dem Unterricht.
„Ich hab heute etwas ganz besonderes für euch.“
Einige Schüler stöhnten leise. Sie wollten lieber gar nicht daran denken, was Hagrid wohl als
‚besonders‘ bezeichnen würde.
Hagrid öffnete mit einem Ruck den Deckel der metallenen Kiste und klappte ihn auf.
Einige Mädchen traten instinktiv einen Schritt zurück.
Hagrid bückte sich und nahm eine Plüschkugel aus der Kiste, die kaum größer war als ein
Tennisball.
Irgendwie erinnerte Harry das kleine Tier an Pigwidgeon, Rons winzige Eule, nur dass dieses
Vieh keine Flügel hatte. Eigentlich hatte es gar nichts, außer ein paar großen, gelben Augen,
einem breiten Mund, aus dem hechelnd eine Zunge heraushing und zwei winzige Hörner.
Ron trat neugierig einen Schritt nach vorne und fragte: „Was sind das für Dinger, Hagrid?“
Hagrid lächelte und antwortete: „Das sind Nuzzles.“
„Und was sind Nuzzles?“, fragte ein Mädchen aus Slytherin nur mäßig beeindruckt.
„Es gibt einige Zauberer, die halten diese kleinen Tierchen als Haustiere, sind aber nich ganz
einfach zu handhaben, diese Nuzzles“, antwortete Hagrid, und kraulte das kleine Tier zärtlich
zwischen den Hörnern.
Der Nuzzle begann leise zu schnurren wie eine Katze.
„Was soll denn an dieser Fellkugel schwierig sein, sie hat ja nicht mal Beine um
wegzulaufen“, sagte Malfoy herablassend und beäugte den Nuzzle abschätzig.
„Laufen kann er nich, das stimmt schon“, sagte Hagrid, „aber wenn sie erst mal in Fahrt sind
hüpfen sie wie ein Gummiball durch die ganze Wohnung. Besonders schwierig is die
Fütterung von diesen kleinen Kerlen. Kriegen sie zu viel wachsen sie wie der Teufel. Ich hab
schon mal von einem gehört, der hatte ‘nen Durchmesser von mehr als einem Meter. Und
wenn man ihnen zu wenig gibt, dann werden sie aggressiv.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
„Wie soll denn ein Fellknäuel aggressiv werden?“, fragte Malfoy wieder und setzte einen
noch arroganteren Gesichtsausdruck auf.
„Oh, die können ganz schön wild werden. Wenn man einen Nuzzle nicht genug füttert
wachsen ihm lange Zähne und Klauen und er wird sehr angriffslustig. Haben schon einige
Leute ins Zaubererkrankenhaus gebracht, die Kerlchen.“
Parvati Patil und ihre Freundin Lavender Brown machten noch einen Schritt rückwärts und
starrten den kleinen Nuzzle in Hagrids Hand an, als ob er gleich explodieren würde.
Hagrid schien den erschreckten Blick der Mädchen bemerkt zu haben und fuhr
beschwichtigend fort.
„Aber macht euch keine Sorgen, wenn man die Nuzzles ganz normal füttert behalten sie ihre
Größe und sind nette Spielgefährten. Na los, nehmt euch alle mal einen und spielt ein
bisschen mit ihnen, sie wollen beschäftigt werden.“
Zögernd traten die Schüler nacheinander an die große Kiste und holten sich jeder einen
Nuzzle heraus.
Ron hatte seinen kaum aus der Kiste geholt, als dieser ein spitzes Quieken ausstieß, von Rons
Arm herunter hüpfte und mit riesigen Sätzen durch die versammelten Schüler sprang. Ron
hechtete ihm hinterher und brauchte einige Minuten um den wild gewordenen Fellball wieder
einzufangen.
Als er ihn endlich wieder in seiner Hand hatte blickte er sich um und sah Hagrid, der breit
grinsend zwischen den Schülern stand.
„Sie müssen sich erst ein bisschen an euch gewöhnen, sind nämlich manchmal scheu.“
„Sag mal Hagrid“, fragte Hermine wenig später, „was fressen diese Tiere denn eigentlich?“
„Och, die fressen eigentlich alles, außer Metall. Es ist also besser, wenn ihr sie die meiste Zeit
in ihren Käfigen lasst, damit sie euch nicht die gesamte Einrichtung zu Hause auffressen.“
„Zu Hause?“, fiel Harry ihm verwirrt ins Wort.
„Hatte ich das noch nicht erwähnt?“, fragte Hagrid unsicher.
„Ich dachte wir machen daraus ein kleines Projekt, und jeder von euch nimmt einen Nuzzle
über die Ferien mit nach Hause. Nach den Ferien sehen wir dann, wie sie sich entwickelt
haben.“
Einige Schüler starrten Hagrid entgeistert an, ein paar andere murrten lautstark.
„Hagrid, ich kann so ein Ding doch nicht mit zu den Dursleys nehmen“, sagte Harry leise, so
dass nur Hagrid ihn hören konnte.
„Warum nicht? Vielleicht tut deinem fetten Cousin ein Haustier ganz gut, das ihn auf trab
hält“, antwortete Hagrid und zwinkerte Harry zu. Harry stöhnte.
Ihm drehte sich der Magen um, wenn er daran dachte, was alles passieren konnte, wenn er ein
solches, magisches Tier mit in den Ligusterweg brachte.
Im Verlauf der Stunde erzählte Hagrid ihnen noch einiges über die spezielle Fütterung der
Nuzzles und was die Schüler in der nächsten Woche zu beachten hatten.
Gegen Ende der Stunde verteilte er an alle kleine Metallkäfige, aus denen die kleinen
Pelzknäule nicht ausbrechen konnten.
„Bis Freitag könnt ihr sie noch bei mir lassen. Ihr kommt dann einfach nach eurer letzten
Stunde vorbei und holt euren Nuzzle ab. Ihr habt bestimmt viel Spaß mit ihnen.“
Bedrückt machte Harry sich mit Ron und Hermine auf den Weg zurück zur Schule. Ihm war
gar nicht wohl bei dem Gedanken eine Woche lang dieses kleine Tier vor den Dursleys
verstecken zu müssen.
Ron versuchte ihn aufzuheitern.
„Es ist doch nur eine Woche, das kriegst du schon hin.“
Harry stöhnte wieder.
„Du hast doch letztes Jahr die Dursleys gesehen, wenn die irgend etwas mitkriegen von
diesem Vieh, kann ich mich auf was gefasst machen.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
Auf dem Weg zum Mittagessen versuchten Ron und Hermine Harry noch weiter aufzuheitern,
doch mit der Aussicht gleich zu Professor Snape in die Kerker zu müssen gelang es ihnen nur
mäßig.
Professor Snape war einer der wenigen Lehrer, der sich durch die anstehenden Ferien
überhaupt nicht beeindrucken ließ. Im Gegenteil, er hielt dies für die perfekte Zeit, um seinen
Schülern noch mehr Hausaufgaben aufzugeben als üblich.
Wie gewöhnlich machte er seine Runden, während die Schüler konzentriert ihre Tränke
brauten.
Als er Ron und Harry erreicht hatte, die gerade dabei waren gehackte Molchleber in den
Kessel zu geben hielt er inne.
„Mr. Weasley“, sagte Snape mit seiner öligen Stimme, „Sie sollten diese Leber ordentlich in
gleich große Teile zerhacken, und nicht pürieren. Davon wird ihr Trank auch nicht besser.
Falls dieses Gebräu überhaupt diese Bezeichnung verdient.“
Rons Gesicht nahm die selbe Farbe an wie seine Haar.
Hermine, die zusammen mit Dean Thomas am Nachbartisch arbeitete warf Ron einen
mitleidigen Blick zu.
Er hatte es tatsächlich ein bisschen zu gut mit seiner Leber gemeint, wie Hermine auf den
ersten Blick bemerkte, denn sie erinnerte irgendwie an einen Brei.
Snape ging langsam weiter und begutachtete die Tränke der anderen Schüler.
Bei den Gryffindors hatte er jedes Mal etwas auszusetzen, den Slytherins jedoch gab er hin
und wieder gute Tipps und hatte hier und da sogar ein Lob übrig für einen seiner Meinung
nach besonders gut gelungenen Trank.
Als er seine Runde fast beendet hatte kam er schließlich zu Neville Longbottom, der heute mit
Seamus Finnigan zusammen arbeitete.
Seamus war zwar nicht der schlechteste in ‚Zaubertränke‘ doch er hatte in der Regel kaum
eine Chance die Katastrophe abzuwenden, die Neville regelmäßig zusammen braute.
Snape war hinter Neville stehen geblieben und beobachtete, wie er mit zitternden Händen
seinen Knollenblätterpilz in dünne Scheiben schnitt.
„Sagen Sie mir bitte, Longbottom, was ist das da in ihrem Kessel?“, fragte Snape den immer
stärker zitternden Neville und deutete auf den Kessel vor ihm.
Neville drehte sich zu Snape um und blickte ihn mit angstgeweiteten Augen an.
Er öffnete den Mund um zu antworten, als Snape ihn kalt unterbrach.
„Was auch immer Sie antworten, erklären Sie mir nicht, dass es sich bei diesem Gebräu um
einen Zaubertrank handelt.“
Neville schloss den Mund wieder und wurde bleich.
„Ich würde normalerweise vorschlagen, dass wir diesen Verwirrungstrank an Ihnen
ausprobieren, um seine Wirkung zu testen, doch ich befürchte, selbst wenn dieses Gebräu die
gewünschte Wirkung hätte, was ich stark bezweifle, würden wir keine Veränderung an Ihnen
bemerken. Die Verwirrung steht Ihnen auch so ins Gesicht geschrieben.“
Neville wurde noch bleicher und starrte seinen Lehrer immer noch an, unfähig sich zu
bewegen.
Snape war Nevilles angstvoller Gesichtsausdruck nicht entgangen und machte sich mit einem
selbstgefälligen Lächeln auf den Weg zu seinem Schreibtisch.
Dort angekommen setzte er sich auf seinen Stuhl, lehnte sich genüsslich zurück und fixierte
Neville erneut.
„Fünf Punkte Abzug für Gryffindor, Mr. Longbottom, für unangebrachte Kreativität“, sagte er
mit öliger Stimme und sein Grinsen wurde noch breiter.
Die Gryffindors waren froh als diese Zaubertrankstunde endlich vorüber war. In solch einer
unangenehmen Laune hatten sie Snape schon lange nicht mehr erlebt.
132
Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
Viel schneller als Harry es gehofft hatte war Samstag.
Alle Schüler hatten bereits ihre Koffer gepackt, und Harry saß mit Ron und Hermine
gemeinsam im Gemeinschaftsraum in einer gemütlichen Sesselgruppe, ihr Gepäck und die
Käfige mit den Nuzzles auf einen Haufen gestapelt.
Der Hogwarts-Express würde um 11 Uhr in Hogsmeade abfahren um die Schüler nach Kings
Cross zu bringen.
„Sag mal, Hermine“, fragte Ron, „warum sieht dein Koffer denn so vollgestopft aus, wir sind
doch in einer Woche wieder hier.“
Hermine blickte Ron verständnislos an.
„Na ja, meine Bücher nehmen halt so viel Platz weg.“
„Hast du etwa alle Bücher in den Koffer gequetscht?“, fragte Ron weiter.
„Natürlich, ich habe mir für diese Woche viel vorgenommen. Ich möchte den gesamten Stoff
von ‚Verwandlung‘ und ‚Geschichte der Zauberei‘ wiederholen.“
„Oh, Hermine“, stöhnte Harry und konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.
„Es sind noch über zwei Monate hin bis zu den Prüfungen, da hast du noch massig Zeit zum
Lernen.“
„Du sagst es“, antwortete Hermine ungerührt.
„Es sind nur noch zwei Monate, und euch würde es auch nicht schaden, wenn ihr ab und an
mal in eure Bücher schauen würdet. Die ZAG-Prüfungen sind sehr wichtig. Sie sind eine
Vorentscheidung für unser ganzes zukünftiges Leben. Glaubt ihr etwa, dass ihr einen guten
Job findet, wenn ihr schlechte Noten in der Schule habt?“
„Ach Hermine, wir werden doch ohnehin Auroren, da kommt es auf die praktischen
Fähigkeiten an und nicht auf Schulnoten“, sagte Ron und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
„Täusch dich da lieber nicht, das Ministerium nimmt nur die Besten. Es bewerben sich jedes
Jahr so viele dort, dass sie sehr streng selektieren“, antwortete Hermine belehrend.
Harry wurde diese Unterhaltung allmählich zu bunt. Schließlich hatten sie noch über 2 Jahre
Zeit um sich darüber Klar zu werden, was sie mit ihrem späteren Leben anfangen wollten. Er
für seinen Teil hatte sich noch überhaupt keine Gedanken darüber gemacht. Das einzige, in
dem er wirklich gut war, war Quidditch, aber ob er gut genug war, um für eines der ganz
großen Teams zu spielen wusste er nicht.
Ron und Hermine hatten mittlerweile ihre Diskussion über ihre berufliche Zukunft beendet
und Ron sagte zu seinen Freunden: „Ich verstehe wirklich nicht, warum die hier alle so einen
Aufstand machen. Ich finde es ziemlich übertrieben, für nur eine Woche die gesamte Schule
zu räumen.“
„Aber wenn alle Lehrer weg sind, wer soll denn dann auf uns und die Schule aufpassen? Mr.
Filch etwa?“, fragte Hermine.
„Um Gottes Willen, da fahre ich ja lieber nach Hause“, stöhnte Ron und verzog das Gesicht.
Harry musste lachen als er Rons vor Entsetzen aufgerissene Augen sah.
Um kurz vor halb elf verabschiedete Harry sich von seinen Freunden und machte sich mit
seinem Koffer, Hedwigs Käfig und dem Käfig mit dem Nuzzle, den er mit einem großen
Tuch abgedeckt hatte, auf den Weg zu Professor Dumbledores Büro.
Die Geheimtür stand offen und Professor Dumbledore erwartete ihn bereits.
„Ah, Harry, da bist du ja. Hier auf dem Tisch liegt der Portschlüssel“, sagte er und deutete auf
seinen Schreibtisch.
Harry folgte seinem Fingerzeig und blickte sich verwirrt auf dem Schreibtisch um. Er war
überladen mit verschiedenen Papieren, mehrere Federn lagen dazwischen und in einer freien
Ecke stand eine fast abgebrannte Kerze.
„Ähm, was ist es denn?“, fragte Harry.
„Oh, natürlich, entschuldige, du konntest ihn nicht gleich erkennen, mein Schreibtisch ist im
Moment wirklich unordentlich, aber ich habe noch viel zu erledigen, bevor wir alle nach
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
London aufbrechen. Es ist die Kerze dort drüben“, sagte Dumbledore und zeigte nun deutlich
auf den Kerzenstummel.
Harry grinste.
Er wusste, dass Zauberer gerne etwas unauffälliges als Portschlüssel verwendeten, damit es
den Muggeln nicht auffiel, und diese Kerze war wirklich unauffällig. Niemand würde je auf
den Gedanken kommen, dass es sich hierbei um einen Gegenstand handelte, mit dessen Hilfe
man innerhalb von Sekunden mehrere hundert oder sogar tausend Kilometer zurücklegen
konnte.
„Ich habe hier noch einen Brief, gib ihn bitte deinem Onkel und deiner Tante sobald du bei
ihnen angekommen bist“, sagte Professor Dumbledore und reichte Harry einen Brief.
Harry drehte ihn neugierig in den Händen und bemerkte, dass er wie auch die Briefe, die er
jedes Jahr zum Schulbeginn erhielt mit dem Siegel von Hogwarts verschlossen war.
Harry war etwas enttäuscht als er das Siegel erblickte. Er hatte gehofft, den Brief vielleicht
lesen zu können, bevor er ihn Onkel Vernon gab. Schließlich interessierte es ihn, was sein
Schuldirektor wohl von seinem Onkel wollte.
Professor Dumbledore schien Harrys Gedanken gelesen zu haben, denn er sagte: „Es steht
nichts besonderes drin, er soll deine Verwandten lediglich daran erinnern, dass sie noch nicht
das endgültige Sorgerecht bekommen haben, und sie kein Recht haben dich davon abzuhalten
am Ende der Woche wieder nach Hogwarts zurück zu kehren.“
„Danke, Sir“, sagte Harry und steckte den Brief in seinen Umhang.
„Die anderen Schüler werden nächsten Samstag etwa zur Abendessenszeit wieder mit dem
Hogwarts-Express hier eintreffen“, fuhr Dumbledore fort.
„Ich habe jedoch nichts dagegen, wenn du schon im Laufe des Nachmittags zurückkommst,
Harry. Der Portschlüssel wird dich wieder in mein Büro bringen.“
Harry nickte.
Dann trat er an den Schreibtisch heran, nahm seinen Koffer und Hedwigs Käfig in die linke
Hand und klemmte sich den kleinen Käfig mit dem Nuzzle unter den Arm.
„Bis nächstes Wochenende, Professor“, sagte er und griff nach der Kerze.
Er fühlte ein unangenehmes Ziehen um seinen Bauchnabel herum, dann begann das Zimmer
um ihn herum zu verschwimmen. Er hatte das Gefühl, als ob er von einem unsichtbaren
Haken direkt hinter seinem Nabel nach vorne gerissen wurde als er den Boden unter den
Füßen verlor. Seine Hand schien an dem Kerzenstummel festgeklebt zu sein, er konnte seinen
Griff nicht mehr lockern. Er raste durch wirbelnde Farbspiralen und wütende Böen dahin.
Einen Augenblick später schlug er hart auf dem Boden auf.
Für einen Moment war alles um Harry herum noch verschwommen, dann begann das Zimmer
langsam Gestalt anzunehmen. Er saß auf dem Wohnzimmerteppich des Ligusterwegs Nr. 4.
Als er sich umblickte erkannte er Onkel Vernon und seinen Cousin Dudley, die beide auf dem
Sofa saßen. Onkel Vernon sah Harry ärgerlich an.
„Da bist du ja, Bursche“, blaffte sein Onkel ihn an.
„Was ist denn das schon wieder für eine komische Art zu reisen? Na, wenigstens ist dieses
mal unser Wohnzimmer heil geblieben.“
Harry antwortete nicht, er war noch zu benommen von der turbulenten Reise.
„Bring deine Sachen nach oben, und dann mach dass du wieder hier herunter kommst. Es
wartet in dieser Woche eine Menge Arbeit auf dich. Glaube ja nicht, dass du uns auf der
Tasche liegen kannst. Du wirst arbeiten für dein Essen“, sagte Onkel Vernon barsch und seine
kleinen Augen waren zu Schlitzen verengt.
Harry raffte sich auf, griff nach seinem Gepäck und schleppte alles die Treppe hinauf in sein
Zimmer.
Dort angekommen stellte er Hedwigs Käfig und den immer noch zugedeckten Nuzzle auf den
Tisch und holte den beiden Tieren je eine Schale Wasser.
„Hier meine Gute“, sagte er zärtlich zu Hedwig, „wenigstens du sollst es gut haben.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
Dann zog er seinen Zaubererumhang aus, zog den Brief für Onkel Vernon aus der Tasche und
machte sich wieder auf den Weg nach unten.
Onkel Vernon erwartete ihn bereits in der Küche.
Dudley stand wieder neben ihm und grinste Harry breit an.
Tante Petunia war nirgendwo zu sehen. Wahrscheinlich war sie einkaufen gegangen.
„Na Cousin, konnten sie dich in der Schule nicht mehr ertragen?“, fragte Dudley und sein
Grinsen wurde noch breiter.
Harry versuchte die Frage zu ignorieren und reichte seinem Onkel den Brief von Professor
Dumbledore.
„Von wem ist der?“, fragte Onkel Vernon misstrauisch.
„Der ist von meinem Schulleiter, ich soll ihn dir geben, sobald ich hier angekommen bin“,
antwortete Harry wahrheitsgemäß.
Onkel Vernon riss den Umschlag auf und überflog die Zeilen. Dann schnaubte er verächtlich.
Dudley versuchte seinem Vater über die Schulter zu schielen, doch dieser hatte den Brief
bereits zerknüllt.
„Hier ist eine Liste der Arbeiten, die du in der nächsten Woche erledigen wirst“, sagte Onkel
Vernon und reichte Harry eine lange Liste.
Sie enthielt mindestens zwanzig verschiedene Punkte, angefangen vom Rasen mähen, über
Zaun streichen bis hin zum Unkraut rupfen.
Harry stöhnte.
„Hast du etwa geglaubt, du könntest hier auf der faulen Haut liegen? Mach, dass du an die
Arbeit kommst, von alleine wird sie nicht erledigt“, blaffte Onkel Vernon ihn an.
Harry seufzte und machte sich auf den Weg in den Garten.
Es war ein schöner Frühlingstag und schon recht warm für diese Jahreszeit.
Er ging in die Garage und holte den Rasenmäher. All diese Arbeiten hatten nur einen Vorteil:
er würde die Dursleys nicht all zu oft zu Gesicht bekommen, denn nicht einmal im Sommer
hielten sie sich viel im Garten auf, geschweige denn im Frühling, wenn es doch an manchen
Tagen noch empfindlich kalt werden konnte. Vor allem Dudley vermied es so gut er konnte
auch nur den kleinsten Sonnenstrahl abzubekommen.
Die nächsten Tage war Harry von früh bis spät damit beschäftigt die Büsche zu beschneiden,
den Gartenzaun zu streichen, das Unkraut zu rupfen und die Kübel neu zu bepflanzen.
Wenigstens stellte Tante Petunia ihm regelmäßig ein belegtes Brot und ein Glas Wasser auf
die Terrasse, so dass Harry genug zu essen und zu trinken hatte. Ansonsten ließen ihn die
Dursleys wie er es erwartet hatte in Ruhe.
Onkel Vernon war den ganzen Tag im Büro, Tante Petunia kam nur selten aus der Küche
heraus, und Dudley hatte seinen fetten Hintern in den Sessel vor dem Fernseher im
Wohnzimmer gezwängt und verließ diesen Platz nur zu den Mahlzeiten. Ab und an wandte er
seinen Blick von dem Fernsehprogramm ab und warf Harry durch das Wohnzimmerfenster
gehässige Blicke zu.
Um genug Futter für den Nuzzle zu beschaffen schlich Harry sich jeden Abend, nachdem die
Dursleys im Bett waren, nach unten in die Küche und holte dem kleinen Fellknäuel etwas zu
fressen.
Obwohl er nie wagte zu viel mitzunehmen schien es dem Nuzzle zu reichen, denn er bekam
keine Klauen und langen Zähne.
Nachdem Harry sich um den Nuzzle gekümmert hatte, machte er sich an seine Hausaufgaben.
Fast alle Lehrer hatten ihnen eine gehörige Portion Arbeit mit in die Ferien gegeben.
Da die Dursleys es vermieden Harrys Zimmer zu betreten, entweder weil es ihnen egal war
was Harry dort trieb, oder weil sie Angst hatten sich dort irgend eine ansteckende Krankheit
einzufangen, ließ Harry immer öfter seine Zauberbücher auf dem Tisch liegen und machte
sich nicht mehr die Mühe, sie unter dem losen Dielenbrett unter seinem Bett zu verstecken.
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
Es war mittlerweile Freitag, sechs Tage waren vergangen und Harry hatte die Woche fast
überstanden. Zu seiner Erleichterung näherte er sich auch dem Ende seiner Arbeit.
Er war gerade dabei ein Beet am Rande der Terrasse mit dunkelblauen Stiefmütterchen zu
bepflanzen, als er ein sonderbares Geräusch aus dem Gebüsch am anderen Ende des Gartens
hörte.
„Pssst“.
Geräuschlos legte er seine Hacke zur Seite und erhob sich.
Leise ging er in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.
„Pssssst“.
Harry schlich weiter auf die Hecke zu, als er zwei Augen zwischen den Blättern erkannte. Als
er noch einen Meter näher herankam konnte er auch das Gesicht dazu erkennen.
„Mrs. Figg“, rief er überrascht.
„Hallo Harry, sei bitte leise“, flüsterte Mrs. Figg, die alte Nachbarin der Dursleys.
„Ich möchte nicht, dass deine Tante mich hier sieht.“
Harry blickte die alte Frau verwirrt an.
„Aber warum verstecken Sie sich in unserer Hecke?“, fragte er.
„Ich wollte mit dir reden“, antwortete sie, und ein leichtes Lächeln umspielte ihren Mund.
„Mit mir?“, fragte Harry überrascht, „aber was wollen Sie denn von mir?“
„Nicht hier, kannst du nachher zu mir herüber kommen, vielleicht können wir zusammen eine
Tasse Tee trinken. Es ist wirklich eine Ewigkeit her, dass du das letzte mal bei mir warst,
mein Junge“, flüsterte sie.
„Ich weiß nicht“, sagte Harry zweifelnd, und warf einen vorsichtigen Blick in Richtung
Wohnhaus.
Er konnte durch das Wohnzimmerfenster sehen, dass Dudley wie immer vor dem Fernseher
saß und sich Kartoffelchips in den Mund stopfte, Tante Petunia konnte er nicht entdecken, sie
war wohl in der Küche.
„Es ist wirklich sehr wichtig“, sagte Mrs. Figg eindringlich.
Harry überlegte einen Moment.
Er hatte die Besuche bei Mrs. Figg nicht in all zu guter Erinnerung. Früher hatte sie ihm
immer stundenlang von ihren verblichenen Katzen erzählt und Harry damit fast zu Tode
gelangweilt.
„In Ordnung“, sagte Harry schließlich.
„Ich versuche in einer Stunde bei ihnen zu sein, vorausgesetzt Tante Petunia denkt sich nicht
irgendwelche Sonderaufgaben für mich aus.“
Mrs. Figg strahlte.
„Also, bis dann“, sagte sie und verschwand.
Harry blieb noch einen Moment an der Hecke stehen und grübelte. Was konnte die alte Frau
wohl von ihm wollen? Sie hatte nicht den Eindruck gemacht, dass sie Harry nur wieder mit
Geschichten über ihre Katzen langweilen wollte.
Eine knappe Stunde später, gerade, als Harry sich auf den Weg zu Mrs. Figg machen wollte,
stand plötzlich Dudley vor ihm und starrte ihn an.
„Was willst du?“, fragte Harry unfreundlich.
Dudley grinste breit.
„Och, ich wolle mir nur mal ansehen wie schön du arbeitest, Cousin, macht’s Spaß?“
Harry biss sich auf die Lippen und sagte nichts.
„Muss wirklich schlimm sein, wenn man auf der eigenen Schule keine Freunde hat“,
versuchte Dudley weiter Harry zu reizen.
„Bist du hier raus gekommen um mich zu nerven?“, fragte Harry ärgerlich.
Dudleys Grinsen wurde noch breiter.
„Na, habe ich etwa den richtigen Punkt getroffen?“, fragte er und sah auf Harry, der gut zwei
Köpfe kleiner war als Dudley, herab.
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
„Wenn du nicht gleich verschwindest“, zischte Harry ärgerlich, „wirst du dich wundern, was
für schöne Tentakel aus deinem Kopf wachsen können.“
Das hatte gewirkt.
Dudley riss ängstlich die Augen auf, drehte sich auf dem Absatz um und rannte zurück ins
Haus.
Harry konnte nur hoffen, dass er nicht direkt zu Tante Petunia rannte, diese fand es nämlich
mit Sicherheit nicht spaßig, wenn Harry Dudley bedrohte. Außerdem reagierte sie sehr
empfindlich auf jegliche Erwähnung von Zauberei.
Als Dudley verschwunden war legte Harry die Gartengeräte zur Seite und verließ unauffällig
den Garten der Dursleys. Er konnte nur hoffen, dass niemand ihn vermissen würde, denn was
sollte er dann sagen? Seine Tante würde ihm bestimmt nicht glauben wenn er sagte, dass ihre
Nachbarin, Mrs. Figg, ihn zum Tee eingeladen hatte.
Er rannte so schnell er konnte über die ausgestorbene Straße des Ligusterwegs und klingelte
kurz darauf am Haus von Mrs. Figg. Unter der Klingel war ein altes, ausgeblichenes
Namensschild angebracht, auf dem zu lesen war ‚A. Figg‘. Harry hatte sich noch nie
Gedanken darüber gemacht, wie die alte Frau wohl mit Vornamen heißen könnte und schämte
sich nun fast dafür.
Harry klingelte noch einmal und Mrs. Figg öffnete die Tür.
Sie hatte ihr graues Haar zu einem festen Knoten ins Genick gebunden und trug ein einfaches,
schwarzes Kleid. Irgendwie erinnerte sie Harry ein bisschen an Professor McGonagall, nur,
dass die Hauslehrerin von Gryffindor meistens ein sehr strenges Gesicht machte, und Mrs.
Figg ihn nun freundlich anlächelte.
„Harry, schön dass du da bist, komm doch herein“, sagte sie und Harry betrat den düsteren
Flur.
Obwohl er nun schon seit Jahren nicht mehr bei Mrs. Figg gewesen war hatte sich kaum
etwas verändert.
Er folgte ihr in das freundliche Wohnzimmer und erkannte sofort die scheußliche, geblümte
Couch und den dunklen, alten Tisch, die schon vor vielen Jahren in diesem Zimmer gestanden
hatten.
„Setz dich mein Junge, ich hole uns gleich den Tee“, sagte sie und bedeutete Harry, sich auf
das Sofa zu setzen.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte Harry höflich.
Er fand es nicht gut die alte Frau die ganze Arbeit alleine machen zu lassen.
„Oh nein, mein Lieber, das schaffe ich schon, mach es dir nur bequem, ich bin gleich wieder
da.“
Mit diesen Worten verließ sie das Wohnzimmer und Harry ging zu der geblümten Couch.
Er setzte sich und blickte sich neugierig um. Es hatte sich wirklich nicht viel geändert.
Auf den Regalen, die an der gegenüberliegenden Wand angebracht waren standen zwischen
unzähligen Büchern immer noch die selben alten Fotos von verschiedenen Katzen und selbst
die Zimmerpflanzen schienen sich kaum verändert zu haben.
Neugierig stand Harry auf und ging zu den Regalen. Er wollte zu gerne wissen, welche
Bücher Mrs. Figg so las. Früher hatte er sich darüber nie Gedanken gemacht, aber aus irgend
einem Grund war seine Neugier geweckt.
Das Regal war zum größten Teil bestückt mit kitschigen Muggel-Liebesromanen und Krimis,
die Harry nicht sonderlich interessierten. Er wollte sich gerade wieder zu dem scheußlichen
Sofa umdrehen, als sein Blick auf einem Buch hängen blieb, das er zu kennen schien.
Er ging noch einen Schritt näher und besah sich den Rücken des Buches. Der Titel lautete:
‚Heiltränke der Antike‘ von Griselda Salutari.
Harry stutzte.
Er wusste genau, dass er dieses Buch schon einmal in der Bibliothek von Hogwarts gesehen
hatte. Aber was machte Mrs. Figg mit einem Zauberbuch?
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
In diesem Moment riss ein Geräusch Harry aus den Gedanken.
Er drehte sich ruckartig um und blickte in das lächelnde Gesicht von Mrs. Figg.
„Das ist wirklich ein sehr gutes Buch“, sagte sie freundlich, und ihr Lächeln wurde noch
breiter.
„Mrs. Figg, wie kommen Sie an dieses Buch?“, fragte Harry vorsichtig.
„Nun“, sagte Mrs. Figg, „Ich habe es dort gekauft, wo jeder seine Zauberbücher kauft, in der
Winkelgasse.“
„Aber, aber ...“, stotterte Harry verwirrt, „Sind Sie etwa eine Hexe?“
„Natürlich, hast du das denn nicht gewusst?“, fragte sie Harry überrascht.
„Nein“, sagte Harry verblüfft.
Er starrte Mrs. Figg mit offenem Mund an.
„Ich war eine gute Freundin deiner Eltern“, fuhr sie fort und seufzte leise, „und ich habe ihnen
vor vielen Jahren versprochen gut auf dich aufzupassen.“
Harry konnte immer noch nicht fassen, was er eben erfahren hatte. Er hätte nie im Leben
gedacht, dass die alte Frau, die er nun schon seit einer Ewigkeit kannte eine Hexe sein könnte.
„Wissen die Dursleys, dass Sie eine Hexe sind?“, fragte er Mrs. Figg neugierig.
„Nein, Gott bewahre, sie haben keine Ahnung, und Albus Dumbledore hat mir ans Herz
gelegt, dass sie es auch niemals erfahren dürfen.“
„Sie kennen Professor Dumbledore?“, fragte Harry weiter.
„Aber natürlich, er war es doch, der vorgeschlagen hat mich zu deinem Geheimniswahrer zu
machen. Du weißt doch, was das ist?“, fragte ihn Mrs. Figg.
Harry nickte nur stumm. Langsam ging er zurück zu der geblümten Couch und ließ sich matt
in die weichen Polster fallen.
Mrs. Figg folgte ihm und setzte sich in einen Sessel, der dem Sofa gegenüber stand. Er war
ebenfalls geblümt, jedoch in einem völlig anderen Muster.
Sie stellte das Tablett mit der Teekanne und den beiden Tassen auf den Tisch und begann
beiden Tee einzuschenken. Dann nahm sie einen großen Schluck und lehnte sich genüsslich in
ihrem Sessel zurück.
„Sie sind meine Geheimniswahrerin?“, fragte Harry sie nun und blickte sie erwartungsvoll an.
Er hatte schon einmal von Geheimniswahrern gehört. Peter Pettigrew war damals der
Geheimniswahrer seiner Eltern gewesen, damit Lord Voldemort sie nicht finden konnte, doch
er hatte sie schamlos verraten und so hatten seine Eltern durch die Hand des dunklen Lord den
Tod gefunden.
„Ja, Albus Dumbledore war vor vielen Jahren, als er dich zu den Dursleys brachte der
Meinung, dass es nicht reichen würde dich einfach nur räumlich von der Zaubererwelt fern zu
halten. Er wusste von Anfang an, dass Du-Weißt-Schon-Wer eines Tages zurückkehren
würde. Wir haben damals lange darüber diskutiert wer diese große Bürde übernehmen sollte,
und da ich die Unauffälligste von uns allen war, ist die Wahl auf mich gefallen. Mich hat
damals niemand mit den großen Kämpfern in Verbindung gebracht, die sich Du-WeißtSchon-Wem in den Weg gestellt haben. Sicher ist es dir nicht aufgefallen, aber ich habe dich
jahrelang beobachtet. Auf dem Weg zur Schule, oder auch auf dem Nachhauseweg waren
entweder ich oder eine meiner Katzen immer anwesend und haben über dich gewacht.“
Harry hatte ihr still zugehört.
„Nein, das ist mir nie aufgefallen. Aber wer stand denn noch zur Auswahl?“, fragte er nun.
„Albus selbst fiel natürlich aus“, fuhr Mrs. Figg fort.
„Sirius Black war auf dem Weg nach Askaban, oh, der arme Junge, ich habe nie daran
gezweifelt, dass er unschuldig ist, und Remus Lupin wäre viel zu auffällig in dieser Gegend
gewesen. Stell dir nur mal vor er wäre hier als Werwolf deiner Tante oder deinem Onkel über
den Weg gelaufen, nicht auszudenken. Du musst wissen, dass die Forschung damals noch
nicht so weit fortgeschritten war wie heute, noch vor fünf Jahren war es einem Werwolf nicht
möglich sich selbst zu kontrollieren wenn er sich verwandelte.“
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10. Mrs. Figgs Geheimnis
Harry starrte die alte Frau immer noch an.
„Sie kennen Sirius und Remus?“
„Aber natürlich, wir haben viele Jahre zusammen gekämpft“, antwortete sie wie
selbstverständlich.
Plötzlich durchfuhr Harry die Erkenntnis wie ein Blitz.
„Entschuldigen Sie, Mrs. Figg, aber heißen Sie mit Vornamen vielleicht Arabella?“, fragte er
sie.
„Ja, so heiße ich, warum fragst du?“
„Nun, ich habe vor einiger Zeit Professor Dumbledore von einer Arabella Figg sprechen
hören, aber ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass er sie meinen könnte“, antwortete er.
Mrs. Figg lächelte.
„Ja, das bin ich.“
Sie machte ein kurze Pause und schien in ihre Erinnerungen zu versinken. Dann richtete sie
sich mit einem Ruck wieder auf und sagte energisch: „Ach Gott, jetzt rede ich hier und rede,
dabei habe ich dich doch wegen etwas völlig anderem zu mir gebeten.“
Sie stand auf und ging zu dem großen Regal an der gegenüberliegenden Wand.
Nach einigem Suchen zog sie ein schmales, längliches Kästchen zwischen den Büchern
hervor und reichte es Harry.
Harry hatte solche Kästchen schon einmal gesehen, vor fünf Jahren, als er seinen Zauberstab
bei Mr. Olivander in der Winkelgasse gekauft hatte.
Er nahm das Kästchen aus den Händen von Mrs. Figg und blickte sie fragend an.
„Na los, mach es schon auf“, sagte sie, und lächelte ihn aufmunternd an.
Harry hob den Deckel von dem schmalen Karton und starrte hinein. In dem Kästchen, auf
einem roten, verschlissenen Stück Samt lag ein alter, abgegriffener Zauberstab.
„Das ist der Zauberstab deines Vaters, nimm ihn schon, ich bin gespannt, ob er zu dir passt.“
Harry streckte vorsichtig seine rechte Hand aus und griff nach dem Zauberstab.
In dem Moment, als er den Stab berührte, spürte er ein Kribbeln, das durch seinen ganzen
Körper zu laufen schien.
Er hob langsam den Zauberstab und begann ihn ausladend durch die Luft zu schwingen.
Aus der Spitze des Zauberstabes trat ein Nebel aus goldenen und silbernen Funken.
Harry hatte so etwas schon einmal gesehen. Als er seinen Zauberstab das erste mal in der
Hand gehabt hatte, waren auch Funken aus seiner Spitze getreten, aber es waren bei weitem
nicht so viele gewesen. Auch hatte er damals nicht dieses angenehme Kribbeln gespürt.
„Das habe ich nicht zu träumen gewagt“, rief Mrs. Figg glücklich.
„Ich habe noch nie eine bessere Harmonie zwischen Zauberer und Zauberstab gesehen als
diese hier. Du bist für diesen Zauberstab geboren, mein Junge. Dieser Zauberstab hat wirklich
schon unzählige Kämpfe überstanden und ich bin sicher, dass auch du noch viel mit seiner
Hilfe vollbringen wirst.“
Harry strahlte.
Stolz betrachtete er sich den Zauberstab seines Vaters genauer. Er war äußerlich wirklich
schon sehr abgegriffen und zerschlissen, schien aber ansonsten noch in tadellosem Zustand zu
sein. Kurz oberhalb des Griffs war ein kleines Symbol in das Holz geritzt. Harry betrachtete
es genauer. Es sah aus, wie ein kleiner Dreizack.
„Was bedeutet das hier?“, fragte er die alte Frau, und deutete auf die Gravur.
Mrs. Figg beugte sich zu Harry herüber und besah sich die Stelle genauer, auf die er gedeutet
hatte.
Ratlos schüttelte sie den Kopf.
„Das kann ich dir auch nicht sagen, dieses Symbol ist mir noch gar nicht aufgefallen. Wenn
du das nächste mal in die Winkelgasse kommst, solltest du Mr. Olivander fragen, er hat
damals deinem Vater diesen Zauberstab verkauft, er kann es dir bestimmt sagen“, antwortete
Mrs. Figg ratlos.
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10. Mrs. Figgs Geheimnis
„Wissen Sie, aus was der Zauberstab gemacht ist?“, fragte Harry die alte Frau neugierig.
„Nein, das kann ich dir leider nicht sagen, das Holz scheint von einem Berg-Ahorn zu sein,
aber ich habe keine Ahnung, aus was der Kern gemacht ist.“
„Sagen Sie bitte, Mrs. Figg, wie sind Sie an den Zauberstab meines Vaters gekommen?“,
fragte Harry nun gespannt.
Mrs. Figg lehnte sich wieder in ihrem Sessel zurück und seufzte leicht.
„Ach, es ist schon viele Jahre her.“
Mrs. Figg schloss halb die Augen und schien wieder in der Vergangenheit zu versinken. Nach
einer kurzen Pause fuhr sie fort.
„Es war nur wenige Stunden, nachdem Du-Weißt-Schon-Wer deine Eltern getötet hatte.
Sirius Black und Hagrid hatten das Haus bereits wieder verlassen. Du weißt bestimmt, dass
Hagrid dich damals aus dem Haus geholt hat. Er brachte dich damals zu Albus.“
Harry nickte, doch Mrs. Figg schien ihn gar nicht mehr wahrzunehmen. Sie versank noch
etwas tiefer in ihrem Sessel als sie weiter sprach.
„Ich war in das Haus zurück gekehrt, um etwas zu suchen. Deine Eltern besaßen damals etwas
sehr wertvolles, das auf keinen Fall in falsche Hände geraten durfte. Ich hoffte, dass DuWeißt-Schon-Wer es nicht gefunden hatte, denn das wäre eine Katastrophe für unsere
gesamte Gesellschaft gewesen. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht, dass er,
Dessen-Name-Nicht-Genannt-Werden-Darf, verschwunden war.“
„Haben Sie das ‚Auge des Ares‘ gesucht?“, fragte Harry leise.
Mrs. Figg setzte sich mit einem Ruck auf und starrte Harry an.
„Du weißt von dem Amulett?“, fragte sie ihn überrascht.
„Ja“, antwortete Harry langsam.
„Sirius hat es mir zu Beginn dieses Schuljahres gegeben.“
Mrs. Figg strahlte.
„Dieser alte Gauner, also hat er es die ganze Zeit gehabt. Hast du es an einem sicheren Ort,
Harry?“, fragte sie ihn eifrig.
Harry schluckte.
Er schämte sich dafür, dass er das Amulett nicht mehr hatte, dass er sich so einfach hatte
bestehlen lassen.
„Wo hast du es?“, fragte Mrs. Figg wieder.
„Voldemort hat es“, antwortete Harry mit gesenktem Blick, so leise, dass es fast nur ein
Hauchen war.
Mrs. Figg riss vor Schreck die Augen auf, als Harry Voldemorts Namen aussprach.
„NEIN“, rief sie, „wie konnte das passieren?“
Harry berichtete ihr in groben Zügen, was am Weihnachtsabend des vergangenen Jahres
geschehen war.
Mrs. Figg schien mindestens genauso beunruhigt darüber zu sein wie Professor Dumbledore,
Remus und Sirius es gewesen waren.
„Dunkle Zeiten brechen für uns an, mein Junge“, sagte Mrs. Figg, als Harry seinen Bericht
beendet hatte.
Sie seufzte noch einmal und fuhr dann mit ihrer Erzählung fort.
„Ich durchsuchte in dieser Nacht das gesamte Haus, vom Keller bis zum Dachboden, doch ich
fand nichts. Lilly hatte mich schon Monate vor diesem Tag gebeten, das Amulett an mich zu
nehmen falls ihr und James etwas zustoßen würde, aber scheinbar hatte James schon andere
Vorkehrungen getroffen, ohne es Lilly zu sagen, oder vielleicht wollte Lilly sich auch einfach
nur doppelt absichern, damit das Amulett nicht in falsche Hände geriet.“
Harry senkte wieder seinen Blick. Seine Eltern hatten sich wirklich große Sorgen um das
Amulett gemacht, und er hatte es sich einfach stehlen lassen.
„Ich wollte gerade aufgeben und das Haus wieder verlassen, als ich über etwas stolperte und
hinfiel. Als ich mich umdrehte erkannte ich, dass dieser Zauberstab sich zwischen den
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Dielenbrettern verklemmt hatte. Er ragte nur wenige Zentimeter heraus. Er muss deinem
Vater nach dem Kampf mit Du-Weißt-Schon-Wem dort hin gefallen sein. Ich hob ihn auf und
nahm ihn mit. Ich war mir sicher, dass du ihn eines Tages tragen wirst.“
Harry blickte wieder auf den Zauberstab und ließ zärtlich eine Hand über das abgegriffene
Holz gleiten: der Zauberstab seines Vaters.
„Du weißt sicher, Harry, dass dein Vater ein sehr mächtiger Zauberer war. Viele haben
behauptet, es läge nur an dem Amulett, aber wenn du mich fragst, ist auch dieser Zauberstab
etwas ganz besonderes. Halte ihn in Ehren und pass gut darauf auf.“
Mrs. Figg sah Harry wieder erwartungsvoll an.
„Das werde ich“, sagte Harry und steckte den Zauberstab entschlossen in den Ärmel seines
Pullovers.
Gemütlich tranken sie ihren Tee zu ende, dann verabschiedete sich Harry von Mrs. Figg.
„Auf Wiedersehen, Mrs. Figg, und vielen Dank.“
„Nichts zu danken, mein Junge, pass gut auf dich auf, wir werden uns sicher bald wieder
sehen.“
Harry verließ das Haus der alten Frau und machte sich auf den Weg zurück zu den Dursleys.
So unauffällig wie möglich stahl er sich in den Garten um seine Arbeit fortzusetzen. Er
konnte nur hoffen, dass keiner der Dursleys seine Abwesenheit bemerkt hatte.
Harry hatte gerade den Rechen in die Hand genommen, als er die schrille Stimme seiner
Tante hinter sich hörte.
„Komm sofort hier her, du Taugenichts“, kreischte sie.
Harry drehte sich abrupt um und sah seine Tante in der Terrassentür stehen. Harry legte den
Rechen zur Seite und ging zu seiner Tante.
Als er näher kam sah er, dass Tante Petunia rot angelaufen war und vor Wut fast schäumte.
Harry schluckte.
Als Harry seine Tante erreicht hatte packte diese ihn unsanft am Arm und zerrte ihn durch das
Wohnzimmer in den Flur.
Dort lockerte sie endlich ihren Griff und stieß Harry vor sich her zur Treppe. Dabei keifte sie:
„Wo bist du gewesen?“
Harry schwieg.
„Raus mit der Sprache, wo hast du dich herumgetrieben?“
Harry sagte immer noch kein Wort.
„Na gut, du wirst schon sehen, was dir deine Verstocktheit einbringt“, keifte sie weiter.
Dann wurde ihre Stimme plötzlich ruhiger, fast drohend.
„Und wenn du es wagst mein Duddy-Baby noch einmal zu bedrohen, wirst du dir wünschen
nie geboren worden zu sein.“
„Ich habe ihn nicht ....“, versuchte Harry sich zu rechtfertigen.
„Halt den Mund“, kreischte Tante Petunia, ihre Augen schienen Funken zu sprühen.
„Mach, dass du in dein Zimmer kommst, wart nur ab, bis dein Onkel nach Hause kommt, der
wird dir schon Disziplin beibringen.“
Mit diesen Worten versetzte sie Harry einen weiteren Stoß in Richtung Treppe.
Harry drehte sich noch einmal zu ihr um und starrte sie wütend an. Hinter ihr sah er Dudley
bis über beide Ohren grinsend in der Tür stehen.
„Los jetzt, hoch mit dir“, keifte Tante Petunia erneut und Harry beeilte sich die Treppe nach
oben zu kommen.
Er wusste aus Erfahrung, dass es keinen Sinn hatte in diesem Zustand auch nur halbwegs
normal mit ihr zu sprechen.
Vor allem machte Harry sich ernsthafte Sorgen was passieren würde, wenn sein Onkel nach
Hause käme. Er konnte sich lebhaft vorstellen, was Tante Petunia und Dudley ihm alles
erzählen würden, was Harry angeblich alles gesagt und getan hätte, und Harry kannte die
Wutausbrüche seines Onkels nur zu gut.
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10. Mrs. Figgs Geheimnis
Als er endlich die Tür seines Zimmers erreicht hatte, hatte er einen dicken Kloß im Magen. In
weniger als einer halben Stunde würde Onkel Vernon nach Hause kommen, und dann ....
Harry öffnete seine Zimmertür.
Er keuchte bei dem Anblick, der sich ihm bot.
Seine Zauberbücher und die Pergamente mit den Hausaufgaben, die er sorgfältig auf den
Tisch gelegt hatte, lagen überall auf dem Fußboden verstreut und Hedwig saß verängstigt auf
der Gardinenstange und beäugte ihn misstrauisch.
Das konnte nur Dudley gewesen sein, aus Zorn, dass er gegen Harry den Kürzeren gezogen
hatte.
Harry ging näher an das Chaos heran und begann seine Bücher aufzuheben. Einige Seiten
hatten durch den Sturz Eselsohren bekommen, sein Zaubertrank-Aufsatz war in der Mitte
eingerissen und aus dem ‚Lehrbuch der Zaubersprüche Band 5‘ kamen ihm einige Seiten
entgegen geflattert.
Harry fluchte leise.
Als er zwei weitere Seiten Pergament aufgehoben hatte fiel sein Blick auf den kleinen
Metallkäfig, der zwischen den Büchern heraus lugte.
Harry nahm den Käfig und hob ihn hoch.
Er war leer. Der Nuzzle war verschwunden.
Für einen Moment stockte ihm der Atem.
Die Tür des Käfigs musste sich bei dem Sturz geöffnet haben.
Harry räumte schnell die restlichen Bücher auf den Tisch und machte sich auf die Suche nach
dem kleinen Pelzknäuel. Wenn er Glück hatte war er noch in seinem Zimmer.
Er suchte zuerst unter dem Bett, danach durchwühlte er seinen Schrank, dann schaute er noch
einmal genauer zwischen den unzähligen Seiten Pergament auf seinem Tisch.
Nichts.
Wo konnte diese verdammte Fellkugel nur stecken?
Harrys Frage wurde durch einen spitzen Schrei seiner Tante beantwortet.
Harry gefror das Blut in den Adern. Das durfte einfach nicht sein.
Mit einem Satz war er aufgesprungen und rannte so schnell er konnte die Treppe nach unten.
Der Anblick, der sich ihm im Wohnzimmer bot war mehr als skurril.
Tante Petunia und Dudley standen gemeinsam auf dem Wohnzimmertisch und starrten wie
gebannt auf ein etwa quaffelgroßes Fellknäuel, das fiepend vor ihnen auf und ab hüpfte.
Als Harry genauer hinsah, entdeckte er, dass der Nuzzle ein riesiges Stück aus der Ecke des
Sofas heraus gebissen hatte. Kein Wunder, dass er so gewachsen war und nun Sätze bis fast
zur Zimmerdecke machte.
„Was ist das für ein Ding?“, kreischte Tante Petunia panisch, als sie Harry in der Tür
erblickte.
„Das ist ein Nuzzle, der tut euch nichts, wirklich“, versuchte Harry seiner Tante zu
versichern, doch der Nuzzle war in diesem Moment noch ein Stück näher an den
Wohnzimmertisch heran gehüpft und Tante Petunia stieß erneut einen schrillen Schrei aus.
In diesem Moment hörte Harry, wie die Haustür aufgerissen wurde und Onkel Vernon stürmte
herein.
Unsanft stieß er Harry zur Seite.
„Was ist hier .....“, wollte er los donnern, doch der Rest des Satzes blieb ihm im Halse
stecken, als er seine verängstigte Frau und seinen Sohn auf dem Wohnzimmertisch erblickte.
Unsanft packte er Harry am Genick und schüttelte ihn heftig.
„Was hat das zu bedeuten?“, brüllte er Harry an.
„Der Nuzzle ist ganz ungefährlich, ehrlich“, versuchte Harry die Situation zu retten, doch dies
schien Onkel Vernon nicht zu interessieren.
„Fang das Ding ein“, brüllte er und stieß Harry unsanft in das Zimmer.
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
Es dauerte einige Minuten, bis Harry den Nuzzle endlich eingefangen und beruhigt hatte,
doch dann kuschelte sich das Fellknäuel zufrieden in Harrys Arme. Es schien froh darüber zu
sein endlich wieder eine bekannte Gestalt zu sehen.
Als der Nuzzle zufrieden in Harrys Armen saß bemerkte er, dass alle drei Dursleys ihn
hasserfüllt anstarrten.
Onkel Vernon machte einen bedrohlichen Schritt auf ihn zu.
„Das war das letzte Mal, dass du uns auf der Nase herum getanzt bist, Bursche,“, zischte
Onkel Vernon gefährlich.
„Jetzt werde ich dir zeigen, wie man früher Faulenzer wie dich behandelt hätte.“
Mit diesen Worten öffnete er seinen Gürtel und zog ihn aus der Hose.
Harry starrte ihn mit aufgerissenen Augen an.
Dann, bevor Onkel Vernon wusste wie ihm geschah, war Harry an ihm vorbei geschlüpft und
rannte so schnell er konnte die Treppe nach oben.
„Fliehen hilft dir auch nicht“, brüllte Onkel Vernon und polterte hinter Harry die Treppe nach
oben.
Bevor er Harry jedoch erreicht hatte schlug dieser die Zimmertür hinter sich zu und drehte
den Schlüssel im Schloss um.
Onkel Vernon donnerte gegen die verschlossene Tür.
„Mach die Tür auf, oder ich breche sie auf“, hörte Harry ihn von draußen brüllen.
Im Hintergrund konnte er Dudley schreien und Tante Petunia keifen hören. Bei jedem Schlag
gegen die Zimmertür sah Harry, wie sie immer mehr unter dem Gewicht seines Onkels
nachgab.
Er musste so schnell wie möglich hier raus.
In Windeseile steckte er den Nuzzle in den kleinen Käfig und feuerte seine Schulsachen in
den großen Koffer, der vor seinem Bett stand. Hedwig flog freiwillig in ihren Käfig, sie
schien verstanden zu haben, dass es jetzt auf Sekunden ankam.
Das Donnern an der Zimmertür wurde immer bedrohlicher. Am Schloss begann der Rahmen
der Tür allmählich zu splittern.
Als Harry den Deckel des Koffers geschlossen hatte blickte er auf den Portschlüssel, der
immer noch auf dem Tisch stand. Hoffentlich hatte Dumbledore keine Zeitsperre eingebaut,
die es Harry erst morgen ermöglichen würde nach Hogwarts zurück zu kehren.
Harry schnappte sich die beiden Käfige und seinen Koffer.
In diesem Moment gab die Tür nach, Holzsplitter flogen durch das Zimmer und Onkel
Vernon stand in voller Breite vor ihm.
„Das wirst du mir büßen“, donnerte er und starrte Harry hasserfüllt an.
Harry griff so schnell er konnte nach der Kerze und ..... er fühlte wie ein Haken ihn nach
vorne zog, das Zimmer um ihn herum verschwand und er wurde in einen Wirbel aus Farben
hinein gezogen. Kurz darauf plumpste er unsanft auf den Boden.
Als er sich umblickte erkannte er Professor Dumbledores Büro. Es schien verlassen zu sein,
nur Fawkes saß auf seiner Stange und beäugte ihn interessiert. Harry atmete erleichtert auf.
Er nahm sein Gepäck und zerrte alles die schmale Wendeltreppe nach unten.
Unten angekommen öffnete er die Geheimtür und spähte in den Korridor.
Er war verlassen.
Mit einem Ruck stieß er die Geheimtür auf und trat in den leeren Flur.
Auf dem Weg zum Gryffindor-Turm begegnete er niemandem. Er vermutete, dass die Lehrer
sich noch in London befanden, sonst wäre ihm sicherlich irgend jemand über den Weg
gelaufen.
Als er das Portrait der fetten Dame erreicht hatte blieb er stehen.
Das Bild war leer.
Scheinbar hatte die fette Dame die ruhigen Tage genutzt und war ihre alten Freunde besuchen
gegangen.
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Harry Potter und das Auge des Ares
10. Mrs. Figgs Geheimnis
Harry setzte sich auf seinen Koffer und überlegte. Was sollte er jetzt machen? Warten bis die
Dame zurückkam? Was, wenn sie erst morgen Abend zurückkam? Er konnte ja schlecht die
ganze Nacht auf seinem Koffer verbringen.
Dann kam Harry eine Idee.
Wenn er Glück hatte war Hagrid nicht mit den anderen Lehrern nach London gefahren,
schließlich hatte er ja nicht nur seine Lehrertätigkeit in Hogwarts, sondern er war auch
Wildhüter und musste sich um die vielen verschiedenen Geschöpfe in und um den verbotenen
Wald kümmern.
Harry ließ seinen Koffer und den Käfig des Nuzzles stehen, nahm Hedwig auf seine Schulter
und machte sich auf den Weg zur Hütte des Wildhüters.
Die Flure der Schule waren verlassen.
Harry hatte ein flaues Gefühl im Magen wenn er daran dachte, dass er im Moment der einzige
Mensch in diesem großen Schloss war, abgesehen von Filch vielleicht.
Normalerweise tummelten sich hunderte Schüler in Hogwarts und auf dem umliegenden
Gelände, doch heute ließen sich nicht einmal die unzähligen Geister der Schule blicken.
Als Harry das große Portal erreicht hatte war die Sonne bereits untergegangen und es begann
dunkel zu werden.
Er rannte über die große Wiese zu Hagrids Hütte. Die Fenster waren dunkel und Hagrid war
nirgendwo zu sehen. Was sollte er nur machen, falls Hagrid nicht da war?
Harry atmete tief durch und klopfte. Keine Antwort. Er klopfte noch einmal etwas
energischer.
Nichts.
Nicht einmal Fang bellte.
Harry drückte die Türklinke nach unten und versuchte die Tür zu öffnen. Zu seiner
Erleichterung war sie nicht verschlossen. Im Kamin lagen ein paar Holzscheite, die noch
etwas glühten und über der Feuerstelle hing ein Kessel mit Wasser. Alles deutete darauf hin,
dass Hagrid noch vor kurzem hier gewesen war.
Harry schloss die Tür hinter sich und beschloss auf den Wildhüter zu warten. Er ging hinüber
zu einem der großen Sessel und machte es sich gemütlich.
Hedwig flog von seiner Schulter und landete auf dem Tisch, wo sie gierig die dort verstreuten
Brotkrümel aufpickte.
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11. Godric’s Hollow
11. Godric’s Hollow
Es waren mehr als zwei Stunden vergangen, als sich plötzlich die Tür öffnete.
Harry schreckte auf. Er musste wohl eingeschlafen sein, denn er hatte keine Schritte gehört.
Hagrid betrat die dunkle Hütte und stöhnte.
„Komm rein, Fang, für heute haben wir es geschafft.“
Er ging zum Kamin und entzündete ein Feuer, dann drehte er sich um und sein Blick fiel auf
Harry.
„Was machst du denn hier?“, entfuhr es ihm.
Er starrte Harry ungläubig an.
Harry berichtete Hagrid was bei den Dursleys vorgefallen war, und dass er auf keinen Fall
länger dort hatte bleiben können.
Als Harry geendet hatte grinste Hagrid.
„Ja, diese Nuzzles können ganz schön Unruhe stiften.“
Dann wurde sein Gesicht wieder Ernst.
„Aber es is nich gut, Harry, wenn du so ganz allein auf dem Schulgelände rum läufst. Was,
wenn ich nich hier gewesen wäre? Professor Dumbledore würde nie erlauben, dass ein
Schüler ganz allein in der Schule ist, und gerade bei dir hätte er es wahrscheinlich erst recht
nicht gut gefunden.“
„Aber was hätte ich denn machen sollen?“, fragte Harry seinen Freund bestürzt.
„Das weiß ich auch nicht“, gab Hagrid zu, „aber heute Nacht bleibst du auf alle Fälle hier.
Kommt gar nicht in Frage, dass du ganz alleine im Schloss bleibst. Irgend jemand muss ja auf
dich aufpassen.“
Harry verzog leicht das Gesicht.
„Ich bin doch kein kleines Kind mehr“, protestierte er schwach.
„Aber du bist Harry Potter, und keiner will riskieren, dass dir irgend was zustößt“, ereiferte
Hagrid sich.
Im Grunde war Harry froh, dass Hagrid ihm angeboten hatte die Nacht hier zu verbringen,
denn der Gedanke die Nacht ganz alleine im Gryffindor-Turm zu verbringen war nicht gerade
reizvoll.
Nach einer kurzen Pause sagte Harry: „Hagrid, ich habe meinen Koffer noch oben im Schloss,
können wir den noch holen?“
Hagrid überlegte kurz, dann antwortete er: „Ich werde den Koffer holen, bleib du hier mit
Fang. Kannst uns ja schon mal ‘nen Tässchen Tee machen, wenn du magst.“
Harry nickte und Hagrid verließ die Hütte. Bevor er die Tür hinter sich schloss drehte er sich
noch einmal um und sagte: „Und mach nicht die Tür auf solange ich weg bin.“
Harry nickte.
Hedwig, die die offene Tür entdeckt hatte stieß einen Schrei aus und flog an Hagrid vorbei in
die Nacht. Dann schloss Hagrid die Tür hinter sich und ließ Harry alleine.
Es dauerte kaum eine viertel Stunde, bis Hagrid wieder mit Harrys Sachen zurück war. Er
musste sich wirklich sehr beeilt haben.
Gemeinsam setzten sie sich an den Tisch, tranken Tee und plauderten.
Harry hatte schon lange nicht mehr so viel Zeit mit Hagrid verbracht und genoss den Abend
in vollen Zügen.
Als es Zeit zum Schlafen wurde schob Hagrid für Harry zwei der riesigen Sessel aneinander.
Die Liegefläche die sich daraus ergab war so groß, dass Harry sich gemütlich darauf
ausstrecken konnte.
Es dauerte nicht lange, und er fiel in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
145
Harry Potter und das Auge des Ares
11. Godric’s Hollow
Als Harry am nächsten Morgen erwachte brauchte er einen Moment um zu begreifen, wo er
sich eigentlich befand. Nur langsam kamen die Erinnerungen an die Geschehnisse des
Vortages zurück.
Nachdem Harry seine Brille aufgesetzt hatte blickte er sich suchend nach Hagrid um, konnte
ihn jedoch nirgendwo in der kleinen Hütte entdecken.
Fang lag vor dem Kamin und schlief.
Gerade als Harry sich aufmachen wollte um Hagrid zu suchen wurde die Tür der Hütte
aufgestoßen und Hagrid kam herein mit einem üppigen Frühstückstablett.
„Hab mal die Hauselfen in der Küche besucht um uns was anständiges zu Essen zu besorgen“,
sagte er und grinste.
Gemeinsam deckten sie den Tisch und frühstücken ausgiebig.
Harry wollte Hagrid gerade von seinem Besuch bei Mrs. Figg erzählen, als sich die Tür der
Hütte erneut öffnete und Professor Dumbledore eintrat.
„Hagrid, wir sind wieder ....“, sagte er, der Rest des Satzes blieb ihm im Halse stecken und er
starrte Harry fragend an.
„Harry, was machst du hier, du solltest doch erst heute Nachmittag zurück kommen“, sagte er
verwirrt.
„Nun ja“, sagte Harry verlegen, „Es gab da einen kleinen Zwischenfall, und äh, da musste ich
einen Tag früher zurück kommen.“
Dumbledore blickte ihn immer noch fragend an, ging zu einem freien Stuhl und setzte sich.
Nachdem Hagrid dem Schulleiter eine Tasse Tee eingegossen hatte berichtete Harry noch
einmal, was sich im Ligusterweg zugetragen hatte.
Dumbledore seufzte als Harry seinen Bericht beendet hatte.
„Es war gut, dass du die Nacht bei Hagrid verbracht hast“, sagte er.
„Die Sicherheitsvorkehrungen im Schloss sind im Moment nicht die Besten. Zur Zeit wäre
eigentlich der Ligusterweg der sicherste Platz für dich gewesen. Dort haben wir
Vorkehrungen getroffen.“
„Ich weiß“, antwortete Harry etwas verlegen.
„Ich habe gestern mit Mrs. Figg gesprochen. Sie hat mir erzählt, dass sie seit vielen Jahren
meine Geheimniswahrerin ist.“
„Ach hat sie das?“, fragte Dumbledore, und ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.
„Ja, die gute Arabella hat wirklich exzellente Arbeit geleistet.“ Er machte eine Pause und
trank einen Schluck Tee.
„Aber jetzt sind fast alle Lehrer wieder da, wenn du möchtest kannst du in den GryffindorTurm zurückkehren.“
Harry sah Dumbledore fragend an.
„Was heißt denn fast alle Lehrer, sind denn nicht alle mit zurück gekommen?“
Dumbledore atmete schwer aus, dann antwortete er: „Nein, Professor Snape wird noch ein
oder zwei Tage länger in London bleiben, er hat dort noch etwas zu erledigen. Aber ich gehe
davon aus, dass er zum Schulbeginn wieder hier sein wird.“
Harry schwieg einen Moment, dann fragte er vorsichtig: „Wird er von den Auroren verhört?“
Wieder seufze der Direktor. Er wirkte in diesem Moment wieder unglaublich alt.
„Ich finde es sehr bedauerlich, dass sich das Ministerium noch immer weigert produktiv mit
uns zusammen zu arbeiten. Das erschwert unsere Situation erheblich.“
Harry sah den Direktor erwartungsvoll an, in der Hoffnung er würde noch mehr erzählen,
doch nach diesen Worten erhob sich Dumbledore und verließ die Hütte.
Schweigend packte Harry seine Sachen zusammen, und brachte sie mit Hagrid zusammen in
den Gryffindor-Turm. Auch Hagrid sagte kein Wort.
Am späten Nachmittag trafen auch die anderen Schüler im Schloss ein.
Noch vor dem Essen hatte Harry seinen Freunden Ron und Hermine alles erzählt, was sich in
den letzten Tagen im Ligusterweg und bei Hagrid ereignet hatte.
146
Harry Potter und das Auge des Ares
11. Godric’s Hollow
Hermine schien etwas besorgt zu sein als Harry ihnen berichtete, dass Snape noch im
Ministerium war, doch Ron konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Danach präsentierte Harry ihnen seinen neuen Zauberstab.
Beide betrachteten ihn ehrfürchtig und Hermine sagte: „Das ist wirklich großartig Harry,
wenn du nun Du-Weißt-Schon-Wem das nächste Mal gegenüber stehst habt ihr nicht mehr
den Fluchumkehr Effekt. Wer weiß, vielleicht hätte sich dieser Effekt das nächste mal gegen
dich gerichtet und nicht gegen ihn.“
Harry nickte zustimmend. Daran hatte er noch gar nicht gedacht, dass er nun nicht mehr den
gleichen Zauberstab hatte wie Voldemort.
Die restlichen Ferientage vergingen wie im Flug. Harry, Ron und Hermine genossen die
warmen Frühlingstage und verbrachten die meiste Zeit auf den Ländereien des Schlosses.
Hermine ermahnte die beiden Jungs zwar mehrmals sie müssten sich langsam um ihre
Prüfungsvorbereitung kümmern, aber beide hatten keine Lust sich die Ferien durch Lernen
verderben zu lassen.
Erst vier Tage nach Ankunft der anderen Lehrer tauchte Snape wieder auf.
Hermine entdeckte ihn beim Abendessen in der großen Halle.
Er saß zwischen den anderen Lehrern, aß jedoch nichts. Er war noch blasser als normal und er
wirkte ausgemergelt und erschöpft. Mit leeren, ausdruckslosen Augen stierte er vor sich hin.
„Was haben die bloß mit ihm angestellt?“, fragte Hermine, und leichte Sorge schwang in ihrer
Stimme mit.
„Was kümmerst du dich um Snape?“, fragte Ron sie empört.
„Geschieht ihm recht, wenn sie ihn ausgequetscht haben. Endlich hat ihn mal einer so
behandelt, wie er es verdient.“
Hermine starrte Ron ungläubig an.
„Ron, das ist nicht fair, schließlich spioniert er für Dumbledore.“
„Na und, trotzdem hat er es verdient“, beharrte Ron auf seinem Standpunkt.
Harry hielt sich aus dieser Diskussion heraus. Natürlich hasste er Snape noch immer genauso
wie früher, vielleicht sogar noch mehr, aber irgendwie, er konnte selbst nicht erklären warum,
hatte er ein bisschen Mitleid mit diesem Mann.
Er konnte sich nicht daran erinnern Snape jemals in solch einem jämmerlichen Zustand
gesehen zu haben. Normalerweise starrte der Lehrer seine Schüler kalt und verächtlich an,
doch nun war sein Blick leer, fast wie der von Sirius, kurz nachdem er aus Askaban geflohen
war.
Es dauerte mehrere Tage, bis Professor Snape sich von seinem Aufenthalt im Ministerium
erholt hatte, doch dann war er wieder genauso kalt und unbarmherzig wie eh und je.
Als der Unterricht nach den Ferien wieder begann erinnerte nichts mehr an den gebrochenen
Mann, der er noch vor 2 Wochen gewesen war.
Das einzige was sich geändert hatte war der abendliche Unterricht mit Harry.
Snape hatte nichts mehr von dem Cruciatus-Fluch erwähnt und Harry hütete sich ihn daran zu
erinnern. Einerseits hätte Harry zwar gerne den Gegenfluch vollständig beherrscht, aber
andererseits war er auch nicht scharf darauf wieder mit dem Fluch belegt zu werden.
Die nächsten Wochen waren für alle Schüler ausgefüllt mit Lernen, denn die Prüfungen
rückten nun unaufhaltsam näher.
Dank Hermine besaßen aus Harry und Ron sehr umfangreiche Unterlagen, die ihnen die
Vorbereitungen sehr erleichterten.
Drei Tage vor Beginn der ersten Prüfung erhielt Harry erneut einen Brief aus dem
Zaubereiministerium:
147
Harry Potter und das Auge des Ares
11. Godric’s Hollow
Sehr geehrter Mr. Potter,
hiermit teilen wir Ihnen mit, dass die Anhörung Lupin gegen Dursley auf den 12. Juni
verschoben wurde. Bitte finden Sie sich pünktlich um 10:30 Uhr in Raum 135, Gebäude A,
des Ministeriums ein.
Hochachtungsvoll
Valerie Rickpark
Abteilung für Vormundschaftsangelegenheiten
Zaubereiministerium
Harry blickte empört auf den Brief.
„Na, das fällt denen ja früh ein. Von dieser Terminänderung muss ich gleich heute Abend
Remus schreiben.“
Hermine, die den Brief wie immer mit gelesen hatte blickte Harry zweifelnd an.
„Ich befürchte Remus kann dich nicht zu diesem Termin bringen.“ „Warum?“, fragte Harry
verwirrt. „Nun ja, wir haben im Moment zunehmenden Mond, und in der Nacht vom 11. auf
den 12. ist Vollmond.“
Harry starrte Hermine ungläubig an. „Bist du dir da sicher?“, fragte er sie bestürzt. „Ganz
sicher“, antwortete Hermine.
Während des Unterrichts an diesem Tag saß Harry wie auf heißen Kohlen. Er wollte
unbedingt zu Professor Dumbledore um mit ihm zu besprechen, wie er nun nach London
kommen sollte.
Direkt nach der letzten Stunde machte er sich auf den Weg zum Büro von Professor
Dumbledore. Er klopfte an die Geheimtür, doch niemand öffnete.
Harry überlegte einen Moment, ob er einfach in das Büro des Direktors gehen solle,
schließlich kannte er ja das Passwort, entschied sich dann aber dagegen.
Dumbledore würde bestimmt kein Verständnis dafür haben, wenn Harry unangemeldet in
seinem Büro auftauchte.
Den Rest des Nachmittags lernte Harry zusammen mit Ron und Hermine ‚Verwandlung‘,
doch er konnte sich nur schwer auf die Aufgaben konzentrieren. Immer wieder musste er an
die bevorstehende Anhörung denken und das Problem, wie er nach London gelangen sollte.
Nach dem Abendessen machte er sich missmutig auf den Weg zu Professor Snape.
Snape hatte trotz der bevorstehenden Prüfungen darauf bestanden seinen abendlichen
Unterricht wie gewohnt abzuhalten, obwohl Harry ihn mehrmals darum gebeten hatte für
seine Prüfungen lernen zu dürfen.
Er hatte sich kaum auf seinen Platz gesetzt, als sich die Tür öffnete.
Snape starrte erbost in die Richtung, aus der die Störung kam, doch der Zorn in seinen Augen
wich der Überraschung, als Professor Dumbledore den Raum betrat.
„Guten Abend Severus“, sagte Dumbledore freundlich.
„Bitte entschuldige die Störung, aber ich muss kurz mit Harry reden.“
Snape nickte kurz und Dumbledore ging zu Harry.
„Hallo Harry, sicher hast du heute morgen auch einen Brief aus dem Ministerium erhalten“,
fragte er Harry. Harry nickte.
„Ja, ich wollte vorhin schon zu Ihnen kommen, aber Sie waren nicht da.“
„Hm, ich hatte noch einiges zu erledigen“, antwortete Dumbledore und wirkte dabei etwas
zerstreut.
Dann sammelte er sich wieder.
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Harry Potter und das Auge des Ares
11. Godric’s Hollow
„Vielleicht ist es dir schon aufgefallen, an diesem Anhörungstermin ist Vollmond, Remus
wird dich also nicht nach London begleiten können.“
„Ja, ich weiß“, antwortete Harry bedrückt.
„Leider ist mir noch keine Alternative eingefallen, wer dich nach London begleiten könnte“,
sagte Dumbledore und blickte Harry an.
„Albus, ich könnte ihn begleiten“, meldete Snape sich plötzlich aus dem Hintergrund.
Harry starrte Snape entgeistert an. Das war nun das Letzte was er wollte: alleine mit Snape
nach London fahren.
„Das ist eine großartige Idee“, sagte Dumbledore und strahlte Snape an.
„Dann brauchen wir uns wenigstens keine Sorgen um Harrys Sicherheit zu machen.“
„Aber Professor Dumbledore, ich ....“, wollte Harry sich beschweren, doch Dumbledore
unterbrach ihn fröhlich: „So das wäre geklärt, geh jetzt am Besten in deinen
Gemeinschaftsraum und lerne für die Prüfungen, es ist nicht mehr lange hin. Wir treffen uns
am 12. um halb zehn in meinem Büro.“
Harry merkte, dass es keinen Sinn hatte den Direktor umzustimmen, doch er wagte es auch
nicht aufzustehen und den Klassenraum einfach zu verlassen. Verstohlen blickte er zu Snape.
Der Lehrer stand da und machte keine Anstalten die Aufforderung von Dumbledore
rückgängig zu machen.
Langsam begann Harry seine Unterlagen zusammen zu packen, jeden Moment damit
rechnend von Snape gestoppt zu werden, doch nichts geschah. Als er seine Sachen fertig
gepackt hatte schielte er wieder zu Snape, doch dieser war mittlerweile in ein Gespräch mit
Professor Dumbledore vertieft.
So unauffällig wie möglich erhob Harry sich von seinem Platz und stahl sich aus dem
Klassenraum.
Dank der Hilfe von Hermine waren auch Harry und Ron sehr gut auf die Prüfungen
vorbereitet und hatten keine großen Probleme die gestellten Aufgaben zu lösen.
Lediglich ihre Wahrheitstränke für Professor Snape gelangen nicht hundert prozentig. Ron
hatte es ein bisschen zu gut mit den Spinnenbeinen gemeint und der Trank dampfte wie eine
Lokomotive und Harry schaffte es einfach nicht die richtige Konsistenz in seinem Kessel
herzustellen. Sein Trank war klebrig wie Sirup.
Am 12. Juni fand Harry sich pünktlich in Professor Dumbledores Büro ein.
Dumbledore und Snape erwarteten ihn bereits.
Als Harry das Büro betrat saß Dumbledore an seinem Schreibtisch und blickte Harry
erwartungsvoll an. Snape stand mit dem Rücken zur Tür an einem der Fenster und würdigte
Harry keines Blickes.
„Hallo Harry, da bist du ja“, begrüßte Dumbledore ihn freundlich.
„Hallo Professor“, sagte Harry.
„Hast du dir genau überlegt, was du vor dem Ausschuss sagen willst?“, fragte Dumbledore
ihn.
Harry zögerte einen Moment, dann antwortete er: „Ja, ich denke schon.“
Professor Dumbledore stand nun von seinem Platz auf und ging ein paar Schritte auf Harry
zu.
„Diese Anhörung heute ist sehr wichtig für dich“, erklärte er eindringlich.
„Du wirst ganz auf dich alleine gestellt sein, keiner von uns kann dir in dieser Situation
helfen.“
Harry stutzte einen Moment.
Er war davon ausgegangen, dass Professor Snape bei dieser Anhörung anwesend sein würde.
„Äh, Professor“, begann er vorsichtig, „wird Professor Snape nicht ....“
149
Harry Potter und das Auge des Ares
11. Godric’s Hollow
„Nein Harry, du wirst den Mitgliedern des Ausschusses ganz alleine gegenüber treten
müssen.“
Wenn Dumbledore erwartet hatte Harry mit dieser Tatsache zu verunsichern so hatte er sich
geirrt.
Statt dessen machte sich ein leichtes Lächeln auf Harrys Gesicht breit. Ihm konnte es nur
recht sein, wenn Snape nicht alles hörte, was er dem Ministerium zu sagen hatte.
In diesem Moment drehte Professor Snape sich zu ihnen um und fixierte Harry kalt.
Harry war sich nicht sicher, doch er glaubte für einen kurzen Moment ein leichtes,
selbstgefälliges Lächeln auf Snapes Gesicht zu erkennen.
„Es wird Zeit“, sagte Snape eisig und ging auf Harry und Dumbledore zu.
„Hast du den Portschlüssel vorbereitet, Severus?“, fragte Dumbledore.
Snape nickte und zog einen alten Teelöffel aus seinem Umhang.
„Ich wünsche dir alles Gute“, sagte Dumbledore zu Harry gewandt.
„Danke Professor“, antwortete Harry und lächelte Dumbledore an.
Dann richtete Dumbledore sich an Snape: „Pass gut auf ihn auf, Severus. Ich vertraue Dir.“
Snape nickte knapp.
„Gute Reise, euch beiden“, sagte Dumbledore.
Dann trat Harry an Snape heran und berührte ein Ende des Teelöffels. Er bemühte sich dabei
nicht zu nah bei Snape zu stehen, er wollte doch einen gewissen Abstand wahren.
In dem Moment, als Harry den Portschlüssel berührte spürte er das altbekannte ziehen in
seiner Magengegend. Oh, wie er diese Art zu reisen hasste. Dann wirbelten sie gemeinsam
durch turbulente Böen und wilde Farbspiralen.
Nach wenigen Sekunden war alles vorbei und sie hatten wieder festen Boden unter den
Füßen.
Nachdem Harry sich einen Moment gesammelt hatte blickte er sich neugierig um.
Wie London sah diese Gegend nicht gerade aus. Sie befanden sich auf einer Art Marktplatz,
der umgeben war von einigen alten Häusern. Die Häuser ringsum waren teilweise verfallen
und schienen alle verlassen zu sein. Es war totenstill, nicht einmal die Vögel gaben einen Laut
von sich.
„Wo sind wir?“, fragte Harry und sah Snape verwirrt an.
Snape würdigte ihn keines Blickes und antwortete: „Komm mit.“
Dann setzte er sich in Bewegung. Harry jedoch blieb wie angewurzelt stehen und starrte
Snape an.
„Wo sind wir?“, wiederholte er, wobei er eine leichte Unsicherheit in seiner Stimme nicht
verbergen konnte.
Snape drehte sich um und sah Harry kalt an.
Harry hatte das Gefühl als würde ihm das Blut in den Adern gefrieren.
„Komm schon“, zischte Snape ungeduldig.
Harry rührte sich nicht.
Snape kam zu Harry zurück, packte ihn unsanft am Arm und zog ihn mit sich.
Harry versuchte sich aus Snapes festem Griff zu befreien und protestierte, doch er hatte der
Kraft des Lehrers nichts entgegen zu setzen.
Snape zerrte Harry eine verlassene Straße entlang.
Die Häuser ringsum wurden immer baufälliger. Bei einigen waren bereits die Dächer
eingestürzt, ein paar andere bestanden nur noch aus den Grundmauern.
Obwohl es heller Tag war verliehen diese steinernen Skelette diesem Ort eine gewisse
Düsternis.
Harry hatte unterdessen seinen Widerstand aufgeben und ließ sich von Snape weiter die
Straße entlang ziehen.
Nach nicht einmal hundert Metern verließen sie den kleinen Ort und Harry sah vor sich ein
großes, altes Haus.
150
Harry Potter und das Auge des Ares
11. Godric’s Hollow
Früher war es bestimmt einmal sehr stattlich gewesen. Der Eingang wurde von mehreren
weißen Säulenpaaren geziert, die jetzt jedoch mit Moos bewachsen waren. Ein paar der
riesigen Fensterscheiben waren zerbrochen und der Garten rings um das Haus war verwildert.
Snape zog Harry direkt auf das Haus zu.
Harry starrte Snape wütend an. In Snapes Gesicht regte sich kein Muskel, sein Gesicht war
kalt wie Stein.
Harry hatte ein verdammt ungutes Gefühl in der Magengegend. Was hatte der Lehrer mit ihm
vor?
Als sie das Grundstück des alten Hauses erreicht hatten versetzte Snape dem geschlossenen
Gartentor einen Stoß um es zu öffnen.
Das Tor fiel krachend zu Boden. Das Geräusch wirkte unnatürlich laut in der Stille.
Sie durchquerten den Garten bis zu der großen Eingangstür. Dort hielt Snape einen Moment
inne und blickte sich suchend um.
„Professor Snape, was ....“, versuchte Harry erneut zu fragen, doch Snape starrte ihn nur kalt
an und zischte leise: „Halt den Mund“.
Harry wurde langsam schlecht.
Mit aller Kraft versuchte er sich noch einmal aus Snapes Griff zu befreien, doch dieser hielt
ihn unbarmherzig fest.
Mit einem Ruck öffnete Snape die Tür des Hauses und stieß Harry durch die Tür. Dann folgte
er ihm und schloss die Tür wieder hinter sich.
Harry blickte sich neugierig um. Sie befanden sich in einer riesigen, düsteren Eingangshalle.
Eine breite Treppe führte nach oben in den ersten Stock und am Ende der Halle befand sich
eine große, jedoch verschlossene Tür.
Noch während Harry sich umsah hörte er plötzlich langsame Schritte über sich. Irgend
jemand befand sich im ersten Stock.
Er warf einen unsicheren Blick auf Snape. Der Lehrer starrte wie gebannt auf die Treppe.
Harry konnte in seinem Gesicht gespannte Erwartung erkennen.
Dann spürte Harry einen stechenden Schmerz auf seiner Stirn. Er fuhr mit der Hand an seinen
Kopf und hielt sich die brennende Narbe.
Die Schritte kamen immer näher, und je näher sie kamen, desto heftiger wurde der Schmerz
in Harrys Kopf.
Und dann begriff er: Voldemort.
Der dunkle Lord hatte die Treppe erreicht und schritt nun Stufe für Stufe zu ihnen herab.
Seine roten Augen glühten in dem schwachen Licht. Sie waren direkt auf Harry gerichtet.
Harry drehte sich um und rannte zur Eingangstür, doch bevor er sie erreicht hatte, hatte
Voldemort seinen Zauberstab gezückt und zischte: „Claudare“.
Harry prallte gegen die geschlossene Tür und rüttelte an der Klinke, doch sie bewegte sich
keinen Millimeter. Voldemort musste sie magisch verschlossen haben.
Er drehte sich wieder um.
Voldemort hatte mittlerweile das Ende der Treppe erreicht und lächelte Harry an.
„Hallo Harry, mein Junge. Wir werden doch nicht weglaufen wollen?“
Harry antwortete nicht und starrte Voldemort an.
„Selbst wenn du es schaffen würdest dieses Haus lebend zu verlassen, würden meine Death
Eater, die dieses Haus umstellt haben deine Flucht vereiteln.“
Harrys Blick wanderte Hilfe suchend zu Snape.
Snape hatte die ganze Zeit unbeweglich in der Mitte der Halle gestanden.
Auch Voldemort sah nun zu Snape.
„Mein treuer Death Eater“, zischte Voldemort, „Endlich hast du einmal nicht versagt.“
Snape war während dieser Worte auf Voldemort zugegangen.
151
Harry Potter und das Auge des Ares
11. Godric’s Hollow
Nun fiel er vor dem dunklen Lord auf die Knie und küsste dessen Umhangsaum. Dann erhob
er sich wieder und sagte leise: „Ich grüße euch, Meister. Wie Ihr befohlen habt, bringe ich
Euch den jungen Potter.“
Harry starrte Snape an. Das konnte unmöglich wirklich geschehen. Er hatte die ganze Zeit
gedacht, dass Snape auf Dumbledores Seite stand. Dumbledore hatte Snape vertraut, wie
konnte er ihn nur so hintergehen?
Snape war inzwischen an Voldemorts Seite getreten.
Beide starrten Harry an.
Einen Moment herrschte eisige Stille, dann sagte Voldemort leise: „Weißt du, wo du hier bist,
Harry?“
Harry antwortete nicht.
„Das ist Godric’s Hollow“, sagte Voldemort leise.
Harry überlegte einen Moment. Irgendwo hatte er diesen Namen schon einmal gehört, doch er
konnte sich nicht daran erinnert wo.
Voldemort war Harrys ratloser Blick nicht entgangen, und wie zur Erklärung fuhr er fort:
„Dies hier ist der Ort, an dem du schon vor 14 Jahren hättest sterben sollen.“
Dann fiel es Harry wie Schuppen von den Augen. Das musste das Haus seiner Eltern sein.
Das Haus, in dem sie alle gemeinsam gelebt hatten bevor Voldemort seine Eltern getötet
hatte.
„Hier hat alles angefangen, und hier wird alles enden“, fuhr Voldemort fort und ein leichtes
Lächeln huschte über seinen lippenlosen, schlangenhaften Mund.
Harry wollte instinktiv noch weiter zurück weichen, doch er stand bereits an der Tür und hatte
keine Möglichkeit einen größeren Abstand zwischen sich und Voldemort zu bringen.
Langsam griff er in seinen Ärmel und zog seinen Zauberstab heraus.
Voldemorts Lächeln wurde noch breiter.
„Ein Duell?“, fragte er spöttisch und ließ Harry nicht aus den Augen.
„Glaubst du etwa, du hättest mir mehr entgegen zu setzen, als vor einem Jahr? Dass du
damals entkommen konntest war ein dummer Zufall den ich nicht bedacht hatte. Hm, ja, ich
muss zugeben, dass ich in der Vergangenheit einige Details nicht bedacht hatte, doch dieses
mal, mein lieber Harry bin ich vorbereitet.“
Voldemort griff unter seinen Umhang und holte ein Medaillon hervor, das an einer goldenen
Kette um seinen Hals hing.
„Das Auge des Ares“, flüsterte Harry und starrte das Amulett in Voldemorts Hand an.
Er hatte zwar gewusst, dass Voldemort im Besitz des Auges war, aber es nun mit eigenen
Augen vor sich zu sehen versetzte Harry einen Schlag in den Magen.
„Ja, das Auge des Ares, endlich ist es mein“, sagte Voldemort langgezogen.
„Deine Eltern haben ihr Leben gegeben für dieses Amulett, doch ihr heldenhaftes Opfer war
umsonst. Nun endlich, nach so vielen Jahren hat es einen würdigen Träger gefunden, der
seine Kräfte auch zu nutzen weiß.“
Hass stieg in Harry hoch.
Er starrte abwechselnd von Voldemort zu Snape, der die ganze Zeit bewegungslos neben dem
dunklen Lord gestanden hatte.
„Sie haben es gestohlen“, rief Harry mit dem Mut der Verzweiflung.
„Gestohlen?“, fragte Voldemort fast sanft.
„Oh, Harry, du verkennst die Situation. Einer meiner treuen Diener hat es gefunden.“
Während dieser Worte bedachte er Snape mit einem Blick, der absolutes Missfallen
ausdrückte.
Snape schien einige Zentimeter unter dem Blick des dunklen Lords zu schrumpfen.
„Ja, in meinem Koffer gefunden“, rief Harry aufgebracht und starrte nun ebenfalls Snape an.
Voldemort bemerkte Harrys Blick und sagte spöttisch: „Oh, nein, er hat kläglich versagt.“
Er starrte Snape abschätzig an.
152
Harry Potter und das Auge des Ares
11. Godric’s Hollow
„Ich hatte noch einen anderen Diener in Hogwarts.“
„Dann kann es nur Draco Malfoy gewesen sein“, knurrte Harry.
Voldemort lächelte und schüttelte leicht den Kopf.
Er machte eine kurze Pause bis die Spannung in der Luft fast greifbar war, dann zischte er:
„Agathe Aspervir“.
„Professor Aspervir?“, fragte Harry und starrte Voldemort an.
An die unscheinbare, fast dümmliche Lehrerin hätte er als aller letztes gedacht.
„Sie hat mir gute Dienste geleistet. In den richtigen Momenten hat der ein oder andere leichte
Imperius-Fluch wahre Wunder bewirkt. Ich möchte dich nicht sterben lassen, Harry, ohne
dass du erfährst wie sie es angestellt hat. Zum Glück sind die meisten Gryffindors dumm und
tölpelhaft, und so war es für sie kein Problem das Passwort für den Turm aus einem
leichtgläubigen Fünftklässler herauszubekommen. Dann, nach eurer grandiosen
Weihnachtsfeier schlich sie in den Turm und besorgte mir das Amulett. Allen die ihr
begegneten, ob Hauselfen, Bilder oder Menschen verabreichte sie einen Tropfen
Vergessenstrank. Es war wirklich zu einfach. Und die ganze Zeit war sie geschützt durch
meine Aura.“
Harry starrte Voldemort fassungslos an.
„Oh, Harry, schau mich nicht so an“, sagte der dunkle Lord fast zärtlich, doch dann bekam
seine Stimme einen gefährlichen Unterton.
„Der Bessere hat gewonnen, so ist das nun mal im Leben. Finde dich mit dieser Tatsache ab,
bevor du stirbst.“
Voldemort hatte nun seinen Zauberstab auf Harry gerichtet und machte einen drohenden
Schritt auf ihn zu.
Harry sah Hilfe suchend zu Snape, doch dieser starrte Harry nur kalt an. In seinem Gesicht
war nicht zu lesen was er dachte.
„Professor Snape, Sie .....“, begann Harry hoffnungsvoll, doch Voldemort unterbrach ihn
barsch.
„Snape ist mein treuer Diener, er wird dir nicht helfen. Er hat gelernt seinem Meister nicht zu
widersprechen, nicht wahr Snape?“, wandte er sich an den Mann hinter sich.
Snape senkte wie zur Bestätigung leicht den Kopf, sagte jedoch kein Wort.
Voldemort machte noch einen Schritt auf Harry zu.
Harry starrte auf das Amulett, das auf Voldemorts Brust hing. Die Steine an seinem Rand
hatten schwach zu glühen begonnen.
Er war so abgelenkt, dass er viel zu spät mitbekam, dass Voldemort bereits den ersten Fluch
auf Harry ausgesprochen hatte.
„Crucio“, zischte Voldemort.
Harry brach stöhnend zusammen.
Ein gewaltiger Schmerz übermannte ihn. Seine Adern schienen zu brennen, seine Knochen
schienen zu bersten.
Harry hörte Schreie, sicher waren es seine eigenen. Niemals waren ihm die Flüche von Snape
so gewaltig vorgekommen wie diese hier. Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, als
Voldemort endlich den Fluch von Harry nahm.
Harry stöhnte erleichtert auf.
Unter größter Anstrengung zwang er sich auf die Knie. Sein Zauberstab lag neben ihm. Er
griff nach ihm, Voldemort hinderte ihn nicht. Dann starrte er Voldemort an.
„Das, Harry, war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was dich erwartet“, sagte Voldemort
kalt.
„Du stehst tief in meiner Schuld, wie du weißt. 13 lange Jahre schuldest du mir, und diese
Zeit wirst du mir zurückzahlen, jedes einzelne Jahr des Exils.“
Harry stöhnte erneut.
Er versuchte sich noch einmal aufzurappeln, fiel jedoch gleich wieder auf seine Knie.
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Harry Potter und das Auge des Ares
11. Godric’s Hollow
Professor Snape war mittlerweile dicht hinter Voldemort getreten und starrte Harry an. Sein
Blick war kalt und verriet nicht die leiseste Gefühlsregung.
Voldemort richtete wieder seinen Zauberstab auf Harry, doch dieses mal war Harry
vorgewarnt.
Wieder begann das Amulett um Voldemorts Hals zu glühen, doch Harry achtete nicht darauf.
In dem Moment, als Voldemort den Cruciatus-Fluch auf ihn schleuderte rief Harry mit
trockener Stimme: „Securis“.
Noch während er den Gegenfluch aussprach wandte er seinen Blick von Voldemort ab und
starrte auf den Zauberstab seines Vaters, den er in der Hand hielt. Die kleine Gravur kurz
oberhalb des Griffs leuchtete hell auf. Der kleine Dreizack strahlte ein gewaltiges Licht aus.
Harry spürte wie seine Gliedmaßen taub wurden, als Voldemorts Fluch ihn traf, doch er
verspürte keine Schmerzen. Er nahm all seine Kraft zusammen und stand ganz langsam, wie
in Zeitlupe auf.
Das Lächeln auf Voldemorts Gesicht erstarb.
Fassungslos starrte er Harry an.
„Was zum ....“ schrie Voldemort entsetzt, doch der Rest des Satzes blieb ihm in Halse
stecken.
Harry hatte seinen Zauberstab auf Voldemort gerichtet und rief: „Stupor“.
Voldemort taumelte von dem Schockzauber getroffen nach hinten, schaffte es jedoch, sich auf
den Beinen zu halten.
Dann starrte er Snape an.
„Du warst es, nur aus deinem Hirn konnte solch ein Zauber entspringen“, zischte er.
Seine Augen schienen vor Zorn Funken zu sprühen. Das Medaillon um seinen Hals glühte
immer heller, je mehr Voldemort sich in seinen Hass steigerte.
„Wie konntest du es wagen?“, kreischte er und richtete seinen Zauberstab auf Snape.
Snape stand immer noch unbeweglich auf seinem Platz und sah Voldemort ebenso kalt an wie
zuvor Harry.
Harry, der immer noch seinen Zauberstab auf Voldemort gerichtet hatte rief „Expelliarmus“
und hob seine Hand um den Zauberstab aufzufangen, der gleich auf ihn zugeflogen kommen
würde.
Doch der Fluch traf nicht Voldemort sondern das Amulett um seinen Hals.
Die Steine des Amuletts begannen grell zu flackern und Voldemort griff sich mit Schmerz
verzerrtem Gesicht an die Brust.
„Was ist das?“, kreischte er.
Snape nutzte diese Chance, griff nach dem grell flackernden Amulett und riss es Voldemort
vom Hals.
Voldemort taumelte einige Schritte rückwärts und starrte Snape hasserfüllt an.
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Harry Potter und das Auge des Ares
12. Poseidons Dreizack
12. Poseidons Dreizack
„Ihr habt verloren, mein Lord“, sagte Snape kalt. Erneut richtete Voldemort seinen Zauberstab
auf Snape und zischte gefährlich: „Für diesen Verrat wirst du bezahlen,
Zaubertrankpanscher.“
In diesem Moment wurde die Vordertür mit einem ohrenbetäubenden Knall in Stücke
gerissen.
Der ganze Raum füllte sich mit Rauch und Staub.
Harry sah durch den Nebel mehrere Dutzend Personen in den Raum stürzen.
Als der Rauch sich nach wenigen Augenblicken zu verziehen begann erkannte Harry an ihrer
Spitze Thomas Loyer und Roger Colby.
Sie stürmten auf Snape zu und überwältigten ihn mit einem Schockzauber.
Lord Voldemort war in diesem Durcheinander unbemerkt disappariert. Es war keine Spur
mehr von ihm zu sehen.
Zwei weitere Auroren kamen auf Harry zu.
„Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte der erste aufgeregt.
„Hat er dir etwas angetan?“, fragte der zweite.
Harry wusste nicht, ob er den Kopf schütteln oder nicken sollte.
Langsam verzog sich auch der restliche Qualm.
Professor Snape kam langsam wieder zu sich und wurde von Loyer und Colby unsanft auf die
Füße gezogen.
„Ich wusste, dass ich dich irgendwann überführe“, sagte Colby triumphierend.
„Hier wirst du dich nicht mehr heraus reden können. Die Beweise sind eindeutig. Die Death
Eater vor der Tür waren nicht zufällig hier. Ich habe es von Anfang an gewusst.“
Snape sagte kein Wort und starrte Colby nur an.
Dann drehte Colby sich um und erkannte Harry.
„Harry Potter, jetzt wird mir einiges klar.“
Sein Blick wanderte wieder zu Snape.
„Dachtest wohl, du könntest dich bei deinem Herrn einschmeicheln, wenn du Potter für ihn
erledigst.“
„Äh, Mr. Colby“, meldete Harry sich zaghaft.
Colby drehte sich wieder um.
„Was?“, fragte er barsch.
Harry zuckte zusammen.
„Äh, ich glaube nicht, dass Professor Snape ......“, begann Harry zögernd, doch Thomas Loyer
unterbrach ihn.
„Harry, überlass das jetzt besser uns. Wir haben Erfahrungen mit so etwas.“
Dann wandte er sich an einige seiner Kollegen.
„Bringt ihn weg.“
Mehrere Auroren kamen herbei, packten Snape unsanft, drehten ihm die Arme auf den
Rücken, so dass er sich kaum noch rühren konnte und stießen ihn grob in Richtung Tür. Dabei
fiel Snape das Amulett aus den Händen und landete unbemerkt im Staub. Er leistete keinen
Widerstand und starrte nur emotionslos vor sich hin.
Harry wollte den Auroren nachlaufen um sie aufzuhalten, doch Colby hielt ihn fest.
„Das ist jetzt nichts mehr für Kinder“, sagte er und zog Harry in die andere Richtung.
„Nein, das können Sie nicht machen“, rief Harry aufgebracht.
„Beruhige dich, er kann dir nichts mehr tun“, sagte Colby ohne auf das zu achten, was Harry
sagte.
„Ich bringe dich jetzt nach Hogwarts zurück.“
Harry versuchte sich vergeblich aus dem Griff des Auroren zu befreien.
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Harry Potter und das Auge des Ares
12. Poseidons Dreizack
„Mr. Colby“, versuchte er erneut auf den Mann einzureden, „es ist nicht so wie sie denken,
und außerdem muss ich ins Ministerium.“
Colby lächelte leicht. Der scheinbar verwirrte Junge schien ihn zu amüsieren.
„Nein, Harry, du musst nicht ins Ministerium, hab keine Angst, es ist nicht nötig, dass du
gegen Professor Snape aussagst. Das, was wir hier gesehen haben reicht, um ihn für den Rest
seines Lebens nach Askaban zu schicken.“
Harry schnaubte gereizt. Dieser Mann wollte ihm einfach nicht zuhören. Dann musste er eben
Professor Dumbledore davon überzeugen, dass Snape unschuldig war. Er würde ihm
bestimmt glauben.
Bei diesen Gedanken hätte Harry fast laut aufgelacht. Er hätte nie zu träumen gewagt, dass er
sich eines Tages für Professor Snape einsetzen würde, den Lehrer, der ihn die letzten 5 Jahre
aus tiefstem Herzen gehasst und schikaniert hatte.
Andererseits hatte Snape auch ihm schon einmal das Leben gerettet, damals, als Professor
Quirrell versucht hatte Harry während eines Quidditch-Spiels vom Besen zu fluchen. Und
jetzt, ja, was war eigentlich genau passiert?
Warum hatte Snape ihn hier her gebracht?
Hatte er ihn tatsächlich an Voldemort ausliefern wollen?
Nein, das war völlig ausgeschlossen, schließlich hatte Snape Voldemort sogar das Amulett
abgenommen.
Roger Colby hatte Harry mittlerweile aus dem alten, verfallenen Haus geschoben.
Draußen bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. Überall standen Auroren des Ministeriums
und hielten mindestens zwei Duzend jammernde, verletzte Death Eater in Schach.
Sie mussten Voldemorts Anhänger mit gewaltigen Schockzaubern überwältigt haben. Viele
hatten Platzwunden im Gesicht oder hielten sich verletzte Arme und Beine.
Harry sah sich um, neugierig, ob er unter den Verletzten wohl ein bekanntes Gesicht
entdecken würde, aber keiner der Männer kam ihm bekannt vor.
Als Harry den verwilderten Garten betrat schienen sich alle Blicke auf ihn zu richten.
Die Auroren warfen ihm neugierige Blicke zu, schließlich hatten sie hier den berühmten
Harry Potter vor sich.
Die Augen der Death Eater schienen Funken zu sprühen vor Hass als sie Harry erkannten.
Colby schob Harry so schnell wie möglich weiter durch das Schlachtfeld, bis sie den Ort der
Verwüstung hinter sich gelassen hatten.
Dann wandte er sich an Harry.
„So, ich werde nun mit dir nach Hogsmeade apparieren. Halte sich gut an mir fest.“
Harry nickte nur.
Er war zu erschöpft um zu antworten.
Roger Colby legte seinen Arm um Harry, zog seinen Zauberstab heraus und murmelte etwas,
das Harry nicht verstand.
Fast im selben Moment löste sich die Szenerie um sie herum auf, die Farben verschwammen
und bildeten neue Konturen.
Nur einen Wimpernschlag später erkannte Harry die vertrauten Gebäude von Hogsmeade.
Verwirrt blickte er sich um.
Er hatte erwartet, dass Apparieren ein genauso unangenehmes Gefühl war wie die Reise mit
einem Portschlüssel, aber das hier war ja ein Kinderspiel gewesen.
Gemeinsam mit Colby machte er sich auf den Weg zur Schule.
Erst jetzt bemerkte Harry die Schmerzen in seinem Körper, die der Cruciatus-Fluch von
Voldemort hinterlassen hatte. All seine Glieder brannten, er hatte einen stechenden Schmerz
in der Seite und er fühlte sich unglaublich müde und ausgelaugt.
Der Auror schien Harrys Zustand nicht zu bemerken und stapfte entschlossen voran.
Harry hatte Mühe ihm zu folgen, doch er mobilisierte all seine verbliebenen Kräfte um mit
dem Mann Schritt zu halten. Auf keinen Fall wollte er wie ein Schwächling wirken.
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Harry Potter und das Auge des Ares
12. Poseidons Dreizack
Es schien eine Ewigkeit zu dauern bis sie endlich das Portal des Schlosses erreicht hatten.
Harry atmete dankbar auf. Colby stieß energisch die hölzerne Tür auf und betrat die
Eingangshalle.
Sie schien verlassen. Die meisten Schüler mussten wohl draußen auf dem Schulgelände sein,
jetzt wo die Prüfungen vorbei waren und die Ferien vor der Tür standen.
Colby blickte sich suchend um.
Gerade als er sich auf den Weg zu Professor Dumbledores Büro machen wollte kam Professor
McGonagall aus einem Seitengang.
Sie erblickte Colby und stapfte entschlossen auf ihn zu.
„Mr. Colby, was wollen Sie hier? Haben sie nicht schon genug Unheil angerichtet?“, fragte
sie ihn barsch.
Dann fiel ihr Blick auf Harry.
Sie gab einen erstickten Schrei von sich und rannte auf Harry zu.
„Potter, was ist passiert? Wie sehen sie denn aus?“, fragte sie ihn.
Harry war noch nie so erleichtert gewesen seine Hauslehrerin zu sehen wie in diesem
Moment. Professor McGonagall würde ihn sicher gleich zu Professor Dumbledore bringen,
und dann konnte er berichten was passiert war.
„Potter, was ist passiert, sagen sie etwas“, wiederholte Professor McGonagall.
„Was haben sie mit ihm gemacht?“, schnauzte sie nun der Auror an.
Harry bekam kaum mit was der Mann zu Professor McGonagall sagte. Er blickte sich
abwesend in der Eingangshalle des Schlosses um, bis sein Blick an einem Spiegel hängen
blieb. Der Anblick der sich ihm bot war erschreckend.
Sein Gesicht war dreckig vom Staub der Explosion, auf seiner Wange befand sich ein tiefer
Schnitt, sein Umhang war zerrissen und die Stellen seines Oberkörpers, die durch den
zerrissenen Stoff zu sehen waren, waren übersät von blauen Flecken, Überbleibsel des
Cruciatus-Fluchs.
Dann wurde ihm schwarz vor Augen.
Als Harry wieder zu sich kam lag er in einem sauberen, weichen Bett auf der Krankenstation.
Abrupt setzte er sich auf, bereute diese Bewegung jedoch gleich wieder, als er mit Schmerz
verzerrtem Gesicht zurück in seine Kissen fiel.
Sofort war Madam Pomfrey zur Stelle und rieb Harry eine Salbe auf die schmerzende Stelle
an seinem Brustkorb.
Harry stöhnte leise bei der Berührung der Krankenschwester.
„Ganz ruhig, das ist halb so schlimm, zwei Rippen sind gebrochen, die kriege ich in wenigen
Minuten wieder hin.“
„Madam Pomfrey, ich muss dringend Professor Dumbledore sprechen“, sagte Harry aufgeregt
und setzte sich erneut in seinem Bett auf.
„Legen Sie sich wieder hin, Potter, ich werde Professor Dumbledore für Sie holen, ganz
ruhig“, sagte Madam Pomfrey, während sie weiter Harrys Wunden verarztete.
„Wie lange war ich weg?“, fragte Harry die Krankenschwester.
„Du warst fast vier Stunden bewusstlos“, sagte Hermine.
Harry drehte sich überrascht um und erblickte Hermine und Ron, die beide am Fenster saßen
und Harry beobachteten.
„Was macht ihr denn hier?“, fragte Harry seine Freunde und lächelte gequält.
„Hattest du etwa geglaubt wir würden dich hier alleine lassen?“, fragte Ron entrüstet.
„Professor McGonagall hat uns sofort Bescheid gesagt, als du hier ankamst“, sagte Hermine.
„Was ist denn passiert?“
Harry lehnte sich wieder in seinem Bett zurück.
„Ich sage es euch, wenn Dumbledore hier ist.“
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Harry Potter und das Auge des Ares
12. Poseidons Dreizack
In diesem Moment öffnete sich die Tür und Professor Dumbledore betrat in Begleitung von
Professor Lupin und einem großen schwarzen Hund die Krankenstation.
Harry lächelte erleichtert.
Alle drei sahen sehr besorgt aus, Lupin wirkte zusätzlich erschöpft und ausgelaugt..
Madam Pomfrey stöhnte auf.
„Schon wieder dieser Hund. Muss das denn sein, Direktor?“
„Reg dich nicht auf, Poppy, ich habe dir doch schon gesagt, dass er sehr gut erzogen ist.“
Ein Lächeln huschte über Dumbledores Gesicht und er zwinkerte Harry zu.
„Würdest du uns jetzt bitte alleine lassen“, wandte er sich wieder an die Krankenschwester.
Madam Pomfrey verließ murrend die Krankenstation.
Harry konnte noch etwas verstehen, das klang wie „das ist doch kein Zoo“, dann schloss sie
die Tür hinter sich.
Fast im selben Moment verwandelte sich der schwarze Hund in Sirius Black.
Harry setzte sich wieder in seinem Bett auf und sagte aufgeregt: „Professor, Sirius, Remus, es
geht um Professor Snape, er ....“
„Harry ganz ruhig, eins nach dem anderen.“
Sirius trat an Harrys Bett und schloss seinen Paten in die Arme.
„Als Professor Dumbledore uns berichtet hat, dass dir etwas zugestoßen ist, habe ich mir
wahnsinnige Sorgen gemacht“, sagte er.
„Du siehst ja furchtbar aus, was ist denn passiert?“
Nun berichtete Harry was sich seit seiner Abreise von Hogwarts ereignet hatte.
Als er berichtete wie das Amulett um Voldemorts Hals zu glühen begonnen hatte und er den
Cruciatus-Fluch abgeblockt hatte hob Professor Dumbledore eine Augenbraue und Ron und
Hermine starrten ihn mit offenen Mündern an.
„Woher hast du gewusst wie man das macht?“, fragte Hermine ihn bewundernd.
„Professor Snape hat mir den Gegenfluch beigebracht“, antwortete Harry leise.
„Wochenlang haben wir es geübt, aber ich habe ihn nie richtig hin bekommen. Ich glaube das
hier hat mir geholfen.“
Harry zog den Zauberstab seines Vaters aus seinem Umhang.
„James‘ Zauberstab“, keuchte Sirius fassungslos.
„Wo hast du ihn her?“, fragte Remus mindestens genauso überrascht wie Sirius.
„Mrs. Figg hat ihn mir in den Osterferien gegeben. Sie sagte sie hätte ihn im Haus meiner
Eltern kurz nach ... nach dem Angriff von Voldemort gefunden.“
Dumbledore griff vorsichtig nach dem Zauberstab und betrachtete ihn eingehend.
Dann blickte er Harry lächelnd an.
„Weißt du was das ist, Harry?“, fragte er ihn.
Harry blickte ihn verwirrt an.
„Der Kern dieses Zauberstabes ist aus einem Splitter von Poseidons Dreizack gemacht.“
„Poseidon?“, fragte Hermine neugierig.
„Sie meinen den griechischen Meeresgott? Ich dachte das wäre nur ein Mythos.“
Dumbledores Lächeln wurde noch etwas breiter als er antwortete: „Nein Hermine die
griechischen Götter waren einst so real wie du und ich. Oder dachtest du auch das ‚Auge des
Ares‘ hätte nur durch Zufall diesen Namen gehabt.“
„Dann hat das Amulett einmal dem Kriegsgott gehört?“, fragte Harry überrascht.
„Natürlich, er hat es vor vielen Tausend Jahren erschaffen und einen Teil seiner Macht ist auf
das Amulett übergegangen.
Ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen, dass Mr. Olivander mir berichtete ein elfjähriger Junge namens James Potter hätte seinen ältesten Ladenhüter gekauft. Schon sein
Großvater hatte diesen Zauberstab in seinem Sortiment, aber er hat niemals einen Zauberer
gefunden, der zu ihm gepasst hätte. Dein Vater ging damals durch den kleinen Laden von Mr.
Olivander und weigerte sich standhaft eine Beratung von ihm anzunehmen. Statt dessen ging
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Harry Potter und das Auge des Ares
12. Poseidons Dreizack
er recht zielstrebig durch den Verkaufsraum und zog aus einem der hintersten Regale eine
kleine, sehr verstaubte Schachtel. Mr. Olivander hatten seinen Augen nicht trauen können, als
der Junge den Zauberstab aus der Schachtel nahm und der Stab sofort goldene Funken
ausspie. Darauf hin hat er mich natürlich sofort informiert.
Ich finde es erstaunlich, dass der Stab genauso gut zu dir zu passen scheint, Harry, wie er
einst zu deinem Vater gepasst hat.
Es kommt nicht oft vor, dass Verwandte ein und den selben Zauberstab verwenden können.
Sehr ungewöhnlich.“
„Professor“, begann Harry vorsichtig, „Wie konnte es aber sein, dass ich mit diesem
Zauberstab den Gegenfluch hin bekommen habe, mit meinem eigenen aber nicht?“
„Ich denke es lag nicht nur an dem Zauberstab, sondern auch an dem Amulett. Du musst
wissen, beide sind aus der selben Art von Magie. Dein Vater, der beide Artefakte besaß
konnte ihre Kräfte scheinbar bündeln, dies verlieh ihm eine große Macht. Ich denke
Voldemort hat nichts von diesem Zauberstab gewusst, sonst hätte er sicher auch nach ihm
gesucht, und nicht nur nach dem Amulett. Bei deinem Zusammentreffen mit Voldemort
standen sich nun der Zauberstab und das Amulett als Feinde gegenüber. Ares und Poseidon
waren schon immer verfeindet gewesen, seit einst Ares Poseidons Sohn Helirrhothios
ermordet hatte. Seit dieser Zeit sann Poseidon nach Rache. Als nun der Zauberstab, der mit
Sicherheit auch einen Funken von Poseidons Persönlichkeit enthält dem Amulett des Ares
gegenüberstand verlieh er dir große Kräfte. Voldemort war scheinbar so in seinen Hass
vertieft, dass er die drohende Gefahr nicht bemerkte.“
Harry nickte langsam, doch er glaubte nicht alles verstanden zu haben, was der Direktor ihm
eben erzählt hatte. Er würde sich das alles noch einem intensiv durch den Kopf gehen lassen
müssen.
Sirius blickte Harry und Dumbledore nun fragend an.
„Albus, wie konnten die Leute des Ministeriums eigentlich wissen, dass Harry und Voldemort
in Godric‘s Hollow waren?“
„Nun, Sirius“, begann Dumbledore, „Mr. Colby, einer der Auroren, sagte mir, dass das
Ministerium heute morgen eine anonyme Eule bekommen hätte, der zu folge Voldemort sich
dort aufhalten würde.“
„Aber wer hat ihnen diesen Hinweis gegeben?“, fragte Hermine sichtlich überrascht.
„Ich müsste mich sehr irren, wenn nicht Severus das Ministerium kurz vor seinem Aufbruch
mit Harry benachrichtigt hätte“, antwortete Dumbledore.
Harry überlegte einen Moment, dann blickte er Dumbledore direkt an und fragte: „Soll das
heißen, Professor Snape hat sich selbst nach Askaban geschickt um mich zu retten?“
Professor Dumbledore senkte traurig den Blick.
„Ja, ich vermute, dass es so war. Du musst wissen, Voldemort hat sehr viel Einfluss auf das
Ministerium. Viele Beamte in hohen Positionen gehören zu seinen Anhängern. Es ist nicht
auszuschließen, dass er sogar dafür verantwortlich ist, dass die Anhörung um ein paar Tage
verschoben wurde, so dass sein vermeintlich treuer Diener Severus Snape dich ins
Ministerium begleiten konnte. Allerdings hatte er Severus daraufhin angewiesen dich nicht
nach London, sondern nacht Godric‘s Hollow zu bringen, wo er dich bereits erwartete.
Severus wusste wohl auf was das alles hinaus laufen würde, und teilte dem Ministerium mit,
dass Voldemort sich dort aufhalten würde. Wahrscheinlich hatte er die Befürchtung, dass er
dich nicht alleine vor ihm beschützen könnte. Außerdem wollte er natürlich nicht seine
Tarnung auffliegen lassen.“
„Aber Albus,“ schaltete sich Remus Lupin ein, „genau das hat er doch getan, in dem Moment,
als er Voldemort das Amulett vom Hals gerissen hat.“
Dumbledore senkte langsam den Blick.
„Ja, das war ein großer Fehler, das hätte er nicht tun dürfen. Nun hat er nicht nur die Leute
des Ministeriums gegen sich, sondern auch Voldemort und seine Anhänger. Wenn nur keine
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12. Poseidons Dreizack
Death Eater Zugang zu Askaban bekommen, ich möchte mir lieber nicht vorstellen, was sie
Severus aus Rache antun werden, dafür dass er Voldemort hintergangen hat.“
Harrys Magen verzog sich schmerzhaft.
Er machte sich große Vorwürfe, schließlich war er der Grund dafür, dass Snape in dem
gefürchtetsten Gefängnis der Zaubererwelt saß.
Sirius schien Harrys Sorge bemerkt zu haben und sagte mitfühlend: „Mach dir keine
Vorwürfe, Snape hat genau gewusst welches Risiko er eingeht.“
„Irgendwann musste es ja so kommen“, fügte Remus bitter hinzu.
Harry sah die beiden Männer aufmerksam an.
Obwohl beide Severus Snape einst von ganzem Herzen verabscheut hatten, schien nichts
mehr von diesem Hass vorhanden zu sein. Statt dessen schienen sie einerseits Mitleid,
andererseits aber auch Respekt vor dem zu haben, was er getan hatte.
Und wenn Harry es sich genau überlegte, überwog auch bei ihm im Moment das Mitgefühl.
Er befürchtete jedoch, dass Snape, falls er je wieder aus Askaban zurück kam, Harry noch
mehr hassen würde als je zuvor, schließlich war Harry der Grund, warum er nun in Askaban
saß. Und Askaban mit seinen Dementoren war nicht gerade dafür bekannt seine Insassen das
Schöne im Leben sehen zu lassen.
Die Dementoren trieben ihre Opfer viel mehr an den Rand des Wahnsinns indem sie ihnen
alle guten Gedanken entzogen, und nur die düsteren zurück ließen. Sicher gab es bei Snape
davon eine ganze Menge.
Plötzlich fiel Harry noch etwas ein. Er machte einen kleinen Satz in seinem Bett, bereute ihn
aber sofort wieder, denn seine gebrochenen Rippen taten dabei höllisch weh.
„Professor Dumbledore“, sagte er aufgeregt, „Was ist mit Professor Aspervir, wird sie auch
nach Askaban kommen?“
Dumbledore schüttelte langsam den Kopf.
„Nein, Harry, Professor Aspervir ist heute morgen, kurz nach eurem Aufbruch spurlos
verschwunden. Ich vermute, dass sie zu Voldemort zurück gekehrt ist.“
„Diese Schlange“, zischte Ron ärgerlich, zog jedoch sofort das Genick ein um sich vor den
vorwurfsvollen Blicken zu schützen, die mit Sicherheit gleich folgen würden.
Aber nichts dergleichen geschah.
Statt dessen setzte Hermine ein ärgerliches Gesicht auf und Professor Dumbledore sagte
niedergeschlagen: „Ich hätte es wissen müssen. Noch zu Beginn des Schuljahres hatte ich
beschlossen keinen neuen Lehrer ins Kollegium aufzunehmen. Aber nachdem wir noch einen
Lehrer weniger hatten sah ich keine andere Möglichkeit um den Lehrbetrieb aufrecht zu
erhalten.“
„Mach dir keine Vorwürfe, Albus“, sagte Remus mitfühlend.
„Jeder hier weiß, dass du nur das Beste für Hogwarts willst. Was hättest du denn machen
sollen? Ein Teil der Lehrer hatte schon eine Doppelbelastung, es was das Vernünftigste was
du tun konntest. Wer konnte denn ahnen, dass ein Mitarbeiter aus der ‚Abteilung gegen den
Missbrauch der Zauberei‘ ein Anhänger Voldemorts sein würde.“
„Ich hätte es merken müssen“, entgegnete Dumbledore entschlossen.
„Wenn man den Death Eatern ansehen würde was sie sind, wäre sie alle schon lange hinter
Schloss und Riegel“, sagte Sirius, bemüht seine wütende Stimme unter Kontrolle zu halten.
„Harry, wir lassen dich nun besser alleine, du musst dich von den Strapazen erholen.
Scheinbar endet für dich jedes Schuljahr gleich“, sagte Dumbledore und zwinkerte ihm zu.
„Ja, im Krankenflügel“, brummte Sirius und konnte gar nichts über Dumbledores scheinbaren
Witz lachen.
Dumbledore schien Sirius‘ Kommentar überhört zu haben und fragte ihn statt dessen: „Bleibst
du bei Harry?“
„Natürlich“, antwortete Sirius.
Harry lächelte glücklich.
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12. Poseidons Dreizack
„Ich werde jetzt erst einmal das Ministerium kontaktieren und ihnen erklären, warum du nicht
zu dieser Anhörung erschienen bist. Mach dir keine Sorgen, Harry, sie werden sicher einen
neuen Termin festsetzen“, sagte Dumbledore und verließ das Krankenzimmer.
Ron, Hermine und Remus verabschiedeten sich von Sirius und Harry und verließen ebenfalls
das Krankenzimmer.
Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten verwandelte sich Sirius in einen Hund und legte
seinen großen Kopf auf Harrys Bettlaken. Harry kraulte ihm schläfrig den Kopf und schlief
ein.
Kurz darauf kam Madam Pomfrey zurück, versorgte Harrys Wunden, ohne ihn jedoch zu
wecken und bedachte Sirius mit einem skeptischen Seitenblick. Der Hund jedoch schien ihren
Blick nicht zu bemerken und schob seine feuchte Nase statt dessen unter Harrys schlaffe
Hand.
Zwei Tage später konnte Harry den Krankenflügel wieder verlassen.
Professor Dumbledore hatte mit Valerie Rickpark, der zuständigen Sachbearbeiterin von der
‚Abteilung für Vormundschaftsangelegenheiten‘ gesprochen und die Anhörung auf einen
Termin Mitte September verschoben.
Dies bedeutete, dass Harry seine Ferien abermals bei den Dursleys verbringen musste. Aber
Sirius hatte ihm fest versprochen ihn im Auge zu behalten.
Harry hoffte insgeheim, dass er sich vielleicht bei Mrs. Figg einquartieren würde, so wäre er
wenigstens die ganze Zeit in seiner Nähe.
Zu ihrer großen Erleichterung hatten Harry, Ron und Hermine ihre ZAG-Prüfungen geschafft.
Harry und Ron hatten jeweils 10 ZAGs erreicht, ein sehr gutes Ergebnis, Hermine hatte 12
ZAGs und einen Sonder-ZAG für besondere Leistungen erhalten. Diese Auszeichnung wurde
in Hogwarts nur sehr selten vergeben, und Hermine war sehr stolz auf dieses Ergebnis.
Am Tag der Abschlussfeier war die große Halle in Slytherin-Grün geschmückt.
Trotz eines erfolgreichen Spiels gegen Ravenclaw hatte Gryffindor seinen Rückstand
gegenüber Slytherin nicht mehr aufholen können. Durch den Gewinn des Quidditch-Pokals
konnte Slytherin in diesem Jahr auch wieder den Hauspokal mit 70 Punkten Vorsprung vor
Gryffindor, Hufflepuff und Ravenclaw erringen.
Am Tisch der Gryffindors herrschte gedrückte Stimmung.
Vor allem Harry machte sich große Vorwürfe. Hätte er sich bei dem Spiel gegen Hufflepuff
mehr angestrengt, hätte Gryffindor auch in diesem Jahr den Pokal gewonnen.
Und wenn Professor Snape ihm nicht 100 Punkte abgezogen hätte in der Nacht, in der er
Sirius getroffen hatte, hätte Gryffindor auch den Hauspokal gewonnen. Doch Harry war der
einzige, der sich Vorwürfe machte. Die anderen schienen ihm nicht die Schuld dafür zu
geben.
Harry ließ seinen Blick über den Lehrer-Tisch schweifen.
Professor Flitwick war aus dem St. Mungos Hospital zurück gekehrt und saß wieder zwischen
seinen Kollegen. Als er den Raum betreten hatte war er von tosendem Applaus empfangen
worden. Vor allem die Ravenclaws waren sehr erleichtert ihren Hauslehrer wohlbehalten
wiederzusehen.
Allerdings war ihm immer noch anzusehen, dass er eine ganze Menge durchgemacht hatte. Er
war sehr blass, und sein Gesicht wirkte ausgemergelt. Doch sein ‚Ausflug’ hatte scheinbar
keine bleibenden Schäden hinterlassen.
Harry sah weiter und sein Blick blieb an dem leeren Stuhl von Professor Snape hängen.
Professor Dumbledore hatte den Schülern und Lehrern mitgeteilt, dass Professor Snape aus
familiären Gründen erst nach den Sommerferien wieder in Hogwarts sein würde.
Nach Harrys Meinung musste da schon ein Wunder passieren, um Snape innerhalb von 8
Wochen aus Askaban heraus zu bekommen. Doch die Schüler hatten keine Fragen gestellt.
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12. Poseidons Dreizack
Die meisten schienen einfach nur froh zu sein den Rest des Schuljahres ohne ‚Zaubertränke‘
hinter sich bringen zu können. Lediglich einige Slytherins, unter ihnen auch Malfoy, Crabbe
und Goyle, hatten wissend gegrinst, niemand hatte jedoch etwas gesagt.
„Hey Harry, was ist los, genieß einfach unseren letzten Abend“, riss Ron ihn schließlich aus
seinen Gedanken.
Harry wandte seinen Blick vom Tisch der Lehrer ab und blickte seine Freunde an.
Ja, Ron hatte wohl recht, er wollte seinen letzten Abend in Hogwarts genießen, bevor er
morgen zurück zu den Dursleys musste.
Er nahm sich noch einen Hähnchenschenkel und ließ es sich schmecken.
Die Zugfahrt nach London verlief ereignislos. Harry und seine Freunde genossen die letzten
Stunden in denen sie zaubern durften.
Als der Zug schließlich am Bahnhof Kings Cross einfuhr sah das Zugabteil aus wie ein
Schlachtfeld.
Nachdem der Zug zum Stehen gekommen war verließen sie den Zug.
Als sie durch die Barriere in die Muggelwelt traten erblickte Harry sofort Mrs. Weasley, die
auf Ron und seine Geschwister wartete.
Als sie Harry und Ron zwischen den anderen Schülern entdeckte lief sie freudig auf sie zu
und schloss zuerst ihren Sohn, dann Harry in die Arme.
„Harry mein lieber, wie geht es dir?“, fragte sie ihn.
„Och, na ja“, antwortete Harry gedehnt, „Fragen Sie mich das noch mal, wenn die Schule
wieder anfängt.“
Mrs. Weasley lächelte verständnisvoll.
„Vielleicht kannst du ja diesen Sommer zu uns kommen. Ich werde Professor Dumbledore
schreiben und ihn fragen.“
„Danke Mrs. Weasley. Aber ich glaube ich muss jetzt gehen. Tschö Ron, bis bald.“
„Machs gut, Harry“, sagte Ron und Harry verließ die Weasleys.
Er brachte nicht lange zu suchen, bis er seinen Onkel im Menschengewühl auf dem Bahnhof
entdeckte. Er sah immer noch sehr grimmig aus.
Harry schluckte.
Ob er ihm die Vorkommnisse der Osterferien verziehen hatte?
„Beeil dich Bursche“, blaffte Onkel Vernon durch die Menge. Harry beeilte sich um zu
seinem Onkel zu kommen. Er wollte ihn nicht mehr als nötig provozieren.
Als er seinen Onkel erreicht hatte sah er einen großen, schwarzen Hund neben seinem Onkel
sitzen.
„Sirius“, entfuhr es Harry und er starrte den Hund entgeistert an.
Sein Fell war ordentlich gekämmt, und sah nicht so verstrubbelt aus wie sonst. Außerdem trug
er ein Halsband und die Leine die daran befestigt war endete in Onkel Vernons Hand.
Harry traute seinen Augen nicht.
Er starrte seinen Onkel verständnislos an.
„Das ist Hektor von der Vogelweide“, sagte Onkel Vernon, der Harrys Gedanken zu lesen
schien.
„Seit wann haben wir einen Hund?“, fragte Harry verwirrt.
„Dr. Thatcher, Dudleys Diätärztin sagte, dass dein Cousin ein Haustier braucht, das ihm ein
wenig Bewegung verschafft. Ich halte das ja für Zeitverschwendung, aber die Ärztin ist die
nächsten acht Wochen im Urlaub und meinte es wäre eine gute Idee, wenn wir Hektor so
lange in Pflege nehmen, damit wir sehen, ob ein Hund das Richtige für Dudley ist. Völliger
Blödsinn, nach meiner Meinung. Immerhin ist es ein reinrassiger Neufundländer.“
Harrys verwirrter Gesichtsausdruck wich einem Lächeln.
Das würden phänomenale Ferien werden.
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