Notizen zur Auswanderung im 19. Jahrhundert
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Notizen zur Auswanderung im 19. Jahrhundert
Badische Heimat 66 (1986) N otizen zur Auswanderung im 19. Jahrhundert Problem e reg io n aler und lokaler Forschung Volker Kronemayer, Brühl Das Jah r 1983 stand für die historisch inter essierte Ö ffentlichkeit ganz im Zeichen der Feiern anläßlich der dreihundertsten W ieder kehr der ersten A usw anderung einer G ruppe von deutschen Siedlern nach N ordam erika. D reizehn K refelder Familien hatten damals ihre Ffeimat verlassen und w aren am 6. O k tober 1683 unter der F ührung von F ranz D a niel Pastorius im heutigen Pennsylvanien ge landet. N ahe den U fern des D elaw are grün deten sie die G em einde G erm antow n, heute ein vorw iegend von Farbigen bew ohnter V o ro rt Philadelphias1)- W ie bereits 1976 — dam als w aren aus A nlaß der U nabhängig keitserklärung und dem Jahrestag der V er fassung der USA die deutsch-am erikanischen Beziehungen gew ürdigt w orden2) — w ar dieses Ja h r von zahlreichen V eranstaltungen geprägt, die der Popularität des Ereignisses entgegenkam en oder eine solche fördern sollten3). D aneben w urde dieses Ereignis zu gleich H ö h ep u n k t der wissenschaftlichen A useinandersetzung mit dem T hem a. D em Bereich der kulturellen und sprachlichen As similation der E inw anderer w urde in diesem Z usam m enhang besondere A ufm erksam keit zuteil und es versteht sich daher von selbst, daß die D arstellungen sich dem Erschei nungsbild der M assenausw anderung w eit m ehr verpflichtet zeigten als den Einzel schicksalen4). Die M öglichkeit zu r E rforschung von E in zelschicksalen w urde auf deutscher Seite mit der Einrichtung des H istorie E m igration O ffice in H am burg 1983 erleichtert5). Für H am burg ist von V orteil, daß die dortige Statistik der A usw anderung noch bis in das Ja h r 1836 zurückreicht, w ährend die von Bremen, die bereits 1832 einsetzte und vor allem über A usw anderer aus dem süddeut schen Raum A uskunft geben könnte, nicht m ehr vorhanden ist6). Bisherige U ntersuchungen der A usw ande rungsbew egung um die M itte des 19. Jh. be ruhen w eitgehend auf den um fangreichen Statistiken, die die großherzogliche Regie rung Badens in d er Absicht anlegen ließ, dem P hänom en der M assenausw anderung H err zu w erden7). D aran knüpfte E nde des Ja h r hunderts E. von Philippovich mit einer D ar stellung d er badischen A usw anderungspolitik an, die noch heute von grundlegender Be deutung ist8). Erst 1977 erschien eine w eitere D arstellung von K. Stiefel, in der die Aus w anderungspolitik im Rahm en d er G e schichte der staatlichen Institutionen ange sprochen w ird9). D er frühere Leiter des GLA K arlsruhe, H e r m ann Baier, m achte 1937 in „M ein H eim at land“ auf die lückenhaften statistischen A n gaben im Lande aufm erksam und erläuterte die fehlerhafte Ü bertragung von O rts- und Fam iliennam en in den Listen der E inw ande rungsländer10). A ndere Schwierigkeiten der A usw andererforschung auf der Ebene der O rts- und Regionalgeschichte liegen aber vor allem in der V ielfalt und dem U m fang des Q uellenm aterials begründet, das sich in den Archiven der G em einden befindet. W er sich den Faszikeln „A usw anderungsakten“ zuw endet, w ird zunächst die beträchtlichen Lücken in der chronologischen Abfolge be merken. So sind im Stadtarchiv W iesloch u n ter A bteilung X X V . Staatsangehörigkeit und A usw anderung n u r A kten aus den Jahren 1850— 1875 für W iesloch und 1852— 1892 für Altwiesloch vorhanden (A 5094, A 5095). D aran schließt sich für W iesloch ein Faszikel 99 „D as A usw anderungsw esen“ fü r die Zeit von 1880 bis 1937 an (A 5096). Eine erste A us w ertung der A kten ergibt, daß die „V or gänge“ keineswegs vollständig vorhanden sind: so w ird die verm utliche Abschiebung eines Franz D örner im Jahre 1854 im Bür gerbuch der Stadt m it „abw esend, im Jahr 1854 nach A m erika gereist“ erw ähnt, ein Be leg hierüber ist in den A kten „Staatsangehö rigkeit und A usw anderung“ vorhanden, in den R atsprotokollen der Stadt findet sich aber kein H inweis. D o rt w ird der A usw ande rer H einrich D örner erw ähnt, w orüber w e der im Bürgerbuch noch in den A ktenfaszi keln eine Eintragung zu finden ist. G ut be legt ist die A usw anderung des H einrich Rensch in zwei der drei erw ähnten Q uellen. Im R atsprotokoll zu H einrich Rensch steht: „ . . . w enn nu r die Bedingungen bewilligt w erden, wie jene des Philipp K lein m anns . . . “ — über jenen Philipp K leinm ann findet sich nirgendw o in den angeführten Q uellen eine N achricht11). Insgesam t w urden allein in den A kten 199 N am en von A usw anderern aufgeführt, im Bürger-Buch erscheinen 17 w eitere N am en; 11 dieser N am en w erden m ehrfach genannt, davon 2 in den R atsprotokollen und 3 im Bürger-Buch. D am it w ürde auch zugleich die Z ahl der A usw anderer festliegen, die zwischen 1808 und 1875 die Stadt W iesloch verließen: 216. In der am tlichen K reisbe schreibung aus dem Ja h r 1968 w erden aber allein für den Zeitraum von 1841 bis 1861 221 A m erikaausw anderer angegeben113); aus den U nterlagen des Stadtarchives gehen für diese Zeit jedoch nur die N am en von 177 A usw anderern nach A m erika hervor. Ein Blick auf die amtliche Statistik der Jahre 1850 bis 1855 erw eckt den E indruck, daß vor allem verm ögende Bürger in g roßer Zahl den A m tsbezirk verlassen hätten. D er pro K opf ausgeführte Betrag an V erm ögen w ar 1850 mit 1265,9 fl am höchsten, und im darauf folgenden Ja h r mit 135 fl am niedrigsten; D anach belief sich die Summe je A usw an derer auf 273,7 fl (1852), 138,2 fl (1853), 100 177,4 fl (1854), 385,9 fl (1855)12). In den A usw anderungsakten der Stadt W iesloch sind nur 10 A ngaben zu den V erm ögensver hältnissen und den Reisegeldern der Betrof fenen zu finden; neun A ngaben hierzu fallen in die Zeit von 1850 bis 1855, w ovon eine eine Abschiebung, vier die V erm ögensver hältnisse von W aisen und zwei die von m in derjährigen G eschw istern betreffen. Somit bleiben lediglich fünf A ngaben übrig, die sta tistisch verw ertbar w ären: Für die vier K in der des Friedrich Bauer w ird an V erm ögen jeweils 492 fl 46 x angegeben, das ein V o r m und verw altet; aus diesem Betrag w erden jeweils 100 fl als Reisegeld zu r V erfügung gestellt (1852). D aneben w erden nur noch Reisegelder genannt: für Jakob Bauer 150 fl (1851), für ein Kind des Johann Schwein furth 150 fl, desgleichen für R udolf Klare (1852), und für die G eschw ister Joh an n und M agdalena Bräunling 200 fl (1854). All diese R eisegelder w urden vorm undschaftlich durch das W aisengericht bewilligt. Sowohl von der Zahl als auch vom Inhalt der A kten notizen kann für die große Z ahl der A us w anderer nicht festgestellt w erden, wie w ohlhabend o d er bedürftig die A usw anderer waren. Z u r U nterstützung unbem ittelter A usw ande rer w urden in den Jahren 1852 und 1853 mit 1065 fl und 1041 fl hohe Beträge, 1854 mit 270 fl ein geringer Betrag aufgebracht. In den Jahren 1850, 1851 und 1855 weist die Statistik keine U nterstützungsgelder aus13). D a die Staatsregierung bei der Erstellung der Statistik K osten in H ö h e von 92 fl je Person bei einer G ruppenausw anderung zugrunde legte, ist davon auszugehen, daß an U n b e mittelten ausw anderten: 1852 und 1853 etwa 11 Personen, 1854 w ohl 3. Die in der Stati stik angeführten Summen geteilt durch den erw ähnten Betrag von 92 fl ergeben unge rade Resultate, und es m uß in Betracht g ezo gen w erden, daß entw eder andere, höhere o d er kleinere Beträge zur Finanzierung der Reisekosten ausbezahlt w urden, o der daß ein Teil der G elder als Zuschüsse zu Reisekosten g/i : ^ M y £ ~ ' , ’—z H ^ y j ^ ^ z y rr^ y “ / 3. ZZ. S -A f. y. ^ , / •A / / /. > / ,?/. / . / //. S. ZA. /. / / . 2. ZA. / -<y % j ^ . & . iS&>m<aX ^ y / . y /. / / . / y. .. J ' f z ^ e t T T - m . A^-m/ y - y / / i /S. . 3. zz. x .a£ 3.ZZ. 2 Z/. s. a£ S. AZ. X. 2/. S. AJ. //f. AS. SS. 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D ie A nstalt in Bruchsal stellte der G em einde W iesloch 54 fl in Rechnung. Es ist bekannt, daß 30 fl aus der Kasse der G em einde ge zahlt w urden und der Rest des Reisegeldes von dieser vorgestreckt w urde und in Raten von 9 fl vierteljährlich zurückbezahlt w erden m ußte. Ein V erzeichnis der T ransportkosten für die Ü berführung von G efangenen von Bruchsal nach M annheim vom 4. Septem ber 1852 berechnet für die Aufsicht jeweils 1 fl 31 oder 1 fl 32, für die Fahrtkosten 2 fl 24, und an „D iäten“ für die A ufseher 4 bzw. 5 fl. H einrich Rensch w ird aus w eiter nicht be kannten G ründen in dieser Liste geführt, aber nicht berechnet14). Ein anderer A usw an derer, der vielleicht ebenfalls abgeschobene F ranz D örner, schlug mit 96 fl Reisekosten und 10 fl H andgeld zu Buche15). A ndere A usw andererunternehm en bieten die Beför derung zu Preisen an, die w eit un ter dem Be trag von 92 fl je Person liegen: so ein A us w anderungsunternehm en aus Eßlingen, E r w achsene zu dem Preis von 65 fl, K inder u n ter 12 Jahren zu 50 fl zu befördern16). N eben A m erika w ird in der erw ähnten am tli chen Statistik auch Algier genannt, wohin dem zufolge 1854 fünfzehn P ersonen aus dem A m tsbezirk W iesloch ausw anderten17). In den A kten aus W iesloch ist kein H inw eis auf das A usw anderungsland Algerien vo r handen. Sicher gibt es eine große Zahl von A nträgen auf Entlassung aus dem Staatsver band, die kein Zielland nennen, und es kann nicht ausgeschlossen w erden, daß einige der A ntragsteller — sei es beabsichtigt oder ge gen ihren W illen — nach A lgier gelangten18). Die für deutsche A usw anderer au ß ero rd en t lich ungünstigen Lebensbedingungen in N ordafrika w aren aber bekannt, und es ist unverständlich, weshalb sich dennoch A us w anderer aus Baden dorthin begeben haben sollten. D ie Q uellenlage im Stadtarchiv 104 W iesloch gibt hierüber keinen Aufschluß, was aber lediglich bedeutet, daß aus W ies loch selbst und den heute eingem eindeten O rten Altwiesloch, Baiertal und S chatthau sen niem and nach Algier gelangte. D aß auch nach anderen Ländern Badener, die keinen Einfluß auf die W ahl ihres Zielortes ausüben konnten, gelangten, m ag folgender V orfall aus Q uebec in K anada zeigen: der Königlich Britische G esandte Sir A lexander M alet er hob 1855 beim D eutschen Bundestag d ar über Beschwerde, daß im W inter 1854 422 arm e Personen aus Baden nach Q uebec be fö rd ert w orden seien19). D ie amtliche Stati stik Badens weist Q uebec nicht gesondert aus; dieses Land ist unter der R ubrik „andere überseeische L änder“ zu suchen. N ach die sen sum m arisch so bezeichneten Ländern w anderten 1854 563 Personen aus; ob die 422 Badener d arunter zu zählen sind, und ob d aru n ter sich A usw anderer aus dem A m tsbe zirk W iesloch befanden, kann nicht mit Si cherheit festgestellt w erden. D am it ist bereits ein w eiterer w esentlicher P u n k t d er A usw anderungsforschung ange sprochen — die Zuverlässigkeit des statisti schen M aterials20). D aran tragen zum einen die unscharfen V erw endungen der Begriffe in den A kten Schuld, die es erlauben, daß sich bei A dam Lam ada aus W iesloch die Ein tragung findet: „ausgew andert nach H eid el berg“21). Auffällig sind die großen Abwei chungen der am tlichen Statistik gegenüber den Befunden aus Q uellen des Stadtarchivs W iesloch selbst. So sind laut Statistik 1850 47 Personen aus dem A m tsbezirk W iesloch ausgew andert, die A kten der Stadt weisen aber nur 2 Personen aus; die 47 „amtlich er faß ten “ A usw anderer gehörten alle 7 Fami lien an, die beiden A usw anderer aber sind le dige M änner, und in dieser Spalte findet sich keine E intragung in der Statistik. Für die fol genden Jah re ergeben sich ähnliche Abwei chungen: 1851: 74 „am tl.“ gegenüber 57 nach den A kten d er S tadt; 1852: 166 zu 21; 1853: 115 zu 15; 1854: 221 zu 11; 1855: 32 zu 11. Z unächst bleibt festzuhalten, daß die am tliche Statistik alle A ngaben aus dem A m tsbezirk W iesloch mit seinen 14 G em ein den und 14 648 Einw ohnern (so im Jahr 1857) erfaßte22). Beläßt man den Z ahlenver gleich, so ergibt sich der Eindruck, daß aus den um liegenden G em einden erheblich m ehr P ersonen ausw anderten als aus W iesloch selbst, mithin ein beachtliches Stadt-L andGefälle zu beobachten ist. D ie in der am tli chen Statistik aufgegliederte Z ugehörigkeit der A usw anderer zu bestimm ten Berufsgrup pen zeigt, daß etwa 2/ 3 (477 Personen) in der Landw irtschaft, V 5 (145 Personen) im H a n d w erk tätig gewesen w aren, und nur 5% (33 Personen) anderen Berufen zugerechnet w urden. Berücksichtigt man, daß sich die Be völkerungszahl im A m tsbezirk zwischen 1816 und 1857 nahezu verdoppelte, in W ies loch selbst um etwa ein D rittel anw uchs (von 1902 im Jah r 1812 auf 2956 im Jah r 1855)23), so scheint verständlich, weshalb der w ach sende B evölkerungsdruck vorw iegend die bäuerliche Bevölkerung traf. D ie unter schiedlichsten, sich in ihrer W irkung einan der verschärfenden Bedingungen sind hier zu nennen: die A grarkrise der Jahre 1846 bis 1855, die R ealteilung des G rundbesitzes, die geringen E rträge der (noch) ausgeübten D reifelderw irtschaft, und schließlich der all gem eine Bevölkerungsanstieg, der auf dem Lande nicht dadurch aufgefangen w erden konnte, daß m ehr A rbeitsplätze in der H eim arbeit zu r V erfügung gestellt w urden. Für die Bevölkerung der Stadt W iesloch, dem M ittelpunkt des A m tsbezirks und Sitz m eh rerer V erw altungsbehörden, m ochte sich auch in der Zeit der Krise das Leben erträgli cher gestaltet haben als auf dem Lande, w ar doch die A bhängigkeit vom E rtrag der L and w irtschaft nicht gar so unm ittelbar wie bei der Landbevölkerung. Die Bedeutung, die die Stadtväter dem A m ts sitz W iesloch beim aßen, geht aus einer Bitt schrift hervor, welche der G em einderat und Bürgerausschuß im Septem ber 1850 der G roßherzoglichen Regierung unterbreitete. D er A nlaß hierzu w ar die A btretung der O rte Eschelbach, Eichtersheim und M ichel feld an den A m tsbezirk Sinsheim, ohne daß ein Ausgleich durch die Zuw eisung anderer O rtschaften erfolgt wäre. Beklagt w urde auch die V erlegung der O ber-E innehm erei nach Schw etzingen und der Bezirksförsterei nach H eidelberg. Als besonders nachteilig w urde die Einrichtung der Bahnlinie H eidel b erg —Bruchsal eine halbe W egstunde vom O rt entfernt em pfunden, denn dam it w ar die R ückstufung der Straße durch W iesloch ver bunden24). W enngleich man unterstellen darf, daß, um den Zw eck des Schreibens zu erreichen, die Situation der Stadt W iesloch schärfer dargestellt w urde als sie vielleicht w ar, so spricht doch die in das folgende Ja h r zu datierende A usw andererliste eine beredte Sprache: insgesam t w anderten 89 Personen aus der Stadt W iesloch aus25). Eine solche unverm ittelte A usw anderungs welle hatte A usw irkungen auf die Sozial stru k tu r der Stadt. D abei ist nicht n u r von Interesse, wieviele H aushaltsvorstände mit ihren Fam ilienangehörigen und wieviele U n verheiratete die Stadt verließen, o der w el chen Berufsgruppen sie angehörten. Für die G roßherzogliche R egierung w aren diese In form ationen ausreichend, da bei ihr die Frage der finanziellen U nterstützung der mittellos zurückbleibenden im V ordergrund stand26). Rückblickend aus heutiger Sicht ist zu u n ter suchen, w elcher Z usam m enhang zwischen Beruf und A usw anderung bestand: W aren diese Berufe von der beginnenden Industria lisierung bedroht? H errschte in diesen und in anderen Berufen ein heftiger K o n k u rren z kam pf? W u rd e der K o n kurrenzdruck durch unerlaubten W ettbew erb, z. B. durch allein stehende Frauen, verursacht? Brachte der er w ähnte Bau der Eisenbahn bei W iesloch— W alldo rf neue Berufe mit sich o der ver schw anden dadurch Berufe? A uf der bereits genannten, w ohl in das Jah r 1851 zu datierenden Liste d er A usw anderer w erden folgende Berufe aufgeführt: T ag e 105 löhner (6), Schuhm acher (6), M aurer (4), Bäcker (2), M etzger (1), Schneider (1), M ül ler (1), K am m acher (1) und eine große A n zahl von H aushaltsvorständen und U nver heirateten, die keinen Beruf angeben; für letztere m öchte man annehm en, daß sie in d er L andw irtschaft als selbständige Klein bauern tätig w aren. Es ist bem erkensw ert, daß sich die E intragung „L andw irt“ nur in den B ürgerbüchern findet, und do rt nur bis in die 40er Jahre. Insgesam t w erden in die sem Z eitraum 9 Landw irte aus W iesloch ge nannt, die zwischen 1808 und 1850 ausw anderten. An w eiteren Berufen w erden auf geführt: Bäcker (4), Färber (1), K am m acher (2), K aufm ann (1), K onditor (1), K üfer und Bierbrauer (1), K ürschner (1), M aurer (4), M etzger (1), M üller (1), O berw undarzt (1), R atsdiener (2), Rübler (1), Schlosser (1), Schneider (1), Schuhm acher (7), T aglöhner (12), T üncher (1), U nterlehrer (1), W agner (1), W eber (1), Z im m erm ann (1). Im V er gleich zu den 216 E intragungen z u r A usw an derung aus der Stadt W iesloch in der Zeit von 1808 bis 1875 sind die 55 Berufsangaben eine kleine Zahl. Selbst w enn m an in R ech nung stellt, daß un ter den verbleibenden 161 Personen sich noch zahlreiche Fam ilienange hörige und alleinstehende Frauen befinden, deren M ithilfe in den H andw erksbetrieben und in der L andw irtschaft unverzichtbar w ar27), und für die ohnehin keine Berufsan gaben zu erw arten sind. D ie ortsansässigen G ew erbetreibenden hatten sich aber nicht nur mit der technologischen Entw icklung auseinanderzusetzen, sondern sie m ußten sich auch unerlaubter K onkurrenz erw ehren: der 1857 ausgew anderte O berw und- und H eb a rz t Jacob Filsinger klagte 1849 gegen W ilhelm Fechter und Jakob U hrig w egen un erlaubten Rasierens28). V ergleicht man aber die N eigung der A usw anderer aus dem A m tsbezirk W iesloch, des W einanbaues w e gen nach A ustralien zu ziehen29) oder als In dustriearbeiter sich nach M annheim zu bege ben30), mit den W anderungsbew egungen aus den um liegenden Bezirken, so zeigt sich 106 W iesloch als eine Stadt von w irtschaftlicher und sozialer Stabilität. D ie A usw anderung erfolgte in einer geringen Z ahl von Fällen auch unter staatlichem D ruck. D ie A uflösung g an zer Siedlungen wie R inek bei M osbach und Ferdinandsdorf bei Eberbach blieben ebenso vorübergehende M aßnahm en wie die versuchte Abschiebung von 18 000 B adenern31). D er G edanke, der hinter diesen A ktionen stand, blieb aber of fensichtlich w eiter beherrschend: nämlich die A bschiebung sozial unerw ünschter M itbür ger. D ie aus d er K enntnis der badischen G e schichte naheliegende V orstellung, daß dies im großem U m fang die R evolutionäre von 1848/49 getroffen habe, erw eist sich bei n ä herer Betrachtung jedoch nicht als haltbar32). Es w aren letztlich die straffällig gew ordenen, die, w ohl einer langen Praxis der R echts pflege entsprechend, nach N ordam erika ab geschoben w urden. Allerdings w ar die grup penweise A bschiebung von H äftlingen und entlassenen Sträflingen seit 1847 aus Bre men, seit 1850 aus H am burg nicht m ehr möglich nachdem die dortigen V ertreter der USA w iederholt d arau f gedrängt hatten, diese Praxis in den H äfen zu unterbinden33). W ie das Beispiel des bereits erw ähnten H ein rich Rensch und anderer zeigt, w urde das V erfahren in Einzelfällen dennoch w eiterhin praktiziert m it der Einschränkung, daß die zukünftigen A usw anderer um ihre Z ustim m ung gebeten w urden: D er Brem er K auf m ann J. Stüber, der die F ahrt für Rensch o r ganisierte, sollte für seine Bem ühungen 10 fl erhalten, falls sich Rensch anders entschei den sollte34). U n terstü tzt w urde die A usw an derung, des mittellos Reisenden, wie bereits dargestellt, durch ein rückzahlbares D arle hen der Staatskasse in H ö h e von 30 fl. A uf diese W eise gelangten zwischen 1850 und 1855 noch w eitere ehemalige Strafgefan gene nach A m erika: Im Sommer 1854 Elisa beth H offm ann aus Baiertal, deren Reise mit 50 fl von d er Gem einde u n terstü tzt w urde; Franz A nton H affn er befand sich im O k to ber 1854 „in K iggenheim “ ; H einrich D örner aus W iesloch w urde 1850 nach A m erika en t lassen; fü r Phil. K leinm ann (um 1850), Franz D ö rn er (1854) lassen sich ähnliche Z usam m enhänge nur verm uten35). D ie polizeiliche V erw ahranstalt Pforzheim — sie befand sich von 1840 bis 1857 in Kißlau — w ar von dem A rbeitshaus Pforzheim getrennt, und zw ar mit Rücksicht darauf, daß die Strafen des Arbeitshauses die schwersten bürgerlichen Strafen w aren. D en A ntrag auf polizeiliche V erw ahrung konnten jedoch die G em einde räte stellen, und die K reisregierung m ußte die U nterbringung in der V erw ahranstalt an o rdnen36). U nd dem nach w aren die d o rt ein sitzenden Personen keiner schweren S trafta ten schuldig. H ierzu p aßt gut ins Bild, daß auch aus den H am burger Senatsprotokollen des Jahres 1841, die M oltm ann erschloß, der „Typ des H äftlings“ erkennbar w ird, der nach A m erika abgeschoben w erden sollte: „keine Schw erverbrecher, sondern Diebe, Brandstifter, Betrüger, V agabunden, ,Lieder liche“ Leute, W iederholungstäter . . . “37). Eine zusam m enfassende D arstellung der A usw anderung aus dem A m tsbezirk W ies loch in der Z eit des G roßherzogtum s Baden sollte zunächst von der A usw anderungspoli tik Badens im 19. Jah rh u n d ert ausgehen. Die daran anschließende A usw ertung der Q uel len h at zunächst zu unterscheiden, in w el chen Fällen es sich um W egzug, in welchen es sich tatsächlich um A usw anderung han delt. H ierbei ist die Z ugehörigkeit der betref fenden Personen zu bestim m ten sozialen Schichten zu erfassen und sind die entspre chenden statistischen Angaben der Jahre 1850 bis 1855 zu überprüfen. W eitere A uf schlüsse über die soziale Z ugehörigkeit k ön nen außer durch die Berufsbezeichnungen durch die A ngaben zum Reisegeld und zum V erm ögen, und durch E intragungen unter den Begriffen „P fandgericht“ und „W aisen gericht“ verlangt w erden. D esgleichen sollte auch das N am enw esen mit einbezogen w er den, können doch hierüber Zugereiste und Juden nam haft gem acht w erden, die einen m inderen Rechtsstatus besaßen. In der Z u sam m enschau all dieser G egebenheiten w er den die w eitreichenden V eränderungen d eu t licher w erden, die die M assenausw anderung zum einen veranlaßten, zum anderen die Folge davon w aren. D enn nach der großen A usw anderungsw elle der 1850er Jahre ver ebbte die W anderungsbew egung aus dem A m tsbezirk W iesloch. Literatur *) E rnst K oppen, V om R hein zum D elaw are. Krefelder gründeten 1683 G erm antow n, hrsgg. vom O berstad td irek to r der Stadt Krefeld und dem V e r kehrsverein K refeld, Krefeld 1893 2) USA und B aden-W ürttem berg in ihren ge schichtlichen Beziehungen, hrsgg. v. der L andesar chivdirektion B aden-W ürttem berg in V erbindung m it dem W ürttem bergischen G eschichts- und Al tertum sverein e.V. S tuttgart, Stuttgart 1976; G ü n ter M oltm ann, 200 Jahre USA. Eine Bilanz deutsch-am erikanischer B eziehungen, in: G W U 7 (1976), S. 393 ff. 3) D ie Fülle der in den USA angebotenen V e ran staltungen aus A nlaß der 300-Jahre-Feier ist dem V eranstaltungskalender zu entnehm en, der von der T ricentennial Com m ission des U nited States Inform ation Service herausgegeben w urde. Für die B undesrepublik D eutschland ist die S ondernum m er der „G azette. Zeitschrift des V erbandes der D eutsch-A m erikanischen Clubs e.V.: 300 Jahre D eutsche in A m erika 1683 — 1983, Sonderausgabe 1983, S. 6“, heranzuziehen. 4) G ünter M oltm ann (H rsg.), D eutsche A usw an derung im 19. Jahrhundert. Sozialgeschichtliche Beiträge ( = A m erikastudien/A m erican Studies Bd. 44), Stgt. 1976. Für 1983 sei verwiesen auf: Z eitschrift für K ulturaustausch 4/1982 5) H istorie E m igration O ffice, M useum für H am burgische G eschichte, H olstenw all 24, 2000 H a m burg 36 6) H ierzu R enate V ohw inkel, U rsachen der A us w anderung gezeigt an badischen Beispielen aus dem 18. und 19. Jah rh u n d ert, ( = Beiheft 37 zur V ierteljahreszeitschrift für W irtschafts- und So zialgeschichte) S tuttgart, Berlin 1939, S. 6 7) Beiträge z u r Statistik der inneren V erw altung des G roßherzogtum s Baden, hrsgg. von dem M ini sterium des Innern, H e ft 5, K arlsruhe 1857; dieser Band enthält die Z ahlen der A usw anderungsstati stik, die gesam te Reihe um faßt 63 Bände; ergän zend sind heranzuziehen: Jahrbücher für Statistik 107 und L andeskunde von B aden-W ürttem berg, E rster Jahrgang, 2. H eft, hrsgg. vom Statistischen Lan desam t B aden-W ürttem berg, S tuttgart 1954 8) E ugen von Philippovich, A usw anderung und A usw anderungspolitik in D eutschland. Berichte über die Entw icklung und den gegenw ärtigen Z u stand des A usw anderungsw esens in den E inzel staaten und im Reich, Leipzig 1892; darin: A us w anderung und A usw anderungspolitik im G ro ß herzogtum Baden, S. 98 — 165; dgl., D ie staatlich unterstützte A usw anderung im G roßherzogtum Baden, in: Archiv für soziale G esetzgebung und Statistik, Bd. 5, Berlin 1892, S. 27 — 69 9) K arl Stiefel, Baden 1648 — 1952, 2 Bde., K arls ruhe 1977 ’°) H erm ann Baier, Schwierigkeiten der A usw an dererforschung, in: M ein H eim atland 24 (1937), S. 24 ff.; beispielhaft w äre zu erw ähnen: Brühl w urde übertragen als Brüll o der Büll, G aiberg als Kreiberg, W aldhilsbach als W adhetschbach, Dielheim als Tihelheim , H ockenheim als H auenheim n ) Z u Franz D ö rner: Stadtgem einde W iesloch, Bürger-B uch Bd. 1, E rgänzungsband N r. 294; A 5094 vom 11. Februar 1854; zu H einrich D örner: R aths-P rotokolle der Stadt W iesloch 1849/58 vom 26. Aug. 1850; H einrich R ensch: A 5094 vom 29. Sept. 1851, 26. Jan. 1852, R aths-P rotokolle vom 20. Aug. 1851; Phil. K leinm ann: R a th s-P ro tokolle vom 13. und 20. Aug. 1851. lla) Staatliche A rchiw erw altung B aden-W ürttem berg (H rsg.), D ie Stadt- und L andkreise H eidel berg und M annheim . Am tliche K reisbeschreibung, Bd. 2, Die Stadt H eidelberg und die G em einden des Landkreises H eidelberg, S tu ttg art 1968, S. 1021 12) Statistik der Inneren V erw altung, S. 33 13) loc. cit. H) Zu den A ngaben der Statistik vgl. Beiträge zur Statistik, S. V III, S. 33; zu H einrich Rensch: A 5094 vom 19. Sept. 1851 u. 26. Jan. 1852, R athsProtokoll vom 13. A ugust 1851 15) A 5094 vom 11. Febr. 1854 16) A 5094 ohne D atum 17) Beiträge z u r Statistik, S. 33 18) C hristine H ansen, Die deutsche A usw anderung im 19. Jah rh u n d ert — ein M ittel z u r Lösung sozia ler und sozialpolitischer Problem e?, in: M olt m ann, A m erikastudien, S. 43: die Abschiebung von U nbem ittelten A usw anderern nach Algier w ar fü r die G em einden billiger als die nach A m erika; s. a. H ans Fenske, D ie deutsche A usw anderung in d e r M itte des 19. Jahrhunderts — öffentliche M ei nung und am tliche Politik, in: G W U 24 (1973), S. 229: er schildert, wie 1846 etw a 1000 Personen von Le H avre aus auf K osten der französischen Regierung nach A lgier abgeschoben w erden. H e rm an Baier, D ie B adener in Le H avre im Jahre 108 1848, in: Z G O 90 (1937/38), S. 281 ff. (der aus unserem R aum H olbeck aus M alsch nennt) 19) H ansen, op. cit., S. 59, Anm. 135 20) H ierzu V ohw inkel, op. cit., S. 4 ff.; H ansm artin Schw arzm aier, A usw andererbriefe aus N o rd a m e rika, in: Z G O 126 (1978), S. 311 Anm. 32; aus führlicher W . K öllm ann (H rsg.), Q uellen z u r Bevölkerungs-, Sozial- und W irtschaftsstatistik D eutschlands 1815 — 1875, Bd. 1: Q uellen z u r Be völkerungsstatistik D eutschlands 1815 — 1875, bearb. v. H . K raus, B oppard 1980, S. 4, 19, 39 ff. 21) B ürgerbuch W iesloch, N r. 293 22) Paul Rieck, W iesloch in G roßherzogtum Baden 1806— 1918, in: 1000 Jahre M arktrecht, S. 90 f. 23) M ax D annheim er und Karl W agner, W ieslochs W irtschaftsleben, in: 1000 Jahre M arktrecht, S. 162 24) GLA 190 N r. 30 vom 23. Septem ber 1850 25) Stadtarchiv A 5094 ohne D atum (s. Abbildung); die Statistik w eist für 1851 74, für 1852 166 A us w anderer aus; die vom V erfasser vorgenom m ene D atierung erfolgte nach der H eftu n g in den A kten 26) Vgl. hierzu die unter Anm. 14, 15 und 23 ange gebene L iteratur, bes. Philippovich, A usw ande rung, S. 109 ff. 27) Vgl. U te G erhard, V erhältnisse und V erhinde rungen. Frauenarbeit, Familie und R echt der Frauen im 19. Jahrhundert. Frankfurt 1978, S. 16 ff., bes. S. 30 2S) Stadtarchiv W iesloch A 1720 O berw und- und H e b arz t Filsinger gegen W ilh. Fechter und Jakob U hrig w egen unerlaubten R asierens; s. a. Be schw erde des B erthold Schm itt (W iesloch) gegen Franziska R eiß (Richen) w egen unerlaubter G e w erbeführung (Putzm acher): ibid: A 1722 aus dem Ja h r 1855 29) H erm ann Baier, A usw anderung nach A ustra lien, in: M ein H eim atland 24 (1937), S. 49 ff., dort S. 53: aus D iehlheim : K arl G ockel (1854), aus Baiertal: K aroline Staatsm ann (1854), aus W ies loch: Jakob Alsweiler (1860) 30) H ie rzu W olfgang von H ippel, Binnenw ande rung und V erständigung. Z ur H e rk u n ft der Bevöl kerung von Ludwigshafen und M annheim im Z ei chen der Industriealisierung, in: R hein-N eckarR aum an d e r Schwelle des Industrie-Z eitalters, hrsgg. vom Institut fü r L andeskunde und R egio nalforschung der U niversität M annheim , M a n n heim 1984, S. 34 31) Z u R inek: v. Philippovich, staatlich unterstützte A usw anderung, S. 43 ff.; Franz Kistler, D ie w irt schaftlichen und sozialen V erhältnisse in Baden 1849— 1870, mschr. Diss. H eidelberg 1952, S. 188 ff.; bzgl. d e r Zuw eisung von B ürgern von Rinek nach H ockenheim s. E rnst Brauch, H ockenheim . Stadt im Auf- und U m bruch, Schw etzingen 1965, S. 184; z u r geplanten Abschiebung von 18 000 Ba d enern v. Philippovich, op. cit., S. 27 32) H u g o O tt, Die w irtschaftliche und soziale E nt w icklung von der M itte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des E rsten W eltkrieges, in: Badische G eschichte, Stuttgart 1979, S. 110: In den Jahren zwischen 1848 und 1853 standen in Baden nur 198 politische Flüchtlinge auf den Fahndungslisten der Polizei. Anders Fenske, op. cit., S. 235; aus W ies loch GLA Abt. 1 9 0 /3 7 6 -3 7 7 : 1849. U ntersu chungen gegen den M aler Ludwig Braun und den praktischen A rzt E duard B ronner w egen T eil nahm e an hochverräterischem A ufstande — Be zirksam t W iesloch; hierher g ehört w ohl auch aus den A kten Baiertal die E intragung vom 21. O k to ber 1850: „ . . . der flüchtige (H einrich) W iesw ass e r. . .“ 33) G ü n ter M oltm ann, D ie T ran sp o rtatio n von Sträflingen im R ahm en der deutschen A m eri kaausw anderung des 19. Jahrhunderts, in: A m eri kastudien, Bd. 44, S. 147 ff., 178 f. M) A 5094 vom 21. Sept. 1851, s. o. Anm. 11 35) s. o. Anm. 11 zu Franz D örner: interessant auch die folgende N o tiz in den R aths-P rotokollen der Stadt W iesloch 1849/58 S. 80, vom 26. A ugust 1850: „hinlänglich G arantie dafür geleistet w ird, daß D ö rn e r wirklich nach A m erika kom m t, und nicht wie frü h er schon unterw egs ausgesetzt w ird.“ ; s .a . Anm . 11 zu H einrich D örner, Phil. K leinm ann; zu Elisabeth H offm ann A kten Baiertal vom 28. Jul. 54 und 28. Aug. 54: z u r Z eit in der polizeilichen V erw ahranstalt M) Stiefel, op. cit., S. 953 37)M oltm ann, T ransportation, S. 177 Mundart: Eugen Pfaff Schloßgaartebeleischdung Dausende vu n n Aare scbdarre an-dä Himml, wann-s Feierwerk Fandasiefigure in alle Faarwe in die Nacht zaubert. Es sin blouß ä paar, die in aller Herrgotts/rieh die Blumme bewunnere, die Vogelschdimme un die Atmosphär vum ganze Gaarte. A Allerweltsblumm isch dausendmol schääner, w ie-ä ganzes Feierwerk. Da Mensch schdaunt aw w er blouß iw w er dess, was Menschehand gemacht hot. A Blumm blieht schdill va sich hie. Was sich schdill gitt isch fa-die Mensche halt selbverschdändlich. Do sin kaa Iwwerrschunge mää drin. M a waaß, s isch sou. Warum soll-ma aa iw w er die Nadur schdaune ? Eugen P fa ff 109 Eugen P fa ff geb. 1923 in Plankstadt, maßgeblicher Gestalter des Heimatbuches Plankstadt, viele Beiträge in der Presse sowie in den Bänden M U D D E R S P R O O C H /-///. s A ld ersb eim Owends fä llt u ff dei zwaahunnertsechsädreißisch Balkone aus-dä Schdubbe raus Licht in viele Faarwe. M a waaß nät, w ie Ihr m it dämm allem fertisch woore seid. M a kann-s blouß aahne. M a käänt-s faschd m it Eierm Lewe vergleiche, Ihr alte Leit, die Ihr in dem grouße Haus wohnt. Fertisch f Manches isch bschdimmt heit noch nät fertisch. Un ä paar vunn Eich sin sicher sou ällaa, wie die Lischtschdraahle, die valore in-da Nacht hänke, zwische dä W olke un-im Bodde. Viel Schicksaale gitt-s in dänne Mauere, gute, beese un mittlarä. 110 Liselotte von der Pfalz „Nichts ist natürlicher ah oft an sein Vaterland zu gedenken, wo man seine Jugend und beste Z eit seines Lebens passiert; Heidelberg, M annheim und Schwetzingen werde ich w ohl mein Leben nicht vergessen. Schwetzingen ist ein angenehmer Ort, den ich als geliebt, wie auch Friedrichsburg, so nicht mehr ist, aber doch noch M ann heim. A n die Zeiten zu gedenken macht m ir das H erz schwer. Ich erinnere mich Schwetzingen, als w enn ich’s vor Augen sehe. . . . Es ist m ir leid, daß man Schw etzin gen so geändert hat, denn ich habe als gern, daß die Örter bleiben, wie ich sie gesehen habe. Ist der Eßsaal noch zu Schwetzingen, der einen Erker hat, so a u f den V orhof und die M ühl sieht ? . . . A ber w ie nun alles dort geändert ist, würde ich sie w ohl selber nicht mehr kennen. Keinen Turm w eiß ich zu Schwetzingen, als die zw ei Schwindel stiegen oder Schnecken, welches ganz oben ein Kabinett, so eine schöne Aussicht hat und wo man das Schloß zu Heidelberg perfekt sieht. (aus: Sillib, R .: Schloß und Garten in Schwetzingen, Heidelberg 1907, S. 63) Schloßplatz m it Schloß 1833, Lithographie von A. Gattem icht 125 Wiesloch (Stadt) im Schatten der Eisenbahn Ein B eitrag z u r badischen B ahngeschichte am Beispiel W ieslochs Volker Kronemayer, Brühl D ie ersten Jahrzehnte D ie G roßherzogliche Badische Staatsregie rung ließ sich lange Jahre drängen, bevor sie am 29. M ärz 1838 einem Eisenbahngesetz zustim m te. D ie Planung sah zunächst vor, die Strecke von Schw etzingen aus in m ög lichst gerader Linie nach K arlsruhe zu füh ren und von d o rt in gleicher W eise über Frei burg nach Basel fortzufahren. Schließlich w urde der Plan abgeändert und die neue Bahnlinie entlang der alten Straße von H ei delberg aus über Bruchsal nach K arlsruhe geführt, w obei W iesloch etw a 1/ 2 W egstunde von der doppelspurigen Bahnlinie entfernt liegen blieb. In der Folge ging die W irt schaftskraft der Stadt W iesloch beständig z u rück und im Jahre 1850 führte die Stadt w ortreich K lage: „W elche N achteile die E rrichtung der Eisen bahn für einzelne Städte und G em einden des Landes hatte, braucht w ohl keine w eitere E r w ähnung, allein mit W ahrheit dürfen w ir be haupten, daß w ohl keine G em einde so hart od er härter betroffen wurde. D er V erkehr von Frem den, da die Paßstraße sozusagen ganz verschw unden ist, h ö rt auf, die Eisenbahn führt solche eine halbe Stunde außerhalb der Stadt vorbei, und es ist be stim m t die reine W ahrheit, w enn w ir behaup ten, daß der ganze Frem denverkehr auf P er sonen der A m tsorte beschränkt ist. H andel und G ew erbe liegen dahier ganz darnieder und der frühere W ohlstand unseres S tädt chens ist so gesunken, daß nur der sich einen Begriff davon zu m achen im Stande ist, der die V erhältnisse von früher kannte.“1) Eine absichtliche Benachteiligung der Stadt W ies loch w ird man hieraus aber nicht entnehm en 126 dürfen, denn der Kom m issionsbericht H offm ann über den Artikel 1 des H auptgesetz entw urfs nim m t zu der Linienführung der Bahn Stellung und stellt ausdrücklich fest: „W enn äußerst möglich, sollen die O rte Sekkenheim o d er Schw etzingen, dann vor allem Bruchsal, W iesloch, Langenbrücken und D urlach . . . von der Bahn berührt w erden.“la) D er A nlaß zu dieser K lage ist in den w irt schaftlichen Folgen der A grarkrise und den politischen der Revolution von 1848/49 zu suchen. U n d nicht zu letzt w arf w ohl auch bereits die A useinandersetzung zwischen W iesloch und H eidelberg um den A usgangs p unkt der sogenannten O denw aldbahn nach W ürzburg ihre Schatten voraus. D ie Jahre zwischen 1847 und 1855 aber w a ren von der Sorge der M enschen um ihre tägliche Existenz geprägt. Die Schuld an die ser E ntw icklung trug die „K artoffelkrank heit“, die in beiden folgenden Jahren die ein gelagerten K artoffeln in den Kellern verfau len ließ. „W ir sind ganz arm e, ja ganz arme Fam ilienväter und sind nicht m ehr im Stande, unseren K indern, welche noch u n m ündig sind, die höchst nötige Lebensnah rung zu verschaffen und welchen zu jetziger Z eit nichts anders als zu hungern bevorsteht; denn die V erdienste sind in unserer G egend sehr w enig, stehlen dürfen w ir nicht, betteln sollen w ir nicht, H ilfe aus der G em einde kasse ist g ar keine, indem diese ganz arm ist. W ir können keinen anderen W eg finden, als in unserem unübersehbaren Elende uns an den Landesvater zu w enden.“ Dies schrieben am 24. F ebruar 1846 die Bürger von M ai schenberg an die R egierung in K arlsruhe2). In den folgenden Jahren w ar die V erw altung der Stadt W iesloch vorw iegend dam it be schäftigt, m it den Folgen der wirtschaftlichen und politischen Ereignisse der 40er Jahre fer tigzuw erden. So w ar man zum einen daran interessiert, einen Ausgleich für die O rte Eschelbach, Eichtersheim und M ichelfeld zu erhalten. D aß m an diese O rte 1850 an das A m t Sinsheim hatte abgeben müssen3) w ar möglicherweise eine R eaktion der Regierung auf die Beteiligung der Stadt W iesloch an den revolutionären Ereignissen der Jahre 1848/49. A ußerdem hatten die bereits e r w ähnten H ungersnöte W iesloch 1847 in eine finanziell aussichtslose Lage getrieben. In ei nem Schreiben vom 11. D ezem ber 1846 stellte die Stadt W iesloch noch in Aussicht, ihre Schulden gegenüber der E isenbahnbau verw altung in H ö h e von 4 108 fl 2 kr durch den V erkauf von O bligationen um gehend zu begleichen. Die Eisenbahnbauverw altung m ahnte den Betrag dennoch w iederholt ein (21. D ezem ber 1846 und 8. Februar 1847), bis W iesloch schließlich am 10. M ai 1847 er klären m ußte: „W ir haben unsere M ittel zur Steuerung der N o t verw enden müssen, und es w äre kein anderes M ittel übrig, wenn auch je tzt auf die A usbezahlung unserer Schuldigkeit gedrungen w erde, als zu einer K apitalaufnahm e zu schreiten . . . D ieser Schuldposten w urde zw ar in dem 1846 V o r anschlag berücksichtigt, allein es sind bei der unerw artet großen N o th alle M ittel ihrem bestim m ten Zw eck entzogen w orden.“ M it Schreiben von 24. M ärz 1849 w urde die Stadt aufgefordert, den fälligen K aufpreis in nerhalb von 14 T agen zu entrichten, andern falls w äre man gezw ungen, zu r Zw angsvoll streckung zu schreiten4). D ie Stadt W iesloch stand vor dem Ruin. U m den H u n g er zu bekäm pfen und den Be darf an K artoffeln im O denw ald zu decken, schickte die G roßherzogliche Regierung etwa 18 000 Sester (1 Sester = 14 Liter) Setzkartoffel in den O denw ald5), und es zeigte sich, daß gerade hier das leistungsfä hige T ransportm ittel Eisenbahn unverzicht bar war. V on der N otlage w urden besonders h a rt die G em einden betroffen, die keinen ei genen W ald besaßen und deren Bürger daher auch keinem N ebenerw erb wie dem Sam meln von B rennholz nachgehen konnten. Schließlich sah die G roßherzogliche Badi sche Staatsregierung keinen anderen A us w eg, als einige d er ärm sten Ansiedlungen aufzulösen. Im O denw ald trafen diese M aß nahm en die K olonien F erdinandsdorf bei E berbach und R ineck bei M osbach, deren Bew ohner zum Teil mit staatlicher U n ter stützung nach A m erika ausw anderten, zum Teil in anderen G em einden Badens, so z.B. in H ockenheim , angesiedelt w urden6). U m die A usw anderung m ittelloser — wie auch unliebsam er — Bürger zu beschleuni gen, bediente sich der S taat gerne der Eisen bahn. M it der B eförderung der A usw anderer zu den H äfen, besonders nach Bremen, w u r den A genturen beauftragt, die die Reisenden m it allem N ötigen versahen und von M an n heim aus über K öln nach Brem en schickten. D abei ging es nicht immer ganz redlich zu, wie eine Bem erkung in den Ratsakten der Stadt W iesloch vom 26. A ugust 1850 zeigt: „. . . daß . . . hinlänglich G arantie d afür gelei stet w ird, daß (H einrich, d. V.) D ö rn er w irk lich nach A m erika kom m t, und nicht wie frü her schon unterw egs ausgesetzt w ird.“7) In A nbetracht der w irtschaftlichen N otlage sahen die G em einden des O denw alds in dem neuen V erkehrsm ittel Eisenbahn ihre G ele genheit, die drohende K atastrophe abzuw en den und ihrem G ebiet die M öglichkeit zu verschaffen, einen bisher ungeahnten w irt schaftlichen A ufschwung zu nehm en. In ei nem Schreiben vom 8. Juni 1853 unterbreite ten die Bürgerm eister der O denw aldgem ein den, d aru n ter auch W iesloch und Sinsheim, dem G roßherzoglichen M inisterium des In neren ihre V orstellungen: „Ein M ißjahr w ird das Elend und den Jam m er jedesm al in ei nem größeren M aßstabe w ieder hervorrufen, und es kann nicht fehlen, daß der Staat von Z eit zu Zeit große Summen zu r U n terstü t zung der M assen von A rm en im O denw ald w ird aufw enden m üßen . . . M an w ird fra 127 L o k 14 Waldangelloch, 10. 9. 1966 (F o to : H e lm u th R o th , H eid elb erg -K ) gen, wie ist das Ü bel von G rund auf zu hei len, und w ir können nur antw orten: der O denw älder braucht neben einer beßern E r ziehung, A ufm unterung zum Fleiß, z u r O rd nung und zu r Reinlichkeit, er braucht Arbeit und V erdienst, er braucht V erkehrs- und Ab satz-W ege.“8) D ah er sollte eine Eisenbahn die badische Rheintalbahn mit der königlich bayrischen Eisenbahn bei W ürzburg verbin den. D ie A useinandersetzungen darüber, w o die Linie nach W ürzburg an die Rheintalbahn angebunden w erden sollte, fand am 15. N o vem ber 1856 ihren vorläufigen A bschluß: H eidelberg und W iesloch standen zu r A us w ahl. D ie endgültige E ntscheidung fiel w e nig später für H eidelberg, das entsprechende Baugesetz w urde am 7. Septem ber 1858 ver abschiedet. 1862 w urde die Bahnlinie H ei delberg, M eckesheim , M osbach dem V er k ehr übergeben, der vier Jahre später, 1866, die Strecke von M osbach durch den O d en w ald über O sterburken und Lauda nach W ürzburg folgte. Im Jahre 1853 w ar die Strecke Bruchsal, Bretten, M ühlacker nach Bietigheim eingew eiht w orden, w om it die V erbindung zum K önigreich W ürttem berg hergestellt war. W iesloch w ar zwischen den 128 Eisenbahnlinien H eidelberg-M osbach und B ruchsal-M ühlacker als B ahnknotenpunkt ins abseits geraten und von seinem H in te r land isoliert w orden. W ollte die Stadt ihrer Rolle als adm inistrativer und w irtschaftlicher M ittelpunkt w eiterhin gerecht w erden und ihre M öglichkeiten für die eigene städtische E ntw icklung w ahren, m ußte in ihrem N a men eine A lternative zu den bereits bestehen den o d er noch in der Planung befindlichen Strecken ausgearbeitet w erden. D as Bahn projekt einer Q uerverbindung von Speyer über W iesloch durch den O denw ald nach W ürzburg, das im folgenden vorgestellt wird, sollte dies leisten. D as Bahnprojekt von 1869 Aus dem Jahre 1869 liegt ein Plan vor, der die beabsichtigte Linienführung von Speyer über W iesloch nach M eckesheim zeigt. Be dauerlicherweise ist aus den erhaltenen A k ten nicht ersichtlich, wie dieses P ro jek t in den Sitzungen des — nam entlich nicht be kannten — Eisenbahn-K om itees G estalt an nahm. Sicherlich kam en hier politisch und w irtschaftlich motivierte M einungsverschie denheiten zu r Sprache, die uns erlauben w ü r den, Entscheidungen der 80er und 90er Jah re zu verstehen. So müssen w ir uns mit dem begnügen, was aus der Beschreibung des Planes hervorgeht: die Trasse sollte auf der linken Rheinseite vom B ahnhof Speyer südlich an der Stadt vorbei auf der neuen R heinbrückenstraße zu r Schiffsbrücke füh ren. D ie K osten des Baues w ären do rt vom Staat Bayern getragen w orden. D er Bahn bau, der von badischer Seite zu finanzieren gewesen w äre, hätte auf der rechten R hein seite begonnen und folgende O rte berührt: Altlußheim , N eulußheim , Reilingen, W all dorf, W iesloch, D ielheim , U nterhof, O ber hof und M eckesheim . A uf der G em arkung Reilingen w ären zwei Bachübergänge n o t w endig gew orden; m an faßte aber auch ins A uge, die K raichbach und den Kaltbach auf der G em arkung zu vereinigen. A uf der G e m arkung W iesloch w äre der A ngelbach, auf der G em arkung Dielheim der A ngelbach auf Brücken zu überqueren gewesen. Z u r Siche rung von 12 Straßenübergängen hätten die gleiche Zahl an B ahnw artshäuser erstellt w erden müssen. Zwei T unnels oder Ein schnitte in das G elände bei U n terh o f und O b erh o f w ären notw endig gew orden. Das gesam te Projekt w äre nach den damals durchgeführten Berechnungen in der Be schreibung auf 227 794 fl gekom m en9). Aus d er Beschreibung des Projektes seien die fol genden technischen D etails entnom m en, die die K onstruktion der Strecke und ihre Eigen heiten deutlich w erden lassen. „Steigungsverhältnisse von dem rechten R heinufer bei A bis H Sta tion (Bahnhof W iesloch) sind auf einer E nt fernung von 54 300' nur circa 36 Fuß Stei gung, also im M ittel etwa 7/ m %. V om B ahnhof W iesloch bis Stadt W iesloch auf 9000' Länge 42' Steigung, circa Z2 %. V on W iesloch bis D ielheim auf 12 500' Länge circa 49' Steigung = % %. V on Dielheim bis M Straße bei U nterhof auf einer Länge von 8250' und von da bis O b er hof % % Steigung. V on O b erh o f bei a bis m d er vereinigten O denw ald-R appenauerbahn auf eine E ntfer nung von 108 000' %°/o Steigung. Hauptübergänge kom m en von Straßen 12 vor, nämlich A bis M und a, w elche theilweise mit Stationen in V erbindung stehen. Zw ischenübergänge 9, theils in Feldwegen, theils der großen E ntfernung wegen. Bachübergänge auf der G em arkung Reilingen 2, nämlich über die K raich- und K altbach; jedoch ließe sich bei entsprechender Erw eiterung die K raichbach mit der Kaltbach vereinigen. In der G em arkung W iesloch über den A ngel bach, in der G em arkung D ielheim über den Leim- und A ngelbach, und bei U n terh o f eine entsprechende D ohle; dagegen sind insbe sondere von W iesloch gegen M eckesheim m ehrere kleine D ohle erforderlich. Bahnwarthäuser w erden erforderlich: G em arkung A ltlußheim 1. bei A am rechten R heinufer, 2. zwischen A und der Station A ltlußheim , 3. auf der G em arkung N eu lu ß heim an der Schw etzinger Straße, 4. auf der G em arkung Reilingen zwischen Station N eulußheim und D , 5. bei D von der Straße nach St. Leon, 6. an der G renze zwischen Reilingen und W alldorf, 7. auf der G em ar kung W alldorf an d er Straße nach W iesloch, 8. an der G em arkung W iesloch an der H auptbah n bei H , 9. beim Ü bergang J, au ßerhalb dem israelitischen F riedhof am H ö fchen, 11. auf der A ltw ieslocher G em arkung bei der P ferdetränke, 12. auf d er G em arkung D ielheim am Leim bachübergang, 14. bei der D iebsbrücke am A ngelbachtal, 15. bei M an der H orren b erg er Straße, G em arkung U n 129 Lok 14 beim Umsetzen fü r die Rückfahrt, V T als Planzug nach Wiesloch, Eichtersheim (F o to : H e lm u th R öth, H eid elb erg -K ) terhof, 16. an der G renze zwischen U nterverschiedenen N ord-S üd-S trecken zu liegen. und O berhof, 17. zunächst O berhof bei a, So w äre bei Speyer die linksrheinische 18. G em arkung M eckesheim bei f am T h a l R heintalstrecke und das Eisenbahnnetz in weg, 19. bei R. Rheinbayern bis Landau angebunden w o r den. D ie zu diesem Z eitpunkt noch nicht fer tiggestellte Strecke M annheim -K arlsruhe T unnel über Schw etzingen hätte die Linie bei N euIn Bezug derselben w äre zu bem erken, daß lußheim g ekreuzt; und bei W alldorf hätte die insbesondere die Einschnitte nicht über 30 Strecke H eidelberg-Bruchsal auf w enigen bis 40 Fuß Tiefe haben, im m er noch offen h u ndert M etern mit b enutzt w erden müssen. gebaut w erden kann, d. h. w enn nicht andere Bei M eckesheim schließlich w äre die A nbin U m stände ein früheres Beginnen der T undung an die bereits bestehende Bahnlinie nele gebieten. nach W ürzburg erfolgt. D er fertiggestellte U n ter diesem V erhältnis und bei einem G e Plan w ar danach G rundlage für eine entspre fall von V4% w ürde der T unnel bei O berhof chende D enkschrift, die im Jan u ar 1870 den nur 1600' Länge erhalten, und der zwischen beiden K am m ern des Parlam ents vorgelegt f. h. nur 720', dagegen bei einem 1% Gefäll w urde. D er Bau der Linie, d arüber gab es auf und 40' Tiefe von dem T unnel erhielten der seiten der Stadt W iesloch keinen Zweifel, konkurrierte mit der Strecke B ruchsal-G er erstere T unnel bei O berhof eine Länge von m ersheim, die im M o n at zuvor von dem Ei 2200' und der zwischen f. h. bei gleichem Einschnitte verbleiben zu 720' zusam m en im senbahn-K om itee Bruchsal eingereicht w o r Zw eiten Falle 2920' T unnelbau auf einer G e den war. M an legte d aher g rößten W ert d ar auf, die V orteile auf das A usführlichste zu sam tlänge von 6 Stunden 56 M inuten, oder schildern und versäum te es nicht, die gera im anderen Fall 7 S tunden.“93) dezu kontinentalen Ausmaße des von W ies D er w irtschaftliche N utzen für W iesloch hätte darin bestanden, im M ittelpunkt einer loch angeregten B ahnbauprojektes mit kräf tigen Strichen zu zeichnen: durchgehenden V erbindung zwischen drei 130 D er W esten D eutschlands w äre über Speyer, W iesloch, W ürzburg mit M itteldeutschland zu verbinden, und über H eilbronn, Crails heim, N ördlingen, N ürnberg könnte Prag erreicht w erden. Schließlich bestünde über Bruchsal und Stuttgart eine V erbindung nach M ünchen. Die N ord-S üd-V erbindungen könnten über Kehl, K arlsruhe nach W ü rz burg geführt w erden und selbst die G o tt hardbahn fände dann über W ürzburg ihre F ortsetzung nach M itteldeutschland. U nd ohnehin sei ja G erm ersheim -W örth über M axau-K arlsruhe mit der badischen R hein talbahn verbunden. D ie von W iesloch vorge schlagene Linie folge der alten H eerstraße und könnte Germ ersheim besser m it T ru p pen versorgen als die Linie M ünchen-B ruchsal-G erm ersheim . U nd in R heinbayern k on zentrierten sich die Bahnstrecken zuneh m end auf Speyer als dem Sitz der Regierung. D anach kam m an auf die V orzüge der R e gion zu sprechen. A uf der Station W iesloch w aren 1868 32 708 F ahrkarten verkauft, 95 730 Z entner Fracht aufgegeben und 4500 Stück V ieh verladen w orden; die W ieslocher Bergw erke hatten zusätzlich 80 000 Liter Erz abgeliefert. U nd über die Bahn w aren 83 391 Liter G üter angeliefert w orden. In der w eite ren U m gebung w urde der „H andelsgew ächs bau “ — w ohl der T abakanbau — bei H okkenheim erw ähnt. Bei der K ontrollstelle Altlußheim w aren 1868 444 954 Liter W ein und 134 121 Liter Bier gezählt w orden. Für die Benutzung der nahegelegenen R heinbrücke bei Speyer w aren bislang jährlich etwa 10 000 fl Brückengeld eingenom m en w or den, was der Benutzung durch 36 000 W a gen mit etw a 700 — 800 000 Personen ent sprach. Das V erkehrsaufkom m en könnte nach der V orstellung der V erfasser w eiter gesteigert w erden, da die Fabrik W aghäusel dann ihre K ohle, imm erhin 250 000 Z entner, nicht m ehr auf der Landstraße über Speyer sondern über die Station W aghäusel der M annheim -K arlsruher Linie beziehen werde. W eiter könnte R appenau mit billigerer K ohle und S alzfracht versorgt, könnte insge sam t m ehr V erk eh r auf die Strecke M eckesheim -Jagstfeld gebracht w erden. D ennoch, den eigenen V orteil, den m an aus einem u n m ittelbaren A nschluß an die Bahn zu ziehen gedachte, verschwieg man keineswegs: „W ir haben wohl nicht zu erö rtern nöthig, w arum w ir uns berufen fühlen bei fraglicher Bahn die Initiative zu ergreifen. W ir m ußten er kennen, daß unsere Stadt den Aufschw ung nicht genom m en hat, den andere Städte un m ittelbar an Bahnen liegen erhalten h a ben . . . U m nun aus dieser Lage herauszu kom m en haben w ir schon seit vielen Jahren vor allem anderen sehnlichst gew ünscht eine Bahn . . . (m öchte) unserer Stadt die Stellung zu verschaffen, welche sie verm öge ihrer Lage den A nforderungen des Fortschritts entsprechend einnehm en kan n .“ D ie K osten w urden auf 3 000 000 fl veranschlagt10). Ereignisse, die die politische L andkarte E u ropas grundlegend verändern sollten, setzten diesen H öhenflügen ein unerw artetes Ende. Am 19. Juli 1870 hatte Preußen Frankreich den K rieg erklärt, und alle anderen d eu t schen Staaten mit Ausnahm e Ö sterreichs schlossen sich P reußen an. U m fangreiche T ruppenbew egungen folgten, die vor allem die T ransportlinien von O st nach W est bean spruchten. D ie badischen N ord-Süd-L inien als T eil einer kontinentalen V erbindung w a ren nun nicht m ehr so gefragt wie in den Friedenszeiten. N ördlich der badisch-franzö sischen G renze gab es aber n u r wenige Rheinübergänge, die von Z ügen benutzt w erden konnten: bei K arlsruhe-M axau die 1865 eröffnete Schiffsbrücke, und die 1867 eingew eihte R heinbrücke LudwigshafenM annheim . H ätte zu diesem Z eitpunkt eine Bahnverbindung M eckesheim -W iesloch-Speyer bestanden, so hätte diese Linie einen deutlichen A ufschw ung nehm en k ö n nen. N ichts belegt dies w eniger als die T atsa che, daß das „bairische A rm ee-C orps von der T arn mit A rtillerie-Park, P roviant-C olonne und sämtlichem G epäck nicht die Eisenbahn nach H eidelberg benutzte, sondern letztere in M eckesheim verließ und zu r Beschleuni 131 gung seines M arsches den w eitaus kürzeren W eg über W iesloch nach Speyer ein schlug.“11) D ie E ntw icklung nahm indessen einen anderen W eg. N och w ährend des K rie ges w urde auf der sogenannten „K olonnen straße“ von Bruchsal über G raben nach dem rechtsrheinischen G ebiet der bayrischen Fe stung Germ ersheim gebaut. D er Bau w urde am 18. Juli 1870 begonnen und w ar auf sei ner gesam ten Länge am 15. A ugust beendet. Bei der Station G raben w ar die Strecke an die Rheintalbahn M annheim -Schw etzingenK arlsruhe angeschlossen. U nd über den w ürttem bergischen B ahnhof in Bruchsal be stand eine V erbindung nach W ürttem berg und Bayern. A ber trotz dieser günstigen G e gebenheiten w urde die Bahn w enig genutzt; lediglich 25 Züge befuhren in der Zeit vom 1. A ugust bis 13. Septem ber die Strecke. Die Bahn w urde daraufhin ab dem 12. A ugust 1871 abgebaut und das G elände sowie das M aterial von der Eisenbahnverw altung über nom m en12). Entgegen anderen E rw artungen w ar aber da mit das P rojekt Bruchsal-G erm ersheim kei neswegs gescheitert. D iejenigen, die eine sol che Bahn w ünschten — bereits seit 1868 gab es in Bruchsal ein „Eisenbahncom ite“ — konnten auch w ährend des Krieges U n ter stützung finden. D ie G eneralstäbe Badens und der benachbarten Staaten W ürttem berg und Bayern wie auch der Preußens w aren von der strategischen N otw endigkeit einer Bahnverbindung mit der Festung G erm ers heim überzeugt. D er V orsitzende der K om mission für Eisenbahnen und Straßen in Ba den, R obert G erw ig, konnte in einer Rede vor der Zw eiten K am m er die A bgeordneten von der N otw endigkeit der Linie überzeu gen, und am 23. N ovem ber d.J. w urde ein Staatsvertrag zwischen Baden und Bayern geschlossen. D er eigentliche Bahnbau be gann erst 187312). A ber die Eingabe, die W iesloch am 28. Januar 1872 der Badischen Zw eiten K am m er vorlegte13), verm ochte an den einmal geschaffenen T atsachen nichts m ehr zu ändern. D ie K onkurrenz-Linie 132 Bruchsal-G erm ersheim hatte das Projekt Speyer-W iesloch-M eckesheim überflügelt. N ichts konnte dies deutlicher m achen als ein F ahrplan, der es nicht erlaubte, an einem N achm ittag von W iesloch aus nach Pieidelberg bzw. Bruchsal und zurück zu fahren. D ie angebotenen Z ugverbindungen „landaufw ärts“, also R ichtung K arlsruhe, lagen m orgens 6.58 U hr, vorm ittags 9.56 U hr, nachm ittags 4.26 U hr, abends 8.12 U hr; „landabw ärts“, R ichtung H eidelberg, m or gens 6.57 U hr, vorm ittags 10,30 U hr, nach mittags 4.47 U h r und abends 7.49 U hr. Z ehn Jahre lang führte man von seiten der Stadt darüber Klage, ohne daß sich etwas geändert h ätte15). Die Stadt W iesloch hatte ihre beste M öglichkeit versäum t, eine bedeutende Rolle als E isenbahnknotenpunkt im interna tionalen sowie nationalen V erkehr an sich zu ziehen. W eitere Bahnprojekte N achdem d er Bau der Strecke von Bruchsal nach Germ ersheim 1873 begonnen hatte, und im gleichen Ja h r eine V erbindung von H eidelberg über Schw etzingen nach Speyer hergestellt w orden w ar, hatte man sich in W iesloch wohl von dem G edanken abge w andt, selbst noch eine entscheidende Rolle im E isenbahnverkehr Badens spielen zu k ö n nen. Die V orschläge für weitere Projekte zum Rhein hin w urden nun von anderen O r ten o der Personen, die nicht in W iesloch w ohnten, an die Stadt herangetragen. So u n terbreitete A dolph R itzhaupt, V orsitzender eines Eisenbahn-K om itees, im Jahre 1888 der Stadt den V orschlag, eine D am pfstraßenbahn von W ieslo ch /S tad t nach Speyer zu erbauen. An der Projektierung des U n ter nehm ens sollte sich W iesloch mit 200 M ark, seinen Anteil aus 1200 M ark G esam tkosten, beteiligen16). In der w enige T age später er teilten A ntw ort wies die Stadt d arau f hin, daß sie für die E inrichtung der Pferdebahn von der Stadt W iesloch zum B ahnhof W ies loch w esentlich m ehr habe aufw enden m üs sen und sich daher w eder in der Lage sehe noch willens sei, für die K osten eines solchen U nternehm ens aufzukom m en17)- Ein w eite res P rojekt sah vor, eine D am pfstraßenbahn von Eppingen nach W iesloch über Elsenz, W aldangelloch, M ichelfeld, Eichtersheim , M ühlhausen, R othenberg und R auenberg zu bauen. D er Plan hierzu w urde im Jahre 1888 von den Ingenieuren M eyerhofer & Lucan d er S tadt W iesloch unterbreitet18). Dieses U nternehm en scheiterte jedoch ebenso wie der beabsichtigte Bau der Strecke nach Speyer. Letzte größere Bahnprojekte w urden 1897 angeregt. W ie die Stadt Schw etzingen schrieb, w aren „industrielle K reise“ an einer Bahnverbindung von Rheinau über Brühl, Schw etzingen, O ftersheim , W alldorf, W ies loch nach Sinsheim interessiert19). A ber auch in diesem Fall sah sich W iesloch aus finan ziellen G ründen außerstande, die auf die Stadt zukom m enden K osten zu trag en 19a). Schließlich unterbreitete der bereits genannte A. R itzhaupt den V orschlag, eine Bahnlinie W iesloch, W alldorf, Reilingen, H ock en heim, A ltlußheim , Speyer in A ngriff zu neh men, w orauf aber die Stadt W iesloch — so ist zum indest die A ktenlage — nicht mehr reagierte20). D ie W iesloch-M eckesheim -W aldangellocher Bahn (W M W ) Erst gegen Ende des letzten Jahrhunderts ging der lang gehegte T raum der W ieslocher in Erfüllung: die Badische L okaleisenbahn gesellschaft (BLEAG) m it Sitz in K arlsruhe hatte am 17. 2. 1899 die K onzession für den Bau der Bahnlinie W iesloch-M eckesheim W aldangelloch erw orben. D am it w ar die seit langem erstrebte V erbindung von W iesloch nach M eckesheim endlich in greifbare N ähe gerückt. Die Gesellschaft erw artete — insbe sondere auf G rund der aufstrebenden Indu strie — eine schmale R endite von 1,76% zu erw irtschaften. Aus dem Personenverkehr w urden Einnahm en von 68 000 M ark, aus dem G üterverkehr von 58 000 M ark einkal kuliert; die Baukosten sollten sich auf 2 275 000 M ark belaufen. V oraussetzung w ar, daß die G em einden das K apital für den G runderw erb bereitstellten. Im Falle von W iesloch 58 000 M ark21); und da die Stadt gerade eine defizitäre Pferdebahn betrieb, lag nichts näher, als der BLEAG die beste hende Bahn aufzudrängen. M an rechnete sie der BLEAG mit 46 000 M ark an22). Am 14. M ai 1901 w urde d er Betrieb einer Eisen bahn von W iesloch-W alldorf nach M eckes heim über Baiertal und Schatthausen aufge nom m en. Am 16. O k to b er desselben Jahres folgte dann die Strecke W iesloch/S tadtW aldangelloch. D er erste elektrische Pendel triebw agen verkehrte zw ischen W iesloch/ Stadt und S taatsbahnhof am 8. Juli 1901. Die Bahn berührte auf der Linie nach M ekkesheim die G em einden D ielheim , H o rren berg, Baiertal, Schatthausen; auf der Strecke W aldangelloch R auenberg, M ühlhausen und Eichtersheim . D er H altep u n k t W iesloch H eilanstalt w urde 1919 stillgelegt, ebenso der H altep u n k t O b erd o rf bei Baiertal. Eine Reihe von Firmen verfügte auch über private Gleisanschlüsse: K älberer & Co (ab 1922), Bott, H eßler, Dussel und die Sandgrube23), zeitweise auch das Bergwerk. D er O rt Schatthausen an der Strecke M eckesheim spielte bei der Planung eine besondere Rolle. Zum einen stieg von hier die Bahn auf einer ungünstigen Trasse in das T al zu r Station M eckesheim hinab. Zum anderen w urde der B ahnhof Schatthausen als H ilfsstation zur W asser- und K ohleaufnahm e für den Fall ausersehen, daß an einer d er beiden E n d sta tionen die V ersorgung ausfallen sollte. Z w anzig Jahre nach der feierlichen E röff nung der Bahnstrecke erleichterte diese V orsichtsm aßnahm e die Stillegung der T eilstrecke Schatthausen-M eckesheim , und Schatthausen w urde Endstation. Infolge des Ersten W eltkriegs w aren auch die Betriebsergebnisse der Privatbahnen in Baden deutlich zurückgegangen. Die BLEAG saß auf einem riesigen Schuldenberg von fast 3 M illionen M ark, die Betriebsaus 133 gaben w aren von 986 000 M ark im Jahre 1913 auf 4 411 000 M ark (1919) angew ach sen24). Einsparungen w aren das G ebot der Stunde und es lag auf der H an d , daß die fal lenden Betriebsergebnisse der W M ¥ die A ufm erksam keit auf sich zogen. 1921 w ar ein Zuschuß von 450 955 M ark erforderlich gew orden; im Ja h r zuvor hatte m an lediglich 198 275 M ark zusetzen müssen24a). Z u schüsse des Kreises und der G em einden ver m ochten daran nichts zu ändern, w aren aber notw endig, um den Betrieb der Bahn über haupt aufrechtzuerhalten. Die D irektion der BLEAG erkannte w ohl, daß eine vollständige Stillegung der W M W nicht zu erreichen w ar und versuchte, w enigstens einen Teil der Li nie aus dem Betrieb nehm en zu können. Um dieses durchzusetzen stellte man die M aß nahm e so hin, als sei sie nur vorübergehend. Seitens der BLEAG w urde ausgeführt, daß der O berbau der T eilstrecke E ttlingen-B u senbach der Albtalbahn dringend erneuert w erden müsse. Zu diesem Z w eck sei es n o t w endig, den O berbau der Teilstrecke Schatthausen-M eckesheim auf 1 km Länge abzu bauen und das M aterial bei der A lbtalbahn zu verw enden. Das d o rt gew onnene Gleis m aterial sollte alsdann veräußert und die so gew onnenen M ittel bei der R eichsbank hin terlegt w erden. Dieses K apital w äre allein dazu bestimm t, die entstandene Lücke w ie der zu schließen25). D aß es anders kom m en sollte w ar allen Be teiligten klar. In einer D ruckschrift vom Juli 1922, drei M onate bevor der angekündigte Abbau in A ngriff genom m en w urde, schrie ben die beteiligten G em einden: „. . . O der glaubt die R egierung im Ernst, daß es der BLEAG in absehbarer Zeit gelingen w erde, die finanziellen Schwierigkeiten zu überw in den und Reingew inne zu erzielen?. . .“ In der T a t folgte im April 1923 das Eingeständnis, daß die entstandene Lücke nicht bis zum 1. M ai geschlossen w erden könne, und im Juni w urde der A ntrag nachgereicht, weitere 2 Schienenkilom eter abzubauen26). D ie V er bindung zwischen Schatthausen und M ek134 kesheim w ar dam it endgültig unterbrochen, auch w enn der w eiterhin erhaltene Bahn dam m und die Brücke den E indruck w ach hielten, dies könne alles w ieder rückgängig gem acht w erden. Die w achsenden finanziel len Schwierigkeiten der BLEAG führten schließlich 1931, ein Ja h r vor ihrem K o n kurs, dazu, daß das restliche Schienen m aterial abgebrochen und das G elände für den V erk eh r mit Fuhrw erken freigegeben w urde27). Am 1. Jan u ar 1932 ging die W M W in die Regie der D eutschen E isenbahnbe triebsgesellschaft (DEBG) über, was aber an den G egebenheiten nichts m ehr zu ändern verm ochte. Frühe Entscheidungen — fortdauernde Folgen Seit den 30er Jahren w ar in der G eschichte d er W M W n u r noch die Geschichte ihrer T rägerschaft abwechslungsreich. V on der D eutschen Eisenbahnbetriebsgesellschaft AG in Berlin (D EB G ), später Sitz in H am eln, übernahm die Südwestdeutsche Eisenbahn gesellschaft m bH in E ttlingen (SEG) die W M W zusam m en mit zahlreichen anderen N ebenbahnen in Baden. Die G enehm igung hierzu w urde vom Innenm inisterium BadenW ürttem berg am 22. 10. 1968 erteilt.28) W e nige Jahre später fusionierte die SEG m it der M ittelbadischen Eisenbahnen AG in Lahr zu r Südw estdeutschen Eisenbahnen AG (SW EG) mit Sitz in Lahr. Letztere änderte schließlich 1984, dem Zw ang der V erh ält nisse folgend, ihren N am en in „Südw estdeut sche V erkehrs A G “ : die Eisenbahn ist in A n betracht d er mittlerweise 300 in D ienst ge stellten Busse in den H in terg ru n d getreten. Die Bahn ist heute im Raum W iesloch nur noch für wenige Industriebetriebe, die über einen privaten G leisanschluß verfügen, w ich tig. D er Personenverkehr beschränkt sich wie schon seit der G ründung der N ebenbahn 1901 auf den P endlerverkehr von und nach den um liegenden G em einden. U nd der S taatsbahnhof W iesloch/W alldorf schließ lieh ist wie seit jeher auch heutzutage kein H altep u nkt im internationalen und nationa len Fernverkehr. Die W eichen zu dieser Entw icklung w aren bereits m it der ersten E ntscheidung über die S treckenführung der G roßherzoglich Badi schen Staatsbahn gestellt w orden: D as Eisen bahngesetz vom 29. M ärz 1838 führte die Rheintalbahn in einer E ntfernung von etwa einer halben W egstunde (ca. 4 km) an W ies loch vorbei. D a mit der Begründung, die Ei senbahn berühre ja nun die Stadt, die Straße von H eidelberg durch W iesloch zurückge stuft w urde, ging der P ersonen- und Fracht verkehr an der Stadt vorüber. In den fol genden Jahrzehnten w urde W iesloch von den benachbarten Städten H eidelberg und Bruchsal überflügelt: der A usgangspunkt der O denw aldbahn kam 1858 nach H eidelberg, und die A bzw eigung von der R heintalbahn nach M ühlacker w urde 1873 nach Bruchsal gelegt. N achdem der Plan aus dem Jahre 1869, der W iesloch zu einem internationalen und nationalen V erkehrsknotenpunkt hätte m achen sollen, endgültig gescheitert w ar, w urden von der Stadt keine P lanungen m ehr vorangetrieben. Es entsteht, sieht man die E ntw icklung im Lichte der A kten, im G egen teil der Eindruck, daß sich die Stadt auf sich selbst zurückgezogen habe. M ag dies Resi gnation oder provinzieller Eigensinn gew e sen sein, die Folgen sind für W iesloch spür bar: es ist nach über 140 Jahren Eisenbahn geschichte der Region noch im m er ein um ständliches U nternehm en, mit H ilfe des öf fentlichen N ahverkehrs von W iesloch nach Speyer zu gelangen. U nd um überhaupt A n schluß an das nationale B ahnnetz zu bekom men, muß man sich auch heute erst nach H eidelberg begeben — wie schon vor 140 Jahren. Literatur ‘) GLA Abt. 190 N r. 30 vom 23. Septem ber 1850 la) E dw in K ech, Die G ründung der G roßherzogli chen Badischen Staatseisenbahn, Diss. K arlsruhe 1904, S. 93 2) Siegm und Fleischm ann, Die A grarkrise 1845 bis 1855 m it besonderer B erücksichtigung von Baden, Diss. H eidelberg 1902, S. 116 3) GLA Abt. 190, N r. 30 vom 23. Septem ber 1850 4) StA W iesloch A 6039 vom 11. D ezem ber 1846, 8. Februar 1847, 10. M ai 1847, 24. M ärz 1849; ein handschriftlicher V erm erk u nter dem Schreiben vom 10. M ai 1847 lautet: 4108.2 und Zins vom 23. D ezem ber 1843 4685.29, darunter: 7027.29 (4 -, d.V .) 860 ( = ) 7887.29; letzterer Betrag ent spricht der K aufsum m e von 13 M orgen 1 V iertel 30.06 R uthen A cker und W ald im Jahre 1844: StA W iesloch 6039 vom 30. Ja n u a r und 18. A ugust 1844 5) Fleischm ann, op. cit., S. 118 6) Zu R inek: v. Philippovich, staatlich unterstützte A usw anderung, S. 43, 49 ff.; Franz Kistler, Die w irtschaftlichen und sozialen V erhältnisse in Ba den 1849— 1870, mschr. Diss. H eidelberg 1952, S. 188 ff.; bzgl. d e r Z uw eisung von Bürgern von Ri nek nach H ockenheim s. E rnst Brauch, H o c k en heim. Stadt im A uf- und U m bruch, Schw etzingen 1965, S. 184; z u r geplanten Abschiebung von 18 000 B adenern v. Philippovich, op. cit., S. 27 7) R athsprotokolle der Stadt W iesloch 1849/58 S. 80, vom 26. A ugust 1850; die A usstattung d e r sol cherm aßen ausgerüsteten R eisenden ist gut belegt für H einrich Rensch: StA W iesloch A 5094 vom 29. Sept. 1851, 26. Tan. 1852, R athsprotokolle vom 20. Aug. 1851 8) StA W iesloch A 6058 vom 8. Juni 1853 9) StA W iesloch A 6059 vom 31. A ugust 1869 10) StA W iesloch A 6059 vom 7. Ja n u a r 1870 " ) StA W iesloch A 6059 vom 28. Ja n u a r 1872 12) Ausführlich hierzu W erner G reder, Bruchsal und die E isenbahn, Bruchsal 1983, S. 96 ff. 13) G reder, op. cit., S. 104 ff.; der R ang des R hein übergangs in der m ilitärischen P lanung w ird durch die Statistik des A ufm arsches der deutschen T ru p pen im A ugust 1914 deutlich: R heinbrücke bei W orm s: 551 Z üge, bei M annheim 401 Z üge, bei Speyer 46 Z üge, bei M axau 71 Z üge, bei G erm ers heim 580 Z üge, bei Kehl 616 Z üge. Vgl. R eichs verkehrsm inisterium (H rsg.), D ie deutschen E isen bahnen 1910 bis 1920, Berlin 1923, S. 159 14) StA W iesloch A 6059 vom 28. Ja n u a r 1872, s.o. Anm. *’) 15) StA W iesloch A 6058, 16. M ai 1859, 17. April 1866, 20. April 1869 16) StA W iesloch A 6060 vom 1. Februar 1888 17) ibd., vom 11. Februar 1888 IS) ibd., vom 14. O k to b e r 1888 19) StA W iesloch A 6061 vom 11. M ärz 1897 19a) ibd., vom 17. M ärz 1897 20) ibd., vom 30. Septem ber 1897; interessant ist aber, daß nach einer N o tiz in den A kten der G e m einde Brühl A 1467 vom 16. D ezem ber 1910 135 noch die H o ffn u n g besteht, daß die Linie W alldorf-R eilingen-H ockenheim eingerichtet w erden und dann über R heinau-B rühl-K etsch eine ge schlossene V erbindung hergestellt w erden könnte. 21) Schatthausen A 9 0 1 , 21. Ja n u a r 1899 22) H ierzu ausführlich: H erm ann Braun, D ie ehe malige Pferdebahn der Stadt W iesloch, in: Badi sche H eim at 51 (1971), S. 355 23) Ein V erzeichnis hierüber in: Badische L okal-E i senbahnen AG (H rsg.), Besondere F ahrdienstord nung für die N ebenbahn W iesloch-M eckesheim W aldangelloch, K arlsruhe 1913 24) Baiertal A 577, 11. Juli 1922 24a) Baiertal A 577, ibd. 25) Baiertal A 577, 13. Juli 1922, 19. O k to b er 1922, 4. N ovem ber 1922 26) Baiertal A 501, 2. Juni 1923 27) Schatthausen A 9 0 1 , 3. Februar 1931 28) Ausführlich hierzu Karl Stiefel, Baden 1 6 4 8 -1 9 5 2 , 2. Aufl. K arlsruhe 1979, S. 1527 Ketsch — ehemals speyerisches Dorf an Kurpfälzer Grenze Robert Fuchs, Ketsch Jede G em einde hat ihre eigentüm liche und besondere Entw icklungsgeschichte aufzu weisen, so auch Ketsch. D er O rt liegt 4 K ilom eter westlich von Schw etzingen an einer alten Rheinstrom schleife. Die h eut zutage noch teilweise aus Bodenform en ab lesbare O berflächengestaltung der diluvialen N iederterrasse läßt ausgetrocknete U rflußm ulden erkennen, die in O st-W estrichtung verlaufen. M aßgebend für diesen „K urs“ des prähistorischen O strheins od er K inzigM urg-Flusses, dessen „Leimer A rm “ von W iesloch kom m end bei H eidelberg-Leim en abbog und zum U m w eg über Ketsch ge zw ungen w urde, w ar der N eckarschuttkegel, dessen südlichste A usdehnung sich bis zur Leimbachsenke bei Brühl, Schw etzingen und O ftersheim erstreckt1). V on K notenpunkten in der Schw etzinger Sternallee und im K et scher W ald verlaufen deltaartige V erästelun gen auf das H ochufer zu, auf dem die Besie delung des O rtes ihren Anfang nahm. Allmählich verlandete der U rstrom vom G e birge her und suchte sich den kürzesten W eg in der M itte des Rheintals. Es kam zu r A us räum ung2) der etw a 5 — 8 km breiten R hein niederung aus der D iluvialterrasse, welche 136 die natürliche Ü berschw em m ungszone des ehem aligen W ildstrom es bildet. Als D en k male dieses V organgs zeugen die H o ch g esta d eränder, die wie in Ketsch, m itunter bis zu 5 M eter böschungsartig aufsteigen. Innerhalb des N iederungsgürtels wechselte der A lt strom ständig w eiter seinen Lauf. Aus einer solchen willkürlichen Flußschleife ist das K etscher „Bruch“ hervorgegangen, welches an das H ochgestade anstößt. Typisch für das O berrheingebiet, so auch für den Abschnitt zwischen Speyer und M annheim , sind die u r tüm lichen, m äanderförm igen Strom schlin gen, die ökologisch w ertvolle Auwaldgebiete umschließen. Eines der wegen seiner Flora und Fauna kostbaren wie landschaftlich idyl lischen Relikte stellt die K etscher Rheininsel dar, die durch die T u lla’sche R heinkorrek tion ihre heutige G röße von 350 ha erhielt. D as Eiland, welches pflanzengeographische R aritäten, wie die W ildrebe u. a. botanische Besonderheiten beherbergt, w urde 1950 teil weise und im Jahre 1984 völlig unter N a tu r schutz gestellt. Z u dieser groben Lagebeschreibung von K etsch g ehört auch, daß, im h öher gelege nen Teil der G em arkung w eniger als in den alluvialen Kiesadern der N iederungsgefilde, eine ansehnliche Z ahl von vorzeidichen T ie r resten zutage gefördert w urde, die eine be deutende Sammlung ergaben und im G eologisch-Paläontologischen Institut in H eidel berg die Funde von M auer ergänzen, unter denen der U nterkiefer des H o m o H eidelbergensis der Berühm teste ist. N eben den Frag m enten von M am m ut und Riesenhirsch ka men in Ketsch u.a. W isentschädel, Skelettund K nochenteile vom W ildpferd, des urzeitlichen Flußpferdes, des N ashorns und des gefährlichen Säbelzahntigers vor. Es konnten auch zwei Schädel von A ltm enschen gebor gen w erden, w ovon einer mit der C ro-M agnon- und A urignac-Periode in Beziehung ge setzt w ird3) und den anatom isch w ichtigen Beweis einer durchgehenden Schädelkno chennarbe liefert. Es ist zw ar kein ausgefallenes geschichtliches Beweisstück, w enn am nordöstlichen O rts rand von K etsch4) ein schön geschliffenes neolithisches Steinbeil mit sauberer D urchlo chung gefunden w urde. D och w eiß man um den unerbittlichen K am pf zw ischen W asser und Land, der hier stattfand, als der N eck ar schutt dem urzeitlichen O strhein den W eg verlegte, so sieht m an dieses archäologische Zeugnis als Glücksfall an. D enn die hydro graphischen V erhältnisse hinterließen m orastische A ltflußrinnen, in denen sich Sumpf w älder wie die L ußhardt ausbreiteten, die eine frühe und gesicherte Besiedelung in Frage stellten. N ahe bei K etsch, im grenz nahen dritten G ew ann der Schw etzinger H ard t, konnte ein D epot aus der U rnenfel derzeit freigelegt w erden5). G anz abgesehen davon, daß das benachbarte H ockenheim eine ähnliche M odellierung des auf dem H ochgestade ausgebreiteten Stadtgebietes d urch die T rockenm ulden eines KinzigM urg-Fluß-A rm es aufweist, den die Kraich übernahm , ist do rt die Besiedelungskette ge schlossener über alle V or- und F rühge schichtsperioden verteilt. D o rt w ird ein nach 74 n. Chr. von Speyer vorverlegtes römisches Kastell verm utet, von U n g e f ä h r e r G r e n z v e r l a u f i m b is - Karte ( Ungefährer Grenzverlauf) dem eine M ilitärstraße6) ausging, die über die dam alige N iederlassung beim Talhaus und über Ketsch — Brühl — R o h rh o f (Si gnalstation) nach Altrip zog. Eine andere T rasse bog von dieser zum Kastell bei A ltrip/ M A -N eckarau führenden V erbindung als „H o h er W eg “ bei Brühl ab, berührte den nördlichen K etscher G em arkungszipfel am alten Leim bachbogen, durchquerte anschlie ßend das T errain, welches nunm ehr vom Schw etzinger Schloßgarten eingenom m en w ird und setzte sich über O ftersheim nach W iesloch fo rt7). D a die R odungsgeschichte des H ardtw aldausläufers „K etscher F orst“ den N achw eis erbringt, daß dieser im 13. Jahrh u n d ert noch bis an den A ltrhein reichte und im 15. Jah rh u n d ert das kleine S traßendorf Ketsch eng um schloß, so kann daraus gefolgert w erden, daß zu r R öm erzeit das G em arkungsgebiet dicht bew aldet war. Im Jahre 1910 w urde im N eu ro tt, ein heute überbauter O rtsteil, ein Brandgrab der N ekkarsueben entdeckt8), die im R hein-N eckarRaum etwa von 50 v. Chr. bis 100 n. Chr. sie delten und die G augem einschaft CIVITAS U L PIA SU E B O R U M N IC R E T U M bilde 137 ten, deren H au p to rt Ladenburg war. Ein R ö m ergrab kam 1957 bei den H ohen Forlen, an der Südseite des K etscher W aldes, unw eit der Bundesstraße 36 zwischen Schw etzingen und H ockenheim , zum V orschein. In diesem Zusam m enhang muß auf die ganz bem er kensw erte Situation hingewiesen w erden, die sich durch das V ordringen der R öm er an und über den Rhein, speziell auch für die U m gebung von Ketsch, ergab: W ährend sich nämlich die Stamm esgebiete der K elten bei derseits des Strom es ausdehnten, in die rund 100 Jahre vor der Zeitenw ende Cim bern, T eutonen und N em eter einbrachen, errich tete C äsar nach der E roberung Galliens am Rhein die römische W eltreichsgrenze. Sowohl die H ochuferlinie als auch wissen schaftliche U ntersuchungen9) bezeugen, daß ein Lauf des Rheines, dessen Kies- und Sandablagerungen auf ein ungefähres A lter von 1500 Jahre geschätzt w erden, bis ins 8. nachchristliche Ja h rh u n d ert von S peyer/A lt lußheim über H ockenheim — T alhaus und durch das K etscher „Bruch“ floß. D araus e r gibt sich die Schlußfolgerung, daß diese alte M ündungsbucht der Kraich im H ockenheim er Rheinbogen zu r K elten- und R öm erzeit direkt unterhalb des D orfes Ketsch verlief. Som it bildete diese dam alige H auptstrom schleife auch die Reichsgrenze der Röm er, ehe diese sich um 74 n. Chr. anschickten, in H eidelberg und Ladenburg Brückenköpfe zu bilden, in der Folge das D ekum atenland zu besetzen und als Trennungslinie zw ischen ih nen und den G erm anen den Limes anzule gen. W ohl verm uten die H istoriker10) eine Straßenverbindung zwischen Speyer und H eidelberg, die am H ochuferrand entlang führt und im H ardtw ald auf die nach S traß burg über G raben — K A -M ühlburg zie hende Route stößt. Es soll auch eine Trasse von der D om stadt über die Rheinniederung (Insultheim erhof) nach H ockenheim gege ben haben, welche die verschiedenen röm er zeitlichen Funde, die in den K etscher Kies gruben und in anderen N iederungsbezirken auftraten, somit auch den bei der „K etschau“ 138 entdeckten Reliefstein, u. a. H interlassen schaften in eine nahe Bewandtnis m it dem w eit nach O sten ausholenden R heinarm bringen, dessen strategische Bedeutung durch die kurze E ntfernung nach H eidelberg nicht zu übersehen ist. Als das Pendel d er weltgeschichtlichen U hr im Jahre 260 n. Chr. zurückschlägt, nehm en die A lem annen das rechte R heinufer in Be sitz, w odurch am Strom eine erneute gefähr liche K onstellation entsteht. Diese G ren zzie hung dauerte bis um 400 n. Chr., ehe es den A lem annen gelang, links des Rheines Fuß zu fassen und die R öm er allmählich zu rü ck zu drängen. U m ein M usterbeispiel dieser G e schichtsperiode heranzuführen, sollte es er laubt sein, einen Blick „vor die H au stü re“ der engen örtlichen G renzen zu w erfen: In Altlußheim , das ja eine ähnliche Lage am Rhein aufweist wie K etsch, w urde ein F ür stengrab aufgefunden, welches als P arad e stück ein P runkschw ert11) enthielt. D ie am tli chen Fundberichte bezeichnen das G rab als alemannisch. D ahingegen w ird d er ursprüng lich als alemannisch angenom m ene12) C h a rak ter des Grabes, welches an der H o ch u fer bucht beim Seehaus, 2,5 km südlich von K etsch, auftrat, in neueren Berichten der M erow ingerzeit (500—750 n. Chr.) zu g e o rd n et13). W enn auch bis dato die d o rt erw arteten R ei hengräber14) noch nicht auftauchten, so lie ßen sich an dieser kleinen Landzunge, dessen sonnenseitiger H ochu ferh an g einen ge schützten W ohnplatz an fischreichem Fluß gestade bieten m ochte, g ut die A nfänge der festen Besiedelung des G emeindegebietes denken. Zu dieser H ypothese lassen sich Be ziehungen knüpfen, die den alten O rtsnam en Ketsch betreffen, der auf vordeutsche S prachw urzeln zurückgeht15). Unw illkürlich d rän g t sich hierbei die Stam m esbezeichnung d er C hatten o der K atten auf, die un ter m erow ingischer V orherrschaft als Kolonisten o der U m siedler in16) unsere G egend kamen. D ie alten Schreibweisen „K eths“, „T erra in K ez“, „K ezs“, „Villis C hets“, „K ech“, „K ets“, „K etsh“, „K eczsche“, vor allem aber „K az“, „K azze“, „K aytsch“, „T erra in K azze“ u. a. scheinen die N am ensverw andt schaft mit den V orfahren der heutigen H es sen zu unterstreichen. A ußerdem existieren einige topographische Bestim mungen, wie K etscher W ald, K etscher „Bruch“, K etschau, K atzengraben, die zum Teil über die G em ar kung hinausgreifen und auf einen um fassen den G rundbesitz hindeuten, dem als Stempel d er H erkunftsnam e einer Person aufge drü ck t ist ... N atürlich gibt es noch andere M öglichkei ten, den O rtsnam en von Ketsch zu interpre tieren: D a w äre an erster Stelle die germ ani sche Tierbezeichnung „K atton“, „K attu; ahd. „K azza“, mhd. „K atze“, engl, „cat“ und schwed. „K att“ zu nennen17), die dem frühe ren V orkom m en der W ildkatze in den ober rheinischen Sum pfw äldern R echnung trägt. Es gibt Sprachvergleiche, w elche die W o rt bedeutung für „K etsch“ als „weich und w äs serig“, im erw eiterten Sinne als „schmierig, schlam mig, sumpfig“ auslegen18). D ie Ab w andlungen in verschiedenen deutschspra chigen G ebieten lauten „ketschig“, „kätschig“, „gatsch“, „gatz“, „gätsch“. Eine an dere Q uelle erklärt den „seltsam klingenden N am en K etsch“19) als ... „breiartig w eich“ o der als ... „schmierige, schleimige M asse“. D a mit dieser D eutung m ehr die Bodenver hältnisse der N iederung gem eint sein dürf ten, so ist nicht auszuschließen, daß der O rt seinen N am en von der G roßflur „K etschau“ erhielt, die sich leicht über dem N iveau der verlandeten Altstrom schleifen erhebt und so auch einer anderen D efinition gerecht w äre, die un ter der V okabel „K etsch“ die „höchste Stelle oder den höchsten P u n k t“ in der M ark verstanden haben will20). Eine andere verbale Ableitung, die auf den O rtsnam en Bezug nehm en könnte, verbirgt sich hinter der Bezeichnung des G ew ässer laufes „K otlachgraben“, der einige nachbarli che H ockenheim er Flurdistrikte durchfließt. Auch die synonyme W ortgruppe „K etscher“, „K äscher“ = „K escher“ für „Fischfangnetz“ ( = H am en) könnte dem C h arak ter eines al ten Fischerdorfes entsprechen21). Ähnlich verhält es sich mit dem als „K etsch“ (Ketschenboot) bezeichneten Segelschiff, das ebenso mit den G egebenheiten d er hiesigen Strom landschaft zu vereinbaren w äre22). Die schicksalhafte G renzlage der M ark Ketsch tritt bei der fränkischen G aueinteilung (um 750) w ieder offenkundig zutage, denn der Rhein schied dam als den Speyergau vom diesseitigen K raichgau und unm ittelbar nördlich des O rtes begann das V erw altungs gebiet des Lobdengaus23). Im Lorscher K o dex ist eine Schenkung von G ütern ... „in K ezo m arca“ genannt, deren Beurkundung in die Jahre 776/777 fällt24). D a ein U m deu tungsversuch in „K enzo m arca“, bezogen auf K enzingen, keine amtlich beglaubigte A ner kennung findet, w ird „K ezo“, das aus einem B auernhof und einer K irche bestand und für das auch Ketsch in Frage kom m en könnte, leider bis jetzt noch als „unbekannt im Breis gau gelegen“ erklärt. In den Jahren 1056 und 1063 w erden die Bi schöfe von Speyer mit kaiserlichen Schenkbriefen ausgestattet, die sie in den Besitz des H ofes Bruchsal und des W aldes L ußhardt bis zu r Linie W alldorf — O ftersheim (Schw arz bach = Leimbach) — Schw etzingen — Rhein bringen. D urch diese G renzverschie bung w urde die K etscher M ark fürstbistüm lich-speyerisch. T ro tz dieser V ielzahl von „Fast“-Indizien m uß sich K etsch mit einer erst um 1150 ausgestellten „G eburtsur k unde“ zufrieden geben, da sich der N ac h weis für den früheren Beginn der O rtssied lung aus M angel an exakten Belegen nicht erbringen läßt. W ie die E rsterw ähnung be sagt25) ... „überließ Bischof G ünther im Ein verständnis mit seiner Geistlichkeit und auf Bitten des Abtes von Schönau zu seinem Seelentrost diesem K loster ein G ut des speyerischen H ochstifts zu G ernsheim gegen jährlich in den dom kapitularischen H o f Keths abzuliefernde vier K äse.“ Es ist also kein weltbew egendes Ereignis, welches der ersten urkundlichen Benennung 139 J>lan über Das fhßtytrjegl/cJ? Hadisity; $ o r f Odelscfy am ßfyein "f aus dem öJoJpre ■/6J& : <A,cfcer Q~eld OOOOQ o o o o o 0 <?Q r3)as CKeBsc?pen ^emetr? c?e j8r*Lsc:?p /Voe-/-?<i/e ,'s : £e’r)C'ra’Are* t-sf/tt/-y /. rV . /r r . trfy < f Plan über das Großherzoglich-Badische D o r f Ketsch am R hein aus dem Jahre 1812 des O rtes Ketsch vorausgeht. Im m erhin w ird aber dabei belegt, daß der Bau- und Fronhof bereits besteht. A nno 1156 stellt K aiser Friedrich I., Barbarossa, das K loster M aul bronn unter seinen Schutz. In diesem Z usam m enhang w erden G üterstücke unter der Be zeichnung „T erra in K ez“ genannt. Dem neugegründeten M aulbronner K loster über läßt dann 1159 Bischof G ünther von Speyer u .a. 6 Fruchtscheunen und M eierhöfe, d a r unter auch einen solchen in „K ezs“. U nter die bem erkensw erten ortschronologischen D aten fällt das Ja h r 1195, von dem das Be stehen der K etscher R heinfähre berichtet w ird, die jahrhundertelang eine w ichtige Passage auf dem kürzesten W eg zwischen H eidelberg — Speyer und N eu stad t/P falz darstellte26). A nhaltspunkte sprechen sogar für eine G üterverladestelle an diesem R hein übergang, auf den sich die H auptstraßen 140 konzentrieren und in dessen N ähe d er O rt seinen A usgang nahm. D en mit H örigen besetzten und sich allm äh lich ausdehnenden Bau- o d er M eierhof, w el cher bereits 1249 eine K irche hatte, erw arb 1329 das D om kapitel Speyer käuflich. D ar aufhin löste sich der ursprüngliche G utshof in m ehrere Einzelhöfe auf, ein V organg, der die E ntw icklung zum D o rf einleitete27). Diese und die nachfolgende Z eit ist geprägt von allgemein in der U m gebung grassieren den pestilenz- und seuchenartigen K rankhei ten, von zunehm ender B edrückung der bäuerlichen Bew ohner und schließlich auch von ersten A nsprüchen der K urfürsten von d er Pfalz als m achtentfaltende N ach b arh err schaft. N och anno 1408 respektiert König R uprecht als P falzgraf die Rechte des D o m kapitels auf Ketsch und Teile der M ark, sucht aber gleichzeitig erste Einflüsse durch die Beschirm ung des K etscher W aldes zu ge w innen. Ab diesem 15. Jah rhundert, in dem das kleine S traßendorf von der Ecke Schulstraße/S chw etzinger Straße bis zur katholi schen K irche und von da bis zu r Bruchgasse reichte, litten die Einw ohner im m er m ehr u n ter den sich m ehrenden A nsprüchen der K urpfalz, die es auf den W ald, die Jagd, den W eidgang, auf die G erichtsbarkeit, auf die Fähre, den Zoll und auf andere Gerechtsam e und Besitztüm er abgesehen hatte. D ieser W irrw arr der oft zuw iderlaufenden K om petenzen zwischen dem Bischof als Lan desherr von K etsch, dem D om kapitel als G rund- und Eigentum sherren, der V ogtei verw altung und der „Schutzm acht“ K urpfalz w ar für das kleine G em einw esen nicht fö r derlich. D azu kam , daß H ockenheim und Reilingen nach der Schlacht bei Seckenheim 1462 gänzlich an K urpfalz gefallen w aren28) und K etsch dadurch zu einem G ren zo rt ge stem pelt w urde, dessen G em arkungsgebiet einem von drei Seiten eingeschnürten Staats zipfel entsprach, der dazu noch den Nachteil hatte, daß der R heinw ald westlich des A lt strom bogens zu r G em einde O tterstad t ge hörte. Bezeichnenderweise hielt diese bri sante Lage bis 1803 an. W ährend der frühen B auernerhebungen von 1497— 1502 zählte K etsch und der ganze Umkreis von Schw et zingen zu r U nruhezone des B ruhrains29). Im Jah re 1502 w ird dem Bischof von Speyer der A ufruhr von Bauern von diesseits des R hei nes gem eldet, w om it E inw ohner von A ltlußheim und Insultheim gem eint w aren. L etzte res gehörte wie der A ngelhof als Stabhalterei zu r G erichtsgem einde Ketsch und w urde in der badischen Zeit H ockenheim angeglie d ert30). Lußheim und Ketsch m ußten einen Schatzungsbeitrag zu r D eckung der Schäden leisten, die w ährend dieser dem Bauernkrieg vorausgegangenen U nruhen entstanden sind31). In dieser von N o t und Fron des Bauernstan des gekennzeichneten G eschichtsphase lebte d er Enderle von Ketsch. E r ist von 1558— 1583 Schultheiß, 1586 Fährm eister32) und verkörpert als Z entralfigur eines reichen Sagenstoffes, v o r allem in der volkstüm lich dörflichen Fassung, die in Ketsch, Schw et zingen und H eidelberg handelt, den Frei heitswillen des geknechteten Bauernvolkes gegen feudale W illkür. Parallel hierzu haben sich U rform en gebildet, die in den m ysteri ösen und m ythenhaften „W undergesprä chen“ des Z isterzienser-M önches Caesarius aus dem K loster H eisterbach im Siebenge birge w urzeln. Diese U rbilder pflanzen sich über Professor Jungnitz, die Freiherren von Gem m ingen, über M erian u .a. als W an d er sage fort, ehe sie in Scheffels G edicht „Das Lied vom Enderle von K etsch“ die däm oni sche und m eerverbundene V erw andtschaft mit dem Fliegenden H o llän d er eingeht. D er m ythenhafte Sagenkreis ist es auch, von dem das G esam tszenarium dieser vielschichtigen V olksüberlieferung einen deutschen und eu ropäischen Rahm en erhält. Bis lange nach dem D reißigjährigen Krieg, w ährend dem Ketsch durch seine Z ugehörig keit zum katholischen H ochstift Speyer eine exponierte Lage an der G renze der p ro te stantisch regierten K urpfalz einnahm , sta gnierte die Entw icklung des Dorfes. 1695, w ährend des O rleanschen Krieges, verfolgt M arkgraf Ludw ig W ilhelm von Baden, der „T ürkenlouis“, m it seiner Arm ee ein fran zö sisches H eer, um es beim Ü bergang bei Ketsch zu vernichten. D ie Franzosen voll führten aber ein T äuschungsm anöver und entw ichen in die Festung M annheim 33). Erst nach 1700 entstand an der H ockenheim er Straße um das G asthaus „Zum Pflug“ ein aus w enigen H äu sern bestehender O rtsteil, der w egen seiner abseitigen Schw erpunktbildung „O berdo rf“ geheißen wurde. Das 18. Jah rh u n d ert drü ck t d er Lokalhistorie den Stempel von kriegerischen D rangsalen, Franzoseneinfällen, E inquartierungen, T eu e rungen, H olzknappheit, hoher Sterblichkeit u.a. U nbilden auf. Im Jahre 1730, als das H o fg u t K etsch aus 11 T eilgütern zu je 100 M orgen A nbaufläche bestand, die von 28 erblichen H ofbauern bew irtschaftet w urde, 141 lebten 295 Seelen im O rt, davon 43 auf dem Angelhof. 262 Bew ohner w aren katholisch. A ußerdem lebten 27 Juden und 6 A nders gläubige hier34). Es w urden 17 T aufen, 7 Eheschließungen und 15 Beerdigungen re gistriert. Im Jahre 1732 verhielt sich die Zahl der T aufen und der Sterbefälle 17:18. Die katastrophalen Zeitverhältnisse spiegeln sich jedoch in den Standesziffern der Jahre 1756 und 1794 w ider34), in w elchen den 18 bzw. 16 T aufen :2 und 1 Eheschließungen :42 und 59 Begräbnisse gegenüberstehen. Um 1800 bew ohnten 80 Familien, das w aren 437 Ein w ohner, Insultheim und A ngelhof mit einge schlossen, 75 H äuser36). Französische Revolutionsheere und die A ra N apoleons veränderten teilweise sehr ein schneidend das politische K artenbild E u ro pas und D eutschlands. Dies w irkte sich in ganz besonderem M aße auf solche Rheinge meinden wie Ketsch aus, das durch die im Frieden von Luneville 1801 besiegelte A btre tung des linken Rheinufers an Frankreich zu einer G renzstation an der R eichsdem arka tionslinie w urde. Im Zuge der Säkularisa tionsphase von 1802/03 w urde Ketsch dem G roßherzogtum Baden angegliedert und dem G roßherzoglichen Bezirksam t Schw et zingen unterstellt. D enkw ürdig an dieser von französischer M ilitärm acht diktierten Zäsur, der nicht nur die w eltgeistlichen Gebiete, sondern auch K urpfalz zum O pfer fielen, ist die U m kehrung der G renzlage von Ketsch, denn der Ö ffnung nach O sten stand die d ro hende Zem entierung nach W esten gegen über. D er badische Zollstock an der Ketscher Fähranlegestelle hatte sein P endant am W estufer des Rheinbogens, an dem französi sche G renzgardisten ein Zollhäuschen, das je tzt noch bestehende Försterhaus, errichte ten37). D er Flurnam e Franzosenbuckel erin nert an schanzenartige A bsperrungen, die zu r dam aligen Z eit am Fährw eg auf der K et scher Rheininsel bestanden. Aus dem ehem a ligen, oft problem geladenen G renzanrainer verhältnis zwischen Schw etzingen und Ketsch ist durch diesen W andel in der G e 142 schichte eine gem einsame badische Landes zugehörigkeit gew orden. Für die Bevölkerung von Ketsch bestand in des w enig G rund zum Jubel über diese Ein vernahm e des D orfes durch das H errsch er haus Baden, denn das U ntertanenverhältnis blieb vorerst bestehen. D aran änderte auch die form aljuristische und zu späte A bschaf fung der Leibeigenschaft nicht viel. Zwei M aßnahm en m ögen hauptsächlich zu erken nen geben, daß einige unm ittelbare Eingriffe sogar eine gewisse A bneigung gegen den neuen Staat heraufbeschw oren. Zum einen erhitzte eine nicht gerechte und schlichtweg als m anipuliert em pfundene G em arkungsein teilung die G em üter der vom bäuerlichen E r w erb abhängigen G em eindebew ohner. Ein G roßteil der vormals hochstiftlich-speyerischen N iederungsfläche, westlich und süd lich der K etschau, mit Insultheim und A ngel hof, w ar nämlich H ockenheim zugesprochen w orden. K etsch als Gebiets- und N u tzu n g s gem einde des alten Arariums m it vorerblich einzustufenden A nw artschaften, w urde auf eine Rum pf- o der Schrum pfgem arkung von etwa 700 —750 ha zurückgedrängt, im V er gleich zu H ockenheim , dessen Bodenfläche durch die Reform auf 3485 ha anwuchs. W ahrscheinlich resultiert daraus eine V er stim m ung zwischen Gem einde und Bezirks behörde, die in etlichen Ü berlieferungen ih ren N iederschlag fand38). N achteilig w irkte sich die A ngliederung des O rtes an das G roßherzogtum Baden auch hinsichtlich der A ushebung von kriegstaugli chen M ännern aus, die bis 1813 als Rheinbündler und „W affenbrüder“ N apoleons und danach als V erbündete der deutschen und al liierten T ruppen an verschiedenen Feldzügen teilnahm en. 7 junge M änner aus Ketsch n ah men 1812 am R ußland-Feldzug N apoleons teil, von denen 2 als verm ißt gelten. A ußer dem erhielten 20 V eteranen die von G ro ß herzog Leopold 1830 gestiftete Felddienst auszeichnung39). Das D o rf w ar im V erlauf der N apoleonischen K riege durch starke E inquartierungen, K riegsfron, Kriegssteuer, D urchm ärsche, K ontributionen u. ä. von Freund und Feind sehr bedrängt. W ie der R enovationsplan vom Jahre 1812 zeigt, w a ren bis dahin etwa 10 Anwesen entlang der D orfstraße nach Schw etzingen neu erstellt w orden. N ach der Rückgew innung des lin ken Rheinufers bildete der Strom die G renze zw ischen dem K önigreich Bayern und dem G roßherzogtum Baden. K etsch blieb noch eine W eile Zollstation. D ie drei Abschnitte der T ulla’schen R heinkorrektion in unserem Raum : der „A ngelhöfer D urchstich“, der „O tterstadter D urchstich“ und der „K etscher D urchstich“ am K oller w urden in den Jahren 1826— 1833 in A ngriff genom m en40). D er m ittlere Teil des Regulierungsbereichs betraf den O tterstad ter G em eindew ald und die di rek t an Ketsch vorbeiführende „A ltrhein krüm m e“. 1846 w urde der zu r Insel gew or dene R heinw alddistrikt, heute bekannt als K etscher Rheininsel, unter die polizeiliche und gem arkungsrechtliche O b h u t der G e meinde gestellt. U m die gleiche Z eit etwa löste sich die G e meinde durch Z ahlung von hohen Beträgen aus der Jagdfron und aus d er Zehntpflichtigkeit. D ie A llodifikation der in 44 „G ebäu“ ( = Bauäcker, Bauhof — E rbhof — Schreib weise in A kten!) zerfallenen E rbhöfe erfor derte für die d arau f lastenden G ülten41) die A blösesumme von 12 328 G ulden 45 K reu zer, die von den H ofbauernerben im V er hältnis ihres Anteils aufgebracht w erden mußte. D am it w ar dann auch die endgültige A uflösung des ursprünglich als unteilbar er klärten Fronhofes besiegelt. In den badischen 143 R evolutionsjahren 1848/49 haben sich auch hier einige Bürger den Freischaren unter H ecker angeschlossen, die sich nach der ver lorenen Schlacht bei W aghäusel vor den P reußen verstecken m ußten. Zu den M erk punkten, welche die E igenart der örtlichen Entw icklung charakterisieren, zählt die E nt stehung der N eugasse vor der M itte des 19. Jahrhunderts. D am it und mit der zw i schen 1850 und 1875 einsetzenden O rtser w eiterung um die vier R heinstraßen w ar das Ende des alten S traßendorfes gekom m en. D ie H äuserzeilen w uchsen von nun an auch haufenförm ig in die Breite. 1840 lebten 880 E inw ohner im O rt, von denen 850 katholi scher, 3 evangelischer und 27 israelitischer K onfession w aren. Im Jahre 1853 w aren so gar 8 israelitische Familien mit 44 Seelen an sässig. Ketsch w ird als jüdische U rgem einde bezeichnet und hatte bis 1938 eine eigene Synagoge. W ährend um 1825/33 die ersten D am pf schiffe Ketsch passierten, um M itreisende aufzunehm en, griff die R heinbegradigung mit der V erlegung der Fähre nach Brühl tief in die S truktur des D orfes am Strom ein. U r alten Berufen, wie die des Schiffsreiters, der T reidler und G oldw äscher, w urde der Boden entzogen und die reichen Salm enfanggründe hörten auf zu bestehen. Ende der 1850er Jahre w urde unter großen O pfern der G e meinde die M ündung der K raich an den K et scher A ltrhein verlegt, der Rheindam m (bis A ltlußheim) ausgebaut, verstärkt und befahr bar gem acht. D ie bescheidenen Verhältnisse in dem klei nen finanzschw achen D o rf ließen erst 1705 den Bau eines H irtenhauses42) zu, in dem die „W interschule“ abgehalten w urde. Ein ei gentliches Schulgebäude mit zwei U n ter richtsräum en w urde 1839/40 errichtet. Bis dahin diente das alte G em eindehaus als E r satz für das fehlende Schulhaus. In diesem V orgängeranw esen des Rathauses befand sich auch die G erichtsstube, ehe 1858 ein massives, zweistöckiges V erw altungsgebäude erstellt w erden konnte. 1895 erfolgte schließ 144 lich die erste Baustufe der heutigen G ru n d schule in d er Schulstraße. Insgesam t 47 K etscher E inw ohner w aren im D eutsch-französischen K rieg 1870/71 einge zogen. D avon standen 42 im Feldeinsatz. In folge der industriellen Entw icklung im R h ein-N eckar-R aum stieg die E inw ohner zahl auf 1808 an. D er im Familienkreis und meist neben der Landw irtschaft ausgeübte Leinew eberberuf mit seiner Spinnstubenat m osphäre w ar gerade eingegangen. D afür brachte das reiche A ngebot an W eidenge w ächsen in den R heinauen das für Ketsch frü h er typische K orbm acherhandw erk her vor. Anstelle der einstigen Fähre schwang sich ab 1890 eine rom antische H olzpfeiler brücke über den A ltrhein zum V erlandungs sporn der Rheininsel hinüber. Ein recht denkw ürdiges Ereignis43) stellte sich im Jahre 1896 ein, als durch staatliche V erordnung die vorher z u r Sondergem arkung O ftersheim gehörenden Flurbezirke K arl-Ludw ig-See, G rießhardt, B rühlerhardt, Z entm ayershardt, Seeäcker, T aläcker in die K etscher G em ar kung integriert w urden, w odurch das histo risch bedingte schmale K orsett an der „Taille“ des O rtsgebietes endlich, als eine A rt von W iedergutm achung, d er an Ein bußen reichen V ergangenheit angehörte. Seitdem um faßt die G em arkungsfläche 1652,46 ha. Bis 1900 ist der O rt auf 2349 E inw ohner an gewachsen. Zwei M änner aus d er G em einde sind im gleichen Ja h r bei der N iederw erfung des Boxeraufstandes in C hina beteiligt. 1904 fällt ein Bürgersohn im dam aligen D eutschSüdwestafrika. 1904/06 w urde die jetzige St. Sebastianskirche der kathol. K irchenge m einde erbaut. M it dem Strom anschluß im Jahre 1910 erhält Ketsch eine S traßenbahn verbindung nach Schw etzingen, die 1938 w ieder eingestellt w ird. V on 1912 bis 1966 besteht eine N ebenbahn über Brühl nach M annheim -R heinau. Die E rrichtung des W asserw erks und die V erlegung der ersten W asserleitungen fallen in die Jahre 1912/14. Aus dem 1. W eltkrieg kehrten 91 V äter und Söhne nicht m ehr heim. 1932 kam es zw i schen opponierenden Bürgergruppen und N S-K am pfstaffeln zu einer gefährlichen Rauferei, die als „K etscher Saalschlacht“ A ufsehen erregte. D er 2. W eltkrieg forderte un ter der Einw ohnerschaft 177 T o te und V erm ißte und hinterließ 255 zerstörte oder beschädigte G ebäude durch Luftangriffe und A rtilleriebeschuß. Am 30. 3. 1945 w urde Ketsch nach kurzem G efecht von U S-Streitkräften besetzt. Staatspolitische G renzfragen, durch die das G em eindeland von Ketsch vornehm lich ge präg t w urde, tauchten erst w ieder 1919 auf, als die Provinznachbarn westlich der K et scher N eurheinstrecke „R heinpfälzer“ und später „S aarpfälzer“ hießen. D ie G ründung des Bundeslandes B aden-W ürttem berg 1952 h at an der strom seitigen G renzlage von Ketsch nichts geändert, nur w erden seitdem die vom „Talw eg“ geschiedenen U berrheiner „R heinland-Pfälzer“ genannt. D urch die Lage am R heinstrom w ird K etsch nicht nur p erm anent von der Landesgrenze, sondern auch von der westlichen A ußenlinie des K rei ses tangiert. D as w ar schon vor 1924 so, ehe das Bezirksam t Schw etzingen aufgelöst44) und mit dem Bezirksam t M annheim verei nigt w urde. A uch im 1939 entstandenen Landkreis M annheim , mit seiner späteren U nterteilung „Südbezirk“, behielt K etsch sei nen westlichen A ußenposten bei. Selbst als im Ja h r 1973 der großräum igere R hein-N ekkar-K reis geschaffen w urde, blieb der O rt seiner traditionellen G renzlage am W estrand des Landes, des Kreises und des Bezirks treu. Infolge der starken Bautätigkeit nach 1949/50 h at sich der O rtsetter in R ichtung Schw et zingen bis zum Saum des K etscher W aldes, im Süden teilweise schon über die alte G e m arkungsscheide vorgeschoben. V on 5032 E inw ohnern im Jahre 1950 schnellte die Be völkerungszahl bis 1984 auf 12 245 hoch. M it dem Z uzug von E vakuierten45), V ertrie benen und W ahlbürgern nach dem Kriege h at sich das konfessionelle V erhältnis auf 60,5% K atholiken, 29,8% Evangelische und 9,6% Sonstige korrigiert. Im Jahre 1956 konnte die evangelische K irchengem einde ihr G otteshaus einweihen. 626 ausländische Personen w ohnten Ende 1984 in Ketsch. Das 1962 abgerissene R athaus w urde durch einen neuen V erw altungsbau ersetzt, d er 1981/82 eine E rw eiterung durch A ngliederung eines Flügeltraktes erfuhr. Als Beispiele der in der N achkriegszeit geschaffenen G em eindeein richtungen m ögen aufgezählt sein: 1 M eh r zw eckhalle (Rheinhalle), 1 Frei- und H allen bad, T otenhalle, N eu ro tt-H au p tsch u le, Realschule Brühl-K etsch, G roßkläranlage Bezirk Schw etzingen, M üllum schlagstation, Feuerw ehrhalle, G em eindebücherei, N eu rott-S porthalle u.a. Parallel zum R ückgang der meist ausgesie delten Landw irtschaft, der auch die V errin gerung der A nbauflächen von T ab ak und Spargeln zu r Folge hatte, ist in den letzten zwei Jah rzeh n ten eine intensiv betriebene Industrieansiedlung zu verzeichnen. D as Be rufsbild, welches um 1900/30 von kleinen und m ittleren Landw irtsbetrieben, von vielen nebentätigen Z w ergbauern und von meist ungelernten Fabrikarbeitern geprägt w ar, ist heutzutage breit gefächert und um faßt ein solides Spektrum bis hin zu höchsten Ausbil dungsstufen. D ie Sprache des Ketschers ist innerhalb des R heinfränkischen dem badisch-pfälzischen M undart-N ah b ereich zuzurechnen. Um die A usdrucksweise der O rtsbew ohner von Ketsch auf einen kurzen N en n er zu bringen, m uß man sie als melodiös und mit den tief gesprochenen V okalen „a“ ( = M äädle) und „o“ ( = Borjem önschta) sowie mit dem aus „o“ gebildeten D oppellaut „o u “ ( = K ouhle) vorstellen. D ie örtliche E igenart zeigt sich auch im U m gang mit vielen U z- und Bei nam en und in d er E rhaltung einiger m arkan ter V olksbräuche, wie beispielsweise O stereierschucken, K erw eabholen- und begraben, Rübenlichter, K inderspiel „Lubbat“ (Lupus) u. a. D en M enschenschlag zeichnet ein H an g zu r G eselligkeit und ein heiterer Lebenssinn aus. Diese T ugenden m anifestieren sich in ei 145 nem vielfältigen und regen V ereinsleben und im sprichw örtlichen Zusam m engehörigkeits gefühl. D araus erw ächst die vitale K raft, die im Schmelztiegel einer zu r G roßkom m une entfalteten und sich im m er w ieder erneuern den D orfgem einschaft, die ureigene W esens art bewahrt! Quellenverzeichnis ') K. W örn, Schw etzingen — lebendige Stadt u. a. Flußkarte nach M one 2) E berhard Geiser, Am O berrhein, 1960, V erlag Jaeger, Speyer 3) D r. R ößler, V o rtrag i. G eol.-Paläontol. Institut H eidelberg 4) Eug. Seyfried, H eim atgeschichte des A m tsbe zirks Schw etzingen 5) Badische Fundberichte 6) E. Brauch, H ockenheim er H eim atbuch (K. Baum ann, U rgeschichte v. M A, Sprater, G ruber) 7) Franz V olk, O ftersheim — ein D o rf und seine Geschichte 8) Bad. Fundber., D r. G ropengießer, Reißm useum M annheim , E inzelbericht m it Zeichnung 9) D r. R ößler, G eol.-Paläont. Institut H eidelberg; E. Brauch, H ockenheim er H eim atbuch 10) K. Baum ann, U rgesch. v. M annheim u. U m ge bung; E. Brauch, H ockenheim — Stadt im Aufund U m bruch; W agner, Funde und Fundstätten in Baden *’) Badische Fundberichte, Presseartikel 12) D r. E rnst W agner, Funde und Fundstätten in Baden, S. 199 13) Badische Fundberichte 14) D r. E. W agner, Funde und Fundstätten in Ba den, S. 199 15) K rieger, T opographisches W örterbuch von Ba den 16) Prof. C arlo Schm id, Festrede anläßlich der 1200 Jahrfeier von Schw etzingen 17) H erkunftsw örterbuch von D uden 18) Eug. Seyfried, H eim atgeschichte des A m tsbe zirks Schw etzingen, S. 290 19) D r. M ax. H uffschm idt, Z G O 5, 207; G ebrüder Grim m 146 20) M ax K o tte r e r t u. R e k to r in K etsch: O berdt. Flurnam enbuch 21) W ahrig, W örterbuch “ ) V erschiedene Lexikas 23) H istor. Atlas von B aden-W ürttem berg; G ru ber, V om O denw ald z u r H a a rd t 24) A uszug aus dem L orscher K odex; M itteilung Bayer. H auptstaatsarchiv M ünchen 25) Franz X av er Rem ling, U rkundenbuch der Bi schöfe von Speyer 26) Eug. Seyfried, H eim atgeschichte des A m tsbe zirks Schw etzingen 27) Eug. Seyfried, H eim atgeschichte des A m tsbe zirks Schw etzingen 2S) H istor. Atlas von B aden-W ürttem berg; Eug. Seyfried, H eim atgeschichte des A m tsbezirks Schw etzingen, S. 96; G ruber, V om O denw ald zur H a a rd t 29) H eim atatlas von Baden 1935 MP l) Eug. Seyfried, H eim atgeschichte des A m ts bezirks Schw etzingen, S. 97/308 32) Eug. Seyfried, dto.; D r. H uffschm idt, Z G O ; K om m ersbücher 33) Platz und Schulte, M ark g raf Ludwig W ilhelm von Baden 34) A kten des Gen.Land.-Archivs K arlsruhe: A b schrift, M . K otterer, R ektor 35) K irchenbücher der kathol. Pfarrei Ketsch 36) Eug. Seyfried, H eim atgeschichte des A m tsbe zirks Schw etzingen 37) A kten d. G en.Land.-A rchivs K arlsruhe 3S) E. B rauch, H ockenheim — Stadt im Auf- und U m bruch: Bestech. franz. G eneräle — E influß reichtum der A bgeordneten der 2. bad. Kam m er, Joh. G eorg Fuchs; M ündliche M itteilungen v. K. Familien 39) Badische V eteranenchronik 40) A kten des Gen.Land.-A rchivs K arlsruhe 41) A kten des G en.Land.-A rchivs K arlsruhe; Eug. Seyfried, Geschichte des A m tsbezirks Schw etzin gen 42) Eug. Seyfried, Geschichte der A m tsbezirks Schw etzingen 43) A kten des Gen.Land.-A rchivs K arlsruhe 44) K arl W örn, Schw etzingen — lebendige S tadt; E. B rauch, H ockenheim — Stadt im A uf- und U m bruch 45) Statistischer Jahresbericht 1984, N achrichten blatt — A m tsblatt d e r G em einde Ketsch Das Seckenheimer Ried und seine Riedgemeinde als Beispiel einer Weidegenossenschaft in der Rheinaue Hansjörg Probst, M annheim Vorbem erkung W enn w ir an die Geschichte der L andw irt schaft in der ehem aligen kurpfälzischen Rheinebene denken, m achen w ir uns meist ein zu einfaches Bild, indem w ir stillschwei gend voraussetzen, daß hier der Ackerbau seit jeher vorgeherrscht habe. In W irklichkeit ist diese Erscheinung erst relativ jungen D a tum s: das Ü bergew icht des A ckerbaus, vor allem des Anbaus von H andelsgew ächsen wie T abak, H opfen und M ais, ist eine Folge der Intensivierung der L andw irtschaft, die sich in der Ü berw indung der D reifelderdurch die Fruchtw echselw irtschaft in den Jahrzehnten um 1800 vollzog. Erst damals w urden die um fangreichen W iesen- und W eideflächen — besonders in der T alaue des Rheins — und große Teile des W eidewaldes gerodet und unter den Pflug genom m en: die in fast allen G em arkungen anzutreffenden „N e u ro tt“stücke. W ie zahlreiche Flurnam en erweisen (allein auf Seckenheim er und N eckarauer G em ar kung über 40), hatte in den Jahrhunderten des M ittelalters und der frühen N euzeit in unserer G egend die V iehzucht eine ebenso große B edeutung wie der A ckerbau, ja man kann im Bereich der T alaue des Rheins und des N eckardeltas geradezu von einer G rü n landw irtschaft sprechen, w enn m an von den A uw äldern im Ü berschw em m ungsbereich absieht. So haben alle G em arkungen der al ten O rtschaften in der vordersten Reihe links und rechts des Rheins an beiden L and schaftsform en Anteil: der O rtsetter liegt auf d er N iederterrasse (Ausnahmen sind N ek- karau und M annheim ), in d er Z one des vor w iegenden A ckerbaus, w ährend die G em ar kung im m er auch das Ried um faßt, den Be reich der vorherrschenden W eidew irtschaft. So ist es linksrheinisch bei Speyer, O tte r stadt, W alzheim /W aldsee, N euhofen, Rhein gönheim und rechtsrheinisch bei Hockenheim , Ketsch, Schwetzingen, Brühl-Rohrheim /-hof, Edingen und Seckenheim. M anchmal ist sogar das jeweilige Ried von der H auptgem arkung räumlich getrennt wie bei Schwetzingen und Edingen. Auf G rund einer guten Quellenlage ist die Geschichte des Seckenheimer Riedes darzustellen, die für die A rt der Riedbewirt schaftung exemplarisch sein dürfte für ähnlich strukturierte Gemeinden, darunter auch Schwetzingen. D ie topographischen Verhältnisse und Rheindurchbruch von 1590 der Die überdurchschnittlich große Seckenheimer Altgemarkung (rund 3000 ha) reichte vom N eckar gegenüber Ilvesheim bis an den Rhein gegenüber Neuhofen. Sie umfaßte somit nicht nur Ackerland auf dem Neckarschwemmkegel und einen großen Bereich der bewaldeten D ü nenlandschaft der Niederterrasse, sondern auch einen beachtlichen Teil des Riedes von rund 950— 1000 M orgen (300 — 320 ha). Das gesamte Seckenheimer Ried w ar durch den „Sandrain“, der gegenüber dem „Altriper Eck“, einer spitzwinkligen gefährlichen Rhein kehre, den „Sandberg“ bildete, scharf von der übrigen Gem arkung gesondert; es reichte über 147 „Ausschnitt aus der Karte des Rheinlaufs v o n 1580“ Diese alte Rheinkarte (G LA 77/5713) ist ein Produkt der regelmäßigen Rheinbefah rungen. D er Ausschnitt zeigt: die Ortschaften Walzheim/Waldsee, N eu hofen und A ltrip m it der großen Rheinschlinge um „das Seckheimer R h ie t“. A n dem zum R ied gehörigen Inseln Großer und K leiner Eiserwörth (Äußer-) ist ein „Salmen g rundt“verzeich net, bei A ltrip der R hein übergang, „das fh a r“. W eiher, G räben und Seitenarme hinweg bis zum offenen Strom, der das hintere Seckenheimer Ried in einer immer enger werdenden Schlinge von Süden kommend westlich und nördlich beinahe vollständig umfloß. N u r ge gen Rohrhof zu setzte sich das Ried ohne na türliche Begrenzung nach Süden hin fort. Dieses gesamte Ried zerfiel in drei ungleiche Teile: das obere, das vordere und das hintere Ried, vom Seckenheimer O rtsetter aus gese hen. In unserem Zusam menhang interessiert das hintere Ried, das bis ins ausgehende 19. Jahrhundert, als es schon lange links des Rhei nes lag und schon 100 Jahre nicht m ehr zu Seckenheim gehörte, als „Seckenheimer Ried“ bezeichnet wurde. Es hatte ursprünglich also die Gestalt einer Halbinsel von rund 550 M or gen Umfang, bis ein wahrscheinlich künstlich herbeigeführter Rheindurchbruch im letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts diesen w ert vollsten hinteren Teil des Riedes auf die linke Rheinseite versetzte. Ü ber das genaue D atum dieses spektakulären Ereignisses sind wir zwar nicht unterrichtet, wohl aber über seinen Ab lauf. D er Pfälzer K urfürst ließ in unregelmäßi gem Abstand Rheinbefahrungen von Selz bis 148 Caub durchführen, um seine Hoheitsrechte über den Rhein festzustellen und V eränderun gen am Strom aufzunehmen. Ü ber diese Rheinbefahrungen wurden Protokolle verfer tigt. Im Protokoll von 1575 heißt es vom Sekkenheimer Ried: „Vnden baß (mehr) herab ufm Seckenheimer Ried gegenüber N euhöfer w erth Ist der Rhein so nahe beyeinnand, daz man darfür halt, daß er diß jarß wol zusamen zubringen, dieweil der Platz darzwischen über 70 Ruten (290 m) nit braidt; durch solches w ürde nit allein die beide gemeinden Newhof(en) vnd Altrip bey Iren gütern vnd gem arkungen verbleiben, sondern es würde auch die grasse (starke) Krümme deß Rheins abgeschafft vnd ein herrlich groß Altwasser. D ann der Rhein, wie er Jetzt ist vnd fleusst (fließt), In N ew hofer feldern merklichen scha den thut, vnd nach außgang derselben gemarkung durch Altrip . . . vnd alßdan dem D orf N eckerauw, Schloß vnd dorf M anheim vnd Rheinhausen großen schaden zufügt . . ( 7 7 / 5712) D a die G efahr eines unkontrollierten D urch bruchs zu groß erschien, empfahl die Rhein kommission im Jahre 1580 die D urchschro tung der 290 m. D er D urchbruch muß dann zwischen den Befahrungen von 1580 und 1590 geschehen sein; denn 1590 w urde festgestellt: .. Vorbemeltes Seckenheimer riedt ist nun m ehr an dem ort, wie in voriger alten Beschrei bung angedeutet w orden, durchgebrochen, also daz der volle Rhein seinen lauf stracks durch hat; vnd gibt die Krümme nunm ehr ein herrlich gut altwasser . . ( 7 7 / 5 7 1 1 S. 43) U m auf den abgetrennten Gemarkungsteil zu kommen, w urde den Seckenheimern eine Fähre, „das Seckenheimer Riedt fahr“ (77/5711 S. 124 v. 1607), genehmigt, die dem lokalen V erkehr diente und vom Riedschütz betrieben wurde. Im 30jährigen Krieg w urde sie weggeschleppt. N ach der Schwedenzeit w urde die Riedfähre wieder hergestellt, von der es 1636 heißt: „H anß Göllner (der Alt schultheiß) hat 6 fl zu dem Fahr nach Riedt gelihen“ (StA M a, Abschrift aus dem verlore nen W ehrbuch). Die alte Gemarkungsgrenze — nunm ehr im V erlauf des neuentstandenen Altrheins — blieb erhalten bis zum U ntergang der Kurpfalz in den Revolutionskriegen; mit der Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich 1797/1801 gingen auch die linksrheinischen Gemarkungsteile rechtsrheinischer Gemeinden verloren: die M annheim er Rheinschanze und das Seckenheimer hintere Ried. Die Gemar kungshoheit über das letztere fiel an Altrip. Herrschafts- und Rechtsverhältnisse auf dem hinteren Ried D er älteste greifbare Rechtstitel ist die Lehns herrschaft des Bischofs von Speyer über das hintere Ried, die wahrscheinlich vom König als dem H errn des Rheines stammte. Die Bi schöfe verlehnten das Ried an den Adel, seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert an die Jun ker von Handschuhsheim. In 22 Belehnungs urkunden, die aus den Jahren 1405 bis 1589 (GLA 183 und 184) erhalten sind, w ird den H erren von Handschuhsheim die niedere G e richtsbarkeit über das hintere Ried verlehnt und das Recht auf G ült und Fischfang. 1479 w ird das Lehen um „den Salmengrund“ und „den golt grünt“ — Lachsfang und G oldw ä scherei erweitert (GLA, 183, 1479, Feb. 2.). Dieses Lehnsverhältnis ist älter als die pfälzi sche H errschaft, denn die Pfalz versuchte am Rhein, alle konkurrierenden H oheitsrechte zu verdrängen. Die Junker von Handschuhsheim ihrerseits ga ben das Lehen an die Seckenheimer H ubge nossenschaft oder Riedgemeinde weiter; doch umfaßte dieses Lehen offensichtlich nur einen Teil des hinteren Riedes, das nach den V er messungen 1685 (GLA 43/233/1685 Sept. 29) und 1779 (GLA 229/96615) folgendermaßen aufgeteilt war: 226 M orgen 3 Viertel und 17 Ruten Seckenheimer Privateigentum, 87 M orgen und 18 Ruten Allmend im Besitz des Riedschützen und 207 M orgen 2 Viertel und 39 Ruten den „48 Stämmen der H interen Riedtgemeinde von Seckenheim.“ Das ganze Ried umfaßte also am Ende des 18. Jahrhunderts 521 M orgen 2 Viertel und 34 Ruten neuen Maßes. Die 87 M Allmend und die 221 M Einzeleigentum waren von Lehns ansprüchen frei. D arüber hinaus scheint die „Riedgemeinde der 48 H übner oder Stämme“ auch gegenüber den Lehnsherren ein älteres Recht gehabt zu haben; denn eine der frühe sten U rkunden zur Seckenheimer Geschichte überhaupt ist ein Urteil des Hubgerichts aus dem Jahre 1274, das in seinem T en o r auf ei nen noch früheren Urteilsspruch desselben G e richts verweist. D urch diesen angezogenen Spruch hatte das Kloster Schönau Ländereien im Bereich des hinteren Riedes und damit un ter der Gerichtsbarkeit des Hubgerichts, die ihm offenkundig lästig war, gegen Wiesen im vorderen Ried getauscht. Recht sprachen die „mansionarii in Sickenheim — die H ubgenos sen in Seckenheim“ unter dem V orsitz ihres Schultheißen Diemar. Ein Lehnsherr w ar ent gegen den Vorschriften des 200 Jahre jünge ren Weistums von 1481 damals nicht beteiligt. Offensichtlich w aren also im 13. Jahrhundert 149 0_______ 1________ 1________3_______ 4 km Karten des alten und neuen Zustandes noch viele ältere gemeindliche und genossen schaftliche Rechtsverhältnisse von der Feudali sierung frei. Auf diese wichtige und bisher zu wenig beachtete Tatsache (vgl. auch die For schungen von Blickle) verweist auch das auf fällige Vorgehen der Pfalzgrafen, die sich bei 150 ihrer territorialen Ausbreitung im unteren N eckarraum gerade im 13. Jahrhundert in er ster Linie der dörflichen Amtsträger wie Schult heißen und Gerichte bedienen. Diese erschei nen als Partner und Zeugen von Rechtsge schäften. W eitere Hinweise auf das hohe Al ter, ja die Ursprünglichkeit der Seckenheimer Riedgemeinde liegen einmal in der Bezeich nung „die Seckenheimer“ wenn von der Ried gemeinde die Rede ist, und zum anderen im D atum des Richtspruchs: das H ubgericht tagte damals am St. Veitstag, dem 15. 6. 1274: N ach dem Weistum von 1481 hatte das Gericht all jährlich am Mittwoch nach Pfingsten zu tagen. Schließlich zeigt sich die Schwäche der Lehns herrschaft über das Seckenheimer Ried auch darin, daß nach dem Aussterben der H andschuhsheimer im Jahre 1599 keine Belehnung m ehr durch den Speyerer Bischof stattfand. Die Riedgemeinde zahlte lediglich „alljährlich auf St. Lucastag (18. O ktober) einen gewissen grundtzinß“ (GLA 229/56570) an den Bischof von Speyer, der 1620 20 Pfennige betrug, w o bei allerdings unklar ist, ob jeder der 48 H üb ner diesen Betrag zahlte oder die Riedge meinde insgesamt (GLA 66/7975). Die Hubgenossenschaft selbst w urde ur sprünglich von H übnern gebildet, die jeweils einem Los oder Stamm entsprachen. Später konnte ein Stamm von mehreren Personen oder mehrere Lose von einer Person gehalten werden. An der Spitze der Riedgemeinde stand der Riedschultheiß oder -Bürgermeister, der die Lose vergab und dem H ubgericht vor saß. Die Polizei- und Aufsichtsgewalt hatte der Riedschütz, der auf dem Ried im Riedhof — heute der „alte R iedhof“ auf A ltriper G e m arkung — wohnte und dem neben seinem Los in der Riedgemeinde die 87 M orgen Allmende zustanden. Riedschultheiß und Riedschütz hatten auch Aufsichts- und Weisungsbefugnis gegenüber den privaten G rundbesitzern auf dem hinteren Ried, so daß man geradezu von einer Gemeinde in der Gemeinde sprechen kann. Zwei Listen der 48 Stämme sind erhal ten; die ältere stammt aus dem Jahre 1705, die jüngere von 1786 (STA M a N achlaß Wolber). Zwischen 1705 und 1786 sind nur fünf Lose in derselben Familie geblieben, nämlich die N um m ern 4, 5, 17, 19 und 44. D as Hubweistum vom 12. Mai 1481 Dieses Weistum ist 1979 von Karl Kollnig in „Die W eistümer der Kirchheimer Z ent“ unter der N um m er 202 auf Seite 233 abgedruckt worden. Diese textkritische Ausgabe beruht auf drei erhaltenen Abschriften des Weistums, die in den Seckenheimer O rtsakten des G ene rallandesarchivs vorliegen. Die älteste Ab schrift stammt aus dem Jahre 1627 (229/22495). In ihr ist die altertümliche Sprachgestalt des 15. Jahrhunderts an einigen Stellen verderbt, wie ein Vergleich mit dem im Original erhaltenen Edinger Hubweistum von 1484 ergibt. Dieses Edinger W eistum gibt auch inhaltlich ergänzenden Einblick (Kollnig, a .a.O . Nr. 34, S. 55ff.). 1) Gebot und Verbot [1.] Eß w eißet der hübner zue Seckhenheimb uff der Grüben die junkern von H endtschüßheim faute und herren mit gebott und verbott in dem Seckhenheimer Riedt. U nd w aß da gefrevelt würd, das haben die junkern zu straffen ohne totschläg, die gehören unserem gnädig sten churfürsten und herren zu. D ie W eisung (Rechtsspruch) des Hubgerichts geschieht „auf der G rube zu Seckenheim“. D am it ist der tiefliegende Anger — die heuti gen „Planken“ gemeint, die ursprünglich einen alten N eckararm darstellen, was ihre unge wöhnliche Breite erklärt. In diesem trockenge fallenen Flußarm stand auch das „Spielhaus“ (1463), das spätere Rathaus, wahrscheinlich ein Fachwerkbau mit offenem Untergeschoß, zwischen den einzelnen Ortsteilen, die auf Neckarinseln lagen, z. B. der „W örth“, der wegen seiner langgestreckten Form H unsrück genannt w urde und noch wird. In der Arena der trockenen G rube konnte die Versammlung der 48 H übner bequem abgehalten werden. Die immer wieder bei H ochw asser von der Schachtel her überschwemmte G rube w ar da durch häufig mit U nrat gefüllt, was noch im 18. Jahrhundert beklagt wurde. Erst mit dem Bau der Chaussee H eidelberg-M annheim, die an dieser Stelle durch Seckenheim führte, 151 ( if'O M i i f f b O I , , c ; R l SD K l> flhr%u M'ijnhmr,h. yr.(Kt:MiKi\\tJliMKH,.RiKi) ibtnnMkfyj'yjthiiktyiitokwitl»fi/n Autytmtinh m m ium thm ndutithtm 'm gflkttttndhurM at^/i. " ‘ \Jplttifn.thm i<htm(mtoM mto* ____________ ■t-M. Riedkarte aus dem Jahre 1782 (G LA H/Seckenheim 4). Deutlich zu erkennen ist das Eigentum der 48 und die privaten Wiesen. Auch die N utzung ist ablesbar: W iesenland innerhalb und A uw älder außerhalb der Deiche. Die Karte ist gesüdet. w urde die Grube endgültig trockengelegt, in dem man sie mit Kies auffüllte. D er H übner meint hier nicht einen einzelnen Hubgenossen, sondern das Hubgericht; weisen heißt Recht sprechen oder das Recht verkünden. Das G e w ohnheitsrecht der W eistümer w urde jedes Jahr auf dem H ubgericht öffentlich vorgelesen und neu beschworen. Die Junker von H an d schuhsheim hatten die niedere Gerichtsbarkeit „G ebot und V erbot“ ; sie hatten die „Frevel“ — geringere Vergehen zu bestrafen. Die Kapi talgerichtsbarkeit stand dem Landesherren zu. Dessen Bezeichnung als K urfürst zeigt übri gens, daß das Weistum beim jährlichen Lesen modernisiert w urde; denn im 15. Jahrhundert w ar die gängige Bezeichnung des Pfälzer Lan desherrn H erzog oder Pfalzgraf oder einfach gnädiger H err. 2) Dingpflicht [2.] Item es soll ein jeglicher hübner gehorsam sein ongepotten uf mitwoch nach dem h. 152 Pfingstag alten calenders zu sein uff der G ru ben zu Seckhenheim. T u t er daß nit, so hat er ein wayd verloren, daß ist fünfthalb untz fünf alb. fünf d. D aß w ürd dem herren des gerichts. A uch d er H inw eis auf den alten K alender ist ein Zeugnis für die M odernisierung des T ex tes; denn die K alenderreform durch Papst G reg o r X III. geschah im Jahre 1582, w ar aber von der reform ierten Pfalz nicht einge führt w orden. Die E inführung erfolgte erst, nachdem die Pfalz im 30jährigen Krieg an Bayern gefallen w ar; nach 1650 w urde sie w ieder rückgängig gem acht. U ngebotenes Erscheinen bedeutet, daß die H ü b n er ohne besondere A ufforderung zum G erichtstag er scheinen müssen, auf dem alle Frevel geahn det w erden, die im Lauf eines Jahres auf dem Ried vorgekom m en sind. Erscheint einer nicht, dann hat er den H erren des Gerichts, den Junkern von H andschuhsheim , eine G eldstrafe von 4 V 2 U nzen (die fünfte halb) o d er 5 Albus o d er 5 D enare-P fennige zu zahlen. In diesen altertüm lichen Angaben h a ben w ir auch einen Beweis, daß die m ündli che Ü berlieferung des W eistums über das 13. Ja h rh u n d ert hinaus reichen m uß; denn eine U nze w ar der 8. T eil einer K ölner M ark von 220 gr ungem ünztem Silber, hatte also 26 gr Bruchsilber. D as Rechnen mit ungem ünztem Silber nach G ew icht herrschte in unserem Raum um 1100 vor. D er Albus oder W eiß(Silber)pfennig w ar eine M ünze aus dem 14. Jahrhundert, als sich der Rheinische G ulden als die gem einsame W ährung der vier rheinischen K urfürsten durchgesetzt hatte in folgender Stückelung: 1 fl = 15 Bat zen = 26 alb, eine zw eite häufige Stücke lung des G uldens w ar: 1 fl = 20 Schilling/ß = 240 D enare/d(P fennige). Es ist also leicht erkenntlich, daß 1 alb fast zehnm al soviel w ar wie 1 d. Dasselbe gilt für das V erhältnis U nze zu Albus. D as bedeutet, daß schon im 15. Jahrh u n d ert eine große reale V erm inde rung der A bgaben eingetreten w ar, da man nicht um rechnete, sondern die absoluten Zahlen eingehalten w urden. 3) Wiesenzinsen [3.] Item hat einer ein m annßm at w iesen, das zinst einen heller, zw ey auch einen heller, so sie in einer hand seint, drey m annßm at zwen heller, vier m annßm at auch zw en heller. U nd w er sein zinß nit gibt uff obgenannten tag bei dem claren Sonnenscheinen, der hat daß graß verloren ohn der herren gnad daß jahrs. K om bt er in dem ändern jah r und bringt sei nen zw eyfeltigen zinß vor gericht, so kom bt er seinem graß und boden zu hülf. T u t er daß aber nit, so hat er daß graß aber verloren ohne der herren gnad. K om bt er an dem d rit ten jah r und pringt seinen dreyfeltigen zinß v o r gericht, so kom bt er seinem graß und bo den zu hülf. T u t er daß nit, so hat er daß graß und boden m iteinander verloren und w ürd den herren des gerichts. D er H eller w ar der Pfennig der M ünzstätte Schwäbisch H all und w urde ebenfalls nach P funden gerechnet. D ie H ellerw ährung w ar im 15. Jah rh u n d ert die gängigste, doch w ar der W ert des H ellers so gesunken, daß man ihn nur noch als die H älfte des Pfennigs an sah. Es galt die Stückelung: 1 P fund H eller = 20 ß hlr = 240 hlr. 1 R heinischer G ulden entsprach also 2 Pfd hlr. N ach der Reichs m ünzordnung von 1563 galt 1 Reichstaler = 1 fl = 15 Batzen = 60 K re u ze r/x = 240 d = 480 hlr. D araus ergibt sich der geringe W ert des W iesenzinses im 17. Jah rh u n d ert W iesen w urden in M annsm ahd gemessen = was ein M ann am M o rg en /T a g mäht. Eine M annsm ahd w ar rund 1 V 2 M orgen also rund 45 ar. Für knapp einen ha W iesen m ußte ein H eller und für 2 ha W iesen 2 H el ler Zins gezahlt w erden: eine lächerliche Summe. D er Zins w ar am G erichtstag bei Tageslicht fällig. Bei Z ahlungsverzug verliert der H ü b n er sein H eu , es sei denn die H erren lassen G nade walten. Bei dreim aligem V er zug verliert er seinen Stamm und scheidet dam it aus der H ubgenossenschaft aus. 4 und 5) Erbschilling und Allmendrecht. [4.] W elche güeter sich veränderen, der gibt ein jedw eiderer erb drey Schilling heller, auch w elcher gelobt auch drei Schilling hel ler, die hören zu dem hübner. [5.] A uch w an man die almen außgeben will, so soll man keinem geben, er habe dann ein m annßm at wiesen in der allmen und habe ein jah r zu Seckhenheim rauch gehalten. Item geben sie keinem priester o d er wittib nichts in der allmen. Z uerst ist hier die V eränderung der G üter durch T odesfall gem eint: Jed er Erbe hat drei Schilling H eller: 3 ß hlr = 36 hlr für den Stamm zu zahlen. Das gilt auch für ander weitig neu Eintretende, die beim E intritt ein Gelöbnis zu leisten haben. D ie H ubanteile können sow ohl vererbt, als auch verkauft und gekauft w erden. D er Eintrittsschilling fällt dem H ubgericht zu. D ie A llm endgüter im hinteren Ried, die im U m fang von 87 M orgen in späterer Zeit dem Riedschützen zustanden, konnten damals n u r Seckenhei153 m er Bürger (Rauch halten heißt einen H au s halt führen) erhalten, w enn sie schon m inde stens eine M annsm ahd W iesen in der R ied allmend hatten. D as zeigt, daß die R iedge m einde die O berhoheit über das ganze Ried hatte. Priester, das heißt der P farrer und die Frühm esser, dürfen über ihre P fründen hin aus keine w eiteren A llm endgüter bew irt schaften, ebensow enig W itw en über ihren privaten Besitz hinaus. 6) Fischfang [6.] Item w eiset der hübner die obgenante junkern, daß die recht haben in der fischerey und salm engrund. Item hat der allm ender recht, uff den salm engrund zu fahren und zu fischen von dem Pfingstabend an biß uff den Pfingstag zu mitag. U nd sollen die salmenzieger darzu helfen und ihre garnen und zeug darzu leyhen. Auch das Fischereirecht auf dem Rhein w ar hierarchisch gegliedert. Die Störe als die wertvollsten Fische standen ausnahmslos dem P falzgrafen als dem „H errn des R hei nes“ zu, ebenso ein G roßteil der Salmen oder Lachse. D ieser wertvolle Fisch, der den Rhein Ja h r für Ja h r sehr zahlreich zum Lai chen aufsuchte, fand sich zu H u n d erten an flachen, mit Sand- und Kiesbänken besetzten G leithängen der Rheinschlingen ein, um dort im sonnendurchw ärm ten, glasklaren, ru h i gen W asser abzulaichen. D as Seckenheim er Ried auf der Innenseite einer großen R hein schlinge hatte einen kilom eterlangen Salm en grund. Das Recht, hier Lachse zu fischen, stand den Junkern erst seit der Belehnung von 1479 zu. D er Fang der einfacheren Fi sche w ar den Fischerzünften von Altrip und M annheim verpachtet, die ihre Fänge ver m arkteten. Die Junker von H andschuhsheim nahm en dieses w ertvollste und einträglichste R echt auf dem hinteren Ried — denn von der V iehzucht der H ubgenossen hatten sie ja nu r minimale E rträge — durch einen o der m ehrere Fischer, die Salm enzieher, w ahr, die in der Saison auf dem Ried in der „Salmenhü tte“ (auch ein Flurnam e) lebten, in der die Fische hauptsächlich geräuchert w urden. Das ältere R echt der Riedgem einde — d er All m ender — kom m t darin zum A usdruck, daß sie in der Laichsaison eine N ach t und einen halben T ag (von Pfingstabend bis Pfingstm ittag) fischen dürfen und die junkerlichen Sal m enzieher ihnen (Jazu „Zeug und G arn “ — Boote und N etze leihen müssen. Im E dinger Ried ist das Fischereirecht der H ü b n er in der W eise begrenzt, daß sie so viele Fische fan gen dürfen, wie sie mit ihrem Gesinde und ein bis zwei geladenen N achbarn bei einem M ahl verzehren können, aber n u r dann, w enn das R heinhochw asser ihre W iesen überschwemmt. 7) Der Riedschütz und seine Rechte [7.] Item w eißet der hübner, daß die herren des gerichtes m ögen die schützen in daß ob genant Ried mit wissen und willen des hübners und der hübner, auch mit wissen und willen der junkern dingen. U nd ist d er schüt zen lohn von einem außm ann von einem je den pferd ein heller, so oft er auß dem R iedt fährt. U n d die schützen sollen den w eg alß g ut halten von den legerstatt an biß an den Rhein. Füget einem, d er darauß fährt, der mag sein gabel in den w agen stoßen. U n d ge schehe einem schaden des weges halber, den schaden sollen die schützen auszurichten schuldig sein dem , so der schaden weges hal ber w iderfährt. Die Ju n k er von H andschuhsheim und der Riedschultheiß als das H ubgericht stellen Luftaufnahm e des hinteren Riedes, heute Altriper Gemarkung. Immer noch sind der R hein la u f (Neuhofer A lt rhein), die ehemalige Insel Eiserwerth (Äußerer W örth von Seckenheim aus gesehen), der Krappen und die Längsteilung des Riedes durch die große Kehle zwischen der Riedgemeinde und den privaten Grundstücken ZU erkennen. (F o to v. A lbrecht B rugger, Freigabe: In n enm inisterium BW N r. 2 /2 7 6 5 2 , aus A ltrip, P o rträ t eines D orfes, 1970, S. 253). 154 155 den Schützen an, und zw ar gleichberechtigt, so daß keiner ohne den anderen rechtsgültig handeln kann. Ein Ausmann ist ein G rundbe sitzer, der nicht zur Riedgem einde gehörte, aber auf dem hinteren Ried G rundstücke hatte. D a die H älfte des Riedes in Privatbe sitz w ar, gab es nicht wenige A usleute, w o durch der R iedschütz nicht unbeträchtliche Einnahm en hatte. V on diesen G ebühren m ußte er den H auptw eg von seiner „Leger statt“ = Schlafstelle = R iedhof am Anfang des hinteren Riedes bis zum Rhein unterhal ten (vgl. Abbildung 2 und 3 N r. 3). D er W eg benutzer darf seinen H euw agen voll laden = Gabel in den W agen stoßen, weil nichts m ehr darauf geht. Erleidet er Schaden wegen Schlaglöchern od er sonstigen W egeschäden, dann muß der Schütz für den Schaden aufkom m en und darf nicht sagen; hättest du nicht voll geladen, dann w äre der W agen nicht gekippt o der die Achse gebrochen. 8 und 9) Brückenbau und -Unterhaltung, Pflege der Gräben [8.] Item w eißet der hübner, w ere es not oder will man es haben, so sollen der brücken drei sein. U nd die mittelste bruck solle sein zw ölf schuhe w eit zwischen den bändriem en und außw endig den bändriem en uff jeglicher sei ten zw en schuhe, daß ist zusam m en sech zehn schuhe, und die andere zw o brücken soll jegliche acht schuhe w eit sein zwischen den bändriem en und außw endig den bendriem en uff jeglicher seiten zw en schuhe, das ist zusam m en zw ölf schuhe. U nd sollen die H erren von Schönau die brücken alle drey im bau halten. U nd w enn sie holz darzu fuh ren, sollen die schützen ihnen das helfen la den, ob sie das begehren und ihnen darzu ruffent. D arum b haben sie von Schönau, daß ihre hoffleut frey auß und in daß obgenant R iedt fahren des schützenlohnß halber. [9.] Item sollen die herren von Schönau den obern graben halten und die schützen den undern. D er H auptw eg ins hintere Ried führte über 156 drei G räben o der W asserarm e, von denen d er M ühlgraben und die Kehle nam entlich überliefert sind. D ie Brücken über die G rä ben m ußten von den M önchen des Klosters Schönau errichtet und unterhalten w erden. D as K loster, nach der R eform ation die Pflege Schönau, w ar E igentüm er des großen H ofgutes R o hrhof und besaß um fangreichen G rundbesitz im vorderen und oberen Ried sowie im Seckenheim er W ald: Flurname „M ünchw älder“. W ie oben bem erkt, hatte das K loster vor 1274 auch G rundeigentum im hinteren Ried. V on diesem ehemaligen und dem aktuellen G rundbesitz her rührte die Baupflicht des Klosters an den Brücken. D ie Breite der Brücken w ar festgelegt und durch Seile (bändriem en) m arkiert, so daß die Baupflichtigen sich nicht durch Fußstege aus der Pflicht stehlen konnten. D ie R ied schützen w aren verpflichtet, bei der Bau h o lzzu fu h r zu den Brücken zu helfen, wenn ihre H ilfe angefordert w urde. Das H o lz kam aus den A uw äldern auf dem Eiserw örth. D a für sind die H ofleute = P äch ter des K loster gutes R ohrhof, gebührenfrei, w enn sie aus dem Ried ausfahren. Die U nterhaltung der G räben w ar auf die Riedgem einde und das K loster Schönau aufgeteilt. D aru n ter ver stand m an das Freihalten der G räben von Be wuchs und V erschlam m ung, dam it das W as ser abfließen konnte und die W iesen nicht versauerten; diese A rbeit w ar Sache des ge nannten Seegräbers. 10) Mißbrauch des Weiderechts [10] Item w ießen sie, daß die einung seye ein anlauf bey tag zw en Schilling heller, ein m ut willig zehn Schilling heller [bei nacht fü n fze hen Schilling heller]. U n d soll m an die pfand gehn Seckhenheim treiben. U nd funden die herren des gerichts o der ihre knecht etwaß zu schaden gehen, dieselbe pfand sollen sie auch gehn Seckhenheim treiben und die ver trinken mit dem allm ender vor die obgem elte einung und nit höher und sonst nirgend an derst. Einung bedeutet V ertrag oder Regelung; ein A nlauf ist das Ü berschreiten der W eidegrenzen durch das Vieh. D ieser W eidem ißbrauch ist ein Frevel, der mit 2 ß oder 24 hlr geahn d et w ird, w enn er bei T ag vorkom m t, mit 10 ß o der 120 hlr, w enn er mit Absicht gesche hen ist, und mit 15 ß oder 180 hlr, w enn er bei N ach t entdeckt w ird; denn dann nimmt man an, daß besondere Absicht dahinter steckt. Das V ieh w ird als Pfand einbehalten und nach Seckenheim getrieben. Diese M ühe w ird dem G ericht und seinen K nechten mit einem T rinkgeld vergütet, das jedoch die H ö h e der Strafe nicht übersteigen darf. 11) Nutzungsanteil am R ied im H inblick a u f die Verköstigung am Gerichtstag. [11.] Item w ürd etw aß in dem obgenannten R iedt außzugeben, w ann dann die herren deß gerichts ein teil nem men, so seint die an dere teil alle gleich frey, die uff daß mal außgeben w erden. N em m en sie aber kein teil, so gibt jeglich teil alß andere güter im Ried, wie obgeschrieben stehet, von den zinßen. Sol ches stehet zu der herren willen. U nd die teylung gehört, w er seßhaft zu Seckhenheim. U nd soll daß geschehen mit der obgenannten herren wissen und willen. Diese Stelle ist w ohl verderbt; es hilft auch hier ein Blick auf das E dinger W eistum. E t was ausgeben heißt wie heute auch noch, je m anden mit Speis und T ra n k freihalten. G e m eint ist dam it die Sitte, am G erichtstag die fällige V erköstigung gem einsam einzuneh men. W enn die Junker teilnehm en, sind alle Stämme von ihnen freizuhalten; nehm en sie nicht teil, w erden die K osten nach M aßgabe der Zinsen, die ein jeder Stamm zahlt, auf alle umgelegt. Die Junker können darüber befinden, wie jedesm al zu verfahren ist. T eil nehm en darf, w er in Seckhenheim w ohnt. 12) Weiderecht fü r die Pferde während des Heuladens. [12.] U nd w er in die allmend fährt heu h o len, h at er sechs pferd, der mag vier außsto- sen und lassen w eyden. H a t er vier pferd, der mag zw ey außstosen und soll vor sich laden ongeferlich. U n d w enn er kom pt zu dem hindersten häufen, den er auf daßm al laden will, soll er die pferd alle w ieder einspannen / :Ist vor etlich jahren dieser böser gebrauch von dem schultheissen und ganzen hübner abge stellt w orden, das keiner m ehr fug und m acht hat, sein pferd außzustosen o der solle sie an den w agen o der einen baum anbinden, dam it keinem ander schaden g eschehe:/ und hinw egfahren. W enn einer mit zwei o der drei G espannen (W agen) ins H eu fährt, d arf er ein o der zwei G espanne abwechselnd w eiden lassen, w äh rend er jeweils einen W agen belädt, und zw ar bis zum letzten H euhaufen, den er noch laden kann. D ann soll er die Pferde w ieder einspannen und nach Seckenheim fahren. Diese ältere Regelung ist als „böser gebrauch“ vom H ubgericht abgestellt w o r den: nunm ehr müssen die P ferde einge spannt bleiben o der an einen Baum gebun den w erden, dam it keinem geschadet werde. 13) W iesennutzung [13.] U n d w ere es, das jem ants ein wiesen w olt fegen o der räum en, d er ein außm ann w ere, der soll sein hecken vor zusam m enbin den, das er niem ands kein schaden tue, er habe es dann mit laub der herren des gerichts o der ihres schultheissen in vorgem eltem gericht. W olte aber jem ants seine wiesen etzen in dem obgenannten Ried, der solle das tun ohne ander leut schaden. Auch hat niemants kein recht, sein viehe darein zu treiben, er sey dann zu Seckhenheim gesessen. Auch so h at kein außm arker recht, darin zu holzen. A uch soll m an raum en zu St. G eörgentag und vor St. M ichelßtag niem ants darein fah ren m it dem viehe zu etzen, dan wie obge schrieben stehet, so einer heu holt. D ieser A bschnitt enthält einige w idersprüch liche, also w ohl verderbte Stellen. „Vegen und räu m en “ heißt reinigen o d er in O rdnung 157 bringen, auch Ä cker im H erbst abräum en. Die einzelnen W iesenlose w aren mit H ecken eingezäunt; w enn nun ein A usm ann (hier ei ner, der Privatbesitz auf dem hinteren Ried hat) seine W iesenhecke abräum t: W eidenund H aseltriebe zum K orbflechten erntet od er sie gar ausrodet, dann m uß er so ver fahren, daß er dem N achbarn nicht schadet, indem er die G erten oder die ganzen g erode ten Sträucher sorgfältig zusam m enbindet, es sei denn, daß ihm das vom H ubgericht erlas sen w ird. W enn jem and seine W iesen in W ei den um w andeln (etzen) will, dann kann er das tun, ohne anderen zu schaden, daß heißt, er muß darauf sehen, daß sein V ieh auf sei ner W eide bleibt. A ber nur Seckenheim er dürfen das tun. Ebenso darf kein A usm ärker H o lz aus den A uw äldern des Riedes holen. D er letzte Satz gibt keinen Sinn: denn es heißt, man solle räum en (H olz schlagen oder G erten schneiden) zum 23. April (St. G eorgs tag) und nicht vor St. M ichaelstag (29. 9.) das V ieh w eiden lassen. Es m uß w ohl um ge kehrt sein; denn die W eidezeit ist im Som m er von E nde April bis E nde Septem ber und die Zeit zu holzen ist im W interhalbjahr. 14) Zins und Schlußformel [14.] Item w eißet der hübner, daß der zinß noch also groß in der vordere Auw alß im R ied der hindern Auw. Dessen zu w ahrer urkund so seint dieser w eyßtum gleichlautend auß dem alter den zw ölften M ay im jah r deß herren der w eniger zahl achtzig und einß ge schriebenem w eißtum durch mich entsbem elten notarium publicum et renovatorem zw ey neue geschrieben und außeinander geschnit ten, den herren des gerichts daß eine und das ander den hubern behändigt w orden. G e schehen, den 24. M ay im sechzehenhundert sieben und zw anzigsten jahr. Fürstlich Speyr. renovator am Bruhrein anno 1627 N icolaus N o ld t N o tar: pub. subsc. D er Zins im vorderen und im hinteren Ried ist gleich. D er fürstbischöflich speyerische 158 R enovator (K atasterbeam ter) im Bruhrein (G ebiet um Bruchsal) N icolaus N o ld t be zeugte, daß er am 24. M ai 1627 zwei Ab schriften auf ein Blatt verfertigt hat. Diese beiden Abschriften w urden in einem gezack ten Schnitt getrennt, ein Exem plar verblieb bei der Riedgem einde, das hier vorliegende, das andere nahm der speyerische Beamte für den Lehnsherren, den Bischof von Speyer, mit. In Streitfragen bei der A uslegung m uß ten beide Parteien ihr Exem plar m itbringen und an der gezackten Schnittstelle Zusam m enhalten, dam it man erkannte, daß kein falsches Exem plar untergeschoben w orden war. Schlußbem erkung W ie aus der Analyse des W eistums von 1481 erkenntlich ist, handelte es sich im hinteren Ried ausschließlich um W iesen- und W eide land, das von der Riedgem einde der 48 Stämme und den Privatbesitzern zu r V ieh zucht b en u tzt w urde. N eben dem G rünland des hinteren Riedes gab es auch sonst auf der G em arkung große W eideflächen, wie auch die Flurnam en erw eisen: das vordere und obere Ried, die M allau und das Niederfeld. D ie W iesen des hinteren Riedes w aren be sonders wertvoll deswegen, weil sie durch D eiche vor dem H ochw asser des Rheines ge schützt w aren, w ährend zum Beispiel vom vorderen Ried mehrmals berichtet w ird, daß seine W iesen überschwem m t gewesen seien (66/6560). W enn man zu diesem Befund noch hinzunim m t, daß auf dem großen H o f gut des P falzgrafen in Seckenheim Jah r für Ja h r 50 O chsen für die K üche des H eidelber ger Schlosses gem ästet w urden (das H eu dazu kam un ter anderem aus dem H erzo genried) (229/96436), daß es auf der G em ar kung zwei Schafherden gab, die des D o rf schäfers und die des H errenschäfers (u. a. Kollnig, a. a. O . N r. 204), und in Seckenheim 1620 bei 130 H ausgesäßen = H aushaltsvor ständen und Steuerzahlern rund 250 Pferde gezählt w urden (229/96436), dann zeigt das, welch großen U m fang die G rünlandw irt schaft in den früheren Jahrhunderten hatte. Es sprengt den Rahm en dieses Beitrages, die G eschichte des hinteren Riedes vom R hein durchbruch von 1590 bis in das 19. Jah rh u n d ert hinein zu verfolgen. S tatt dessen sollen hier zwei Abbildungen für sich sprechen. Quellen und Literatur GLA K arlsruhe: U rkunden 183, 184; 4 3 /2 3 3 / 1685—S ept—29. Beraine 6 6 /6 5 6 0 —7975 A kten 7 7 / 7 7 1 1 - 1 2 - 1 3 ; 229/96 4 3 6 - 4 9 5 - 5 7 0 - 6 1 5 . K ollnig, K arl, D ie W eistüm er der K irchheim er Z ent, in: Badische W eistüm er und D o rfo rd n u n gen, Band 3, 1979. D ie Stadt- und Landkreise H eidelberg und M ann heim, amtliche Kreisbeschreibung, Band I und III, 1966 und 1970. Altrip, P o rträ t eines D orfes, Gde. Altrip, 1970. P robst, H ansjörg, Seckenheim — G eschichte eines K urpfälzer D orfes, 1981. Legende zu A bbildung 2 und 3 Wege 1 Altriper Weg (Kloppenheimer Str./Wachenburgstr.) und A ltriper Fahr 2 Pfaffenweg — Hallenweg nach R o h rh o f 3 Riedweg/H euweg — Seckenheimer Riedfahr 4 Holzweg 5 Straße von Ladenburg nach Speyer — alte Speyerer Straß 6 Heckweg — Weg nach Schwetzingen 7 A lte Heidelberger Straß — Heerstraße 8 Edinger R iedweg — Edinger K leinried — Sand rain Flurnamen des hinteren Riedes a — Äußerer W örth b — Füllenweide c — Hoher Hamm, Hochacker d — Große Kehle e — Kimmelstücker f — Rheinstücker g — Krappen h — Schleim i — H o n en k — R ie d h o f (W ohnung des Riedschützen) Flurnamen des vorderen und oberen Riedes a — Mühlgraben b — Riedwiesen c — Dürre Wiese, Wasengeding d — Backofen, Backofenwörth e — Geheugraben 159 Aussagen — Pfade in die Vergangenheit der Gemeinde Plankstadt Eugen P fa ff Plankstadt A rchivierte V ernehm ungsniederschriften konfrontieren uns oft mit nur vage bekann ten Einzelheiten aus der G eschichte eines Gemeinwesens, die sich aber im V erein mit dem heutigen W issen zu einem lebendigen G eschehen runden. Ist ein solches P rotokoll dann noch über 300 Jahre alt, können die festgehaltenen Aussagen von O rtsbürgern und sonstigen Personen zu r wertvollen lokal- und regionalgeschichtlichen Q uelle w erden. A ngesprochen ist ein Protokoll aus dem Jahre 16821), das mit A ufzeichnungen vom 28. Juli in P lankstadt selbst beginnt und über m ehrere Sitzungstage in H eidelberg berich tet. A nlaß dieses um fangreichen V erhörs w ar ein fast banales G eschehen, eine Schlägerei. Es stand aber auch ein altes, fundam entales D orfrecht Pate. D ie P lankstädter fühlten sich nämlich durch das V orgehen der H e r renschäfer und ein drohendes W aldw eide verbot in ihrer V iehhaltung eingeengt und dam it in ihrer Lebensgrundlage wesentlich beschnitten. Am M ittw och, dem 26. Juli 1682 fuhr der P lankstädter W irt H ans Jakob W eber nach R ohrbach, um W ein zu kaufen. N achm ittags ging er auf sein G erstenfeld. Sein Sohn hatte die G erste „zusam m engezogen“ und der W irt w ollte sie zu G arben binden. E r traf den Schafknecht der Schw etzinger Herrenschäfe rei, Friedrich M arx, auf der sogenannten Bannweide an. D er W irt w ar sehr erbost und ließ in seinen W orten den A rger der gesam ten Bevölkerung laut w erden. E r schrie den Schafknecht an: „D u Flegel, w arum b treibestu die Schaafe auf meine G ersten, siehestu nicht die Zeichen, wie es abgestecket ist, Du 160 Schelm und Dieb, D u begehest ja die arm e Leuth mit M uthw illen zu verderben.“ D er Schafknecht antw ortete im Beisein des Schafjungen, er sei auf G eheiß seiner H erren hier. D araufhin nannte W eber auch sie Schelme und D iebe und ging drohend auf den Schafknecht zu. E r stieß ihn an die Brust und w ollte mit dem Bindnagel, ein G erät zum G etreidebinden, nach ihm schlagen. D er Schäfer hat nach eigener Aussage ihm mit dem Schafstecken auf den K opf geschlagen und als der W irt nicht abließ „. . . und Ihm umb seiner ledig zu w erden aberm ahlen mit dem Schafstecken einen Streich auf den K opf und noch 2 alß einen auf den Arm und den anderen auf das Bein gegeben . . .“. Das ist ein Teil seiner Aussage bei der V erneh m ung, die einen kleinen Schimm er auf seine gesellschaftliche Stellung w irft: „W ie E r sich das alß Ein vorgebend arm er K necht hatte so frefentlich gelüsten lassen dörfen . . . H an ß Jakob W eber, G em eindsm ann . . . mit seinen in H än d en habenden Schafstecken so übel zu tractieren . . D er G utachter m achte am 14. A ugust 1682 den bem erkensw erten V o r schlag, daß die Strafe für den Schafsknecht „am Leibe mit G efängnuß o der A rbeitshauß stehen solte“. D er W irt hatte offenbar eine M enge Schläge einstecken müssen, denn er schrie lauthals. Sein G eschrei hörte der G e richtsm ann H ans Jakob Schlampp, der mit seinem Sohn auf einem benachbarten Feld arbeitete und W eber mit der G abel zu Hilfe kam , weil ihn der Schäfer „. . . ohne Zweifel g ar T o d t geschlagen haben w ürde . . .“. Schlampp ergriff den Schafknecht und führte ihn in das D orf, w o er arrestiert w urde. Das P lankstädter R athaus w ird im Jahre 1616 C n g c lic r P l a n k s t a t e E t l t c r Verfasser aufgrund des Kartenmaterials beim General landesarchiv (66/6609), der Güterrenovationen und La gerbücher (G A B 82 — 99), der Schatzungs- und Steuer bücher ( G A B 100— 106) und der Grundbücher (G A B 107— 133) erarbeitet. Die Ergebnisse wurden m it neueren Gemarkungsplänen und Grenzsteinfunden a u f der Feldgemarkung und im Ortsetter a u f ihre R ichtig keit überprüft. A u f der ge samten Gemarkung sind bis a u f wenige Ausnahmen die alten, um 1570 gültigen Grenzen noch heute in w e i teren Zusammenhängen zu erkennen. 1) A u f der Gemarkungs karte nach den Verhältnis sen von 1616 sind die Gren zen der drei Felder m it nachträglich angefügten größeren R ingen markiert. Die Grundstücke „so etwan Egerten gewest“ wurden m it X gekennzeichnet. xxxxxxx\ xxxxxxx\ X xxxxxx. GrasserHof GolnersHof erstmals genannt2), bestand aber zweifels ohne schon lange Z eit vorher. Es lag vor der heutigen evangelischen O rtskirche und ragte in den Straßenraum hinein3). Die G rundflä che des alten Rathauses ist noch heute auf am tlichen Lageplänen erkennbar. Es beher bergte im Erdgeschoß die D orfschm iede, eine A ufbew ahrungsm öglichkeit für B rand löschgeräte und den O rtsarrest, den „gehor sam“, wie es im dam aligen Sprachgebrauch hieß. H ier sperrte man also den Schafknecht Friedrich M arx bis zum V erhandlungsbeginn am 28. Juli 1682 ein. D er Schultheiß V alen tin T reiber schickte einige M än n er auf das Feld, um die Schafherde ebenfalls ins D o rf zu bringen. M enschen in dieser „G eschichte“ N un sind w ir also bereits einigen M enschen begegnet und es ist ganz natürlich, daß w ir sie und w eitere doch etwas näher kennen ler nen wollen. D as soll sich aber im w esentli chen auf die für die P lankstädter Familienge 161 schichte interessanten Personen beziehen. Es seien darüber hinaus noch folgende N am en erw ähnt: Beständer der Schw etzinger H e r renschäferei: H ans M ichel G roß, N ikolaus W illersin und Balthasar E rnst; Beständer des G renzhofs: V alentin Linßler; Schafjunge: Bastian K egel; ein anderer Schafknecht: M athis H ofm ann. Hans Jakob Weber. Im P rotokoll w ird er „der W ürth des O rth s“ genannt. O ffenbar w ar er also in jenen T agen der einzige W irt in Plankstadt. E r ist in keinen der bisher be kannten U nterlagen erw ähnt. Im Jahre 1570 hatte ein Andreas W eber die heutigen G rundstücke Eppelheim er Straße 5/Scipiostraße 1 bis 5 in Erbbestand4). D ie G rund stücke bildeten damals einen H of. Erst für 1743 ist eine Teilung nachw eisbar. Das W ohnhaus Scipiostraße 1 gehört heute Phil ipp W eber. O b er ein N achfahre des H ans Jakob W eber ist, läßt sich mit Sicherheit im Augenblick nicht feststellen. Am O rt leben z u r Zeit etw a 60 N am ensträger. Friedrich M arx. D er Schafknecht w ar zu H ilsbach (W aldhilsbach bei H eidelberg) ge boren. Z ur Zeit des Prozesses w ar er 35 Jahre alt, verheiratet und hatte sechs Kinder. V on den H errenschäfern bekam er w öchent lich 45 K reuzer Lohn. Seit Lichtmeß (2. Fe bruar) w ar er in Schw etzingen und hatte sich bis M ichaeli (29. September) verdingt. Ihm w urde außerdem vorgew orfen, als er in H ils bach bei seinem V ater als Schafknecht tätig w ar, zw ölf Schafe gestohlen zu haben und mit ihnen „durchgegangen“ zu sein. D as ver neinte er. Es sei „ein ander K erl“ gewesen, der aus K irchhausen (bei H eilbronn?) stam m te und M arx’ V ater die Schafe um 28 G ulden verkauft habe, ohne zu sagen, daß sie gestohlen gewesen seien. D er Am tsschrei ber erinnerte in diesem Zusam m enhang, „daß D eponent wie E r zu H ilsbach exam i nieret w erden sollen dam ahlen durchgegan gen, sein W eib und K inder sitzen lassen, alßo daß E r viele U nm utzhändel V or dießem a n g e ste lle t. . .“. Auch T heobald Seitz aus Schw etzingen bezeichnete den Schafknecht 162 als einen leichtfertigen Gesellen, „so auch im Bruhrhein zu D iehlen (Dielheim) 11 Stück H am m el entfrem bdet, welches E r auch auf . . . V orhalten gestanden, aber solche bey H eller und Pfennig bezalt habe“. Im Jahre 1713 gab es in Plankstadt einen Philipp Friedrich M arx, 1683 geboren, der von W ö rth bei W eißenburg zuw anderte. E r w ar der „gemeine Schm itt“. D ie D o rf schmiede befand sich damals noch in G e m eindehand5) und w ar, wie w ir bereits wis sen, im Erdgeschoß des Rathauses u n terg e bracht. D er Schmied bew ohnte das heutige G rundstück L adenburger Straße 76) und w ar d ann Feldhüter in der G em einde7). O b es sich um einen V erw andten des beschuldigten Schafknechts handelte, muß offen bleiben. Es gibt im Augenblick zehn N am ensträger. Theobald Seitz. In P lankstadt ist dieser N am e schon länger bekannt. Ein Steuerverzeichnis von 1439 w eist einen „Sitz von Sw ezzingen“ aus9). E r hatte in P lankstadt G üter gepachtet. Im Jahre 1603 w ird Christian Seitz aus O p pau erw ähnt, der E rbpächter von 9 M orgen A ckerland im „Seiderich“ w ar10). Es handelt sich dabei offensichtlich um dieselben G rundstücke, da man aus dem W o rtlau t des Erbbestandsbriefes vom 28. Jan u ar 1603 eine lange Bestandstradition der Familie Seitz ab leiten darf. D er erste N am ensträger in P lank stadt selbst ist L orenz Seitz, der am 3. N o vem ber 1733, 64jährig verstarb. E r w ar mit A nna K unigunde verheiratet, deren G eburts nam e unbekannt ist11). Sie sind w ahrschein lich die Stam m eltern der P lankstädter Seitz. D ie Familie bew ohnte die heutigen G ru n d stücke Schw etzinger Straße 11 und 1312). H eu te etwa 50 N am ensträger. Im V erlauf des Prozesses w urden fünf, man könnte sagen H auptzeugen zu allen Fragen, hauptsächlich jedoch das W eiderecht betref fend, ausführlich vernom m en. M an wollte von ihnen die alten und jetzigen W eidege pflogenheiten wissen. Im Protokoll heißt es „. . . sind einige Eheste des O rths Planckstatt nach genügsam er E rinnerung und V erm ei dung des M ainaidts . . .“ gehört w orden. In PLA N K ST A D T in i Jahre 1743 M a -ß s ta b dfeue G reruzen AUe G renzen PS GH P6 PH PE J6 CH DO FG GE F r ifr d r ic H s tr . R G A -------------------------------- - P fle g e S ch irn a u (6 • Sorten) -- Schönau&r GroßerXaf ■ Pfarrgarten - P/cvrrhcrf - Prkrafeigenfum - J& yuU engtä Co&eiktur WeidMerg DeiUoch&r Orden Prühmeßgcurten - Gerneindeeigenturrb - fiadhauo - G e m e in e It/eed, - M ivaeoerteich tyir JiaA üleunz P m H ert-1969 2) Der Ortsetter von 1743 hatte sich seit dem Jahre 1682 nicht nennenswert verändert. Das Dorfende w ar jedenfalls in den aufgezeigten Grenzen zu sehen. A u f dem Plan sind die heutigen Hausnummern vermerkt. So werden auch Grundstücksteilungen sichtbar. Auch die Lage des Rathauses vor der heutigen evangelischen Ortskirche, der ehemaligen Dorfkirche, kann man erkennen. diesem Zusam m enhang sei gesagt, daß w ö rt liche Z itate in leicht veränderter Schreib weise w iedergegeben w erden. D as gilt auch für das bisher A ngeführte. Georg Born. Er w ar nach seinen Aussagen von 1636 bis 1673 in P lankstadt w ohnhaft und hat das halbe P farrgut bewirtschaftet. G eboren w ar er in „Z ipfenfeldt (?) Ambt Stah (?), dem H errn G rafen von N aßau ge hörig“. Als alter M ann lebe er nun in H eid el berg bei H errn Richelier und zw ar seit dem „letzten Frantzösischen K rieg“. G em eint sind w ahrscheinlich die durch den Frieden von N im w egen 1678/1679 beendeten A useinan dersetzungen. G eorg Born w ar zu r Zeit des Prozesses 76 Jahre alt. D ie bittere menschli che Seite in seinem Leben kom m t in den ei genen W orten zum A usdruck, denn er 163 . . könne nicht m ehr schaffen, sondern halte Ihn erm elter Richelier umb seiner Arm uth . . . “. In P lankstadt gab es im Jahre 1613 einen M ichael Bon, der die heutigen G rundstücke L adenburger Straße 11 bis 15 bew ohnte13). Es könnte ein Zusam m enhang bestehen, denn die Schreibweise eines N a mens hing oft von dem Schreibenden ab. D en Fam iliennam en gibt es in P lankstadt nicht mehr. Valentin Treiber. D er im Jahre 1620 in P lankstadt geborene T reiber w ar w ährend des D reißigjährigen Krieges abwesend. Er sagte zu r Frage nach dem W o h n o rt: „. . . seit ao 1649 w ehre Er w ieder nach Planckstatt kom m en . . .“ D as H ausgrundstück Schw et zinger Straße 20 w ar schon im Besitz seiner V o rfahren14). Es trug übrigens die interes sante Lagebestim m ung: „. . . stößt hinten uf die K eeßgrüben . . ,15).“ M an sagt in P lank stadt noch heute im V olksm und „K eesgrieb“. Es w aren ursprünglich zwei K iesgruben und in die eine w urden die D orfabw ässer einge leitet. Im Jahre 1682 w ar V alentin T reiber Schultheiß. Z ahlreiche T reiber bekleideten hohe G em eindeäm ter. H eu te etwa 100 N a m ensträger. Valentin Gollinger. 1682 G ölinger geschrie ben; 1659 ist P eter G öllinger nachgewiesen. V alentin G ollinger w ar um 1620 in P lank stadt geboren und Bauersmann. Ein W ohn hausbesitz konnte bisher nicht erm ittelt w er den. Im Jahre 1680 w ar er Beständer des „G ütleins bey dem alten Bildt“16). Gem eint w ar ein Bildstock, von dem nur noch die Lage bekannt ist17)- Es stand am westlichen G rundstücksende Schw etzinger Straße 79. Dieses Pachtverhältnis erklärt vielleicht auch, daß er im O rtsetter keine H ofreite be saß, denn das kleine G ut konnte keinesfalls den Lebensunterhalt sichern. H eute gibt es etw a sieben N am ensträger. Hans Jakob Schlampp. Er w ar Bauer und G e richtsm ann und um 1626 in P lankstadt gebo ren. Sein V ater, Adam Schlampp, w ird im Jah re 1653 genannt und bekleidete 14 Jahre lang das A m t des Schultheißen. E r bew ohnte 164 die heuten H ausgrundstücke Schw etzinger Straße 2 bis 6 und L adenburger Straße 1 bis 5, die 1743 geteilt w u rd en 18). Es gibt heute nur noch eine N am ensträgerin. Hans Gund. Im Protokoll w ird „K undt“ ge schrieben. E r bezeichnete sich als U ntertan und Bauersm ann, 43 Jahre „ohngefehr“ alt. Im Jahre 1688 w ar er dann Gerichtsm ann. D urch seinen V ater Jakob G und ist dieser Familienname im Jahre 1663 erstmals nach weisbar. H ans G und m achte im Protokoll den Z usatz „. . . da sein V atter ins Landt getzogen, und E r 3 Ja h r alt gew eßen . . .“ Schon 1682 gab es in P lankstadt m ehrere N am ens träger, so daß die H ofstätte dieser Familie nicht eindeutig lokalisiert w erden konnte. Es spricht aber einiges dafür, daß sie auf den G rundstücken Ladenburger Straße 17 und 19 zu suchen ist19). H eu te nennen sich noch etwa 110 Personen G und. Feld- und W eidewirtschaft Das W eiderecht beruht auf sehr alten G e pflogenheiten. In den meisten Landstrichen bestanden besondere W eidegründe, so wie es eben die N atu r zuließ. In Plankstadt, wie auch in den D örfern der näheren U m ge bung, w ar man meist auf die W älder und die Brache im Rahm en der D reifelderw irtschaft angewiesen. Es soll kurz ins G edächtnis ge rufen w erden, daß bei der D reifelderw irt schaft ein G em arkungsdistrikt mit W in ter frucht (R oggen, Spelz), ein w eiteres Feld mit Som m erfrucht (Gerste, H afer und mit fo rt schreitender Zeit auch H ackfrüchte) bebaut w aren. Die dritte Flur lag brach. Im folgen den Jah r w urde die Brache mit W interfrucht, das W interfruchtfeld mit Som m erfrucht be stellt und das Som m erfruchtfeld w urde zur Brache. D ieser T urnus w urde streng einge halten und schlug sich auch in Bestandsver trägen, gleich w elcher Art, nieder. Sie w u r den auf eine A nzahl von Jahren abgeschlos sen, die durch drei teilbar w ar (6, 9, 12 usw.). Solche G epflogenheiten sind langlebig. N och heute schließt die G em einde P lankstadt für gem eindeeigenes A ckerland Pachtverträge auf neun Jahre ab. V on den drei Feldern auf P lankstädter G e m arkung w aren nur zwei annähernd gleich groß. M an muß sich eine Linie denken von der Eppelheim er L andstraße über M oltkestraße — A ntoniusweg. D am it w äre die G em arkung in einen N o rd - und Südbereich geteilt. Im Süden ist nochm als eine Achse A lsheimer W eg — Eisenbahnstraße zu zie hen. D ie südöstliche Flur hieß „gegen den H egenich“ (oder: „gegen dem G ebürg“, ge m eint ist der O denw ald) und die südw estli che „gegen Schw etzingen“ (oder: „gegen dem Rhein“). D er nördliche G em arkungsteil w ar vom Flächengehalt her um fangreicher. D ie Flur w urde „gegen den G renzhof“ (oder: „gegen den N ecker“) bezeichnet20). D er G rund für das A usm aß der N o rd flu r ist in dem G em eindew ald zu sehen, der sich ausschließlich auf diesen G em arkungsteil be schränkte und nach späterem Begriff rund 270 H ek ta r maß. W eiderechte w aren verbriefte Rechte. Bei d er V erhandlung w urde auch nach solchen schriftlichen N iederlegungen gefragt. Es gab sie nicht m ehr: „. . . die Briefe des V iehbe triebs halber w ehren in dem dreißjährigen K rieg zu Speyer verlohren gangen.“ Die P lankstädter hatten außer Feld und W ald keinen W eidetrieb. D ie K ühe durften den Som m er über bis zu r E rnte in bestimmte W aldgebiete getrieben w erden. W enn abge erntet w ar, herrschte im W ald w egen des W ildes W eideverbot für R inder. N u n w ar zu hören, daß die Jäger ein totales W eideverbot im W ald durchsetzen w ollten. D as beunru higte natürlich die Bevölkerung. O b man eventuell auch die Eichel- und Buchelmast (Eckerich) der Schweine abschaffen wollte, w ird in der N iederschrift nicht gesagt. H errschaftliche Schafsweiderechte O ffiziell w erden herrschaftliche Schafw eide rechte erstmals im 15 Ja h rh u n d ert erw ähnt. Sie sind aber mit Sicherheit w eiter zurückzu- 3) Die ehemalige Hofreite des Deutschherren-Gutes, Ladenburger Straße 16. Die Grundfläche ist rein er halten. Rechts das Stallgebäude m it einem Scheunen teil, die H ofeinfahrt und schließlich das ursprünglich einstöckige Wohnhaus. Das B ild gibt überdies einen Blick in die im D orfm und bezeichnete „Bauemgasse “ frei. datieren und scheinen sich aus Privilegien der G rundherrschaft entw ickelt zu haben. Schon im Spätm ittelalter ist die H erren sch ä ferei jedoch als Ausfluß der T errito rialh err schaft zu sehen. In unserer näheren U m ge bung gab es in Schw etzingen, K irchheim und D ossenheim herrschaftliche Schafhöfe. Für Schw etzingen ist er schon im Jahre 1382 be zeugt. D er Schafhof mit W ohngebäuden, Stallungen und Scheunen w ar in der N ähe des Schlosses. E r hatte W eiderechte in Schw etzingen, P lankstadt, O ftersheim , G renzho f und im Koller. D ie alten P lank städter nannten bei ihrer V ernehm ung noch K etsch, Brühl und die H a rd t „so w eit es her köm m lich ist“. Schafe, G ebäude und Rechte des herrschaftlichen Schafhofes w aren in 165 Zeitbestand an den oder die H errenschäfer vergeben. D as U bertriebsrecht w urde von der soge nannten Bannweide eingeschränkt. Ü ber ihre Funktion und Ausmaße w erden w ir noch hö ren. D ie A usübung der H errenschäferei w ar A nlaß zu vielen M ißhelligkeiten, denn die im m er selbstbew ußter w erdenden D orfbe w ohner wollten eben über ihr Feld in zu nehm endem M aße selbst bestimmen. D azu kam noch durch neue K ulturpflanzen eine D urchlöcherung der D reifelderw irtschaft und letztlich noch die G em eindeschäferei. Als dann die Brache immer intensiver bebaut w urde, erw uchsen den Zehntberechtigten neue Einnahm equellen, die höher anzuset zen w aren, als der E rtrag aus dem Schaftrieb und so w urde das Schäfereirecht im m er m ehr eingeengt. Bem erkensw ert ist, daß ungeach tet des Spannungsverhältnisses der M ist aus den Pferchen sehr begehrt war. Es gab regel rechte Pferchbestim m ungen, die eine Bevor zugung herrschaftlicher G üter und G em ar kungen, auf denen sich der Schafhof befand, festhielten. Für P lankstadt w urden ähnliche Bestim mungen erst mit dem A ufkom m en der G em eindeschäferei interessant. D er Bauer selbst hatte durch die Bepferchung so gut wie keinen N utzen, denn diese Felder w urden mit einem besonderen Z ehnten belegt, oder aber auch die G rundstückspacht erhöht. D urch einen V ertrag mit der kurfürstlichen H ofkam m er hat sich die G em einde P lank stadt um 80 G ulden jährlich die herrschaftli chen Ü bertriebsrechte für die Jahre 1782 bis 1802 gesichert und so w aren die P lankstädter fü r diese Z eit allein w eideberechtigt21). Die Sicherung des Ü bertriebsrechts durch die G em einde nutzte allerdings nicht allen D o rf bew ohnern, sondern nur den „B egüterten“, die nun für einen gewissen Z eitraum H e rr der Schafweide w aren und . . . die Streitig keiten gingen m unter w eiter. Es traten in der Folgezeit noch einige Ä nderungen des Schaf w eiderechts ein. V erfeinerungen sozusagen, die A useinandersetzungen aber eher fö rd er ten. W ann letztlich die Stunde des Schafauf 166 triebs auf die abgeernteten Felder schlug, läßt sich eindeutig nicht ausmachen. Im Jahre 1812 bat die G em einde, den Schäferei betrieb ganz aufgeben zu dürfen. „W ir sehen dem Ende des Zeitbestandes der dahiesigen Schäferei sehnsuchtsvoll entgegen . . .“ Es w urde noch erw ähnt, daß so gut wie kein Feld m ehr als Brache liegen bliebe. D am it hätte der Schafw eidebetrieb seinen Sinn ver loren22). M it Sicherheit ist nicht das Ende der Schäferei gekom m en, aber die D reifelder w irtschaft dürfte nach dieser Feststellung doch w ohl ausgelaufen sein. N och im Jahre 1865 liest m an in der G em einderechnung von P achteinnahm en aus der Schäferei23). Es ist offensichtlich, daß sich die G em einde im G runde nur gegen das herrschaftliche Ü ber triebsrecht wehrte. D ie Bannweide D ie Frage der Bannweide spielte in den A us einandersetzungen sozusagen die H a u p t rolle. Ih r galt dem gem äß ein großer Teil der an die Z eugen gestellten Fragen. Es sollte ja herausgefunden w erden, ob sich der Schaf knecht bestim m ungswidrig verhalten hatte. Interessant ist in diesem Z usam m enhang eine Schilderung von Paulus G aa. D ie H erre n schäfer sind nach seiner Aussage k u rze Zeit vor dem V orfall „V on Schw etzingen herüber zu geritten . . .“. D abei habe W ildersin gesagt „wie Sie bey der H ee rd t Schafe vorbey k ö rnen, das w ehren Ihre Schafe . . . was das vor eine schöne Bannw aydt seye, so die Bauern abgestecket haben . . .“. D arau f habe Michel G roß geantw ortet: „ .. . w ann Sie Ihm folgen w ollen, so m uß man m orgen die gantze H ee rd t Schaaf durch das gantze Feldt, biß an das D o rf hintreiben, m aßen auch des fol genden T ags geschehen . . .“ E r hat dies „vor der gantzen G em einde e rz e h le t. . .“ und be trachtete diese Ä ußerungen als die eigentli che U rsache des Streites. V alentin Linßler, der Beständer des G ren z hofes sagte aus, daß er vor ein p aar W ochen und zw ar noch vor der E rnte „drey H aufen Schaaf in selbig Feldt kom m en, welche der Schütz angetroffen, und mit dem D abey be fundenen K necht gezanket, daß E r die Schaafe in die Frucht gehen und so großen Schaden thun laßen“. Es gab ebenfalls eine tätliche A useinandersetzung. D er Schafknecht Friedrich M arx gab an, die Bannweide sei abgesteckt gewesen, aber er sei nur „hineingefahren“, weil die Schafe des T heobald Seitz bereits aufgetrieben gewesen w ären. D aher leitete er das R echt ab, auch seine Schafe in diesem Bereich w eiden zu las sen. W ieso auch T heobald Seitz mit seiner Schafherde auf das Feld kam , w urde im P ro tokoll nicht erläutert. E r schien ein Sonder recht besessen zu haben. M an frug den Schafknecht, ob er angewiesen w orden w äre, in das „Stupfelfeldt“ und in die Bannweide zu fahren. E r bejahte dies m it der Begrün dung, es sei auf der üblichen W eide „nichts m ehr zu fressen gew eßen“. H ans M ichel G roß sollte am 16. A ugust 1682 geh ö rt w erden. E r w urde w egen U npäßlich keit in seiner W ohnung zu dem Sachverhalt befragt und bestritt die W eisung, die W eide bis an das D o rf auszudehnen. W eiter gab er an: „. . . er habe nur gesagt, E r sehe alhier, daß die Plankstatter Ih r Feldt abgestecket, E r könne sich niemalen erinnern, daß eine solch große Bannwayde ab g e ste ck e t. . .“ ge wesen wäre. Die Z eugen w urden gefragt, ob die G e m einde „je und allezeit“ berechtigt gewesen sei, eine Bannweide „umb das D o rff herumb zu Stickeln“. Dies w urde voll und ganz be jaht; „. . . sowohl bey Bayerischen Zeiten, alß auch hernachher . . .“. Die K enntnis um diese Ü bung beruhte durchw eg auf m ündlicher Ü berlieferung. D ie D orfbew ohner hatten offensichtlich das V orrecht, ihr V ieh zuerst auf das abgeerntete Sommerfeld zu treiben. D er W eidebetrieb auf dem Sommerfeld sei bis Agidius (1. Sep tem ber) gestattet. A ußerdem bestätigten die Zeugen, daß es sich bei dem Recht, um das D o rf eine Bannweide zu legen, um ein altes H erkom m en handle. D ie Schäfer aber küm m erten sich nicht um dieses R echt und „fuh ren m it jhren Schafen anjetzo hin w o sie w olte n “. D en ganzen Som m er über zogen sie auch in den W ald. D ie W älder, die mit V ieh aus der Gem einde betrieben w erden durften, w aren für den H errenschäfer „zugem acht“. Dieses H erkom m en sei jedoch nunm ehr in Frage gestellt. So die einhellige Aussage der Zeugen. Das w eiter unten genannte G utach ten nim m t auch zu dieser Frage Stellung und es w ird ganz klar gesagt, „daß die Schäfer al lein in die brach und äckerte fahren dörfen, nicht in den W ald t“ und es sei ihnen zu be fehlen, „daß sie sich des W aldts . . . zu en t halten“ haben. Selbst vor den nichtabgeernteten Feldern m achten die Schäfer nicht halt. Für die D örfler sei dieses V erhalten von „größestem V erderben“. Sie kam en sogar mit drei oder vier Schafherden, einander fol gend. Jeden T ag finde ein Ü bertrieb statt, so daß für das Zugvieh des D orfes „nichts m ehr überbleiben k ö n te“. D urch die tägliche E in fuhr könnten die Bew ohner kein V ieh m ehr halten „U nd so fern dießes nicht geändert w ürde, m üßten Sie darüber crepieren“. Bei der U ntersuchung w ollte man noch w is sen, aus w elchen G ründen die Schäfer ihre Eingriffe zu beschönigen suchten. E iner der Schäfer deutete an, daß der Schaftrieb um 300 G ulden erw orben w orden w äre und aus diesem G rund könnten sie ihre Schafe w ei den lassen w ann und wo sie w ollten. Ein an derer Zeuge meinte, die Schäfer täten es „halß starriger w eiße“ und ein anderer, sie w ürden es n u r „thun, um Sie arm e Leuthe zu verderben“. D ie P lankstädter erklärten, daß sie sich nur vom „Feldtbau“ unterhalten w ü r den und große Lasten zu tragen hätten. Das ist in der T a t nicht als grundloses G ejam m er zu w erten, w enn man bei solchen Aussagen auch sehr vorsichtig sein m uß, denn bei die sen G elegenheiten w ird gerne übertrieben. Ein Blick auf die Belastungen der Bew ohner zeigt uns aber die R ichtigkeit ihrer Behaup tungen. V on einem etwas späteren Z eitpunkt wissen wir, daß sie zu 17 verschiedenen Ab gaben, einschließlich denen an die eigene 167 G em einde herangezogen w urden, darüber hinaus auch breitgefächerte Fronleistungen. D aneben w aren selbstverständlich noch Bo denzinse für H äuser und Felder an die G rundherren zu berappen. Festlegung der Bannweide W ir erfahren aus dem P rotokoll, wie die Bannweide abgesteckt w urde. Zum Z eit punkt w ird einmal gesagt, nach dem E inbrin gen der W interfrucht. Das w äre nach heuti gen Begriffen etw a M itte August. N ach einer anderen Aussage: „sobaldt der Z ehendte aus dem Feldte gew eßen“. Eine Zeitm arke also, zu der die Frucht zum indest nicht m ehr auf dem H alm stand. D er E rntevorgang und das Einsammeln der Z ehntgarben geschah meist ohne w esentliche Zw ischenräum e. M an kann also sagen, daß die Bannweide erst dann ab gesteckt w urde, w enn auf den Feldern nur noch Stoppeln w aren. Die A rt des Abstekkens w ird aus zwei Aussagen recht deutlich. D er Personenkreis könnte sich durchaus ver schoben haben, denn die eine Aussage stam m t von G eorg Born, der von 1636 bis 1673 in P lankstadt w ohnte. E r sagte, daß die Bannweide vom Bürgerm eister und „etlichen auß der G em eindt mit M ayen abgestickelt“ w orden sei. V alentin T reiber lebte w ährend des 30jährigen Krieges außerhalb, w ar aber zur Zeit des V erfahrens Schultheiß zu P lank stadt. Er gab an, daß die beiden Bürgerm ei ster und die Schützen „hinaus“ gingen, M aien abhauten und die Bannweide abge steckt haben und zw ar betraf diese M aß nahm e das halbe Stoppelfeld. Diese Aussage zeigt ein Stückchen Selbstverwaltung der G emeinde. N icht der Schultheiß nahm diese Aufgabe w ahr, sondern die beiden Bürger meister und die Schützen. D er eine Bürger meister stam m te zw ar aus dem Kreis der G e richtsm änner und w urde deshalb oft G e richtsbürgerm eister genannt. E r hatte bei die ser P ro zed u r w ahrscheinlich die Interessen der H errschaft zu vertreten. D er andere w ar ein D eputierter, also reiner G em eindevertre 168 ter, deshalb auch „gem einer B ürgerm eister“. Aus späteren G em einderechnungen wird sichtbar, daß der G erichtsbürgerm eister bei der R echnungslegung an sich federführend w ar. T ro tzd em w ar die K ennzeichnung der W eidegründe Sache der G emeinde. Das Bei sein der Schützen unterstreicht die Bedeu tung. Auch d er G erichtsbürgerm eister dürfte w ohl nicht gegen das W ohl der D orfge m einde und dam it gegen sein eigenes ent schieden haben. Z eitdauer und U m fang der Bannweide Es erhob sich auch die Frage, wie lange die Bannweide bestehen blieb. D ie A ngaben der Zeugen bezogen sich auf den konkreten Fall, nämlich des Schafweidens im Sommerfeld. Dieses w urde nach der herrschenden A uffas sung m it der H afer- und G erstenernte zur Brache. N ach heutigen V erhältnissen w ird die G erste Ende Ju li/A n fan g A ugust geern tet. Das scheint auch damals der Fall gew e sen zu sein, denn das Protokoll träg t das D a tum vom 28. Juli 1682. Die H aferern te ist heute auf den M o n at A ugust anzusetzen. D ie Brache hat also von diesem Z eitpunkt an bis zu r A ussaat der W interfrucht bestanden. Das w äre der M o n at O k to b er des folgenden Jahres. Die W interfrucht w ird heute eben falls im A ugust geerntet. D a das W inter fruchtfeld zum Sommerfeld w urde, lag die ses Feld bis zu r A ussaat der Som m erfrucht im M ärz des nächsten Jahres brach. Aus dem Protokoll w ird deutlich, daß das W inter fruchtfeld bis zur H aferaussaat bew eidet w erden durfte. W enn man also den Dreifelder-Zyklus in der Reihenfolge W interfrucht — Som m erfrucht — Brache sieht, w ar das Feld doch erheblich lange nicht mit Früchten bestanden. Eine Fruchtfolge Som m erfrucht — W interfrucht — Brache hätte etw a acht A nbaum onate insgesam t m ehr gebracht. Bei dieser B etrachtung müssen w ir aber die fast fehlende D üngung und den V orteil für die V iehhaltung sehen. D er U m fang der Bannweide w urde von den Z eugen unterschiedlich angegeben. M an sagte 3, 2 oder 3, 3 bis 4, 1 bis 1/4 u n d 3 bis 4 A ckerlängen vom D o rf etter entfernt. N un ist eine A ckerlänge nach heutigem V erständnis ein unbestimmtes M aß und w ohl auf örtliche G ew ohnheiten abgestellt. Einer der Zeugen sprach von „Äckerlin“. U m das D o rf herum lagen einige vom Ausmaß her ungew öhnliche G üterteile, der größte maß 54 M orgen. W enn man aber die V erniedlichung des Akkerbegriffs in Betracht zieht und die spätere Parzellierung berücksichtigt, so dürfte unter einer A ckerlänge nach unseren M aßen etwa 150 bis 200 M eter verstanden w orden sein. D as vorgeschlagene U rteil über die E ntfer nung der Bannweide vom D o rf dürfen wir vorw egnehm en. N ach Berücksichtigung der Aussagen und der G rundstückslagen w urde die B egrenzung auf eineinhalb A ckerlängen vorgeschlagen. D as w ären also rund 220 bis 300 M eter um den dam aligen D orfetter, der im Süden bis zu r heutigen Friedrichstraße reichte, im W esten bis zur Straßengabel Schw etzinger Straße — B rühler W eg, im N o rd en bis zur Straßengabel G renzhöfer — W ieblinger Straße und w ar im O sten etwa mit der heutigen Bebauung identisch. W ie kam nun der G utachter zu dem V o r schlag, die Bannweide auf eineinhalb A cker längen festzusetzen? E r bezog sich auf die A ussagen der fünf Z eugen mit den recht un terschiedlichen A ngaben bezüglich der Zahl der A ckerlängen und führte aus: „. . . weilen nun in den Zahlen die kleineren unter den größeren begriffen ist, so stimmen bey dieser Variation alle außagen auf die geringste, nemlich 1 oder höchsten anderthalb A cker länge überein.“ D en P lankstädtern sei zu „befehlen“, dieses M aß einzuhalten, da „also das übrige Stoppelfeld außer den bannen o der V erbott bleibt und dem nach unter der Schäferey Befugnuß gehören“. W eiter m einte er sie anzuw eisen, „biß auf weitere V erordnung dabey zu bleiben, im übrigen aber und außer solcher Bannw eyden den Schäfern keinen E intrag zu tun, — und ih nen den ungestörten Ü bertrieb — w an sie wollen (außer w an die Früchte o der der Z ehnde noch im Felde liegt) w ieder zula ßen . . .“. D as w aren klare W orte, zum al auch noch deutlich w urde, „daß kein Schäfer vor Laurentij T ag (10. August) nicht dörfe auf das Stoppelfeld fahren . . .“. Die Zeugen w ollten d arüber hinaus wissen, daß die Ü ber triebsrechte der Schäfer lediglich für zwei T age in der W oche bestanden. In einem „W aidbüchlein“ von 1535 w aren diese Rechte festgehalten und wie folgt umrissen: Schwetzingen: „das gantze Ja h r auf Brach, Egerten (G rasgärten), W iesen nach M artini (11. N ovem ber) bis St. G eorg (23. April), auch im Bruch wie in den W iesen“. Oftersheim: Brache, E gerten das ganze Jahr, „W iesen und W asen biß St. G eorgs T a g “ (23. April). Plankstadt: Brache und E gerten, das ganze Jahr. Ketsch: Brache und E gerten, das ganze Jah r „und die W iesen und W asen nach M artini (11. N ovem ber) bis St. Jö rg T a g “ (23. April). „Brüel“: W ie Ketsch. Rohrhof: Brache und Egerten das ganze Jahr. „W iesen und W asen nach M ichaeli (29. Sep tem ber) bis St. G eo rg “ (23. April). Grensheim: Brache und Egerten das ganze Jahr. D ie Schlägerei Es w ar sicherlich schwierig, in diesem Falle zu einer R echtsfindung zu kom m en. M an berücksichtigte offenbar eine Anweisung des T heobald Seitz: „E r habe seinen K nechten schon befohlen, w an hiernechst w ieder ein Schütz o d er Bauer zu Ihnen kom m e, Sie schlagen o der ein Schaaf nem m en wolle, So solten Sie sich w ehren so gut Sie können . . . U nd w an Sie schon jem and g ar darüber T odtschlagen w ürden, w olte E r es schon verantw ortten.“ D ie H errenschäfer, und das m ußte der „D eponent“ eingestehen, hatten dem Schafknecht zw ar befohlen „die be 169 rechtigte O rth täglich, jedoch jeder M ann ohne Schaden, zu befahren“. Die G utachter behielten, tro tz aller U nge reim theiten, od er gerade w egen ihnen, einen kühlen K opf und schlugen ein w ahrhaft salo monisches U rteil vor. D er W irt H ans Jakob W eber m ußte sich nach der Schlägerei durch den „C hirurgus“ Philipp K aspar Zobel aus H eidelberg behandeln lassen. Zobel spezifi zierte in seiner H o n o rarfo rd eru n g vom 9. A ugust 1682 die Blessuren des W eber: „ . . . alß habe ich dieselbe am 26. July daß erste mahl verbunden, zw o W unden hinder halb das H au p t die erste W oche granicum ei nes großen Breit plos gelegen, die andter welche biß auf das granicum gelegen, aber nicht bloß befunden diß beyder H au p t w u n den ziemlich mit einer H ölligkeit begriffen, an beyde arm e habe ich in verbunden w o die nähm lich ziemlich zerschlagen das dieselbe herauf geloffen dardurch er etliche T age den Kleinfinger nicht w ohl bewegen können, an der rechten Fus an denen E hr uf die verhaulich der W adre ziemlich zerschlagen das er etliche T age nicht wohl gehen können, ver bunden.“ Am 14. A ugust 1682 schrieb er „er hätte acht T age nach P lankstadt „hinaus gehen“ m üs sen, um den W irt zu verbinden, „da sich sol ches zur Besserung geschickt“. A uf jeden Fall entstanden A rztkosten in H ö h e von 19% G ulden. D er Schafknecht hatte auf G eheiß seiner H erren die W eidebe stim m ungen m ißachtet. Sie und der K necht sollten nach M einung der G utachter alle K o sten je zu r H älfte tragen. A ber auch der W irt kam nicht ungeschoren davon. Es w urde die M einung vertreten, da der K necht sowieso nicht zahlen könne „hat der beschädigte W irth solches zu leiden . . . und hat sich des sen um so viel w eniger zu beschw ehren weil Er gar großen A nlaß hierzu geben“. W eiter w aren die G utachter der A uffassung: „. . . darüber die Schläge bekom m en, also gar nicht unbillig, w ann E r ein Theil an den U n kosten da der K necht sie nicht bezahlen kann, tragen m uß.“ 170 Dam als — fast wie heute Eine kleine N achlese sei noch genannt. Im Protokoll sind einige W ö rter aufgetaucht, die m an im P lankstädter D ialekt noch heute ähnlich ausspricht. N atürlich klingen sie auch in der näheren U m gebung Plankstadts annähernd gleich auf. In der anschließenden Ü bersicht steht dem hochdeutschen W ort das im Jahre 1682 geschriebene und das W o rt in d er heutigen A usprache gegenüber: Ä ckerchen anders auf auf dem aussäen Dielheim dürfen eher gehabt genug geschim pft G ren zh o f herauf heraus herüber nehm en niem and Stoppeln überlaufen V a ter w äre er w erfen = Äckerlin = anderst = uf = ufm = ausseen = D iehlen = dörfen = ehender = gehatt = genung = geschennt = G rienzhoff = heruf = hiernauß = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = herieber nem m en nim m and Stupfein überloffen V a tte r w ehre E hr = = = = = = = = schm eißen = Eggalinn annaschd uf uffim auseä D iehlä deafä ähnda ghatt genunk gschännt G rienshouf ruff naus (raus) (O rtsbestim m ung) riwwa näm m ä nim m and Schdubbl iwwerloffä V adda w eh-ra (zusam m en gezogen) schmeissä W ir wissen im Augenblick nicht, ob das U r teil den V orschlägen der Sachverständigen entsprach. A ber das Protokoll h at uns doch vieles erzählt, w enn auch m anchm al nur zw i schen den Zeilen: aus dem Alltag der M en schen in jen er Zeit und über G epflogenheiten im dörflichen Leben. Literatur B ader, K arl Siegfrid, Das m ittelalterliche D o rf als Friedens- und Rechtsbereich. — D orfgenossen schaft und D orfgem einde. Studien z u r Rechtsge- schichte des m ittelalterlichen D orfes (Das D o rf II.), Köln — G raz 1962 Die Stadt- und Landkreise H eidelberg und M ann heim. Am tliche K reisbeschreibung, Band I. 1966, Band III. 1970 1200 Jahre Entw icklung und Geschichte — P lank stadt, 1970 Anmerkungen ') G enerallandesarchiv K arlsruhe (GLA): 229/83312 „Plankstadt W eidgang von der G e m einde — Bannweide um das D o rf“ . Aus dieser A kte sind die wesentlichen Bestandteile der A b handlung entnom m en. A ndere Q uellen w erden be sonders genannt. 2) G em eindearchiv Plankstadt GA): B 82 3) GA B 91 in V erbindung m it w eiterführenden Forschungen des Verfassers. 4) GA B 91 5) G A B 100 6) G A B 91 7) GA R 23/2 4 8) G A B 91 9) GLA 66/3482 10) GA B 82 “ ) G A B 100 12) G A B 91 n ) G A B 91 M) G A B 91 15) G A B 82 16) G A B 91 17) G A B 91 18) G A B 91 19) GA B 91 20) GA B 91 21) G A R 161 22) G A R 195/196 23) GA R 302/303 F riejohr Drauß wäär schun Nacht un schdill un pletzlich hot-sich uf-im Schreibdisch was bewegt. Gewähnlich bewege sich uf-im un um-in rum blouß Gedanke un die sieht ma erschd, wann sie uf-im Papier schdähne. Awwer dess, wu do gekrawwelt isch, wäär ä Herrgottskefferle, vum Friehling durch in Fenschderschpalt gschickt. Ä bissel matt hot’s die Flieget ghoowe un dann hot sich’s hinner in Kuggelschreiwer gelegt un isch eigschloofe. M sou in blutjunger Friehling ward halt ball mied. Eugen Pfaff 171