Offener Brief der Personalvertretungen der Jobcenter

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Offener Brief der Personalvertretungen der Jobcenter
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Herr Alexander Kraft
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Jobcenter München Mühldorfstraße, Mühldorfstr. 1, 81671 München
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19. Januar 2015
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Offener Brief der Personalvertretungen der Jobcenter (gemeinsamen Einrichtungen) in Bayern
Sehr geehrte Damen und Herren,
—
die Bundesregierung hat die Jobcenter (gemeinsame Einrichtungen) durch die Bundesagentur für Arbeit am 22.12.2014 angewiesen, zum 01.01.2015 zur Erhöhung der sogen. „Kassensicherheit in den IT-Verfahren“ Leistungen des Bundes nur noch im 4-Augen-Prinzip zu
gewähren, statt wie bisher per Stichproben die korrekte Leistungsgewährung zu prüfen und
nur in Einzelbereichen abweichend das 4-Augen-Prinzip zu nutzen.
Das „Konsultationsverfahren“ des zuständigen Fachministeriums zeichnete sich durch besondere Ignoranz aus. Mit sofortiger Wirkung wurde die Neufassung der Bestimmungen über
die Mindestanforderungen für den Einsatz automatischer Verfahren im Haushalts-, Kassenund Rechnungswesen des Bundes umgesetzt.
Länder und kommunale Spitzenverbände hatten auf die Unmöglichkeit des Vorgehens hingewiesen. Die Personalvertretungen der Jobcenter waren vorsichtshalber erst gar nicht einbezogen worden. Es wurde auf kein Argument von Praktikern auch nur ansatzweise argumentativ eingegangen.
—
Diese Argumente sind folgende:
1. Der durch die Weisung erzeugte zusätzliche Arbeitsaufwand ist erheblich. Die zusätzliche Belastung führt die Organisation in einigen Bereichen über den Rand des Zumutbaren.
2. Es ist der Bundesregierung und der von ihr beauftragten Bundesagentur in 10 Jahren
seit Einführung des SGB II nicht gelungen, eine Personalbemessung im Leistungsbereich der Jobcenter durchzuführen und mit einem fundiertem, handlungsrelevanten
Ergebnis abzuschließen. Aus dem nun schon seit fast eineinhalb Jahren laufenden
Personalbemessungsverfahren kann man lediglich eine Gewissheit entnehmen: In
vielen Bereichen der Jobcenter können offensichtlich einige erforderliche Arbeiten
-2Postanschrift
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-2nicht oder nicht in wünschenswerter Tiefe verrichtet werden, weil bereits jetzt in weiten Flächen dauerhaft eine objektiv zu geringe Personalausstattung besteht.
3. Bis zum 30.06.2015 sind die Datenbestände zur Leistungsgewährung im SGB II vom
völlig ungeeigneten IT-Verfahren „A2LL“ zum besser geeigneten, aber noch nicht zu
100% einsatzbereiten IT-Verfahren „ALLEGRO“ zu überführen. Die Folge hiervon: eine anhaltende Doppelbelastung durch Arbeit mit zwei Verfahren. Alle Datensätze
müssen einzeln, von Hand, durch fachkundige Mitarbeiter, mit hohem Zeitaufwand –
zusätzlich zur alltäglich anfallenden Arbeit – übertragen werden.
Der Bundesagentur und somit auch dem zuständigen Bundesministerium für Arbeit
und Soziales ist bekannt, dass die Personalräte der Jobcenter die Bewältigung dieser
zusätzlichen Aufgabe bis zum 30.06.2015 ohne massiven zusätzlichen Personaleinsatz für nicht zu leisten halten. Ursprünglich war dies eine hochgerechnete Vermutung, die aber inzwischen gut belegbar ist. Die Geschäftsführungen der Jobcenter
haben deshalb auch bereits begonnen, weitreichende Anordnungen von Überstunden
bei ihren Personalvertretungen zu beantragen, weil die Zeitplanung der Bundesagentur bezüglich der Umstellungsarbeit wissentlich und erkennbar nicht realisierbar ist
und niemals war.
In dieser Situation verschärft das Ministerium die Überlastung der Jobcenter.
4. Seit Einführung des SGB II sind die ARGEn und nachfolgend die Jobcenter Spielraum für die Neugestaltung des Öffentlichen Dienstes nach Leitbild einer „modernen
Dienstleistungsorganisation“. Im Wesentlichen bedeutet das: Steuerung über auf ein
Minimum begrenzte Budgets und aus der Betriebswirtschaft hergeleiteten Kennzahlen. Es bedeutet weiter: permanenten Kürzungsdruck, ohne dabei die jeweils erforderliche Aufgabenkritik zu üben. Mit anderen Worten: fortlaufende qualitative und
quantitative Ausweitung von Aufgaben unter ständiger Kürzung der dafür vorhandenen Mittel.
Dieses Vorgehen ist nur dann gegenüber Mitarbeitern und Leistungsempfängern
ethisch zu vertreten, wenn man den Jobcentern Handlungsspielräume gibt, wie, in
welcher Tiefe und eben auch mit welchen Prüfmechanismen diese Aufgaben durchzuführen sind. Alles andere wäre ein Rückfall in klassische Behördenstrukturen.
Eines von beiden geht nur: Behörde oder Dienstleistungsorganisation. Beides zur
gleichen Zeit muss die Beschäftigten in den gemeinsamen Einrichtungen überfordern!
5. Die Begründung des Ministeriums für diese Anweisung zur Unzeit, es handele sich
um Maßnahmen zur Erhöhung der Kassensicherheit, steht erklärungsfrei im Raum.
Ist eine Erhöhung der Kassensicherheit derzeit erforderlich? Warum ist sie erforderlich? Worin besteht die Gefährdung der Kassensicherheit? Gibt es Hinweise auf
massiven, flächendeckenden Betrug durch die Mitarbeiterschaft, die die einseitige
Erschwerung der Arbeitsbedingungen rechtfertigen würden? Und wenn nein, was ist
das eigentliche, nachvollziehbare Ziel der Maßnahme?
Hierzu gibt es keine Aussage. Wir hätten gerne eine!
Die vorliegende Anweisung stellt aus Sicht der Beschäftigten der Jobcenter in Deutschland
einen Schlag gegen die Funktionsfähigkeit der Organisation dar. Wir empfinden das Vorgehen als Ausdruck der Geringschätzung, als Misstrauensbekundung und gleichgültige Behinderung der Arbeit die dem Wohl der hilfebedürftigen Bürgerinnen und Bürger dient. Die von
uns betreuten Mitbürger sind auf die von uns gewährten Leistungen angewiesen und haben
-3-
-3hierauf im Übrigen noch immer einen grundgesetzlichen Anspruch. Den Geschäftsführungen
wurde für August eine programmseitige Prüferleichterung zugesagt, somit ist es für uns nicht
nachvollziehbar warum wir bis dahin nicht mit dem alten Prüfschema weiterarbeiten und erst
einmal die Programmumstellung erledigen können. Theoretisch wurden die Kassenbestimmungen bereits seit 2011 missachtet, so dass nicht nachvollziehbar ist, dass man nun überstürzt während der EDV-Umstellung weitere Belastungen provoziert, anstatt noch ein paar
Monate abzuwarten.
Wir bitten Sie in Ihrer Funktion mit uns dafür zu sorgen, dass die Arbeit in den Jobcentern
nicht endgültig unzumutbar wird.
Wir bitten Sie in Ihrer Funktion mitzuhelfen, dass die bestehenden Gesetze zur Sicherung
von hilfebedürftigen Bürgerinnen und Bürger umgesetzt werden können.
Wir hoffen auf Ihr Verständnis.
gez.
Alexander Kraft
Jobcenter München
Personalratsvorsitzender
gez.
Eva Schmauser
Jobcenter Bamberg
Personalratsvorsitzende
gez.
Klaus Feile
Jobcenter Nürnberg
Personalratsvorsitzender
gez.
Anna Grau
Jobcenter Augsburg
Personalratsvorsitzende
gez.
Martin Hoppe
Jobcenter Stadt Würzburg
Personalratsvorsitzender
gez.
Klaus Schneider
Jobcenter Landkreis Miltenberg
Personalratsvorsitzender
gez.
Norbert Zimmek
Jobcenter Landkreis Regensburg
Personalratsvorsitzender
gez.
Jutta Hofmann
Jobcenter Landkreis Neustadt/Aisch – Bad
Windsheim
Personalratsvorsitzende
gez.
Erich Schnörer-Hohner
Jobcenter Landkreis Fürth
Personalratsvorsitzender
gez.
Stefan Reil
Jobcenter Rosenheim
Personalratsvorsitzender
gez.
Reinhard Moser
Jobcenter Straubing-Bogen
Personalratsvorsitzender
gez.
Lydia Schropp
Jobcenter Dingolfing-Landau
Personalratsvorsitzende
gez.
Stefan Weigert
Jobcenter Stadt Regensburg
Personalratsvorsitzender
gez.
Dieter Burock
Jobcenter Fürth Stadt
Personalratsvorsitzender
gez.
Alfred Strahl
Jobcenter im Landkreis Cham
Personalratsvorsitzender
-4-
-4gez.
Ralf Doschat
Jobcenter Amberg-Sulzbach/Stadt Amberg
Personalratsvorsitzender
gez.
Albert Leberle
Jobcenter Landkreis Starnberg
Personalratsvorsitzender
gez.
Inge Künzel
Jobcenter Bayreuth Land
Personalratsvorsitzende
gez.
Stefan Geiger
Jobcenter Landsberg am Lech
Personalratsvorsitzender
gez.
Monika Kraus
Jobcenter Landkreis Regen
Personalratsvorsitzende
gez.
Peter Utz
Jobcenter Landkreis Neumarkt in der
Oberpfalz
Personalratsvorsitzender
gez.
K. Peter Schneider
Jobcenter Landkreis Lichtenfels
Personalratsvorsitzender
gez.
Susanne Wilke
Jobcenter Landkreis Rosenheim
Personalratsvorsitzende
gez.
Bernd Röhner
Jobcenter Haßberge
Personalratsvorsitzender
gez.
Florian Fischer
Jobcenter Kitzingen
Personalratsvorsitzender
gez.
Eva-Maria Konrad
Jobcenter Forchheim
Personalratsvorsitzende
gez.
Reinhard Zergiebel
Jobcenter Ebersberg
Personalratsvorsitzender
gez.
Andreas Müller
Jobcenter Memmingen
Personalratsvorsitzender
gez.
Marion Ühla-Mayer
Jobcenter Hof Stadt
Personalratsvorsitzende
gez.
Ingo Stechbarth
Jobcenter Berchtesgadener Land
Personalratsvorsitzender
gez.
Gerhard Baumer
Jobcenter im Landkreis Schwandorf
Personalratsvorsitzender
gez.
Marco Hubert
Jobcenter Stadt Aschaffenburg
Personalratsvorsitzender
gez.
Elke Tillmann
Jobcenter Traunstein
Personalratsvorsitzende
gez.
Müge Borst
Jobcenter Landkreis Kelheim
Personalratsvorsitzende
gez.
Marco Bächer
Jobcenter Hof Land
Personalratsvorsitzender
gez.
Hannelore Kalinke
Jobcenter Schwabach
Personalratsvorsitzende
gez.
Peter Leutbecher
Jobcenter Landkreis Lindau
Personalratsvorsitzender
-5-
-5gez.
Joachim Madeja
Jobcenter Donau-Ries
Personalratsvorsitzender
gez.
Karin Hildebrand
Jobcenter Weiden-Neustadt
Personalratsvorsitzende
gez.
Helmut Regus
Jobcenter Stadt Bamberg
Personalratsvorsitzender
gez.
Anton Harlacher
Jobcenter Wittelsbacher Land
Personalratsvorsitzender
gez.
Mario Rabenbauer
Jobcenter Fichtelgebirge
Personalratsvorsitzender
gez.
Armin Horwarth
Jobcenter Erlangen-Höchstadt
Personalratsvorsitzender
gez.
Doris Glück
Jobcenter Landkreis Kronach
Personalratsvorsitzende
gez.
Wolfgang Ziegler
Jobcenter Landkreis Schweinfurt
Personalratsvorsitzender
gez.
Jürgen Lieb
Jobcenter Bad Kissingen
Personalratsvorsitzender
gez.
Renate Kleemann
Jobcenter Weißenburg-Gunzenhausen
Personalratsvorsitzende
gez.
Sabine Kötter
Jobcenter Mühldorf am Inn
Personalratsvorsitzende
gez.
Franz Hauber
Jobcenter Passau Stadt
Personalratsvorsitzender
gez.
Robert Griesbauer
Jobcenter Eichstätt
Personalratsvorsitzender
gez.
Corina Stadlmayr
Jobcenter Neuburg-Schrobenhausen
Personalratsvorsitzende
gez.
Monika Tilp
Jobcenter Pfaffenhofen an der Ilm
Personalratsvorsitzende
gez.
Jens Nitschel
Jobcenter Landkreis Aschaffenburg
Personalratsvorsitzender
gez.
Jan Behrend
Jobcenter Coburg Land
Personalratsvorsitzender
gez.
Rico Hornauer
Jobcenter Main-Spessart
Personalratsvorsitzender
gez.
Manfred Sommer
Jobcenter Tirschenreuth
Personalratsvorsitzender
gez.
Herbert Bauer
Jobcenter Fürstenfeldbruck
Personalratsvorsitzender
gez.
Martin Haff
Jobcenter Ostallgäu
Personalratsvorsitzender
gez.
Günther Bruckmeier
Jobcenter Altötting
Personalratsvorsitzender
-6-
-6gez.
Stefan Bitzl
Jobcenter Garmisch-Partenkirchen
Personalratsvorsitzender