Schadensanalyse 2014 - 2015 - Vorlesung 11 - Die Otto
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Schadensanalyse 2014 - 2015 - Vorlesung 11 - Die Otto
SCHADENSANALYSE GEFÜGTER BAUTEILE Hon.-Prof. Dr.-Ing. Thomas Böllinghaus Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung Unter den Eichen 87 D-12205 Berlin Tel.: +49-30-8104-1020 Fax: +49-30-8104-1027 e-mail: [email protected] web: www.bam.de INSTITUT FÜR WERKSTOFF- UND FÜGETECHNIK Hon.-Professur Schadensanalyse und Schadensprävention Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Universitätsplatz 2 39106 Magdeburg [email protected] OTTO-VON-GUERICKE-UNIVERSITÄT MAGDEBURG Institut für Werkstoff- und Fügetechnik Übersicht: Vorlesungsthemen II – WS 2014/2015 SWS: 2V/1Ü Vorlesung Schwerpunkte 9 (2h) 12. 12. 14 Betrieb gefügter Bauteile II – Gewalt- und Schwingbruch von Schweißverbindungen, betriebssichere Auslegung von dynamisch-mechanisch beanspruchten Komponenten 10 (2h) 19. 12. 14 Betrieb gefügter Bauteile III – Spezifische Korrosionsschäden an gefügten Bauteilen ohne mechanische Beanspruchung (Flächenkorrosion, Selektive Korrosion etc.) 11 (2h) 19. 12. 14 Betrieb gefügter Bauteile IV – Spezifische Korrosionsschäden an gefügten Bauteilen ohne mechanische Beanspruchung (Lochkorrosion, Spaltkorrosion) 12 (2h) 09. 01. 15 Betrieb gefügter Bauteile V - Spezifische Korrosionsschäden an gefügten Bauteilen mit mechanischer Beanspruchung (Spannungsrisskorrosion, Schwingungsrisskorrosion) 13 (2h) 09. 01. 15 Spezielle Versagensmechanismen: Hydrogen Assisted Cracking und Liquid Metal Embrittlement 14 (2h) 30. 01. 14 Prüfung und Schadensvermeidung an gefügten Bauteilen (Online-Monitoring, Simulationsversuche), Bezüge zwischen Schadensanalyse und Komponentensicherheit (Prüfketten, Bauteiltransfer, Simulationsrechnungen) 15 (2h) 30. 01. 15 Wiederholung und Zusammenfassung 2 3 Schadensanalyse gefügter Bauteile Vorlesung 11 Betrieb gefügter Bauteile IV – Spezifische Korrosionsschäden an gefügten Bauteilen II: Korrosionsschäden ohne mechanische Beanspruchung – bearb eitet von: Lochkorrosion, Spaltkorrosion Dr.-Ing. Th. Böllinghaus VP u. Prof. VII. Korrosionsschäden ohne mechanische Beanspruchung Korrosionsarten nach DIN EN 8044 Gleichmäßige Flächenkorrosion Interkristalline Korrosion Muldenkorrosion Lochkorrosion Spaltkorrosion Bimetallkorrosion (Kontaktkorrosion) Mikrobiologisch induzierte Korrosion Spannungsrisskorrosion Schwingungsrisskorrosion I. Einführung Korrosion als Bauteileigenschaft Konzentrationsunterschiede Chloridgehalt Medium pH-Wert Beanspruchung durch ein ….. Inhibitoren Temperatur Redoxpotential chem. Zusammensetzung Verarbeitung Oberfläche Strömungsbedingungen Spaltbildung Elementverteilung Gefügeausbildung Wärmeübergang Konstruktion Mischinstallation Werkstoff Hinterlüftung © Isecke: Düsseldorfer Edelstahltage 2006 I. Einführung Schadensursache Korrosion I-35: 2007 – 08 – 01 I. Einführung Ursachen – (Spalt?)-Korrosion unter den Knotenblechen The end of U9'/U10'W, showing the fractured west gusset plate The brittle fracture region above the noncharacteristic fracture area displayed chevrons, fracture traces and a rough, faceted surface typical of brittle fracture in steels. The fracture features indicated that the brittle fracture initiated in the middle of the plate at the edge of the non-characteristic fracture area and propagated vertically upward the fracture surface was predominately transgranular cleavage with small isolated areas of ductile dimples, Node L11 East, showing corrosion adjacent to the fracture in the west gusset plate. View is looking north at the inside (east) face of the west side plate of L10/L11E. I. Einführung Ursachen – (Spalt?)-Korrosion unter den Knotenblechen und nachfolgende Spannungsrisskorrosion ? II. Lochkorrosion Entstehung Entstehung durch Chloride, ggf. S Mechanismen nicht ganz klar Lochkeimbildung durch oberflächennahe Ausscheidung von Sulfiden und Oxiden als Ausgangspunkte Bildung an einem MnS-Einschluss (z. B. Feinkornbaustahl) 1. Anreicherung von Cl--Ionen 2. Bildung und Platzen einer Blase 3. Auflösung des MnS 4. Abscheidung von elementarem S 5. Auflösung des Einschlusses Lochwachstum bei intensiver Wechselwirkung von Cl--Ionen mit dem aktivierten Werkstoff bei sinkendem pH-Wert und nachfolgend ablaufender Hydrolyse Häufigste drei propagierte Mechanismen der Lochkorrosion: Penetrations-Mechanismus, Filmbruch-Mechanismus, AdsorptionsMechanismus © Wendler-Kalsch, Gräfen: Korrosionsschadenkunde II. Lochkorrosion Entstehung Lochkeimbildung durch oberflächennahe Ausscheidung von Sulfiden und Oxiden als Ausgangspunkte Lochwachstum bei intensiver Wechselwirkung von Cl--Ionen mit dem aktivierten Werkstoff bei sinkendem pH-Wert und nachfolgend ablaufender Hydrolyse © Kaesche: Die Korrosion der Metalle Ablauf der Lochkorrosion auf der Oberfläche Stahles mit Passivschicht II. Lochkorrosion Lochkorrosion durch Oxidschichten (Anlauffarben) © Wendler-Kalsch, Gräfen: Korrosionsschadenkunde Chromverteilung im Oberflächenbereich eines nicht-rostenden Stahles mit dünner Oxidschicht (Anlaufschicht) unter Begünstigung der Loch- und Spannungsrisskorrosion Anlauffarben sind ca. 50 bis 500 nm dicke Oxidschichten Nachbehandlung durch Beizen Schleifen ist wegen der ansteigenden Empfindlichkeit der Oberfläche für Spannungsrisskorrosion nicht empfehlenswert Meinung, Oxidschichten als harmlos zu belassen, ist irrig II. Lochkorrosion Vermeidung I Maßnahmen hsl. des Werkstoffes - Erhöhung des Cr- und Mo-Gehaltes - Erhöhung des N-Gehaltes (Vorsicht: CrN-Ausscheidungen in Duplexstählen) - Senkung des S- und Mn-Gehaltes - glatte Oberflächen - Vermeidung von Anlauffarben, Beizen Maßnahmen hsl. des Mediums - Verminderung der Cl--IonenKonzentration - Absenkung der Temperatur - Erhöhung des pH-Wertes - Erhöhung der Strömungsgeschw. - Vermeidung von Oxidationsmitteln - Vermeidung von stehenden Medien - Vermeidung von Ablagerungen - Vermeidung von Cl--IonenAufkonzentrierungen in Spalten - Zugabe von Inhibitoren II. Lochkorrosion Vermeidung II © Isecke: Düsseldorfer Edelstahltage 2006 II. Lochkorrosion Wirksumme und Beständigkeit von Werkstoffen W = % Cr + 3,3 • % Mo + x • % N 0 x 30 1.4301 X5CrNi18-10 Austenitisch 18 1.4401 X5CrNiMo17-12-2 Austenitisch 24 1.4462 X2CrNiMoN22-5-3 Ferritischaustenitisch 35 X1NiCrMoCuN25-20-6 Austenitisch 44 1.4529 © Isecke: Düsseldorfer Edelstahltage 2006 Corrosion Under Insulation (CUI) of 316L Stainless Steel Pipe Insulated line for ozonated water The pipe system installed on the rooftop of pharmaceutical production plant, consisting of two lines for steam, two lines for ozonated water and one line for waste water. Pitting corrosion occurring on the ourter surface of ozonated pipe. II. Lochkorrosion Lochkorrosion an einer Rohrleitung infolge Mikroorganismen Schaden: Leckagen an einer Betriebswasserversorgungsleitung Bauteil: Rohrabschnitt Beanspruchung: korrosiv über vier Jahre durch Mikroorganismen mit hoher Anreicherung der Anionen SO42-, PO42- und Cl Konstruktion: Rohrleitung mit Korrosion einer Schweißnaht aus einem Wurzeldurchhängen die austenitischen Stahl (1.4571) die Anlagerung von Mikrodurch Korrosion organismen begünstigen infolge von Mikroorganismen Werkstoff: Austenitischer Stahl © Wendler-Kalsch – Korrosionsschadenkunde 1.4571 Primärschaden: Lochkorrosion durch Mikroorganismen Ursache: Hoher Anteil von Mikroorganismen und anfälliger Werkstoff Schadensvermeidung: Wahl eines korrosionsbeständigeren Werkstoffs II. Lochkorrosion Lochkorrosion an einer Abzugshaube Lochkorrosion an einer Abzugshaube © Isecke: Düsseldorfer Edelstahltage 2006 Schaden: Leckagen an einer Abzugshaube Bauteil: Schachtabschnitt Beanspruchung: korrosiv Konstruktion: Kantiges Profil Werkstoff: Austenitischer Stahl 1.4571 Primärschaden: Lochkorrosion Ursache: Anfälliger Werkstoff mit niedriger Wirksumme Schadensvermeidung: Wahl eines korrosionsbeständigeren Werkstoffs II. Lochkorrosion Lochkorrosion an Schweißverbindungen I © Isecke: Düsseldorfer Edelstahltage 2006 Lochkorrosion in einer Schweißnaht (Auszug aus einem Gutachten der BAM)) II. Lochkorrosion Lochkorrosion an Schweißverbindungen II Aussehen von WIG-geschweißten Rohrrundnähten. a) Anlauffarben an der Schweißnaht (wurzelseitig) eines nach dem WIGVerfahren geschweißten 1.4571-Rohres (DN125) b) Anlauffarbenarme Rundschweißnaht (Wurzelseite) einer 1.4571-Rohrleitung (DN 150), WIG geschweißt © Wendler-Kalsch, Gräfen: Korrosionsschadenkunde II. Lochkorrosion Lochkorrosion an Schweißverbindungen II Lochkorrosion in der WärmeeinflußZone und dem Schweißgut einer Ungebeizten Schweißnaht eines Trinkwasservorrattanks mit AnlaufFarben (Werkstoff_ X10CrNiMoTil8-10, Werkst. Nr.: 14.4571 a) Ansicht eines herausgetrennten Stückes mit Lochkorrosion, b) Lochfraßstelle nach Abbürsten, c) Ansicht nach Aufbrechen. Die starke Braunfärbung ist auf Rostablagerung zurückzuführen, die von den aus den Löchern ausgetretenen Eisenionen verursacht werden © Wendler-Kalsch, Gräfen: Korrosionsschadenkunde III. Lochkorrosion Einflüsse des Schweißens © Isecke: Düsseldorfer Edelstahltage 2006 Risse und Lochkorrosion ausgehend von Anlauffarben Geringere Korrosionsbeständigkeit der Schweißnaht bzw. des Schweißnahtbereiches durch: Chromverarmung an den Korngrenzen Zunderschichten, Anlauffarben und Schlackereste stören oder verschlechtern den Aufbau von Passivschichten Schweißfehler (nicht durchgeschweißte Wurzeln, Poren oder Absätze) Seigerungen und Phasenausscheidungen bei hochlegierten Stählen bei artgleichem Schweißgut III. Spaltkorrosion Entstehung © Wendler-Kalsch, Gräfen: Korrosionsschadenkunde Ausbildung eines Belüftungselementes infolge Sauerstoffverarmung im Spalt Sauerstoffverbrauch im Spalt durch kathodische Sauerstoffreaktion, Sättigung des Spaltelektrolyten mit Cr(OH)3, Passivschichtbildung bei Überschreiten der Sättigungsgrenze Trennung der Spaltreaktionen von der Umgebung, Passivschichtbildung durch Hydrolyse des Cr, Ersatz der Sauerstoffreaktion durch kathodische H-Reduktion, H- Aufnahme und Diffusion in die Tiefe Anreicherung des Spaltelektrolyten mit Cl--Ionen, Erhöhung der CrLöslichkeit des Chroms im Spalt, Auflösung der Passivschicht durch Bildung eines Hydroxylkomplexes, Abnahme der H-Reduktion (Re-)Passivierung am Spaltende durch erneute H-Reduktion, weitere Auflösung Schema für Passivschicht-bildende Metalle und Verstärkung durch Hydrolyse der Passivschicht in der Spaltmitte durch Erhöhung der Löslichkeit von Cr(OH)3 durch eindiffundierende Cl--Ionen III. Spaltkorrosion Entstehung © Wendler-Kalsch, Gräfen: Korrosionsschadenkunde Geschwindigkeit der Sauerstoffverarmung in Abhängigkeit der Spaltbreite und –tiefe III. Spaltkorrosion Vermeidung durch konstruktive Maßnahmen © Wendler-Kalsch, Gräfen: Korrosionsschadenkunde III. Spaltkorrosion Spaltkorrosion von Schweißverbindungen Kritische Spaltwirkung zeigen: Bindefehler, Einbrandkerben, Überlappstöße, Kantenversätze und Schraubverbindungen sowie Flansche Spaltkorrosion als Folge von Kantenversatz und einer nicht durchgeschweißten Nahtwurzel © Wendler-Kalsch, Gräfen: Korrosionsschadenkunde Spaltkorrosion an den Berührungsstellen gewellter Wärmetauscherplatten aus dem Werkstoff X 5 Cr Ni Mo 17 13 – 1.4449 während einer Stillstandsperiode III. Spaltkorrosion Spaltkorrosion von Schweißverbindungen Kritische Spaltwirkungen zeigen nicht-durchgeschweißte Wurzeln Spaltkorrosion ausgehend vom Wurzelspalt einer Rundnaht in einer Kühlwasserleitung aus einem unlegierten Stahl Spaltkorrosion ausgehend vom Wurzelspalt eines austenitischen Stahles © Wendler-Kalsc, Gräfen: Korrosionsschadenkunde IV. Mikrobiologisch indizierte Korrosion (MIC) Korrosionsprozesse werden durch mikrobielle Aktivitäten eingeleitet, aufrechterhalten oder verstärkt MIC-gefährdet sind nahezu alle Werkstoffe Mindestens 20 % aller Korrosionsschäden an Metallen und Baustoffen sind mikrobiell beeinflusst Mikroorganismen: Bakterien, Pilze, Algen und Flechten Unterscheidungsmerkmale von Bakterien © Wendler-Kalsc, Gräfen: Korrosionsschadenkunde IV. Mikrobiologisch indizierte Korrosion (MIC) Entstehung Induktionsphase: Primäradhäsion – Zeitraum, in dem sich die Anwesenheit von Biofilmen betriebstechnisch noch nicht auswirkt Irreversible Adsorption von Makromolekülen – Polysaccharide, Lipopolysaccharide, Huminstoffe, Verlauf der Biofilm-Akkumulation, bedeutet diverse Parameter wie Dicke, Zelldichte etc. Die Proteine Kurve im Kreis symbolisiert die Primäradhäsion Plateau-Phase – Ausmaß des Wachstums reguliert die Biofilmdicke, © Wendler-Kalsc, Gräfen: Korrosionsschadenkunde die wiederum die Biofilm-Eigenschaften beeinflusst – biodynamisches Gleichgewicht Konsequenzen: Lochkorrosion, Spaltwirkung zwischen Film und Substrat mit nachfolgender Spaltkorrosion, Stimulierung der Säurekorrosion, Angriff durch organische Säuren und Komplexbildner in anaerobem Mileau bei Anwesenheit einer C-Quelle und/oder H2, Sulfatreduktion und H2S-Bildung mit nachfolgender wasserstoffunterstützter Spannungsrisskorrosion IV. Mikrobiologisch indizierte Korrosion (MIC) Entstehung von Lochfraß Ursache: Entstehung eines Korrosionselementes als Folge der Ansiedelung einer Mischkolonie von Bakterien Aerobe Bakterien: Oxidation organischer Substanzen mit Sauerstoff zu Abbauprodukten Anaerobe Bakterien: Abbauprodukte ergeben über Gärungsprozesse H2 und Organische Säuren (Fettsäuren) Anaerobe, sulfatreduzierende Bakterien: H2 und organische Säuren und SO42- werden zu Sulfiden und H2O umgewandelt © Wendler-Kalsc, Gräfen: Korrosionsschadenkunde Mischkolonie von Bakterien mit lokalem Korrosionsangriff Bild 3.186 Schichtstruktur der Korrosionsprodukte in Gegenwart eines anhaftenden Biofilms und des Biofilms über einer Lochfraßstelle IV. Mikrobiologisch indizierte Korrosion (MIC) Vermeidung Werkstoffseitig: - Wahl edlerer Werkstoffe zur Erhöhung der thermodynamischen Stabilität - Passivverbessernde Legierungszusätze, z. B. Cr zu Eisenwerkstoffen - Wahl von Metallen mit >bateriziden< Eigenschaften (Silber und mit Einschränkungen Kupfer) Umgebungsseitig: - Neutralisation von Säuren - Vermeidung oxidierender Agenzien, wie Sauerstoff, Metallionen höherer Wertigkeit, Halogene - Vermeidung von chemisch gebundenem Sauerstoff, der mikrobiell verwertbar ist ( Nitrat, Sulfat) - Vermeidung von organischen und anorganischen durch Mikroorganismen oxidierbaren Verbindungen (z. B. Alkohole, Kohlenwasserstoffe, Ammoniak) Phasengrenze (konstruktionsseitig): - Vermeidung oder Entfernung von Biofilmen - Anwendung von organischen Beschichtungen - Anwendung von mikrobistatisch ausgeführten Anstrichen - Anwendung von metallischen und anorganischen Überzügen - kathodischer und anodischer Schutz