ReiseberichtWandernUSA06

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ReiseberichtWandernUSA06
Sierra Nevada Trekkingtour
vom 1.-22.6.2006
„The River of no return“der Kern River im Inyo National Park
und seine Zuflüsse - ein
Abenteuerbericht
TN:
Susanne Yavor
Roland Fökel
Hartmut Grebe
Astrid Bender
1.Juni 2006
Wir holen Susanne und Roland abends vom
Flughafen in SFO ab und bringen sie in unser
Hotel „Travelodge“ an der Marketstreet. Wir
gehen bald ins Bett, um morgens frisch für die
Fahrt zu sein.
2.Juni
Wir fahren pünktlich um 7.oo Uhr los. Astrid u. Hartmut wußten schon, daß der
ursprünglich geplante Tioga-Pass noch vom Winter her gesperrt ist, so daß wir auf den
Sonora Pass weiter nördlich ausweichen müssen.
Unsere Strecke wird sein:
San Franzisko, Bay Bridge nach
Oakland, Wir wechseln nicht rechtzeitig
die Fahrbahn und müssen in Richtung
Berkeley weiterfahren. Das gibt
Gelegenheit, einen Eindruck von der
berühmten Universitätsstadt Berkeley zu
bekommen und auf einem schöneren
Freeway weiterzufahren.
Zurück zur Strecke SFO, Oakland, durch die Küstenberge hindurch nach Livermoore (mit
dem abgeschirmten Kernwaffenlabor) und weiter an dem großen Windmühlenfeld
Altamont vorbei (auch berühmt durch das große Rock Festival), quer durch das Central
Valley von Kalifornien durch (größtes Zitrus-Obst-und Gemüseanbaugebiet der USA), in
die Vorberge (foothills) der Sierra Nevada hinein, über den Sonora Pass hinauf, die
andere Seite der Sierra, am ökologisch umkämpften Mono Lake vorbei in das Owens
Valley, durch das einzige etwas größere Städtchen des Owens Valley Bishop und weiter
über Big Pine, Independence nach Lone Pine, unser Ziel und Ausgangspunkt für der
Trekkingtour.
1
Auf der Fahrt halten wir das erste Mal an einem der vielen Obststände an den Straßen
des Central Valley, kaufen dort Obst ein und frühstücken an unserem SUV (Sports Utility
Vehicle). Astrid kauft außerdem noch Trockenobst und Nüsse für die Trekkingtour. Die
Sierra steigt langsam an, ohne daß man merkt, daß man sich schon nach europäischen
Maßstäben bereits im Hochgebirge befindet.
Der Sonara-Paß befindet sich bereits auf
Zugspitzhöhe. Dort türmen sich an den
Strassenseiten die Schneemassen noch auf.
Auf der anderen Seite der Sierra wird es dann richtig warm. Vor Bishop geht es noch
einmal tiefer in das Owens-Tal hinein. Als wir aussteigen, umweht uns der heiße
Wüstenwind. Wüstenwind und der sehr niedrige Feuchtigkeitsgehalt der Luft machen die
Hitze aber sehr erträglich und geben uns einen Eindruck von der Atmosphäre in diesem
Wüstenklima und dem kleinen Wüstenstädtchen, in denen wir uns fragen: Von was leben
die Leute eigentlich? Wohl eine Mischung aus begrenzter Viehhaltung auf weiten kargen
Flächen und dem Tourismus. In Lone Pine allerdings gibt es größere Viehherden auf
sattgrünen Wiesen. Das Wasser kommt von den großen Bergmassiven der Sierra. Der
Owenslake allerdings ist schon seit Jahrzehnten ausgetrocknet. Er wie auch alle anderen
Seen im Owenstal, außer dem Monolake, der aber sehr stark bedroht ist, sind dem
riesengroßen Durst der Großstadt Las Angeles zum Opfer gefallen. LA hat sich frühzeitig
die Wasserrechte vom Owenstal gesichert. Der Owenslake ist nur noch eine Salzwüste.
Der frühe Aufbruch in SFO zahlt sich aus, als wir kurz vor 17.00 Uhr nach Lone Pine
kommen. Unser Hauptziel war gewesen, vor Einbruch der Dunkelheit am Einstiegspunkt
für unsere Tour die Zelte aufbauen zu können. Jetzt haben wir sogar noch Zeit, um
einige Erledigungen zu machen (nochmal ein paar Sachen im kleinen Supermarkt
einkaufen), sodaß wir am nächsten Tag nicht nochmal nach Lone Pine zurückfahren
müssen. Ja, wir können sogar noch in einem Western Restaurant eine große Salatplatte
essen, bevor wir auf Frisches dann verzichten müssen. Wir kaufen ein, Hartmut
telefoniert und läßt sich im Hotel unsere Reservierungen bestätigen. Uns gelingt es sogar
noch kurz vor Büroschluß um 18.01 Uhr die sehr beamtenhaften Leute vom Park Service
(Inyo National Park) zur Ausstellung unserer Wilderness Permits zu überreden.
Nach einer langen Serpentinenfahrt kommen wir auf dem Camping-Parkplatz an, der
bereits aus 3.000 m liegt. Unsere Absicht ist es, dort den ganzen nächsten Tag zur
Höhenakklimatisierung zu nutzen. Wir bauen die Zelte auf, machen noch ein schönes
Lagerfeuer unter Beachtung der Regeln für dieses trockenen und unberührte Gebiet und
legen uns schlafen.
Hartmut
2
3.Juni
Ausruhtag!
Wir erholen uns und sortieren später
unsere Ausrüstung und Essenvorräte.
Später wandern wir ein Stück zum
Cottonwood Pass, allerdings liegt noch
an einigen Stellen Schnee, sodaß wir
den Weg nicht finden, wo es weiter
geht. Nach ca 1 Std. wandern wir
wieder zurück. Zum Abend gibt es
Linsensuppe aus Dosen. Wieder ein
kleines Lagerfeuer und schon liegen wir
in den Zelten. Es ist 21.00 Uhr.
4.Juni, 1.Trekkingtag
Alles einpacken und um 10 Uhr geht es endlich los. Wir wandern zum Trail Pass, der ca
1 Std. Aufstieg bedeutet, aber nicht so anstrengend ist. Oben am Pass machen wir
unsere erste Pause. Dann geht es abwärts Richtung Mulkey Meadow zum Tunnel
Meadow, ein großes weites Tal, sehr schöner Abschnitt. Querung des South Fork Kern
River, relativ einfach. Danach wandern wir ein kurzes Stück noch am Trail entlang und
finden eine schöne Stelle zu campen an einem kleinen Bach. Ankunft ca 16.30 Uhr. Zelte
aufstellen, Abendessen (das erste mal gibt es jetzt TütenfutterJ), Feuer machen, Essen
bärensicher aufhängen, noch etwas am Lagerfeuer sitzen und schon liegen wir in den
Zelten.
5.Juni, 2.Trekkingtag
SCHRECK!!
Hartmut stürzt beim Herunterholen des Seiles, woran das Essen gehangen hat, so
unglücklich, daß er nicht mehr weiter kann. Das Seil hat sich mit einem Knoten im Geäst
ca 6 Meter oben im Baum verhakt und Hartmut und Roland versuchen, durch kräftiges
Ziehen das Seil zu lösen. Mit einem Ruck gibt es dann nach und Hartmut fällt sehr
unglücklich mit dem Rücken auf einen dort liegenden toten Baum. Er hat sich
wahrscheinlich eine starke Prellung in der Rücken – und Nierengegend zugezogen. Wir
warten, ob der Schmerz langsam nachläßt, aber es wird überhaupt nicht besser. Hartmut
kann sich kaum rühren.
Wir beschliessen, Hartmut mit Proviant, seinem Zelt, Rucksack, Kocher etc. zurück
zulassen und weiter zu wandern. Wir haben zu diesem Zeitpunkt gedacht, daß wir uns
mit der weiteren Tour etwas beeilen und 1 Tag früher am Parkplatz ankommen würden.
Dann könnten wir den nächsten Tag nutzen, um die restliche Ausrüstung zu holen, die
Hartmut evtl. nicht hätte mitnehmen können bei seiner Rückkehr zum Parkplatz, sobald
es ihm etwas besser geht. So wären wir im Zeitplan geblieben.
Also, Hartmut will sich erstmal erholen und dann sehen, ob er ohne Ausrüstung wieder
zurück gehen kann. Wir machen die Tour weiter wie geplant und wollen den Ruhetag am
Whitney Meadow auslassen.
Start 10.00 Uhr
(Hartmut hat über seinen Unfall und die Geschehnisse danach einen Bericht
geschrieben, zu lesen nach unserem Bericht).
3
Wir wandern durch die Tunnel Meadow
über Tunnel Station zum Golden Trout
Fluß. Der Fluß ist zu stark angeschwollen
und wir suchen eine günstige Stelle zum
Queren. Roland wadet durch, hüfthoch ist
das Wasser an manchen Stellen, und
spannt das Seil, welches ich in weiser
Voraussicht mitgenommen hatte. So
kommen wir mit dem Rucksack (ca 15-17
kg Gewicht) gut rüber. Später müssen wir
wieder den Golden Trout Fluß überqueren.
Diesmal gehen wir über einen dicken Baumstamm. Roland spannt wieder das Seil und
trägt sogar alle Rucksäcke rüber. Er ist sehr sicher und wir sind froh, daß wir ohne
schweren Rucksack rübergehen müssen.
Vorbei an vulkanischen Gesteinsformationen wandern wir nun bis zur Natural Bridge,
eine vom Wasser geschaffene steinernen Brücke, Richtung Kern River. Jetzt zieht sich
der Trail und wir kommen endlich am Spätnachmittag zum Abstiegspunkt zum Kern River
Tal Richtung Soda Spring. Der Abstieg ist sehr beschwerlich, nur Gestein und Geröll und
es zieht sich über 1 Stunde hin, es ist super anstrengend. Aber wir werden von tollen
Ausblicken belohnt. Endlich unten angekommen, geht es ein Stück durch Buschlandschaft bis zur Brücke, die den Kern River überspannt. Wir verlassen nun den Inyo
National Forrest und betreten den Sequoia National Park. Nach ca 15 Min. erreichen wir
Soda Springs, welches durch ein Schild gekennzeichnet ist. Hier kommen wir ziemlich
kaputt um ca 18.30 Uhr an. Zelte aufbauen, Wasser holen, Feuer machen, Essen
zubereiten, in die Zelte, KAPUTT! und leider ein paar Blasen an den Füßen.
6.Juni, 3.Trekkingtag.
Diesen Tag werden wir nicht so schnell vergessen! Nachdem wir los gelaufen sind,
kommen wir zügig am Kern River entlang voran, dem großen wilden Fluß.
EIN BÄR!!!
Ich gehe gerade vorneweg. Susanne, die als erste vorausging, hatte eine Begegnung mit
einer Klapperschlange, und wollte nicht mehr als erste laufen. Plötzlich sehe ich ca 15
Meter vor uns einen zimtbraunen Bären, der uns direkt auf dem Trail entgegen kommt.
Mein Herz macht einen Satz, ich drehe mich auf dem Absatz um und sage mit gepresster
Stimme nur „BÄR!“. Sofortiger Rückzug. Der Bär ist langsam, schnüffelt mal hier und da,
während wir uns in einem felsigen Hang verstecken. Die Rucksäcke lassen wir etwas von
uns entfernt liegen. Der Bär aber trollt sich langsam an uns vorbei. Ich versuche ein Foto
zu machen. WOW! Nach dieser Begegnung sind wir so beeindruckt, daß wir schweigend
für längere Zeit unsere Wanderroute fortsetzen. Jeder ist mit dieser Begegnung
gedanklich noch lange beschäftigt.
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Die Gegend, in der wir wandern, ist sehr
abwechlungsreich. Nahe am Fluß ist es
sehr grün, fast schon wie ein Urwald dicht,
hohe Farnbüsche, hoher Baumbestand
und viele umgestürzte Bäume, die oft
genug uns zu einer Kletterpartie zwingen,
um weiter zu kommen.
Auch führt der Weg an einigen Stellen
sehr nahe am Kern River entlang und ist
wegen des vielen Wassers dann überflutet
oder morastig. Dort müssen wir uns
mühsam durch den dichten, dschungelartigen Wald schlagen.
Wir überqueren nun einige Zuflüsse des
Kern River wie z.B. den Laurel Creek nur mit
Sandalen und später den Rattlesnake Creek,
aufgeteilt in viele kleine, aber reißenden
Flüsschen, zu stark und zu tief, um so
einfach rüber zukommen. Hier müssen wir
uns mühsam flußaufwärts durch den dichten
Wald schlagen, um eine geeignete Stelle zu
finden. GLÜCK! Wir finden einen großen
Baumstamm, der quer über den reißenden
Creek liegt. Wir kommen trockenen Fusses
zur anderen Seite. Die anderen Zuflüsse
überqueren wir entweder mit Sandalen oder
über einen der darübergefallenen
Baumstämmen. Manchmal lagen gleich
mehrere Baumstämme übereinander oder
nebeneinander.
Der Weg ist wegen der vielen mühsamen Querungen und durch den dichten Wald sehr
anstrengend. Nach vielen Stunden, es ist schon spät nachmittag, queren wir Funston
Creek über eine Brücke. Hier denken wir, es sei die Brücke über den Kern River und
freuen uns schon, daß wir schon so weit gekommen sind. Aber es geht noch ein ganzes
Stück. Dann endlich, nachdem wir uns unzählige Male wieder durch die Büsche schlagen
müssen, kommt die langersehnte Abzweigung „Hot Spring“, 1.8 Miles.
Nach einem kurzem Stück überqueren wir dann auch die Brücke über den Kern River.
Nach ca 10 Min. auf dem Trail aber ist wieder überall Wasser, sodaß wir den Trail
verlassen müssen und suchen jetzt verzweifelt einen Weg, der weiter führt. Aber es wird
immer später, mitlerweile ist es schon 19.30 Uhr, aber wir finden eine gute Stelle, wo wir
dann campen.
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Super kaputt, es war ein anstrengender Tag, aber dafür aufregend und schön:
Begegungen mit einem Bären, einigen Klapperschlangen, einer Kingsnake, einem
Großohrhirsch, etlichen goßen und kleinen Eidechsen, einem Rebhuhn, einem
wunderschönen bunten Singvogel, ja und dann diese großartige, wilde Schönheit der
Natur. Sie lassen alle Anstrengungen vergessen!
Astrid
7.Juni, 4.Trekkingtag
Astrid fand gleich am Morgen den gesuchten Trail und die heißersehnten „Hot Springs“
(Eine heiße Quelle kommt direkt vom Berg und fließt durch eine extra für Wanderer
gebaute Badewanne in den Fluß. Man braucht nur den Abfluss der Wanne mit einem
Stöpsel verschliessen und sie füllt sich mit 40 ° heißes Wasser. Zum Entleeren dann den
Stöpsel rausnehmen. Seife ist verboten, logisch.) Große Freude, Roland vergnügte sich
im kalten Wasser des Kern River und ich im heißen Wasser der „Hot Springs“, Astrid zog
die Schlangen vor, sie machte ein paar Fotos (Vorsicht Wasser-Vipern!), ging aber nicht
ins Wasser. Weiter, recht „gemütlich“mit leichter Steigung und wunderschöner Aussicht
auf den Kern River und Wasserfällen. Überquerung einiger Creeks und ihrer Nebenläufe
und dann nur noch vor der geplanten Rast für die Nacht den Wallace Creek.
SCHOCK!!
Trotz gründlicher Suche nach einer
sicheren Überquerung müssen wir am
Ende mit einem glatten, astreichen
Baumstamm von mittlerer Größe Vorlieb
nehmen. Nach einigen riskanten und
äußerst gefährlichen Unternehmungen
(Roland) gelingt es uns nach ca 2.5 Std.
den reißenden Wallace-Creek mit
Rucksäcken und Seil, welches Roland
und Astrid dann gespannt hatten, zu
überqueren. Ohne Rolands sehr
gewandten und auch mutigen Einsatz
(Roland kroch auf allen vieren über
diesen Baumstamm!) wäre eine
Überquerung das Wallace
Creek kaum möglich gewesen. Als wir alle drüben sind, breche ich in Tränen aus. 5
Minuten später erreichen wir dankbar unseren Campground für die Nacht.
Was für ein Tag!
Susanne
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8. Juni, 5.Trekkingtag
Heute morgen sind wir von der Junction Meadow (unser Campground von letzter Nacht)
zum John Muir Trail aufgebrochen. Das Wetter war wunderbar und wir kamen gut voran,
(Aufstieg ca 1.5 Stunden, mit tollen Aussichten auf das Kern-River Tal und den Kern
River), bis zum Wright Creek. Der Wright Creek war vom Schmelzwasser so
angeschwollen, daß wir ihn nicht überqueren konnten.
Astrid kletterte noch ca 1 Std. neben dem
Creek hinauf auf der Suche nach eine Stelle.
Nichts, keine Möglichkeit. „Schweren Herzens“
kehrten wir nach Juncton Meadow zu unserem
vorigen Campground zurück und beschlossen
den Rückweg am folgenden Tag zu beginnen.
Den Nachmittag nutzten wir nun zum
Wäschewaschen und Ausruhen. Ich ging
schon um 18.00 zu „Bett“, Roland und Astrid
saßen noch bis zum Abend am Feuer. Am
nächsten Tag wollten wir mal ausnahmsweise
mal um 8.00 Uhr los.
Susanne
(Wir müssen nun die ganze Strecke wieder
zurücklaufen. Um den Zeitplan einzuhalten,
sind wir jetzt jeden morgen um 6.00
aufgestanden und um 8.00 losgewandert.
Anmerkg. Astrid)
(Susanne schreibt für Roland, der nicht so gerne schreibt. Der Deal zwischen den
beiden: Susanne schreibt, dafür trägt Roland Susanne´s Rucksack über die
Flüsse5.Anmerkg. Astrid)
9.Juni, 6.Trekkingtag
Heute morgen sind wir pünktlich um 8.30 Uhr los. Nach bewährter Methode über den
„schrecklichen“ Wallace Creek. Alles klappte wunderbar. Der ganze Tag verlief ruhig, wir
liefen bis zum Rattlesnake Creek, wo wir einen wunderbaren Platz zum Campen, direkt
am Kern River, fanden. Astrid fühlte sich sehr erschöpft (Erkältung) und legte sich früh
ins Zelt, Roland und ich saßen noch am Feuer bis der „Fast-Vollmond“ aufging. Wir
waren stolz darauf, wie weit wir heute voran gekommen waren.
Susanne
10.Juni, 7.Trekkingtag
Wieder früh los, 9.00 Uhr. Ohne Probleme über alle Creeks und sonstige Wasserläufe.
(In der Zwischenzeit sind die Wasserpegel der Zuflüsse etwas gefallen. Anmerkg. Astrid).
Durch die Funston Meadow zu Soda Spring und dann hoch (ein endlos langer Aufstieg)
zur „Natural Bridge“ und zum „Golden Trout“ Fluß. Wir waren ziemlich geschafft, hatten
uns aber vorgenommen, es bis zur „Ranger Station“ kurz vor Tunnel Meadow zu
schaffen, was für den nächsten Tag nur noch eine Std. Wanderung zu „Hartmut´s Place“
bedeutet hätte. Kurz vor der Überquerung zwischen „Little Meadow“ und „Groundhog
Meadow“ kommen plötzlich 2 ausgewachsene Bären den Hang herunter galoppiert. Ich
schreie!
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Der erste Bär schaut mich an und er
macht kehrt und saust wieder den Hang
hoch. In dem Moment sehe ich erst jetzt,
daß da noch ein zweiter Bär hinter ihm
war. Der hatte es nicht ganz so eilig und
Astrid macht noch schnell ein Foto.
Komisch, ich hatte nicht mal die Kraft,
Angst zu haben, obwohl die Bären uns
allen Dreien eindeutig überlegen waren
und keine Zeit zur „Flucht“ bestand. Nach
dem Durchwaten des „Golden Trout“
schlagen wir dankbar und erschöpft
unser Lager an der Ranger
Station/Tunnel Meadow auf.
Wir machen Feuer, kochen und beobachten die Sturzflüge sehr großer schwalbenähnlicher
Vögel, die Insekten in der Luft fangen. Wir haben wieder viel geleistet an diesem Tag!
Susanne
11.Juni, 8.Trekkingtag
Pünktlich 8.00 Uhr, und dann nach 1 Stunde sehen wir Hartmuts Zelt. Hartmut war nicht in guter
Verfassung bei seinem Heimweg und so hatte er außer Wasser und ein bisschen Nahrung alles
im Zelt gelassen. Wir haben dann die ganze Ausrüstung von Hartmut auf unsere Rucksäcke
verteilt und Astrid hat sich noch Hartmut´s Rucksack auf ihren geschnallt. Ich habe fast eine
ganze „Lammsalami“ gefuttert, die Hartmut zurück gelassen hatte. (später wurde mir mächtig
schlecht davon). Dann sind wir los. Ich hatte das Gefühl, daß selbst Roland durch das
zusätzliche Gewicht an die Grenzen seiner Belastbatkeit gekommen war. Es war ein sehr, sehr
beschwerlicher letzter Weg. Beim Aufstieg zum „Cotton Wood Pass“ dachte ich, ich verliere das
„Bewußtsein“ vor Anstrengung.
(Susanne rannte nach der „Lammsalami“ los wie eine junges Pferd. Auf dem Pass kam ich nicht
mehr mit, ich kam als letzte oben an, auch völlig fertig. Anmerkg. Astrid).
So hatte ich mich noch kein einziges Mal auf der ganzen Tour gefühlt - einfach absolut am Ende.
Natürlich, wir schafften es, machten noch einen Umweg (unfreiwillig) bis zum Parkplatz am
Horseshoe Meadow. (Es gibt auch einen direkteren Weg, aber leider in der Karte nicht
eingezeichnet. Anmerkg. Astrid)
Astrid fand dort eine Nachricht von Hartmut, der dann auch recht bald kam und wir fuhren alle
nach Lone Pine runter ins Motel. Es gab viel zu erzählen, aber ich wollte nicht einmal mehr
reden, das haben dann die drei anderen gemacht.
Ich finde, wir waren ein gutes Team! Und bewundere Astrid für ihre goße Ausdauer und
Zähigkeit und Roland für seine niemals endende Hilfsbereitschaft und Energie.
Susanne
(Das gleiche kann ich auch von Euch sagen Astrid!!)
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Hartmuts Bericht vom 5. bis zum 11.6.06
Erlebnisse in der Sierra Nevada
10.43. Ich liege verletzt, so muß man doch schon sagen, alleine in der Wildnis der Sierra
Nevada. Ich habe mich entschlossen, mich heute erst einmal ganz ruhig zu verhalten und
meiner Prellung die Möglichkeit zu einer schnelleren Heilung zu geben. Also nicht üben,
sondern die größtmögliche Ruhe! Ich habe Zeit! Es ist besser, wenn ich mich erst einmal
beruhige und zu mir komme. Dies ist die Gelegenheit, zu mir zurückzufinden.
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12.36.
Sonneneintrahlung wird zum Problem.
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14.34. Ich habe mich gerade ohne Schmerzen von der Seite auf den Rücken gedreht und
schöpfe Hoffnung, daß ich in zwei Tagen wieder so weit funktional bin, daß ich mit
Backback zurück hiken kann.
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6-6-7
9.44. Zu meinem Schrecken geht es mir heute morgen schlechter statt besser. Ich kann nur
unter erheblichen Schmerzen überhaupt irgendeine Bewegung ausführen. Dabei bereitet
Stehen und langsames Gehen noch am relativ wenigsten Schmerzen. Ich liege jetzt wieder
erschöpft im Zelt, nachdem ich mir Früstück gemacht und Wasser geholt habe. Die
Mückenplage ist heute bei etwas gedrücktem Wetter unerträglich geworden, selbst mir
unerträglich! Mein ganzer Kopf ist rot verschwollen von Mückenstichen.
Ich habe mich soeben zu Folgendem entschlossen: Ich werde heute den ganzen Tag, und
vermehrt noch die Nacht über, Aspirin nehmen, morgen ganz früh, vielleicht 6.00 Uhr,
herzhaft frühstücken, mir eine Notration und die Wertsachen zurecht legen und alles andere
Gepäck geruchsicher im Zelt verstauen. Dieses Notgepäck werde ich in einer Beckentasche
verstauen, die ich aus dem Topteil des Rucksacks improvisieren werde.
Dann werde ich mich zu einem beherzten Tagesmarsch aufmachen, mit dem Ziel, in einem
Tag die Zivilisation zu erreichen, d.h. den Parkplatz oberhalb Lone Pine.
Dort werde ich mit unseren Wagen in die Stadt hinunterfahren und ein Zimmer nehmen.
Entweder noch am selben Tag, spätestens am anderen Morgen, gehe ich in die dortige
Klinik, wahrscheinlich zur Notaufnahme (emergency ward). Auf dem Parkplatz besorge ich
mir noch Papier und Stift, um für Astrid und die Gruppe die Notiz zu hinterlassen, daß ich in
Lone Pine bin, zum Parkplatz zurückkehren werde und daß die Ausrüstung noch auf
unserer Lagerstätte ist. Auf diese Weise kann jemand schon gleich aufbrechen, um die
Ausrüstung zu holen, und weiß, daß er alles vorfindet, was er zur Übernachtung und
Verpflegung einer Person braucht. Es brauchen nicht 2 Leute zu gehen, und keine
Ausrüstung muß zu dieser Aktion mitgenommen werden.
Mit dieser Vorgehensweise möchte ich erreichen, daß ich schon medizinisch versorgt bin
und fit für die Fortsetzung unserer Tour, wenn die anderen zurückkommen; daß die
Rückholaktion für meine Ausrüstung sofort anlaufen und schnell durchgeführt werden kann
und nicht zuletzt, daß ich hier den Mücken entfliehen und mich allgemein mit Ernährung,
Hygiene und Gesundheit aufarbeiten kann.
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Ob sich mein Aufbruch zurück zur Zivilisation überhaupt durchführen läßt, werde ich wissen,
wenn mir mit leichtem Gepäck die Flußüberquerung etwa 200 bis 300 m nördlich von hier
gelingt. Dann kann ich ohne größeres Risiko weitermarschieren und in einem Tag den
Parkplatz erreichen. Ich werde ohne schweres Gepäck sein und mehr Zeit haben, als wir
uns auf dem Weg hierher genommen haben, auf dem wir relativ schnell marschiert sind.
Ich werde nur das Nötigste mitnehmen: Trockennahrung für den Tag, Wertsachen, Arznei,
meine Stöcke, Regenjacke, Astrids Taschenmesser als kleine Freude für sie, 2
Wasserflaschen, von denen ich vor der Flußüberquerung nur eine füllen werde, Aspirin,
Sonnenbrille. Es wäre gut gewesen, wenn Astrid meine Mini-Signalpistole mit den roten
Leuchtkugeln zurückgelassen hätte, aber die habe ich nun nicht. In jedem Fall werde ich die
Beine für meine konvertierbare Hose mitnehmen und möglicherweise noch ein
langärmeliges Hemd, so daß ich zusammen mit der Regenjacke gegen Kälte notdürftig
geschützt bin, sollte ich unterwegs liegen bleiben. Dann müßte ich auf Astrid warten, die in
jedem Fall in 1 bis 2 Tagen mir auf demselben Weg entgegen käme.
Alles ein gewisses Risiko und unter der Annahme, daß ich an nicht mehr als unter einer
Muskelverkrampfung nach Rückentrauma leide, so daß ich also ruhig so lange marschieren
kann, wie es meine Schmerzen zulasen.
Also hier heute noch ruhig verhalten und pflegen und morgen ganz früh Aufbruch aus der
Wildnis (wilderness) zurück zu medizinischer Versorgung, totaler technischer
Kommunikation, normaler Ernährung, Duschen, Rasieren und frischer Wäsche.
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06-6-9, hikeout
Ich habe es gestern geschafft, und zwar so gut, daß ich schon um 14.00 auf dem
Horseshoe Meadow Parkplatz war. Dadurch konnte ich noch am selben Tag ein Zimmer in
unserem Hotel vorzeitig beziehen, mich selbst hygienisch und erscheinungsmäßig
aufarbeiten und dann sogar noch ärztliche Behandlung in der Medical Facility (Outpatient
Clinic) dieses kleinen Wüstenstädtchens Lone Pine bekommen, dann auch noch meine
Medikamente in der Apotheke abholen, mit denen ich sogleich meine "Kur" begonnen habe.
Doch der Reihe nach. Als es mir nach zwei Tagen Ruhe schlechter ging als zuvor, hatte ich
einen Schrecken bekommen und in Erwägung gezogen, daß ich doch eine schwerere
Verletzung hatte als die üblichen Muskelverkrampfungen nach einem Rückentrauma ohne
nennenswertwerte andere Schäden. Vielleicht mußte ich aus der Wildnis heraus und mich
sofort in medizinische Behandlung begeben.
Eine fast ebenso großer Antrieb war für mich, daß ich unter keinen Umständen die Tour von
Astrids Reisegruppe in ihrem Geamtablauf in Schwierigkeiten bringen wollte. Einmal wollte
ich Astrid nicht noch mehr enttäuschen, zum anderen nicht ein gechäftliches Unternehmen
von ihr in Gefahr bringen. Denn wenn Astrid mich im verletztem Zustand zusammen mit
meiner Ausrüstung herausholen würde, dann wäre der bis ins Einzelne vorbereitete
Tourenplan ins Wanken gekommen und ihre zahlendenTeilnehmer hätten beachtliche
Nachteile in Kauf nehmen müssen. Astrid hätte wahrscheinlich sogar beachtliche finanzielle
Einbußen hinnehmen und dazu mit einem Verlust des Renommes von 7Meilen, zumindest
des der Trekkingtouren rechnen müssen, die ja mit zahlenden Kunden durchgeführt wurde.
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Um dies unter allen Umständen zu vermeiden, entschloß ich mich, alles auf eine Karte zu
setzen und zu versuchen, mich durchzuschlagen, komme was wolle.
Dabei hielt ich eigentlich die Chancen, mich durchschlagen zu können, für ziemlich gering.
Ich mußte die Strecke ja in einem Tag schaffen, da ich nicht genügend Asrüstung tragen
konnte, um eine Nacht in der Wildnis überstehen zu können, nämlich bei Temperaturen
unter dem Gefrierpunkt.
Schließlich habe ich mich durch den Gedanken aufgebaut, daß ich beim Gehen
möglicherweise einen Bewegungsablauf entwickeln könnte, bei dem meine Schmerzen so
erträglich sein könnten, daß ich durchkäme. Als Ausweg habe ich mir vorgenommen, daß
ich mich erst einmal bis zur Flußüberquerung durchschlage. Wenn mir diese gelingt und ich
danach genügend Zuversicht gewonnen hätte weiter zu marschieren, dann wollte ich den
großen Sprung wagen - vergleichbar der Pilotenpraxis, sich auf der Startbahn einen Punkt
vorzunehmen, an dem man "committed" ist, d.h. den Start gerade noch abbrechen könnte
oder ohne Rüchsicht auf Verluste mit Vollgas durchhalten müßte. In jedem Fall aber wollte
ich mir aber für den Marsch so viel Zeit wie möglich nehmen, um durch die Möglichkeit vieler
Pausen meine Chancen zu erhören. Mein Plan war es daher, bei Anbruch der Helligheit um
6.00 Uhr aufbrechen, um 14 h Helligkeit ausnutzen zu können. Da ich komplizierte
Verrenkungen machen mußte, um überhaupt frühstücken und packen zu können, wollte ich
um 4.00 aufstehen.
Allerdings habe ich den Wecker meiner Armbanduhr nicht gehört und bin um 5.30 Uhr
aufgewacht. Trotz einer Temperatur unter dem Gefrierpunkt bin ich mit ungenügender
Kleidung sofort aktiv geworden. Mit den komplizierten Bewegungsabläufen, die meine
Schmerzen auf einem Minimum hielten, brauchte ich dann bis 8.00 Uhr, um ein solides
Frühstück als Grundlage für den Tag zuzubereiten (das Gas im Kocher reichte nur noch für
eine Tasse Kaffee), mir eine Notaurüstung für den Tag zusammzustellen, alles andere
geruchssicher im Backpack zu verpacken, diesen noch einmal in eine nach Gummi
riechenden Plane einzuschlagen und schließlich im Zelt zu verstauen. Entgegen der
Vorschriften vergrub ich Abfälle einschließlich Plastikfolien im Wald, um einmal mein
Gepäck auf einem absoluten Minimum zu halten, zum anderen, um alles irgenwie
Geruchbehaftetes vom Zelt fern zu halten. Den gepackten und in Gummifolie gewickelten
Backpack schob ich in das Zelt und verschloß es mit den Reißverschlüssen. Nach einem
Rundblick, ob noch irgenetwas nicht im Zelt verstaut war, brach ich mit ersten vorsichtigen
Schritten auf.
In der Nacht zuvor war mir vor Augen gestanden, dass ich in einer Situation war, in der eine
einzige zusätzliche Gefahr durchaus meinen Tod hätte bedeuten können. Dabei gab es
keine Möglichkeit, Hilfe herbeizuholen. Ich hätte von einem Bären angegriffen werden
können; ich hätte unsichtbare innere Verletzungen haben und durch sie langsam verbluten
und nicht bis zu meiner Rettung durch Astrid ausharren können. Ich hätte aufbrechen, aber
die Strecke nicht an einem Tag schaffen und ohne weitere Kleidung nicht die Nacht
durchstehen können. Und ich hatte keine Möglichkeit der Kommunikation mit der
Außenwelt.
Ich war in einer der Situationen, die in früheren Zeiten üblich waren, wo man beispielsweise
in einer abgeschiedenen Situation selbst, ohne Arzt, eine medizinische Einschätzung treffen
mußte, um eine den Umständen gemäße beste Entscheidung zu treffen. So hatten ja Astrid
und ich, beide zusammen, die Einschätzung getroffen, daß ich keine schwere Verletzung,
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sondern Muskelkrämpfe nach einem mittelschweren Rückentrauma hatte. Das mußte ja
nicht richtig sein. Es mag übertrieben klingen, aber es war schon eine Situation, in dem
einem klar wird, daß man immer mal wieder nicht weit vom Tod entfernt ist, eine Situation,
die im normalen übertechnisierten Leben mit seinen vermeintlichen Sicherheitsgarantien,
verdeckt wird, in der aber klar wird, das jeder nicht genutzte Tag verschwendet und zu
wertvoll ist, als daß man sich ihn durch Sorgen oder Belastungen irgendwelcher Art
wegnehmen lassen darf. Dazu gehört auf die Nähe zu seinen Liebsten, die man nicht
nachholen kann, wenn eines Tages, die immer nahestehende letzte Chance sein sollte. Also
lieber: Provideth the Lord not for the lilies in the field and the beasts in the woods?
Obwohl mir das Gelingen meines Unterfangens wenig aussichtsreich erschien, oder gerade
deswegen, baute ich mich durch eine Reihe von Annahmen und Vorbereitungen auf: Ich
fand den Tag über experimentell Bewegungsabläufe heraus, und übte sie ein, die ich ohne
größere Schmerzen durchführen konnte. Ich entwickelte die Vorstellung, dass es auch beim
gleichmäßigen Gehen einen Bewegungsablauf geben muß, der sich über längere Zeit
durchhalten lassen müßte.
Und so bin ich dann auch auf meinen alten, an sich problematischen, Knieschonungsgehund -laufstil verfallen. Ich hatte mir aus dem Top des Backpacks einen Mini-Backback
konstruiert. Es stellte sich aber heraus, das ein Gewicht an meinem linken Arm meine
Schmerzen sogar linderte, so daß ich schließlich dieses Gewichtsstück den ganzen Tag
unter dem linken Arm trug. Schnell kam ich an meinen selbst gesetzten "Point of No
Return," der Flußüberquerung. Erwartungsgemäß war der Schuhwechsel zu Flußsandalen
relativ problemlos. Nun stellte es sich heraus, daß wir die eigentliche Furt beim ersten Mal
übersehen hatten. Die richtige war harmlos, und der Ausstieg war fast wie eine Badetreppe.
Nachdem ich meine Schuhe wieder gewechselt hatte, war klar, daß ich heute mein Ziel
erreichen werde. Ja, meine Rückenschmerzen waren so erträqlich, das ich die schöne
Landschaft das erste Mal richtig genießen konnte. Zu meinem großen Erstaunen, war ich
schon nach 2 Stunden (jetzt eben ohne Backpack und Ablenkung durch die Gruppe) am
Fuße des Trail Pass. Am Fuße des Berges war mir schwindelig. Ich war bisher langsam und
stetig, aber ohne Pause marschiert. Also jetzt erst einmal Pause zum Trinken, Essen und
Ausruhen. Danach langsame und bedächtige, aber ohne Pause, Überquerung des Passes und schließlich die krönende Ankunft an unserem Wagen auf dem Parkplatz.
Ich hatte 6 Stunden gebraucht. Bei zügigem Schrittt und ohne Gepäck wären 4 Stunden
möglich gewesen.
Ich wollte keine Zeit verlieren, um noch heute ein Zimmer und ärztliche Behandlung zu
bekommen.
Die sehr nette ältere Ärztin erkundigte sich genau nach unserer Route und den
Arrangements zu meiner Rettung. Ich fragte sie, ob sie auch auf Touren in die Wildnis gehe,
und sie antwortete, "that's why I'm here!" Sie war aus San Francisco und hatte das typische
weltläufige und breiter-interessierte Gebahren eines Menschen von der Bay Area. Sie
verschrieb mir zwar gleich das Medikament, das ich wollte, nämlich 5 mg Valium, wollte
aber sinnvollerweise noch meine Nieren überprüfen. Ihr Ergebnis war: Sie sind etwas
dehydriert, aber völlig ausgehungert. Ich hatte bei der ganzen Aufregung keinen Hunger
verspürt, der mich aber jetzt plötzlich mit Macht überfiel.
12
Jetzt wurde mir auch klar, warum ich seit meiner Ankunft in Lone Pine stark konfus reagiert
hatte. Die Zimmermietung war zu einer langgezogenen Affaire geworden; in der Klinkik hatte
ich Schwierigkeiten gehabt, den Fragebogen auszufüllen und sogar meinen Namen auf dem
Formular vergessen. Nach der Rückkehr zum Hotel wäre ich nicht mehr in der Lage
gewesen, dort meine Wertsachen zu ordnen. So bin unterwegs bei der "Pizza Factory"
hängen geblieben. Dort habe ich mir zur Vorsicht trotz rasendem Hunger eine Pizza "Small"
bestellt, die aber auch schon eine 4-köpfige Familie aus Bangladesh für eine Woche ernährt
hätte. In jedem Fall gab sie mir noch am nächsten Tag eine volle Mittagsmahlzeit ab.
Der nächste geruhsame Tag war sehr angenehm, den ich mit ganz langem Aufräumen,
Wäschewaschen und sogar Bügeln verbracht habe. Genossen habe ich auch die
Frühstücke vom Kaffee-Shop nebenan, die auch wieder jeweils für die Ernährung eines
ganzen Tages reichte - und das ohne die Hashed Potatoes, die ich immer zurücklasse.
Hartmut vor der Tour
und nach der TourJJ
Weiterfahrt durch das Indianerland, ein Kurzbericht von Hartmut:
12 Mo
Weiterfahrt durch Death Valley, über Las Vegas (umfahren) nach Kingman, AR. Auf der
Fahrt Power Cafe. Kingman: großartiges Golden Coral Super-Buffet "all you can eat."
13 Di
Fahrt über Indian Rt. 18 zum Hilltop (vom Trailhead zum Havasu-Canyon abgestiegen mit
vollem Gepäck.) Abends am Zeltplatz. Astrid u. Hartmut folgen mit Abstand u. haben Pech,
daß die Havasupai-Rangerin schon da war: $ 80- für 2 Nächte! Zeltaufbau im Dunkeln.
Überfüllter Zeltplatz (Amerikaner!).
13
14 Mi
An den Havasu Falls mit der
türkisfarbigen Lagine verbracht. Roland
weiter über die Mooney Falls hinaus
gewandert. Besuch im Dorf,
Reservierung eines Pferdes für unsere 4
Backpacks zum Aufstieg.
15 Do
ca. 7.00 abmarschbereit u. Abgabe der
Backpacks im üblichen indianischen
Chaos. Aufstieg zum Plateau (ca. 4 h).
Über Grand Canyon Caverns nach
Williams. Akzeptables Buffet. Western
High Life in der Stadt. Auch Rock u.
Biker-Treffen, Bars, Bier.
16 Fr
Nach Norden zum Grand Canyon. Großes Staunen bei Susanne. Die anderen hatten den
Grand Canyon schon gesehen. Weiterfahrt zum Navajo-Reservat. Picknick-Stopp am
Rande des Little Colorado River. Über Tuba City zu Leo's Haus. Tochter von Glenna hatte
Astrid gesagt: Feuer am Navajo-Mountain. Wir kommen durch bis zum Cottonwood Tree im
Ort Navajo Mountain, als ein Polizeiwagen mit Sirene uns zum Stoppen auffordert. Wir
fahren schnell bei Leo hinein u. der Polizist läßt von uns ab. Leo ist als Chef der großen
Löschaktion (so sagt er) voll eingespannt. Astrid verabredet, daß wir den Hogan und sein
Bad im Haus benutzen können. Ansonsten planen wir selbständige Unternehmungen. Sara
auch eingespannt als Chefin des Emergency Response Team (ev. Evakuierung).
Das Rainbow Plateau. Sonnenuntergang vom "Hausberg" aus.
17 Sa Ausflug zum Newspaper Rock
als Überraschung für Susanne u.
Roland. Geplante Fahrt / Wanderung
zum Hawk Eye Arch wegen Feuer nicht
erlaubt. Wir schlagen uns durch
Dickicht, Geröll u. unwegsames
Gelände zum Ausläufer des Lake
Powell in den Paiute Canyon hinein
durch, finden aber nur schmutziges
Wasser. Trotz prekärer Feuerlage
kommen Leo u. Sara zu uns zurück in
einer großartigen Geste der
Gastfreundschaft, um uns zu sehen u.
zu arrangieren, daß ihre 3 Töchter uns
Navajo Taco zubereiten. Während der
Zubereiterung Fahrt und Aufstieg zur
Lost Mesa mit Anasasi-Ruinen.
18 So
Abschied u. Fahrt Richtung Kayenta.
Abstecher auf die Black Mesa zur Glenna
Begay, Teppichweberin. Dort im Oktober
bestellte Teppiche (von 2 früheren Tn.)
abgeholt. Weiter zum Navajo Monument
gegenüber Black Mesa. Durch Kayenta
(Snack in Basha's Supermarkt) zu Vergil
Bedoni in das Monument Valley. Vergil trotz
Vorankündigung unvorbereitet. Improvisiert:
Jeep-Fahrt mit Vergils Vetter Steven durch
das M.V. Keine Übernachtung vorbereitet.
Zeltaufbau im Dunkeln auf Stevens Gelände.
Lagerfeuer, Essen aus Tüten.
19 Mo
Wegen langer Wegstrecke aufstehen um 6Uhr. Aufbruch 7 Uhr. Mexican Hat, St.Juan River,
Überquerung Colorado, Escalante Staircase, Bryce Canyon am Spätnachmittag. Motel
Panguich. Zurück zu Bryce Canyon zu gutem Buffet-Dinner.
15
20 Di
Hartmuts rechtes Knie schmerzt und schwillt an ohne erkennbares Trauma oder
Überlastung. Fahrt zu Zion N.P. Aufstieg zu Angels Landing ohne Hartmut. Sein Knie
verschlimmert sich beim Versuch, es durch Bewegung wieder flott zu machen (nach
tagelanger Autofahrt). Von jetzt ab bei Hartmut Knieschonung. Übernachtung Hurricane.
Kleines Buffet bei JVs.
21 Mi
Nach Las Vegas. Abstecher St.George und Besuch des aufwendgen Mormonen-Info-Center
an der Mormonenkirche.
(Hintergründe zu einem bekannten Massaker an Siedlern in der Nähe von St. George siehe
Ende dieses Berichts.)
Mittags Ankunft Las Vegas. Sus. u. Rol. gleich ins Sightseeing-Gewühle. Treffen 19 Uhr auf
der Fremont Street zu einem Super-Buffet (Flamingo-Hotel). Anschließend die Fremont
Street – Schau unter einem Baldachin über die Starße von schätzensweise einer ;Million
Leuchtelementen. Wir bestellen noch für Sus. U. Rol. eine Flughafenlimousine, denn die
beiden wollen am Morgen zu nachtschlafender Stunde zuückfliegen. Damit ist der offizielle
Teil der Reise beendet, der kommerzielle als 7MEILEN-Tour.
16
Die Mormonen
und das Massaker am Meadow Mountain bei St. George
Gründung der Mormonen-Kirche
Im Jahre 1821, im Staate New York, hatte Joseph Smith eine Erscheinung. Ihm sei ein
Boote Gottes mit Namen Moroni erschienen, von dem er Schriftplatten erhalten habe, die
Texte in einer Sprache enthielten, die eine Mischung aus Assyrisch, Hebräisch und einer
dritten antiken Sprache gewesen sei, dazu weitere Platten mit einem Wörterbuch für diese
Sprachen. Schmidt sagte, er sei von Gott beauftragt worden, diese Texte zu übersetzen,
worauf Gottes Bote alle Platten wieder mitgenommen habe.
Diese Texte bilden die Grundlage des Book of Mormon. Im Jahre 1830 veröffentlichte
Schmidt die Texte und organisierte die Church of Jesus Christ of the Latter Day Saints, die
Mormonenkirche.
Die Geschichte Amerikas laut Mormonen-Kirche
Nach den Mormonen ist das Book of Mormon eine Weiterführung der Bibel und erzählt die
Geschichte der Völker Amerikas, die sich angeblich von einem verlorenen Stamm der
Kinder Israel ableiteten, der es schließlich bis zur Beringstraße geschafft und diese
überquert habe. Zu diesen Völkern gehörten die Indianer, die zusammen mit den
Erleuchteten unter den Weißen die
"Gentiles" richten, d.h. töten sollten ("Gentiles" ist normalerweise ein jüdischer Ausdruck für
Nicht-Juden).
Darin kommt bereits die fundamentalistische, feindselige Haltung der Mormonen zum
Ausdruck, mit der sie sich frühzeitig von ihrer
Umgebung absetzten. Auf ihrer ersten Flucht zogen sie nach Missouri. Auch dort, und nun
verstärkt durch ihre Vielehe ("heiliges Sakrament"), wurden sie angefeindet, und zwar so
stark, daß der damalige Gouverneur von Missouri die Bevölkerung zu ihrer Ausmerzung
aufrief.
Die Flucht
Die Mormonen flohen weiter nach Illinois und gründeten die Stadt Nauvoo, die schnell zu
ansehnlicher Größe wuchs. Doch auch von dort mußten sie schließlich fliehen. Im Jahre
1844 fiel dort noch ihr Anführer Joseph Smith einem Attentat zum Opfer. Sein Nachfolger
wurde Brigham Young, der von den Mormonen als Prophet angesehen wurde. Unter seiner
Führung zogen die Mormonen in einem langen Trek nach Westen.
Als sie über die Bergkette vor dem heutigen Salt Lake City kamen, streckte Young seine
Hand aus und erklärte feierlich: "This is the place." Daselbst steht heute das "This is the
Place" - Denkmal.
Der Staat im Staat
Die Mormonen bauten auf dem Gebiet des heutigen Staates Utah ein Gemeinwesen auf,
das im Grunde ein Staat im Staate war. Mit der Zeit enstanden immer größere Spannungen
zwischen Mormonen und Bundesregierung, der Regierung der Vereinigten Staaten.
Die Mormonen schufen sich eine autoritäre Kirchenhierarchie, an deren Spitze auch heute
noch 12 Apostel stehen, die nach ihrer Auslegung der Bibel die auf Geheiß von Christus
immer wieder zu erneuernde Nachfolge der ursprünglichen 12 Aposteln seien.
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Brigham Young stand an der Spitze der Kirche als Prophet, Apostel, Seher und Offenbarer,
gemäß dem Mormonen-Glauben, daß auch heute noch die in der Bibel beschriebenen
Offenbarungen Gottes durch Propheten fortgesetzt würden.
Ein Ausspruch Youngs war: "I live above the Law and so does this people." Vorkommnisse
wie die Befreiung von Indianern aus dem Gefängnis verschärften die Situation, nachdem die
Indianer von den Bundesbehörden wegen Mordes verurteilt worden waren.
Das Massaker am Meadow Mountain
So hatten die Mormonen auch eine feindselige Haltung gegenüber Siedlern, die ihr Gebiet
auf dem Weg nach Kalifornien durchquerten. Im Jahre 1857 kam eine Gruppe von etwa 200
Siedlern auf dem Weg von Arkansas nach Kalifornien durch das Gebiet der Mormonen.
Wahrscheinlich war von Brigham Young Anweisung erteilt worden, die Siedler anzugreifen
(falls sie sich aufmüpfig erweisen sollten?).
Feindseligkeit der ansäsigen Mormonen und Unterstützung durch die Kirchenleitung führten
schließlich zu einer Atmosphäre, in der die Mormonen eine eigene Truppe aufstellten,
Paiute-lndianer zu ihrer Unterstützung rekrutierten und die Siedler angriffen. Vorher hatten
sich eine Anzahl der Mormonen mit indianischer Kriegsbemalung getarnt, so daß nie geklärt
werden konnte, aus wievielen Indianern und wievielen Mormonen sich diese Truppe
zusammensetzte.
Es bestand von vorneherein die Absicht, die Siedler zu töten. Nach Ansicht der Mormonen
sind aber Kinder unter 8 Jahren unschuldig. Daher sollten diese gerettet werden. Die
allgemeine Mordorgie resultierte in dem "Massacre of Meadow Mountain" im Südwesten des
heutigen Staates Utah, in der Nähe der kleinen Stadt St. George. Bis heute hat die
Mormonenkirche eine aktive Vertuschung der Vorgänge betrieben.
Historiker haben zum Teil bei den Erinnerungen der
damals 6-8jährigen Kinder angesetzt, die scließlich von den Mormonen zur Rückführung
nach Arkansas freigegeben worden waren.
Kontrovers bis heute
Bis heute umgibt das traumatische Ereignis eine Atmosphäre der Kontroverse. Historiker
weisen auf die Verstrickung Brigham Youngs hin. Die Kirche besteht auf der Unschuld
Youngs. Die Ereignisse waren in Gang gesetzt worden, als Brigham Young einen George
Smith, einen der Mormonen-Apostel, zu den ortsansässigen Mormonen mit einem Brief
schickte, der Befehle enthielt, die sich auf die Siedler bezogen. Dieser Brief ist verloren
gegangen, obwohl die Mormonenkirche für ihre mit äußerster Akribie geführten Archive
berühmt ist.
Die Kirche hat die Angelegenheit entsorgt, indem sie die Schuld am Massaker auf die
Indianer und einen der Anführer der Mormonen schob, nämlich auf John D. Lee, einem
ortsansässigen Mormonenführer und Stiefsohn Brigham Youngs. Dieser wurde geopfert. Er
wurde verurteilt und durch Erschießen hingerichtet.
Die Mormonen mußten sich schon deswegen als Indianer verkleiden, weil die wirklichen
Paiute, die anfangs mitgemacht hatten, bald den Sinn des Massakers nicht mehr einsehen
wollten und sich zurückzogen, als die versprochenen Gewehre und Rinder ausblieben.
Young hatte sogar die Stirn, der Bundesregierung eine Rechnung für die Habseligkeiten zu
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stellen, die den Siedlern angeblich von den Indianern weggenommen worden seien, in
Wirklichkeit aber an die Indianer als Beute verteilt worden waren.
Politisches Geschick der Mormonen
Dir Mormonenkirche ist politisch geschickt und schätzt ihre jeweilige Situation realistisch ein.
Sie hat daher schon Ende des 19. Jahrhunderts die Vielehe offiziell abgeschafft - nach
"göttlicher Offenbarung." Es wird aber vermutet, daß es in abgelegenen Gebieten noch eine
beträchtliche Zahl von Vielehen bei Anhängern der "reinen Lehre" gibt. Es kommen auch
noch Ereignisse vor wie beispielsweise eine Fernsehsendung, in der eine Frau aus einer
Vielehe berichtet, wie harmonisch eine solche sei, und daß es nur in einer Vielehe eine
solche Harmonie geben könne. Allerdings spricht anektodisches Material eine andere
Sprache.
Aus dem Siedlungsgebiet der Mormonen um Salt Lake City herum ist der US-Bundesstaat
Utah hervorgegangen, der immer noch mehrheitlich von Mormonen bewohnt und von diesen
regiert wird.
Das Denkmal für das Massaker bei St. George, Utah
Das erwähnte Massaker war Anlaß zu einer reichen Mythenbildung über mormonische
Blutrünstigkeit. Am Ort des Massakers befindet sich heute ein Denkmal für die Opfer. Selbst
noch 1999, als das Denkmal restauriert werden sollte, setzte ein umfangreicher Fund von
menschlichen Knochen eine skandalöse Affaire in Gang, bei der es um diese Überreste
ging. Die Mormonenkirche gewann schließlich den anschließenden Prozess, den sie mit
dem Ziel der sofortigen Wiederbeerdigung der Knochen geführt hatte. Die
Wiederbeerdigung sollte stattfinden, bevor eine forensische Untersuchung durchgeführt
werden konnte.
Allerdings waren die Knochen in der Zwischenzeit doch forensisch untersucht worden, mit
dem Ergebnis, daß die Opfer durch Schüsse aus nächster Nähe umgekommen waren, und
nicht durch indianische Waffen.
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