Gemeinschaftskonten von Ehegatten – Hinweise zur
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Gemeinschaftskonten von Ehegatten – Hinweise zur
HAUS + GRUND MÜNCHEN INFORMIERT „Gemeinschaftskonten von Ehegatten – Hinweise zur rechtlichen Ausgestaltung, schenkungsteuerlichen Behandlung und Auswirkungen im Erbfall“ von Stefan Spangenberg Rechtsanwalt convocat GbR München www.convocat.de Unter Ehegatten erfreuen sich Gemeinschaftskonten großer Beliebtheit. Über die rechtlichen und insbesondere auch die steuerlichen Konsequenzen wird häufig nicht umfassend aufgeklärt. Nachfolgend daher einige allgemeine Erläuterungen und eine Kurzzusammenfassung einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur schenkungsteuerlichen Behandlung einseitiger Einzahlungen auf Gemeinschaftskonten. I. Unterscheidung „Und“-Konten / „Oder“-Konten Von Gemeinschaftskonten im nachfolgenden Sinne ist immer dann zu sprechen, wenn zwischen der jeweiligen Bank ein Kontovertrag mit mehreren Personen besteht, wie bspw. einem Konto, das auf den Namen beider Ehegatten lautet. Für die Prüfung aller rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen zu den Auswirkungen gemeinsamer Konten ist vorab festzustellen, wer im Außenverhältnis zur Verfügung über das Kontoguthaben berechtigt ist und – unabhängig hiervon – wem im Innenverhältnis welcher Anteil am Kontoguthaben zusteht. Für die Unterscheidung zwischen Gemeinschaftskonten in der Form des „Und“-Kontos und des „Oder“-Kontos kommt es dabei immer nur auf die Verfügungsberechtigung im Außenverhältnis an. 1. „Und“-Konten Vorab sei der Hinweis erlaubt, dass Gemeinschaftskonten in Form der „Und“-Konten die Ausnahme darstellen. Von „Und“-Konten spricht man, wenn hinsichtlich der Verfügungsberechtigung im Kontoeröffnungsvertrag festgelegt wird, dass die Kontoinhaber nur gemeinsam über die Einlagen verfügen können. Copyright bei convocat GbR, M€nchen Im Fall eines solchen Kontos von Ehegatten müsste gegenüber dem jeweiligen Kreditinstitut angeordnet sein, dass eine Verfügung über die Einlage nur wirksam ist, wenn beide Ehegatten, also Ehemann und Ehefrau, eine gleichlautende Verfügung erklären. Somit können die Kontoinhaber nur gemeinschaftlich über das Kontoguthaben verfügen. Damit ist jedoch in keiner Weise die Frage nach der Inhaberschaft der Einlagenforderung beantwortet. Die Finanzverwaltung rechnet grundsätzlich bei einem sogenannten „Und“Konto jedem Kontoinhaber nur den von ihm eingezahlten Beitrag zu. Letztlich ist diese Frage nach dem Anteil an der Einlage immer im Einzelfall zu prüfen. Im Zweifel wird zivilrechtlich unterstellt, dass den Teilhabern gleiche Anteile zustehen. 2. „Oder“-Konten Bei Gemeinschaftskonten in Form der „Oder“-Konten kann jeder Kontoinhaber allein über die gesamte Einlage verfügen – ohne jegliche Mitwirkung der übrigen Kontoinhaber. Für die Frage dieser Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis ist es völlig unerheblich, wer welche Beträge auf das gemeinsame Konto eingezahlt hat. Aufgrund dieser für den alltäglichen Bankverkehr sehr praktischen Gestaltung der Verfügungsbefugnis im Verhältnis zum jeweiligen Kreditinstitut, werden Gemeinschaftskonten fast ausschließlich in der Form der sogenannten „Oder“-Konten errichtet. Bei gemeinsamen Konten von Ehegatten bedeutet dies, dass entweder der Ehemann oder die Ehefrau allein, d. h. jeweils ohne den anderen Ehegatten, über die gesamte Einlagenforderung verfügen darf. Diese Verfügungsbefugnis ist unabhängig davon, von wem die Einzahlungen auf das Konto erfolgten. Da bei Gemeinschaftskonten in der Form des sogenannten „Oder“-Kontos – im Unterschied zu der Gestaltung als „Und“-Konto – jeder Kontoinhaber allein berechtigt ist, die Auszahlung der Einlagen an sich zu fordern, liegt eine Gesamtgläubigerschaft der Kontoinhaber vor. Gemäß § 430 BGB ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeder Kontoinhaber im Innenverhältnis zu gleichen Teilen an der Einlagenforderung berechtigt ist. Diese gesetzliche Vermutung muss im Einzelfall geprüft werden. Zahlt nur einer der Ehegatten auf dieses „Oder“-Konto ein, so unterstellt die Finanzverwaltung im Zeitpunkt der Einzahlung eine unentgeltliche Bereicherung des anderen Ehegatten. 3. Auswirkungen im Erbfall Bei Tod eines Ehegatten kann der überlebende Ehegatte bei einem so genannten „Oder“Konto weiterhin allein über das gemeinsame Konto verfügen, unabhängig davon, ob er Alleinerbe, Miterbe oder enterbt ist. Auf das Verfügungsrecht im Außenverhältnis hat der Tod eines Kontoinhabers grundsätzlich keine Auswirkung. Es ist jedoch anzuraten im Copyright bei convocat GbR, M€nchen Kontoeröffnungsvertrag – wie üblich – klarzustellen, welche Rechte dem überlebenden Kontoinhaber zustehen sollen. Hinsichtlich der Berechtigung im Innenverhältnis ist jedoch zu klären, welcher Teil der Einlagenforderung in den Nachlass fällt. Fehlt es an einer konkreten Vereinbarung ist bei einem gemeinsamen Konto der Ehegatten in der Form des „Oder“-Kontos mangels anderweitiger Vereinbarung grundsätzlich die Hälfte der Einlagenforderung dem verstorbenen Ehegatten, die andere Hälfte dem überlebenden Ehegatten zuzuordnen. Daran orientiert sich in der Regel auch die Finanzverwaltung im Rahmen der Festsetzung der Erbschaftsteuer. Doch Vorsicht bei Einzahlung(en) allein durch den verstorbenen Ehegatten: Die Erklärungen hinsichtlich der Zurechnung im Erbfall sollten mit der lebzeitigen Handhabung gegenüber dem Finanzamt deckungsgleich sein. Soweit schon eine lebzeitige Schenkung erfolgt und gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt worden ist, wird eine Steuerhinterziehung unterstellt. Aufgrund der fehlenden Meldung der Schenkung gegenüber dem Finanzamt verjährt die Besteuerung erst mit dem Tod des Schenkers. Praxishinweis: Ein gemeinsames Konto der Ehegatten in Form eines „Oder“-Kontos kann im Todesfall einen Vorteil für den überlebenden Ehegatten darstellen. Ohne erbrechtliche Legitimation und – falls keine Alleinerbschaft vorliegt – ohne Mitwirkung der Erben kann er zumindest über seinen Anteil am Konto verfügen. Verfügungen über den Anteil des verstorbenen Ehegatten sollten jedoch mit Vorsicht erfolgen. Im Zweifel muss dieser Anteil der Erbengemeinschaft wieder zur Verfügung gestellt werden. Haben die Ehegatten ein gemeinsames Konto in der Form eines sogenannten „Und“-Kontos errichtet, so wäre der überlebende Ehegatte darauf angewiesen, dass die Erben des verstorbenen Ehegatten mit ihm gemeinsam deckungsgleiche Verfügungen über das Kontoguthaben gegenüber der kontoführenden Bank treffen. Es kann dann nur gemeinschaftlich über die Kontoeinlage verfügt werden. Unabhängig davon stellt sich wiederum die Frage der Zurechnung der Einlagenforderung im Innenverhältnis. Praxishinweis: Die Ehepartner sollten sich darüber im Klaren sein, welche Kontoart sie wählen. In jedem Fall sollten sich die Ehegatten mit entsprechenden Vollmachten ausstatten. Soweit ein gemeinsames Konto errichtet wird, sollte eine klare Vereinbarung getroffen werden, wenn die Einzahlungsbeträge unterschiedlich sind. Man sollte sich zudem über die schenkungsteuerlichen Konsequenzen eines solchen Kontos im Klaren sein. II. Behandlung von Gemeinschaftskonten in der Schenkungsteuer Im Rahmen von Gemeinschaftskonten bei Ehegatten stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit bei Einzahlungen allein durch einen Kontoinhaber (Ehegatten) eine Schenkung an den weiteren Kontoinhaber (Ehegatten) stattfindet. Copyright bei convocat GbR, M€nchen Aus Sicht der Finanzverwaltung gibt es bei Gemeinschaftskonten in der Form der „Und“Konten keine Vermögensverschiebung, da im Zweifel anzunehmen ist, dass bei gemeinsamer Verfügungsbefugnis sich die Zuordnung der Vermögensmasse nicht ändert. Liegt dagegen ein gemeinsames Konto der Ehegatten in Form eines sogenannten „Oder“Kontos vor, so hat die Finanzverwaltung bisher regelmäßig vermutet, dass eine steuerpflichtige Zuwendung an den nicht einzahlenden Ehegatten vorliegt, wenn die Geldsumme vom anderen Ehegatten eingezahlt worden ist. Mit der hälftigen Verfügungsberechtigung hat die Finanzverwaltung bisher eine Schenkung in Höhe der Hälfte des Betrags unterstellt. Etwas anderes wurde nur dann unterstellt, wenn der nicht einzahlende Ehegatte nachweisen konnte, dass im Innenverhältnis in Bezug auf die Verfügungsberechtigung eine abweichende Vereinbarung vorliegt. Die Rechtsprechung der Finanzgerichte hierzu war bisher uneinheitlich. Der Steuerpflichtige war in der Beweislast, den Nachweis darüber zu bringen, wem welcher Guthabensbetrag hinsichtlich des gemeinsamen Kontos zusteht. Dieser vereinfachten Betrachtung durch die Finanzverwaltung ist der BFH mit seiner Entscheidung vom 23.11.2011, Aktenzeichen II R 33/10, entgegengetreten. Die Finanzverwaltung dürfe nicht automatisch unterstellen, dass die Einzahlung eines Ehegatten auf ein gemeinsames „Oder“-Konto zu einer freigiebigen Vermögensverschiebung zugunsten des anderen Ehegatten führt. Vielmehr muss die Finanzverwaltung anhand der tatsächlichen Handhabung des Kontos oder aus anderen Umständen, z. B. einer Vereinbarung der Ehegatten, nachweisen, dass und in welcher Höhe eine freigiebige Zuwendung an den nicht einzahlenden Ehegatten vorliegt. Eine freigiebige Zuwendung wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, wenn der nicht einzahlende Ehegatte ohne entsprechende schriftliche oder mündliche (Rückzahlungs)Vereinbarung Beträge zur eigenen Vermögensbildung einsetzt. Je häufiger dies der Fall ist, desto mehr spricht für eine Schenkung. Vorsicht: Auch die hälftige Zurechnung der Kapitalerträge im Rahmen der einkommensteuerlichen Veranlagung kann ein Indiz für eine Zuwendung an den nicht einzahlenden Ehegatten sein. Soweit der gemeinsame Lebensunterhalt von dem gemeinsamen Konto bestritten wird, liegt nach Ansicht des BFH kein Indiz für eine Schenkung vor. Gleiches gilt, wenn der nicht einzahlende Ehegatte keinerlei Verfügungen über das Guthaben trifft. Damit hat der BFH zugunsten der Steuerpflichtigen klargestellt, dass lediglich die Einzahlung auf ein „Oder“-Konto durch einen Ehegatten noch nicht zu einer freigiebigen Zuwendung im schenkungsteuerrechtlichen Sinne führt. Copyright bei convocat GbR, M€nchen Nichtsdestotrotz ist weiterhin vor Errichtung von Gemeinschaftskonten bzw. vor der einseitigen Einzahlung eines Ehegatten auf ein gemeinsames Konto eine genaue Prüfung der Kontoverträge anzuraten. Sollte überhaupt keine Vereinbarung bestehen, so ist die bisherige Handhabung durch die Ehegatten zu prüfen. Schenkungsteuerliche Konsequenzen sind dringend zu beachten. Die Entscheidung des BFH vom 23.11.2011 schafft grundsätzlich Erleichterungen hinsichtlich der Beweislastverteilung. Bei der Begründung von Gemeinschaftskonten bzw. Einzahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Konto, die den Umfang zur Bestreitung der gewöhnlichen Lebenshaltung überschreiten, ist dennoch eine Prüfung auf möglicherweise bestehende schenkungsteuerliche Auswirkungen anzuraten. In diesem Zusammenhang sind zudem die zivilrechtlichen und steuerlichen Auswirkungen im Erbfall mit zu bedenken. 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