Beitrag - Emsländische Landschaft
Transcription
Beitrag - Emsländische Landschaft
Kunst & Kultur - Anzeige "Jüdische Friedhöfe sind für die Ewigkeit angelegt, sie werden auch als „Haus der Ewigkeit“ oder „Haus des Lebens“ bezeichnet. Die Totenruhe ist unantastbar, daher werden die Gräber nicht eingeebnet und nich neu belegt. Sie sind normalerweise so angeordnet, dass die Toten in Richtung Jerusalem liegen. Der Friedhof ist für die Juden mindestens ebenso bedeutsam wie die Synagoge. So gelten für den Besuch eines jüdischen Friedhofs einige wichtige Regeln. - Auch für nichtjüdische Männer gehört es sich, auf dem Friedhof eine Kopfbedeckung zu tragen. - Es ist Brauch, zur Erinnerung an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten und die Wanderung durch die Wüste, bei der die Toten unter Steinhügeln begraben werden mussten, kleine Steine auf die Grabmäler zu legen. - Nach dem Besuch des Friedhofs sollte man sich die Hände waschen. - Am Sabbat, dem jüdischen Ruhetag (Freitag- bis Samstagabend jeweils nach Sonnenuntergang), ist es nicht erlaubt, jüdische Friedhöfe zu betreten." Auszug aus der Schrifttafel am jüdischen Friedhof in Meppen. Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Meppen. (Foto: Burkhard Sievers) Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Freren. (Foto: Norbert Lührmann, Fotogruppe „Objektiv“) als Händler, Schlachter oder Geldverleiher. Dies erklärt die Tatsache, dass bis in das 20. Jahrhundert hinein viele der emsländischen Viehhändler jüdisch waren. 1848 wurde im Königreich Hannover, dem das Emsland zugehörte, die politische Gleichstellung der jüdischen Mitbürger hergestellt. In der Folgezeit wuchsen die jüdischen Gemeinden und errichteten in mehreren Orten des Emslandes Synagogen. Im Ersten Weltkrieg meldeten sich mehrere jüdische Männer zum Kriegseinsatz, obwohl sie von der Wehrpflicht befreit waren, ihnen innerhalb des Militärs nur zu bestimmten Funktionen Zugang gewährt wurde und hohe militärische Ränge verwehrt blieben. Trotzdem gab es auch Zeichen der Anerkennung für diesen Einsatz. So wurde beispielsweise der jüdische Kaufmann Fredy Markreich aus Lingen mit verschiedenen militärischen Auszeichnungen für seinen Kriegseinsatz geehrt und in Sögel ein Gedenkstein für die gefallenen jüdischen Soldaten errichtet. Auf den Spuren jüdischen Lebens im Emsland In vielen Orten des Emslandes stößt man auf Spuren vergangenen jüdischen Lebens: verwilderte Friedhöfe, meist am Ortsrand gelegen, so wie in Sögel mitten im Wald, nicht auf den ersten Blick sichtbar. Man entdeckt halb verwitterte Grabsteine zwischen hohem Gras und Efeuranken, erkennt hebräische Schriftzeichen und Symbole aus der jüdischen Religion. Für den ins Emsland zugezogenen Lehrer Lothar Kurths, der Ende der 1970er Jahre zufällig auf den jüdischen Friedhof in Freren stieß, wurde die Entdeckung zum Anstoß dafür, den Spuren nachzugehen, sie zu lesen und sichtbar zu machen für andere. Auch in anderen Orten dieser Region begaben sich Einzelpersonen auf Spurensuche und beschäftigten sich intensiv mit der Thematik. Heute kennen wir die jüdischen Friedhöfe in Freren, Sögel, Lingen, Meppen, Haselünne, Haren, Herz- lake, Lathen und Aschendorf. Und es sind neue Spuren dazugekommen: Denkmäler, Mahnmale, Stolpersteine. Die Geschichte der Synagogengemeinden, Bethäuser und Friedhöfe wurde erforscht und niedergeschrieben. Eine Zusammenfassung dieser Geschichte findet sich im ersten Teil der Informationsbroschüre „Auf den Spuren jüdischen Lebens im Emsland“, die Mitte September erscheinen wird. Angeregt durch das Projekt „Reise ins jüdische Ostfriesland“ der Ostfriesischen Landschaft und durch die Broschüre „Stätten jüdischer Kultur und Geschichte“ des Landschaftsverbandes Weser-Hunte e.V., starteten im Februar dieses Jahres die Emsländische Landschaft e.V. und der Emsländische Heimatbund das Projekt zum jüdischen Leben im Emsland. Damit soll ein Beitrag zur Erinnerung an die jüdische Kultur als wichtigem Teil der emsländischen Geschichte geleistet werden. Stolpersteine in Lingen. (Foto: Richard Heskamp) Neben der Gedenkkultur geht es in der Broschüre aber auch um die Menschen und Geschichten, die sich hinter den Spuren verbergen. Denn es gab einst ein reges und vielfältiges jüdisches Leben im Emsland. In Sögel befand sich sogar, prozentual auf die Einwohnerzahl gerechnet, die zweitgrößte jüdische Gemeinde Deutschlands (nach Frankfurt a.M.). 1929 zählte sie – zusammen mit den jüdischen Bürgern aus Werlte und Lathen – 32 Familien und 160 Mitglieder. Der jüdische Einzelhändler Fredy Markreich (geb. Die jüdische Geschichte des Emslandes begann Anfang des 18. Jahrhunderts, als sich die ersten jüdischen Familien hier niederließen. Mit einem Auf und Ab der rechtlichen Bestimmungen durch die verschiedenen Landesherren und wechselnden Regierungen war die Situation für die jüdische Bevölkerung immer wieder geprägt von Beschränkungen bis hin zu Diskriminierungen. So durften Juden beispielsweise zunächst keine anderen Berufe ausüben Die 1920er Jahre waren auch im Emsland der Höhepunkt der jüdischen Emanzipation: Trotz bleibender antisemitischer Ressentiments in Teilen der Bevölkerung waren die jüdischen Mitbürger geschätzte 1898), Mitglied der Kivelinge und Träger verschiedener militärischer Auszeichnungen aus dem Ersten Weltkrieg, konnte nach Aufgabe seines boykottierten und zerstörten Geschäftes, Verhaftung und Misshandlung durch die SA und Verschleppung ins KZ Buchenwald, Berichten zufolge 1939 nach Liberia emigrieren, wo er 1944 verstarb. (Foto: Clemens Korte, Stadtarchiv Lingen) Tor des jüdischen Friedhofes in Sögel. (Foto: Wilhelm Sanders, Fotogruppe „Objektiv“) use 35 Anna Thekla Ruhe: Kinnerrieme up Platt Hrsg. Emsländischer Heimatbund e.V. ISBN 978-3-88077-147-5 Preis: 9,50 Euro Das Kindergartenalter stellt eine ideale Zeit dar, der jüngsten Generation Begegnungen und Erfahrungen mit der plattdeutschen Sprache zu ermöglichen. Mit neuen Ideen geht das Buch auf Bräuche und Traditionen ein, die in den Kindergärten und Elternhäusern gelebt werden. Die abgedruckten „Kinnerrieme“ lassen sich problemlos im alltäglichen Miteinander einsetzen und fordern die Kinder zum Vormachen, Mitmachen und Nachmachen auf. Viele Texte eignen sich für kleinere Aufführungen in der Herbst- und Winterzeit mit ihren zahlreichen schönen Festen. Die Mannschaft des SV Meppen von 1924, zu deren Mitspielern die Meppener Die Synagoge in Haren am Pascheberg – eingeweiht 1909, am 9. November 1938 Juden Kurt Visser und Fritz Cohen zählten. (Foto: aus der Sammlung des Heimat- niedergebrannt von den Nationalsozialisten. (aus: Synagogen und Bethäuser im Emsvereins Meppen, Stadtmuseum) land, hrsg. Landkreis Emsland, Meppen 1998, S. 35, von Norbert L. Tandecki.) Nachbarn und Freunde, angesehene Handelspartner und „ganz normaler“ Teil des reichen Vereins- und Verbandslebens z.B. als Unterstützer von Waisenhäusern sowie Mitglieder in freiwilliger Feuerwehr, Schützen- und Sportvereinen (drei der aktiven Spieler des SV Meppen stammten aus jüdischen Familien) und der Lingener Kivelinge. Viele der jüdischen Familien im Emsland hatten es als Viehhändler, Schlachter und auch im Einzelhandel zu Wohlstand und Ansehen gebracht. Mit der Machtergreifung Hitlers 1933 änderte sich die Situation für die Juden in Deutschland drastisch. Gewachsene Verbundenheit und Emanzipation wurden durch Boykottmaßnahmen, angeordnete Ausgrenzungen und Diskriminierung wieder zerstört. So auch im Emsland. Vor allem dieses Teils der Geschichte haben sich besonders in den 1990er Jahren einige wenige Menschen in unserer Region mit großem Engagement angenommen. Sie haben die Geschichten der in Stein gehauenen Spuren und Namen erkundet, Angehörige, Familienmitglieder, Holocaustüberlebende Emsländische Landschaft e.V. für die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim Schloss Clemenswerth 49751 Sögel Telefon: 05952/9323-0 Fax: 05952/9323-40 E-Mail: [email protected] Internet: www.emslaendische-landschaft.de 36 use ausfindig gemacht – überall in der Welt und auch im Emsland. Sie sind auf erschütternde Schicksale gestoßen, auf beschämende und grausame Geschichten aus der Zeit des Nationalsozialismus. Auch im Emsland haben am 9. November 1938 die Synagogen gebrannt, wurden unschuldige Menschen aufgrund ihres Glaubens verhaftet, vertrieben, misshandelt, deportiert und ermordet. Die wenigsten haben diese Zeit überlebt. Aber es gibt doch Einzelne, die heute im Exil leben oder zurückgekommen sind und wieder Kontakt zum Emsland haben oder hier leben. Sie alle geben den Spuren Gesichter. Über das Gedenken hinaus setzen sich engagierte Menschen ein, die Spuren auch für nachfolgende Generationen zu erhalten. Sie tragen dazu bei, das reiche Erbe jüdischer Kultur und Religion durch Information bewusst zu machen und durch persönliche Begegnungen Verständigung und Austausch untereinander zu fördern. Das Ziel des Projekts „Auf den Spuren jüdischen Lebens im Emsland“ ist also auch, das Engagement und den Einsatz der Zeitzeugen, Autoren, Initiativ- und Arbeitsgruppen sowie auch ehrenamtlich tätiger Einzelpersonen zu würdigen und sie in ihrer wichtigen Arbeit zu unterstützen. Das Zusammentragen der vielfältigen Informationen soll Anregung sein, sich mit der Regionalgeschichte und der jüdischen Religion und Kultur auseinanderzusetzen und sich selbst auf den Spuren jüdischen Lebens im Emsland zu bewegen. Im Zuge des Projektes hat sich auch die Fotogruppe „Objektiv“ des Meppener Kunstkreises e.V. auf Spurensuche quer durchs Emsland begeben – mit der Kamera. Ihre Ergebnisse illustrieren nicht nur die Broschüre, sondern werden darüber hinaus in einer Ausstellung im Meppener Stadthaus gezeigt (17.09.-13.11.2014). Im Rahmen der Ausstellungseröffnung am 16. September 2014 (Beginn 18.30 Uhr) wird die Broschüre erstmals öffentlich präsentiert und vorgestellt. Kostenlos erhältlich ist sie danach in der Bibliothek des Emsländischen Heimatbundes in Meppen. Auch die Emsland Touristik GmbH beteiligt sich am Vertrieb der Broschüre. Text: Annette Sievers (Projektleitung und -durchführung – im Rahmen des Qualifizierungsprojekts REGIALOG des Vereins zum Erfassen, Erschließen und Erhalten der historischen Sachkultur im Weser-Ems-Gebiet e.V. für Kulturtourismus und -marketing) Gedenkort Jüdische Schule in Lingen. Foto: (Richard Heskamp) Holger Lemmermann: Auswanderer vom Hümmling in Amerika 1837-1900 Hrsg. Emsländischer Heimatbund e.V. ISBN 978-3-88077-148-2 Preis: 17,40 Euro Im 19. Jahrhundert erfasste eine mächtige Wanderungsbewegung den europäischen Kontinent. Zunehmend mehr Menschen sahen keine weitere Zukunft in ihrer alten Heimat, sei es wegen Land- und Besitzlosigkeit, Nahrungsmittelknappheit, Arbeitslosigkeit oder auch wachsender Verfolgung ihrer politischen oder religiösen Überzeugungen. In dieser Zeit wanderten auch mehr als fünf Millionen Deutsche aus, vorrangig in die USA, um in der „Neuen Welt“ ein besseres Leben zu finden. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts verließen etwa 2.500 Personen das Land zwischen Wahn im Westen, Stavern im Süden, Werlte im Osten und Esterwegen im Norden. Ziele waren zumeist die Staaten des Mittleren Westens Missouri, Indiana, Kentucky, Kansas und Iowa. Die vorliegende Publikation thematisiert erstmalig umfassend die Auswanderung vom Hümmling nach Nordamerika seit 1837. Beide Bücher sind zu beziehen über den Emsländischen Heimatbund – Bibliothek Meppen Tel: 05931-496420 www.ehb-emsland.de gaud! Schoolmesterdag n u t t o K Plattdüütsch in de school – am 22. Oktober 2014 richtet die Emsländische Landschaft erstmals einen Schoolmesterdag für Niederdeutschlehrer aus. Die Europäische Sprachencharta räumt dem Niederdeutschen eine besondere Stellung in der Schule ein, ein flächendeckendes Angebot ist bisher aber nicht vorhanden. Dabei ist es bewiesen, dass der frühe Spracherwerb einer (Regional)sprache, das Erlernen weiterer Sprachen erleichtert. Grundlinien für einen modernen Plattdeutsch-Unterricht werden dabei gerade erst entwickelt. Der Schoolmesterdag rückt das Thema „Plattdüütsch in de school“ in den Mittelpunkt, in verschiedenen Workshops wird es sowohl um theoretische Aspekte des Spracherwerbs als auch um praktische Beispiele aus dem Schulalltag gehen, z.B. um die Gestaltung von zweisprachigem Unterricht. Die Veranstaltung richtet sich an haupt- sowie ehrenamtliche Lehrkräfte, die in ihren Unterricht niederdeutsche und regionale Inhalte und Bezüge einbeziehen möchten. Mittwoch, 22. Oktober 2014, 15–18 Uhr, Theaterpädagogisches Zentrum Lingen. Die Teilnahme ist kostenlos. Um Anmeldung per E-Mail wird gebeten: [email protected] use 37