Immer Ärger mit den lieben Verwandten
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Immer Ärger mit den lieben Verwandten
Immer Ärger mit den lieben Verwandten Skandal im Haus Habsburg! Die Nachkommen der Linie Habsburg-Toskana lebten nach dem Verlust der Herrschaft 1859 im Exil in Österreich. Einige Mitglieder dieses Familienzweiges sorgten dank ihrer alternativen Lebensentwürfe für Gesprächsstoff. Kaiser Franz Joseph war darüber gar nicht erfreut! „Bin zu stolz, um einen fürstlichen Müßiggänger abzugeben. Ich will nicht das Geld des Volkes verfressen wie andere!“ Erzherzog Johann Salvator alias Johann Orth über seine Beweggründe, aus dem Haus Habsburg auszuscheiden. Mit dem Verlust der Herrschaft ging auch das Vermögen dieses Zweiges der Dynastie verloren. Finanziell von den Zuwendungen des österreichischen Kaiserhauses abhängig, wurden die ehemals souveränen italienischen Verwandten 1866 als Mitglieder des Erzhauses wieder der Autorität des Oberhauptes der Hauptlinie der Dynastie, Kaiser Franz Joseph, unterstellt. Die italienische Verwandtschaft bereitete dem Chef des Hauses aufgrund ihres oft unkonventionellen Lebensstiles einige Sorgen. Mitglieder der Linie Toskana galten als „enfants terribles“ der Dynastie und machten vor allem in den Klatschspalten der Regenbogenpresse von sich reden. Eine positive Ausnahme war hier Ludwig Salvator (1847– 1915), ein Bruder des letzten souveränen Herrschers der Toskana, Großherzog Ferdinands IV. Ludwig Salvator verzichtete auf die für nachgeborene Prinzen des Hauses Habsburg typische militärische Karriere. Er widmete sein Leben den Naturwissenschaften und erwarb auf diesem Gebiet große Verdienste. So wurde er zum Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ernannt. Von den konservativen Mitgliedern der Dynastie wurde der Erzherzog aufgrund seiner offen ausgelebten Verachtung für das höfische Leben heftig kritisiert. Gerade deswegen fand er aber in Kaiserin Elisabeth und Kronprinz Rudolf Vertraute und Mitstreiter. Ludwig Salvator verbrachte den Großteil seines Lebens auf Mallorca, wo er seine nautischen und naturwissenschaftlichen Interessen verfolgte. Niemals offiziell verheiratet, hinterließ er seinen zahlreichen illegitimen Nachkommen ein beträchtliches Vermögen. Ein weiterer Bruder Ferdinands IV., Johann Salvator (1852– 1890) galt als besonders aufgewecktes und talentiertes Kind. Er schlug die Offizierslaufbahn ein, wo er sich bald als scharfer Kritiker der bestehenden Verhältnisse bei seinen Vorgesetzten unbeliebt machte. Besonders in Erzherzog Albrecht, dem militärischen Mastermind der Dynastie, schuf er sich dadurch einen gefährlichen Feind. Eine enge Freundschaft verband ihn mit Kronprinz Rudolf, mit dem er seine liberale und antiklerikale Grundhaltung teilte. Die beiden arbeiteten auch bei der Herausgabe des Kronprinzenwerkes, einer Art Enzyklopädie der ÖsterreichischUngarischen Monarchie, zusammen. Nach einigen Auseinandersetzungen aufgrund einiger politischer Alleingänge wurde der Erzherzog von Franz Joseph als Oberhaupt der Dynastie gezwungen, seine Offizierscharge zurückzulegen und aus der Armee auszuscheiden. Als Reaktion darauf erklärte Johann Salvator schließlich 1889 seinen Austritt aus dem Haus Habsburg und verzichtete auf alle Rechte sowie die finanzielle Unterstützung aus dem Habsburgischen Familienfonds. Er nahm in Anlehnung auf seinen Hauptwohnsitz, Schloss Orth am Traunsee, den bürgerlichen Namen Johann Orth an und vermählte sich mit seiner langjährigen Geliebten Milli Stubel. Nachdem er das Kapitänspatent erworben hatte, begab er sich auf eine Schiffsreise nach Südamerika, wo sich seine Spuren verlieren. Es wird angenommen, dass sein Schiff im Juli 1890 während einer stürmischen Passage in der Nähe des Kap Hoorn unterging. Zunächst galt Johann Salvator als verschollen, 1911 wurde er schließlich offiziell für tot erklärt. Mehr noch als die Brüder Ferdinands schockierten die Lebenswege einiger der Kinder des letzten Großherzogs der Toskana die konservative Wiener Hofgesellschaft. Leopold Salvator (1868–1935) war der älteste Sohn Ferdinands IV. und somit – wenn auch aussichtsloser – Thronprätendent für den Florentiner Thron. Der als Offizier in der österreichischen Marine dienende Habsburger sorgte aufgrund seines turbulenten Liebeslebens für Getratsche am Wiener Hof. So soll er, als er als Offizier den Thronfolger Franz Ferdinand auf dessen Weltreise begleitete, seine damalige Geliebte als Matrose verkleidet mitgenommen haben. Als der Schwindel aufflog, wurde er strafweise zur Infanterie versetzt. Später sorgte er mit seiner geplanten Heirat mit der amtsbekannten Prostituierten Wilhelmine Adamovics für Entsetzen bei Franz Joseph, der ihm die Eheschließung strikt verbot. Daraufhin floh Leopold Salvator mit seiner Schwester Luise, die ebenfalls in einen handfesten Skandal verwickelt war, in die Schweiz. 1902 trat Erzherzog Leopold Salvator offiziell aus dem Erzhaus aus, verlor alle Ansprüche und Privilegien und durfte fortan österreichisches Staatsgebiet nicht mehr betreten. Er nahm den Namen Leopold Wölfling an. Sein weiteres Leben war ebenfalls von Skandalen begleitet: Nach vier Ehejahren ließ er sich 1907 von Wilhelmine Adamovics wieder scheiden, heiratete aber 1912 eine andere Halbwelt-Dame. Eine dritte Ehe ging er 1933 mit der fast 30 Jahre jüngeren Klara Pawlowski in Berlin ein. Unter Depressionen und Alkoholismus leidend und außerdem mittellos schloss er sich zeitweilig einer obskuren Sekte an. Seinen Lebensunterhalt verdiente er durch den Verkauf seiner Lebenserinnerungen als „Schwarzes Schaf“ der Dynastie. Er hatte größte Schwierigkeiten, sich eine bürgerliche Existenz aufzubauen. Nach 1918 versuchte er eine Rückkehr nach Wien als Kleinunternehmer, wo er aber bald darauf mit seinem Lebensmittelgeschäft in Konkurs ging. Er starb 1935 völlig verarmt in Berlin. Ferdinands Tochter, Luise Antoinette (1870–1947), wurde mit dem Kronprinzen Friedrich August von Sachsen vermählt. Der dynastischen Ehe, aus der sechs Kinder entstammten, entfloh 1902 Luise zusammen mit ihrem Geliebten André Giron, dem Sprachlehrer ihrer Kinder in die Schweiz – ein Coup, den sie gemeinsam mit ihrem Bruder Leopold Salvator geplant hatte. Die Flucht der damals mit ihrem sechsten Kind schwangeren Kronprinzessin sorgte für Aufsehen an den Höfen Europas. 1903 wurde die Ehe mit dem sächsischen Kronprinzen gelöst. Kaiser Franz Joseph entzog Luise ihre Zugehörigkeit zum österreichischen Erzhaus. Ihre jüngste Tochter, Anna Pia Monika, wurde bereits auf der Flucht geboren. Obwohl die Vaterschaft unklar war, anerkannte Kronprinz Friedrich August das Mädchen als seine leibliche Tochter. Luise weigerte sich jedoch, diese an ihre sächsischen Verwandten zu übergeben. Erst nach ihrer Heirat mit den italienischen Komponisten Enrico Toselli (1883–1926) im Jahre 1907 wurde sie von ihrer Tochter getrennt. Die Ehe mit Toselli, mit dem sie einen Sohn hatte, währte nicht lange, und Luise ließ sich bereits 1912 wieder scheiden. Die ehemalige Kronprinzessin verbrachte den Rest ihres Lebens unter dem Pseudonym einer Comtesse d’Ysette in Belgien, wo sie 1947 in großer Armut verstarb. Autor Martin Mutschlechner Literatur Dickinger, Christian: Habsburgs schwarze Schafe: Über Wüstlinge, Schwachköpfe, Rebellen und andere Prinzen, Wien 2000 Weissensteiner, Friedrich: Ein Aussteiger aus dem Kaiserhaus: Johann Orth, Wien 1985