Kulinarische Perspektiven 2025 - Online-Infomappe - Ö1
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Kulinarische Perspektiven 2025 - Online-Infomappe - Ö1
DIE RADIODOKTOR-INFOMAPPE Ein Service von: ORF A-1040 Wien, Argentinierstraße 30a Tel.: (01) 50101/18381 Fax: (01) 50101/18806 Homepage: http://oe1.ORF.at Österreichische Apothekerkammer A-1091 Wien, Spitalgasse 31 Tel.: (01) 404 14-600 Fax: (01) 408 84 40 Homepage: www.apotheker.or.at Österreichisches Bundesministerium für Gesundheit A-1030 Wien, Radetzkystr. 2 Tel.: (01) 71100-4505 Fax: (01) 71100-14304 Homepage: www.bmg.gv.at/ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 1 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT Die Sendung Die Sendereihe „Der Radiodoktor“ ist seit 1990 das Flaggschiff der Gesundheitsberichterstattung von Ö1. Jeden Montag von 14.05 bis 14.40 Uhr werden interessante medizinische Themen in klarer informativer Form aufgearbeitet und Ö1- Hörerinnen und -Hörer haben die Möglichkeit, telefonisch Fragen an das hochrangige Expertenteam im Studio zu stellen. Wir über uns Seit September 2004 moderieren Univ.-Prof. Dr. Karin Gutiérrez-Lobos, Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz, Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger und Dr. Christoph Leprich die Sendung. Das Redaktionsteam besteht aus Mag. Nora Kirchschlager, Dr. Mag. Nadja Kwapil, Martin Rümmele, Dr. Doris Simhofer, Dr. Michaela Steiner, Dr. Ronny Tekal und Dr. Christoph Leprich. Das Service Seit dem 3. Oktober 1994 gibt es das die Sendereihe flankierende Hörerservice, das auf größtes Interesse gestoßen ist. Die zu jeder Sendung gestaltete Infomappe mit ausführlichen Hintergrundinformationen, Buchtipps und Anlaufstellen wird kostenlos zur Verfügung gestellt und ist bereits am Sendungstag auf der Ö1-Homepage zu finden. Diese Unterlagen stellen in der Fülle der behandelten Themen ein MedizinLexikon für den Laien dar. Die Partner Ermöglicht wird die Radiodoktor-Serviceleiste durch unsere Partner: die Österreichische Apothekerkammer und das Österreichische Bundesministerium für Gesundheit. An dieser Stelle wollen wir uns ganz herzlich bei unseren Partnern für die gute Zusammenarbeit bedanken! Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Infomappe zumeist auf die weiblichen Endungen, wie z.B. PatientInnen, ÄrztInnen etc. verzichtet haben. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 2 BALKONSCHALOTTEN AN HEUSCHRECKENRAGOUT: ÖSTERREICHS KULINARISCHE PERSPEKTIVEN 2025 Mit Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos 10. Juni 2013, 14.05 Uhr, Ö1 Sendungs- und Infomappengestaltung: Dr. Doris Simhofer Redaktion: Dr. Mag. Nadja Kwapil, Dr. Christoph Leprich RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 3 INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS BALKONSCHALOTTEN AN HEUSCHRECKENRAGOUT? 6 TREND 1: REGIONAL, SAISONAL, EMOTIONAL Umweltschonender = kostengünstiger 6 6 Der lange Weg auf den Ladentisch 7 Belastend für die Umwelt Vorteile für den Konsumenten 7 7 TREND 2 - VORWÄRTS ZUM URSPRUNG Die Sehnsucht nach Ehrlichkeit Wir sehen uns – am Bauernmarkt Regionales im Supermarkt Eigenmarken als Verkaufsrenner Das Geheimnis der Zusatzstoffe Apfelsaft ohne Äpfel 8 8 8 9 9 9 10 Nahrungsmittel-Imitationen 10 TREND 3 - NOVEL FOOD – NEUIGKEITEN AM TELLER Was ist Novel Food? 10 10 Bedenklich oder sicher? 11 Neue Technologien für attraktivere Lebensmittel 12 Tierische Appetithäppchen Insekten statt Tafelspitz? 12 13 TREND 4 - CITY FARMING Terrassengemüse Gemüse mit Herkunftsgarantie 13 13 14 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 4 INHALTSVERZEICHNIS TREND 5 – VERWERTEN STATT WEGWERFEN Restl-Verwertung Wir schöpfen aus dem Vollen 14 14 15 Was isst die Generation 2050? 15 ANLAUFSTELLEN QUELLEN UND LINKS BUCHTIPPS SENDUNGSGÄSTE 16 18 21 23 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 5 ERNÄHRUNG 2025 BALKONSCHALOTTEN AN HEUSCHRECKENRAGOUT? TREND 1: REGIONAL, SAISONAL, EMOTIONAL „Die Vergangenheit hat keine Zukunft“, schreibt die Ernährungswissenschafterin und Foodtrend-Expertin Hanni Rützler in ihrem Buch „Food Change – 7 Leitideen für eine neue Esskultur. Nach EHEC-Bakterien auf Sprossen, Gammelfleisch, BSEoder Pferdefleischskandal, nach Listerienkäse und Mogelpackungen stellt sich die Frage: Was wollen wir in Zukunft auf dem Teller haben? Basierend auf der gegenwärtigen, skandalumwitterten Ernährungssituation, zeichnen sich Trends ab, die die Nahrungsmittelversorgung der Zukunft prägen werden. Umweltschonender = kostengünstiger Regional, saisonal und biologisch sollen sie sein, unsere Nahrungsmittel. (Gen)technik und Chemie, so schreibt die Ernährungswissenschafterin Hanni Rützler, belasten die Gewässer und das Erdreich auf Generationen, schränken die Vielfalt von Fauna und Flora ein, sind oft auch für Tierquälerei verantwortlich, wie beispielsweise in Legebatterien oder Aquakulturen. Es gibt im Lebensmittelbereich keine Preiswahrheit. Das liegt daran, dass sich die tatsächlichen Kosten der einzelnen Nahrungsmittel nicht nachvollziehen lassen, da sie aus vielfältigen Ingredienzien bestehen, außerdem Faktoren wie Transportkosten nicht genau dokumentiert werden. Die Preise sind daher durch die Subventions- und Transfermaßnahmen so künstlich wie die Lebensmittel selbst. Eine Veränderung der Produkte, so die Expertin, ergibt sich auch aus dem Preis- und Konkurrenzdruck, dem die industriell produzierende Ernährungswirtschaft ausgesetzt ist. Länger haltbar, geschmacklich standardisiert, künstlich hergestellt: diesen Umständen wirkt der Trend zu regionalen, saisonalen und biologischen Lebensmitteln entgegen. Quelle: Hanni Rützler, Food Change RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 6 ERNÄHRUNG 2025 DER LANGE WEG AUF DEN LADENTISCH Lebensmittel, die gegenwärtig in den Supermärkten angeboten werden, stammen zum Großteil nicht mehr aus den umliegenden Regionen und entsprechen nicht dem saisonalen Angebot. Spargel und Erdbeeren aus dem Treibhaus im Winter, Kiwis oder Äpfel aus Neuseeland sind im täglichen Angebot eine Selbstverständlichkeit. Langwierige Transporte, die die Produkte von A nach B bringen, gehören mit zum Angebot und belasten die Umwelt. Quelle: Hanni Rützler, Food Change BELASTEND FÜR DIE UMWELT Bei Übersee-Importen per Flugzeug werden im Schnitt pro Kilogramm Lebensmittel bis zu 170-mal mehr Emissionen ausgestoßen als bei einem Transport mit Schiffen, so die Europäische Informationsplattform organic.edunet. Flugtransporte bei Importen aus Übersee belasten auch unser Klima enorm, nämlich etwa 80-mal mehr als Schiffstransporte und bis zu 300-mal mehr als Erzeugnisse aus der Region. Vor allem Obst und Gemüse werden per Flugzeug transportiert. Was liegt also näher, als regionale Lebensmittel zu kaufen? Die Transportstrecken sind kurz und daher energiesparend. Im Sinne der Ökologie wäre es daher wichtig frisches Gemüse und Obst in der jeweiligen Saison zu kaufen. Um „Sommerprodukte“, wie Paprika, Tomaten oder Zucchini im Winter zur Reife zu bringen, braucht man Treibhäuser, diese wiederum erfordern einen hohen Energieeinsatz. So wird im Treibhaus 34-mal mehr Primärenergie verbraucht als im Freiland. Die entsprechenden CO2-Emissionen liegen 18-mal höher, so die europäische Plattform organic.edunet. Quellen: organic.edunet, http://virtuelleschule.bmukk.gv.at/uploads/media/B_REG_IB_LehrerInnen.pdf Vorteile für den Konsumenten Die Vorteile regionaler Produkte liegen auf der Hand. Kürzere Lieferwege garantieren, dass die Produkte frischer sind als nach Tausenden Kilometern Transport. Das macht sich einerseits im Aroma der Produkte bemerkbar und schont erfreulicherweise auch die Geldbörse: Regionale Produkte, die saisonal RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 7 ERNÄHRUNG 2025 geerntet werden, sind meist relativ preisgünstig im. In jedem Fall aber stärken sie - dank der Möglichkeit den Weg eines Lebensmittels nachzuvollziehen - das Vertrauen zwischen Konsumenten und Produzenten. Der Anbau regionaler Produkte erhöht gleichzeitig die Wertschöpfung einer Region, aber auch die Lebensqualität in diesem Raum. Quellen: organic.edunet http://virtuelleschule.bmukk.gv.at/uploads/media/B_REG_IB_LehrerInnen.pdf TREND 2 - VORWÄRTS ZUM URSPRUNG Die Sehnsucht nach Ehrlichkeit Local Food Systems, also regionale Nahrungsmittelproduktion, verlegt die Kontrolle und Verantwortung für Lebensmittel wieder in die Hände der Produzenten und Konsumenten, die eng verbunden sein sollten. Je technologischer, komplexer und widersprüchlicher die (Konsum)welt, desto mehr sehnt sich der Mensch nach Ehrlichkeit und Einfachheit, nach sorgenlosem Einkaufen, schreibt die Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler. Der Trend zu regionalen Lebensmitteln spiegelt daher die Sehnsucht des Konsumenten nach Nähe, Vertrautheit und Sicherheit wider. Aber auch der Wunsch, die Produktionsabläufe, die Kosten und die ökologischen Rahmenbedingungen von Anbau und Weiterverarbeitung der Nahrungsmittel mögen transparent werden, steckt hinter diesem Trend zur Regionalität. Die Stärken der Lebensmittel aus der eigenen Region liegen daher in den Bereichen Authentizität, Ehrlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Unverfälschtheit. Quelle: Hanni Rützler, Food Change Wir sehen uns – am Bauernmarkt Mit der Möglichkeit, regionale Produkte zu kaufen und dabei gleichzeitig mit Menschen in Kontakt zu treten, gewinnt das Einkaufen einen weiteren Lusteffekt. Nicht nur das regionale Produkt per se ist attraktiv, sondern auch das Ambiente, in dem es gehandelt wird. Konsum als Erlebnis, das auch in Metropolen seinen Platz hat. Neben regionalen Lebensmitteln werden hier zusehends auch weitere regionale Produkte, wie z.B. Handwerkskunst feilgeboten. Die ganz besondere Faszination dabei ist der direkte Kontakt zwischen Produzenten, dem Händler vor Ort oder dem Zulieferer und den Konsumenten. Das ist die eine Seite. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 8 ERNÄHRUNG 2025 Quelle: Hanni Rützler, Food Change Regionales im Supermarkt Auf der anderen Seite stehen der Lebensmitteleinzelhandel und die Supermärkte, die die Lebensmittelversorgung derzeit sichern. Während die Anzahl der Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte zurück geht (derzeit österreichweit etwa 5.700 Geschäfte), hat Österreich europaweit gesehen eine hohe Dichte an Supermärkten, so Mag.a Gabriele Jiresch, Chefredakteurin der Handelszeitung im Zuge der Tagung der österreichischen Ernährungswissenschafter 2013. So etwa steht für 396 Einwohner jeweils ein Supermarkt zur Verfügung, mit dieser Statistik rangiert Österreich an zweiter Stelle hinter Norwegen. Eigenmarken als Verkaufsrenner Die dringlichsten Ansprüche heimischer Konsumenten an den Lebensmittelhandel: Die Produkte müssen aus Österreich kommen und den Anforderungen der Lebensmittelsicherheit zu 100 % entsprechen - all dies zu einem günstigen Preis. Regionalität, biologische und gentechnikfreie Lebensmittel, Nachhaltigkeit, Eigenmarken und Fair Trade Produkte, verbunden mit entsprechendem Service charakterisieren die Ansprüche der Kunden. Diskonter, Supermärkte und Ketten sind diesen Wünschen mit dem Angebot von Eigenmarken nachgekommen. So etwa lag der Anteil der Eigenmarken im Jahr 2011 bei 10 Prozent im Lebensmitteleinzelhandel. Quelle: VÖE-Tagung, Mag.a Gabriele Jiresch (Die Handelszeitung) Das Geheimnis der Zusatzstoffe Konsumenten wollen Lebensmittel ohne Konservierungsmittel, Farbstoffe, Geschmacksverstärker usw. Die Lebensmittelindustrie kommt diesem Anspruch nach, indem sie ihre Produkte mit „frei von…“ versieht. Ein Beispiel davon ist der Einsatz von Hefeextrakt an Stelle des Geschmacksverstärkers Mononatriumglutamat (E 621). Hefeextrakt enthält von Natur aus freie Glutaminsäure. Damit wird ohnedies „natürliches“ Glutamat - ohne Zusatzstoff ins Produkt eingebracht. Beliebt ist dieses Verfahren vor allem bei Fertiggerichten und Trockenprodukten. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 9 ERNÄHRUNG 2025 Apfelsaft ohne Äpfel Die Realität verärgert die Konsumenten: So etwa muss ein „Apfel“-Fruchtgummi keinen Apfel enthalten, es reicht jenes Aroma aus, das ihn nach Apfel schmecken lässt. Trotzdem sind eine Sachbezeichnung mit „Apfel“ sowie die Abbildung eines Apfels zulässig. Auch bei Getränken dürfen jene Früchte abgebildet werden, nach denen das Produkt schmeckt. Dass im Orangensaft also keine Orange zu finden ist, ist rechtens, allerdings muss die Bezeichnung lauten: „Erfrischungsgetränk mit Orangengeschmack“. All diese lebensmittelrechtlichen Verschleierungsmöglichkeiten verunsichern die Konsumenten – und rufen nach Bestimmungen, die mehr Transparenz ermöglichen. Quelle: Mag.a Sonja Reiselhuber-Schmölzer, VÖE-Tagung 2013 NAHRUNGSMITTEL-IMITATIONEN In Shripmsform gepresstes Fischeiweiß, gestrecktes Pesto, künstlicher Käse auf der Fertigpizza, panierte Hühnchenstücke ohne Huhn oder Schokoladenkekse ohne Schokolade: Lebensmittelimitate liegen absolut im Trend. Laut Lebensmittelverordnung versteht man unter einem Lebensmittelimitat ein Lebensmittel, bei denen mindestens eine Zutat durch eine andere ersetzt wird. Voraussetzung ist jedoch, dass der Konsument ausreichend informiert wird, dass es sich um eine Imitation handelt. Ein Tipp der Ernährungswissenschafter: je kürzer die Zutatenliste auf einer Produktverpackung, desto unverfälschter und „ehrlicher“ sind die Zutaten. Angaben zu Stabilisatoren, künstlichen Aromen, Haltbarmachern, Farbstoffen etc. verlängern diese Liste. Quelle: http://www.vzhh.de/ernaehrung/30359/lebensmittelimitate-die-liste.aspx TREND 3 - NOVEL FOOD – NEUIGKEITEN AM TELLER Was ist Novel Food? Mit dem Begriff „Novel Food“ werden „neuartige“ Lebensmittel und Lebensmittelzutaten bezeichnet, die vor dem 15. Mai 1997 noch nicht in nennenswertem Umfang in der EU für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 10 ERNÄHRUNG 2025 Dabei handelt es sich z.B. um Produkte mit neuer Molekularstruktur, wie etwa synthetische, kalorienfreie Fettersatzstoffe wie Olestra. Weiters fallen in diese Kategorie auch Stoffe, die aus Mikroorganismen, Pilzen oder Algen bestehen oder aus diesen isoliert worden sind. Ein Beispiel dafür ist DHA-reiches Öl aus Mikroalgen. Dann Stoffe, die aus Pflanzen bestehen oder isoliert worden sind. Hier ist das getrocknete Fruchtfleisch des Baobab-Baumes zu nennen, das viel Zucker, Vitamine und organische Säuren enthält und an Pektin ist. Es darf in FruchtSmoothies, Getreideriegeln oder Keksen als Zutat verwendet werden. Auch die Extrakte, die vom antarktischem Krill Euphausia superba, gewonnen werden sind nach der Novel Food Verordnung zugelassen worden. „Novel Food“ umfasst aber auch alle Substanzen und Lebensmittelzutaten, die mittels unüblicher Verfahren hergestellt werden, um ein Lebensmittel gezielt zu verändern. So etwa um den Energiewert zu senken, Nahrungsmittel länger haltbar zu machen, indem beispielsweise unerwünschte Stoffe eliminiert werden (z.B. UVC-Licht behandelte Milch, Hochdruckpasteurisierung). BEDENKLICH ODER SICHER? Während herkömmliche Lebensmittel als sicher gelten, gibt es bei „neuartigen Lebensmitteln“ oft keine ausreichende Erfahrung, ob sie tatsächlich unschädlich und verträglich sind. Um neuartige Lebensmittel auf den Markt zu bringen, muss nachgewiesen werden, dass ihr Verzehr gesundheitlich unbedenklich ist und nicht zu Ernährungsmängeln führt. Eine Schwierigkeit ergibt sich hier bei komplexen Lebensmitteln, die aus verschiedenen Zusammensetzungen bestehen, aber auch bei exotischen Lebensmitteln („Ethno Food“) oder bei Nahrungsergänzungsmitteln, bei denen eine Trennung zwischen Arznei- und Lebensmittel oft problematisch ist. Von 1997 bis Anfang 2013 wurden rund 70 neuartige Produkte von der EU-Kommission zugelassen. Quellen: Klaus Riediger: Von fremdem Essen und unbekannten Technologien VÖE-Tagung 2013 http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tllv/vortraegeveranstaltungen/08fr._glaeser_-_novelfood.pdf RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 11 ERNÄHRUNG 2025 NEUE TECHNOLOGIEN FÜR ATTRAKTIVERE LEBENSMITTEL Wissenschaftliche Erkenntnisse und technologische Entwicklungen - wie z.B. die Anwendung der Nanotechnologie in der Lebensmittelproduktion - ermöglichen es der konventionellen Lebensmittelproduktion eine interessante Facette zu verleihen. So etwa werden Technologien wie die Hochdruckpasteurisation zur Konservierung von Lebensmitteln angewendet, um unerwünschte Mikroorganismen ohne Qualitätsverlust zu eliminieren, wie z.B. Bakterien, die Milch weniger lang haltbar machen. Ein weiterer Trend zeichnet sich in der Nutzung von verwertbaren Produktionsrückständen ab, die bei der Lebensmittelherstellung entstehen. So etwa bleiben bei der Rapsölproduktion Pressrückstände, so genanntes Rapsprotein, das als alternative Proteinquelle zu Soja genutzt werden könnte. Rapsprotein aus dem Presskuchen wird aber erst seit kurzem als alternative Proteinquelle angesehen. Da keine ausreichenden Untersuchungen zu möglichen allergenen Wirkungen vorliegen, wurde das „Rapsprotein“ nicht zugelassen. Quelle: Klaus Riediger: Von fremdem Essen und unbekannten Technologien VÖE-Tagung 2013 TIERISCHE APPETITHÄPPCHEN Vor rund 150 Jahren gründete der Zoologe Francis Trevelyan Buckland die sogenannte Acclimatisation Society, um die britische Küche mit Seidenraupe, Biber und Papagei zu bereichern. Der Insektenkundler Vincent Holt schrieb 1885 das Buch „Why Not Eat Insects?“ Doch weder Buckland noch Holt gelang es, die Leidenschaft der Europäer für alternative tierische Proteinquellen zu erwärmen. Im Mai 2013 machte die Welternährungsorganisation FAO darauf aufmerksam, dass Insekten eine exzellente Proteinquelle seien. Ob sie den Bestimmungen der Novel Food Verordnung entsprechen, wird derzeit noch abgeklärt. Quelle: Klaus Riediger: Von fremdem Essen und unbekannten Technologien VÖE-Tagung 2013 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 12 ERNÄHRUNG 2025 Insekten statt Tafelspitz? Etwa 1.900 der rund 1,5 Millionen Insektenarten sind essbar. Wissenschaftler der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) sind der Ansicht, dass Insekten sowohl als menschliche Nahrung, aber auch als Futtermittel für Tiere geeignet sind. Sie wären eine protein- und mineralienreiche Alternative zum derzeit zu hohen Fleischkonsum, der außerdem die Umwelt stark belastet. Manche Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass der Eiweißgehalt bei Insekten überbewertet wird. Darüber hinaus ergibt sich das Problem, dass bei industrieller Züchtung Insekten auch hochwertiges, hygienisch einwandfreies Futter brauchen, was wiederum die Kostenfrage und die Frage nach der Lebensmittelsicherheit aufwirft. Quelle: Klaus Riediger, Ages www.fao.org/forestry/edibleinsects/en TREND 4 - CITY FARMING Während im Süden Europas Dachgärten und begrünte, bebaute Innenhöfe gang und gäbe sind, gibt es in Österreich noch einen Nachholbedarf. Viele der über zwei Millionen Gärten, der 1,3 Millionen Balkone und fast einer Millionen Terrassen in Österreich sind – so das Lebensministerium - grau statt grün. Gleichzeitig jedoch suchen Menschen nach Möglichkeiten, eigene Gärten zu bebauen, sei es „nur“ am Balkon oder auf der Terrasse. Die Motivationen für das „Gärtnern“ in der Stadt sind vielfältig: Die Lust am Eigenbau, die Freude, selbst „reine, regionale“ Produkte zu ziehen – oder aber auch, um seltene Kräuter vor der eigenen Haustüre anzubauen sind nur einige der Gründe, die „urban farmers“ nennen. Terrassengemüse Freilich gestaltet sich das Gärtnern in der Stadt anders als im bäuerlichen Garten vor der Haustüre. In vielen Städten sind in den vergangenen Jahren Gemeinschaftsgärten entstanden, die zum Teil nur saisonal genutzt werden. Auch Hochbeete sind ideale Garten-Formate für die Stadt. Für das Gedeihen von Gemüse bringen sie viele Vorteile, so etwa, dass sie sich rasch erwärmen und schnell erbaut sind. Hinzu kommt: Viele Baumärkte bieten genau für diese Gartendimensionen Innovationen, wie Hochbeete, Kunststoffkistchen etc. an. Die Mühsal des Anbaus wird in der Stadt meist schneller belohnt. Das liegt daran, dass die Temperaturen um mindestens 0,5 Grad höher sind als in der Umgebung - RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 13 ERNÄHRUNG 2025 in der Stadt gibt es auch mehr heiße Tage im Sommer und weniger frostige Tage im Winter. Wärmeliebenden Pflanzen wie Tomaten, Paprikas und Auberginen gedeihen hier besonders gut. Andererseits wachsen Blatt- und Kohlgemüse in heißen Sommern eher schlecht. Gemüse mit Herkunftsgarantie Wer sicher sein möchte, woher seine Kräuter oder Gewürze kommen, ist mit Container Gardening gut beraten. Besonders Gewürz-, Tee- und Heilkräuter wachsen hervorragend in Gefäßen. Aber auch Blattgemüse wie Mangold, Spinat, oder Ampfer sowie Blattsalate liefern erfreuliche Ernten, denn sie wachsen rasch auch bei Gärtnern, die keinen ausgeprägten grünen Daumen haben. Obst hingegen eignet sich nicht besonders gut in der Home-Farming-Version. Viele Obstsorten sind anspruchsvoller in der Pflege und brauchen ausreichend Platz. Ausnahmen dabei sind Beeren-Obst oder Weingartenpfirsiche, die auch in Gefäßen erfreulich gedeihen. Quelle: Dipl.Ing. in Andrea Heistinger, VÖE-Tagung 2013 TREND 5 – VERWERTEN STATT WEGWERFEN Etwa 300 Euro geben Herr und Frau Österreich jährlich für Nahrungsmittel aus, die letztlich in den Müll wandern. Ein sorgloser Umgang mit Ressourcen, durchdachte Kaufanreize des Lebensmittelhandels und gieriges Schöpfen aus dem Vollen lässt uns zu Meistern im Wegwerfen werden. Die Zukunft verlangt ein Umdenken. Restl-Verwertung Noch bis zum Jahr 2000 wäre es möglich gewesen, übrig gebliebene Lebensmittel als Tierfutter zu verwerten. Doch eine rechtliche Verschärfung des Tierfutter- und Lebensmittelrechts hat die Weitergabe von Lebensmitteln erschwert. Jede Supermarktfiliale produziert daher täglich etwa 45 Kilo Lebensmittel-Müll. In Österreich sind dies satte 166.000 Kilo Essbares, das jährlich vernichtet wird, so eine Boku-Studie. Quelle: http://www.wau.boku.ac.at/11782.html Notwendigkeit oder Schnäppchen? RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 14 ERNÄHRUNG 2025 Wir schöpfen aus dem Vollen Allein über den Restmüll entsorgt jeder Österreicher im Jahr zwischen zehn und 40 Kilogramm Lebensmittel. In ihrer Diplomarbeit 2010 hat Melanie Manuela Selzer nach den Beweggründen fürs Wegwerfen geforscht. Etwa 41 Prozent des essbaren Mülls entstehen, weil einfach mal zu viel eingekauft wurde. Ein weiteres Motiv für zu große Einkaufsmengen sind Einstellungen, wie etwa „mag nicht schon wieder dasselbe essen“, „nicht mehr frisch genug“ etc. Freilich machen sich diese Haltung auch Lebensmittelketten zunutze und locken mit vollen Regalen und Schnäppchen, in Form von Großpackungen. Quelle: Melanie Manuela Selzer, Diplomarbeit http://www.wau.boku.ac.at/11754.html WAS ISST DIE GENERATION 2050? Angesichts der künftigen Ernährungssituation sind die Gewohnheiten der gegenwärtigen Wegwerf-Gesellschaft höchst problematisch. Ob Getreide, das aufwendig und teuer gebaut wird, ob Fleisch, das energieintensiv produziert wird: Ressourcen zu verschwenden, schlägt sich nicht nur aufs Börserl, sondern wird in Zukunft auch nicht mehr möglich sein, da im Bereich von Lebensmitteln scharf kalkuliert werden muss. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 15 ANLAUFSTELLEN ANLAUFSTELLEN Mag. Ursula Umfahrer-Pirker Ernährungsconsulting & Kundenbindungskonzepte Siebenbürgerstraße 48/16/14 A-1220 Wien Tel.: +43/660- 203 88 66 Email: [email protected] Arche Noah Schaugarten Obere Straße 40 A-3553 Schiltern Tel.: +43/2734/8626 Email: [email protected] Homepage: www.archenoah.at Kultur|Pflanzen|Konzepte Andrea Heistinger Untere Straße 5 A-3553 Schiltern Email: [email protected] Homepage: www.kulturpflanzenkonzepte.at Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Stubenring 1 A-1010 Wien Tel.: +43/711 00-0 Email: [email protected] Homepage: www.lebensministerium.at Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH. Dresdner Straße 68a A-1200 Wien Tel.: +43/1/33151-0 Email: [email protected] Homepage: www.bioinfo.at RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 16 ANLAUFSTELLEN Bio Forschung Austria Esslinger Hauptstrasse 132-134 A-1220 Wien Tel.: +43/1/4000 - 49150 Email: [email protected] Homepage: www.bioforschung.at Landwirtschaftskammer Österreich Schauflergasse 6 A-1010 Wien Tel.: +43/01/ 53 441 - 8520 Email: [email protected] Homepage: www.lk-oe.at Verein für Konsumenteninformation (VKI) Mariahilfer Straße 81 A-1060 Wien Tel.: +43/1/588 770 Email: [email protected] Homepage: www.konsument.at Bio Austria Linz Ellbognerstrasse 60 A-4020 Linz Tel.: +43/732/654 884 Bio Austria - Büro Wien Theresianumgasse 11 A-1040 Wien Tel.: +43/1/403 70 50 Email: [email protected] Homepage: www.bio-austria.at RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 17 QUELLEN UND LINKS QUELLEN UND LINKS Taste the waste - Der Film über die Verschwendung von Nahrungsmitteln: http://taste-the-waste.at/ Food Sharing Österreich http://at.myfoodsharing.org/ Wiener Tafel www.wienertafel.at Leitfaden für die Weitergabe von Lebensmitteln – Lebensministerium http://www.lebensministerium.at/lebensmittel/kostbare_lebensmittel/initiative/lebe nsmittel.html Europäisches Lebensmittelrecht http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=154660&dstid=1201&titel= Lebensmittelsicherheit%2C-%2CGeneral%2CFood%2CLaw%2C%28EG-BasisVO%29 Konsumentenschutz/Lebensmittel Deutschland www.lebensmittelklarheit.de Konsumentenschutz/Lebensmittel Österreich www.lebensmittel-check.at. Schneider Felicitas, Scherhaufer Silvia Aufkommen und Verwertung ehemaliger Lebensmittel http://www.bmwfj.gv.at/Unternehmen/Documents/Studie_Verwertung%20ehemalige r%20Lebensmittel.pdf City Farming – Lebensministerium http://www.lebensministerium.at/lebensmittel/city-farming/urban_gardening.html The European Food Information Council http://www.eufic.org/index/de/ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 18 QUELLEN UND LINKS Insekten-Empfehlung FAO http://www.fao.org/docrep/018/i3253e/i3253e.pdf Gutes vom Bauernhof – eine Marke der Landwirtschaftskammer Österreich http://www.gutesvombauernhof.at/ Regional! Saisonal! Biologisch! – Infos der Umweltberatung http://www.konsumentinnen.umweltberatung.at/start.asp?b=2539 Lebensmittelcluster Österreich http://www.lebensmittelcluster.at/ Lebensministerium – nachhaltiger Konsum http://www.lebensministerium.at/umwelt/nachhaltigkeit/nachhaltiger_konsum.html Lebensmittel – Gütezeichen http://www.lebensministerium.at/lebensmittel/qslebensmittel/lebensmittelqualitaet/ama_guetezeichen.html Cityfarming – Gemeinschaftsgärten http://www.gartenpolylog.org/de/3 Urban farming Wien http://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/projekte/landschaftfreiraum/landschaft/landwirtschaft/urban-farming.html Virtuelle Schule - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur http://virtuelleschule.bmukk.gv.at/uploads/media/B_REG_IB_LehrerInnen.pdf Essenstrends http://www.foodtrendtrotters.com Die Zukunft des Essens http://www.zukunftsessen.de Lebensmittel im Müll – Boku http://www.wau.boku.ac.at/11782.html Verbraucherzentrale Hamburg – Lebensmittelimitate http://www.vzhh.de/ernaehrung/30359/lebensmittelimitate-die-liste.aspx RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 19 QUELLEN UND LINKS RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 20 BUCHTIPPS BUCHTIPPS Hanni Rützler, Wolfgang Reiter Food Change Krenn 2010 ISBN-13: 978-3990050316 Angelika Ploeger, Günther Hirschfelder, Gesa Schönberger Die Zukunft auf dem Tisch: Analysen, Trends und Perspektiven der Ernährung von Morgen VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011 ISBN-13: 978-3531176437 Tanja Matzku Die Küche der Zukunft Monsenstein und Vannerdat 2013 ISBN-13: 978-3869916095 Christa Müller Urban Gardening: Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt Oekom 2011 ISBN-13: 978-3865812445 Udo Pollmer, Monika Niehaus Food Design: Panschen erlaubt S. Hirzel Verlag, 2007 ISBN 978-3-7776-1447-2 Martin Rasper Vom Gärtnern in der Stadt: Die neue Landlust zwischen Beton und Asphalt Oekom 2012 ISBN-13: 978-3865811837 Dirk Maxeiner, Michael Miersch Biokost & Ökokult: Welches Essen wirklich gut für uns und unsere Umwelt ist Piper 2009 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 21 BUCHTIPPS ISBN-13: 978-3492254007 Clemens G. Arvay Der große Bio-Schmäh: Wie uns die Lebensmittelkonzerne an der Nase herumführen Ueberreuter 2012 ISBN-13: 978-3800075287 Andrea Heistinger Das große Biogarten-Buch Löwenzahn 2013 ISBN-13: 978-3706625166 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 22 SENDUNGSGÄSTE SENDUNGSGÄSTE In der Sendung Radiodoktor – Medizin und Gesundheit vom 10. Juni 2013 waren zu Gast: Mag.a Ursula Umfahrer-Pirker, Ernährungswissenschafterin und Präsidentin des VEÖ - Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs; Grundlgasse 5/8 A-1090 Wien Tel.: +43/1/333 39 81 Email: [email protected] Homepage: www.veoe.org DI Klaus Riediger, Experte für neuartige und pflanzliche Lebensmittel vom Institut für Lebensmittelsicherheit in der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), Abteilung Lebensmittel: Nahrungsergänzungsmittel, Novel Food Spargelfeldstraße 191 A-1220 Wien Tel.: national: 050 555/35170 Tel.: international: +43/50 555/35170 Email: [email protected] Homepage: http://www.ages.at RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 23