Quo vadis, UN-Sicherheitsrat?

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Quo vadis, UN-Sicherheitsrat?
Quo vadis, UN-Sicherheitsrat? *
Ramesh Jaura
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Der durch den Irak-Krieg schwer angeschlagene Sicherheitsrat erholt sich langsam.
Die 'Leiden' der Supermacht USA im Post-Saddam Irak zwingen die Bush-Administration, der
UN eine entscheidende Rolle einzuräumen.
"Asymmetrie der Militärmacht" stärkt unilateralistische Tendenzen in Washington.
Multilateralismus darf nicht zu einer Option nur für die Schwachen werden.
Europa muss zwischen "atlantischem Europa" und "europäischem Europa" entscheiden.
Was auch die Ursachen und Wirkung des Streits im Sicherheitsrat sein mögen, Krisen des
Sicherheitsrats sind weder etwas Neues noch lebensbedrohlich.
Die Notwendigkeit einer Reform des Sicherheitsrats wird grundsätzlich anerkannt. Umstritten
ist aber wann, wie und in welchem Umfang.
Es ist Zeit den 'Razali-Plan' wieder zu beleben.
Ohne die Ständigen Ratsmitglieder gibt es aber keine Perspektive. Auch nicht für Deutschland.
Alles deutete darauf hin, dass die alleinige Supermacht USA nun auch die Vereinten Nationen
endgültig besiegt hatte. Der Sicherheitsrat hatte mit 14 Ja-Stimmen bei Enthaltung Syriens die
Irak-Resolution 1483 verabschiedet. Zwei Monate nach Beginn ihres völkerrechtswidrigen Krieges
gegen Saddam Hussein hatte das höchste Entscheidungsgremium der UN am 22. Mai, die USA
und Großbritannien offiziell als oberste Autorität im Irak anerkannt. Die Außenminister der drei
Kriegsgegnerstaaten Frankreich, Deutschland und Russland erklärten, sie hätten mit ihrer Zustimmung "den Weg der Einheit der internationalen Gemeinschaft und der Verantwortung gewählt".
Knapp zwei Monate später ist die Zuversicht der Bush-Administration, den Post-Saddam Irak nach
eigenem Gutdünken steuern und beherrschen zu können, verflogen. Die USA sehen sich mit einem wachsenden Widerstand der irakischen Bevölkerung konfrontiert. Protestdemonstrationen
sind an der Tagesordnung. US-Soldaten werden mehrmals in der Woche aus dem Hinterhalt attackiert. Zwischen dem offiziellen Ende der Kampfhandlungen am 1. Mai und dem 20. Juli sind 37
US-Soldaten bei Angriffen ums Leben gekommen. Auch wirtschaftlich wird die Besatzung des
Golfstaates für Washington eine enorme Belastung.
Vor diesem Hintergrund hat die Bush-Administration die Vereinten Nationen wieder entdeckt: von
einer aus mehreren Ländern bestehenden Truppe ist die Rede, die für Frieden und Ordnung sorgen soll. Fast vier Milliarden Dollar monatlich muss Washington aus dem Staatshaushalt für den
Unterhalt der US-Truppen im Irak ausgeben. Auch hier soll jetzt eine 'burden-sharing' stattfinden.
Es wird über eine neue Sicherheitsresolution nachgedacht. Denn ohne ausdrückliches UN-Mandat
wollen neben Deutschland, Frankreich und Russland auch Indien und Pakistan keine Truppen zur
Verfügung stellen. UN-Generalsekretär Kofi Annan hat seinerseits einen "klaren Zeitplan" für einen
schrittweisen Rückzug der Besatzungstruppen aus dem Irak gefordert.
Die in der Irak-Frage totgesagte UN scheint wieder aktiv zu sein. Alles deutet auf die Wiederbelebung des Sicherheitsrats hin – nicht über Krieg oder Nicht-Krieg zu entscheiden, sondern Wege zu
finden, den Irak zu befrieden und eine funktionierende Infrastruktur wiederaufzubauen. Nichtsdestotrotz ist es unwiderlegbar, dass der Irakkrieg eine Zäsur für den Sicherheitsrat und für die UN
insgesamt bedeutete. Darüber sind sich Experten einig. Allerdings bewerten sie die Ursachen und
Wirkung unterschiedlich. XXX
* Dieser Beitrag basiert auf eine Diskussionsveranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema "Nach
dem Krieg: Was wird aus dem UN-Sicherheitsrat?" am 24. Juni 2003 in Berlin.
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Quo vadis, UN-Sicherheitsrat?
Atlantisches Europa – Europäisches Europa
So beurteilt der US-amerikanische Wissenschaftler Edward C. Luck die Krise, in welche die IrakFrage den Sicherheitsrat gestürzt habe, als "die schlimmste" seit Gründung der UN als Nachfolgeorganisation des Völkerbunds. Zu den wichtigsten Ursachen zähle, dass die Visionen und Funktionsmechanismen von 1945 in der heutigen Weltordnung obsolet geworden seien. Insbesondere
die "Asymmetrie militärischer Macht" der USA und die Integrationsprobleme Europas verursachten
Spannungen: 'atlantisches Europa' steht dem 'europäischen Europa' gegenüber.
Die Legitimität und Glaubwürdigkeit des Sicherheitsrats werde auch unterhöhlt, wenn manche
Staaten, obwohl sie "wenig Militärmacht besitzen, sich der Wortgefechte und Öffentlichkeitsappelle
erfolgreich bedienen". Ziel sei das höchste Entscheidungsgremium der UN zu einem Forum umzufunktionieren, das der US-amerikanischen Militärmacht Paroli bietet, warnt Luck, Direktor des
'Center on International Organization' an der Columbia-Universität. Diese Blockadepolitik ermuntert
allerdings die USA eigene Wege zu gehen.
Andererseits sei für viele US-Administrationen die UN eine von mehreren Optionen, ein 'Toolkit',
auf das bei Bedarf und Möglichkeit zur Durchsetzung eigener Interessen zurückgegriffen werde.
Zudem stehe in den Vereinigten Staaten bei der Durchsetzung nationaler Interessen auch vielmehr
das Endergebnis im Vordergrund, als der Prozess, der zu diesem Ergebnis führte – "das Ergebnis
rechtfertigt die Mittel". Dies gelte für alle Administrationen, seien sie von der Republikanischen
oder Demokratischen Partei.
Militärische Stärke gleich Unilateralismus
Für den stellvertretenden Direktor des französischen 'Institut de Relations Internationales et Stratégiques', Jean-Pierre Maulny, liegen die Ursachen anderswo: Militärische Stärke gleich Unilateralismus; militärische Schwäche gleich Multilateralismus. Es könne nicht hingenommen werden,
dass ein Land seine Stimme umso lauter erheben dürfe, je stärker es militärisch sei. Das bedeute
letztendlich, dass Multilateralismus eine Option nur für die militärisch schwachen Länder sei. Das
sei für französische Regierungen inakzeptabel gewesen und sie hätten sich wiederholt gegen unilateralistische Tendenzen zur Wehr gesetzt.
Diese Haltung gründet sich auf schmerzliche Erfahrungen während des Zweiten Weltkriegs, die
Charles de Gaulle dazu bewegten, unmittelbar nach dem Kriegsende daraus Lehren zu ziehen. So
beschloss er nach Führungsübernahme des Landes, die nationalen Interessen Frankreichs vor
Hegemonialbestrebungen der USA und anderen eventuellen Übergriffen von außen durch die nukleare 'force de frappe' zu schützen und auf der weltpolitischen Bühne als eine Großmacht anerkannt zu werden. Seinen Status als Kernwaffenmacht warf Frankreich während des Irak-Konflikts
im Sicherheitsrat in die Waagschale und übernahm eine führende Rolle unter Kriegsgegnerstaaten.
Allerdings stellte das Ringen um Einfluss im Sicherheitsrat die nichtständigen Mitglieder vor eine
gewaltige Herausforderung: "Als die ständigen Mitglieder sich nicht einigen konnten, wurde der
Ball zu den nichtständigen Mitgliedern gespielt", erzählt Andrés Franco, Vertreter Kolumbiens im
Sicherheitsrat von 2001 bis 2002. Die nichtständigen Mitglieder müssten dann die Konflikte der
Großen austragen, was insbesondere für kleinere Länder des Südens eine schwierige Situation
darstellte. Diese müssten entscheiden, mit wem sie es sich durch ein entsprechendes Abstimmungsverfahren am ehesten verscherzen könnten und vor wem sie sich in Acht nehmen müssten.
Umso beachtenswerter ist es, dass es dennoch den Nichtständigen und als unentschlossen geltenden Ratsmitgliedern Chile, Mexiko, Pakistan, Angola, Kamerun und Guinea gelang, dem Druck
aus Washington und London nicht nachzugeben. XXX
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Quo vadis, UN-Sicherheitsrat?
Außerdem brachten sie es fertig, auf Antrag der zunächst von Südafrika und seit Anfang 2003 von
Malaysia geführten Gruppe der 116 'blockfreien Staaten' drei Mal eine mehrtägige öffentliche Debatte auf die Tagesordnung setzen. Daran beteiligten sich jeweils zwischen 80 und 120 UNMitglieder. Die Irak-Krise im Sicherheitsrat folgte auf das Zusammenrücken der ständigen Mitglieder des Gremiums nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf New York und Washington. Sie führte zu den heftigsten Auseinandersetzungen in der Geschichte des Sicherheitsrats, erinnert sich Franco. Als eine der Ursachen dafür betrachtet er die grobe Definition: "Internationaler Terrorismus ist, was aussieht, riecht und sich anfühlt wie internationaler Terrorismus." Das
hat lange funktioniert, bis zum Fall des Irak, dem die USA vorwarfen, terroristische Gruppen im
Nahen Osten zu unterstützen und im Besitz von Massenvernichtungswaffen zu sein. In dieser Sache gingen die Einschätzungen deutlich auseinander.
Neuer Faktor: 'Armed non-state actors'
Zweifelsohne hat der 11. September die Vereinten Nationen vor eine äußerst schwierige Frage
gestellt: Wie ist mit 'armed non-state actors' (ANSA's) wie Al-Qaida umzugehen? Denn sie sind
nicht wie die Befreiungsbewegungen von links oder rechts, die in einem bestimmten Staatsgebiet
operieren und Truppen einer amtierenden Regierung bekämpfen. Al-Qaida hatte in einer Nachtund-Nebel-Aktion Ziele wie die 'Twin Towers' des 'World Trade Center' aus der Luft angegriffen
und so Tausende von Menschen getötet. Diese Angriffe unterscheiden sich eindeutig sogar von
transkontinentalen Gewaltaktionen 'terroristischer' Gruppen in den 70er und 80er Jahren, die
glaubten dadurch Palästina zu befreien.
Gerade vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob sich der Sicherheitsrat im Zusammenhang
mit dem Irak-Konflikt wirklich in einer Krise befand. Nein, sagt der ehemalige Staatsminister im
Auswärtigen Amt und SPD-Bundestagsabgeordnete Christoph Zöpel. "Es gab keine Krise. Es gab
Schwierigkeiten des Systems, mit einer Situation umzugehen." Aus dieser Situation sei der Sicherheitsrat aber gestärkt hervorgegangen. Nach Ansicht Zöpels sind die USA keinesfalls bestrebt
das oberste Entscheidungsgremium in der Bedeutungslosigkeit versinken zu lassen – was die
neuesten Entwicklungen nur unterstreichen. Auch könne er eine generelle Ablehnung der USA
gegenüber multilateralen Ansätzen nicht beobachten. Insbesondere wirtschaftliche Zusammenschlüsse wie Weltbank und IWF würden von den USA sehr gefördert. Die Auseinandersetzungen
um den Irak-Krieg hätten den Sicherheitsrat also nicht nachhaltig geschwächt, sondern vielmehr
seine Problemlösungs-Kompetenz verbessert.
Krisen der UN waren nie lebensbedrohlich
Was auch die Ursachen und Wirkung des Streits im Sicherheitsrat sein mögen, Glaubwürdigkeitskrisen des Sicherheitsrats sind nichts Neues. Ein Beispiel ist die Zeit nach 1990, als das Gremium
mit dem Ende des Kalten Krieges erstmals zu wirklicher Handlungsfähigkeit im Sinne seiner Charta-Funktion gelangte. So weist Botschafter Peter Wittig im Auswärtigen Amt auf die lähmenden
Spannungen in der Bosnien-Frage 1994/95, die Handlungsunfähigkeit angesichts der Zustände in
Ruanda 1994 oder die tiefen Spaltungen über die Kosovo-Intervention 1999, hin. "In all diesen
Fällen diagnostizierten Beobachter seinerzeit lebensbedrohliche Krisen der UN – sie waren es im
Rückblick nicht", sagt er.
Auch sei die gegenwärtige Entfremdung im Verhältnis USA-UN nicht einmalig. Doch stets haben
die USA ihr Interesse am Sicherheitsrat wieder gefunden. Sie wussten um seine legitimitätsstiftende Funktion. Dies sei im übrigen auch jetzt nicht anders. Es waren die USA, die nach dem Irakkrieg in den Sicherheitsrat zurückstrebten, und zwar nicht nur zur Aufhebung der Sanktionen, sondern wegen seiner Legitimierungsfunktion. Wittig betrachtet die Irak-Resolution 1483 als "eine echte Konsensresolution, mithin eine starke Resolution". Sie könnte seiner Ansicht nach der Beginn
einer neuen Rolle des Sicherheitsrats und der UN im irakischen Nachkriegsprozess gewesen sein.
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Zu Recht warnt Wittig davor, bei der Bewertung des Sicherheitsrats den Blick auf den Irak zu verengen, statt das Gesamtspektrum seit 1990 im Auge zu behalten. Fakten sprechen für sich: So
steht Afrika zu zwei Dritteln im Mittelpunkt der Sicherheitsrats-Agenda. Nach wir vor leistet der Rat
Beträchtliches: Nicht nur als legitimatorische Instanz, sondern auch als Krisenmanagementorgan
in weltweiten Konflikten von Afghanistan bis Zypern. Bei den zahlreichen Peace-Keeping Operationen gibt es wenig Grund zur Sorge um die mangelnde Einheit des Sicherheitsrats. Eher besorgniserregend ist die sich öffnende Schere zwischen echten UN-geführten Operationen einerseits
und UN-mandatierten 'Koalitionen der Willigen' andererseits.
Reform des Sicherheitsrates umstritten
Von einer Marginalisierung des Sicherheitsrats könne aber keine Rede sein. Er ist nach wie vor
unverzichtbar – langfristig auch für die USA. Ob er allerdings auch reformbedürftig ist, wird kontrovers unter die Experten diskutiert. Die jetzt wieder einsetzende Reformdebatte kommt zur rechten
Zeit, meint Wittig. Der Beginn der letzten Reformdiskussion liegt bereits zehn Jahre zurück. Doch
die neuen Herausforderungen, denen sich der Rat stellen muss und die die Irakkrise beleuchtet
hat – Massenvernichtungswaffen, Terrorismus, 'failing states' – bedürfen einer neuen Reformbemühung, die drei Eckpunkte Repräsentativität, Legitimität und Effektivität berücksichtigt.
Es gibt aber auch einen einfachen Grund: Die Zusammensetzung des Rats spiegelt die Welt von
1945 und nicht von heute wider. Zwar wurde er 1963 zum ersten und bisher letzten Mal erweitert,
aber damals hatten die Vereinten Nationen 113 Mitgliedsstaaten. Heute sind es 191. Durch die
Zunahme der Mitgliedstaaten hat der Sicherheitsrat an Repräsentativität verloren und ist noch exklusiver geworden. Zudem ist er regional unausgewogen und berücksichtigt nicht die aktuellen
Kräfteverhältnisse. Der Süden ist unterrepräsentiert, wichtige Staaten des Nordens mit globaler
Verantwortung sind nicht vertreten. Darüber hinaus sind die fünf ständigen Mitglieder alle Nuklearstaaten. Der Glaubwürdigkeit einer Politik mit nuklearer Nichtverbreitung stünde es gut an, wenn
auch Nicht-Nuklearstaaten in den 'Klub der Ständigen' aufrückten, so das Argument der Reformbefürworter.
Zu ihnen zählt der Malaysier Razali Ismail. Als Präsident der 51. UN-Vollversammlung hat er die
Reformdiskussion entscheidend mitgeprägt. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Arbeitsgruppe zur Reform des Sicherheitsrats unterbreitete er im März 1997 einen Vorschlag, der eine
Erweiterung um fünf ständige und vier nicht-ständige Sitze vorsieht, die nach einem regionalen
Schlüssel besetzt werden sollen. Jeweils ein Entwicklungsland aus Asien, Afrika und Lateinamerika sowie zwei Industrieländer sollen als die fünf zusätzlichen Mitglieder aufgenommen werden.
Welche die beiden zusätzlichen Industrienationen sein sollen, wird nicht gesagt. Aus den Protokollen der relevanten Gremien geht jedoch hervor, dass Deutschland und Japan in dieser Kategorie
die besten Aussichten hätten. Ein wesentlicher Bestandteil des Plans ist das Abstimmungsverfahren, dem zufolge eine schnelle Vergabe ständiger Sitze an Deutschland und Japan ohne Berücksichtigung von Kandidaten aus dem Kreise der Entwicklungsländer, verhindert werden soll.
Razalis Zieldatum längst verstrichen
Razali hoffte, dass eine Einigung über die Staaten, welche die neuen Sitze im Sicherheitsrat einnehmen würden, bis zum 28. Februar 1998 erzielt sein wird. Er schlug eine Kompromissformel vor,
welche die Bedenken vieler UN-Mitglieder, vor allem der 'Blockfreien', gegenüber dem Vetorecht,
berücksichtigte: Um das mehrfach als historisch überholt charakterisierte Prinzip des Vetos nicht
weiter auszudehnen, sollen die neuen ständigen Mitglieder kein Vetorecht erhalten. Damit würde
eine dritte Kategorie innerhalb des Sicherheitsrats etabliert, die Staaten wie Deutschland, die sich
zu den neuen ständigen Mitgliedern rechnen, für problematisch hielten. Auch in anderen entscheidenden Fragen stehen sich unversöhnliche Positionen gegenüber. XXX
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Quo vadis, UN-Sicherheitsrat?
Bezeichnend sind die Reaktionen nach dem Bekannt werden des Razali-Plans. Während von den
ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats China, Russland und Frankreich sich relativ bedeckt
hielten, was die Gesamtzahl der gegebenenfalls neu zu schaffenden Sitze angeht, signalisierten
die USA und Großbritannien mehrfach, dass sie einer Erweiterung um mehr als fünf oder sechs
Sitze nicht zustimmen würden.
Begründet wurde die ablehnende Haltung gegenüber einer Vergrößerung der Gesamtzahl auf
mehr als maximal 20 oder 21 Sitze mit der vermuteten Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit
des Rats. Zu den wirklichen Beweggründen dürfte jedoch die Befürchtung der USA und Großbritanniens zählen, dass mit einer Erweiterung auf etwa 25 Sitze zu viele blockfreie Mitgliedstaaten in
den Sicherheitsrat einziehen könnten.
Die Ständigen haben das entscheidende Sagen
"Keinesfalls darf der Sicherheitsrat so groß und schwerfällig werden, dass dort nur endlos geredet
wird, ohne dass die Diskussionen zu Entscheidungen führen. Mit insgesamt 15 Mitgliedern ist er
schon jetzt gefährlich nah an diesem Punkt", warnt Jeffrey Laurenti, Leiter der Politikanalyse der
'United Nations Association of the United States of America' (UNA-USA). Er lehnt Reformen ab,
welche die Erweiterung des Rats vorsehen. Seiner Meinung nach würden sich auch mit anderen
Repräsentationen und Stimmengewichtungen Ergebnisse und Effektivität des Sicherheitsrats nicht
wesentlich verbessert. Überspitzt sagt er: "Die USA wollen nicht mehr permanente Mitglieder im
Sicherheitsrat, sondern weniger. Am liebsten nur noch eins."
Auch der Leiter des Afrikaprogramms der UN-nahen 'International Peace Academy' in New York,
der Nigerianer Adekeye Adebajo, sieht keine realistischen Umsetzungschancen für Reformen und
plädiert stattdessen für Förderung regionaler Sicherheitszusammenschlüsse unter UN-Führung.
Allerdings tritt er für eine Stärkung der Belange der Entwicklungsländer im Sicherheitsrat ein. Dabei könne es nicht nur um oberflächliche Änderungen gehen. Dass 70 Prozent der Tagesordnung
des Sicherheitsrats afrikanische Themen behandeln, sage nichts über die Substanz der Diskussionen aus. Die Mehrzahl der Verhandlungen finde auf einem niedrigen Niveau statt und ziehe nur
selten Konsequenzen nach sich. Ein Grund dafür sei, dass aus der Sicht der nördlichen Industrieländer Massenvernichtungswaffen, Terrorismus und 'Schurkenstaaten' zu den größten und wichtigsten Problemen der modernen Weltordnung zählen. Dieses Konzept sei per se nicht auf Afrika,
ein Kontinent mit sehr eigenen und diversen Problemfeldern, übertragbar.
Gerade die neuen Bedrohungen des Weltfriedens durch Massenvernichtungswaffen, Terrorismus
und 'Schurkenstaaten', machen Reformen unumgänglich, gibt David Mepham vom 'Institute for
Public Policy Research' in London zu bedenken. Dabei müsse aber ein Zusammenspiel von Sicherheits- und Entwicklungspolitik im Mittelpunkt stehen. Wie eine Neugewichtung der Stimmen im
Sicherheitsrat zu organisieren sei, lässt Mepham jedoch offen. Denn es besteht nach wie vor Uneinigkeit unter den UN-Mitgliedern aus Industrie- und Entwicklungsländern, welche Staaten für die
zusätzlichen ständigen Sitze in Frage kommen. Eine Entscheidung über die Reform fällt letztlich in
der Vollversammlung, die zu diesem Zweck mit Zweidrittelmehrheit eine Änderung der UN-Charta
beschließen muss. Allerdings muss jede Reform auch von den gegenwärtigen ständigen Mitgliedern ratifiziert werden. Fazit: Ob, wann und in welchem Umfang die UN und der Sicherheitsrat reformiert werden, hängt von China und den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs ab. „
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