Masterarbeit im Original

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Masterarbeit im Original
Zum ästhetische Potential von Handyfilm
Eine theoretische Studie im Kontext der Film-Bildung
Jasmin Böschen
Lehramt auf Gymnasium: Bildende Kunst und Französisch
Masterarbeit
Erstprüferin Andrea Sabisch
Zweitprüfer Manuel Zahn
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Inhalt
1. DIE KAMERA IN DER HOSENTASCHE: EINLEITUNG .................................................. 2!
2. FILM - BILDUNG - ERFORSCHEN ..................................................................................... 7!
ÜBERLEGUNGEN ZUR PROJEKTAUSWAHL .............................................................................................................................. 7!
ANSPRÜCHE DER FILM-/MEDIENPÄDAGOGIK ....................................................................................................................... 8!
BILDUNG ALS ERFAHRUNG DES FREMDEN............................................................................................................................. 9!
FILME ALS AUSGANGSPUNKT FÜR BILDUNGSPROZESSE..................................................................................................11!
ERFORSCHEN VON UNZUGÄNGLICHEM .................................................................................................................................13!
AUSWAHL DER PROJEKTE UND WEITERES VORGEHEN .....................................................................................................14!
3. DIE ENTWICKLUNG MOBILER BILDPRODUKTION ................................................... 15!
Exkurs: Dziga Vertov – Kinopravda – Kinoglaz ............................................................................................................ 16!
Exkurs: Alexander Rodtschenko ........................................................................................................................................... 19!
4. KULTURWISSENSCHAFTLICHE DISKURSE ZUM HANDY ....................................... 24!
PORTABILITÄT / MOBILITÄT .....................................................................................................................................................24!
DAS PERSÖNLICHE MEDIUM .....................................................................................................................................................24!
NUTZUNGSPRAKTIKEN VON HANDYFILM UND -FOTOGRAFIE ........................................................................................25!
EMPIRISCHER FORSCHUNGSSTAND ZUM HANDY IN DER ALLTAGSKULTUR ..............................................................27!
5. DIE AUSGEWÄHLTEN HANDYFILMPROJEKTE .......................................................... 30!
MOBILEMOVIE ...............................................................................................................................................................................30!
Didaktisches Vorgehen in MobileMovie............................................................................................................................ 31!
Präsentation der Ergebnisse von MobileMovie.............................................................................................................. 33!
24 FRAMES 24 HOURS..................................................................................................................................................................33!
Didaktisches Vorgehen in 24 Frames 24 Hours............................................................................................................. 34!
Präsentation der Ergebnisse von 24 Frames 24 Hours............................................................................................... 35!
6. ANALYSE DER PROJEKTE ............................................................................................... 36!
ÄSTHETISCHE DISPOSITIVE ZWEITER ORDNUNG................................................................................................................36!
DAS FREMDE IM EIGENEN .........................................................................................................................................................38!
VON DER ALLTAGSHANDLUNG ZUR ÄSTHETISCHEN HANDLUNG .................................................................................38!
ANALYSE MOBILEMOVIE ..........................................................................................................................................................40!
Der Weg zum Bild....................................................................................................................................................................... 40!
Automatismen in der Bildproduktion .................................................................................................................................. 41!
Blickstörungen beim Filmemachen...................................................................................................................................... 42!
Verkettung der experimentellen Sequenzen ...................................................................................................................... 44!
Komposition und Zufall ............................................................................................................................................................ 45!
Multitasking-Aufmerksamkeit ................................................................................................................................................ 45!
ANALYSE 24 FRAMES 24 HOURS ..............................................................................................................................................47!
Erfahrbar-Machen des Ortes ................................................................................................................................................. 48!
Gerätespezifische Bildqualitäten .......................................................................................................................................... 50!
Entwickeln von Bildlogiken .................................................................................................................................................... 52!
Prozess des Einzelnen und der Gruppe.............................................................................................................................. 54!
Datenbanken-Sehen ................................................................................................................................................................... 55!
7. REFLEXION UND AUSBLICK........................................................................................... 57!
8. FAZIT .................................................................................................................................... 62!
QUELLENVERZEICHNIS ....................................................................................................... 65!
Anhang:
• Transkript: Interview mit Projektinitiator Klaus Küchmeister über MobileMovie
• Transkript: Max Schleser beantwortet Fragen zum Projekt 24 Frames 24 Hours
• Transkript: Interview mit Projektteilnehmerin von MobileMovie
• Richtlinien der Transkription nach Ralf Bohnsack
• Interview-Leitfaden MobileMovie
• Leitfaden Video Max Schleser
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1. Die Kamera in der Hosentasche: Einleitung
Unlängst ist zur Normalität geworden, was Anfang des Jahrtausends noch eine sich langsam
realisierende Vision war. Ständig, überall und frei von Geldaufwand kann man filmen und das
mit einer Funktion der Handykamera nun in einer makellosen Qualität. Läuft man 2015 durch
Hamburg oder Berlin, wird einem dies an etlichen Straßenecken durch die riesigen
Handyfotografien der iPhone 6-Werbekampagne vor Augen geführt.
Es wird immer selbstverständlicher, dass Herstellerfirmen ihre Handys nicht mehr mit
ihren klassischen Kommunikationsfunktionen, Telefonieren und SMS versenden, bewerben,
sondern vor allem mit ihren Zusatzfunktionen. Durch die hohe Bildqualität stehen nun auch
Foto- und Filmfunktion im Vordergrund, die von den „pixeligen“ quadratischen Bildern, die
die Geräte noch vor wenigen Jahren produzierten, sich erheblich unterscheiden. Nicht zuletzt
weil die HD-Aufnahmen der Handys an die Kinostandards heranrücken, werden Handyfilmen
mittlerweile überall aus dem Boden sprießende Festivals gewidmet.
Auch Künstler_innen1 und Filmemacher_innen wie das deutsche Künstlerduo Eva
Paulitsch und Uta Weyrich (QR 1)2 oder der kolumbianische Künstler Raúl Marroquín (QR 2)
bedienen sich des Handys, um unterschiedliche künstlerische Strategien zu verfolgen. Paulitsch
und Weyrich interessiert dabei der Handyclip als Zeitdokument und Art der Verortung der
Gegenwart, den sie in archivhaften Ausstellungsformaten präsentieren. Marroquín erstellt mit
seinem Handy filmische Notizen und spielt dabei mit der schlechten Bildqualität früher
Handys.
1
Ich verwende im Fortlauf dieser Arbeit den Gender Gap, der die Lücke zwischen männlichem und
weiblichem Geschlecht symbolisiert und somit nicht eindeutig verortbare Geschlechterzugehörigkeiten mit
einbezieht. Vgl. „S_he“ [= anonym], „Performing the Gap. Queere Gestalten und geschlechtliche
Aneignung“, in: http://arranca.org/ausgabe/28/performing-the-gap (letzter Abruf: 14.07.2015); Vgl.
Beatrice Fischer / Michaela Wolf, „Geschlechtergerechtes Formulieren“, in: http://static.unigraz.at/fileadmin/gewi-institute/Translationswissenschaft/Dokumente/uedo1www_files_
geschlechtergerechtes_formulieren-4.pdf (letzter Abruf: 22.07.2015).
2
Im Verlauf dieser Arbeit tauchen an den Rändern Quick Response-Codes auf. Die Arbeit kann auch ohne
das Scannen jener verstanden werden, doch verlinken sie Videos oder Homepages, die an der jeweiligen
Stelle in der Arbeit angesprochen werden und anders als Abbildungen, nicht in anderer Form in die Arbeit
eingefügt werden können. Eine Liste der Links ist auch am Ende der Arbeit (S. 69 f.) zu finden. Die Videos
dienen keiner eigenen Erkenntnisproduktion, können aber, wenn gewollt, das Gesagte visualisieren und so
ein besseres Verstehen ermöglichen.
2
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Doch allem voran entfaltet das Handybild sein Potenzial im Journalismus. Spätestens seit
dem arabischen Frühling zeigen sogar die größten Nachrichtenagenturen immer häufiger von
nicht-professionellen Fotograf_innen mit dem Handy fotografierte oder gefilmte Szenen vom
„Mittendrin“ des Geschehens. Da das Handy − das „mobile phone“, das „portable“ − ständig
unterwegs mitgeführt wird und handlich griffbereit ist, ergeben sich hier ganz neue
Möglichkeiten.3
Auch bei Jugendlichen sind Handys zum ständigen Begleiter geworden. Mit dem Handy
erstellte Bildmedien werden unter Jugendlichen täglich verschickt und empfangen.4 Keine
Party findet ohne Selfies5 und Handyclips und kein Städtetrip ohne das griffbereite Handy, das
häufig noch am Selfie-Stick befestigt ist, statt. Auf YouTube werden dadurch nach eigenen
Angaben des Konzerns minütlich 300 Stunden selbst gefilmtes Videomaterial hochgeladen.6
Die folgende positiv konnotierte Zukunftsvision Francis Ford Coppolas scheint eine mögliche
Realität geworden zu sein:
[…] and you know, suddenly, one day some little fat girl in Ohio is going to be the new Mozart, you
know, and make a beautiful film with her little father's camera recorder. And for once, the so-called
professionalism about movies will be destroyed, forever. And it will really become an art form.
That's my opinion.7 (QR 3)
Der Wunsch der cinéma-Verité-Generation nach einer caméra stylo, die es erlaubt, die Kamera
frei von kommerziellen Abhängigkeiten einzusetzen und mit dem jeweils eigenen Stil zu
filmen, als würde man mit einem Stift seine eigene Handschrift ziehen,8 könnte man als
verwirklicht ansehen. Dean Keep spricht diesbezüglich heute der Handykamera die
Möglichkeit zu, uns aus den konventionellen Zwängen der professionellen Fotografie zu
befreien und bezeichnet das Handy als „[...] an oppurtunity to free creative practitioners from
the theoretical and aesthetic conventions often associated with so called ¸professional‘ and/or
3
Das „mobile“ in mobile phone beziehe sich, so Matthias Thiele und Martin Stingelin, eben gerade auf die
Freisetzung von räumlichen Fixierungen in einer Gesellschaft, die Mobilitätsprozessen und einer
Individualisierung der drahtlosen Mediennutzung unterworfen sei. Hingegen setze „portable“ seinen Akzent
auf Körperverbundenheit und das geringe Gewicht des Gerätes. Vgl. Martin Stingelin / Matthias Thiele,
„Von der Schreibszene zur mobilen Aufzeichnungsszene“, in: Martin Stingelin / Matthias Thiele (Hg.),
Portable Media. Szenen in Bewegung zwischen Peripatetik und Mobiltelefon, München 2010, S. 8. Die
Bezeichnung „Handy“ betont mehr den Aspekt der Tragbarkeit und des „Schnellen-Zur-Hand-Seins“. Ich
werde ihn einer Einheitlichkeit halber in dieser Arbeit am häufigsten verwenden. Im Deutschen hat sich die
Bezeichnung „Handyfilm“ für mit dem Handy aufgenommene Videos durchgesetzt und daher knüpfe ich
hieran an. Der Begriff „Handy“ soll hier stets eine Verbindung beider Aspekte bezeichnen und Smartphones
(wenn im Kontext nicht anderweitig gekennzeichnet) mit einbeziehen.
4
Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, „JIM 2014. Jugend, Information, (Multi-)Media.
Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland“, Stuttgart 2014, in:
http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf08/JIM-Studie_2008.pdf (letzter Abruf: 27.07.2015), S. 45f.
5
Selfie bezeichnet ein meist spontan mit dem Handy, Tablet oder der Digitalcamera allein oder in
Personengruppen aufgenommenes Selbstporträt. Vgl. Duden Verlag (Hg.), Stichwort: „Selfie“, in:
http://www.duden.de/rechtschreibung/Selfie (letzter Abruf 27.07.2015).
6
Vgl. http://www.youtube.com/yt/press/de/statistics.html (letzter Abruf: 09.07.2015).
7
Hearts of Darkness: A Filmmaker's Apocalypse. R.: Fax Bahr / George Hickenlooper u.a. USA 1991.
TC: 01:31:50-01:32:11.
8
Vgl. Alexandre Astruc, „Die Geburt einer neuen Avantgarde: die Kamera als Federhalter“, in: Theodor
Kotulla (Hg.), Der Film. Manifest, Gespräche, Dokumente, München 1964, S. 111–115.
3
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¸fine‘ art forms of photography“9. Den von Keep oder Coppola aufgezeigten Idealen steht die
Realität von YouTube jedoch gegenüber. Die Millionen von persönlichen Videos, die man
heutzutage im Netz findet, sind meines Erachtens nicht mit einer steigenden Qualität der
Videokultur gleichzusetzen.
Darüber hinaus verändert das Handy, wie wir Fotografie und Film verstehen. Fotos
werden heute nicht so oft zum Erinnern aufgenommen, als um über das „Jetzt“ zu
kommunizieren.10 Eine gleiche Praxis tritt mehr und mehr auch beim Handyfilm auf.
Familienvideos zur Erinnerung zu speichern ist heute weniger gebräuchlich als sich mit
Freunden über ein in kürzester Vergangenheit liegendes Ereignis auszutauschen. Das kreative
Potenzial der Bildmedien steht dabei nicht im Vordergrund.11
Gleichzeitig steigt die Zahl der Publikationen, die sich unter Titeln wie „Digital Detox“12,
„Analgog ist das neue Bio“13 oder unter dem Stichwort „Achtsamkeit“14 Strategien zuwenden,
wie sich Handys und Internet wieder ein Stück weit aus dem Alltag verbannen lassen und ein
Ausgleich davon geschaffen werden kann.
Aber auch in Schulen erhalten mobile Endgeräte mehr und mehr Einzug. Während in den
letzten Jahren besonders die Risiken des Handys und des Internets, wie „Cybermobbing“ oder
-bullying“15 und „Happy Slapping“16 für einen schlechten Ruf des Handyfilms sorgten,
scheinen diese mittlerweile aus dem Fokus gerückt und der Einsatz des Handys in der Schule
geradezu beworben zu werden. Angelehnt an Konzepte von Bring Your Own Device
(BYOD)17 versuchen Projekte die flächendeckende Verfügbarkeit von Smartphones, Pads und
9
Dean Keep, „Artist with a Camera-Phone. A Decade of Mobile Photography“, in: Marsha Berry / Max
Schleser (Hg.), Mobile Media Making in an Age of Smartphones, New York 2014, S. 15.
10
Vgl. Adriana De Souza e Silva, „Interfaces of Hybrid Spaces“, in: Anadam Kavoori / Noah Arceneaux
(Hg.), The Cell Phone Reader. Essays in Social Tranformation, New York / Bern u.a. 2006, S. 38.
11
Ute Holfelder / Christian Ritter, „Filmen im Alltag: Handyfilme in der Perspektive einer medienweltlichen
Ethnografie“, in: kommunikation @ gesellschaft. Journal für alte und neue Medien aus soziologischer,
kulturanthropologischer
und
kommunikationswissenschaftlicher
Perspektive
(Hg.),
http://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/36187/KuG_B2_2013_Holfelder_Ritter-Filmen_im_
Alltag.pdf?sequence=3 (letzter Abruf: 19.05.2015), S. 6 ff.
12
James Folk, Digital Detox: How Taking A Break From Technology Can Help You Reclaim Your Life,
Reduce Stress, & Achieve Success, unbekannter Ort 2014.
13
Andre Wilkens, Analog ist das neue Bio: Eine Navigationshilfe durch unsere digitale Welt, Berlin 2015.
14
Arianna Huffington, Die Neuerfindung des Erfolgs: Weisheit, Staunen, Großzügigkeit - Was uns wirklich
weiter bringt, Hamburg 2014.
15
Unter Cybermobbing bzw. Cyberbullying versteht man das vorsätzlich feindselige Verhalten von
Einzelnen oder Mehreren gegenüber einer Person unter den Einsatz von Informations- und
Kommunikationstechnologien (besonders über das Handy oder die sozialen Medien). Ziel ist es, dieser
Person über einen längeren Zeitraum hinweg zu schaden. Vgl. Dorothee Aksi, Cybermobbing.
Medienkompetenz von Jugendlichen, Hamburg 2014, S. 8 ff.
16
Happy Slapping bezeichnet einen selbst initiierten körperlichen Angriff auf unvorbereitete Passant_innen,
Mitschüler_innen oder Lehrer_innen und entstand ab Anfang der 2000er Jahre als Freizeitspaß unter
britischen Jugendlichen. Oft werden die Angriffe und die Reaktion der Opfer mit Handys aufgezeichnet und
im Internet veröffentlicht. Vgl. Judith Hilgers, Inszenierte und dokumentierte Gewalt Jugendlicher. Eine
qualitative Untersuchung von „Happy Slapping“-Phänomenen, Wiesbaden 2011, S. 14 ff.
17
In Unternehmen der Informations- und Telekommunikationsbranche ist das Konzept von BYOD ein weit
verbreitetes Prinzip, bei dem Mitarbeiter_innen die eigenen personalisierten Geräte am Arbeitsplatz nutzen.
Unternehmen erhoffen sich dadurch höhere Mitarbeiterzufriedenheit und steigende Effizienz, da die
Mitarbeiter_innen mit ihrem Gerät vertraut sind. Aber auch Bedenken zu erhöhtem Sicherheits- und
4
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Laptops unter den Schüler_innen nun für Schulen nutzbar zu machen. So das Projekt „Start in
die nächste Generation“ der Universität Hamburg, das mit dem Ziel, das didaktischmethodische Potenzial der selbst mitgebrachten Geräte der Schüler_innen in Lehr- und
Lernprozessen zu nutzen und so Medienkompetenz zu fördern, digitale und besonders mobile
Endgeräte der Schüler_innen in den Unterricht einbindet.18
Der Aufschwung des BYOD-Gedanken lädt dazu ein, auch mehr und mehr
Filmvermittlungsprojekte
durch
den
Einsatz
von
Handys
zu
vereinfachen.
Medienpädagogische Vereine setzen das Handy bereits als Filmmedium ein und auch für den
schulischen Kunstunterricht bietet das Handy eine Perspektive. Für die Schulen ist dies zuerst
aus ökonomischer Perspektive von Vorteil, weil die Anschaffungskosten für Kameras entfallen
und ihnen in jeder Klasse ein Klassensatz Geräte zur Verfügung steht. Daneben ersparen sich
Lehrkräfte viele technische Erklärungen und Probleme, da die Schüler_innen selbst dafür
zuständig sind, ihre Geräte für ihre Zwecke zu benutzen und dies für sie im Normalfall auch
keine Schwierigkeit mehr darstellt. Die Schüler_innen übernehmen mithin die Verantwortung
dafür, dass die Geräte zu jeder Schulstunde einsatzbereit und geladen sind und wissen auch
meistens darüber Bescheid, wie man mit dem Datentransfer von einem Gerät zu einem
nächsten umgeht.19 Daneben werden die schulischen Grenzen im Filmprozess aufgeweicht, da
mit den Kameras nicht nur direkt in den Schulstunden und auf dem Schulgelände gefilmt
werden kann, sondern darüber hinaus im Alltag der Schüler_innen und an speziell
ausgewählten intimeren Orten.
Diese praktischen Potenziale von Handys unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen
stellen meiner Ansicht nach jedoch keine Legitimation dafür dar, dass das Handy fester
Bestandteil eines impliziten oder expliziten Curriculums in schulischer und außerschulischer
Filmvermittlung wird. Ebenso wenig sinnvoll wäre es aber auch, diese Entwicklungen zu
ignorieren und den Einsatz von vornherein abzulehnen. Die Abwehrhaltung gegenüber sich
neu etablierenden Medien, die schon von der „krankmachenden“ Leselust oder dem Film
bekannt ist, wird den Medien und deren Potenzialen nicht gerecht. Daher habe ich mich auf die
Suche nach einem Mehrwert gemacht, der aus den oben genannten Gesichtspunkten nicht rein
praktischer Natur ist. Ich frage somit danach, ob mit dem Einsatz des Handys in schulischer
und außerschulischer Filmvermittlung auch spezifische Bildungschancen verbunden sind. Das
Handy soll dabei auf seine gerätespezifischen Potenziale und deren Entfaltung hin befragt
werden. Diese Arbeit soll erforschen, wie das Handy durch spezielle Formen des aktiven
filmischen Einsatzes, Prozesse der Film-Bildung ermöglichen kann und dadurch auch als
Wartungsaufwand gehen damit einher. Vgl. Susanne Dehmel, „Bring your own Device“, in: BITKOM
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Hg.):
http://www.bitkom.org/files/documents/20130404_LF_BYOD_2013_v2.pdf (letzter Abruf: 03.07.2015).
18
Vgl. Judith Keinath, „Start in die nächste Generation“, in: https://www.ew.unihamburg.de/einrichtungen/ew1/medienpaedagogik-aesthetische-bildung/medienpaedagogik/forschung/byod
.html (letzter Abruf: 16.07.2015).
19
Diese Punkte wurden in Interviews angesprochen, die ich mit Handys in den Kunstunterricht einbindenden
Lehrkräften vor Entstehung der Masterarbeit geführt habe. Viele Aspekte sind auch im Interview mit Klaus
Küchmeister im Anhang der Arbeit zu finden. Vgl. Anhang, S. 1−11.
5
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Denkanstoß für angehende Kunstpädagog_innen und kritische Lehrkräfte gesehen werden, sich
mit der Rolle des Handys im Kontext der Film-Bildung und im eigenen Unterricht
auseinanderzusetzen.
Wenig wurde bisher zu aktiver filmischer Arbeit im Kontext der Film-Bildung geforscht.
Daher werden zunächst Theorien der Film-Bildung, bei denen die Rezeption von Film im
Fokus steht, auf die aktive Filmarbeit übertragen. Die für das Handy spezifischen Potenziale
und in diesem Kontext sinnigen Praxen werden daraufhin durch eine theoretisch-analytische
Studie der Handyfilmprojekte MobileMovie und 24 Frames 24 Hours erschlossen.
Sich die allgegenwärtige Verfügbarkeit der Geräte zunutze zu machen, wäre dann eine
anzuregende Forderung an die Filmvermittlung, wenn spezifische Praxen mit dem Handy
zeigen, dass hier sowohl mögliche Ausgangspunkte für Bildungsprozesse als auch für eine
Reflexion von Medien in unserer Alltagskultur liegen. Dadurch, dass das Handy überallhin
mitgetragen wird, bestehe hier, so eine weiterführende Idee, das Potenzial, dass die
Projektteilnehmer_innen die in den Projekten erkundeten ästhetischen Praxen wieder in ihren
Alltag einbinden. Ein Potenzial dafür also, dass hier eine Verknüpfung von in der Schule
initiierter ästhetischer Praxis und außerschulischem Alltag stattfindet.
6
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2. Film - Bildung - erforschen
Überlegungen zur Projektauswahl
Um das Feld der Untersuchung einzugrenzen, soll an dieser Stelle genauer dargestellt werden,
welche Art von Filmprojekten für die vorliegende Arbeit in Frage kam und die
Entscheidungen, die zum Aufbau dieser Arbeit führten, dargelegt werden.
Für ein bildungstheoretisches Nachdenken über den Einsatz von Handys in der
Filmvermittlung wäre zu untersuchen, wie die Geräte in bestimmten Settings durch spezifische
Charakteristika dazu beitragen, dass ästhetische Erfahrungen ermöglicht werden. Dazu ist es
nötig nachzuvollziehen, welcher Art von Erfahrungen man ein Potenzial für die Ermöglichung
von Bildung zuspricht und worin sich dieses zeigt. Anknüpfen möchte ich hier an den
transformatorischen Bildungsbegriff von Rainer Kokemohr, der von Hans-Christoph Koller
und Winfried Marotzki weitergedacht wird. Die Autoren eint, im Anschluss an Bernhard
Waldenfels Phänomenologie des Fremden, die Erfahrung des Fremden als Ausgangspunkt für
Bildungsprozesse. Um eine Brücke zwischen Bildung und Film zu schlagen, greife ich
anschließend Hanne Walbergs Überlegungen zur Film-Bildung auf, die auch an die Erfahrung
des Fremden anschließen. So müssten auch die ausgewählten Projekte, wollen sie
Bildungsprozesse ermöglichen, Momente haben, in denen Möglichkeiten der Erfahrung des
Fremden auftreten.20
Bei der Recherche zur Arbeit wurde eine Vielzahl von Handyfilmprojekten frühzeitig
dadurch ausgeschlossen, da es bei ihnen primär darum ging, dass der Einsatz lediglich im
ökonomischen und/oder organisatorischen Sinne als „praktisch“ angesehen wurde. In vielen
Projekten wurde das Handy dann als einfacher und billiger Kameraersatz genutzt.21
20
Vgl. Hanne Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden. Ein bildungstheoretischer Beitrag zur
Filmpädagogik, Bielefeld 2011.
21
Bei meiner Recherche stieß ich auf ein Projekt, für das statt einem Klassensatz kleiner Digicams sogar ein
Klassensatz Kamerahandys angeschafft wurde, da dies der Initiatorin zufolge günstiger war, das Projekt nun
unter dem Namen „Handyfilmprojekt“ lief und damit eine Anbindung an die Thematik „Neue Medien“ hatte.
Jedoch hebelt die Anschaffung eines Klassensatzes Handys selbst den BYOD-Gedanken völlig aus, da hier
weder die personalisierten Geräte der Schüler_innen zum Einsatz kommen, noch der aus ökonomischer
Perspektive attraktive Weg der mitgebrachten Geräte gegangen wird.
7
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
In weiteren Projekten wird das Kamerahandy entweder dokumentierend eingesetzt oder,
und das ist weit häufiger der Fall, es ist dazu da, bestehende Normen und Vorgaben der Filmund Fernsehindustrie zu reproduzieren und gesichertes Filmwissen zu vermitteln, ohne
künstlerische Ansätze und Filmformen, die vom Standard abweichen, in Betracht zu ziehen.
Warum aber gerade auch diesen abweichenden künstlerischen Strategien, Verfahrensweisen
und Formen der Filmvermittlung Beachtung geschenkt werden sollte, wird im Weiteren
geklärt.
Ansprüche der Film-/Medienpädagogik
An dieser Stelle zeigen sich die Differenzen zwischen einer oft auf die Entwicklung von
Filmkompetenz hin angelegten Filmpädagogik und einer nach Ermöglichung von
Bildungserfahrungen strebenden Film-Bildung. Manuel Zahn weist darauf hin, dass Film und
Bildung nicht ohne weiteres zusammengehören, sondern zusammengebracht werden müssen.22
In Kontexten, in denen sich mit Film und Bildung befasst wird, wird der Begriff Film-Bildung
jedoch zuweilen nicht sehr trennscharf benutzt. Den Formulierungen Filmbildung und FilmBildung wird sich nicht nur in bildungstheoretischen Kontexten, sondern auch in welchen, in
denen der Begriff Bildung administrativ-bildungspolitisch oder pädagogisch-praxistheoretisch
verwendet wird, bedient. Daher ist es nötig, den Begriff in seine unterschiedlichen
Verwendungsarten aufzuspalten.23 Hanne Walberg zeichnet die Verwendung in ihrer
Dissertation Film-Bildung im Zeichen des Fremden nach, in der sie gerade auf das Vermischen
von film-/medienpädagogischen und bildungstheoretischen Begriffen aufmerksam macht.
Einen Grund für die missverständliche Verwendung des Begriffes Film-Bildung sieht sie auch
in den noch großen Lücken der filmpädagogischen Theorieentwicklung.24
Filmpädagogik lässt sich anhand des 2003 stattgefundenen Kongresses „Kino macht
Schule“, der in einer „Filmkompetenzerklärung“ mündete, erläutern. Laut Walberg betrachte
dieser Ansatz den Film als Lerngegenstand, der sich den Film anzueignen und seine Codes zu
entschlüsseln versuche:25 „Der ‚Dialog‘ mit dem Film und das Filmerleben treten dabei in den
Hintergrund und werden im ungünstigen Fall sogar verhindert.“26 Der in diesem Konzept
vorausgesetzte Bildungsbegriff sei ein zielgerichteter, der filmbezogene Kenntnisse und
Fertigkeiten vermitteln solle.27 Ähnliches gilt für das von ihr vorgestellte Konzept der Initiative
„Lernort Kino“, die sich vorrangig dem Verstehen von Filmen verschreibt. Projekte zur
Erweiterung von Film- oder Medienkompetenz bringen daher nicht selten Jugendliche mit
22
Manuel Zahn, Ästhetische Film-Bildung. Studien zur Materialität und Medialität filmischer
Bildungsprozesse, Bielefeld 2012, S. 14.
23
Vgl. ebd., S. 13 ff.
24
Vgl. Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden, S. 65 ff.
25
Hanne Walberg, „Film-Bildung an den Grenzen des Verstehens. Bildungstheoretische Überlegungen am
Beispiel Jugend im Film“, in: Helene Decke-Cornill / Renate Luca (Hg.), Jugendliche im Film - Filme für
Jugendliche, München 2007, S. 32.
26
Ebd.
27
Vgl. ebd.
8
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Film-Profis zusammen, die ihnen dann einen gesicherten Wissensbestand über den Film
vermitteln sollen, der es dann wiederum ermöglichen soll, gezielte Bedeutungen im Film
auszudrücken.28 Die Erfahrung von Fremdheit fehlt in dieser Vorstellung, aber der Nachhall
eines solchen Verständnisses von Filmvermittlung ist groß und in ähnlicher Form auch im
schulischen Kunstunterricht zu finden. Auch in außerschulischen medienpädagogischen
Institutionen ist die produktive filmische Arbeit in Zusammenkunft mit Jugendlichen oft durch
die Vermittlung filmischer Klischees und durch die technische Vermittlung von
standardisierten Sehgewohnheiten geprägt.
Das medienpädagogische Herangehen an die Filmvermittlung wäre zwar an einigen
Stellen zu kritisieren, doch lässt sich auch sagen, dass der Erwerb einer Fähigkeit zum
analytischen Verstehen filmsprachlicher Mittel als Grundlage für die spätere Entstehung von
Bildungsmomenten gesehen werden kann, diese jedoch nicht selbst auslöst. Wer ein gefestigtes
Wissen über einen Gegenstand hat, kann sich zu diesem fragend in Beziehung setzen. Ebenso
soll ein medienpädagogischer Ansatz auch nicht zwangsweise ein Bildungspotenzial
ausschließen. Das erste der ausgewählten Projekte hat sogar ausdrücklich das Ziel,
Medienkompetenz zu fördern, wie es in seiner Projektbeschreibung steht. Trotzdem kann es in
bildungsinteressierten Settings hinderlich sein, wenn davon ausgegangen wird, dass bei der
Erweiterung von Kompetenzen und Wissen die bereits vorhandenen Verarbeitungsmuster der
Schüler_innen bestätigt werden, weil es hier leicht zu einer Abwehr von bildungsrelevanten
Veränderungen kommen kann.29 Dem medienpädagogischen Diskurs soll hier aber nicht seine
Berechtigung abgesprochen werden, auch wenn er für die vorliegende Arbeit weniger
interessant ist.
Bildung als Erfahrung des Fremden
In der Untersuchung soll es um eine produktive Filmarbeit gehen, die ich im
bildungstheoretischen Diskurs verorten möchte. Das Zusammendenken von Film und Bildung
wird bei Walberg und Zahn durch den Bindestrich in Film-Bildung verdeutlicht. Walberg
schlägt hier eine theoretische Brücke zwischen Bildung und Film, deren gemeinsamer
Bezugspunkt die Erfahrung des Fremden darstellt, auf die Bildung auf der einen Seite
angewiesen ist und die der Film auf der anderen ermöglichen kann.30 Für Walbergs Filmtheorie
ist der transformatorische Bildungsbegriff von Marotzki, Koller (und Olaf Sanders) in
Anschluss an Kokemohr grundlegend, an den auch meine weiteren Überlegungen über das,
was Bildungsprozesse mit dem Handy ermöglichen kann, anknüpfen.
28
Nina Rippel / Manuel Zahn, „Die KurzFilmSchule. Ein Projekt künstlerischer Filmvermittlung an
Hamburger Schulen“, in: Bettina Henzler / Winfried Pauleit u.a. (Hg.), Vom Kino lernen. Internationale
Perspektiven der Filmvermittlung, Berlin 2010, S. 114.
29
Vgl. Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden, S. 263.
30
Vgl. ebd., S. 75.
9
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Marotzki geht in seinem Bildungskonzept davon aus, „daß Bildung nicht (länger) als
Überführung von Unbestimmtheit in Bestimmtheit gedacht werden kann.“31 Bildung soll im
Kontrast zum Lernen als etwas verstanden werden, was die Schemata unseres Denkens selbst
verändert.32 Die Art von Erfahrungen, die diese transformativen Wirkungen hervorrufen, wird
in Anschluss an Waldenfels als Erfahrung des Fremden charakterisiert.33 Das Fremde zeichnet
sich dadurch aus, dass es sich entzieht und sich nicht unter unsere gegebenen Welt- und
Selbstverhältnisse subsumieren lässt, sondern sich diesen widersetzt. Gleichzeitig zeigt es sich
aber in einem Anspruch, der unsere die Wahrnehmung strukturierenden Ordnungen stört und
verschiebt.34 Diese Erfahrungen treten aber nicht in gezielt planbaren Situationen auf.
Andrea Sabisch, auch in Rekurs auf Waldenfels, beschreibt die Erfahrung des Fremden als
ein Getroffensein von Fremdem.35 Dabei gehe das Fremde „dem Eigenen voraus, indem es den
Ordnungsrahmen überschreitet und uns affiziert.“36 Diese Begegnung erzeuge keine konkreten
Ergebnisse, die eindeutig und sofort sichtbar und ebenso sprachlich kommunizierbar wären,
denn „[…] die Erfahrung ist unsichtbar. Weder können wir sie beobachten, noch ist sie direkt
zugänglich. Sie entzieht sich unserem Bewusstsein.“37 Sie tritt erst im Antworten auf das, was
uns trifft und von dem wir getroffen werden, zutage.38
Das Getroffensein und das Antworten können dabei aber nicht als zwei linear aufeinander
folgende Ergebnisse gedacht werden. Sie bleiben durch einen Spalt getrennt und die Antwort
kann erst nachträglich erfolgen. Das Fremde, worauf sie antwortet, wird im Antworten
trotzdem nicht zugänglich, ermöglicht aber die Entstehung einer kreativen Antwort, die selber
Sinn erzeugt.39 Diese Antwort entfalte, so Waldenfels, eine „radikale Kreativität“40, wenn sie
die eigenen Grenzen überschreitet und deformiert sowie sich nicht an bisherigen
Ordnungsrahmen orientiert. Bei den zu untersuchenden Bildungsprozessen geht es also nie um
operationale oder operationalisierbare Ziele, die auch nicht institutionalisiert werden können.
Hieraus ergibt sich schon, dass die Projekte nicht von festgelegten zu vermittelnden
31
Winfried Marotzki, „Bildung, Identität und Individualität“, in: Dietrich Brenner / Dieter Lenzen (Hg.),
Erziehung, Bildung, Normativität. Versuche einer deutsch-deutschen Annäherung, Weinheim / München
1991, S. 86.
32
Winfried Marotzki, Entwurf einer strukturalen Bildungstheorie: biographietheoretische Auslegung von
Bildungsprozessen in hochkomplexen Gesellschaften, Weinheim 1990, S. 41.
33
Vgl. Hans-Christoph Koller / Winfried Marotzki u.a. (Hg.), Bildungsprozesse und Fremdheitserfahrung.
Beiträge zu einer Theorie transformatorischer Bildungsprozesse, Bielefeld 2007.
34
Hans-Christoph Koller, „Probleme einer Theorie transformatorischer Bildungsprozesse“, in: HansChristoph Koller / Winfried Marotzki u.a. (Hg.), Bildungsprozesse und Fremdheitserfahrung. Beiträge zu
einer Theorie transformatorischer Bildungsprozesse, Bielefeld 2007, S. 71 ff.
35
Andrea Sabisch, Aufzeichnung und ästhetische Erfahrung, Hamburg 2009, S. 11 f.
36
Ebd., S. 15.
37
Ebd., S. 14.
38
Vgl. Bernhard Waldenfels, Bruchlinien der Erfahrung. Phänomenologie Psychoanalyse
Phänomenotechnik, Frankfurt am Main 2002, S. 56.
39
Bernhard Waldenfels, Topographie des Fremden. Studien zur Phänomenologie des Fremden I, Frankfurt
am Main 1997, S. 51 ff.
40
Bernhard Waldenfels, Grenzen der Normalisierung. Studien zur Phänomenologie des Fremden 2,
Frankfurt am Mai 1998, S. 92.
10
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Kompetenzen ausgehen können, möchten sie Bildungsmomente provozieren. Ein radikal
kreativer Akt ereignet sich vielmehr unerwartet durch etwas Vorgängiges.41
Filme als Ausgangspunkt für Bildungsprozesse
Walberg sieht in Filmen die Möglichkeit vorhandene Wahrnehmungs-Gewohnheiten zu stören
und Fremderfahrungen auszulösen, also Bildungsprozesse zu ermöglichen. Der Film könne
„die Beziehungen des Menschen zu sich und zur Welt“42 infrage stellen, „weil vorhandene
Wahrnehmungsmuster am Film abrutschen.“43 Die Überlegungen, die Walberg zu Waldenfels
anstellt, der seine Überlegungen in die Nähe von Gilles Deleuze Schriften zum BewegungsBild und der „radikalen Empirie“ rückt, können im Rahmen dieser Arbeit nicht nachgezeichnet
werden. Jedoch erscheint mir die Frage danach, wie mit dem Fremden umgegangen werden
kann, ohne bereits in der Art des Umgangs mit ihm dem Fremden seine „Fremdheit zu
rauben“.44 essentiell. Da das Fremde sich nicht auf Bekanntes zurückführen lässt, laufen
Fragen nach konkreten Identifizierungsmerkmalen des Fremden ins Leere. Es muss die
Perspektive gewechselt werden, sodass nach der Art der Zugänglichkeit gefragt wird, die sich
hier durch eine Nicht-zugänglichkeit auszeichnet. „Das Fremde ist in seiner Unzugänglichkeit
als Fremdes erfahrbar und zwar gerade, weil es sich nicht erkennen, bestimmen oder verstehen
lässt.“45 So müsse nach Walberg ein „fremder Film“46 uns das Nicht-Funktionieren unserer
eigenen Zugänge vor Augen führen und uns mit einer Fremdheit im Eigenen in Berührung
bringen. Denn die Schwelle zum Fremden verliefe, so Waldenfels, nicht zwischen uns und
einem Äußeren, sondern beginne vielmehr im Eigenen.47 Wenn Film-Bildung ermöglicht
werden soll, dann kann diese nicht als Aneignung von etwas Fremden, also als Rückführung
von Fremden in Eigenes, verstanden werden und noch weniger als die Abwehr von Fremdem
als Feindlichem. Das Fremde kann nur als Ausgangspunkt für ein „Worauf“ des Antwortens
gedacht werden und Filme als Antworten, bei denen sich nicht identifizieren lässt, worauf sie
nachträglich antworten. Damit sind sie mögliche Ausgangspunkte für Bildungsprozesse.48
Auch Zahn spricht Filmen grundsätzlich die Möglichkeit zu, Betrachter_innen in
Bildungsprozesse zu involvieren. Der Fokus seiner Arbeit liegt auf den Potenzialen der
Filmrezeption. In meiner Arbeit werden hingegen vor allem Prozesse, in denen Schüler_innen
und Student_innen mit ihren Handys filmen, also Prozesse der Filmproduktion, untersucht.
Trotzdem bieten Zahns Untersuchungen der affizierenden Potenziale von Filmen auch für die
aktive Filmarbeit hilfreiche Hinweise. Film wird hier als Medium des „Wahrnehmbar-
41
Vgl. Waldenfels, Grenzen der Normalisierung, S. 93.
Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden, S. 190.
43
Ebd.
44
Waldenfels, Topographie des Fremden, S. 50.
45
Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden, S. 78.
46
Ebd.
47
Vgl. Waldenfels, Topographie des Fremden, S. 27 ff.
48
Vgl. Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden, S. 87.
42
11
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Machens“49
bezeichnet,
Kommunikationsmedium“
50
das
nie
nur
„semiotisches
Darstellungs-
und
sein kann, sondern außerdem „polyvalente Perzepte, Affekte und
Affektionen“51 freisetzt. Diese Erfahrungen ästhetischer Natur seien jedoch analog zur
Widerfahrnis bei Sabisch und Waldenfels weder sprachlich, im Sinne eines Erfahrungswissens,
abrufbar, noch als „körperlicher Erfahrungsbestand“52 verfügbar. Sie seien lediglich als Spuren
zugänglich oder werden erst als solche im Spuren-lesen hervorgebracht.53 Wie Spuren einer
Fährte auch, können sie aber wieder verwischen und ihre Zugänglichkeit verlieren.
Mit dem Begriff des Spurenlesers, auf den ich im späteren Verlauf der Arbeit nochmal
zurückkomme, stellt Zahn einen Zusammenhang zwischen Filmaffizierung und dem Sprechen
oder der Reflexion darüber her. Das spurenlesende Subjekt zeichne sich nach Zahn dadurch
aus, dass es in besonders lustvollen, irritierenden, spannenden oder mühsamen Momenten einer
aktuellen Filmerfahrung, den Spuren mit großer Aufmerksamkeit nachgehe, die andere Filme,
Bilder und andere kulturelle Artefakte zuvor an ihm, seinem Welt- und Selbstverhältnis,
hinterlassen haben. Dies erfordere eine hohe Bereitschaft zum Staunen, Verwundern oder
Zaudern seitens des Spurenlesers, die zur ersten Herausforderung der Filmvermittlung werde.
Es gelte die Offenheit der ästhetischen Erfahrungen auszuhalten und von vorschnellen,
identifizierenden Schlüssen, die die Erfahrung im Sinne einer Wissensvermehrung ertragbar
machen, abzusehen. So werde die Spurenlese zur (film-)bildenden Erfahrung.54 Um aber
Spurenleser zu werden und anderen dabei zu helfen, dieser Praxis nachzukommen, sind
aufmerksamkeitsfördernde Rahmenbedingungen vonnöten.55 Diese zu initiieren sollte ein
Anspruch eines „film-bildenden“ Projektes sein.
Für ein bildungstheoretisches Nachdenken über aktive Filmarbeit wurde bisher nichts
publiziert, was über Ansätze hinausgeht. Aber das auf die Rezeption von Filmen ausgelegte
Konzept der Spurenlese lässt sich auch auf die Produktion von eigenen Filmen erweitern, da
die Filmarbeit immer auch ein Prozesshaftes ist, in dem die ständige Rezeption und Reflexion
des selbst gefilmten Materials ein ebenso wichtiger Bestandteil der filmischen Produktion wie
das Filmen selber ist. In diesem Prozess werden besonders interessante oder sich der
eindeutigen Bedeutungszuschreibung entziehende Momente aufgespürt und an bereits
Aufgefallenem oder Irritierendem weitergearbeitet.
49
Manuel Zahn, „Performative Bildungen des Films und seiner Betrachter_innen. Filmbildungstheoretische
Überlegungen für eine Praxis ästhetischer Filmvermittlung“, in: Lena Eckert / Silke Martin (Hg.),
FilmBildung, Marburg 2014, S. 64.
50
Ebd.
51
Ebd.
52
Ebd., S. 66.
53
Vgl. ebd., S. 65 ff.
54
Vgl. ebd., S. 65 ff.
55
Constanze Balugdzic / Anna-Helen Brendler u.a., „Filme bilden. Zu aktuellen Konzepten der
Filmvermittlung und dem Potenzial ihrer praktischen Umsetzung“, in: Lena Eckert / Silke Martin (Hg.),
FilmBildung, Marburg 2014, S. 77.
12
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Erforschen von Unzugänglichem
Das Umgehen mit Spuren und mit sprachlich nicht eindeutig zugänglichen Erfahrungen
bedeutet, dass beim Forschen nach Bildungsprozessen, die durch den Handyfilm stattfanden,
nur schwer von den Ergebnissen, also den Handyfilmen, her geforscht werden kann, da diese
nie zwangsläufig als Stellvertreter für einen stattgefundenen Bildungsprozess stehen können.
Es lassen sich keine eindeutig sichtbaren Parameter dafür festlegen, wann Bildungsprozesse
!
stattgefunden haben und wann nicht.56
Ebenso scheint mir die Forschung durch qualitative Interviews nicht zielführend, da
ästhetische Bildungsprozesse häufig nicht versprachlicht werden können und so die Forschung
hier an die Grenzen des Sagbaren stieße, gerade weil auch keine objektivierende Identifikation
von Bildung möglich ist.57 Daher wurden vor Entstehung dieser Arbeit geführte Interviews mit
Lehrkräften zum Einsatz von Handys im Kunstunterricht nicht als Materialgrundlage für diese
Arbeit gewählt. In diesen wurde zwar deutlich, dass für eine gelingende Filmvermittlung mit
dem Handy unterschiedliche Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, jedoch ist es
problematisch in Aussagen der Gesprächspartner_innen Indikatoren für Bildungsmomente zu
finden,
da
die
Projekte
vielmehr
Ausgangspunkte
für
Film-Bildungsprozesse
der
Schüler_innen sein können und sich das neu erfahrene unter Umständen erst sehr viel später,
außerhalb des Projektes, zeigt und selbst dann vielleicht nicht verspachlicht werden kann.58
Bildung wird in meiner Arbeit wie durch Alfred Schäfer als Möglichkeitskategorie
verstanden, sodass sich bei der Suche nach Momenten der Bildung in Situationen mit hohem
Irritationspotenzial begeben wird, in denen eine Erfahrung des Fremden wahrscheinlicher
scheint.59 Daher schlage ich eine Reflexion ausgehend von Praxis-Konzepten mit dem Handy
im Kontext der Film-Bildung vor und ein Nachdenken darüber, welche Irritationsmomente und
Potenziale in den Konzepten stecken und bei gut inszenierten Rahmenbedingungen zu einer
Ermöglichung von ästhetischen Bildungsprozessen führen können. Es geht also um den Schritt
vor einer konkreten Realisierung in der praktischen Filmarbeit: Wie kann ein Projekt angelegt
sein, damit es Erfahrungsprozesse ermöglichen kann? Was können wir aus den analysierten
Filmprojekten für eine gelingende „film-bildende“ Arbeit mit dem Handy mitnehmen?
56
Die Suche danach, wo sich im gefilmten Material eine Erfahrung bricht, zeigt oder konstituiert, würde eine
weitergehende qualitative Forschung benötigen, die den Rahmen dieser Arbeit übersteigt. Sabisch untersucht
in Inszenierung der Suche anhand von Tagebuchaufzeichnungen, wie diese als Praxis des Antwortens,
ästhetische Erfahrungen sichtbar werden lassen. Vgl. Andrea Sabisch, Inszenierung der Suche: vom
Sichtbarwerden ästhetischer Erfahrung im Tagebuch. Entwurf einer wissenschaftskritischen
Grafieforschung, Bielefeld 2007. Sieht man in Anschluss an dieses Vorgehen die Filmpraxis als ein
Instrument des Antwortens auf das Getroffen-Sein durch das Fremde, dann wäre theoretisch weiterhin zu
untersuchen, inwiefern das Material auf verschiedene mediale, materielle und zeitliche Erfahrungen verweist
und wo sich z.B. Wechsel des Orientierungsrahmens zeigen.
57
Vgl. Alfred Schäfer, „Bildungsprozesse – Zwischen erfahrener Dezentrierung und objektivierender
Analyse“, in: Hans-Christoph Koller / Winfried Marotzki u.a. (Hg.), Bildungsprozesse und
Fremdheitserfahrung. Beiträge zu einer Theorie transformatorischer Bildungsprozesse, Bielefeld 2007,
S. 101.
58
Ein Transkript aus dieser Reihe ist der Arbeit angefügt. Auf dieses wird an späterer Stelle der Arbeit Bezug
genommen. Vgl. Anhang, S. 18 ff.
59
Vgl. Schäfer, „Bildungsprozesse“, S. 99 ff.
13
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Auswahl der Projekte und weiteres Vorgehen
Für diese Studie wurden zwei Projekte ausgewählt, deren Konzepte unter dem Aspekt des
Auslösens von ästhetischen Bildungsprozessen beleuchtet werden. Die beiden Projekte stellen
dabei unterschiedliche Aspekte beim Einsatz von Handys in den Vordergrund.
Das erste Projekt fokussiert sich auf die Tragbarkeit, geringe Größe und mobile
Verfügbarkeit des Gerätes und fragt dabei nach einer spezifischen Bildästhetik, die sich
dadurch erzeugen lässt. Für die folgende Untersuchung dieses Projektes wurde darum zuerst
gefragt, was das Handy nun von anderen kleinen, tragbaren Kameras, die sich seit Beginn der
Fotografie entwickelten, unterscheidet. Dazu wird im dritten Kapitel die Geschichte der
mobilen Bildproduktion grob nachgezeichnet und die Entwicklung des Handys mitsamt seiner
Kamera und seinen Besonderheiten vor diesem Hintergrund geschildert.
Das zweite Projekt betont weit mehr den Aspekt der Vernetzung. Das Handy wird hier in
seiner Rolle als Hybridmedium wichtig. Auch geht es hier um den Einsatz eines sozialen
Mediums, an welches die Besitzer_innen gebunden sind und welches zur Selbstreflexion im
Alltag dienen kann. Max Schleser, Initiator von 24 Frames 24 Hours, ist selber Filmemacher
und erprobte mit seinem auf dem Handy gedrehten Film Max with a Keitai (QR 4) die
Potenziale und Grenzen des mobilen Filmemachens. Die Filmvermittlung folgt also aus der
Sicht eines Filmemachers, den selbst das Amateurhafte am Handyfilm interessiert. Wodurch
sich die filmische Praxis im Projekt in diesem spezifischen ästhetischen Kontext auszeichnet,
wird durch die Vorstellung der normalen Alltagshandlungen mit dem Handy und den aktuellen
Forschungsstand hierüber genauer gezeigt. Daher wird im vierten Kapitel der Ist-Zustand der
Handlungsweisen mit dem Handy kulturwissenschaftlich beleuchtet.
Im fünften Kapitel werden organisatorischer Rahmen, didaktisches Vorgehen und die
Präsentation der Projektergebnisse beider Projekte vorgestellt. Es folgt die Analyse der
Konzepte im sechsten Kapitel. In diesem Kontext stelle ich mir noch einmal die Frage, worin
Momente der Ermöglichung einer Erfahrung des Fremden bestehen. Ausgehend von dem von
Jens Badura vorgeschlagenen Konzept der ästhetischen Dispositive, sollen hier einerseits noch
einmal die Ziele eines ästhetischen Einsatzes deutlich gemacht werden, aber auch gefragt
werden, wie aus dem Handeln ein ästhetisches werden kann. Die unterschiedlichen Praxen, die
die Projekte vorstellen, und ihre konzeptuellen Anbindungen an die Film- und
Fotografiegeschichte werden hier analysiert und in ihren Potenzialen präsentiert. Der Analyse
ist eine Reflexion hintenan gestellt, die auch als Ausblick verstanden werden kann. An dieser
Stelle wird weniger anhand konkreter didaktischer Züge der Projekte eine Analyse betrieben.
Vielmehr möchte ich hier eigene Gedanken zu dem Einsatz von Handys im Unterricht
formulieren, die zu einer weiteren Reflexion über das Thema anregen sollen. Somit ist der
Ausblick nicht Teil des Schlussteils, sondern diesem vorangestellt. Im achten Kapitel werden
daher lediglich die Ergebnisse der Untersuchung resümiert und mit dem Ausblick verknüpft,
der die weiterführenden Potenziale einer ästhetischen Arbeit mit Alltagsmedien aufzeigt.
14
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3. Die Entwicklung mobiler Bildproduktion
Abb1. iPhone6-Fotographie60
Abb.2 Leica-Fotographie61
60
Abb. 1: Noah W., Marina del Rey, Kalifornien, , in: iPhone 6 World Gallery:
http://www.apple.com/de/iphone/world-gallery/ (letzter Abruf: 22.07.2015).
61
Abb. 2: Alexander Rodtschenko, Mädchen mit der Leica, 1934, in: Leica Camera Ag, „DER MYTHOS
LEBT WEITER. 100 Jahre Leica Fotografie“: http://de.leica-camera.com/Die-Leica-Welt/100-Jahre-LeicaFotografie/100-Jahre-Leica-Fotografie/Iconic-photos (letzter Abruf: 22.07.2015).
15
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Das Filmen aus der Hand und nebenbei ist, wenn auch keine alltägliche, so aber eine
selbstverständliche Praxis. Auch die Rezeption von extrem bewegter und beschleunigter
Kamera stellt mittlerweile den Standard dar. Eine komplette Neuheit sind beide Aspekte längst
nicht. Sie blicken auf eine lange Entwicklung der Fotografie und des Films zurück, in der die
Geräte stetig schrumpfen und immer leistungsstärker werden. Dieses Kapitel verdeutlicht, in
welcher Tradition das mobile Bilder-Produzieren mit kleinen handlichen Kameras steht und
zeigt Unterschiede zwischen damaliger und heutiger Bildproduktion auf.
Bereits der erste Kinematograph der Gebrüder Lumière erstaunte vor allem deswegen,
weil er Aufnahmegerät, Kopiergerät und Projektor in einem war. Darüber hinaus verband er
diese Funktionen bei einer sehr geringen Größe, wenn man ihn mit den ersten Filmkameras
Thomas A. Edisons vergleicht.62 Obwohl die Kamera beim Filmen noch an einem Ort stehen
musste, wurde der Kinematograph bereits 1895 als Medium zur Abbildung von „wirklichem“
Leben und vor allem Bewegung begriffen. Dies ist folgendem zeitgenössischen Pressebericht,
der einen der ersten Lumière-Filme, die Öffnung des Fabriktors, kommentiert, zu entnehmen:
Das Tor der Fabrik öffnet sich und spült eine Welle von Arbeitern und Arbeiterinnen heraus, mit
ihren Fahrrädern, Hunde laufen umher, Wagen fahren vorbei, dies alles bewegt sich, wimmelt
durcheinander. Das ist das Leben selber, das ist die Bewegung, erfaßt im Moment des Geschehens
[...].63 (QR 5)
Eine weitgehende Mobilisierung der Kamera kann man beim sowjetischen Filmemacher Dziga
Vertov erkennen, der die Kamera und ihre Bilder ständig in Bewegung hält und ungewöhnliche
Perspektiven ausprobiert. Trotzdem bleibt die 35 mm-Kamera bei Vertov immer noch fest auf
dem mittransportieren Stativ verankert.
Exkurs: Dziga Vertov – Kinopravda – Kinoglaz
Abbildungen: Filmstills aus Chelovek's kino-apparatom64
62
Herbert Birett / Heiko R. Blum u.a., Artikel „Kinematographie“ , in: Liz-Anne Bawden (Hg.), rororo
Filmlexikon. Filmbeispiele, Genres, Länder, Institutionen, Technik, Theorie, Filme K-S, Reinbek bei
Hamburg 1983, S. 351 ff.; Herbert Birett / Heiko R. Blum u.a.,, Artikel „Kinetograph“ , in: Bawden (Hg.),
rororo Filmlexikon., S. 353.
63
Karl Prümm, „Allumfassende Ubiquität. Die mobile Filmkamera als revolutionärer Darstellungs- und
Erfahrungsmodus“, in: Martin Stingelin / Matthias Thiele (Hg.), Portable Media. Szenen in Bewegung
zwischen Peripatetik und Mobiltelefon, München 2010, S. 195.
64
Der Mann mit der Kamera R.: Dziga Vertov. UdSSR 1929. Abb. 3: TC: 00:59:49, Abb. 4: TC: 00:15:05,
Abb. 5: TC: 00:46:02.
16
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Im filmästhetischen Kontext der 1920er Jahre erschienen ein Großteil der Schriften des sowjetischen
Regisseurs und Filmtheoretikers Dziga Vertov65, in denen er seine Theorien zur Kinoglaz (dt.
Kameraauge) und Kinopravda (dt. Kinowahrheit) darstellt und einen Weg zur Reinheit des Films
skizziert. Sie erscheinen also in einer Zeit, in der Vsevolod I. Pudovkin und Sergej M. Eisenstein, nicht
nur als führende Regisseure galten, sondern ihre Theorien zur Montage auch die Grundlagen für die
zeitgenössische Filmkunst bildeten.66 Im Unterschied zu jenen interessierte sich Vertov vor allem für
das Dokumentarische im Film und lehnte jegliches Schauspiel ab. Durch die „Ineinanderschiebung der
Künste“67, in der das Filmmaterial nur die Literatur illustriere und sich vom Theater ableite, werde die
Entwicklung einer reinen Filmsprache und eine Artikulation des visuellen Materials, nach der Vertov
strebte, verunmöglicht.68 So suchten die Kinoki69 laut Vertov in der Auseinandersetzung mit Film nach
einem „nirgendwo gestohlenen Rhythmus und finden ihn in den Bewegungen der Dinge.“70
Das Kinoglaz wird als vollkommener als das menschliche Auge aufgefasst, sodass es für das
menschliche Auge unsichtbare Dinge, sichtbar werden lassen kann.71 In seinem berühmtesten Film
Chelovek's kino-apparatom (dt. Der Mann mit der Kamera, QR 6) sieht er sein Kinoglaz-Prinzip
verwirklicht.72 Um die Möglichkeiten des Kinoglaz zu präsentieren, montiert er dort beispielsweise
Zeitlupen mit Zeitrafferaufnahmen und extremen Detailaufnahmen. Es werden keine ganzen Bühnen
gezeigt, sondern eine Vielzahl von Bewegungen aus unterschiedlichen und ungewöhnlichen
Perspektiven. Die Befreiung des Kinoglaz wird im Film sogar bildlich animiert, indem sich die Kamera
auf ihrem Stativ selbstständig bewegt und den Bildraum verlässt. Daneben verzichtete Vertov in
Chelovek's kino-apparatom auf Schauspieler, Sets und Filmstudios und ließ stattdessen seine
Kameramänner, darunter auch seinen Bruder Michail Kaufman73, durch die Sowjetunion reisen und ihm
Filmmaterial von unterschiedlichen Orten mitbringen.74
Kinopravda werde laut Vertov hergestellt, indem „Momente des Nichtspielens“ und „unverhoffte
Aufnahmen“75, in denen Menschen ohne ihre Maske auftreten (weil sie die Kamera z.B. nicht einmal
bemerken), aufgenommen werden.76 Daraus folgt, dass es keine sich durchziehende Handlung gibt und
auch auf die damals üblichen Zwischentitel verzichtet wurde. Die Aufgabe des Regisseurs ist es für
Vertov aus diesen aufgenommen Fakten eine Einheit zusammenzustellen, die die Realität nicht
65
Aus vielen unterschiedlichen Schreibweisen seines Namens, habe ich mich für diese entschieden. Sie
orientiert sich an Dziga Vertov. Schriften zum Film. Vgl. Wolfgang Beilenhoff (Hg.), Dziga Vertov. Schriften
zum Film, München 1973.
66
Vgl. Jerome Philipp Schäfer, „Dziga Vertov und das Kinoauge: Chelovek's kino-apparatom im
filmästhetischen Kontext der 1920er-Jahre“, in: http://cinetext.philo.at/magazine/schaefer/vertov.html (letzter
Abruf: 24.06.2015).
67
Dziga Vertov, „Wir. Variante eines Manifestes“, in: Wolfgang Beilenhoff (Hg.), Dziga Vertov. Schriften
zum Film, München 1973 [1922], S. 7.
68
Vgl. Wolfgang Beilenhoff, Dziga Vertov. Schriften zum Film, München 1973, S. 148.
69
Als Kinoki bezeichnet Vertov die Filmschaffenden, die er in seinem Auftrag mit einer Kamera losschickte.
Er benutzt den Begriff zur Abgrenzung von den Kinematographisten.
70
Vertov, „Wir. Variante eines Manifestes“, S. 7.
71
Vgl. Dziga Vertov, „Kinoki – Umsturz“, in: Beilenhoff (Hg.), Dziga Vertov, [1923], S. 15.
72
Vgl. Dziga Vertov, „Der Mann mit der Kamera“, in: Beilenhoff (Hg.), Dziga Vertov, [1928], S. 115.
73
Dziga Vertovs Geburtsname ist Denis Arkadovič Kaufman, Dziga Vertov (Дзига Вертов) ist sein
Pseudonym. Vgl. Beilenhoff, Dziga Vertov, S. 158.
74
Vgl. Schäfer, „Dziga Vertov und das Kinoauge“.
75
Dziga Vertov, „Kinopravda“, in: Beilenhoff (Hg.), Dziga Vertov, [1934], S. 107.
76
Vgl. ebd.
17
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bereithält. So könnten die Szenen aus ganz unterschiedlichen Orten durch die Montage vermitteln, sie
seien zu einer Zeit an einem Ort entstanden und bildeten diesen ab, so Vertov. Die Montage von Details
mache es möglich, den perfekten Menschen zu bauen, der aus den besten zusammengefügten Details
konstruiert werde.77 Hier werde Vertov, so Jerome Schäfer, oft kritisiert, da diese Art von Montage eher
einer Manipulation als der Abbildung von Wahrheit nahekomme. Doch für Vertov stehe die Wahrheit
des menschlichen Auges keineswegs in Übereinstimmung mit der Wahrheit des Kinoglaz.78 Beilenhoff
beschreibt Vertovs Montage als Reflexion der Realität:
Im Unterschied hierzu [zu Eisenstein, JB] wird in Vertovs Montage das nicht-inszenierte
Faktum und seine Modellierung mittels Montage zu einer politischen Handlung, in der der
79
Film als Reflexion der Realität auftritt.
Dies schaffe er, indem er seine Fakten „tiefgründig beleuchtet, einprägsam, zum Weiterdenken
veranlassend, Raum und Umgebung, den Menschen in dieser Umgebung mit äußerster Klarheit
zeigend“ darbietet und das Material „sinnvoll, assoziativ und verallgemeinert“ 80 montiert.
Die politischen Ambitionen Vertovs Theorie sind leninistisch geprägt und verfolgen von Vertov klar
formulierte Ziele. So sei es nicht sein Anliegen, Kunst zu machen, sondern auf das Bewusstsein der
Arbeitenden mit Fakten einzuwirken und eine „optische (‚Kinoglaz‘) [...] Klassenverbindung zwischen
den Proletariern aller Nationen und aller Länder auf der Plattform der kommunistischen Dechiffrierung
der Welt herzustellen“81.
Für Fotokameras gab es schon ab 1900 handliche Mittelformatkameras, die ein Fotografieren
aus der Hand ermöglichten.82 Im Februar 1900 kam von der Eastman Kodak Company die
erste Brownie-Kamera auf den Markt. Nach eigenen Angaben von Kodak revolutionierte diese
bereits den Amateurbereich.
The first of the famous BROWNIE Cameras was introduced. It sold for $1 and used film that sold
for 15 cents a roll. For the first time, the hobby of photography was within the financial reach of
virtually everyone.83
Mitte der 20er Jahre kam die Kleinbild-Sucherkamera Leica auf den Markt, die in der
Handtasche mitgetragen werden konnte.84 Die Leica diente den Fotografen als Instrument, um
neue Raumordnungen von neuen Positionen zu erforschen. Besonders bei Alexander
Rodtschenko wird deutlich, wie sich seine Fotografie von den traditionellen Bildordnungen
unterscheidet. Zudem stellte die Leica für viele Fotograf_innen nahezu eine Erweiterung ihres
77
Vgl. Vertov, „Kinoki – Umsturz“, S. 18 ff.
Vgl. Schäfer, „Dziga Vertov und das Kinoauge“.
79
Beilenhoff, Dziga Vertov. Schriften zum Film, S. 155.
80
Ebd.
81
Vertov, „Das Prinzip des ‚Kinoglaz‘“, in: Beilenhoff, [1925], S. 29.
82
Vgl. Kathrin Peters, „Entscheidende und andere zufällige Augenblicke. Momentaufnahmen bei Rolf Dieter
Brinkmann und Henri Cartier-Bresson“, in: Stingelin / Thiele, Portable Media, S. 167.
83
Kodak (Hg.), in: http://www.kodak.com/ek/US/en/Our_Company/History_of_Kodak/Milestones__chronology/1878-1929.htm (Stand 30.06.2015).
84
Vgl. Jean-Claude Gautrand, „Die Leica“, in: Michael Frizot (Hg.), Neue Geschichte der Fotografie, Köln
1998, S. 596.
78
18
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Körpers dar, die im Moment des Fotografierens blitzschnell in die Linie zwischen Auge und
Konstellation des zu Fotografierenden eintreten konnte.85 Henri Cartier-Bresson, einer der
wichtigsten Leica-Liebhaber, beschreibt seine Beziehung zur Kamera folgendermaßen:
„Sie wurde zu meinem verlängerten Auge, und ich habe mich seither nie mehr von ihr
getrennt.“86
Exkurs: Alexander Rodtschenko
Die Leica, in den 20er Jahren Rodtschenkos ständiger Begleiter, war das Hauptinstrument für seinen
Protest gegen eine Fotografietradition, die er zu revolutionieren im Sinn hatte. Seine Kritik war aber
nicht nur Fotografie-immanent, sondern durchaus politisch motiviert, mit dem Ziel fototechnische
Bildung und proletarische Zielstrebigkeit in der sozialistischen Gesellschaft herbeizuführen.87 Dafür
solle eine fotografische Sprache entwickelt werden, die gänzlich dem sozialistischen Realismus diene,
so Rodtschenko.88 Durch das Finden von „neuen“ Perspektiven und fotografischen Mitteln sah sich
Rodtschenko in der Lage, die veränderte gesellschaftliche Realität zu erschließen. Dabei beschreibt er
seine Aufgabe wie folgt:
Ich stelle mir die Aufgabe: den Gegenstand von allen Seiten zeigen, hauptsächlich von einem
Punkt aus, von dem aus man ihn noch nicht zu sehen gewohnt ist. Verkürzungen,
Transformationen. Das war kein Fehler, das war notwendig, es wirkte sich positiv auf die
Photographie aus, erfrischt sie, hob sie auf eine neue Stufe.89
Die Transformation findet dabei für Rodtschenko nicht nur in der Fotografie statt, sondern durch sie in
der ganzen Gesellschaft. Die Fotografie sei laut Rodtschenko Mittel einer ästhetischen Erziehung, die
neue Augen und damit eine neue Denkweise und letztendlich einen ganz neuen Menschen entstehen
lassen könne. Der Apparat werde dabei zu einer Erweiterung des Körpers jenes neuen Menschen: „Das
Objektiv des Photoapparats ist die Pupille des gebildeten Menschen in der sozialistischen
Gesellschaft.“90
Die gesellschaftliche Transformation werde im fotografischen Bildraum abgebildet, während die
Norm der Tradition, so Schamma Schahadat und Bernd Stiegler, vereinheitlicht sei
̶ so steht zum
Beispiel die horizontale Linie für „die Gewohnheit, den traditionellen Bildraum und nicht zuletzt für die
organische Orientierung der nebeneinanderstehenden Augen“ und die Vertikale, abgebildet in den
neuen Perspektiven, für „die Stadt, die Erhebung über den Raum und die Technik“91. Der Protest gegen
die
Tradition
der
Fotografie
besteht
Rodtschenko
zufolge
in
einer
Dynamisierung
85
der
Vgl. Peters, „Entscheidende und andere zufällige Augenblicke“, S. 168.
Henri Cartier-Bresson, „Der entscheidende Augenblick“, in: Wilfried Wiegand (Hg.), Die Wahrheit der
Photographie. Klassische Bekenntnisse zu einer neuen Kunst, Frankfurt am Main 1981, S. 269.
87
Vgl. Alexander Rodtschenko, „Das Programm der Photosektion der Vereinigung ‚Oktober‘“, in: Schahadat
/ Stiegler, Schwarz und Weiß. Schriften zur Photographie, München 2011 [1930],
S. 279.
88
Vgl. Alexander Rodtschenko, „Der Umbau des Künstlers“, in: Schahadat / Stiegler (Hg.), Schwarz und
Weiß, [1936], S. 311.
89
Ebd., S. 301.
90
Alexander Rodtschenko, „Aus den Tagebüchern“, in: Schahadat / Stiegler (Hg.), Schwarz und Weiß,
[1934 ff.], S. 419.
91
Schamma Schahadat / Bernd Stiegler, „Nachwort: Experimente für die Gegenwart“, in: Schahadat /
Stiegler (Hg.), Schwarz und Weiß, S. 425.
86
19
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Bildproduktionstechniken und Polyperspektivismus. Seine gestalterischen Mittel dabei fasst er in
folgendem Appell zusammen: „Photographiert von allen Blickwinkeln aus, nur nicht ‚vom Bauchnabel‘
aus, bis all diese Blickwinkel anerkannt sind.“92 Konkret realisiert er dies in starker
Auf- und
Untersicht, schrägen Perspektiven, linearen Strukturen und geometrischen Motiven. Hierin sieht er ein
Mittel der Erweiterung des Begriffs von alltäglichen Gegenständen. So könne ein von unten nach oben
aufgenommener Baum, der einem Industrieschornstein ähnele, die Sicht des „Spießbürger und des alten
Landschaftsliebhabers“93 revolutionieren.
Unter dem Namen Kinamo kam 1921 die erste Handkamera der Firma Ica-AG mit einer weit
höheren Aufnahmekapazität als die kurz zuvor erschienene Ciné-Sept der Firma Debrie auf den
Markt, die in der Lage war, kurze Sequenzen zu drehen.94 Joris Ivens machte sich die neue
Technik für seine Dokumentarfilmpraxis zunutze. Charakteristisch für diese ist, dass durch die
Tragbarkeit der Blick und der Standort des Fotografen sichtbarer hervortreten. Der Bildaufbau
verlagerte sich vom „fixen geometrisch-strategischen Sehpunkt zum körperhaften Blick“95. Mit
der Aufhebung der Distanz zwischen Filmkamera und Filmer, bildete sich die
Körperbewegung des Filmenden im Film ab.96 (QR 7)
Durch die Einführung der Sofortbildkamera 1947, damals mit dem ersten Modell 95 der
bekannten Polaroid, konnte das Aufnehmen eines Fotos seinen Charakter als soziales Ereignis
erhöhen. Anfangs mussten die Fotos zwar noch umständlich mit Klarlack überzogen werden,
die Bilder des Modells SX70, welches 1974 auf den Markt kam, konnten dafür aber innerhalb
von Sekunden entwickelt werden.97 Sie sind sofort verfügbar, sodass sich ein „situatives
Zusammenspiel“98 zwischen aufgenommenem Ereignis und der Lust am Bestaunen der Bilder
ergibt.99
Eine neue Generation von leichten, tragbaren Kameras fachte nach dem zweiten Weltkrieg
die Entstehung einer Reihe von Low-Budget-Produktionen an, unter denen besonders
nennenswert all jene der französischen Nouvelle Vague sind.100 Dank der Erschwinglichkeit,
Unmittelbarkeit und besseren Verfügbarkeit, fiel es nun leichter, mit dem Filmmaterial zu
experimentieren.101 François Truffauts manifestartiger Text „Une certaine tendance du cinéma
92
Alexander Rodtschenko, „Das große Analphabetentum oder eine kleine Gemeinheit?“, in: Schahadat /
Stiegler (Hg.), Schwarz und Weiß, [1928], S. 209.
93
Ebd., S. 216.
94
Vgl. Prümm, „Allumfassende Ubiquität“, S. 199 f.
95
Ebd.
96
Vgl. ebd.
97
Vgl. Gunnar Troitsch, „Foto? Sofort! Polaroid SX-70“, in: Nemo Magazin, http://nemomagazin.de/images/nemo0114leseprobe.pdf (letzter Abruf: 30.05.2015), S. 12f.
98
Sandro Zanetti, „Tragbarkeit, Momentaufnahmen, Mediensprünge. Unterwegs mit der Polaroid-Kamera“,
in: Stingelin / Thiele (Hg.): Portable Media, S.184.
99
Vgl. ebd.
100
Vgl. Leo Berkeley, „Tram Travels : Smartphone Video production and the Essay Film“, in: Berry /
Schleser (Hg.), Mobile Media Making in an Age of Smartphones, S. 29.
101
Vgl. Laura Rascaroli, „The Self-Portrait Film: Michelangelo's Last Gaze“, in: Alisa Lebow (Hg.), The
Cinema of Me: The Self and Subjectivity in First Person Documentary, London / New York 2012, S. 59.
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francais“102, der das Konzept der „camera stylo“ aufnimmt, begründet sich auf der Idee, mit
der Kamera umzugehen, wie der Autor mit seinem Stift.103 Er stellt eine der theoretischen
Grundlagen der Nouvelle Vague dar und daneben einen Wendepunkt in der französischen
Filmkritik.104 Dieser Text und die nachfolgenden Cahiers du cinéma entwarfen eine „politique
des auteurs“105, in der das Konzept eines Filmemachers eines ist, dass seine persönliche
Weltsicht nicht hauptsächlich durch den Inhalt, sondern vor allem durch den Stil zum
Ausdruck bringt.106
Mit den Schmalfilmkameras (Super 8, 16 mm etc.) kam die filmische Praxis ins
Wohnzimmer
und
erinnerungswürdige
Momente
konnten
nahezu
von
jedermann
aufgenommen werden. Es wurde damit geworben, dass Super-8-Kameras durch eine nie
dagewesene einfache Bedienbarkeit („zwei, drei Handgriffe“107) überzeugen, um eine
gelungene Filmszene zu drehen.108
1967 brachte Sony schließlich das Portapak-Videoequipment für den Heimgebrauch
heraus. Die portable, miniaturisierte und leicht handhabbare Kamera macht es möglich, das
Gefilmte via einen weiteren Rekorder gleich anzusehen. Die Technik entwickelte sich schnell
weiter, sodass Aufnahmezeiten immer länger wurden und das Equipment sich in der Größe
reduzierte. Dies mündete in den 1990er Jahren in Camcorder mit Speicherchips, die dann im
eigentlichen Sinn zu Handkamera wurden. Das Bild konnte im Unterschied zum Portapak nun
losgelöst vom Auge aufgenommen werden, indem man über das Display mitverfolgte, was
gerade aufgezeichnet wurde. Durch die digitale Videoaufnahme wurde das Aufzeichnen von
Film außerdem nun deutlich günstiger.109
102
Im Text teilt Truffaut die französische Filmlandschaft in zwei Lager. Auf der einen Seite steht das, was
man so hübsch die Tradition der Qualität nennt. Vgl. François Truffaut, „Eine gewisse Tendenz im
französischen Film“, in: Theodor Kotulla (Hg.), Der Film. Manifeste, Gespräche, Dokumente, München
1964, S. 123 f. Damit sind die professionellen Regisseure der französischen Kinoindustrie gemeint, denen
Truffaut im Text ein mangelndes Interesse am verfilmten Stoff, sowie „Rückzug auf preisträchtige
literarische Vorlagen und technische Perfektion, gepaart mit schlüpfrigem Voyeurismus“ (Simon Frisch,
Mythos Nouvelle Vague. Wie das Kino in Frankreich neu erfunden wurde, Marburg 2011, S. 65.)
nachweisen möchte. Für die andere Seite arbeitet er auf Wunsch von André Bazin eine Vision des Kinos der
Autoren heraus, deren Filme sich durch persönliches Interesse auszeichneten und dessen Filmemacher
Verantwortung für die Welt, die sie erschaffen übernähmen. Er wendet sich hier gegen den Einfluss der
Drehbuchautoren und fordert mehr Eigenanteil der Regisseure. Vgl. ebd., S. 70.
103
In einem der wichtigsten filmgeschichtlichen Texte „Naissance d'une nouvelle avant-garde: la camérastylo“ (dt. Geburt einer neuen Avantgarde: die Kamera als Federhalter), veröffentlicht 1948 im Écran
français, stellt Alexandre Astruc sein Konzept der caméra stylo vor. Gelesen in seinem zeitgeschichtlichen
Kontext, ist er als Abwendung von zeitgenössischer Filmindustrie und ihren gängigen handlungsorientierten
Filmprodukten zu sehen, die standardmäßig von mehreren Autoren zusammen mit Regisseuren,
Kameraleuten, Produzenten und weiterem Team entwickelt wurden. Vgl. Klaus Peter Walter, „Das ‚Cinéma
des auteurs‘ und die Nouvelle Vague“, in: Joachim-Felix Leonhard / Hans-Werner Ludwig u.a. (Hg.):
Medienwissenschaft. Ein Handbuch zur Entwicklung der Medien und Kommunikationsformen, 2. Band,
Berlin / New York 2001, S. 1232.
104
Vgl. Frisch, Mythos Nouvelle Vague, S. 63.
105
Ebd., S. 86.
106
Vgl. ebd.
107
Max Abegg, Alles über Film und Filmen. Von der Flimmerkiste zum Super-8-Heimkino, Stuttgart 1968,
S. 25.
108
Vgl. ebd.
109
Vgl. Prümm, „Allumfassende Ubiquität“, S. 211.
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Die Entwicklung des mit Kamera ausgestatteten Handys verzog sich verhältnismäßig
schnell. Schon um 1990 konnten Handys in Massenproduktion für den allgemeinen Gebrauch
hergestellt werden und 1993 wurde der Short Messaging Service (SMS) eingeführt. Während
in Japan schon 1999 Handys mit integrierter Kamera auf den Markt kamen, dauerte es in
Deutschland noch bis 2002, bis das Nokia 7650, das Panasonic EB-GD87 und das Sharp GX10
verkauft wurden. Mit einer Auflösung von unter 0,3 Megapixeln und Displays mit 101 x 80
Pixeln war die Qualität mit heutigen Smartphones nicht zu vergleichen und auch an
Videoaufnahme war noch nicht zu denken. Die Entwicklung der Mobiltelefone ging jedoch
derart schnell, dass sich bereits 2007 mit dem ersten Apple iPhone eine Entwicklung hin zu
einer Perfektionierung von jenen abzeichnete.110 Handys mit Beamer-Funktion gibt es seit
2012 auf den Markt, sodass jede Fläche im öffentlichen Raum bei gegebenen
Lichtverhältnissen zur personalisierten Leinwand werden kann. Damit bleibt das FilmeSchauen auf dem Handy nicht mehr notgedrungen auf das kleine Display begrenzt, wobei diese
neuen Handys bisher selten im Stadtbild gesehen werden. Eine Alternative zur kleinen
Handykamera ist die noch kleinere GoPro-Kamera, die sich besonders zur Einbindung in
Bewegung eignet und daher vor allem zum Filmen von sportlichen Aktivitäten eingesetzt wird.
Zudem wird der Markt der Amateur-Filmer_innen und –Fotograf_innen gerade von KameraDrohnen erobert, die das Repertoire an möglichen Perspektiven erweitern und die
Voraussetzungen für neue ungewohnte Kamerafahrten schaffen.
Insgesamt vereint das Handy damit unterschiedliche Aspekte, die in der Geschichte bereits
isoliert auftraten. Die Besonderheit des Handys ist, dass es nicht primär für die Fotoaufnahme
mitgenommen wird, sondern durch das Vereinen seiner Funktionen und besonders seiner
Kommunikationsfunktionen halber. Durch das ständige Mitführen erlaubt es dadurch sehr
spontane Bildproduktion. Die Integration der Kamera in das Handy macht das Filmen zu einer
ausgesprochen kostengünstigen Variante, um kurze Sequenzen aber auch längere Filme zu
produzieren. Dabei steht das Handy in der Tradtition der Leica, die schon damals in der
Handtasche mitgeführt wurde. Wie sie auch, erlaubt das Handy durch die geringe Größe das
Fotografieren und Filmen aus ungewöhnlichen Positionen. Wie bei der Portapak ist das Auge
bei der Aufnahme vom Sucher gelöst und das aufgenommene Bild kann auf dem Display
direkt mitverfolgt werden. Das gemeinsame Aufnehmen eines Selfies kann in der Tradition der
Polaroid-Kamera zum sozialen Ereignis werden und bietet die Möglichkeit das Foto direkt auf
dem Display anzuschauen. Nicht nur Fotos, sondern auch aufgenommene Videos können auf
dem Display überall wiedergegeben werden, sodass das Handy, wie der erste Kinematograph,
Aufnahme- und Abspielmedium in einem ist, jedoch bei wesentlich geringerer Größe und
Gewicht. Auch das Vervielfachen von Videos über Bluetooth, Messaging-Dienste oder das
Internet ist mit dem Handy deutlich vereinfacht. Es ist also gleichzeitig Aufzeichnungs-,
110
Vgl. Adam Kossoff, „The Mobile Phone and the Flow of Things“, in: Berry / Schleser (Hg.), Mobile
Media Making in an Age of Smartphones, S. 36.
22
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Speicher-, Wiedergabe- und Übertragungsmedium. Dabei lässt sich seine Hybridität in zwei
Stränge zusammenfassen: Zum einen ist es ein Gerät der Rezeption von Medien, des Konsums
und des Empfangs von Zeichensystemen und zum anderen eines der medialen Produktion,
Aufzeichnung und des mobilen Sendens von Medieninhalten.111
Während dieses Kapitel zum Ziel hatte, die Gemeinsamkeiten zu früheren Kameras und
Fotoapparaten darzulegen, stellen die folgenden Kapitel die Besonderheiten des Handys weit
mehr in den Vordergrund.
111
Vgl. Paul Levinson, Cellphone. The Story of the World's Most Mobile Medium and How it Has
Transformed Everything!, New York 2004, S. 16–29.
23
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
4. Kulturwissenschaftliche Diskurse zum Handy
Portabilität / Mobilität
Wegen seiner weiten Verbreitung, geringen Größe und der Möglichkeit des ständigen Tragens
am Körper ist das Handy für die vorliegende Arbeit von weit größerer Bedeutung als andere
mobile Endgeräte, mit denen Medien produziert werden können. Das Potenzial von Handys
entfaltet sich vor allem dann, wenn die Medientechnik in Bewegung und in dynamische
Situationen eingebunden ist.112 Größter Konkurrent der Handys ist in diesem Kontext der
Tablet-PC. Durch dessen Größe ist jener aber seltener stets zur Hand und ebenso wenig in der
Hosentasche mitzuführen, weshalb für die vorliegende Untersuchung gerade solche Projekte
ausgesucht wurden, in denen es ausdrücklich um Kamerahandys geht. Gegenüber den bereits
präsentierten Kleinkameras und frühen Kamerahandys besitzen geläufige Smartphones eine
Reihe von Funktionen, die über die Möglichkeit zum mobilen und preisgünstigen
Fotografieren hinausreichen. So kann zum Beispiel direkt auf dem Gerät geschnitten, die
Farben sowie Formen des aufgenommenen bearbeitet und das Gedrehte sofort geteilt werden
(z.B. bei WhatsApp, Facebook, Instagram). Dadurch kann von anderen Nutzer_innen von
Online-Plattformen oder Freunden, denen die Medien geschickt wurden auch zeitnah Feedback
gegeben werden.
Das persönliche Medium
Die Miniaturisierung der Handygeräte führt dazu, dass das Mobiltelefon wie ein Teil der
Kleidung oder gar der Haut am Körper getragen werden kann. Matthias Thiele beschriebt das
Handy als einen „affektiv besetzten Begleiter“113, der bei vielen Menschen schon mit dem
Weckruf und der Schlummer-Taste frühmorgens in den Alltag integriert und erst unmittelbar
vor dem Schlafen-gehen wieder beiseitegelegt werde.114 So füge sich das Handy in das
Körperbild des Menschen ein und werde als „Teil des eigenen Leibes, wie ein Organ,
wahrgenommen und empfunden“115.
112
Vgl. Thiele / Stingelin, „Von der Schreibszene zur mobilen Aufzeichnungsszene“, S. 8.
Matthias Thiele, „Cellulars on Celluloid – Bewegung, Aufzeichnung, Widerstände und weitere Potenziale
des Mobiltelefons. Prolegomena zu einer Theorie und Genealogie portabler Medien“, in: Stingelin / Thiele
(Hg.), Portable Media, S. 290.
114
Vgl. ebd.
115
Ebd.
113
24
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Jane Vincent bezeichnet das Handy als „fetischartiges Symbol“116, das das Leben der
Nutzer_innen ständig reflektiere und ihnen dabei helfe, ihre Persönlichkeit zu artikulieren.
Befragte Handynutzer_innen verspürten, so Vincent, eine starke Abhängigkeit von ihrem
Gerät,117 welches
sie
durch
Adressbuch,
Klingeltöne,
Apps,
Notizen,
Fotos
etc.
personalisierten. Die Sonderstellung, die das Handy gegenüber anderen Geräten habe, wird
folgendermaßen beschrieben:
Wir interagieren mit ihm so, wie wir es mit anderen Computergeräten nicht tun. Wie liebkosen es,
wir umklammern es in Krisensituationen, jederzeit bereit, es zu benutzen, um Liebe und Trost zu
holen, und wir wissen, dass es unsere Lieben genauso machen, möglicherweise sogar zur selben
Zeit.118
Was hier in der Verwendung von „wir“ sehr überspitzt ausgedrückt wird, ist jedoch sicherlich
bei einigen Personen als Praxis zu beobachten. Insgesamt lässt sich feststellen, dass das Handy
gerade durch das Versenden von emotionalen Sprachnachrichten, Empfangen von Anrufen und
den verschiedenen Möglichkeiten, das Gerät für die persönlichen Zwecke einzustellen, weit
mehr als andere Geräte ein persönliches Medium ist.
Nutzungspraktiken von Handyfilm und -fotografie
Durch die ständige Einbindung des Handys in den Alltag wundert auch das beiläufige
Handyfotografieren von Menschen an unterschiedlichen Orten nicht mehr. Die Kamera fällt
kaum auf und muss auch nicht versteckt werden. Trotzdem funktioniert die Handhabung leise
und unbemerkt. Mit dem Handy lässt es sich sogar wie eine Art Spion fotografieren und dann
umso
schneller
Eingefangenes
publizieren.119
Daher
ist
nur
logisch,
dass
dem
Handyjournalismus eine nicht unbedeutende Rolle selbst in den großen Medienanstalten
zukommt.
Das ständige zur-Hand-Sein des Gerätes hat, so Bettina Bannasch, den Effekt, Wartende
vom Ort zu erlösen und damit auch von der temporären Zweck- und Sinnfreiheit des Wartens,
indem es die Zeiten der Langeweile tilgt.120 Mit der ständigen Nutzung des Handys erhielt
besonders das Fotografieren, mittlerweile auch die Aufnahme von Videos, eine neue Rolle im
Alltag. Die Handykamera ändere Robert Vitulano zufolge den Umgang mit Fotografie
grundsätzlich, indem es die Handybesitzer_innen in „producer of identity through the
exploration of the immediate“121 verwandele. Die Rolle der Fotografie verschiebt sich hier
vom Fotografieren auf besonderen Anlässen (durch die eigens dafür eingepackte Digicam) hin
116
Jane Vincent, „Emotionale Bindungen im Zeichen des Mobiltelefons“, in: Peter Glotz / Stefan Bertschi
u.a. (Hg.), Daumenkultur. Das Mobiltelefon in der Gesellschaft, Bielefeld 2006, S. 138.
117
Vgl. ebd., S. 136.
118
Ebd., S. 139.
119
Vgl. Thiele, „Cellulars on Celluloid“, S. 302.
120
Vgl. Bettina Bannasch, „Anrufungen oder Was macht das Telefon im Buch?“, in: Stefan Münker /
Alxander Roesler (Hg.), Telefonbuch. Beiträge zu einer Kulturgeschichte des Telefons, Frankfurt am Main
2000, S. 84; Vgl. Thiele, „Cellulars on Celluloid“, S. 288 f.
121
Robert Vitulano, „Creating Cellular Vision: Cell Phone Photography and the (Shifting) Photographic
Eye“, in: McMaster Journal of Communication (2011), Nr. 6, S. 120.
25
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zum Fotografieren von Banalitäten des Alltags, wie dem Mittagessen oder der
Bahnverspätungs-Anzeige an der U-Bahn-Station. Das Fotografieren des „ordinary rather than
the extraordinary“122 stellt somit ein größeres Interesse der Handyfoto- und videografie dar.
Leo Berkeley sieht darin eine Möglichkeit, das alltägliche Leben aus anderer Perspektive
zu erkunden und fragmentarische Momente des Lebens medial einzufangen und Dean Keep
spricht dabei von einer Reflexion über das Medium Fotografie an sich:
Photographs of meals enjoyed [...] indicate new ways of thinking about the way we use photography
in our daily lives, rather than viewing photography as a static medium to be framed and hung on the
wall.123
Konkret ist das Handy zum Fotografieren und Filmen von Routinen sowie zum Filmen
unterwegs mit „notions of personal, immediate und intimate qualities“124 besonders geeignet.
Auch können beiläufig oder auch ganz bewusst aufgenommene Selbstporträts im Speicher wie
eine Art Tagebuch über Jahre hinweg wirken, die über die GPRS-Funktion sogar kartiert
werden können.125
Die schnelle Foto- oder Film-Aufnahme könnte als Ablösung der von Roland Barthes
beschriebenen „Mikrotechnik der NOTATIO“126 gesehen werden:
[...] das Heft, nicht groß [→ Taschen? moderne Kleidung, keine Jacketts mehr =/= die Hefte
Flauberts, länglich, aus schönem schwarzen Moleskin; diejenigen Prousts. Im Sommer weniger
Notizen!] → Schreibgerät: Kugelschreiber [Schnelligkeit: nicht erst aufschrauben müssen]: es ist kein
wirkliches Schreiben [Druck, Muskel], macht aber nichts, denn die NOTULA ist noch keine Schrift
(=/= NOTA, die übertragene Notiz). All das soll heißen: das Bild einer einzigen, fließenden Geste,
mit der das Notizheft hervorgezogen wird, sofort an der richtigen Stelle aufgeschlagen, so daß
Schreiber augenblicklich losschreiben kann: so wie ein Gangster seinen Colt zieht (vgl. die Technik
der freihändig gezückten caméra stylo: doch es geht nicht darum, etwas zu zeigen, sondern den Keim
eines Satzes entstehen zu lassen […].127
Eben die Aspekte, die das Handy zum unkomplizierten Medienproduktionsgerät werden
lassen, beschreibt auch Barthes für das Einfangen der vorsprachlichen Ideen:
•
•
•
Die geringe Größe des Mediums
Die Schnelligkeit in der Handhabung (bei den neueren iPhones lässt sich zum
Beispiel die Fotofunktion durch ein Wischen über den Bildschirm aktivieren, ohne
überhaupt den Pin-Code zum Entsperren einzugeben)
Die geringe Anstrengung beim „Notieren“ (Antippen des Bildschirms zur
Aufnahme von Fotos beim Smartphone)
Das mitgeführte Gerät bietet Nutzer_innen aber nicht nur die Möglichkeit, Fotos und Videos
zu produzieren, sondern auch jene zu rezipieren. Nicht selten, begegnet man in Bus und Bahn
sitzenden Menschen, die ihre Handys dazu nutzen, die neusten Kinofilme zu sehen. Die
BlackBox des Kinos ist hier scheinbar passé. Doch lässt sich der Rezeptionsmodus im Kino
122
Berkeley, „Tram Travels“, S. 26.
Keep, „Artist with a Camera-Phone“, S. 18.
124
Berkeley, „Tram Travels“, S. 28.
125
Vgl. Keep, „Artist with a Camera-Phone“, S. 219.
126
Roland Barthes, Die Vorbereitung des Romans. Vorlesungen am Collège de France 1978–1979 und
1979–1980, Éric Marty (Hg.), Frankfurt am Main 2008, S. 153.
127
Ebd.
123
26
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und vor dem Handy nur schwerlich vergleichen. Eine detaillierte Untersuchung, wie sich die
Filmerfahrung auf dem Handy vom Dispositiv Kino128 unterscheidet wurde bereits durch
andere Autoren beschrieben und soll hier nur stichpunktartig festgehalten werden:
Die Filmerfahrung auf dem Handy findet im halböffentlichen Raum statt. Es gibt wenig
Isolierung von der Umgebung, sodass es schwer fällt, die Konzentration auf das Gezeigte zu
bewahren.129 Das Filmische aus dem Gezeigten isoliert wahrzunehmen ist auch dadurch
erschwert, dass uns die Handybildschirme zur Präsentation von so unterschiedlichen Produkten
vertraut sind: Werbeclips, Musikvideos, YouTube-Clips, etc. Es komme, so Francesco Casetti,
zu
einem
„Überlagerungseffekt“130,
Aufmerksamkeit“
131
der
die
Zuschauer_innen
ihre
„Multitasking-
aktivieren lasse, sodass sie mehrere Objekte gleichzeitig verfolgten. Dabei
gehe es mehr darum, das Große und Ganze zu überblicken und nicht um Einzelheiten und
Details.132 Daneben gebe es im Normalfall keine abgedunkelte Umgebung, die „Leinwand“ ist
nur klein und auch der gemütliche Sessel fehlt.133
Casetti beschreibt die Filmerfahrung auf dem Handy daher als „Kinoerfahrung jenseits des
Kinos“134, auch wenn neuere Smartphones das HD-Kinoformat in den Maßen ihres Displays
adaptieren. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch eine „Zurück-zum-KinoErfahrung“135 mittels des Handy gemacht werden könne, wenn es den Schauenden gelinge, die
Differenzen auszuklammern und trotzdem eine gefühlsintensive Haltung gegenüber dem
Display aufzubauen.136
Empirischer Forschungsstand zum Handy in der Alltagskultur
Das Handyvideo befreit sich nur allmählich von seinem schlechten Ruf, der ihm nicht zuletzt
durch Gerichtsprozesse von unautorisierten Filmaufnahmen Jugendlicher, durch Happy
Slapping-Videos oder durch Cybermobbing-Skandale anlastet. Die JIM-Studie 2014 erhob,
dass 29 Prozent der Befragten schon einmal im Freundeskreis mitbekamen, dass derartige
Inhalte verschickt wurden und 14 Prozent selbst schon ungefragt solche Inhalte zugestellt
bekamen.137 Trotzdem wird sich in der Forschung nun zunehmend den positiven Aspekten der
128
Dispositiv hier verstanden wie bei Jean-Louis Baudry als das topische und technische Arrangement der
Filmvorführung. Es hat in seinem Verbindung von Film und Zuschauer_innen einen Anteil an der Wirkung
des Films und zeichnet sich durch die einen Black Cube mit großer Projektionsfläche aus, vor der die
Zuschauer_innen immobil angeordnet sind. Hinter ihren Köpfen befindet sich für sie unsichtbar der
Projektor. Vgl. Jean-Louis Baudry, „Das Dispositv: Metapsychologische Betrachtungen des
Realitätseindrucks“, in: Claus Pias / Joseph Vogl u.a.., Kursbuch Medienkultur: die maßgeblichen Theorien
von Brecht bis Baudrillard, Stuttgart 1999, S. 387 ff.
129
Vgl. Francesco Casettti, „Relokation des Kinos“, in: Winfried Pauleit / Christine Rüffert u.a. (Hg.),
Filmerfahrung und Zuschauer : zwischen Kino, Museum und sozialen Netzwerken, Berlin 2014, S. 71.
130
Ebd.
131
Ebd.
132
Vgl. ebd.
133
Vgl. Alexandra Schneider, „‚Das Kino ist das Theater, die Schule und die Zeitung von morgen‘: Eingänge
zu einer Mobilitätsgeschichte des Kinos“, in: Stingelin / Thiele (Hg.), Portable Media, S. 226.
134
Casetti, „Relokation des Kinos“, S. 71.
135
Ebd.
136
Vgl. ebd.
137
Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, „JIM 2014", S. 52.
27
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Medienproduktion gewidmet. So erhoben Oliver Reuter und Melanie Stimpfle im Rahmen der
Studie Mobile Bilder III an der Universität Augsburg bereits 2009 mit geringer Stichprobe von
Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren, dass zu den häufigsten Praktiken mit dem Handy
vielmehr die Aufnahme von performativen oder akrobatischen Akten, wie Tricks mit dem
Skateboard, oder kurzen Inszenierungen zählen. Es werden subjektiv bedeutsame Situationen
dokumentiert, die meist ohne Bearbeitung auf dem Gerät verbleiben und Freund_innen beim
Zusammentreffen gezeigt werden.138 Es gibt unter den Befragten aber – wenn auch wenige –
Handybesitzer_innen, die ihr Rohmaterial schneiden, Vor- und Abspann einfügen und es mit
Text versehen. Sie stellen intentional Filme her, indem sich das Material collagieren, ordnen
und eine Plattform zur Präsentation finden.139
Ute
Holfelder
und
Christian
Sozialanthropologie
und
Empirische
Ritter
erforschen
Kulturwissenschaft
in
Zürich
das
am
Institut
audiovisuelle
für
Artefakt
„Handyfilm“ und die mit seiner Herstellung, Verbreitung, Archivierung und Rezeption
verknüpften sozialen Praktiken anhand einer empirischen Untersuchung mit schweizerischen
Jugendlichen. Handyfotos erscheinen in ihrer Forschung als Mittel der Berichterstattung, als
Hilfe bei der Organisation des Alltags (zum Beispiel beim Kleidereinkauf) oder zur
Behauptung des sozialen Status, um anhand der Fotos zu belegen, „dass man da war“140.
Handyfilme dienten, so Holfelder und Ritter, vor allem der Herstellung von Sozialität, indem
man sich gegenseitig filme, gemeinsame Erlebnisse dokumentiere, die Filme gemeinsam
anschaue und gemeinsam verhandele, was face-to-face oder über soziale Netzwerke erfolgen
kann.141
Das Handyfilmen erscheine hier gegenüber dem Fotografieren mit dem Gerät als neuere
Kulturtechnik, die noch nicht in gleichem Maße wie die Produktion von Fotos veralltäglicht
sei.142 Handyfilme werden relativ zeitnah in die soziale Interaktion integriert und weniger aus
der Retrospektive betrachtet und seien damit mehr Mittel der Kommunikation als der
Erinnerung.143 Im Handyfilm scheinen Inhalt und Ästhetik zudem weit weniger codiert
wahrgenommen zu werden, als es im Handyfoto der Fall ist. Es zeige sich nicht wie beim
Handyfoto eine Konvention darüber, was „gute Bilder“ oder „richtige Posen“ seien.144
Handyfilme sehe man als Alternative zur Fotografie, um „das eigene ‚In-der-Welt-Sein‘ über
die Raum- und Zeit-Erfahrung des fotografischen Moments hinaus als Bewegung und
138
Vgl. Oliver Reuter / Melanie Stimpfle, „Mobile Bilder III. Kleine empirische Studie zur Produktion von
Filmen mit dem Handy durch Jugendliche“, in: Universität Augsburg, opus.bibliothek.uniaugsburg.de/opus4/files/1221/mobile_bilder_III.pdf (letzter Abruf: 19.05.2015), S. 26 f.
139
Vgl. ebd., S. 33 f.
140
Vgl. Christian Ritter, „Handyfilme – Gefährdete Jugend oder Ressource für jugendkulturelles
Identitätsmanagement?“, in: 6. Kongress für Kinder- und Jugendförderung, Engelberg 09.07.2013,
http://www.infoklick.ch/media/kommunikation/website/projektwebsites/sommerakademie/2013/di_workshop_
3/Folie_Ritter_web.pdf, S. 28 (letzter Abruf: 22.07.2015).
141
Vgl. Holfelder / Ritter, „Filmen im Alltag“, S. 21 ff.
142
Vgl. ebd., S. 18.
143
Vgl. ebd., S. 21.
144
Vgl. ebd., S. 22.
28
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Kontinuität wahrzunehmen“145. Jedoch werden die Handyfilme von den Jugendlichen bewusst
von künstlerischen Artefakten unterschieden. So bleibt den Autoren_innen auch fraglich, ob
der Handyfilm wirklich als Mittel dienen kann, um künstlerischen Praktiken Eingang in die
jugendkulturelle Alltagskommunikation zu gewähren, da hier kaum Experimente und
Grenzverlagerungen erprobt werden.146
145
146
Ebd., S. 23.
Vgl. ebd.
29
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
5. Die ausgewählten Handyfilmprojekte
Dieser Teil der Arbeit widmet sich der Darstellung der ausgewählten Handyfilmprojekte
MobileMovie und 24 Frames 24 Hours. Die Darstellungen erfolgen mit dem Anspruch von
Wertneutralität anhand der den Projektbeschreibungen entnommenen Informationen sowie
durch die von den Projektinitiatoren in mit mir geführten Interviews gemachten Ergänzungen.
Bereits im Jahr 2014 hab ich zusammen mit meiner Forschungspartnerin zum Thema
„Potenziale mobiler Endgeräte im Kunstunterricht“ im Rahmen der Forschungswerkstatt an der
Universität Hamburg mit Projektinitiator Klaus Küchmeister über sein Projekt MobileMovie
gesprochen. Im Juni 2015 erhielt ich von dem sich zu der Zeit in Neuseeland befindenden Max
Schleser ein Video, in dem er meine zuvor zugesandten Fragen zum Projekt 24 Frames 24
Hours beantwortet.147
Die Darstellung der Projekte ist dreigliedrig und umfasst:
1. Den organisatorischen Rahmen der Projekte (Modalitäten, Teilnehmer_innen,
zeitlicher Rahmen)
2. Das didaktische Vorgehen
3. Die Präsentation der Ergebnisse des Projektes
MobileMovie
Das gerätespezifische Potenzial des Kleingerätes Handy nutzbar zu machen, ist die
Ausgangsidee des Hamburger Handyfilm-Projektes MobileMovie. Dazu werden einerseits die
hohe Verfügbarkeit von Geräten unter den Schüler_innen genutzt und zum anderen die geringe
Größe des Handys, um es ohne Stativ an ungewöhnlichen Orten, am eigenen Körper oder an
Objekten anzubringen.148
Von 2010 bis 2013 wurden zur Durchführung des Projektes Lehrkräfte in speziellen
Workshops geschult, die MobileMovie anschließend zusammen mit beiseite gestellten
147
148
Die Transkripte zu Interviews und Video sind im Anhang der Arbeit zu finden.
Vgl. Anhang, S. 2.
30
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Medienpädagog_innen an ihren Schulen mit ihren Klassen durchführten.149 Das Thema
Mobilität tritt beim Projekt in drei Aspekten auf. Die Schüler_innen nehmen die Filme mobil
auf, des Weiteren bilden die bewegten Aufnahmen diese Mobilität ab und schließlich werden
die Handyfilme auch wieder mobil auf Infoscreens und im Fahrgastfernsehen der Hamburger
Hochbahn präsentiert. Daneben wurden die Clips auch auf YouTube hochgeladen.150
Insgesamt setzt sich MobileMovie zum Ziel, die Handyfilmtechnik kreativ im Kunstunterricht
zu verankern und die Medienkompetenz der Schüler_innen zu fördern.151
Didaktisches Vorgehen in MobileMovie
Auslöser für die filmische Arbeit, so beschreibt Küchmeister, sei es vorerst, die Schüler_innen
von ihren gewohnten Rezeptions- und Produktionsweisen von Clips und Filmen
wegzubringen.152 Sie filmten oft wie sie es aus dem Fernsehen kannten und es sei schwer
gewesen, sie zu motivieren, andere Positionen mit der Kamera einzunehmen, um andere
Perspektiven zu erhalten. Das Fotografieren von Selfies unterscheide sich von dieser Praxis, da
hier gerade eine ungewöhnliche Perspektive gewählt werde und durch das Fehlen von
Frontkameras früher Handys auch unvorhersehbare Fotos entstünden.153 Die Ablösung des
Auges vom Objektiv bzw. vom Display werde im Montieren des Gerätes am eigenen Körper
oder an Objekten vorangetrieben, sodass nicht mehr zwangsläufig der oder die Schüler_in
Protagonist_in des Films sei, sondern die „subjektive“154Sicht des jeweiligen Körperteils oder
Objektes.155
Den Umgang mit kleinen Geräten kannte Küchmeister dabei schon aus der Geschichte der
Fotografie und bezieht sich hier explizit auf Rodtschenko und auch auf das Konzept der
camera stylo zum Experimentieren mit Leica oder anderen kompakten Kameras. Was die
Möglichkeiten früher Filmemacher_innen jedoch von den heutigen unterscheide, so
Küchmeister, sei die noch weit geringere Größte der Geräte heute. Von der gängigen
Videodidaktik, die von neueren medienpädagogischen Ansätzen einfach auf das Handy
übertragen wurden, versucht sich Küchmeister dabei abzugrenzen und einen gerätespezifischen
149
Vgl. Andreas Hedrich / Klaus Küchmeister, „Handyfilme. MobileMovie“, in: Eike Rösch / Kathrin
Demmler u.a. (Hg.), Medienpädagogik Praxis. Handbuch. Grundlagen, Anregungen und Konzepte für Aktive
Medienarbeit, München 2012, S. 345.
150
Vgl. Anhang, S. 3 f.
151
Vgl. Hedrich / Küchmeister, „Handyfilme“, S. 345.
152
“Clip“ bezeichnet den Ausschnitt aus einem längeren Film oder Video, kann aber auch synonym mit
„Musikvideo“ benutzt werden. So finden wir beispielsweise bei YouTube eine Vielzahl von Clips. Der
Begriff Handyvideo betont die (digitale) materielle Basis des Mediums, das „digital video“, während
Handyfilm, auch wenn es sich dennoch um digital produzierte Bilder handelt, die kulturelle Praxis „Film“ in
den Vordergrund stellt. Da es in dieser Arbeit vor allem auch um den Einsatz der Videofunktion in einer
kulturellen Praxis geht, wähle ich daher durchgängig die Formulierung „Handyfilm“.
153
Vgl. Anhang, S. 1 f.
154
In Anlehnung an den Filmbegriff „Subjektive Kamera“ oder den „point-of-view-Shot“, der für die
Wiedergabe des „Blicks“ einer Figur genutzt wird, indem der Kamerastandort dem Standort der Figur
entspricht. Vgl. Edward R. Branigan, Point of View in the Cinema. A Theory of Narration and Subjectivity,
New York 1984, S. 103.
155
Vgl. Anhang, S. 2, 7.
31
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Ansatz zu entwickeln. Daher gibt es weder ein zwangsläufiges Erarbeiten von Drehbüchern
oder Storyboards vor dem „Dreh“, noch die gängige Rollenverteilung in Kamera, Regie,
Schauspiel, Ton etc.156 Mit einer relativ offenen Aufgabenstellung werden Bilder erzeugt, die
viel mehr das Experiment und das zufällige Ergebnis in den Vordergrund stellen.157 Im
Gegensatz zu häufig verwendeten filmsprachlichen Mitteln, wie der Schuss-GegenschussMontage zur Darstellung von Gesprächsszenen, könnten die Schüler_innen hier nicht wirklich
vorhersehen, was für eine Art von Bildern und Bewegung während der Aufnahme entstehe.
Auf Dialoge werde in der Regel verzichtet.158
Die entstandenen Sequenzen werden in Kleingruppen, Expert_innenrunden oder in der
gesamten Klasse besprochen und anschließend am jeweiligen Ansatz weitergearbeitet. Weitere
Aufgabenstellungen ergeben sich aus dem Prozess des „Drehens, [...] Machens und […]
Reflektierens“159 über Rhythmus, Farben, Bildkomposition und Perspektive.160 Die montierten
Filme sollten am Ende nicht länger als 60 Sekunden lang sein und sich (laut Angaben in der
Projektbeschreibung im Praxishandbuch für Medienpädagogik 2012) mit dem Thema
„Mobilität in der Stadt“161 befassen.162 Im Fortlauf des Projektes können Schüler_innen zur
Erstellung eines „fertigen“ Handyfilms noch weiter an Befestigungsmöglichkeiten in der Stadt
forschen und Bildmaterial sammeln oder ein Storyboard entwerfen, welches sie dann
systematisch umsetzen. Parallel zur aktiven filmischen Arbeit findet über Infomaterial eine
Beschäftigung mit Chancen und Risiken der mobilen Kommunikation statt.163 Ziel der Arbeit
im Projekt ist es, die Ausdrucks- und Wahrnehmungsfähigkeit der Schüler_innen durch einen
experimentellen Umgang mit Kamera und entstehenden, von gewohnten Filmbildern
abweichenden Bildern zu erweitern.164
Laut Küchmeister sei durch enge Zusammenarbeit mit Andreas Hedrich vom Jungen
Arbeitskreis Film (jaf) ein Nachhaltigkeitsgedanke entstanden, der zum Ziel habe, die Arbeit in
den Unterricht zu tragen. Daraus wurden Lehrerfortbildungen und eine anschließende
Zusammenarbeit zwischen schulischen und außerschulischen Partner_innen entwickelt. Die
Lehrer_innen konnten sich im Anschluss an die Fortbildungen für zehn Schulstunden eine
medienpädagogisch-unterstützende Person mit in die Klasse holen. Im Verlauf der
Produktionsphase in der Schule gibt es weitere Lehrerworkshops, in denen über erste
156
Vgl. Anhang, S. 3, 7.
Klaus Küchmeister formulierte dies außerhalb des Interviews als beispielhafte Formulierung für eine
Aufgabenstellung: „Mit welchen Geräten bewegst du dich wie im öffentlichen Raum? Fahrrad, Skateboard,
zu Fuß usw.? Befestige dein Handy an einem mobilen Gerät und filme aus einer ungewöhnlichen
Perspektive. Welche Sichtweise hat z. B. die Pedale, wenn du mit dem Fahrrad durch deine Wohnstraße
fährst? Zeige urbane Räume und Mobilität aus neuen und inspirierenden Blickwinkeln.“
158
Vgl. Anhang, S. 8.
159
Anhang, S. 7.
160
Vgl. Hedrich / Küchmeister, „Handyfilme“, S. 346.
161
Ebd., S. 345.
162
In Gesprächen, die ich mit weiteren Projektteilnehmer_innen zuvor geführt habe, wurde deutlich, dass der
Ansatz von MobileMovie weiterhin auch zur Arbeit an anderen Themen genutzt wurde. Vgl. Anhang,
S. 18 ff.
163
Vgl. ebd., S. 346.
164
Vgl. Anhang, S. 4.
157
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Ergebnisse diskutiert wird. Finanziert wurde dies durch die Zusammenarbeit mit der
Hamburger Hochbahn.165
Präsentation der Ergebnisse von MobileMovie
Zusammen mit der Schulberatung vom HVV wurde die Idee realisiert, die mobil entstandenen
Bilder auch mobil zu präsentieren. So stellt die Hochbahn nicht nur die finanziellen Mittel,
sondern auch öffentliche Projektionsflächen zur Verfügung. Eine Vielzahl von Filmen der
Schüler_innen konnten auf den Infoscreens in Hamburger U-Bahn-Stationen oder im
Fahrgastfernsehen direkt in der U-Bahn betrachtet werden. Daneben entstand eine
Zusammenarbeit mit A wall is a screen166 (QR 8), die es ermöglichte, ausgewählte entstandene
Kurzfilme an den Orten ihrer Entstehung auf Häuserwände zu projizieren.167 Auch die
Internetplattform YouTube wurde genutzt, um die entstandenen Ergebnisse einer breiteren
Öffentlichkeit zugänglich zu machen und schließlich liefen einige Filme sogar auf einem
speziell für Handyfilme konzipierten Festival, dem Ohrenblick mal!, heute mobile clip festival,
und konnten dort bereits Preise für die besten Filme gewinnen.168
24 Frames 24 Hours
24 Frames 24 Hours ist ein international kooperatives Projekt, das bei seinem ersten
Durchgang im Juni 2011 mit 43 Studierenden aus Studiengängen im Bereich der
Medienwissenschaft (Universität Paderborn) und des Designs (Massey University Wellington)
sowie Teilnehmer_innen eines im Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa stattfindenden
Workshops durchgeführt wurde. Hierbei entstanden 23 zweiminütige mobile-mentaries.169 Im
zweiten Durchgang September 2012 folgten Gruppen von Studierenden im Bereich der
Digitalen Medien aus Neuseeland, Frankreich, England und Malaysia. Dazwischen fanden
mehrere einzelne Workshops, so zum Beispiel während der Mobile Art Conference an der ITP
Tisch School of the Arts an der New York University oder dem Festival for the Future in
Neuseeland statt, an denen auch externe Interessierte teilnehmen konnten.170 Insgesamt besteht
die Teilnehmergruppe des Projektes also aus einer heterogenen Gruppe „from Johanna
Hertwich, a 16-year-old from rural Murchison in New Zealand's South Island, to Deborah
Chusid, a former associate creative director at DDB171 in New York“172
165
Vgl. Anhang, S. 3 f.
Vgl. www.awallisascreen.com (letzter Abruf: 22.07.2015).
167
Vgl. http://www.mobilemovie-hamburg.de/ (letzter Abruf: 15.07.2015).
168
Vgl. Anhang, S. 3.
169
Näheres zum Begriff mobile-mentary folgt im selben Kapitel; Vgl. Max Schleser, „Collaborative Mobile
Phone Filmmaking“, in: E-J Milne / Claudia Mitchell u.a. (Hg.), Handbook of Participatory Video, Plymouth
2012, S. 400 f.
170
Vgl. ebd.
171
Gemeint ist eine der weltweit bekanntesten Werbeagenturen.
172
Schleser, „Collaborative Mobile Phone Filmmaking“, S. 402.
166
33
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Das Projekt wird von Schleser als „experiment in cinematic communication“173 mit dem
Ziel des Entstehens eines „global city film“174 bezeichnet. Es sollen im Projekt mobilementaries in 24 Workshops an 24 Orten auf der Welt entstehen.175 An jedem dieser Orte
erhalten die Videos so einen „local flavour“176, der die kulturelle Diversität des Projektes zeigt.
Der Begriff mobile-mentary stellt das Kernthema der Dissertation Schlesers dar. Mobilementary wird hier als ein Zugang zur filmischen Praxis bezeichnet, in dem sich die Erfahrung
von Ortsgebundenheit und persönliche, intime und unmittelbar gefilmte filmische Notizen zu
einer neuen Form des Dokumentarfilms verbinden, der das Potenzial des Handyfilms innerhalb
des filmischen Diskurses zu ergründen versucht.177
In 24 Frames 24 Hours sollen städtische Lieblingsorte porträtiert und in zwei-minütigen
mit dem Handy gedrehten mobile-mentaries aus neuen Blickwinkeln durch die Filmenden
gezeigt werden. Daneben soll ein Ort für Reflexion über filmische Formate entstehen und ein
„set of best practice guidelines for participatory videos“178 entwickelt werden, das es
ermöglicht, erfolgreiche Elemente der Projektanordnung für andere öffentliche Organisationen
und Institutionen zugänglich zu machen.179
Didaktisches Vorgehen in 24 Frames 24 Hours
Nach Schleser komme der Zusammenarbeit in den Kleingruppen von einer bis drei Personen
während der Projektphasen ein hoher Stellenwert zu, aber auch eine internationale
Zusammenarbeit zwischen allen Projektgruppen werde angestrebt. So lernten sich die
Teilnehmenden aus unterschiedlichen Ländern von in wenig zeitversetzt stattfindenden
Workshops online durch eine Skype-Videokonferenz kennen und können über selbst gewählte
Formate für „online feedback sessions“180, wie facebook-Gruppen, twitter oder Google+
Hangout, auch während der Arbeitsprozesse miteinander kommunizieren. Die Teilnehmenden
aus Paderborn und Wellington tauschten sich am Anfang ihrer Workshops beispielsweise per
Skype über kulturelle Unterschiede aus. Am Ende eines Workshops werden die Kurzfilme
online gescreent und mit den anderen Workshopteilnehmer_innen diskutiert.181
Bevor die Studierenden beginnen, mit ihren Handys zu filmen, werden sie von Schleser
angeleitet, sich mit Vertovs Intervalltheorie zur Montage auseinanderzusetzen. In ihr geht es
vor allem nicht darum, nur die Bewegung im Bild abzubilden, sondern eine unsichtbare
173
Max Schleser, in: MINA, http://mina.pro/mobile-innovation-and-mobile-filmmaking-workshop-creativitychanging-our-world/ (letzter Abruf:15.07.2015).
174
Ebd.
175
Vgl. Schleser, „Collaborative Mobile Phone Filmmaking“, S. 401.
176
Ebd.
177
Vgl. Max Schleser, Mobile-mentary. Mobile Documentaries in the Mediascape, London 2010, S.119.
178
Schleser, „Collaborative Mobile Phone Filmmaking“, S. 402.
179
Vgl. ebd., S. 401.
180
Ebd., S. 400.
181
Vgl. ebd., S. 400 ff.
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Bewegung zwischen den Einstellungen und einen Rhythmus durch die Montage zu
erzeugen.182
Für die Videos wurden vier formale Vorgaben angesetzt. Sie sollen im Hochformat
(Porträt-Format) gefilmt werden und am Ende unter Berücksichtigung der Intervalltheorie zu
einem Zwei-Minüter montiert werden. Beginnen und enden sollten sie mit einer circa zehn
Sekunden lang eingeblendeten Zeitangabe in selbst gewählter Form. Daneben wählen die
Teilnehmenden sich einen Zeitrahmen von zwei Stunden innerhalb eines Tages, an dem sie
Filmsequenzen aufnehmen. Mit diesen Vorgaben werden die Teilnehmenden gebeten,
persönliche Momente innerhalb Orte ihrer Stadt, an denen sie sich selbst in ihrer Identität
verorten, aufzunehmen.183 Die Beschränkung auf diese städtischen Orte bildet das Thema für
das Projekt und wird von Schleser als Malen eines Bildes über das lokale Umfeld bezeichnet:
[...] I have learned that it is important to set a common theme or framework to explore. By means of
establishing a digital canvas online, participants can paint a picture of their local environment an
communicate through social media integration.184
Dem Feedback- und Kommunikationsprozess während des Projektes komme laut Schleser eine
wichtige Rolle zu, um die Studierenden einen Umgang mit Zeitverschiebung und der
Erkundung desselben Themas an unterschiedlichen Orten der Welt erfahren zu lassen.185
Präsentation der Ergebnisse von 24 Frames 24 Hours
Bei 24 Frames 24 Hours handelt es sich um eine Art des Work-in-Progress. Die ersten fertigen
mobile-mentaries wurden in unterschiedlichen Formaten projiziert, darunter zum Beispiel auf
der 8. Australasian Conference on Interactive Entertainment. Doch ein hoher Stellenwert
kommt der Homepage von 24 Frames 24 Hours (QR 9) zu.186 Sie zeigt eine Landkarte, auf der
unterschiedlichen Städten mobile-mentaries zugeordnet werden. Besucher_innen der Website
können diese Anklicken und sich in gewissem Maße einen individuellen Dokumentarfilm aus
drei der Filme zusammenstellen, die parallel auf dem Bildschrim abgespielt werden. Es gebe,
laut Schleser, somit keinen finalen Endfilm, sondern viele durch die Website-Besucher_innen
mitkreierte.187 Auf
der
Homepage
werden
die
mobile-mentaries
aus
den
bereits
stattgefundenen und noch stattfindenden Workshops aus 24 Ländern zusammengetragen.
182
Näheres hierzu in der Analyse des Projektes im folgenden Kapitel; Vgl. Anhang, S. 11 f.
Vgl. Schleser, „Collaborative Mobile Phone Filmmaking“, S. 401.
184
Ebd.
185
Vgl. Anhang, S. 14 f.
186
Vgl. http://www.24frames24hours.org.nz (letzter Abruf: 20.07.2015).
187
Vgl. Anhang, S. 13 f.
183
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6. Analyse der Projekte
Ästhetische Dispositive zweiter Ordnung
Zu beschreiben, inwiefern Projekte mit dem Handy Momente ästhetischer Bildung
hervorbringen, was Anliegen meiner Arbeit ist, erfordert vorerst die Frage, ob überhaupt
Settings, in denen Ausgangspunkte für transformative Bildungsprozesse gelegt werden, gezielt
inszeniert werden können. Dieser Frage geht Jens Badura in seinem Text „Ästhetische
Dispositive“? nach, in welchem er bewusst gestaltete Inszenierungszusammenhänge zur
Ermöglichung
von
transformativen
Erfahrungen
als
Dispositive
zweiter
Ordnung
bezeichnet.188 Er denkt hier den von Michel Foucault eingeführten Begriff des Dispositivs mit
dem der Ästhetik zusammen, den er unter Rückgriff auf Alexander G. Baumgarten und Martin
Seel umreißt. Badura deutet den Dispositivbegriff in Anschluss an Foucault als
Faktorenkonstellation, die Subjektivierungsdynamiken und Weltverhältnisbildungen für die
Gegenwart des Subjektes strukturiert. Diese ist somit nicht auf einzelne Diskurse (also das,
was in einer Gesellschaft denk- und sagbar ist) beschränkt, sondern beschreibt gerade das
'Netz' (frz. réseau) zwischen den diskursiven Elementen in ihrer Verflechtung, um damit einen
Überblick über jene Gefüge zu bekommen. Der Dispositivbegriff ist ein Hilfsmittel zur
Beschreibung von jenen Zusammenhängen und Wechselwirkungen, das Dispositiv an sich gibt
es nicht.189
In Bezug auf den Ästhetik-Exkurs Baduras ist entscheidend zu erwähnen, dass es ihm bei
der Beschreibung einer ästhetischen Praxis nicht allein um die (antiintellektuelle) rein sinnliche
Erfahrung geht, die sich jeglicher begrifflichen Fassung entzieht, sondern gerade um das
Zusammenspiel von Sinnlichem und Begrifflichem.190 Damit auch um eine „spezifische
Motivation genau das unmögliche ‚Übersetzen‘, immer neu zu versuchen, also fortwährend die
Grenzwände des Begrifflichen auszubeulen […]“191. Badura macht in diesem und anderen
188
Vgl. Jens Badura, „Ästhetische Dispositive?“, in: Critica – Zeitschrift für Philosophie und Kunsttheorie
(2011), Nr. 3, S.10.
189
Vgl. ebd., S. 2 ff.
190
Vgl. ebd., S. 5 f.
191
Ebd., S. 6.
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Texten eine Form der Erkenntnis stark, die das Verhältnis von sinnlichen und diskursiven
Erkenntnisweisen als Spannungsverhältnis sieht, dass es zugunsten der Schaffung eines
Verhandlungsraums für die Revision eingefahrener Wissensordnung zu kultivieren wert sei.192
Dass es schon bei Übersetzungen zwischen zwei Sprachen zu Verlusten kommen kann,
die im Spalt zwischen beiden Bedeutungsebenen verenden, lässt erwarten, dass es bei zwei
qualitativ völlig unterschiedlichen Erkenntnispraxen, der sinnlichen Widerfahrnis und der
begrifflichen Erfassung, ebenfalls zu Verschiebungen kommt. Badura bezeichnet die
Bereitschaft dazu, die Spannung zwischen der Erkenntnis davon, dass die eine unmöglich
vollständig in die andere Erkenntnispraxis überführt werden kann, und einer Motivation, dieses
dennoch zu versuchen, als „ästhetische Welterschließung“193 oder „ästhetische Praxis“194.
Diese mache sensibel und kreativ für die bereits etablierten Konzepte unserer bisherigen
Welterschließung und forsche daran, wie diese wieder in Bewegung gebracht werden können.
Er zitiert dazu Seel, der noch einmal speziell auf das situative Heraustreten aus einer
funktionalen Ordnung dank einer „ästhetischen Aufmerksamkeit“195 hinweist, was „uns“ die
Gegenwart „um der Begegnung Willen“196 erfahren lässt.
Badura sieht in der Entwicklung einer ästhetischen Aufmerksamkeit gleichzeitig die
Entwicklung eines Möglichkeitssinns, der Unbegreifliches, Unmögliches (bis hin zu
Undenkbarem) und Kontingentes anerkennt. Da sich durch den Möglichkeitssinn „Verhältnisse
ihrer symbolisch codierten Evidenz entkleiden und sich in ihrer offenen Potenzialität
zeigen“197, können potenziell transformative Bildungsmomente angeregt werden.198 Hierin
kann daneben eine Antwort auf die Frage, warum ästhetische Prozesse gerade in
Bildungskontexten wichtig ist und daher auch ihren rechtmäßigen Platz im Curriculum der
Schule besitzen sollte, gesehen werden: Kunstunterricht, sowie andere ästhetische
Vermittlungsprojekte sind eben dazu da, ästhetische Welterschließung zu begünstigen, indem
sie gezielt versuchen, „ästhetische Dispositive zweiter Ordnung“199 zu inszenieren. Ästhetische
Dispositive werden hier als „Suchräume für Erfahrung, Übung und Experiment mit
Andersmöglichkeit – Suchräume, in denen Akteure sich transformativen Erfahrungen
aussetzen können oder müssen“200 verstanden. Junge Menschen werden dabei dazu
aufgefordert, Unbegreifliches in ihrer Qualität anzuerkennen und an ihren Begriffen zu
arbeiten. Daneben werden sie angeregt, Dinge außerhalb ihrer alltäglichen funktionalen
Kontexte zu erkennen sowie auch politisch gesehen dazu aufgefordert, Andersmöglichkeiten
zu denken.201
192
Vgl. Jens Badura, „Darstellende Künste“, in: Jens Badura / Selma Dubach (Hg.), Künstlerische
Forschung. Ein Handbuch, Zürich / Berlin 2015, S. 47 f.
193
Jens Badura, „Ästhetische Dispositive?“, S.7.
194
Ebd., S. 6.
195
Ebd.
196
Ebd.
197
Ebd., S. 8 f.
198
Vgl. ebd.
199
Ebd., S. 10.
200
Ebd., S. 11.
201
Vgl. ebd.
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Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Bei den Projekten handele es sich also, können sie ästhetische Erfahrungen ermöglichen,
und so möchte ich meine Definition setzen, um solche Inszenierungszusammenhänge. Nun ist
die Frage, durch welche Praxen es Teilnehmenden gelingt, ihre eigene Dispositiviertheit beim
Handyfilmen (zumindest partiell) anzuerkennen und sich davon zu lösen.
Das Fremde im Eigenen
Bei den eingangs vorgestellten Konzepten von Fremdheit und Bildungsprozessen kann man
schnell den Eindruck erlangen, die Projekte müssten eine Begegnung mit etwas Spektakulärem
ermöglichen. Walberg betont in ihrem Konzept der Film-Bildung im Zeichen des Fremden
aber, dass gerade Verschiebungen und Brüche im Alltag und das Durchkreuzen von
Sehgewohnheiten, Fremdheitserfahrungen auslösen können.202 Sie knüpft hier an Gilles
Deleuze an, der diese Qualität als „Demarkierung“203 bezeichnet: Die Abweichung vom
Alltäglichen, die mit Bezug auf das Alltägliche beginnt.204 Diese Demarkierung betreffe die
vorhandenen Welt- und Selbstverhältnisse unmittelbar, da sie das „Fremde im Eigenen“205, das
sonst übersehen und ausgeblendet wird, anspreche.
Da sich das Fremde in den zu behandelnden Projekten nicht einfach identifizieren und
beschrieben lässt, scheint methodisch problematisch zu sein, Erfahrungen an festen
Bildmomenten im entstandenen Material festzumachen. Daher wähle ich dieses theoretischanalytische Vorgehen, das zum Ziel hat, die grundsätzlichen Fremderfahrungsmöglichkeiten
herauszuarbeiten, die sich aus den filmischen Handlungs- und Präsentationsformen in den
Projekten ergeben. Ob es bei den Schüler_innen und Student_innen tatsächlich zu
Fremdheitserfahrungen kam, muss in dieser Arbeit daher unbeantwortet bleiben. Hierzu wären
Rezeptionsprozesse empirisch zu untersuchen, was aber vorerst die Frage voraussetzt, wie die
Erfahrungen zugänglich gemacht werden können.
Von der Alltagshandlung zur ästhetischen Handlung
Wieder sind die vorangegangenen Überlegungen zum „Eigenen im Fremden“ auf die
Rezeption von Filmen hin gedacht. Für die aktive Filmarbeit wäre jetzt zu fragen, wie man
eine Fremdheit im Eigenen hier entdecken kann. Das Handy als das neue Alltagsmedium
schlechthin, ist ständig in spezifische Arten der Verwendung eingebunden, zu denen auch das
Filmen gehört. Hier sind also potenziell Verschiebungen möglich. Mittlerweile wird viel
weniger mit anderen Kameras gefilmt als mit dem Handy. Sehr oft werden in der Jugendkultur
mittlerweile auch Clips und Filme beiläufig auf dem eigenem oder dem Handy von Freunden,
bei YouTube oder direkt auf der Facebook-Pinnwand, rezipiert. Wie in Kapitel 4 näher
erläutert, geht es in den filmischen Sequenzen, die potenziell überall und immer gedreht
202
Vgl. Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden, S. 174 ff.
Gilles Deleuze, Das Bewegungs-Bild. Kino 1, Frankfurt am Main 1989, S. 272 f.
204
Vgl. Walberg 2011, Film-Bildung im Zeichen des Fremden, S. 196.
205
Ebd.
203
38
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
werden können, weniger um das „Wie?“ der Darstellung, sondern um das „Was ist zu sehen“
und das „Ich war da“. Um von den alltäglichen Praxen mit dem Handy hin zu einem
ästhetischen Einsatz zu kommen, müssten hier Brüche entstehen. Im Projekt muss, über das
Ziehen des Handys aus der Hosentasche und „Draufhalten“ auf eine Situation hinaus, ein Sichin-Beziehung-Setzen zum Filmen und Gefilmten durch ein Heraustreten aus der funktionalen
Ordnung und das Ansetzen einer ästhetischen Aufmerksamkeit stattfinden.
Daneben kann der Modus des Blickes auf das Gerät geändert werden. In unserer
alltäglichen Gebrauchspraxis ist das Gucken auf das Gerät eine sehr spezifische Art von Blick.
Sie wird in von Byung-Chul Han in Zusammenhang mit dem Google Glass als eine Art
Informationsblick beschrieben. Dieser Blick blende alles aus, was keine Information
verspreche. Diesem entgegen stehe der lange von Effizienzlosigkeit charakterisierte Blick des
wahrnehmenden Sehens. Er verweile bei den Dingen, ohne sie auszubeuten.206 Deleuze macht
darauf aufmerksam, dass unsere Wahrnehmung gerade bei der Rezeption von Film durch
Klischees blockiert ist:
[...] wir nehmen immer weniger wahr, nämlich nur das, was wir – aus wirtschaftlichen Interessen,
ideologischen Glaubenshaltungen und psychologischen Bedürfnissen wahrzunehmen bereit sind.
Wir nehmen also normalerweise Klischees wahr. Wenn unsere sensomotorischen Schemata blockiert
sind oder zerbrechen, kann jedoch ein anderer Bildtypus auftauchen: das rein optisch-akustische
Bild, das nur Bild ist, ohne Metapher zu sein […].207
Das Sehen von Klischees ähnelt dem wiedererkennenden Sehen, das Waldenfels in Anlehnung
an Max Imdahl vom sehenden Sehen unterscheidet.208 Beim wiedererkennendem Sehen sehe
und erlebe man im Bild, was man schon kenne.209 Das sehende Sehen hingegen richte sich auf
das Wie der Darstellung, bei dem „die Gesetze des Sichtbaren dem Bild selbst entstammen“210.
Der Betrachter kann hier nicht mehr durch das Bild hindurch auf den Inhalt blicken, da ihn die
„Dichte des Bildes“211, also die Ebene der Darstellung den Weg zum Inhalt blockiere.212 Ein
Moment also, in dem das optisch-akustische Bild von Deleuze auftaucht. Dieses
wahrnehmende Sehen ergibt sich nicht von selbst. Es erfordert die von Badura beschriebene
ästhetische Aufmerksamkeit im Sich-Einlassen auf Unbegreiflichkeiten und Irritationen im
Filmbild. Das bedeutet für die Projekte, dass sie (mindestens) in drei Hinsichten ästhetische
Welterschließung fördern können: in der Art der Handlung mit dem Gerät, in der Art des
Blickes auf das Display und entstehende Filmbilder sowie in den Übersetzungsprozessen
zwischen Sinnlichem und Begrifflichem.
206
Vgl. Byung-Chul Han, Im Schwarm. Ansichten des Digitalen, Berlin 2013, S. 59 f.
Gilles Deleuze, Das Zeit-Bild. Kino 2, Frankfurt am Main 1991, S. 35.
208
Vgl. Bernhard Waldenfels, Sinnesschwellen. Studien zur Phänomenologie des Fremden 3, Frankfurt am
Main 1999, S. 103.
209
Vgl. ebd.
210
Ebd.
211
Ebd., S. 107.
212
Vgl. ebd.
207
39
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Analyse MobileMovie
Der Weg zum Bild
Das Handyfilmens zu nutzen, ist, was im pädagogischen Jargon oft als „Abholen“ bezeichnet
wird. Mit dem Handy hin und wieder kurze Sequenzen aufzunehmen, ist für die meisten
Schüler_innen wohl eine noch selbstverständlichere Praxis, als für die Lehrkräfte.
MobileMovie setzt das Handy aber eben nicht in gewohnter Form zum Filmen ein, sondern
bildet sich über die Verschiebung der gewohnten Handlungsweisen mit dem Handy einen Weg
zur experimentellen Filmpraxis.
Das Handy an anderen Gegenständen oder am eigenen Körper zu befestigen, zieht einen
gewissen Grat von Unvorhersehbarkeit der Bilder mit sich. Die entstehenden Bilder können
nicht mehr über das Display im Moment der Entstehung mitverfolgt werden, stattdessen
können die Schüler_innen sie erst nach dem Drehen ansehen. Daher müssen sie sich zu der
Nicht-Planbarkeit der Bilder gedanklich in Beziehung setzen und paradoxerweise umso mehr
den Weg dahin planen. Denn der Weg zum Bild rückt mehr als bei Filmvermittlung, die sich
an gängigen Film- und Fernsehdarstellungsweisen orientiert, in den Vordergrund des Filmens.
Denn dort wird sich nicht gefragt, woran man das Gerät überhaupt befestigen kann und in
welche Arten der Bewegungen man es bringt.
Diese Anordnung, das Handy befestigt an bestimmten Orten in Bewegung zu bringen,
könnte man als Experimentalsystem beschreiben.
Experimentalsysteme sind [...] trickreiche Anlagen, man kann sie als Orte der Emergenz ansehen, als
Strukturen, die wir uns ausgedacht haben, um nicht Ausdenkbares einzufangen. Sie sind wie
Spinnennetze. Es muss sich in ihnen etwas verfangen können, von dem man nicht genau weiß, was
es ist und auch nicht genau, wann es kommt. Es sind Vorkehrungen zur Erzeugung von
unvorwegnehmbaren Ereignissen.213
Die Art der Bilder, die im Projekt erzeugt werden, hat die Möglichkeit, diese
unvorwegnehmbaren Ereignisse in Form von Irritationen hervorzurufen. Beim Treffen der
Vorkehrungen können sich die Schüler_innen nur von den durch frühere Sequenzen offen
gelegten Strängen leiten lassen.214 Diese Stränge könnte man, angelehnt an Zahn, auch als die
Suche nach jenen Spuren bezeichnen, die zuvor gesehene und gemachte Filme unabsichtlich
hinterlassen haben. Die Spuren fallen aber erst im Moment der Störung der eigenen Ordnung
auf. Also dann, wenn das Erwartete ausbleibt, bzw. ein Experiment etwas Irritierendes
hervorgebracht hat.215 Die Suche nach diesen Spuren ist ein von hinten getriebenes Arbeiten
mit unbekanntem Ausgang, welches die Schüler_innen in einen Prozess künstlerischen
Experimentierens verwickeln kann. In diesem Prozess lernen Schüler_innen Offenheiten und
Unsicherheiten
auszuhalten,
sodass
im
Prozess
des
Verwerfens
von
einigen
Experimentergebnissen und dem Sich-neu-Entscheiden für weitere Versuchsanordnungen ein
213
Hans-Jörg Rheinberger, „Über die Kunst, das Unbekannte zu erforschen“, in: Karl-Josef Pazzini / Andrea
Sabisch u.a. (Hg.), Das Unverfügbare. Wunder, Wissen, Bildung, Zürich 2013, S. 145.
214
Vgl. ebd., S. 149.
215
Vgl. Zahn, Ästhetische Film-Bildung, S. 94 ff.
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
neuer Umgang mit der Kamera erprobt wird. Momente des Aufmerksam-werdens durch
Unvorhersehbares, Lustvolles, Irritierendes oder Spannendes am eigens gefilmten Material
werden produktiv genutzt und in weiteren filmischen Experimenten weiterentwickelt.
Ob sich jedoch wirklich von einem Experimentalsystem sprechen lässt, wenn die Art der
Handlung schon relativ strikt vorgegeben ist, ist diskutierbar. Letzendlich kommt es hier mehr
zu einem unerwarteten Bild als zu einer unerwarteten Handlung. Für ein wirkliches
Handlungs-Experiment bräuchte es doch freiere, komplexere und ergebnissoffenere
Fragenstellungen. Diese wären aber womöglich wesentlich schwerer bewertbar. Zudem kann
bei ergebnisoffeneren Aufgabenstellungen nicht sichergestellt werden, dass die Schüler_innen
in einer bestimmten Art und Weise arbeiten, ebenso wenig wie kontrolliert werden kann, dass
sich ihre Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit, wie Küchmeister es nennt erweitert
werden. Es muss also viel mehr Offenheit auf Seiten der Lehrenden und Lernenden
ausgehalten werden, doch gerade diese Offenheit kennzeichnet künstlerische Prozesse.
Außerdem kann in den Filmversuchen sicherlich oft die Art der entstehenden Bilder vorher
durch die Schüler_innen erahnt werden, sodass das Irritationseffekt über unerwartete Bilder
auch nicht per se gegeben ist.
Automatismen in der Bildproduktion
Die Durchbrechung der gewohnten Achse von Auge zum Sucher, die mittlerweile zu einer
Achse von Auge zu Display geworden ist, wird für die Schüler_innen ungewohnt sein.
Irritationen, die durch das Verschieben der normalen Filmhandlung mit dem Handy hin zu
einer experimentellen Filmpraxis entstehen, können ebenso Ausgangspunkte für eine
Spurensuche werden, indem danach gefragt wird, warum uns diese Praxen überhaupt
ungewöhnlich vorkommen und warum wir dazu neigen, den entstehenden Bildern, auf die wir
weniger Einfluss im Moment der Aufnahme nehmen können, weniger ästhetische Qualität
zuzusprechen. Spuren, die zuvor gemachte und gesehene Filme an uns hinterließen, können
sich im Moment des Suchens zeigen. Wobei das, was sie erzeugte, sich durch den Suchprozess
wohl nicht zweifelsfrei identifizieren lässt. Jedoch geht es in der ästhetischen Praxis nicht
darum, alles genau zu identifizieren und zu begreifen, sondern eben darum, Dinge in ihrer
Unbegreiflichkeit anzuerkennen. Gerade das Entstehen von differierenden, sich nicht nur
ergänzenden, sondern auch widersprechenden Deutungen unserer Erfahrungen mit Film ist
Film-Bildung.216
Durch MobileMovie kann es zu einer Sensibilisierung für Automatismen und
dispositivierte Handlungsweisen, die uns im Alltag bestimmen, kommen. Dadurch kann sich
wiederum ein Denkraum für Experimente mit Andersmöglichkeit auftun, in dem überlegt wird,
wie
aus
funktionalen
Ordnungen
herausgetreten
werden
kann
und
welche
Handlungsmöglichkeiten mit dem Handy neben den standardisierten noch bleiben. Das, was
Badura Entwicklung eines Möglichkeitssinns nennt, kann sich sicherlich nicht in einer
216
Vgl. ebd., S. 169.
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Schulstunde oder einem kurzen Projekt vollziehen. Durch gelingende kunstpädagogische
Zusammenarbeit können hier jedoch Anfangspunkte dafür gelegt werden.
Die Regeln des Mediums Handyfilm überschreiten die Schüler_innen jedoch nicht von
sich und ihrem eigenen Interesse aus. Ihnen wird bereits eine Methode, wie man das Handy
anders als gewohnt einsetzen kann, vorgegeben. Die Ergebnisse dieser Methode sind zwar
unerwartet und dies bedeutet auch nicht, dass die Schüler_innen nicht mehr nachdenken
müssen, aber gewissermaßen ist die Suche nach etwas Ungewissem eingeschränkt, weil sie
schon als eine Suche nach neuer Bildsprache vorbestimmt wurde. Mit einem Zieldenken auf
die Ausbildung einer Kompetenz (Erweiterung der Bildsprache) geht in Vermittlungskontexten
eben immer auch ein Verlust an Offenheit einher. Da die Schüler_innen hier nicht im Sinne
Waldenfels’ Begriff von „radikaler Kreativität“217 innovativ und produktiv handeln, sondern
repititiv das vorgegebene Handlungsmuster reproduzieren, kann die Fremdheitserfahrung auch
ausbleiben.218 Möglich ist, dass es durch die Schließung, die das Projekt vorgibt, zu
Langeweile in der Reproduktion der Handlungsmuster kommt und der Weg zur „Abweichung“219 von jener Regel verstellt bleibt. Denn letztlich handelt es sich beim
Arbeitsauftrag von MobileMovie auch um eine schulisch auferlegte Regel, die nicht freiwillig
ausgeführt und daher sicherlich nicht von Jedem in einem lustvollen Spiel ausgekostet wird.
Hiermit gehen Fragen der Freiwilligkeit von schulisch initiierten ästhetischen Praxen einher.
Blickstörungen beim Filmemachen
Die in der Bewegung und in „Experimentalanlagen“ entstandenen Bilder können durch
Verwischung, Unschärfe oder seltsame Bildkompositionen ihre genaue Wiedererkennbarkeit
(von
Handlungen,
Orten,
Personen
etc.)
verlieren.
Da
schon
allein
aus
den
Produktionsbedingungen der Bilder heraus nicht mehr das technisch „perfekte“ Bild, im Sinne
von schicken Schärfeverläufen, stimmigen Farben und einer Perspektive, die einen Überblick
über die Handlung gibt, der Anspruch beim Filmen sein kann, rückt mehr das „Wie“ der
Darstellung in der Vordergrund und gibt damit eine Arbeit an anderen Ebenen des filmischen
Zeigens frei. Oft werden Schüler_innen, da ihre Bildwahrnehmung von standardisierten
Bildern geprägt ist, diese als „falsch“ oder „komisch“ wahrnehmen. Auch hier kann die
filmvermittelnde Person eine besondere Rolle einnehmen, indem sie darauf insistiert, dass die
Bilder für sie nicht falsch sind, sondern eine ganz eigene sinnliche Qualität besitzen. Dies kann
dazu führen, dass die Schüler_innen sich mit ihrer eigenen Wahrnehmung auseinandersetzen
und im Lehrenden einen „Anderen“ oder „Fremden“ entdecken, der sich durch eine
differierende Art der Bildwahrnehmung vom „Ich“ unterscheidet und sie herausfordert. Warum
nehme ich die Bilder überhaupt als „falsch“ oder „komisch“ wahr?220!
217
Radikale Kreativität wird als das ereignishafte Überschreiten der jeweiligen Ordnung verstanden. Vgl.
Waldenfels, Grenzen der Normalisierung, S. 92.
218
Vgl. Waldenfels, Grenzen der Normativität, S. 92.
219
Ebd., S. 93.
220
Ich knüpfe hier an das Konzept der „Übertragung“ an, wie es in zum Beispiel bei Hinrich Lühmann oder
Karl-Josef Pazzini dargestellt wird, in der die Berührung mit einem „Anderen“ eine Rolle spielt. Hierzu sind
42
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Der höhere Abstraktionsgrat der Bilder hat das Potenzial, Schüler_innen dazu zu verleiten,
die Bilder nicht mit einem wiedererkennenden Sehen, sondern einem sehenden Sehen
wahrzunehmen, indem sie zu einer Offenheit gegenüber der Andersartigkeit der Bilder
ermutigt werden. Dem Blick zu erlauben, sich in der Dichte der Bilder zu verfangen, ohne die
darauf abgebildeten Handlungen in der Vordergrund zu rücken, kann erst einmal als ein
Überschuss an zuvor ausgeschlossenen Sichtweisen erfahren werden und somit als Irritation
auf Seiten der Schüler_innen. Der Informationsblick mit dem Handyvideos meist
aufgenommen werden, überlagert diese Sichtweisen im Alltag. „Blickstörungen“221, wie
Walberg diese Momente bezeichnet, sollten ermöglicht und daher auch Unsicherheiten und
Ablehnung als Spur zugelassen werden, der es wert wäre, nachzuspüren. Denn:
Solche Blickstörungen sollten nicht als unerwünschte Unterbrechung des Rezeptionsprozesses
betrachtet werden, sondern eher als Chance für ein bildendes Anderssehen, im Rahmen dessen neue
Sehmöglichkeiten entstehen.222
Schafft es die Lehrperson, solch einen Dialog zu beflügeln, entstehen Möglichkeiten, sich über
Bildkonventionen auszutauschen und durch die Konfrontation mit andersartigen Bildern
überhaupt erst ein Bewusstsein für die Codiertheit von bekannten Filmbildern zu entwickeln.
Gelingt der Sprung, kann es bei Schüler_innen zu einem Wechsel des Orientierungsrahmen
beim Filmemachen von der Inhaltsebene handlungsorientierter Bilder, hin zu einer
Orientierung an der Qualität des Einzelbildes, kommen. Dabei können zum einen spezifische
neue Bildkompositionen noch unbekannte Filmwirkungen hervorrufen oder ein höherer Grat
an Bildabstraktion. Darüber kann den Schüler_innen auch ein Zugang zum Experimentalfilm
eröffnet werden. Bei dem geht es weniger darum, kausal zusammenhängende Narrationen
abzubilden, als vielmehr das Filmemachen im Prozess zu reflektieren. Dabei wird das
Filmische
selber
wahrnehmbar
gemacht,
die
Möglichkeiten
223
Bedeutungsproduktion erkundet oder Sehgewohnheiten hinterfragt.
der
filmischen
Die Filmbilder hören an
dieser Stelle auf Metapher zu sein. Indem sie uns zum Beispiel auf ihre pixelige Ästhetik in
den verwischten Bildern zurückwerfen, machen sie auch einen Teil der Bedingungen ihrer
technischen Entstehung mit dem Handy sichtbar, die der Film im Normalfall unsichtbar zu
machen sucht. So kann Film die „Bedingungen seiner Sichtbarmachung sichtbar werden
lassen“224.
in der späteren Reflexion weitergehende Gedanken zu finden. Vgl. Karl-Josef Pazzini, „Überschreitung des
Individuums durch Lehre. Notizen zur Übertragung“, in: Karl-Josef Pazzini / Marianne Schuller u.a. (Hg.),
Lehren bildet?. Vom Rätsel unserer Lehranstalten, Bielefeld 2010, S. 309–327.
221
Waldenfels, Sinnesschwellen. Studien zur Phänomenologie des Fremden 3, S. 163.
222
Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden, S. 259.
223
Experimentalfilmer_innen nutzen dazu eine Vielzahl von Techniken, weshalb sich auch ein Vielzahl von
filmischen Formen unter Experimentalfilm subsumieren lassen. Darunter gehören vor allem das Neuarrangieren von schon vorgefundenem Material (Found Footage), das Ordnen von produziertem Material
nach neuen, nicht der Chronologie des Filmes oder eben der kausalen Handlung entsprechenden Mustern
oder das Verfremden und Kollagieren von Filmmaterial. Vgl. Alan L. Rees, A History of Experimental Film
and Video, London 1999, S. 3 ff.
224
Zahn, Ästhetische Film-Bildung, S. 129.
43
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Das Betrachten der entstehenden Filmbilder ist sehr spezifisch, da die Art der Bilder kein
wirkliches Äquivalent in der natürlichen Wahrnehmung von der Welt findet. Denn hier geht es
um den „Blick der Dinge“, die zu Protagonisten der Filme werden. Bei MobileMovie wird die
Abweichung
von
der
natürlichen
Wahrnehmung
besonders
durch
die
häufigen
Perspektivenwechsel und die schnellen Bewegungen der Bilder hervorgerufen. Diese Bilder
unterscheiden sich auch besonders von im Alltag mit dem Handy aufgenommenen Sequenzen,
da solche normalerweise vom Blickpunkt des Handynutzer_innen gefilmt werden. Somit kann
die Wahrnehmungs- und Ausdrucksweise der Schüler_innen erweitert werden, wobei davon
abgesehen werden sollte, neu ausprobierten Perspektiven eine neue feste Bildwirkung
zuzuschreiben. Eine Diskussion über Bildwirkungen kann nur am neu entstehenden Bild
geführt werden.
Bei MobileMovie kann in den Gruppen- und Kleingruppenkorrekturen an der sprachlichen
Fassung von sinnlichen Erfahrungen gearbeitet werden. Die Schüler_innen machen sich bei
dieser Übersetzung in eine begriffliche Fassung spezifische Momente im Arbeitsprozess klar.
Damit erkunden sie einen möglichen Weg ästhetischer Welterschließung und versetzen sich in
den Modus einer ästhetischen Aufmerksamkeit im Moment des Versuchs, die mögliche
Erfahrungen kommunizierbar zu machen, auch wenn diese sich den Begriffen entziehen. Hier
spielt sicherlich auch die Haltung der Lehrenden eine Rolle, die sich nicht zu vorschnellen
Deutungen und festschreibenden Wertungen in der Vermittlung hinreißen lassen darf.
Verkettung der experimentellen Sequenzen
Im Anschluss an die Filmexperimente stellt sich die Frage, wie mit ihnen weitergearbeitet
wird. MobileMovie schlägt vor, dass entweder immer weiter und an anderen Orten
experimentiert werden kann oder zu den vorher erzeugten Bildwirkungen ein Storyboard
entwickelt wird, in dem diese gezielt eingesetzt werden können.
Hier ergibt sich eine andere Art des filmischen Arbeitens. Es geht nun nicht mehr um die
Arbeit am Perspektiven- und Bewegungs-Experiment, sondern um das gezielte Wählen von
unterschiedlichen bereits ausprobierten Perspektiven und darum, diese zu montieren und für
eine Narration zu nutzen. Wenn die experimentellen Bilder stringent eingesetzt werden und
auch im Storyboard nicht die Handlung im Vordergrund steht, sondern neben ihr vor allem das
„Wie“ der Darstellung und die über die Handlung hinausreichende sinnliche Qualität der
Bilder, können ganz andere filmische Artikulationen als Bildklischees vom Fernsehen
imitierende entstehen. Die Sequenzen über eine Story zu verketten muss dabei nicht die einzige
Lösung sein. Auch abstraktere Bilder, in denen vielleicht weder Personen oder Gegenstände,
noch Orte erkennbar werden, können in einer spannungsvollen Art montiert werden. Die
Konzentration auf die Filmbilder kann dann in den Vordergrund treten, da sich nicht mehr
durch die Konzentration auf eine mitzuverfolgende Handlung gehemmt wird.
Die Filmsprache hat im Projekt MobileMovie insgesamt das Potenzial nicht als
Abgeschlossenes gedacht zu werden, sondern als Experimentierfeld für eine nicht festgelegte
44
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
und noch mitzugestaltende Filmsprache. Dazu muss an dieser Stelle des Projektes eine
Öffnung stattfinden, die es erlaubt, die vorher „eingeübten“ Praxen zu überschreiten und einen
Teil der eigenen Interessen der Schüler_innen am Medium einzubringen. Da die Schüler_innen
sich unter Rückgriff auf spezielle Praxen an unterschiedlichen Realisationsformen des
Mediums Film versuchen können, entsteht hier weit mehr Raum für Experiment, als es in den
vorherigen Experimenten proklamiert wird.
Komposition und Zufall
Bereits aus der Fotografie-Geschichte ist das Fotografieren aus ungewöhnlichen Perspektiven
bekannt und besonders Rodtschenko machte die Erforschung dieser zu seinem Gebiet. Hierbei
muss sich vergegenwärtigt werden, dass es Rodtschenko schnell nicht mehr um Experimente
ging.
Stattdessen
erzeugte
er
relativ
strikt
nach
unterschiedlichen
Parametern
durchkomponierte Bilder, welche sehr gezielt Wirkungen vermitteln und sozialistische
Propaganda tragen sollten. Die Fotografien sind dennoch interessant, um die Ausnutzung des
Repertoires an Perspektiven vorzuführen und der Einfluss, den seine Fotografie auf die heutige
auswirkt, tritt sehr schnell in deutlichem Maße hervor. Trotzdem sollte man sich auch die
Unterschiede klar machen.
Das unvorhersehbare Filmbild in MobileMovie, wenn es als
experimentell entstehendes begriffen wird, steht im Kontrast zu denen Rodtschenkos, für
welche die Achse zwischen Sucher und Auge noch als Kontrollmoment vor dem Drücken des
Auslösers diente. Es sollte davon abgesehen werden, Rodtschenkos Fotografien als
Zielrichtung des „Experimentes“ zu betrachten, da das Experiment dadurch in seinem
Experimentcharakter beschnitten werden würde. Es würde dann zum teleologischen
Ausprobieren von Bildwirkungen mit dem Ziel die Bildsprache Rodtschenkos zu reproduzieren
verkommen, statt den eigenen reflexiv erschlossenen neuen Bildwirkungen einen Raum zu
schaffen.
Multitasking-Aufmerksamkeit
Das Projekt MobileMovie präsentierte seine Ergebnisse im Fahrgast-Fernsehen in der
Hamburger Hochbahn, auf den Infoscreens in U-Bahn-Stationen und innerhalb des Projektes A
wall is a screen mit Projektionen auf Häuserwänden. Die Präsentationsform wurde gewählt,
damit im öffentlichen Raum mobil entstandene Videos auch wieder im öffentlichen Raum
präsentiert werden.225 Daneben konnte auch auf der Plattform YouTube auf die Videos
zugegriffen werden. Die Formen für die Präsentation, die das Projekt gewählt hat, erfordert
sehr unterschiedliche Formen der Aufmerksamkeit und Konzentration. Geert Lovink kritisiert
am Beispiel der YouTube-Plattform das „dürftige[n] Maß an Konzentration, mit dem sich die
Leute dem durchschnittlichen Medienprodukt widmen“226. Die überwiegend wenige Minuten
225
Diese Logik lässt sich wahrscheinlich nur aus dem Schulkontext heraus verstehen. Schulfilme werden
meistens allein aus organisatorischem Aufwand innerhalb der Schule gedreht, sodass ein Drehen im
öffentlichen Raum hier eine Besonderheit darstellt.
226
Geert Lovink, Das halbwegs Soziale. Eine Kritik der Vernetzungskultur, Bielefeld 2012, S. 174.
45
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langen Videos aus dem Alltag von YouTube-Nutzer_innen passen in ihrer Kurzlebigkeit sehr
gut dazu.
In „The Organized Mind“ geht Daniel J. Levintin anhand neuester naturwissenschaftlicher
Forschungsergebnisse dem Mythos Multitasking auf den Grund und berichtet, dass
Multitasking nur das Wechseln von einer Aktivität zur nächsten sei und bei jedem Wechsel
etwas verloren gehe. Das Beantworten von neuen Mails im Postordner oder das Antworten auf
eine WhatsApp-Nachricht erfordert genauso eine Entscheidung, wie die Frage, ob ein Video zu
Ende geschaut werden sollte oder es besser wäre, zu einer anderen Aktivität überzugehen. Jede
Entscheidung bedeute dabei Stress und beim Beantworten der Nachricht, Lesen der Mail oder
eben Auswahl des neuen Videos eine Belohnung für das Gehirn. Die Aufmerksamkeit werde
dabei ständig von der Hauptaufgabe weg hin zu kleineren Aufgaben gelenkt.227
Lovink zufolge werden häufig andere Sachen parallel zum Fernsehschauen gemacht,
sodass die Aufmerksamkeit selten völlig auf eine Aktivität fokussiert sei. Auch in anderen
Situationen des Alltags wird diese halbe Aufmerksamkeit gefördert. Überall präsente VideoScreens
verleiten
dazu,
unsere
Konzentration
ständig
zwischen
unterschiedlichen
Bezugspunkten changieren zu lassen.
Heute ist Multitasking die Essenz, nicht etwa eine unerwünschte Nebenwirkung der
Medienerfahrung. Statt uns von und zu unterschiedlichen visuellen Erfahrungen wie dem Kino oder
dem Desktop-PC zu bewegen, sehen wir Filme in der U-Bahn, im Auto oder im Flugzeug, um die
Zeit totzuschlagen und unser alltägliches Leben zu intensivieren. Die totale Mobilmachung der
visuellen Kultur, die vor Ewigkeiten prophezeit wurde, ist nun wirklich erreicht.228
Das Schauen von kurzen Clips in der U-Bahn bedient diese Multitasking-Aufmerksamkeit, die
sich schwer mit einem Sich-Einlassen auf die Bilder und einem wahrnehmenden Sehen
vereinbaren lässt. Während gleichzeitig am Smartphone gespielt oder Zeitung gelesen wird,
können die Handyfilme (neben Wetteranzeige, Werbung für Hamburger Sehenswürdigkeiten
und Neuigkeiten über Promis) zwischendurch auf den Infoscreens oder direkt in der Bahn
beobachtet werden. Eine volle Konzentration auf die Handyfilme kann hier nur schwerlich
zustande kommen. Zwar ist man es nicht gewohnt, Handyfilme im U-Bahn-Fernsehen zu
betrachten, doch wird hier die kurzlebige Aufmerksamkeit, die man gewohntermaßen
schnellen Handyvideos widmet, weiter getrieben. Der Informationsblick, den wir beim
Betrachten der Infoscreens ansetzen, kann uns daher schnell die Zugänge zu den Filmen
blockieren. Es wäre zwar denkbar, dass Betrachter_innen, die sich auf den Film einlassen,
sofort Gemeinsamkeiten zwischen den verwischten Filmbildern und der vorbeirauschenden
Stadt im U-Bahn-Fenster erkennen und sich allein dadurch affizieren lassen – dies bleibt
jedoch fragwürdig.
227
Vgl. Daniel Levitin, „Why the modern world is bad for your brain“, in:
http://www.theguardian.com/science/2015/jan/18/modern-world-bad-for-brain-daniel-j-levitin-organizedmind-information-overload (letzter Abruf: 22.07.2015), Vgl. die vollständige Publikation: Daniel Levitin,
The Organized Mind: Thinking Straight in the Age of Information Overload, New York 2014.
228
Lovink, Das halbwegs Soziale, S. 176.
46
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Die Präsentation innerhalb von A wall is a screen fordert eine andere Aufmerksamkeit.
Die Wahrnehmung wird schon insofern überrascht, dass gewöhnliche Häuserwände zur
Leinwand für Filme werden. Das erzeugt eine Irritation, vielleicht eine Neugier, und damit
womöglich eine erhöhte Aufmerksamkeit, da ein Medium genutzt wird, was gewöhnlich nicht
mit Film in Verbindung gebracht wird. Auch der Körper muss zu dieser Leinwand anders
positioniert werden, als er es sonst beim Filme-Gucken wird. Die Zuschauer_innen sind nicht
wie im Kino immobil vor der Projektion installiert. Sie können sich mobil im Stadtraum
bewegen. Das ursprüngliche Dispositiv des Kinos erfährt eine Verschiebung.
Ein
Aushandlungsprozess
über
mögliche
Präsentationsformen
findet
mit
den
Schüler_innen nicht statt, wenn die Form der Präsentation durch die Projektpartner_innen
vorher bestimmt ist. Die Entscheidung für eine Form steht bei MobileMovie nicht am Ende des
künstlerischen Prozesses, wo sie zu vermuten wäre, sondern bereits am Anfang. Die
entstehenden Videos müssen sich daher auf Screens und Projektoren abspielen lassen. Somit
ist ein Wechsel des Präsentationsmediums für die Schüler_innen nicht mehr möglich, was
durchaus eine mögliche Setzung ist, und auch Setzungen müssen in Vermittlungsprojekten
gemacht werden, jedoch werden damit Fragen der Präsentation nicht Teil des Prozesses.
Analyse 24 Frames 24 Hours
Da große Offenheit darin besteht, wie die Teilnehmenden mit der Aufgabenstellung umgehen,
ist es weit schwieriger zu beschreiben, welche Erfahrungen in diesem Setting gemacht werden
können. Für alle Teilnehmenden ist jedoch gleich, dass sie sich zum Filmen an einen
bestimmten Ort begeben und das entstandene Material in Rückbezug auf die Intervalltheorie
montieren. Daher soll der Montage in der Analyse ausreichend Raum zugesprochen werden. Es
ist zu Erforschen, was die Montage für ein Verständnis von filmischem Umgang mit Bildern
auslösen kann und inwiefern das Filmen mit dem Handy dabei eine Rolle spielt. Maya Deren
sieht im Knüpfen neuer Beziehungen zwischen den Bildern den Kern der schöpferischen
Arbeit von Filmemacher_innen. „Im Film können und sollten die Bilder nur der Anfang, das
Ausgangsmaterial der schöpferischen Arbeit sein.“229
Das Setting für die Entstehung der Bilder wird trotzdem nicht ausgeklammert. Es kann
hier jedoch nicht gewiss werden, ob die Art der Erfahrung, die ich beschreibe, von allen
Filmenden gemacht werden kann. Genauso wenig, wie man weiß, ob sich eine Erfahrung von
der gleichen Person zwei Mal machen ließe. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Art des
Filmens sehr nah an alltäglichen Praxen liegt, es sich aber nicht nachvollziehen lässt, inwiefern
die Teilnehmer_innen des Projektes ihre Handys im Alltag nutzen und ob, und wenn ja wie, sie
bereits die Filmfunktion der Handys nutzen.
229
Maya Deren, Choreographie für eine Kamera – Schriften zum Film, Hamburg 1995, S. 64.
47
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Erfahrbar-Machen des Ortes
24 Frames 24 Hours reproduziert mit dem Einsatz des Handys nicht die „zwanghafte“
touristische Bildproduktion, in der vermeintlich sehenswerte Orte zuerst durch das mitgeführte
Gerät, statt mit den eigenen Augen gesehen werden. Es distanziert sich auch von der
jugendlichen „Ich war da!“-Motivation, die Hollfelder und Ritter unter Jugendlichen
feststellten und die dazu führt, dass sie Videos auf Konzerten und Fußballspielen vor allem
aufzunehmen, um sich damit vor anderen zu brüsten.
Der alltägliche Gebrauchsgegenstand Handy wird im Projekt eingesetzt, um an alltägliche,
vertraute Orte zu gehen, an denen für die Filmenden das Filmen „um des Filmens willen“ und
nicht zu Kommunikationszwecken eher ungewöhnlich ist. „Most videos portrayed everyday
life and gave the participants an opportunity to filmic explore and represent their cities.“230 Die
Teilnehmer_innen sind dazu aufgefordert, einen bekannten Ort neu zu erkunden. Durch das
ständig mitgeführte Gerät kann direkt an den Orten, an denen sich die Teilnehmenden in ihrem
Alltag befinden, entschieden werden, was gefilmt wird. Vorher geplant wird es nicht. Die
Filmlust wird dabei weg von einer Sensationsgier hin zu subtileren Geschehnissen gelenkt. Die
Hemmschwelle an einem Ort zu filmen, ist an Orten, die den Filmenden bereits vertraut sind,
wahrscheinlich geringer. Es ließen sich hier auch gewöhnliche Kleinkameras einsetzen, jedoch
spricht für den Einsatz des Handys ebenfalls der Aspekt der Vertrautheit, da die
Projektteilnehmer_innen das Aus-der-Tasche-Ziehen des Handys als alltägliche Handlung
bereits kennen, auch wenn es sonst häufiger zum Ansehen von neu eingegangenen Nachrichten
genutzt wird.
Sich für einen Ort zu entscheiden, kann als erste wichtige Entscheidung des Prozesses
gesehen werden. Die Filmenden stellen sich die Frage, was den Ort für sie zu einem
besonderen macht. Die Antwort darauf kann bei Einigen womöglich nur schwer versprachlicht
werden. Sie liegt mehr als implizites körperliches Wissen vor, dass das Subjekt auf einer
anderen Ebene an den Ort bindet. Damit ist gemeint, dass es vorher bereits von etwas an
diesem Ort angesprochen wurde, von dem es nicht genau wissen kann, was es war. Die genaue
zeitliche, materielle, räumliche oder allgemein sinnliche Erfahrung, von der dieser
„Anspruch“231! ausging,! entzieht sich. Daher wird die filmische Auseinandersetzung mit dem
Ort zu einer Erfahrung der Grenzen der Darstellbarkeit, bei der man versucht, diesem
Anspruch auf die Schliche zu kommen. Der Handyfilm ließe sich damit als kreative Antwort
auf die vom Ort ausgegangene vorherige Erfahrung begreifen.
Indem sie beim Filmen versuchen, den Ort in das filmische Medium zu übersetzen,
machen die Teilnehmenden ihn sich in einer anderen Weise klar, als im alltäglichen Besuchen
desselben. Wie ist der Ort zeigbar? Was wird gefilmt? Wie wird es gefilmt? Wie lässt sich eine
Stimmung oder ein optischer Reiz, der von ihm ausgeht, einfangen? Das abstrakte implizite
230
Schleser, Collaborative Mobile Phone Filmmaking, S. 401.
Hans-Christoph Koller, Bildung anders denken. Einführung in die Theorie transformatorischer
Bildungsprozesse, Stuttgart 2012, S. 84.
231
48
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Bild der Erfahrung innerhalb der Subjekte muss dabei in einzelne Darstellungen zerlegt
werden, die erst in ihrer Verknüpfung wieder ein neues Bild hervorrufen. Daher kommen die
Filmsequenzen im aktiven Prozess des Filmens Tastbewegungen gleich, bei der die filmenden
ihre Striche eher „blind“ setzen und Beziehungen, Rhythmus, Harmonie oder Disharmonie, die
sich durch die Montage ergeben nur vorausahnen können.232 Sie müssen hier eine ästhetische
Aufmerksamkeit für Wahrnehmungen und Empfindungen entwickeln, die den Raum außerhalb
seiner funktionalen Ordnung denken, ihn also sehend sehen ohne ihn mit seinem Zweck
innerhalb von Alltagshandlungen zu verbinden.
Die entstehenden Filmbilder werden Stellvertreter für diesen Ort, also zu seiner
Präsentation und Repräsentation. In ihrer Darstellung versuchen Filmende ihre Vorstellungen
zu zeigen und damit ihre Orte zu präsentieren. Aber im Versuch des „Erfahrbar-Machens“ des
Ortes, wird für den Filmenden eine neue Erfahrung konstituiert. Der Ort wird durch die
Handykamera medial vermittelt. In der Übersetzung der (Orts-)Erfahrung konstituiert sich eine
Erfahrung der Übersetzung.
Dass die filmische Übersetzung der Erfahrung des Raumes
gleicht, ist ungewiss bis unwahrscheinlich. Der Ort wird im Prozess des filmischen Festhaltens
ein anderer als der, von dem der Anspruch ausging und den zu porträtieren Anliegen des
Handyfilms war. Es tun sich im Prozess daher Brüche auf, die wiederum ein neues
Erfahrungspotenzial tragen. Das Filmen ist hier gleichzeitig ein Prozess des Erinnerns und des
Bedeutungs-Zuschreibens. Alltägliche Begebenheiten werden exponiert und in ihrer
Besonderheit erst für andere erfahrbar, wenn sie medial repräsentiert und anders verdichtet
werden.
Aus dem Material wird jedoch nicht klar, ob durch spezifische vorausgehende
Fragestellungen eine solche Auseinandersetzung mit dem Ort angeregt wird. Es ist daher auch
möglich, dass die Teilnehmenden die Entscheidung für einen Ort wenig reflektieren, bevor
eine Entscheidung stattfindet. Hier spielt wahrscheinlich auch wieder der Aspekt der
Freiwilligkeit hinein. In den Formaten von 24 Frames 24 Hours ist tendenziell mehr
Freiwilligkeit zu erwarten, als es im schulischen Kontext der Fall ist. Die Teilnehmenden
melden sich selbstständig für die Workshops an und wollen also prinzipiell etwas erleben.
Dieses Erleben ist aber nicht auf die Erweiterung von Kompetenzen ausgerichtet, sondern
mehr auf die Neu-Erfahrung des eigenen Gerätes und darauf, Spaß zu haben. Diese
Gegebenheit ist somit im Prinzip eine geeignete Grundbedingung dafür, dass sich auf die
Potenziale, die im Projekt stecken, eingelassen wird. Die Aufgabenstellung, sich selbst an
einem
Lieblingsort
zu
filmen
ist
tendenziell
offen
genug,
um
unterschiedliche
Anknüpfungsarten an die Aufgabenstellung zu erproben.
232
Vgl. Alain Bergala, Kino als Kunst. Filmvermittlung in der Schule und anderswo, Bonn 2006, S. 101.
49
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Gerätespezifische Bildqualitäten
Es wird sich die natürliche, fast symbioseartige Verbindung von Handy und Hand zunutze
gemacht und dadurch das Potenzial, dass schon Maya Deren in der Verwendung kleinen
Equipments sieht, auf seine Spitze getrieben:
Vergessen Sie nicht, daß bisher noch kein Stativ gebaut worden ist, das so wunderbar vielseitig in
der Bewegung ist, wie das komplexe System aus Stützen, Gelenken, Muskeln und Nerven, das den
menschlichen Körper bildet, der mit ein bißchen Übung eine großartige Vielfalt an
Kameraeinstellungen und visuellem Geschehen möglich macht.233
Es können daher ohne körperliche Anstrengung schnell kurze Sequenzen entstehen, die das
Notizhafte, welches bereits als Charakteristik des Handyfilms dargestellt wurde, möglich
machen.
Eine Vielzahl an filmisch eingefangenen Momenten ähnele durch ihren fragmentarischen
Charakter dem der erlebten Momente an diesem Ort und drücke in ihrer Zusammensetzung ein
Stück der Komplexität von Erinnerungen an die Momente aus, so Berkeley. Die Sequenzen
würden dadurch impressionistischer und opportunistischer wirken und das Moment der
Zerbrechlichkeit jener Momente werde einfangen.234 Diese Momente, die für das Subjekt alle
gleichzeitig zu benennen und darzustellen unmöglich wäre, konstituieren in ihrer
Zusammensetzung den zuvor beschriebenen Anspruch, der vom Ort ausging oder noch geht.
Die
Herangehensweise
erinnert
an
das
filmische
Essay
Projektteilnehmer_innen damit einen Zugang zu dieser Filmform bieten.
und
235
könnte
den
Der Essayfilm, der
nicht nur seinen Gegenstand, sondern auch seine eigene Form reflektiert, erweitert das
Anliegen des „self-reflexive mobile filmmaking“236, das Schleser von den Teilnehmer_innen
fordert (und mit dem er vorerst die Selbst-Reflexion des oder der Filmemachenden meint) zu
einer Reflexion des Mediums über sich selbst. Die aufgenommenen Sequenzen mögen sich
daher von den für Kommunikationszwecke oder einer Sensationsgier halber mit dem Handy
aufgenommenen Sequenzen unterscheiden und das Medium Handyfilm für die Teilnehmenden
facettenreicher machen. Es wird seinen Funktionszusammenhängen enthoben und zum
Medium der Übersetzung von bzw. des Antwortens auf ästhetische Erfahrungen.
Dem Einfangen des zerbrechlichen Moments steht die strikte zeitliche Rahmung für die
Filmaufnahmen entgegen. Es bleibt fraglich, wie gut unter Zeitdruck eine Auseinandersetzung
mit dem Ort und dem Akt des Filmes zustande kommt. Die Teilnehmenden sind dazu
233
Deren, Choreographie für eine Kamera, S. 16.
Vgl. Berkeley, „Tram Travels“, S. 30 f.
235
Die fragmentarische Form des Essays, die durch Montage des Materials die erlebten Momente zu
verdichten sucht, macht ein filmisches Denken stark, dass nicht das bereits Gedachte bebildert, sondern in der
die Bildsprache selbst als Bildende zu Tage tritt. Das Essay ist eine Form zu einem neuen Wissen zu
kommen, die experimentell tastend verfährt. Die Montage und der Schnitt werden ebenso experimentell
eingesetzt und unterschiedliche Arten von Materialien kombiniert. Es wird hier zu keinem klaren Wissen
gelangt, stattdessen bleibt die Art des entstandenen Wissens ebenso unabgeschlossen. Diese
unabgeschlossene Form des Wissens gleichzeitig zu reflektieren ist ebenso Kennzeichen des Essays. Vgl.
Kathrin Busch, „Essay“, in: Badura / Dubach (Hg.), Künstlerische Forschung, S. 236.
236
Max Schleser, „Connecting through Mobile Autobiographies. Self-reflexive Mobile Filmmaking. SelfRepresentation and Selfies“, in: Berry / Schleser (Hg.), Mobile Media Making in an Age of Smartphones,
S. 148.
234
50
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angehalten, innerhalb von 24 Stunden einen Zeitraum von zwei Stunden auszuwählen, in dem
das Material entsteht. Bei vielen könnte durch diese enge Setzung ein Druck entstehen, sodass
der Zeitdruck eine Auseinandersetzung mit dem Filmprozess und eine Filmlust verhindert.
Dann würden eher unbedachte Aufnahmen entstehen. Dass Setzungen in vermittelnden
Settings notwendig sind, möchte ich immer unterstreichen, doch wird der Mehrwert dieser
Rahmung nicht ersichtlich.
Ferner ergeben sich noch weitere mögliche gerätespezifische Qualitäten des Handybildes:
In dokumentarischer Arbeit mit der Taschenkamera gibt es nicht die Möglichkeit, aus Distanz
mit einem Telezoom zu arbeiten, denn „[t]he mobile phone does not have these capacities and
requieres the filmmaker to be involved in the action.“237 Obwohl es auch bereits Handystative
gibt, ist hier nicht angedacht, diese zu benutzen. Die „action“ der Filmenden spiegelt sich
direkt im gefilmten Material wieder. Nicht zuletzt durch die ruckeligen Bewegungen der mit
der Hand geführten Kamera, machen sich die Filmemacher_innen selbst in ihrem Präsens und
ihrer Präsenz im Medium sichtbar. Der oder die Filmende ist somit geteilt in das Subjekt, dass
den Film macht, und das, was sich im Film abbildet, bzw. filmisch etwas zeigt und gezeigt
wird. Das Subjekt muss sich zur Kamera in Beziehung setzen und kann dabei die Grenzen
zwischen Intimität und Öffentlichkeit, zwischen Authentizität und Künstlichkeit sowie einem
Selbst-Sein und einem In-der-Rolle-Sein erfahren. In der Sichtung des gefilmten Materials
nehmen sich die Filmemachenden also selber wahr und erleben sich in der Inszenierung in
einer Distanz „to and from the self“238. Die entstehenden Bilder haben wenig mit den technisch
standardisierten Bildern im Fernsehen (und häufig auch in medienpädagogischen Projekten)
gemein. Sie zeigen eine ganz andere Art des Filmens, die den Teilnehmenden dank ihrer
„Arm-Stative“ und dem kleinen Gerät viel Freiheit beim Filmen eröffnet. Der Film bildet mit
dieser Art der Bilder auch den Moment des Machens und Gemacht-Seins ab, den er sonst zu
verstecken sucht.
Daraus ergibt sich auch, dass das aufgenommene Material sehr subjektiv werden kann.
Die Filmenden schaffen so eine teils intime Repräsentation ihres Lebens und verorten sich
anhand der aufgenommenen Orte in einem sozialen Kontext. Bei Homemovies, so Michelle
Citron, neigten wir sehr viel stärker dazu, das Gesehene sofort mit dem Filmemachenden zu
verbinden, anders als bei kommerziellem Kino.239 Das Gesehene kann durch eine „immediate
formation of subjective expression“240 zur Begegnung mit fremder Subjektivität für die
Filmschauenden werden.
237
Max Schleser, „Max with a Keitai“, in: http://kaganof.com/kagablog/2009/09/09/max-with-a-keitai-2/
Keitai? (letzter Abruf: 21.07.2015).
238
Schleser, „Connecting through Mobile Autobiographies“, S. 154.
239
Zwar wird sich auch im Hollywood-Kino immer wieder subjektiver Gänge bedient, jedoch zieht der oder
die Betrachter_in hier, anders als bei Home Movies, eher die Verbindung zum Skript eines oder einer
Regisseur_in, der oder die nicht mit den Filmprotagonist_innen übereinstimmt;
Camille Baker / Max Schleser u.a., „Aesthetics of mobile media art“, in: University of the creative Arts
(Hg.), http://www.research.ucreative.ac.uk/2458/ (letzter Abruf: 21.07.2015), S. 104.
240
Schleser, „Connecting through Mobile Autobiographies“, S. 154.
51
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Das Potenzial der kleinen Geräte könne sich laut Schleser vor allem auch in InterviewSituationen entfalten. Denn „[...] the lense is so small and, you=know, can more focus on the
person talking to you and establish eye contact and so after some time the phone becomes in
the background.“241 Durch die ständige Anwesenheit von Handys und ihre geringe Größe,
fallen sie weniger auf und bieten so die Möglichkeiten, mehr Intimität in Gesprächssituationen
zu erzeugen.
Entwickeln von Bildlogiken
Sergej Eisenstein beobachtete, dass die Diskussion um Montage zum Zeitgeist der 1920er
Jahre gehörte.242 An diesen knüpft Schleser an, da ihn daran besonders interessiert, dass Film
sich zu jenem Zeitpunkt, ebenso wie der Handyfilm heute, noch als aufstrebendes Medium
behaupten muss.243 Durch die Entdeckung der Montage wurde einer „intrinsic poetry of the
individual film frame or fragment“244 weniger Bedeutung beigemessen, als den vergleichenden
Nebeneinanderstellungen, dem Zusammenprall von Bildern und assoziativen Verkettungen.245
Die Reflexion über Montage blieb jedoch nicht in den 1920er Jahren stecken. So wendet sich
auch Deren gegen kausal-narrativ montierte Handlungen: „Stattdessen muß der Film das
Vokabular seiner Bilder entwickeln und die verknüpfende Syntax filmischer Techniken. Er
muß feststellen, welche Systeme dem Medium inhärent sind [...]“246. Bilder seien dabei
Fragmente, deren Realitätscharakter nicht mit der chronologischen Abfolge zusammenhänge.
Die Montage könne dabei die Folgebeziehungen des Films deutlich machen und damit den
Bildern neue Bedeutungen zuweisen. Film versteht sie zuallererst als „Zeit-Form“247, die Zeit
und Raum manipulieren kann.248
Schleser berichtet, dass er seine Student_innen zu Beginn eines Workshops Vertovs Mann
mit der Kamera sehen lasse: „I think it's the key film that explains editing very well and
graphic match rhythm and pacing and thinking of nonlinear films [...]“249. Vertov ließ für
Mann mit der Kamera unterschiedliche Filmemacher in Moskau, Kiew, Riga und Odessa das
alltägliche Leben (also nicht gestellte Szenen) filmen und schnitt diese filmischen Fragmente
selbst zu seinem berühmtesten Film zusammen. Bei seiner Montage spricht er von einer
Intervalltheorie, die nicht die Bewegung im Bild, sondern die Bewegung in Raum und Zeit und
den „Übergang von einer Bewegung zur anderen“250 untersucht.251 Deleuze charakterisiert das
241
Vgl. Anhang, S. 16.
Vgl. Philip Cavendish, The Men with the Movie Camera. The Poetics of Visual Style in Soviet Avantgarde Cinema of the 1920s, New York / Oxford 2013, S. 25.
243
Vgl. Anhang, S. 15.
244
Cavendish, The Men with the Movie Camera, S. 25.
245
Vgl. ebd.
246
Deren, Choreographie für eine Kamera, S. 70.
247
Ebd., S. 65.
248
Vgl. ebd., S. 64 f.
249
Vgl. Anhang, S. 12.
250
Vertov, „Wir. Variante eines Manifestes“, S. 9.
251
Gerald Roberts stellt die Schwierigkeiten fest, die Vertov beim sprachlichen Beschreiben seiner Methoden
hat. Vgl. Gerald Roberts, The Man with the Movie Camera, London 2000, S. 35. Die Schwierigkeit beim
sprachlichen Beschreiben des Vorgehens spiegelt sich bei Schleser wieder. Es geht um die Beschreibung
242
52
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Intervall bei Vertov als eine Reaktion an irgendeinem Punkt des Universums auf eine
bestimmte Aktion an einem anderen Punkt. Zwischen zwei für die menschliche Wahrnehmung
unwägbaren Bildern werde eine Wechselbeziehung durch die Montage hergestellt.252
Schleser geht es darum, die Methode Vertovs anzuwenden und daher um die Organisation
der Bewegungen zwischen den Bildern und die Erzeugung eines Rhythmus, der durch
verschiedene Wechsel charakterisiert wird:
Rhythm contains alternation, order, and organisation of time and space. It conveys energy; there
is the alternation of tension and release, expectation and satisfaction, emphasis and deemphasis253
Die unterschiedlichen Wechsel, die zum Übertragen dieser Energie führen, können
beispielsweise konkreter durch Zusammensetzungen unterschiedlicher Einstellungsgrößen,
Licht- und Schattenkompositionen und Schnelligkeiten der Bilder erzeugt werden.254
Durch die Emporhebung der Montage zum wichtigsten Faktor des Films, entfernt sich
Schleser mit seinem Konzept von vielen medienpädagogischen Handyfilm-Projekten, in denen
Montage dazu genutzt wird, die Linearität in einer Erzählung herzustellen. Damit eröffnet er an
erster Stelle den Blick für experimentelle Filmformen, die sich nicht an solchen kausal
narrativen Verkettungen orientieren. Es erfordert, so meine Einschätzung, jedoch einige
Anstrengung seitens der Lehrperson, bei den Projektteilnehmer_innen, andere Arten der
Verknüpfung der Bilder anzuregen. Das Sehen von Vertovs Film kann für die
Teilnehmer_innen als Katalysator dienen, sich rhythmisch verketteten Bildern auszusetzen und
mit ihrer Montage daran anzuknüpfen. Eine Reproduktion des Filmes Vertovs zu betreiben,
wäre aber kein Indikator für angeregte Bildungsprozesse.255 Die Teilnehmer_innen sollten
daher dazu motiviert werden, eigene Bildlogiken zu entdecken und durch experimentelles
Zusammensetzen der Bilder, ein sehendes Sehen und eine Aufmerksamkeit für das Entstehende
zu entwickeln. Hierin wird ein anderer Konzentrationsmodus gefördert, den man als „Denken
einer kinematografischen Erfahrung und das Verfassen einer kinematografischen Schrift, die mehr als das
Zusammenfügen von Szenen wie beim Theater oder in Kapitel wie in der Literatur ist. Vgl. Annette
Michelson, Kino-Eye. The Writings of Dziga Vertov, Berkeley 1984, S. 88. Die Intervallmontage findet von
Material zu Material anders statt und lässt sich auf keine feste Formel bringen, sodass sie sich sprachlich
schwer vermitteln lässt. Filmemacher_innen entwickeln ein Gefühl für die Rhythmen, sodass dieses über die
Arbeit am Material im Schnittprozess weitergegeben wird. Jedoch scheint die Vermittlung des Vorgehens an
seine Grenzen zu stoßen, sobald die Vermittler_innen nicht selber Filmemacher_innen sind und jenes Gefühl
noch nicht entwickelt haben. Denn das würde bedeuten, dass die Intervall-Theorie weder sprachlich noch in
der Praxis vermittelt werden kann, was ihren theoretischen Gehalt unterminieren würde.
252
Vgl. Gilles Deleuze, Das Bewegungs-Bild, S. 116 f.
253
J. Kolaja / A. Foster, „‚Berlin, The Symphony of a City‘ as a Theme of Visual Rhythm“, in: The Journal
of Aesthetics and Art Criticism, Nr. 3 (Frühling 1965), S. 353, zitiert nach: Max Schleser, Mobile-mentory
mobile documentaries in the mediascape, S. 69.
254
Vgl. Schleser, Mobile-mentory mobile documentaries in the mediascape, S. 90; Der Einblick in das, was
Vertov unter der Intervalltheorie versteht, würde den Umfang einer eigenen Arbeit einnehmen können und
muss daher in dieser Arbeit eher oberflächlich beleuchtet bleiben. Der Fokus soll eher darauf gerichtet
werden, was dies für die Projektteilnehmer_innen im Kontext von Bildungsprozessen bedeutet.
255
Jedoch können schon von der Andersartigkeit der Dokumentarfilmmethode Vertovs Irritationen bei den
Teilnehmenden entstehen. Hier könnte man mit Theorien zur rezeptiven Film-Bildung anknüpfen. Vgl.
Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden sowie Zahn, Ästhetische Film-Bildung.
53
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
mit den Augen“ bezeichnen könnte. Ihre Verknüpfungen können dabei ebenso rätselhaft
bleiben, wie die vom Ort ausgehende Erfahrung, denn eine festschreibende begriffliche
Fassung sollte nicht Ziel des Prozesses sein. Die Art, wie die neu montierten Filme
wahrgenommen werden, sollte vielmehr zu genauerem und differenzierterem Wahrnehmen
führen. Beim Ordnen der sich neu konstituierenden Erfahrung kann es so auch zu einer
Erfahrung im Ordnen kommen, wenn das pädagogische Setting Raum dafür lässt, mit
vielfältigen und divergierenden Lösungsvorschlägen zu experimentieren.
Ungewohnt könnte es für die Teilnehmenden sein, sich überhaupt mit dem Handy
gefilmtes Material weiter nach dem eigentlichen Filmen noch einmal zu vergegenwärtigen und
in einen produktiven Dialog mit dem Material zu treten, da aufgenommene Sequenzen meist
nur unweit nach der Aufnahme versandt oder Freunden gezeigt werden und sonst meist im
Telefonspeicher verbleiben.
Im Anschluss an die Montage werden mit den Filmenden Interviews geführt, in denen sie
ihre Entscheidungen beim Schnitt darlegen, daneben gibt es Feedback-Sessions innerhalb der
nationalen und den internationalen Gruppen.256 Der begriffliche Aspekt beim Beschreiben der
ästhetischen Aspekte wird also nicht ausgeklammert, auch wenn er in den Texten und im
Transkript nicht weiter differenziert wird und sich an dieser Stelle dazu nicht weiter Stellung
beziehen lässt. Im folgenden Kapitel wird aber deutlich, dass die Teilnehmer_innen zumindest
im Prozess immer dazu aufgefordert sind, sich mit anderen über ihr Material
auseinanderzusetzen.
Prozess des Einzelnen und der Gruppe
Das Projekt wird von Schleser als global cinematic experiment verstanden. Offensichtlich
kommt der internationalen Kooperation in 24 Frames 24 Hours also eine große Rolle zu. Da
diese jedoch nicht so stark wieder andere Aspekte mit dem Handyfilm verknüpft ist, wird dies
nur in Kürze beleuchtet.
Wenn man davon ausgeht, dass nicht nur die Interaktion mit Menschen, sondern auch die
Auseinandersetzung mit Bildern zu einer Identitätsbildung der Einzelnen führt,257 dann kann
auch die Auseinandersetzung mit den filmischen Porträts der anderen Filmenden hierzu einen
Beitrag leisten. Es vollzieht sich ein Wechselspiel zwischen eigenem Ausdruck und der
Wahrnehmung
von
Fremdwahrnehmung
sowie
fremden
Lebensentwürfen,
in
dem
Beschneidungen, Bezugnahmen und Verbindungen zwischen den eigenen Teilidentitäten des
Selbst hergestellt werden.258 Da sich alle Teilnehmer_innen relativ zeitgleich an
unterschiedlichen Orten der Welt mit dem gleichen Thema befasst haben, können für sie in der
direkten Gegenüberstellung von eigenen und fremden internationalen Handyfilmen deutlicher
die Kontraste ihrer kulturellen und sozialen Verortung hervortreten.
256
Vgl. Schleser, „Collaborative Mobile Phone Filmmaking“, S. 402.
Vgl. Constanze Kirchner / Markus Ferrari Schiefer u.a., Ästhetische Bildung und Identität.
Fächerverbindende Vorschläge für die Sekundarstufe I und II, München 2006, S. 18.
258
Vgl. Wolfgang Welsch, Ästhetischen Denken, Stuttgart 1993, S. 170 ff.
257
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Unterschiedliche Perspektiven auf das Gefilmte können darüber hinaus von den
Teilnehmer_innen noch im Prozess des Filmemachens ausgetauscht werden. Angelehnt an
Jean Rouchs Film Chronique d'un été, in dem das Feedback der Zuschauer_innen, die den Film
ansahen, Teil des Films selbst ist,259 entwickelt Schleser mit seinen Projektteilnehmer_innen
eine Praxis, in der das Feedback zu ihren Handyfilmen bereits in die Filme mit einfließt. Die
Zuschauermeinung wird Teil des Films. Das Potenzial der neuen Medien besteht hier darin,
dass sich sehr schnell eine Rückmeldung von sehr unterschiedlichen Personen einholen lässt,
indem eine Vorschau-Version auf sozialen Plattformen hochgeladen wird. Mit dem
Hybridmedium Smartphone lässt sich daher leicht von unterwegs das Feedback zum Film
abrufen.
Datenbanken-Sehen
Die Homepage www.24rames24hours.org.nz stellt neben verschiedenen Festival-Screenings
das zentrale Präsentationsformat des Projektes dar. Hierin sieht Schleser die Möglichkeit für
Nutzer_innen, sich „user based narratives“260 zu bilden. Die Homepage kann durch die
Nutzer_innen individuell und interessengeleitet entdeckt werden. Mittels der Möglichkeit, drei
Videos von unterschiedlichen Orten und Uhrzeiten parallel abzuspielen, kann ein
personalisierter Splitscreen-Film erzählt werden. Ein klassisches Endprodukt des Films gibt es
daher nicht. Stattdessen liegt eine offene Form vor, in der alle Nutzer_innen der Homepage den
global city film mit- und umgestalten können und dadurch ein anderes Erlebnis als die anderen
durchlaufen.
Das Auswählen von unterschiedlichen Videos aus einer Leiste von potenziell abspielbaren
Videos auf dem Screen ist durch Videoportale wie YouTube bekannt. Die Ästhetik der
qualitativ rauen und verwackelten YouTube-Clips ist daneben in den mobile-mentaries präsent.
Es kommt hier aber etwas hinzu, was von Lev Manovich als „räumliche Montage“261 (eng.
Spatial Montage) bezeichnet wird. Die Verknüpfung von Bildern erfolgt nicht nur, wie im
traditionellen Kino zeitlich, sodass sie (nur) nach Vor- und Nachzeitigkeit geordnet sind,
stattdessen gibt es die aufstrebenden Kategorien des Räumlichen und des Gleichzeitigen in der
Montage auf dem Computer-Screen.262 Auf www.24frames24hours.org.nz können Videos
zeitgleich in unterschiedlichen Bereichen des Screens abgespielt werden und beliebig
angeordnet werden, sodass die Montage – neben der zeitlichen innerhalb der Einzelfilme –
eine räumliche auf dem Screen ist. Dieser Ansatz der Homepage versucht neue Möglichkeiten
der Präsentation auszuloten und ergänzt die Gedanken der Montagetechnik um eine weitere
Kategorie.
259
An Ende des Filmes steht eine Filmszene in der das Kinopublikum nach dem Betrachten des Films gezeigt
wird. Sie sind hier dazu aufgefordert, über ihre Eindrücke zu sprechen und auch der Regisseur nimmt zum
jenem Feed-Back anschließend Stellung.
260
Vgl. Anhang, S. 14.
261
Lev Manovich, The Language of New Media, Cambridge 2001, S. 322.
262
Vgl. ebd.
55
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Wie bereits im Rahmen der YouTube- und U-Bahn-Präsentationen in Zusammenhang mit
MobileMovie analysiert, verändert sich auch bei der Homepage die Aufmerksamkeit, mit der
wir uns einem Film widmen. Das ständige Suchen in Listen, nach Verweisen und die ständige
Verfügbarkeit von immer mehr Videos, die im Anschluss noch zu betrachten wären, könne
uns, so Lovink, dabei an die Grenzen unserer geistigen Kapazitäten bringen. Die Konzentration
sei dann weniger tief auf das Besondere hin ausgerichtet, sondern eher auf eine Verarbeitung
von Masse.263 Es liegt nahe, dass die Myriade an verschiedenen Möglichkeiten der
Kombination von Videos nicht der Erfahrung von fremder Subjektivität zuträglich ist, sondern
ein Sich-Einlassen verhindern könnte, da es die Aufmerksamkeit ständig auf die zwei parallel
geöffneten Videos und die potenziell noch zu öffnenden Videos lenkt.
Es können aber auch positive Potenziale mit der gedanklichen Leistung der
Zuschauer_innen, die die Videos unterschiedlicher Orte und Zeiten in Relation setzen,
verbunden sein. Was dabei zudem entstehen könnte, ist eine Art „Erfahrung des Zeitgeistes“
unserer Generation, der sich in den Filmen abbildet. Das Switchen von Link zu Link, welches
der Rezeption von Videos auf Videoportalen inhärent ist, ist mittlerweile verketteter in unseren
Alltag, als der Besuch von dunklen Kinosälen. Die Vielzahl von Orten und Zeiten, die die
Homepage uns vorsetzt, reinszeniert dabei das, was wir auf YouTube ständig rezipieren. Nicht
nur schauen wir Filme der verschiedensten Länder auf der Welt, wir sehen auch teils sehr
intime Einblicke in den Alltag unbekannter Personen, die oft aus anderen kulturellen
Zusammenhängen stammen. In der normalen YouTube-Erfahrung machen wir uns dies selten
bewusst, doch durch die Konzeptidee von 24 Frames 24 Hours und die Anordnung in Länder
und Städte, finden wir die ganze Welt von YouTube komprimiert und selektiert auf der
Homepage. Inwieweit das Projekt dies mit den Teilnehmenden reflektiert, wird aus dem
Material nicht ersichtlich.
263
Vgl. Lovink, Das halbwegs Soziale, S. 171.
56
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7. Reflexion und Ausblick
Dieses Kapitel dient vor allem dem Aufwerfen von bleibenden Fragen an die Projekte und
auch an die Handynutzung in Bildungskontexten generell, die im Rahmen dieser Arbeit nicht
zufriedenstellend geklärt werden können.
Zuallererst wirbt das Projekt 24 Frames 24 Hours damit, als „prototype for community
involvement through creative practices“264 zu gelten, jedoch wäre der Partizipations-Charakter
des Projektes weitergehend zu untersuchen. Man gewinnt durch die vielseitigen Werbetexte
zum Projekt den Eindruck, dass es mehr um den Prozess des Filmemachers Schleser und die
Entstehung des global city film geht. Dieser Eindruck wird durch die Homepage zum Projekt,
auf der Schleser in Façon Vertovs die Filme seiner Kinoki zusammenträgt, um das Leben
weltweit in seiner Einheit zu porträtieren, noch weiter geschürt.265 Dies wäre aber auch vor
dem Hintergrund zu betrachten, wie Projekte für eine Öffentlichkeit präsentiert werden
müssen, damit sie „ein Gesicht bekommen“.
Im Sinne einer Partizipation fällt auch auf, dass nicht nur bei 24 Frames 24 Hours,
sondern auch bei MobileMovie schon vor Fertigstellung der Handyfilme Präsentationsformate
bestimmt wurden. Bei Letzterem stand die Kooperation mit der Hochbahn schon vor
tatsächlichem Projektbeginn fest. Grundsätzlich sollte aber darüber nachgedacht werden, was
es für die Projektteilnehmer_innen bedeutet, stärker in diesbezügliche Aushandlungsprozesse
eingebunden zu werden. In diesen kann weitergehend über mediale Dispositive nachgedacht
werden. Denkbar wäre es sicherlich auch, den prozesshaften Charakter der ästhetischen Arbeit
der Teilnehmenden auch in der Präsentationsart zu betonen, sodass Zuschauer_innen ihre
Forschungsprozesse rekonstruieren können, und dadurch mitverfolgen, wie sich Einzelne
Entscheidungen ausgesetzt haben. So könnten auch unterschiedliche Montageversionen
innerhalb 24 Frames 24 Hours gezeigt werden und damit noch einmal gesehen werden, dass es
264
Max Schleser, „Mobile-mentary (mobile documentary) 2.0“, in: http://mina.pro/dr-max-schleser/ (letzter
Abruf: 22.07.2015).
265
Auf Vimeo (www.vimeo.com, QR 10) lässt sich ein von Schleser erstellter Feature-Film ansehen, der
nach Angaben Schlesers die Intervalltheorie Vertovs befolgt und gemäß der Arbeitsweise Vertovs, das
Material mehrerer Kinoki, hier losgeschickte Studierende, verknüpft und auch die Online-Konferenzen, also
das Feedback im Sinne Jean Rouchs, einbindet.
57
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nicht „die richtige Lösung“ gibt. Der Arbeitsprozess wird daher gewissermaßen beschnitten,
wenn Präsentationsformate schon früh feststehen und Filmende daher dazu aufgefordert sind,
gewisse Standards, die für das Format nötig sind, zu erfüllen.
Welche Bedeutung dem Prozess der Gruppe insgesamt zukommt, wird auch vor anderem
Hintergrund fraglich. Die Tatsache, dass sowohl MobileMovie als Workshop für Lehrkräfte
angeboten wird, in dem vermittelt wird, wie man das Projekt am besten durchführt, als auch
dass 24 Frames 24 Hours auf ein Set von „best practice guidelines“266 hinausläuft, das an
andere Institutionen und Organisationen weitergegeben werden soll, wirft die Frage auf,
inwiefern sich ästhetische Projekte formelhaft unterrichten lassen und inwieweit sie von der
Dynamik der speziellen Gruppe abgelöst werden können. Vor dem Hintergrund ökonomischer
Nutzbarmachung dieser Projekte wäre dies weitergehend zu untersuchen. Denn selbst wenn die
Richtlinien relativ offen formuliert bleiben und von der Lehrpersonen selber gefüllt werden
müssen, stellt sich die Frage, was aus den Projekten im Einzelfall gemacht wird und ob sich
dies noch mit anfänglichen Intentionen der Projekte deckt. Schwierig vereinbar wäre es für ein
bildungsinteressiertes Vermitteln von Film, dass solche Filmvermittler_innen die Projekte
durchführen, deren eigenes Filmerleben von Filmklischees geprägt ist und die sich schwer von
einem fest zu vermittelnden Filmwissen lösen können. Für ein film-bildendes Projekt sollte
man dem Anspruch gerecht werden, nicht rein Initiator_in des Projektes zu sein, sondern
darüber hinaus die Projektteilnehmer_innen zu „unterrichten“267, wofür eine Überzeugung von
und eine Affinität zur Kunst unentbehrlich sind, nicht ohne sich dabei ein Stück weit
verletzlich zu machen.268 Das Unterrichten lebt davon, dass Lehrer_innen das Lehrbuchwissen
über dessen Grenzen hinaus denken und auch ihr eigenes Nicht-Wissen preisgeben und dabei
zum Staunen bereit bleiben.269 So bemerkt auch Alain Bergala in seinem Konzept von Filmvermittlung:
Wenn jemand initiieren will und noch nie eigene Erfahrungen mit dem Schaffensakt und mit den
Ansprüchen, die er an das Subjekt stellt, gemacht hat, wird ihm immer etwas abgehen. Denn bei der
Einführung in den Schaffensprozess wird eine Erfahrung von Subjekt zu Subjekt weitergegeben.270
Bei unterschiedlichen Vermittler_innen zu unterschiedlichen Ergebnissen zu kommen, ist alles
andere als problematisch. Es besteht jedoch die Gefahr, dass jene durch die Ökonomisierung
der Projekte zu zurückgenommenen Organisator_innen werden, die das selbständige Lernen
der Schüler_innen und Student_innen begleiten.271 Es ist hier zu überlegen, ob eine
Übertragung, wie sie in Anlehnung an die Psychoanalyse zum Beispiel Hinrich Lühmann und
auch Karl-Josef Pazzini formulieren, noch möglich wäre. Übertragung, das ist „ein
266
Schleser, „Collaborative Mobile Phone Filmmaking“, S. 402.
Vgl. Bergala, Kino als Kunst, S. 116.
268
Vgl. ebd, S. 52.
269
Vgl. Pazzini „Überschreitung des Individuums durch Lehre“, S. 268.
270
Bergala, Kino als Kunst, S. 116.
271
Vgl. Hinrich Lühmann, „Die Schule, das Lehren und die Übertragung“, in: Pazzini / Schuller u.a.
(Hg.), Lehren bildet?, S. 265.
267
58
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
performatives Geschehen, das von Zeit, Raum und Aktionen in ihr ‚lebt‘“272. Schüler_innen
und Student_innen kommen im Lehrprozess in Berührung mit etwas Fremden oder einem
Anderen, bemerken, „dass da jemand möglicherweise etwas für einen hat“273. Dadurch gehen
sie über sich hinaus. Ich möchte die Idee der Übertragung hier nicht in Gänze nachzeichnen
und auch keineswegs die Projekte im Nachhinein schlecht reden, möchte aber wohl zur
Diskussion stellen, ob es nicht eine schwierige Vorstellung ist, dass sich die Projektidee und
die dafür zu wählenden Praktiken nicht aus der Situation, den anwesenden Personen und dem
Prozess, in den sie eintreten, ergeben. Durch die Bearbeitung der Fragen, die Küchmeister und
Schleser selber umtrieben, gewannen die Settings der Vermittlung meines Erachtens ihre
Stärke.
Ihre Stärke gewinnen die Projekte daneben über die Art, wie sich Teilnehmer_innen in die
ästhetische Arbeit verstricken lassen. In einem Interview mit einer Projektteilnehmerin von
MobileMovie wurde ersichtlich, dass für ein gelingendes Projekt viele Rahmenbedingungen
erfüllt sein müssen, die ich hier nicht im Einzelnen auffalten möchte. In der Schule ist, wie
bereits erwähnt, die Spannung zwischen Zwang und Freiwilligkeit immer präsent. Daher
werden sich immer wieder Schüler_innen zumindest relativ geschlossenen Aufgabenstellungen
entziehen und diese „abarbeiten“, wie sich auch in folgendem Transkriptabschnitt zeigt:
[...] also ich weiß nicht, ob man es schaffen würde, Schüler soweit zu kriegen, dass sie selbst
sich ein Konzept erarbeiten, die machen das dann irgendwie so beliebig belanglos und ja, das
ist halt ne Aufgabe, gut mach ich sie, und obwohl sie eben halt dieses Gerät benutzen durften,
hab ich nicht gesehen, dass sie motivierter waren oder dachten oh cool jetzt dürfen wir das. Die
fanden das überhaupt nich- also die fanden das überhaupt nicht besonders [...].274
Allem, was die Schule an Regeln stellt, stehen sie dann nicht experimentierfreudig gegenüber,
sondern versuchen sich einfach in der Reproduktion einer Regel, um eine Mindesterwartung
der Lehrer_innen zu erfüllen. Bildung findet dann nicht statt und wird auch nicht ermöglicht.
Durch eine größere Öffnung von Aufgabenstellungen – wenn dann überhaupt noch gearbeitet
wird – könnte es gelingen, dass die Schüler_innen ihre Projekte mehr zu ihren Projekten
machen und sich daher in eine Auseinandersetzung begeben. Wie die Rahmen dafür aussehen
könnten, wäre in weitergehender Forschung und leicht bis stark veränderten Settings zu
erproben. Darüber hinaus spielt die vertrauensvolle Bindung zwischen Lehrenden und
Lernenden ebenfalls eine wichtige Rolle, wenn man das Handy in den Unterricht einbindet.
Wie im folgenden Abschnitt deutlich wird, gehen hiermit auch Risiken einher:
Und ich versteh aber auch die Schüler, ne, dass wenn man ihnen das schon, ne, wenn man
ihnen schon den kleinen Finger reicht, dass die dann die ganze- und ich hab auch eine
Schülerin erwischt, die hat dann ein Spiel gespielt darauf. Da hab ich auch gesagt, nee das ist
halt doof, wenn man ihnen einen Vorschuss gibt an Vertrauen der dann so ausgenutzt wird
[...].275
272
Karl-Josef Pazzini, „Kann man Übertragung sehen? - Lehren heißt, individuelle Grenzen überschreiten“,
in: Manuel Zahn / Karl-Josef Pazzini (Hg.), Lehr-Performances. Filmische Inszenierungen des Lehrens,
Wiesbaden 2011, S. 189.
273
Pazzini, „Überschreitung des Individuums durch Lehre“, S. 319.
274
Vgl. Anhang, S. 23.
275
Vgl. Anhang, S. 22.
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Das Handy bietet Schüler_innen die Möglichkeit, sich vom Unterricht zu entziehen, sensibles
Material im Internet hochzuladen und kann bei Lehrenden ein Gefühl der Ausnutzung
hinterlassen, wenn der Einsatz des Handys misslingt. Hier zeigen sich auch immer wieder
Grenzen von in der Schule initiierten ästhetischen Bildungsmöglichkeiten auf.
In nur über wenige Tage stattfindenden Workshops ist in Zusammenhang mit
Bildungsprozessen auch die Ressource Zeit ein wichtiger Faktor, der sich als hinderlich
erweisen kann. Was ein Projekt wirklich für eine anzuregende Film-Bildung ausrichtet, kann
nicht einfach beantwortet werden, weil es von etlichen Faktoren abhängt. Jedoch spricht
Bergala in Kino als Kunst der Schule die Möglichkeit zu, Schüler_innen überhaupt erst mit
einer speziellen Art von Filmen in Berührung zu bringen, die sie sonst nicht anschauen
würden.276 Damit Schüler_innen auch ihr Gefallen und Nicht-gefallen von Filmen reflektieren
können, ist es in unserer medial wie kulturell hochkomplexen Gesellschaft vonnöten, ihre
Wahrnehmungsfähigkeiten zu schulen. Denn man kann nicht davon ausgehen, auch wenn es in
Einzelfällen nicht ausgeschlossen bleibt, dass sich diese von allein entwickeln. Genauso ist es
das Potenzial von künstlerischen Filmvermittlungsprojekten, die Alltagspraktiken mit dem
Handy zu hinterfragen, anders zu denken und damit Prozesse beginnen zu lassen, die vielleicht
nicht ohne einen Initiationspunkt in Gang kommen würden. Daher ist jene Rahmung ein
wichtiger Faktor bei der Ermöglichung von Bildungsprozessen, wenn sie sich auch nicht
gezielt erzeugen und daher auch nicht für die Schule operationalisieren lassen. Film-Bildung
ist darüber hinaus prozessual zu denken. Die transformatorische Erfahrung und damit Bildung
ist als nicht intentional zu bewirkende Mündung eines solchen Prozesses zu sehen.277 Daher ist
es schwer denkbar, dass ein einzelnes Projekt, in dem nur eine kurze Beschäftigung mit den
eigenen Sehgewohnheiten und der eigenen Dispositiviertheit stattfindet, Bildung allein
ermöglicht. Vielmehr müssten dafür Strukturen geschaffen werden, in denen sich
Schüler_innen
oder
Student_innen
über
einen
längeren
Zeitraum
möglichen
Fremdheitserfahrungen aussetzen können, damit Projekten inhärente Potenziale durch eine
intensive Beschäftigung und mehrmalige Konfrontation mit Irritierendem und Widerständigem
zu ihrer vollen Entfaltung kommen. Daraus ergibt sich, dass der derzeitige rasch getaktete
Überprüfungswahn von Lernzielen und Kompetenzen für ein Bildungsdenken nicht greift. Das,
was in film-bildenden Projekten erfahrbar wird, lässt sich nicht punktgenau abprüfen, da es
seine Wirkungen oft auch erst sehr viel später entfaltet und dann erst in einem „Worauf“ des
Antwortens einen Anspruch an die Subjekte stellt.
In Anlehnung an die eingangs erwähnte „Achtsamkeit“ wäre es interessant, mit
Teilnehmer_innen im Anschluss an die Projekte zu diskutieren, wie sich die Wahrnehmung des
Gerätes Handy in den Projekten ändert und ob es durch die Projekte gelingt, sinnliche Zugänge
zu einem vermeintlich „unsinnlichen“ Medium zu schaffen.278 Ob dies überhaupt
276
Vgl. Bergala, Kino als Kunst, S. 31 ff.
Vgl. Walberg, Film-Bildung im Zeichen des Fremden, S. 132 ff.
278
Einige Teilnehmer_innen von 24 Frames 24 Hours reflektierten dies in Ansätzen selber, wobei deutlich
wurde, dass das für einige eine Banalität darstellende für andere einen deutlichen Blickwechsel bedeutete. So
277
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wünschenswert ist oder Digitalität im Alltag weiter in seine Grenzen gewiesen werden sollte,
bietet noch weit mehr Platz für Reflexionen. Han schreibt vom Ende der Privatsphäre, wenn er
in Anlehnung an Barthes die Privatsphäre als Raum und Zeit begreift, wo der Mensch „kein
Bild, kein Objekt“279 ist. Denn die Kamera ist nun überall verfügbar und der Mensch potenziell
überall ein Bild.280 Ständig Filmen zu können und die Kamera ständig dabei zu haben, wird
gemeinhin als Potenzial aufgefasst, aber dabei stößt das Filmen, gerade dadurch, dass auch
spionagehaft gefilmt werden kann, schnell an die Grenzen von Anderen. Besonders auch, weil
das Material sekundenschnell im Netz verbreitet werden kann, was gerade für die Schule einen
hohen Risikofaktor beim Einsatz von Smartphones im Unterricht bedeutet. Das Paradoxe
hieran ist, dass ein Großteil gerade der jüngeren Handyfilm- und fotografie-Nutzer_innen, sich
selber filmt und ihren Alltag in sozialen Netzwerken zur Schau stellt. Diese Spionage auf uns
selbst durch uns selbst, wird aber selten als Angriff auf die Privatsphäre wahrgenommen, sie
ist freiwillig. Auch Küchmeister spricht davon, dass die Handyfilme unfreiwillig einen
Einblick in das Privatleben geben.281 Bei 24 Frames 24 Hours steht die persönliche Sicht auf
den Alltag und seine soziale und kulturelle Verortung im Mittelpunkt. Die Projekte bieten
daher auch Anschlüsse an die Diskussion um Privatsphäre im Netz und anderswo,
Überwachung und freiwillige Selbstdarstellung.
Insgesamt lassen sich die Projekte in einem Spannungsfeld zwischen verschiedenen
Diskursen verorten. Einerseits untersuche ich sie auf ihren Anspruch auf Bildung, der ihre
Einbindung in schulischen und universitären Kontext legitimiert. Daneben stehen sie durch
ihre Finanzierung durch Drittmittel auch in einem kommerziellen Kontext, der durch einige
Festlegungen die kreativen Akte in den Prozessen beschneiden kann. In einem kulturellen
Diskurs stehen die Projekte dadurch, dass sie das kulturelle Artefakt Handy, die unter Kultur
zu verortende Plattform YouTube, Websites etc. nutzen. Durch die Einbringung dieser in einen
künstlerischen Diskurs wird erst eine Metareflexion über den oben erwähnten Zeitgeist und die
kulturellen Artefakte möglich. Diese Reflexion ist dadurch möglich, dass Kunst im
Unterschied zu den anderen Systemen selbst-reflexiv ist. Die Projekte sind eine Art
Kompromiss zwischen diesen verschiedenen Systemen, die einerseits zum Beispiel eine
schnellere Verbreitung und das Stattfinden der Projekte generell möglich machen, andererseits
aber auch den Kunstcharakter schwächen können. Je nach der Lupe, unter der man die Projekte
sieht, erweisen sich unterschiedliche Aspekte der Projekte als Stärke oder Schwäche. Da in
dieser Arbeit der Bildungsaspekt im Vordergrund steht, lag der Schwerpunkt in der Analyse
immer auf den Möglichkeiten für ästhetische Erfahrungen, wobei man sie auch unter anderen
Gesichtspunkten hätte untersuchen können.
postete Deborah (Angestellte bei DDB): „I swear I didn't cheat it's really all iPhone. Awesome time“
(Schleser, „Collaborative Mobile Phone Filmmaking“, S. 402.) und „I fell in love with my iPhone all over
again. Had an awesome weekend working on this super cool project“ (Ebd.).
279
Han, Im Schwarm, S. 8.
280
Vgl. ebd., S. 8.
281
Vgl. Anhang, S. 11.
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8. Fazit
In vielen Texten, die ich für diese Arbeit las, klingt es, als würden Handy und Handyfilm die
Welt zum Positiven verändern, eine ganz neue Generation hervorbringen können und soziale
Gleichheit beflügeln (in ebenso vielen wurde aber genau das Gegenteil beschworen). Auch
wenn diese übergeordneten Potenziale vielleicht doch illusorisch bleiben, so gibt es doch
welche in fester umrissenen Gebieten. Einige davon ließen sich innerhalb dieser Arbeit für eine
Film-Bildung feststellen.
Um noch einmal auf die eingangs erwähnte Vision emanzipierter Filmproduktion als
Katalysator für wunderbare Filme von schon jungen Mädchen zurückzukommen, bin ich in der
Arbeit zu dem Schluss gekommen, dass sich die in den Projekten entstehenden Handyfilme
vom YouTube-Sumpf abheben können, gelingt es ihnen, die Forschungsprozesse der
Filmenden nicht zu negieren, sondern zu stärken. Denn in den Projekten blitzen vielerorts
Potenziale für die Ermöglichung von ästhetischen Bildungsprozessen auf. Diese umzusetzen
gelingt meines Erachtens nur unter einigen bereits erwähnten Vorbehalten (Öffnung von
Aufgabenstellungen,
Übertragung,
Zeit
für
Prozesse
der
Auseinandersetzung,
Vertrauensbasis).
Das Handy sollte in der Film-Bildung, so meine derzeitige Haltung, aber nicht generell
zum Filmen eingesetzt werden, sondern nur, wenn es wirklich darum geht, dispositivierte
Handlungsweisen mit ihm zu hinterfragen und mit neuen Möglichkeiten dieses spezifischen
Mediums zu experimentieren. Denn nie sollte man unterschätzen, was es auf Lerngruppen für
eine Wirkung hat, eine „richtige“ Kamera auf sie zu richten und auch nicht, was es für eine
Wirkung auf das Verständnis von Medialität hat, mal mit Super8 oder anderen analogen
Filmtechniken zu drehen.
Wenn man das Handy einsetzt, werden damit auch immer Fragen seiner Rolle in unserer
Alltagskultur aufgeworfen. Allein dann, wenn man es in der Schule mit Schüler_innen zu tun
hat, die die Nutzung des Handys als Einladung sehen, sich damit dem Unterricht zu entziehen
oder Fotos von Mitschüler_innen und Lehrer_innen im Internet hochzuladen und damit
Cybbermobbing auszulösen. Den Informationsblick, mit dem das Gerät alltäglich genutzt wird,
gilt es zu verschieben und den sonstigen Filmen, die ständig aufgenommen werden, etwas
gegenüberzustellen. Der Zugang zu neuen Wahrnehmungsweisen kann dabei durchaus holprig
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sein, jedoch lohnt es sich an unseren Wahrnehmungsgewohnheiten zu arbeiten. Die vielen
unterschiedlichen visuellen und künstlerischen Umgebungen, in denen wir uns aufhalten,
stellen einige Anforderungen an unsere Wahrnehmungsfähigkeiten. Daher sollte die bewusste
Bildung dieser auch keine Nebensache in unserer Gesellschaft darstellen. Denn letztlich
können wir die volle Entfaltung von Kunstwerken und Filmen nur erfahren, wenn wir eigene
Tätigkeit in sie investieren.
Für eine ästhetische Praxis ist zu untersuchen, welche Spuren die alltäglichen
Nutzungsweisen an uns und unserem Verständnis von Normalität hinterlassen. Um in
Zusammenhang mit Handyfilmproduktion, Bildung zu ermöglichen, müssen filmvermittelnde
Settings besonders blickverändernde Handlungsweisen vorschlagen und irritierende Momente
hervorbringen. Handykameras können, so denke ich, prinzipiell zu ästhetischen Dispositiven
zweiter Ordnung in Baduras Verständnis werden und damit eine ästhetische Welterschließung
anregen. Die Projekte MobileMovie und 24 Frames 24 Hours helfen bedingt dabei, Praxen
anzuregen, in denen es gelingt, das Handy außerhalb seiner Funktionszusammenhänge zu
denken und als ein Medium für Experiment und zur Übersetzung der subjektiven Sicht- und
Erfahrungsweise von Orten einzusetzen. Durch eine experimentelle Filmpraxis mit dem Handy
kann es zur Auseinandersetzung mit Unvorhersehbarem kommen sowie die eigenen
Sehgewohnheiten und Handlungsautomatismen durchkreuzt und hinterfragt werden. Es kann
außerdem ein sehendes Sehen im Gegensatz zur Reduktion des Gesehenen auf den
funktionalen Inhalt kommen, dass in der Filmproduktion zur Würdigung des Einzelbildes und
zur Erweiterung der Bildsprache führen kann.
Die Handykamera kann zudem genutzt werden, um subjektive Erfahrungsweisen von
Orten medial zu übersetzen, um damit die Facette der Artikulationsformen für ästhetische
Darstellungswünsche zu erweitern. Das Handy wird dabei wie in der alltäglichen Praxis an
bekannten Orten genutzt, wofür ein Modus der ästhetischen Aufmerksamkeit nötig ist. Es
lassen sich für Filmende die Grenzen der Darstellbarkeit von vorsprachlichen Empfindungen
erfahren. Der Versuch der Inszenierung dieser zerbrechlichen Momente deckt sich dabei mit
der oft impressionistischer und fragmentarischer werdenden Qualität der Handysequenzen.
Durch Verwendung des durch Muskelstränge durchzogenen, wackligen „Stativs“ bildet sich
das Subjekt dabei selbst im Medium ab. Ausgehend von Vertov können Filmende eigene
Bildlogiken entdecken und in einen ästhetisch aufmerksamen Dialog mit ihrem gefilmten
Material treten. Dabei sollten vielfältige Lösungen, statt einer richtigen, befürwortet werden.
Die durchschnittliche Konzentration, mit der Handyfilme meist produziert und besonders
rezipiert werden, muss in den Projekten jedoch durchbrochen werden. Besonders für die
Präsentation der Filme ist es daher wichtig, diese geringe Konzentration nicht zu speisen.
Daneben
sollten
mit
den
Teilnehmenden
die
materiellen
und
technischen
Aufführungsbedingungen für die Filme mitgedacht werden.
Die Projekte sind immer nur als Etappe innerhalb von Bildungsprozessen mit Filmen zu
sehen. Es kann sich hier aber an implizite, nicht begrifflich fassbare Wissensformen
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angenähert, ein Grundstein für die Entbildung von diesen gelegt und darüber hinaus,
weitergehende transformatorische Bildungsprozesse ermöglicht werden. Die Arbeit mit dem
Handy stellt dabei nur einen möglichen Weg für die Erweiterung des ästhetischen
Welterschließungsrepertoires dar. Wichtig kann sie deshalb werden, weil viele Jugendliche
eine Vielzahl von Stunden des Tages allein mit diesem Gerät verbringen und das Gerät daher
in ihrem Verständnis davon, was Normalität ist und sein sollte, eine entscheidende Rolle spielt.
Ein wirkliche gesellschaftliche Relevanz bekommt die ästhetische Praxis mit dem Handy,
wenn man dies wie Badura in Anschluss an Jaques Rancière für ästhetische Praxis allgemein
weiterdenkt. Wenn sich Jugendliche zum Beispiel darüber bewusst werden, dass das, was sie
sehen, sich auf verschiedene Weisen sehen lässt, werden sie vielleicht daran erinnert, dass sich
viele Dinge auf ganz unterschiedliche Weisen wahrnehmen lassen, als sie es gewohnt sind.
Dies kann eine andere Einstellung zu den sie umgebenden Dingen herstellen. So sollte es in
den Projekten nicht darum gehen, dass tolle auf öffentlichen Präsentationsformaten zeigbare
Filme entstehen, die für alle leicht zugänglich sind, sondern darum, dass an diesen Filmen ein
Anders-Sehen erfahren werden kann. Besonders für den Kunstunterricht ist dies eine wichtige
Zielrichtung, denn hier geht es vor Allem darum, am Visuellen zu arbeiten und den Bereich der
vorsprachlichen, ästhetischen Erfahrung zu stärken. Durch die Entwicklung einer
Aufmerksamkeit dafür, können unterschiedliche Dimensionen dieser erfahrbar und durch ein
kreatives Antworten kommunizierbar gemacht werden.
Insofern die Teilnehmer_innen beider Projekte die initiierten Praxen als Erweiterung ihres
Ausdrucksrepertoires wahrgenommen haben und es ihnen gelungen ist, den Modus einer
ästhetischen Aufmerksamkeit einzunehmen, wäre es eine wünschenswerte Vision, dass jene
sich auch über die Projektkontexte hinaus freiwillig mit den ästhetischen Praxen beschäftigen
und das Handy – eben durch seine allgegenwärtige Verfügbarkeit – nutzen, um
Übersetzungsformen für Widerfahrnisse zu erkunden. Da das Handy oft dazu da ist,
Leerstellen im Tagesablauf zu überbrücken, wäre es interessant herauszufinden, ob künftig
nicht nur die Rezeption von kurzen YouTube-Clips, sondern auch die Produktion von eigenen
filmischen Momenten, zum Füllen dieser genutzt werden. Dann würde man Coppolas Vision
sogar ein Stück näher kommen.
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Abb. 4: Der Mann mit der Kamera. R.: Dziga Vertov. UdSSR 1929. TC: 00:15:05. [S. 16]
Abb. 5: Der Mann mit der Kamera. R.: Dziga Vertov. UdSSR 1929. TC: 00:46:02. [S. 16]
Zitierte Filme
Hearts of Darkness: A Filmmaker's Apocalypse. R.: Fax Bahr / George Hickenlooper u.a.. USA 1991.
TC: 01:31:50-01:32:11. [S. 16]
QR-Verzeichnis
QR 1: Künstlerhomepage von Eva Paulitsch und Uta Weyrich, http://www.pw-video.com (letzter Abruf:
27.07.2015). [S. 2]
QR
2:
„ICI
Paris
[Whatsapp
DispatchesRaúl
in: https://www.youtube.com/watch?v=mok2XypF2Jc (letzter Abruf: 27.07.2015). [S. 2]
Marroquín]“,
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QR 3: „Hearts of Darkness - The Great Hope“, in: https://www.youtube.com/watch?v=9WOnRAvdK2s
(letzter Abruf: 27.07.2015). [S. 3]
QR 4: „Max with a Keitai“,in: https://www.youtube.com/watch?v=1jc2iLI5Mx0 (letzter Abruf: 27.07.2015).
[S. 14]
QR 5: „Exiting the Factory (1895) - 1st Projected Film - LOUIS LUMIERE - La Sortie des Usines a Lyon“,
in: https://www.youtube.com/watch?v=BO0EkMKfgJI (letzter Abruf: 27.07.2015). [S. 16]
QR
6:
„Dziga
Vertov:
Man
with
a
Movie
Camera
in: https://www.youtube.com/watch?v=yzxrSX79oz4 (letzter Abruf: 27.07.2015). [S. 17]
QR 7: „Regen | Rain (1929) | Joris Ivens - Music by Hanns Eisler,
https://www.youtube.com/watch?v=T_MXa9enUfE (letzter Abruf: 27.07.2015). [S. 20]
(1929)“,
1941“,
in:
QR 8: Homepage von A Wall is a Screen e.V., http://www.awallisascreen.com (letzter Abruf: 27.07.2015).
[S. 33]
QR 9: Homepage von 24 Frames 24 Hours, http://www.24frames24hours.org.nz (letzter Abruf: 27.07.2015).
[S. 35]
QR 10: „www.24frames24hours.org.nz“, in: https://vimeo.com/72798304 (letzter Abruf: 27.07.2015). [S. 57]
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1
Anhang: Interview mit Projektinitiator Klaus Küchmeister über MobileMovie
geführt von Franziska Peschel und Jasmin Böschen
Das Interview wurde mit dem Handy aufgenommen und wörtlich anhand der
Transkriptionsrichtlinien nach Bohnsack transkribiert. Vgl. Anhang, S. 24. Der Leitfaden zum
Interview befindet sich ebenfalls im Anhang. Siehe Anhang, S. 25.
P: Franziska Peschel
K: Klaus Küchmeister
B: Jasmin Böschen
(00:00:00)
(00:00:15)
P: Okay, da:nn kann’s losgehen. (3) Beschrei:ben si::e, wie sich der Einsatz
von mobilen Endgeräten in ihrem Unterricht entwickelt hat.
K: Der mobile=der Einsatz von mobilen Endgeräten, speziell damals 2008 als
ich damals damit angefangen habe im Kunstunterricht, (2) bezog sich (1) nur
auf das Handy. (1) Damals. Heute, ist es auch das Smartphone geworden, es
gibt aber auch kleine (1) Fotoapparate, mit denen man Filmen kann, und zum
Teil setzen Schüler auch schon Tablets ein. °Das ist aber noch eher am
Anfang°, damals 2008 bezog es sich auf das Ha:ndy und vor=allem Dingen auf
die Filmfunktion. Ich habe (1) in (1) an dem Gymnasium (Schulname) auch
ganz (1) konventionelle Filmkurse, die mit ganz normalen damals Mini-DVKameras gearbeitet haben, Stativ und diesen ganzen Ausrüstungen und habe
bemerkt, dass Schüler (1) Film=wenn sie Filme machen wollen imme:r (1) sich
sehr orientieren an den Bildern, die sich auch von den Filmen gewohnt sind,
wenn sie selbst Filme rezipieren. Und die auch das gerne machen möchten.
Speziell was (1) Kameraperspektiven anging hieß das eigentlich, dass sie
immer aus Augenhöhe gefilmt haben. Es war eigentlich ganz schwer sie zu
animieren oder sie zu motivieren, (2) aus einer extremen Untersicht zu filmen
oder mal auf eine Mülltonne zu steigen, und von oben zu filmen und damit
bestimmte noch andere gestalterische Wirkungen von Film hervorzurufen.
Parallel dazu hab ich beobachtet, dass Schüler (1) damals mit dem Handy sehr
viele Selbstportraits geschossen haben. Also im fotografischen Bereich, das
was heute so ein bisschen den Begriff Selfies einnimmt. (J://mh//)°Das war
damals aber noch der Begriff.° Und es war damals auch nicht so, dass diese:
Handys schon so flächendeckend eine Frontkamera hatten, mit denen man das
eigentlich das Display oder das Format und so bestimmen konnte, den
Bildausschnitt.
(00:02:02)
P: Joa
(00:02:02)
K: Das war dann immer mehr so diese:, (1) die Sache die man die ich
beobachtet habe die Schüler haben sich haben sich eine leicht erhöhte Aufsicht
gehabt, haben dann so gepeilt (2) und haben (1) sich dann irgendwie ins Bild
gedrängt.(2) Und das hat ihnen scheinbar sehr viel Freude bereitet und=und die
Ergebnisse die dabei raus kamen waren ja manchmal auch Zufallsergebnisse,
sodass es irritierende: Bildanschnitte gab, oder es gab Verwackler, oder es gab
auch Dinge die eben nicht aufs Bild eigentlich gehörten und ein Zufallsprodukt
waren, weil man das ja nicht genau auskomponieren konnte während des
Fotografierens. Und dass haben diese Schüler aber scheinbar nicht als Fehler
erkannt, sondern haben das angenommen, fanden das auch lustig und fanden
das auch als ein 'son Zeitdokument. Und (1) das hat mich dann als ich dann
überlegt (1) und auch gemerkt hat, dass dieser Apparat Handy nicht nur 'ne
Fotofunktion, sondern auch 'ne Filmfunktion hat, hat mich veranlasst mal
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2
drüber nachzudenken, was kann man eigentlich mit diesem Handy wie kann
man da filmen? Das geht ja technisch. Aber wie kann man da wenn man das
einsetzt auch 'ne eigene gerätespezifische Filmtechnik entwickeln. Das heißt,
dass es nicht (2) eingesetzt wird wie 'ne Sparkamera (2), nach dem Motto ihr
habt jetzt 'ne eigene Kamera dreht mal euren Film, und dann haben die Schüler
meistens aus Augenhöhe wieder gedreht und manchmal waren da ja
Verwackler, weil man=s nicht so einfach auf=s Stativ bringen konnte, sondern
ich hab gesagt, wenn wir das schon einsetzten, dann müssen wir auch
erreichen, dass es die eigenen ästhetischen Qualitäten hat. (2) Das führte dann
dazu, weil man es eben nicht auf ein Stativ montieren konnte, musste man es
jetzt irgendwo in die Ecke stellen, wenn man filmen wollte, wenn man sich
selbst mitfilmen wollte, wenn man es ruhig haben wollte, und auch das führte
dann schon zu ungewöhnlichen Perspektiven und wir haben das Ganze dann
noch durch Aufgabenstellungen extre:mer bearbeitet, indem wir auch dieses
Handy, weil es so klein war, weil es sich auch so einfach befestigen ließ, an
ungewöhnlichen Orten und Positionen befestigt haben=also eine der ersten
Übungen waren, dass die Schüler dieses Gerät am Körper befestigen, an ihrem
eigenen Körper (2) und zum Beispiel dann auf einen Schuh setzten und sich
dann beobachten, was welche Bilder es gibt, (2) wenn=wenn man läuft. Also
aus der Sicht des Schuhs. Das war so 'ne Aufgabenstellung, die ich
weiterentwickelt hab aus der Sicht eines Objektes. Also des Schuhs, oder der
Trinkflasche beim Trinken, wie sieht mich die Trinkflasche, wenn ich trinke.
Das heißt der Protagonist in dem Film, war nicht eine Person, sondern der
Protagonist in diesem Film war die Flasche. (P://mh//) So hat sich das
entwickelt und das ham wir (2) hab ich dann in einzelnen erst mal in
experimentellen Übungen gemacht, mit Schülern, und daraus haben sich dann
auch immer längere Filmsequenzen ergeben, und auch in der Oberstufe, wo
man mehr Zeit hatte, damals noch Grund- und Leistungskurse. Haben sich
auch wirklich kleine narrative Filme ergeben, die dann mit dieser eigenartigen
gerätespezifischen Filmästhetik gearbeitet haben.
(00:05:09)
P: War das (1) haben sie das quasi das Projekt erst konzipiert und haben das
dann (1) auch in ihrem Unterricht=so=gemacht? oder war das quasi ihr
Unterricht so das so auszuprobieren und daraufhin wurde das Projekt initiiert.
(00:05:25)
K: Sie meinen das Projekt MobileMovie?
(00:05:26)
P: Genau!
(00:05:27)
K: Es war erst im Unterricht, also als ich das im Unterricht probiert habe ich es
wirklich experimentieren mit den Schülern gemacht. Ich hatte eigentlich auch
keine richtige Vorstellung davon, was da eigentlich bei rauskommt, für
Filmergebnisse, ich wusste aber aus der eigentlich aus der Fotogeschichte, dass
es ähnliche Leute gibt, die schon weit in den zwanziger Jahren die schon mit
kleinen Fotoapparaten gearbeitet haben, da kann man Rodtschenko nennen, als
die Kleinbildkamera von von Leica. (2) ich glaub 1925 auf den Markt kam, hat
er dieses kleine Gerät so benutzt und weil er auch mobil war, und hat auch im
Städteraum dann so fotografiert, dass er gleich ungewöhnliche Perspektiven
eingenommen hat. Oder hat sich irgendwie auf die erde gelegt und nach oben
fotografiert. Also ich wusste dass in der Fotogeschichte Leute gibt, die mit
kleinen Geräten sehr experimentierfreudig gearbeitet haben und damit auch 'ne
eigene in dem Fall 'ne Fotoästhetik herausgearbeitet haben. Und habe dann
gesagt, gut, das wäre jetzt mal etwas auf den Film übertragen, und es gibt zum
Beispiel auch in der Filmgeschichte gibt es so (1) solche Begriffe wie in den
zwanziger dreißiger Jahren wie bewegte Kamera, subjektive Kamera, camera
stylo, oder so in Frankreich also es gibt da schon so Ansätze aber das waren
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3
immer etwas was sich so mehr aus der Kameraführung ergeben hat nie aus
dem Gerät selbst, weil das Gerät damals nicht so kompakt war, man musste da
schon einigen Aufwand betreiben. (2) Und insofern hat sich das erst mal aus
Übungen mit den Schülern entwickelt, also ich persönlich hab in der
damaligen Zeit noch gar kein filmfähiges Handy gehabt, sondern hab quasi
mich mit mit Oberstufenschülern manchmal in der Pause getroffen und haben
so ein bisschen experimentiert, vor allen Dingen was diese Technik angeht,
also wie kriegt man diese Dateien dann vom Handy auf den Computer, und
wie kriegt man das muss man das möglicherweise konvertieren, um das in ein
Schnittprogramm zu kriegen.
(00:07:25)
P: Joah.
(00:07:25)
K: Und als das geklärt war, haben wir das so quasi zur Unterrichtsarbeit
gemacht. Und das dieser Projektgedanke MobileMovie kam dann ungefähr ein
Jahr später, (2) nachdem also dieses diese Art des Filmes des Handyfilmes
auch beim bundesweites Film(1)prei- Festival ein einen ersten Preis dann
damals gekriegt hat. Das war (2) bei dem Festival Ohrenblick in München,
und, ich hatte schon immer gute Kontakte zu Hamburger Medienpädagogen,
das heißt ganz speziell hier zum JAF und zu der Person Andreas Hedrich beim
JAF. Und Andreas war auch einige Male bei mir im Unterricht und hat sich das
mal angeguckt, weil er diese Art, er kannte das aus medienpädagogischer Sicht
mit dem Handy zu arbeiten, dieses Projekt und das war immer manchmal so:,
dass die: (1) gängige Videodidaktik oder Filmdidaktik für Jugendliche, die
wurde dann auf=s Handy übertragen, und was ich eben sagte macht mal euren
eigenen Film ihr habt da jetzt 'ne Kamera so die Aufgabenstellungen waren
relativ offen, und da kamen manchmal auch Filme bei raus, die naja: etwas
la:ngweilig waren °so°. Und ich hatte ihm mal ein paar Sachen gezeigt, im
Austausch und was man so machen kann mit diesen neuen Perspektiven und
das fand er interessant=war dann auch mal im Unterri:cht, hat das begleitet mit
Schülern. Und dann kam so ne andere Idee noch hinzu, weil das ja um Mobile
Movies geht, also der englische Ausdruck für Handyfilme, und der hat ja schon
in sich diese: (1) dieses bewegte (1) Mobile (1) Movie
(00:09:07)
B: Ja
(00:09:07)
K: Also nicht nur bewegt aufgenommen, sondern die Movies werden ja auch
bewegt weitergegeben, also per Bluetooth oder gezeigt auf dem Display oder
die Handys werden weitergegeben guck mal (2) und es kam noch ein dritter
Partner hinzu, das war die Schulberatung beim HVV. Da hatte ich auch gute
Kontakte zum dem Andreas Huber und (2) weil der HVV auch schon mal mit
uns in einem °anderen Filmprojekt zusammengearbeitet hatte° und dann kam
die Idee, ob man nicht Fi:lme im öffentlichen Raum mobil dreht und die aber
im öffentlichen Raum dann auch wieder präsentiert. Weil das Thema UrbanUrbani- urbane Mobilität ist ja n HVV_Thema auch, ist aber auch ein Thema
in der Kunst (3) und somit auch ein medienpädagogisches Thema. Und da
hatten wi:r (1) uns zu dritt mal zusammengesetzt und meine Idee war
eigentlich, ich wollte dieses Filme auch ganz gern mal im urbanen Raum auch
mal präsentieren also auf diesen na wie heißen die Sachen beim HVV
(00:10:09)
P: Ähm
(00:10:11)
K: Die haben jetzt einen speziellen Namen.
(00:10:14)
B: Diese Vitrinen-
(00:10:16)
K: Nein nein nicht die Vitrinen diese Sachen die als °(
(00:10:18)
B: Ach diese Infoscree:ns
)°
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4
(00:10:20)
K: Infoscreens / P: @Ja@ / K: Genau. Danke, das ist sowas was jetzt passiert,
wenn einem der Name °nicht einfällt.°
(00:10:26)
P: °Ach (
(00:10:27)
K: Infoscreens gibt es und es gibt dieses Fahrgastfernsehen °in der U-Bahn°.
Und das hat ich sowieso mal die Idee, warum laufen da nicht eigentlich mal
Schülerfilme. Und die Idee fand der HVV spannend, und der Medienpädagoge
Andreas Hedrich fand es interessant wie man dieses kleine Gerät (1) produktiv
mit Jugendlichen nutzen kann. Und weil es ja einmal eine sehr sehr auch
negativ belegt ist, gerade was Handyfilme angeht ( ) die Öffentlichkeit
sensibilisiert seit ungefähr 2006 als die ersten Gerichtsverfahren eingingen
weil die Sch- die Jugendlichen unautorisiert gefilmt haben, haben das
verbreitet (1) und damit verstoßen gegen Personen und Datenschutz verstoßen.
Und damit war die Öffentlichkeit so=ein=bisschen=sensibilisiert und wir
wollten eigentlich 'son 'son produktiven Ansatz machen. Und dann (1) das
zweite was noch 'ne Rolle spielt, wir hatten am Anfang auch über einen
Wettbewerb nachgedacht, dann haben wir aber gesagt nee das- Wettbewerbe
gibt es eigentlich genügend und wir wollen nicht diesen Wettbewerbscharakter,
welches ist der beste Handyfilm und dann prämie:ren mit Preisen. Sondern wir
wollen eigentlich so eine Art was heute unter dem Wort Nachhaltigkeit
passiert. Also wir wollen ganz gerne dass das in den Unterricht getragen wird,
und dass auch die Lehrer medienpädagogischen begleitet werden. Das heißt,
mit den mit bestimmten Fragen in Unterricht nicht allein gelassen werden.
Weil das war so 'ne Sache die ich auch aus der Lehrerfortbildung kenne. Man
schiebt etwas an mit Lehrern, die machen das, aber man weiß nie wie das im
Unterricht ankommt. (P: //mh//) Welche Produkte gibt es da und=wie können
die Lehrer das weiterführen, und gerade bei diesen digitalen Sachen fühlen
sich die Kollegen manchmal etwas überfordert.
B: Ja
K: Und da haben wir gesagt das ist doch eigentlich auch 'ne gute: (1)
Zusammenarbeit zwischen schulischen und außerschulischen Partnern und die
Medienpädagogen können ja in den Unterricht mit reingehen. Das heißt also
jeder Kollege, der an dem Projekt teilgenommen hat hat auch die Möglichkeit
für (2) ungefähr zehn Stunden einen Medienpädagogen dabei zu haben. Und
das fand in Absprache mit den Kollegen und Medienpädagogen statt. Das
muss dann natürlich auch entsprechend bezahlt werden. (3) Und so kam dieser
Kooperations(1)gedanke also die wer macht eigentlich was in dem Projekt, die
HVV bietet diese Möglichkeit zur Präsentation, und bietet auch eine
finanzielle Unterstützung, die Medienpädagogen begleitet das Projekt und
bringen auch ihre medienpädagogischen Inhalte in dem Unterricht unter, und
meine Aufgabe war es damals quasi den didaktischen und methodischen
Hintergrund zu liefern und auch 'ne Lehrerfortbildung anzubieten und was hat
das also: in welchen Bereich der Kunst des Kunstunterrichts siedelt man das
an °und was sind da die Lernziele und so weiter° (B: //mh//) Und es geht
eigentlich (1) ganz grob genommen geht es bei diesen Sachen immer wenn
experimentell mit Bildern gearbeitet wird und um es verkürzt zu sagen geht es
um Erweiterung der °Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit von Schülern.°
(P: //mh//. / B: Ja. ) So haben wir drei Projektpartner mit unterschiedlichen
Interessen und auch unterschiedlichen Ausrichtungen und haben das
zusammengebracht. Und haben dann auch gesagt, die Kollegen (2) die sich die
daran teilnehmen möchten, das war begrenzt auf zehn Schulen, weil wir das
finanzieren konnten, mögen sich auch bewerben und wir hatten: auch das
Glück, dass wir auch immer mehr als genügend Bewerbungen hatten, und
haben dann auch immer die Kollegen gebeten im zweiten und dritten
(00:12:00)
(00:12:01)
)°
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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(00:14:10)
(00:14:16)
(00:15:17)
(00:15:19)
(00:16:43)
(00:16:58)
Durchgang wieder mitzumachen ohne Begleitung, weil die hatten sie ja schon
einmal bekommen, und haben auf der Gegenseite oder in diesem im Gegenzug
dann da diese Filme die da dann entstanden sind bei den Kollegen wieder
mitgenommen in die sogenannte Preview und auch in die Premiere. °Sodass
sie auch mitgezeigt wurden.°
(P://mh//) B: Und wie war das so am Gymnasium (Schulname) hat das da auch
richtig Eingang in die Schule gefunden?
K: Ja:, also das hat erst mal (1) in in meinem Bereich im Kunstunterricht und
vom Kunstunterricht auch in den Medienbereich Eingang gefunden also diesen
norma- normalen Filmunterricht den ich (1) in den den den ich eben erwähnt
habe. Dann hat es natürlich auch 'ne Akzeptanz gekriegt durch die immer mehr
werdenden Preise auch, die die das Gymnasium eben sehr gefreut haben. Und
es ist auch so gewesen, dass ich auch Kollegen intern geschult habe da. Und
halt (
) weitere Kunstlehrer die da in dem Fachbereich sind, und es ist
dann so gewesen, dass ich an dem MobileMovie Projekt selbst mit meinen
Schülern nicht teilgenommen habe, weil es einfach zu aufwendig war in der
Organisation und dann noch eigene Schüler. Und da hat ein Kollege vom
(Schulname) genauso ein Kunstkollege von mir dann mit seinen Schülern
daran teilgenommen. so ist das eigentlich gelaufen,
weiter getragen worden
B: Ist auch irgendwas Fächerübergreifendes entstanden?
K: In dem speziellen Fa:ll, also dieses ist erst mal ein schulübergreifenden
Projekt gewesen. Also sind ja zehn insgesamt zehn Gymnasien und
Stadtteilschulen haben miteinander kooperiert. Also es sind im Fachbereich
Kunst, aber es bleiben aber die Kunstlehrer haben sich immer ausgetauscht.
Wir haben auch zwischenzeitlich immer noch Veranstaltungen gemacht (1)
zum Beispiel im Rahmen von abgedreht dem Filmfestival in Hamburg, wo
Kollegen zusammen kamen und über einzelne Sequenzen mal geredet haben.
Also wo noch keine fertigen Filme oder auch unterrichtliche Proble:me oder
noch didaktische Sachen oder Tips einfach °weitergeben°. Mittlerweile an dem
Gymnasium wo ich bin, arbeiten auch andere Fachbereiche mit dem Thema
Film und da auch speziell auch mit Handyfilm. Also ich kooperiere da ganz
gut mit dem- vor allen Dingen mit dem Fachbereich Musik die das nutzen um
das in Musikvideos einzusetzen, und ich kooperiere mit mit sprachlichen
fremdsprachlichen Fächern also momentan mit Spanisch und mit FranzösischKollegen.(3) 'Ne Kooperation in dem Sinne zwischen Kunst und den Fächern
ist es nicht aber es ist eigentlich immer so, dass die Schüler die bei mir im
Kunst- oder Medienkurs waren das in diesen Fächern machen. Also dass die
Kollegen auch gerne auf diese Schüler zurückgreifen, weil die schon eine
gewisse filmische Vorerfahrung haben.
B: Wie ist das denn eigentlich i:n (1) am (Schulname)? Gibt es da auch ein
generelles Handyverbot? Oder gibt's das eh gar nicht, sodass es überhaupt
keine Aufhebung wäre für einzelne Fächer.
K: Also es hat lange Zeit dazu (1) nichts gegeben. So. Oder nur Einzelfälle.
und jetzt ist es aber auch so dass es ein generelles Handyverbot im Unterricht
gibt. (2) Das ist in die Hausordnung aufgenommen und es hat auch einen
Sanktionskatalog, wenn man dagegen verstößt. Dann ist es so, das es ab Klasse
10 ein eine Lockerung gibt, das heißt, dass Schüler dieses Gerät in den Pausen
benutzen dürfen, aber auch wirklich erkennbar das benutzen dürfen=also das
soll nicht dazu dienen, dass sie sich abschotten, dass sie zum Beispiel dann
Ohrstöpsel reinsetzen und sich irgendwo hinsetzen und Musik hören. Und es
ist mittlerweile so also bei bei mir in meinem Fall jetzt so geregelt wird es ja
auch im Unterricht benutzt, und ich habe darüber die Kollegen in (Schulname)
informiert schon rechtzeitig=mittlerweile ist das bekannt dass ich diese Art des
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
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(00:18:38)
(00:18:49)
(00:19:46)
(00:20:07)
Films tue, hab sie auf ner Lehrerkonferenz informiert=hab das auch mit der
Schulleitung vorher abgesprochen, und hab dann immer gebeten also wenn es
Probleme gibt also dass Kollegen dass Kollegen Schüler angesprochen auf
dem Schulhof beim Dreh, hab ich dann gesagt dass sie die Schüler sollen
sagen dass die Kollegen mich nachher ansprechen sollen. Mittlerweile hat sich
das auch so eingespielt, dass es das keine Vorfälle gibt, (1) weil jeder davon
weiß, und weil ich das für bestimmte Sachen im Unter(1) richt nutze und auch
zulasse und das wissen die Schüler auch. Aber die Schüler kennen auch die
Grenze, dass man sich also nicht dem Unterricht entziehen darf, dass man auch
immer ansprechbar sein muss, es gibt dann auch teilweise in Phasen gibt es
auch bei mir im Unterricht ein Handyverbot.
P: Ist denn irgendwie (1) am Gymnasium (Schulname) (1) das im
Schulcurriculum irgendwie verankert das Arbeiten mit digitalen Medien und
mit digitalen Endgeräten?
K: Ja. Wir haben ein Mediencurriculum, (1) da ist das verankert. Da steht auch
speziell noch mal der Begriff Handyfilm drin, in den Jahrgängen. Dann haben
(3) wir sind schon bevor es diesen Mediumcurriculumsbegriff gab hatten wir
eigentlich schon immer Filmkurse im Wahlpflichtbereich. Das war auch der
Grund warum ich damals zum Gymnasium (Schulname), das war 2006,
gewechselt hab. Um da so 'nen Filmbereich auszubauen. Und das ist in dem
Wahlbereich Pflichtbereich neun und zehn möglich gewesen, und da war es
auch schon immer ja vom Schulprofil vom ( )schulselbstverständnis
verankert, dass dort Filmkurse angeboten werden. Dieses (2) da war noch nicht
der Begriff der digitalen
Endgeräte so, da kam dann erst nachdem ich angefangen habe mit diesen
Handyfilmgeschichten, und wir haben das auch da in das Curriculum für den
Wahlpflichtbereich mit aufgenommen
P: Okay. (3) Ich (1) hab nochmal ne Fra:ge zu=sie haben ja schon besprochen
was da dieser ästhetische Mehrwert und so daraus ist gibt es darüber hinaus
irgendwie noch (1) Vo:rteile, die sich daraus ergeben haben, in der
Unterrichtsvorbereitung oder ähnliches? / J: Also einfach allgemein in der
Arbeit mit mobilen Endgeräten im Unterricht.
K: Ja. Also ich meine es gibt viel viel Vorteile. Um zwei (1) oder einige
Sachen zu nennen, das erste besteht darin, dass dieses Gerät permanent dabei
ist. Für die Schüler hat dieses Gerät auch so 'nen gewissen Status (1) Symbol.
Ne gewisse Statussymbolik. Wenn ich mit diesen Geräten arbeite, dann muss
ich nicht mehr die ganzen Geräte vorhalten, die Schule muss auch nicht mit
einer großen Investition (2) arbeiten. Und die Schüler haben ja mittlerweile
heute auch einen schnittfähigen Computer zuhause. Also mit jedem
Betriebssystem wird beim ersten Aufspielen ein freies Programm geliefert.
Gängig ist der Moviemaker bei Windows oder iMovie bei Apple. Das und
diese Schüler bringen diese Geräte ja sowieso mit in die Schule. Das heißt, ich
kann immer darauf zugreifen und kann auch bestimmte Aufgaben in den
Nachmittagsbereich oder als Hausaufgabe verlagern. Generell verlagere ich
ganz gerne diese Übertragung zwischen Endgerät und Computer (1) nach
hause. Weil die Schüler haben ihre Geräte so konfiguriert, dass das immer gut
funktioniert und in der Schule gibt es mit der Kommunikation der geräte
immer Schwierigkeiten, und die Schüler bringen dann die Dateien auf=m Stick
USB-Stick mit, und ich kann mit dem VLC-Player alles angucken. Das ist n ist
ein großer Vorteil also es ist eigentlich dann auch nicht mehr zeitlich so
aufwendig. (B://mh//) A- Andere Vorteile bestehen zum Beispiel (2) darin (4)
a- also ich hatte jetzt genannt die Geräte sind dabei, dann hatte ich gesagt, die
Hausaufgabestellung oder das, was in den Hausaufgaben passiert verändert
sich,
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(00:21:55)
(00:21:59)
(00:22:19)
(00:22:20)
(00:22:56)
(00:22:57)
B: Mehr Zeit im Unterricht dadurch
K: Genau. (1) Oder andere Zeit also wieder also zum Beispiel wie bei diesen,
ja andere Unterrichtsformen. Also ich bin in dieser Phase wo die Schüler
drehen und das dann übertragen gucken wir uns das im Unterricht an und
sprechen darüber, entweder in Gruppenkorrekturen oder auch in solchen
Kurskorrekturen. Das hängt immer ab vom Thema.
P. Ja
K: Und es ergibt- das ist das was ich eigentlich noch sagen wollte, es ist
eigentlich eine andere Herangehensweise als an diese konventionelle
Filmdidaktik=wenn sie Film im Unterricht machen, ist es meistens so, dass sie
erst mal Aufgabenverteilung machen, sie erarbeiten eine Geschi:chte, dann
gibt es ein Dre:hbuch, möglicherweise auch Storyboard-Zeichnungen, und
dann werden Aufgaben verteilt. Und das sieht so aus, dass dafür jeder dann
verantwortlich ist, dass wo beim Film auch nicht immer alle Funktionen
gleichzeitig abgerufen werden, es gibt ja immer Wartezeiten.
B: Ja
K: Und dann hat man als Lehrer immer die Schwierigkeiten, dass man dafür
Aufgaben bereithalten muss oder (1) sehen muss, wie diese Gruppe ihre Arbeit
dann °weiter macht.° Bei dieser Arbeit des Films ist es ja umgekehrt, es gibt in
dem Sinne keine Aufgabenstellung, sondern es gibt (2) Aufgaben und es wird
aus dem Experiment heraus mit dem digitalen Endgerät wird werden Bilder
produziert die auch einen experimentellen und einen zufälligen Charakter
unterliegen. Und dann werden diese Bilder wieder angeguckt (2) und dann
werden aus diese Angucken wird wieder etwas abgeleitet. Also
möglicherweise 'ne (1) 'ne neue Aufgabe formuliert oder es werden
Korrekturen eingeführt. Und das ist 'ne Arbeit, die findet ungefähr bei maximit maximal vier Schülern statt. (2) Und so hat eigentlich jeder immer was zu
tun und ich muss mich nicht drum kümmern einzelne Gruppen die jetzt in
Anführungsstrichen Langweile haben zu beschäftigen. Oder für die mir 'ne
Extraaufgabe auszudenken. (P: //mh//) Und die Schüler können dann, wenn
sie das gesehen haben sie können das ja zum Teil gleich auf dem Display
korrigieren. Also sehen, und dann noch mal neu drehen. Und auf diesen
Prozess des Drehens, also des Machens, und des Reflektierens, des Angucken
und wiederum machen, daraus ergibt sich dann eine Aufgabenstellung
entwickelt sich möglicherweise eine Filmsequenz, oder es ergibt sich auch ein
kleiner Film. Und das was ich zum Anfang nur vorgebe, ist so ein Rahmen.
Also wir gucken uns an wenn wir dieses Handy zum Beispiel nicht auf ein
Stativ bringen können, wo können wir es denn hinbringen. Wir können es am
eigenen Körper befestigen. Wir können es an einem mobilen Gerät befestigen.
Viele Schüler lieben diese Geräte, wie Waveboards, Fahhräder, Skateboard,
Inliner. Wir können an einem ungewöhnlichen Ort im Raum positionieren. Das
sind so Rahmen, die ich vorgebe und damit fange ich eigentlich erst mal an.
Gucken was produzieren wir hier denn für Bilder. Wenn ich zum Beispiel 'ne
Aufgabe stelle, im konventionellen Filmunterricht, Gespräch zwischen Leuten,
mit Schuss- und Gegenschuss, dann wissen die Schüler ungefähr wie das
aussieht, so welchen Ausschnitt sie nehmen, ungefähr weil ihnen solche Bilder
nicht fremd sind, sie haben das schon mal irgendwo im Film gesehen wie sich
Leute unterhalten. Wenn sie aber wenn sie sich dieses gerät aber an die
Fahrradpedale binden, wissen sie nicht, wie die Bilder aussehen und das ist ja
auch das Interessante an der Sache. (B://mh//) Und da kommen neue 'ne neue
Bildsprache und 'ne neue Wahrnehmungsschulung bei raus. Und deshalb dieser
Ansatz des Films dieser Ansatz der Filmbildung ist ein völlig anderer als diese
dieser klassische °Filmbildung° wo Aufgaben gestellt werden zu
Kameraperspektive, zu Dialog von zwei (1) Personen. (P://mh//)Das ist immer
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
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(00:25:49)
(00:25:55)
(00:27:33)
(00:27:43)
(00:29:01)
(00:29:11)
ein Machen und (2) Kontrollieren und Beobachten (1) was hab ich gemacht
und daraus wieder etwas entwickeln.
B: Wie haben denn die Schüler auf die Arbeit (2) mit den Geräten reagiert?
K: Das ist unterschiedlich gewesen, (2) weil sie nicht wussten, welche Art von
Bildsprache sie da eigentlich erwartet. Ich wusste es im Prinzip auch nicht,
weil ich das vorher nicht gemacht hab. Ich kannte aber gewisse bildsprachliche
Elemente aus kunstgeschichtlichen oder foto- oder auch filmgeschichtlichen
Zusammenhängen. Sie fanden das erst mal ja interessant, dass sie das Handy
benutzen durften. (2) Sie hatten sich mit der Filmfunktion gar nicht so sehr
auseinandergesetzt, sondern viel mehr mit der Fotofunktion oder der
Musikfunktion. Und die Filme die sie gedreht hatten, waren auch wirklich
immer das was man kennt, aus der Hand gedreht aus Augenhöhe und so kleine
entweder kleine lustige Sequenzen oder Erinnerungen auf Party oder ähnliche
Sachen. Das haben solche Sachen hab ich gesehen. Aber dass man dieses
Gerät eigentlich wirklich aus der Hand gibt und dieses- sich dieses was ich ja
schon eben sagt was sich bei diesen Teilen bei diesen so genannten
Selbstportraits, gebe ich ja diese Achse, Auge, Sucher, Motiv, die geb ich ja
auf. Und überlass' das dem Handy. und das ein weiterer Schritt ist einfach zu
sagen, ok ich gebe das ganz weg ich hab das nicht mal mehr in der Hand
sonder ich stelle das irgendwo hin oder ich binde es irgendwo an 'son
Skateborad. Das war ihnen fremd. Das fanden sie auch im ersten Moment
irritierend, so. Fanden es aber (2) auch lustig, so. Haben sich dann aus diesen
kleinen Übungen (2) haben sie auch selbstständig weiterentwickelt. Also es
sind auch viele Dinge dann entwickelt worden, die ich auch vorher gar nicht
in meinen Überlegungen hatte.
P: OK. / B: Haben sie dann auch wirklich so: Veränderungen bei den Schülern
bemerkt in de:r in ihre:r Filmrezeptio:n,K: Also ich hab. ja ich hab Veränderungen gemerkt dass sie zum Beispiel (2)
bis hin (2) auch sich verabschiedet haben von wieder erkennbaren Sachen.
Also das es bis hin zum Experimenta:lfilm eigentlich hinging, ich kann mich
entsinnen, dass (2) Schüler dieses Gerät in einen (1) Glasbehälter gepackt
haben und diesen Glasbehälter haben sie gedreht und je nach unterschiedlichen
Geschwindigkeit erkennt man noch etwas oder man erkennt auch nichts. und
das ist dieser interessante Gra:t. Also wo wird es noch akzeptiert, oder wo ist
es auch wird es so als verwackelt oder fehlerhaft getarnt. Und das dieses hat
sich verändert. Also, für Schüler war früher wenn es verwackelt unscharf war
schon ein Fehler und es entsprach nicht der Konvention die man ja heute mit
Hd -bildern und immer verbindet. Und diese Akzeptanz auch das zu verbinden
oder das auch zu nutzen zum Beispiel für 'ne für 'ne wilde Verfolgungsszene
der für Dynamik, für Rhythmik, und für. das einzusetzen, das hat sich
verändert, auf die Ideen wären sie vorher so nicht gekommen. °Ohne diesen
experimentellen Charakter°.
B: Was wir eben gar nicht mehr gefragt haben, ist (1) gibt es auch Nachteile?
Wir haben jetzt immer über alles Positive geredet, aber vielleicht gibt es ja
auch mal was, was irgendwie: sich als schlecht erwiesen hat.
K: Als für die Arbeit von mit Filmbildung im Unterricht, bei Jugendlichen,
find' ich ist es erst mal als Einstieg ist es ein guter Weg. Weil man also je
nachdem wie weit ich das ausbaue, wie ich die Aufgabenstellung habe, habe
ich eine sehr gute Möglichkeit das auch zu steuern und 'ne unglaubliche finde
ich, Bandbreite Filmbildung abzudecken. (4) Nachteile sind natürlich wenn sie
(3) bestimmte wenn sie 'ne ganz bestimmte auch du- durch Kinosprache
Filmrezeption haben wollen, da seh' ich zum Beispiel (2) man kann es so oder
so sehen ich es gibt zum Beispiel wenn sie mit O-Ton arbeiten wollen. Also n
Dialog von zwei Personen aufnehmen wollen gibt es mit dem Handy oder
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(00:31:36)
(00:31:49)
(00:32:17)
(00:32:19)
Smartphone immernoch Probleme. Das gibt es aber auch mit mit anderen
Kameras die jetzt kein externes Mikrophon haben. Das ist ein Nachteil
möglicherweise. Wenn man auf diesen Ton und auf diesen Dialog Wert legt.
Ich hab das aber jetzt so gewendet hab gesagt es ist aber eigentlich wenn ich
auf Dialog verzichten muss das ist eigentlich ein Vo:rteil wieder, weil ich in
der Bildsprache ja so ein Ausdruck kriegen muss damit es jeder auch allein
über die Bildsprache versteht. Also viel wird ja auch gerade bei Schülerfilmen
auch gerade durch Dialo:ge erklärt. ( ) erklärt sich manchmal gar nicht durch
die Bildsprache oder durch Untertitel wird es erklärt und das kann ja nicht die
Absicht sein, Film ist für mich in erster Linie immer noch (2) geht vom Bild
aus. Ich weiß, dass Film vielschichtiger ist und das natürlich Musik und all das
Ton da natürlich auch zugehört, auch Licht. Und wenn sie da jetzt zum
Beispiel beim Licht genau komponieren wollen und so und das geht mit dem
Handy nicht so gut. Halte ich aber (2) viele Sachen auch für den Unterricht für
nicht so wichtig. Ich setzt da eher auf Bilder °oder auf ungewöhnliche Bilder°.
Also es gibt Nachteile, aber es gibt meiner Meinung nach überwiegen die
Vorteile. Je nachdem wo ich den Schwerpunkt drauf lege. Wenn ich 'ne
Literaturverfilmung machen will mit ganz viel Text (2) oder Szenen wo ganz
viele Dialoge passieren glaube ich, ist das vielleicht nicht so angebracht.
B: Und so generelle:r überhaupt, dass man Smartphone:s im Unterricht hat,
hat das auch manchmal zu Problemen geführt, also jetzt nicht nur in Bezug auf
Film=sondern generell?
K: Ja, also es führt manchmal zu den ( ) wenn wenn diese Sachen nicht
abgestellt sind (3) und es klingelt zum Beispiel führt das zu Unterbrechungen
oder auch das Schüler 'rangehen oder auch versuchen unter dem Tisch zu
simsen. Das passiert immer wieder, führt auch zu Ablenkungen, aber diese
Ablenkungen hat man auch vor den Smartphones ja gehabt, dass Schüler nicht
dem sich dem Unterricht entziehen
B: °Briefchen schreiben°
K: Bitte? (3) Briefchen schreiben oder solche Sachen, klar. Das ist 'ne Frage
wie man wie man darauf reagiert und wie man das das umsetzt, also ich bin
schon generell der Meinung dass Unterricht ne gewissen Aufmerksamkeit
braucht. Vom Schüler aber auch von mir als Lehrer und (2) ich find' also ich
setzte diese Sachen jetzt auch immer mehr im Kunstunterricht zur
Dokumentation von Arbeitsprozessen. (P://mh//) Da geht es jetzt nicht so sehr
um die ästhetische Qualität des Fotos oder des Films, sonder=das geht
eigentlich mehr ums ums zu Dokumentieren. Also (2) einfaches Beispiel ist,
wenn sie: mit Ton arbeiten, dann haben si:e (2) das geht ja über einen längeren
Zeitraum, manchmal über Wochen. Je nachdem
was da was die
Aufgabenstellung ist.
Sie haben zum Anfang den Tonklumpen, und sie haben nachher irgendeine
geartete Plastik. Und was dazwischen ist, diese Prozesse eigentlich, die ja ganz
wichtig sind im Kunstunterricht auch zur Beurteilung der eigenen
Arbeitsurteilsfähigkeit auch. Diese Prozesse dazwischen sind nicht da:. Was
kann was hat man früher gemacht? Man hat entweder ausgewählt fotografieren
lassen, dann mussten die Fotos aber entwickelt werden. Oder man hat
skizzieren lassen, das geht natürlich auch. Das sind die beiden Möglichkeiten.
Und dann können sie die Prozesse dok- visuell dokumentieren. Und das
empfinde ich jetzt zum Beispiel mit dem Smartphone einen enormen Vorteil,
also ich halte die Schüler dazu an, dass sie solche Prozesse jetzt
dokumentieren, einfach n Tonklumpen, zur ersten Formung, bin hin zur
Feinarbeit. Sodass man nachher auch das sieht. Generell hab ich schon also
auch vor der digitalen Medien hab ich immer Skizzenhefte führen lassen. Das
sieht in der Oberstufe umfangreicher aus, also das ist wirklich ein
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(00:37:19)
(00:37:26)
Skizzenarbeitsbuch, und in der Unterstufe ist es meistens ein Blanko-Din-A4Heft. Aber es ist immer so gewesen, dass sie da was machen mussten,
protokollieren mussten, aufschreiben mussten, Ideen entwickeln mussten,
Alternativen suchen sodass das immer wieder vorlag. Das hat- fü:hrt jetzt
immer mehr dazu, dass wir die digitalen Geräte einsetzen. Dann ist es ja
immer so, üblich im Unterricht ist es ja auch n Tafelanschrieb, wo was wird
gearbeitet an der Tafel wenn ich mache, ins Heft zu übertragen. Das geht heute
auch ganz einfach mit einem einfachen Foto vom Tafel- vom Tafelbild. Ich
zum Beispiel selbst sichere meine Tafelbilder (2) manchmal einfach dadurch,
dass ich die nach dem Unterricht abfotografiere und dann pack' ich sie digital
auf meine Festplatte zu meiner Unterrichtsvorbereitung. °Damit ich sie
nächstes Mal auch wieder sie besser erinnern kann. °Und da dazu lad' ich die
Schüler auch ein. Dann ist es etwas also 'ne Überlegung die ich tätige, also
dass ich diese Prozesse, die ich beim Skizzenbuch kenne, ich arbeite selbst
was, ich recherchiere auch etwas, ich nehme Fremdmaterial, ich produziere
eigenes Material und klebe es da ein. Wie weit das eigentlich möglich ist (1) so
eine Art digitales Skizzenbuch zu machen für den Kunstunterricht. Da gibt es
auch verschiedenen Bestrebungen, es gibt auch Arbeiten die ich zum Beispiel
aus meiner Tätigkeit in Flensburg kenne. von einem Kollegen an der Uni. Der
macht das über über 'nen Blog den die Studenten dann Verfassen. Den sie dann
auch gegenseitig kommentieren und sowas also auch sehr diese sehr
interaktiver Charakter. Also da gibt es verschiedene Bestrebungen (2) °was
man machen kann.° Aber das find' ich zum Beispiel auch lohnenswert bei den
digitalen Endgeräten mal zu gucken, wo haben sie eigentlich einen Mehrwert?
Und das ist eigentlich das Entscheidende für mich, ich, ich hab mich immer
ein bisschen dagegen gesträubt, diese Geräte einzusetzen weil sie da sind. Also
das ist so die gängige Meinung, die sind doch jetzt da, die Schüler haben sie
sowieso dabei, muss man doch im Unterricht einsetzen. Ganz radikal würde
ich sagen Nein muss man nicht, man muss es tun, wenn es wirklich einen
Mehrwert hat für den Unterricht. Es hängt immer von den Unterrichtsinhalten
ab, die man macht. Und wenn es zum Beispiel so einen Mehrwert hat, dass ich
die Prozesse viel viel besser dokumentieren kann. Dann finde ich es gut, diese
digitalen Geräte einzusetzen und (2) sie kennen ja auch Künstler die zum
Beispiel ihre Zeichnungen einfach mit Zeichnung das mit filmisch kombiniert
hat, sodass man einfach auch einen Prozess der Zeichnung sieht, sehen konnte.
Das find' ich interessant. Also es haben die- das haben die auch schon
gemacht, bevor es digitale Geräte gab, also mit analogem Film schon also ich
weiß nicht jetzt in meiner (1) Studentenzeit fand ich immer den (1) Film gut,
Picasso malt von dem Regisseur Clueso. Den könnten sie nochmal
recherchieren, das ist ganz interessant, weil, kennen sie den Film?
J: ( ) / P: Nee: glaub nicht. Nur vom Hören aber gesehen nicht.
K: Ich weiß jetzt- müsste man noch mal recherchieren, ich weiß jetzt nicht
genau den Filmtitel, aber der Regisseur heißt glaub ich Clueso. Und der hat
Folgendes gemacht, also sie sie kennen ja die Werke von Picasso und das sind
dann, was wir sehen sind ja Bilder. Fertige Bilder. Es gibt auch (1) Prozesse,
Skizzen, und auch kleine Fotodokumentationen von Picasso, also wie hat er
angefangen. Der hat das zum Programm gemacht, also der hat Picasso
eigentlich vor eine Leinwand gesetzt mit ganz vielen analogen Mitteln, mit
Farben, mit Pinseln. Und hat dann aber von hinten gefilmt, das auch
beleuchtet. Sodass sie eigentlich sehen, wie von Geisterhand werden dort
Linien gezogen. Sie sehen Picasso nicht, sie sehen nur die nur die Spuren auf
der Leinwand. Und das schon so etwas, wo man eigentlich versucht in diesen
Prozess mal festzuhalten, wie ein Bild entsteht. Also sie sehen wie er mit der
ersten Pinselspur anfängt, wie er Formen setzt, wie er die Farbflächen füllt,
und wie es nachher ein fertiges Bild wird. Und das fand ich interessant damals,
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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(00:38:56)
(00:39:01)
(00:39:05)
(.00:39:10)
(.00:30:20)
(00:41:26)
(00:41:27)
(.00:41:39)
(00:41:40)
(00:4:46)
(00:41:48)
( ) ich glaub als Student mal gesehen. Das ist ein Film °ich kann mich nicht
mehr erinnern ich glaub aus den sechziger Jahren glaub ich°. Und so was ist
auch interessant, wenn man so was in Prozessen auch mit digitalen Endgeräten
jetzt für jedermann machen kann. Das war damals ein großes Studio, da waren
dann richtige Kameraanlage da waren Kameras, man sieht das nachher, zum
Schluss wird das so ein bisschen aufgelöst. Wenn ich das richtig erinnere,
dann sind da die Scheinwerfer drauf und solche Sachen. °Also schon ein
richtiger Aufwand.°
B: Naja, dann sind wir soweit am Ende, ne?
P: Joah, vielleicht noch eine Abschlussfrage. Was- also welches
Schülerprodukt hat sie denn am meisten beeindruckt? @(.)@
K: @(.)@ Ich hab so: viel gesehen.
F: @(.)@ Vielleicht ist ihnen ja eins im Gedächtnis geblieben das besondersK: Da muss ich lange-, da muss ich wirklich lange nachdenken. Also. (2) Also
beeindruckt haben mich eigentlich immer Dinge, (4) wo ich für mich auch was
Neues gesehen habe. Also. Hm. (3) Ich entsinne einen Film von einen Schüler
der diese (2) unterschiedlichen Perspektiven also konsequent über fünf
Minuten eingesetzt hat. Da waren da gab es eigentlich nur Untersichten,
Aufsichten, da wurde das Handy in die- abgedeckt ins Waschbecken gelegt
und sich darüber die Zähne geputzt. Das fand ich interessant, weil ich solche
Bilder so auch noch nicht gesehen habe, und anderes Sachen also eigentlich
das Gegenteil, das Handy lag nur auf der Erde und dann wurden darüber
Spielszenen erfunden, also wie begegnen sich Leute zum Beispiel was passiert
wenn man da mit dem Fahrrad haarscharf an einem Handy vorbeifährt, fand
ich auch ganz beeindruckend. Oder auch n ganz banales Beispiel, Schüler
haben (2) in einer kleinen Sequenz an einer Kappe befestigt und nur nach
unten gefilmt und eigentlich war er in dem Bild auf 'nem Skateboard, aber und
eigentlich war nur die Nase zu sehen die war ganz dominant im Bild. Das
konnte man aber natürlich nicht kontrollieren vorher und das war aber so ein
tolles Bild und so eine rasante Fahrt weil man dann immer noch n bisschen
was vom Skateboard sah, dass das eigentlich hervorragend war. So
Überraschungssachen. °Die mich dann auch selber überrascht haben°. (3) Und
beeindruckt hat mich eigentlich immer die (2) der schnelle Zugriff der Schüler
auf solche Aufgaben und auf solche Geräte auch, die sind da noch viel
zwangloser mit umgegangen als ich wahrscheinlich und °haben auch da immer
produziert° und wenn und man konnte zum Beispiel auch sehr etwas was man
ja eigentlich nie so sieht als Lehrer ist, es gibt ' schöne Innensicht auch, also
wenn das Hausaufgaben sind und die zuhause filmen sollen eine kleine
Sequenz, dann sehe ich auch immer ( ) wie das zuhause aussieht.
P: @Ja@
K: So. Oder ich sehe in welcher Straße ich wohne oder ich sehe wie sie sich da
verhalten. So. Und das fand ich immer interessant und es gibt als auch
unfreiwillig gibt es auch einen Einblick in das Privatleben.
B: Das stimmt. (K: //mh//)
P: Ja (2) gut. Dann danke, dass sie mitgemacht haben.
K: Tjoah @bitteschön@
B: Sehr ausführlich
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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Anhang: Max Schleser beantwortet Fragen zum Projekt 24 Frames 24 Hours
Max Schleser antwortet in einem Video auf Fragen, die ich ihm vorher per Mail zusendete. Die
Fragen befinden sich ebenfalls im Anhang dieser Arbeit. Siehe Anhang, S. 26. Das Video
wurde wörtlich anhand der Transkriptionsrichtlinien nach Bohnsack transkribiert.
(00:00:00)
Hello (1) Kia ora we say here in New Zealand. Ahm (2) Jasmin thanks for
your e-mail I thought I would be just easier for me to get back to you doing
a quick video (00:00:13)
(2) ahm=yes thanks for your interest in my work ahm I decided to quick
answer in English because that’s my working language (2) ahm I did a nice
presentation=sorry I did a presentation and @I got some nice feedback@
that's (not) almost the same (1) at the Haus des Dokumentarfilms in
Stuttgart they also have a nice article on their website which is ahm Kleine
Linse, großer Impakt (some) wall screen art (1) where I talked at the
YoungDok Event (that's a sort of article in German) I didn’t talk there in
Geman so I got a bit stuck with some words sometimes so I just go with
english okay, (00:00:47)
Okay, so here we go for your questions ahm (2) one “What role did the
museum of New Zealand te papa play in the first round of 24frames,
24hours”
(00:01:00)
it was a student workshop aswell, it was at the occasion ahm (2) the ah (2)
Maori language week (2) a::nd as part of that Mori language week I did a
workshop to encourage people to think about our (t... ) in New Zealand and
to think about maori language (2) a::nd yeah I faclilitated the workshop at
Te Papa open like a space that could (reunite) in a media program and the
workshop that was open to- open to the public, some of my students also
showed up I think, but also I had students from Victoria University, so I
teach at Massey University. A::nd there was members of the public, there
were people from the museum, there was some artists who had an interest
in working with video on some smartphones=and so were the results,
they’re on the vimeo channel from 24frames, 24hours ahm
(00:02:00)
It was one of the very first workshops (00:02:03)
Second question “How exactly came Dziga Vertovs theory about intervalls
in this project and what did you show to your students? What did you read
or discuss? How did they take this into consideration in their films? What
means localized aesthetic? How can a nonlinear structure support the
reflection on the filmed material?” (00:02:30)
Okay, ah (1) great question, now I just try to break it down a bit. Because
Dziga Vertovs intervall theory is quite important for me in a sense of
thinking about montage and editing (2) ahm sort of the best ways to get into
this is if you have a look at the ( I wrote there a bit in my) Phd-Thesis when
I talk about my own film “Max with a Keitai” where I think about the
movement in the image and also what is in between the frames and
(00:03:00)
how these frames are linked through the movements in the different
images-that’s very thinking with abstract filmmaking and abstract
storytelling a::nd (5) yeah so it was the students that means the- if I have a
class and I saw potential, you know, a sort of key to introduce the theories
to them (2) ah (2) depends on the kind of students if I give them some key
texts from Dziga Vertov to introduce but I show the film “The man with the
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movie camera”, I think it’s the key film that- explains editing very well and
graphic match rhythm and pacing and ( ) thinking of nonlinear film so (1)
ahm you know that- (it's a) produced in six wheels but I think you could
almost think about the film in different sequences as a date base cinema
which Lev Manovich also wrote about. So depends on the level of the
students and if the curriculum allows but(00:04:00)
I think he is really, a key also for 24frames, 24hours, I really enjoy his idea
of working with people what he called the (kin..?)1 of filmmaking (cruise)
he teaches people how to produce news reels at the beginning of his career
and later on how to make films and people go out and film and then bring it
back to him for the editing (00:04:26)
So in relation to 24frames, 24hours I talk to localized aesthetic which (2)
ahm I wrote about in the handbook of participatory video ad I referred there
thinking about you know to participation, collaboration and also co-creation
and I was thinking more about the idea of (2) a localized aesthetic that
comes from an artist background, from an artist practice, where artists have
worked with communities to create community engaged workshops,
(00:05:00)
and they really think about participation and how they sort of negotiate
decisions, the practice of the work that is being produced with communities
and the meaning of the voices of communities=all that is being reflected in
the work. Because sometimes I think that this doesn't really happen with
co-creation ah and also there is a paper that I presented at “expanding
documentary conference” at AUT University which you can google online,
where I talk about this more in detail and then some of these things were
translated in the book chapter, the book chapter where I talk about the
(year) of reflexivity and there I think about Jean Rouchs Idea of feed-back.
(3)
A:nd so I think the answer to the next question “How does a nonlinear
structure support the reflection of the filmed material” (3) For 24frames,
24hours, also for- depends on the project but for “Max with a Keitai” that
was a film that was for cinematic projection, filmed on a smartphone
(00:06:00)
but it's very much a film about cities and japanese cities and that was edited
together, using the interval theory so it's very much a self-reflective story
about filmmaking and it's also a diary of myself and so it's rather following
the movements of the film rather than a story that I tried to develop in a
linear sense. Ahm for 24frames, 24hours that's a thinking about montage
and how montage can be a concept for interval theory ( ) how montage
can be a concept for digital and online media (3) and the interval theory
there I think is sort of a holistic approach and (tells of) how to be able to
link different works together and so I was quite interested in thinking about
(2) people creating their own content to- you know- to another film
(00:07:00)
yeah (it was in) over two days, and then I started to think about this as an
online system you could also navigate through user-based architecture.
(00:07:10)
Ahm sam- “same question for cinéma verité: what did you show them? (for
example Jean Rouch's films or texts?” Yeah I mean Jean Rouch is ( ?), ah
the film where Jean Rouch asks the people in the beginning “How are
you?” to start the opening in Paris and in the end incorporates their
feedback and that is sort of something that has been conceptually in the
1
Wahrscheinlich sind hier Kinoki gemeint.
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space where someone thinks ( what you can do now) with social media.
(Start to) think about audience feedback and participation in the decision
making process a:nd I mean ah Jean Rouch and Marine (?) they are talking
in the end of the film if it was a successful experiment or not and so yeah if
there is enough time for (4)
(00:08:00)
ahm depending on the workshop and depending on the audience it would be
a great film to show, for workshops I think I think more about digital
storytelling and I think about the concepts of editing and how to produce a
film ( ) more hands on (theoretical) (2) ahm ( )
I know I could show contemporary examples of mobile phone films to
inspire people and if they are interested than of course you can go back into
this sort of ( ) that is sort of what I do at university if I have a course that
allows me to do so. (00:08:40)
Which goes to questions number for “Why was it so important that the
groups communicated internationally? How did that influence their later
work? What did they discuss on Skype?” ( ) skype, ( ) sometimes Google+
Hangout, sometimes they used twitter, sometimes facebook-groups, I think
that doesn't really matter, but I think for young people
(00:09:00)
it's quite amazing that they get these projects off the grounds and that they
see that they can use these tools, my favourite workshops are the ones
where we did “The festival of the future” in collaboration with the
University of Strasbourg and we did one at Massey University and ah
University in Malaysia (2) and so students work more or less in the same
time frame except you know one group starts earlier than the other one and
this ( ) to understand what it means to work internationally what it means
to work with the time differences and also I think its pretty much great to
think about (a theme) that students can explore at the same time (3) a:nd I
mean we talked about (globalism) a lot we talked about 21st century
creativity and I think some of these ( ) thinks of these parts- has to be part
of it (00:09:47)
ah:m “How important is the creative process of the individual in your
project (in proportion to the process of the group and in proportion to the
resulting film)?” That's
(00:10:00)
a good question. The individual and the group, so some of this project are
produced in groups then the group project (an I guess the group process) is
individual, they upload their contribution to youtube and I think that we
sort of develop most of format that allows to have a similar in a beginning
and an end point and that can smooth the transition from one to the other
one, so for us it was the idea if you show a clock in the beginning and a
clock in the end ( ) nice editing and that's if you look into the youtube
channel of 24frames, 24hours there is one work that collects which sorts of
participants (liked them) and what other workshop facilitators ( ) the most
interesting works, we've got like a- you know, almost around the world and
around the clock, 24hours of 24frames,24hours in multiple different
countries and there is ( ) ideas that you know part of this filmmaking
process
(00:11:00)
which also ( ) showcasing, what happens in different parts of the worlds, in
different times, people can showcase some of the things that are important
to them. And then of course if you think about the website so
www.24frames24hours.org and in that the ideas to built user based
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narratives, so that you as a user can explore things that are interesting to
you and start to built the content around your film (00:11:29)
A:hm thats point out to questions “5.1. If you had to decide to point out the
most important factor in your project, what would it be? Participation and
connecting? Mediation of skills? The final product? The process of the
individual or the group?” Yeah I think the process is the key thing for me.
The whole projects developed through the process and through the
feedback that was received from the first workshop
(00:12:00)
of process- the feedback was taken to the next workshop and that was also
actually the driver to start thinking about having more workshops because
there was an interest from people and the results were quite amazing so it
was always a great work what the group did and the process so- (1) I guess
was quite ( ) of design process that developed from one stage to the next
stage taking the feedback forward (2) a:nd that (
) often to the
development of interface 'cause the first time we only () work press site
that showcased on films but that was quite limited and so (asking) up more
questions and needed some answers and they were developed through the
practice of producing the work, producing the interface, developing a
format and also (sort of the things) that we realized is that we actually
needed a few more skills in sort of the storytelling of digital storytelling
template was developed and some resources perhaps ahm
(00:13:00)
participants editing. At the same time great things happened in terms of
there is suddenly a youtube editor ( ) for this, there is more Apps coming
out all the time that we can use now for editing and filmmaking on the
smartphones so some really amazing films, they were produced only on the
smartphones and supplies at the festival de la Imagen, best thing to see is in
the facebook group or on youtube channel and there was some really
interesting work- there was the screen saver (00:13:30)
So time to move on to the next question I guess a:::hm we are jumping
here from five to seven so questions number six is probably not important
ahm “You wrote about showing examples of abstract filmworks with light
and colour to your students. Which were those films you showed them for
example? Can I see those somewhere?”
I'm not sure where I talked about that but thinking about that
(00:14:00)
I'm also a bit fan of Hans Richter and Walter Ruttmann so you know, I
mean, if you look into his early works and the opening of “.Berlin the
symphony of the city”, I think is a quite nice reference to abstract
filmmaking ahm and of course the rhytm-films from (2) Richter, “Rhytm
21” and “Ghosts before breakfast” is a really good recommendation for
abstract filmmaking ahm so the 1920ies for me were interesting because (2)
film emerged there as a new media and there wasn't really filmmakers such
as a professional practice and in that period film was defined, so 1926 , °( )
documentary ( ) and there were lots of definitions that came with lots of
practises that were emerged° and lots of documentary filmmakers doing
some really exciting
(00:15:00)
experimental work which I thought was really innovative. Ahm Youtubeit's everything on youtube these days. That is quite great. (00:15:08)
Questions number eight, there is also a great website you- you- youyoubiyou ah sorry- that is for abstract filmmakers for film artists, I put it in
the e-mail aswell ( ) googling. (00:15:28)
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Question number eight ah “Also you noted, that the mobile phone has
limitations and you teach them to use those creatively. But where do you see
the limitations? (I refer here to the newer iphone models for example that
are doing hd-quality films and don't limit the filmer in the quality of the
material) And what can this produce?” So:: yeah I mean I think there is
still differences in times of
(00:16:00)
filming with HD-camera or filming with a smartphone, even that now
smartphones have a really big quality which you could almost don't think
about ( ) video format that you can do and some really good opportunities
for interviews. On the last feature film that I produced “Franken Stone” I
used the phone, I was just holding the phone next to me on the eyeline-level
and so I think that is something very different when you just hold your
phone next to you ah holding a handy camera and not a big video camera (
) it's still very small lenses you know ( ) people who don't- ( 3) I think
that's sort of scrutinized or intimidated by being interviewed, because the
lense is so small and you know can more focus on the person talking to you
and establish eye contact and so after some time the phones becomes in the
background
(00:17:00)
so that I think is a quite interesting strategy (3) ahm the limitations of
course if you think about “Max with a Keitai” was pretty much thinking
with the pixel aesthetic of course that ( ) changed the game now you know
having hd-quality but next to the hd-quality also the sound is quite
important on phones I think, that you can make really great interviews that
can become you know a broadcasting quality which you can now see for
example in mobile journalism that you know suddenly journalists that can
do this on phones and yeah ahm even the BBC now trains their journalists
in how to use smartphones so that's quite interesting ahm limitations I think
sort of it- it's a bit like Lars von Trier and the five of seven abstractions
where he thinks about (2)
(00:18:00)
the parameters of working in filmmaking, think about with a smartphone if
you have the newest smartphone you don't have the same capacity of lenses
that you can work with and that is something that is very important for me
with a mobile, it's always really close to the subject, so it's almost so close
that you could touch it and I think that is something that creates a different
filmic space to you and people that you're filming and the audience and so
that becomes part of the communication process that is still very personal
filmmaking and lots of mobile and smartphone filmmakers they use diary
film approaches so like myself and other filmmakers so that's something
that I wrote about in (3) a book that I recently published with Marsha Berry
which I called “Mobile Media in the Age of smartphones” and the chapter
there from me is on self reflexive filmmaking
(00:19:00)
and also biography and there I used sort of used to start with selfie as a
starting point and then to say that you have the capacity to produce
autobiographical films so self reflective films ( ) engage and that happens
in the editing process and that's quite different from taking a selfie cause
you're not really self reflective while you have done the work it's that for
me that is quite important which also is the critic of social media that there
is not much editing happening which I think is montage and Dziga Vertov
the most important part in the filmmaking process there was a big statement
on the end of that about twenty minutes of talk that might become a big
video file so i'll send it from my office tomorrow. So good luck with your
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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work and yeah I'd be keen to read your work aswell, always interested in all
the people that have an interest in the work that I produce, so:: my
colleagues ( ) MINA so the Mobile Innovation Network Aotearoa
www.mina.pro and if you make films ( ) too
(00:20:00)
and yeah always interested in connecting with people that have an interest
in this work because I think there is a few new emerging ah ideas coming
out and it's a really dynamic area that is constantly developing so I'm
always happy to talk to people that have a simliar interest and share the
passion for smartphone filmmaking. I hope it helped. ((stöhnt)) Bye!
(00:20:26)
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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Anhang: Interview mit Projektteilnehmerin von MobileMovie
geführt von Franziska Peschel und Jasmin Böschen
Das Interview wurde mit dem Handy aufgenommen und anonymisiert anhand der
Transkriptionsrichtlinien nach Bohnsack transkribiert. Vgl. Anhang, S. 24. Der Leitfaden zum
Interview befindet sich ebenfalls im Anhang. Siehe Anhang, S. 25.
I1: Franziska Peschel
X: Projektteilnehmerin
I2: Jasmin Böschen
(00:00:05)
(00:00:05)
(00:00:08)
(00:00:16)
(00:00:16)
(00:00:17)
(00:00:18)
(00:00:31)
(00:00:54)
(00:00:53)
(00:01:31)
(00:01:34)
(00:01:35)
(00:01:36)
(00:01:41)
(00:01:41)
(00:01:57)
(00:01:57)
(00:02:08)
X: Ach ihr nehmt das beide auf, das ist ja super als Sicherung.
Ja, besser isses @(.)@
Sehr gut.
I1. Als- also du hast jetzt bei (Projektname) schon mitgemacht, ne?
X: Genau.
I1: Also du hast dieses–
X: Vor drei Jahren schon.
I1. ok. (2) Da:nn (1) kannst du ja erst mal so beschreiben, wie da (1) dein Einsatz von
mobilen Endgeräten, also Smartphones und Tablets und so weiter, sich in deinem
Unterricht entwickelt haben.
X: Also Tablets hab ich bisher noch gar nicht (1) genutzt. Und die Handys eben halt
im Rahmen vom (Projektname). (2) Da durften ja die Schüler endlich mal ihr Handy
rausholen, weil an unserer Schule ist ein absolutes Handyverbo:t und es ist auch so,
dass es wirklich ganz viele Kollegen gibt,
die da ganz doll drauf aufpassen. (2) Ich bin da nicht so: streng, aber ich muss auch
sagen, dass wenn ich das dann mal erlaube, die das immer ausnutzen;
I1: //mh//.
X: °und es dann doch anders nutzen°. Und deswegen hab ich bei diesem (Pojektname)
mitgemacht und da ging es ja darum, wie es ist, dass die Handys irgendwo angebracht
werden, um dann aus einer ganz anderen °Perspektive eben zu filmen°; Das hat zum
Anfang hat mich das echt richtig zur Weißglut gebracht. weil die Schuüler dann
sagen, gesagt haben, sie kriegen das Ding vom Handy nicht wieder runter, die hatten
die Handys nicht aufgeladen, dann waren die Gruppen so, dass die meinten Ja, der hat
jetzt das Handy und jetzt hat der aber ein Neues und=also (1) Du drehst eigentlich
zwischendrin wirklich am Rad und ich hatte (Name) mit im Unterricht und dachte (1)
das eine Mal kam er und die hatten die Aufgabe bekommen zu filmen (2) und das
nächste Mal sollte dann präsentiert werden und es war keine Gruppe in der Lage zu
präsentieren, aus was für Gründen
auch immer.
(Name) ist praktisch so ein Coach von (Projektname)?
X: Genau, der ist (1) Filmemacher.
I2: //mh//.
X: Und (2) wenn das das erste Mal machst diesen Durchgang mit (Projektname) hast
du halt einen Medienpädagogen mit an Bord
I1: //mh//.
X: (2) und das war (Name)=und mir. tota:l unangenehm, ich hab jemanden der vom
Fach ist, sitz da 14 mit den Schuülern, hab neunzig Minuten Zeit, das war ne zehnte
Klasse und es war (1) kein (1) Film zu sehen. Und ich war da echt innerlich hab ich so
gebrodelt, weil ich daachte, was für eine Verschwendung.
I1: (zustimemnd) Ja:.
X: Und dann natürlich ne? (leicht verstellt angenervte Stimme) Ich hab mit dem und
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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(00:02:08)
(00:02:17)
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(00:02:21)
(00:02:27)
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(00:02:57)
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(00:03:07)
(00:03:24)
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(00:03:34)
(00:03:40)
(00:03:48)
(00:03:47)
(00:04:47)
dem gemacht und der ist nicht da und da konnt' ich das nicht speichern und da ist der
Akku leer und ich musste mein Handy wieder zurückgeben und also das ist ein riesen
Krampf gewesen.
I1: Ja.
X: Und ich hab mir mittlerweile ein Grundstockmittelantrag gestellt und hab jetzt
selber Kameras, die ich dann selber aufladen kann, wo ich dann auch die
Speicherkarten habe (2)
I1://mh//.
X: Und seit dem läuft das dann (1) ich hab so kleine Kameras auch gekauft. Diese
ganz kleinen Pocketkameras dann.
I1: (zustimmend) ja.
X: Und seit dem hab ich das da::mit dann gemacht, weil ich das besser unter Kontrolle
habe.
I2: Ja, ist klar, wie man das auf den PC kriegt einfacher –
X: Genau! Und ich weiß halt, dass Ich den Akku aufgeladen habe und ich weiß, dass
da ne Speicherkarte drin ist, (1) wo Platz drauf ist. Also es ist wirklich (1) du verlierst
e:lendig, elendig viel Zeit mit (2) all diesen technischen Sachen und ich hab jetzt zwei
Projekte, die sind vierstündig, wenn du regulären Kunstunterricht hast, der nur
neunzig Minuten geht (2) °wird das echt schwer° (2) allein das Ausgeben der
Kameras, (1) in Gruppen die loszuschicken und dann das wieder einsammeln (1) das
dauert (2) also man denkt ja Hä wo ist denn das Problem–
I1: Ja (zustimmend)
X: Aber es gibt riesig Probleme (2) immer wieder. Aber ich mag=es lieber, wenn’s
sozusagen unter meiner Kontrolle in meiner Hand ist (1) da die Schuüler an der
Stadtteilschule (Stadtteil), ich red ja jetzt nur von me::iner Realität (2)
I2: (
)
X: Genau, da ist das nicht möglich. Die sind super super unzuverlässig (1) extrem. (1)
°aber das ist halt ne Stadtteilschule und es ist (Stadtteil) ist auch nicht der
allerschönste Stadtteil in Hamburg.° (2) °Wenn ihr das am (Schulname mit gutem
Ruf) machen würdet, dann wäre das wahrscheinlich nicht ganz so problematisch.°
I1: Joa.
I2: °Das stimmt.°
X: Aber trotzdem muss man ja davon ausgehen, wie die Schüler drauf sind, was für
Komplikationen kann es geben.
I2: Konntest du denn aber auch irgendwie positive Erfahrungen machen? Oder hat es
auch an irgendeiner Stelle (1) was bewirkt zum Beispiel?
X: Nee, ich glaub bei den Schülern, also (2) so richtig war verändert hat es ni:cht, (2)
denk ich (2) das hört sich bitter an, ne?
I1: //mh//.
X: Aber äh, es ist so, dass die Schuüler ganz große Schwierigkeiten hatten, dann den
Film so zu schneiden, dass er irgendwie sinnvoll war, also (1) ganz viele Filme
machten überhaupt keinen Sinn, und machten, also hatten wa:hnsinnige Längen und
hatten kein Grundkonzept, ich hab ihnen dann immer erklärt, ich möchte (4min)
irgendwie (1) 'nen roten Faden sehen, irgendein The::ma, also wir haben dann, die
eine Gruppe hatte gefilmt, nur=als=Beispiel (1) und das ist eigentlich einer der besten
dann daraus gewo::rden - auf 'nem Helm war das eine Handy und hat dann einfach nur
so die Bäume auf=m Fahrad so: (1) im Vorbeifahren (1) gefilmt, dann unterm
gespiegelten Couchtisch lag das Handy und dann ist der Hund da so 'rumgelaufen (3)
und dann hatten sie=s irgendwann mal so irgendwo aufgeklebt auf so 'ne
Kellogspackung . Das waren drei Sachen die eigentlich gar keinen Zusammenhang
hatten, daraus kannst du eigentlich keinen Film machen, aber dann (1) durch den
Titel, sie haben dann genannt Wa:rten auf Fu:tter, dann haben sie noch 'ne Uhr (1)
zwischendrin dann gefilmt, das heißt, also irgendwer fährt dann nach Hause und die
Ti::ere sind ganz unruhig und haben eigentlich Hunger– und aus den Kellogs ist dann
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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(00:04:48)
(00:04:51)
(00:04:59)
(00:05:16)
(00:05:16)
(00:06:20)
(00:06:19)
(00:06:39)
(00:06:41)
(00:06:41)
(00:06:47)
(00:07:02)
(00:07:01)
(00:07:14)
(00:07:16)
(00:07:17)
(00:07:19)
(00:08:10)
Hundefutter geworde:n,
I1/2: @(.)@
X: Und dann ist die Uhr so geworden, dass du siehst Okay der beeilt sich voll auf dem
Fahrrad, das haben wir dann auch schneller gemacht – {\ul 00:04:51-4}}}
I2: Ja (zustimmend), ok.
I2: Ja (zustimmend), ok.
X: So hat das dann n bisschen Sinn gehabt, aber es gibt halt auch ganz viele Schüler
die einfach auch nur das in den Einkaufswagen legen und durch Penny fahren. So (1)
Und auch da denk ich mir ok dann überlegt euch ein Konzept! Macht deutlich, was ihr
da einkauft. Pla:nt ihr da gerade 'nen Videoabend und kauft nur ungesunde
Süßigkeiten, kauft ihr nur rote Produkte, habt ihr vor 'n Date zu organisieren, also das
man irgendwie über die Produkte die dann im Warenkorb landen, dass man darüber
dann 'ne Geschichte erzählt.
I1: Ja:.
X: Aber meistens 'ham die irgendwas reingelegt, was sie sowieso haben wollten, also
da muss, also da musst du ganz ganz viel nachsteuern, weil die Schüler (2) die
Aufgabe machen (1) aber sich dabei nicht viel überlegen und das find' ich halt ganz
problematisch, dass du da nachsteuern musst. ÄHm (2) ich hatte 'ne andere Gruppe,
die (1) aus der auch noch n ganz okayer Film geworden ist, und zwar sind die in die
Turnhalle gegangen und haben ganz viel mit Bällen gearbeitet, mit Medizinbällen,
Basketbällen, mit allen möglichen Bällen, die wir so in der Schule hatten, (2) also
die hatten erst auch sich auf 'nem Trampolin und sich, also auf ganz vielen
verschiedenen, dann haben wir aber gesagt, ne:, also das Konzept sollten Bälle sein, {\
Und auch da war=s ganz schwierig, weil teilweise haben sie das Handy nur hingelegt.
Dann hatten wir=s irgendwann so weit, dass sie=s an so einen Hockeyschläger geklebt
haben und so (6min) °oder unterm Basketballkorb.° Und dann ging es, aber es war
sozusagen mit ganz ganz viel Nachsteuern. (1) und man muss sich eigentlich mit jeder
Gruppe hinsetzen und ein Konzept erarbeiten und das dauert. Das dauert und (1) es ist
natürlich für die anderen mühselig da::nn (1) die brauchen dann 'ne andere Aufgabe,
während du das Konzept erarbeitest.
I1: Na ja klar.
X: °Sonst haben die ja nichts zu tun und drehen am Rad.° (2) Also das ist glaub ich
(1) für mich (1) die Erfahrung, die ich gemacht habe (1) oder man gibt ihnen ein
Thema und dazu sollen sie einen MobileMovie machen. (2) Keine Ahnung (1) 'ne
Farbe, 'n Wort (2) irgendwas. Aber ich hatte die frei arbeiten lassen.
I1: Das war jetzt innerhalb Projekts, wo auch der Medienpädagoge (1)
X: Genau
I1: dich begleitet hat. Und hast du=s danach irgendwie denn irgendwie=nochmal
fortgeführt? Oder hast duX: Ja, ich hab das danach nochmal, weil die sind nicht so gut geworden, weil ich
einfach nicht die Zeit hatte mit allen gemeinsam was zu erarbeiten (1) also die eine hat
dann irgendwie das (1) den Weg zur Schule und was in der Schule passiert, aber das
fand ich to:dlangweilig, weil wir alle jeden Tag in dieser Schule sind und das hat
nichts Neues (1) hinzugefü:gt,
I1: ja
X: und (1) die andere Gruppe die haben sich echt ganz schwer damit getan und (1) du
musst sie ja rausschicken, ne? also du kannst er ja, also ich find es ist schwe:r sowas
in der Schule zu machen. Und die meisten haben dann keine Film(1)schnipsel
mitgebracht.
I1: //mh//.
X: also ich muss auch sagen, dass meine Kurse in letzter Zeit °echt° immer schlechter
werden.
I1: ja
X: dass du wirklich komplett die an die Hand nehmen musst. (3) total das ist sehr
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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schade aber wirklich der letzte Kurs hat eigentlich so gut wie nichts zustande
gebracht. (4) und da hat ich (1) versucht (1) ich hab zusammengearbeitet mit einer
Kollegin, die ein Tanzprojekt hatte und ich hatte ein Kostümprojekt und da haben wir
das Thema Sü.igkeiten gemacht und meine Schüler haben halt, Jahrgang sieben war
das, (1) haben Kostüme gemacht sodass wir aussehen wie Sü.igkeiten, es gab die
Zuckerwatte, die Zuckerstange, es gab Oreokekse und so, die haben so richtig gro:ße
Kostüme gemacht. Und dann hatt' ich den Schülern gesagt, ok dann macht ih:r für
diese Performance den Hintergrund dass (1) so ein Film läuft (1) und dann hatten wir
auch verschiedene Ideen aber es ist kein Film zuende gebracht worden. Also die einen
haben dann mit diesem Eiskonfekt, ne, diese bunt eingepackten- ich hatte denen auch
alle Süßigkeiten mitgebracht, (1) die sind natürlich alle gegessen worden
und
I1/ 2: @(.)@
X: also mit dem Eiskonfekt haben die so Tetris nachgestellt.
I2: ja
X: dass die so, ne, diese ganzen Blöcke in verschiedenen °Farben° (1) dann haben die
einen so was wie Snake gemacht und mit m&ms und das war zu Ostern da gabs diese
Schaumviecher diese großen ganz bunten von Haribo die sehen aus wie so Eier und
sind so glasiert und innen ist eigentlich nur so ein Eiweiß so=n hartes.
I1: Ah ja ja mh
X: Das ist die schmecken ganz schrecklich.
I1: Ja @(.)@
X: Ja und die anderen hatten dann das Thema Kaugummis sich rausgesucht und haben
auch unterdie Tische gefilmt und haben dann aber ((schnalzen)) die sind alle nicht so
richtig blendend geworden
I2: mh (1) okay
X: n bisschen desillusionierend was ich da erzähle, ne @(.)@
I2: Jaja aber das ist ja ok
x: an mei:ner Schule und vielleicht habt ihr demnächst 'ne andere Lehrerin die was
ganz anderes darüber erzählt.
I2: Ja in (Schulname) zum Beispiel scheint=s ja irgendwie top zu laufen, ne.
X: Das ist aber echt auch nochmal n anderes(1) °Klientel°.
I1: Ja klar
I2: Aber so mal ab von den (Projektname) Geschichten, hast du auch anders das
Smartphone malirgendwie im Unterricht eingesetzt? ode:roder vor es einzusetzen?
X: gut ich hab das ab und zu: (1) wenn Schüler irgendwas abzeichnen wollen also
dass sie sich das aus dem Internet sich holen und neben sich legen und das
abzeichnen. Aber kaum drehe ich mich um tippen sie rum. Und das ist eben ganz gut,
ei:gentlich wenn sie was haben zum Abzeichnen also wenn irgendwie um
gegenständlichen Dinge geht aber sie nutzen=s total aus und ich hab letztens auch
ganz großen Ärger gehabt mit 'nem Kollegen der meinte, weißt du eigentlich was
deine Schüler im Unterricht machen die haben Nachrichten geschickt an den den und
den also das fleigt dann auch sofort natürlich auf .
I1: ja.
I2: das heißt, ihr habt auch Internet in der Schule?
X: naja, die haben ja alle Flatrate. Alle. und da ist diese Mobile auch dabei.
I2: Weil wir haben irgendwie also ich war am Hochrad zuletzt (1) in (Stadtteil) und
die haben so einen abgeschirmten Raum quasi wo die einfach keinen Empfang haben
also ich konnte auch nie SMS oder WhatsApp ode irgendwas empfangen in der
Schule. Das war irgendwieX: Ja das geht auch, man kann so Störsignale schicken
I2: Ja
X: Nee, es gibt auch wirklich Sachen, die das Netz stören (2) Haben wir nicht an
Die Autorin hat diese Masterarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
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(00:13:11
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unserer Schule
I2: @(.)@
I1: 'wär ne Investition @(.]@
X: aber gibt da nicht irgendwo wo also die Lehrer hingehen können wo dann wieder
Netz ist?
I2: @draußen@
X: komplett draußen?
I2: auf dem Schulhof, ja
X: ok
I2: aber schwach halt, als: [1] wenn du irgendwas laden willst auf dem Handy oder so,
das kannst du vergessen (2) Immer als ich dann aus der Schule kam hab ich so
@Nachrichten bekommen. So ja @
X: Aber das (Schulname mit gutem Ruf) ist ja auch eine sehr gute Schule [1] also das
ist mit (Stadtteil) nicht zu vergleichen
I2: hm hm (3) Fallen dir sonst noch irgendwie andere Möglichkeiten ein wie du das
gerne einsetzen würdest, oder würdest du generell einfach dadurch dass du diese
Schüler hast es vermeiden irgendwie damit zu arbeiten
X: Schwer, also ich hab jetzt gerade also zurzeit nicht so ein Konzept vor Augen
wofür ich=s benutzen könnte also ich fand diese (Projektname) Idee super, aber die
machte ich jetzt mit eigenen Kameras (2) weil einfach das kontrollierbarer ist (2) das
mit dem Abzeichnen das hat ja eigentlich auch was ganz Banales aber es ist einfach
saupraktisch wenn die irgend'ne Aufgabe haben worum es darum geht
gegenständliche Dinge zu zeichnen ist das sehr praktisch wenn jeder das so hat
°ich überleg gerade, wo man das sonst noch benutzen könnte. ich uberleg gerade im
Theaterbereich haben die Schuler dann teilweise (2) aber das da haben sie das
wirklich nur als Soundmaschine benutzt, ne, da haben die dann einfach Musik darüber
angeschlossen an die Anlage°
(2) aber dadurch dass das bei uns echt so streng reglementiert ist, mach ich mich jedes
mal auch wieder meinen Kollegen auf jeden Fall unbeliebt
I2: //mh//. Ja () geschrieben und das ist natürlich auch anstrengend
I1: Ja
X: Und ich versteh aber auch die Schüler, ne dass wenn man ihnen das schon, ne
wenn man ihnen schon den kleinen Finger reicht dass die dann die ganzeund ich hab auch eine Schülerin erwischt die hat dann ein Spiel gespielt darauf. da hab
ich auch gesagt nee das ist halt doof, wenn man ihnen einen Vorschuss gibt an
Vertrauen der dann so ausgenutzt wird. (5) Habt ihr denn schon so Konzepte euch
überlegt, was man mit dem Handy machen kann?
I1: @(.)@
X: Weil sonst hätte ich gesagt ach ja das ist 'ne gute Idee könnte ich mir vorstellen
oder nee da gibt=s dies und das zu bedenken
I2: Nee ich hab selber noch gar nicht mit Handys gearbeitet.
X: ok
I1: Nee es ist wirklich also wir haben dazu auch keine keine Praxis an der Schule oder
so die dafür vorgesehen ist also es ist wirklich nur also das wir uns ein
Forschungsgebiet suchen oder eine Forschungsfrage selber erstellen und daraufhin
dann jemand Interviews führen mit Leuten die schon Erfahrungen gemacht haben (1)
und das dann quasi nur auswerten und in einem Bericht (1) abliefern
X: OK.
I1: Wir hoffen halt wir haben uns eine Forschungsfrage gewählt die uns selber was
bringen würde weil halt beide Kunst als Fach haben und das irgendwie ein Gebiet ist
wo wir beide in der Schule einfach null Erfahrungen gemacht haben ich habe glaube
ich noch nicht mal mit nem Computer gearbeitet irgendwann
X: ich auch nicht
I1: und ich mein das ist jetzt auch gerade Mal sieben Jahr her oder so.
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X: bei mir zwanzig @.@ Super!
I1: Ja und das ist halt schon irgendwie deswegen dachten wir uns halt irgendwie das
ist ein Gebiet was uns irgendwie interessiert und deswegen sind wir jetzt so auf diese
Schiene (1) gekommen.
I2: ich hätte es glaub ich vielleicht auch angetestet beim (Schulname mit gutem Ruf)
kannst du sowas ja auch, die haben ja auch alle iPhone5 oder was weiß ich für
Handys, ne? Aber ich hab nur so sechste Klassen und schon sehr junge Schüler gehabt
und ich hab auch mit Film gearbeitet aber dann halt auch mit diesen Kameras die wir
ja da haben.
[Exkurs Schule (Stadtteil)]
X: Was war der Mehrwert, ja die Filme wenn man wirklich sich hinsetzt, aber dann ist
es mein Konzept was ich denen da aufdrücke, ne (1) also ich weiß nicht, ob man es
schaffen würde Schüler soweit zu kriegen, dass sie selbst sich ein Konzept erarbeiten,
die machen das dann irgendwie so beliebig belanglos und ja, das ist halt ne Aufgabe,
gut mach ich sie, und obwohl sie eben halt dieses Gerät benutzen durften hab ich nicht
gesehen, dass sie motivierter waren oder dachten oh cool jetzt dürfen wir das. Die
fanden das überhaupt nich- also die fanden das überhaupt nicht besonders,
I1: das ist normal, ne
X: °die fanden das echt nicht so doll.°
I1: Und auch auf ästhetischer Ebene? Wenn du ja sagst so konzeptionell, dass da nix
bei rauskommt aber auch irgendwie über die Perspektiven mit Bildqualität oder so?
X: Nee (1) mir ist eher mal ab und zu schlecht geworden wenn ich mir die angeguckt
habe mir denen ist mir immer wieder so ((dicke Backen)) weil sie teilweise zu wild
geworden sind und zu unscharf und so und dann dachte ich mir vielleicht bin ich da
auch ein bisschen sensibel (5) ja schade ne. (5)
ja genau. Handyverbot (7) Ja schade, das tut mir ja echt ein bisschen leid, dass ich
euch da so
I2: nei::n
I1: Aber das ist halt realistisch, also du musst uns da jetzt ja nicht Märchen erzählen,
darum geht ja nicht. und[Exkurs: Schulen in Hamburg, Kunsthochschulen und Studium]
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Anhang: Richtlinien der Transkription nach Ralf Bohnsack
Vgl. Ralf Bohnsack, „Typenbildung, Generalisierung und komparative Analyse.
Grundprinzipien der dokumentarischen Methode“, in: Ralf Bohnsack / Iris Nentwig-Gesemann
/ Arnd-Michael Nohl (Hrsg.), Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis:
Grundlagen qualitativer Sozialforschung, Opladen 2011: Leske + Budrich, S. 235.
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Anhang: Interview-Leitfaden
(gilt für Interview Klaus Küchmeister und Projektteilnehmer_in MobileMovie)
1. Einleitung (alle befragten Lehrkräfte haben schon das Smartphone für den
Kunstunterricht genutzt, Audio wird aufgezeichnet, Vorstellung von uns: Wir wollen
erforschen, wie mobile Endgeräte im Kunstunterricht eingesetzt werden. Wir haben
gehört, Sie haben bei MobileMovie mitgemacht?)
2. Beschreiben Sie doch bitte, wie sich der Einsatz von mobilen Endgeräten in Ihrem
Unterricht entwickelt hat.
•
•
•
•
Haben Sie Handys vor dem Projekt auch schon genutzt und nutzen Sie sie weiterhin hin und
wieder?
Wann?
Wie kam es dazu, dass Sie bei MobileMovie mitgemacht haben? (Entwickelt haben)
Wie kamen Sie auf die Idee mobile Endgeräte für Ihren Unterricht zu nutzen?
3. Welche konkreten Einsatzmöglichkeiten haben Sie schon ausprobiert und was
haben Sie dabei erfahren? (Wie?)
4. Was war der Mehrwert der durch den Einsatz von mobilen Endgeräten entstand?
(Unterrichtsvorbereitung, Durchführung, Nachbearbeitung, Ergebnisse)
5. Was kann durch den Einsatz gelernt werden? (Warum?)
6. Könnten Ihrer Meinung nach auch Nachteile oder Risiken beim Einsatz entstehen?
Und warum?
7. Kooperationen? Fächerübergreifend? Hatte die Arbeit auch Einfluss auf andere
Fächer?
8. Wie war die Reaktion (und Motivation) der Schüler_innen auf die Arbeit mit dem
Smartphone?
•
•
Haben Sie Veränderungen bei den Schüler_innen durch die Arbeit mit digitalen Endgeräten
bemerkt?
Wie waren die Vorerfahrungen der Schüler_innen mit ihren Geräten?
9. Wo sehen Sie noch Einsatzmöglichkeiten von mobilen Endgeräten im Kunstunterricht?
10. Gibt es bereits eine Verankerung der Arbeit mit mobilen Medien im Schulcurriculum? Bzw.
wird daran gearbeitet?
• Handyverbot?
• Und wenn ja, was hat es bedeutet, dieses Verbot für den Kunstunterricht aufzuheben?
11. Welches Schülerprodukt hat Sie besonders beeindruckt?
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Anhang: Leitfaden Video Max Schleser
1. What role did the 'Museum of Newsealand te papa' play in the first round of 24 Frames 24
Hours? Was it a student workshop aswell?
2. How exactly came Dziga Vertovs theory about intervalls in the project? What did you
show to your students? What did you read or discuss? How did they take it in consideration
in their final films?
• What means "localized aesthetic"?
• How can a nonlinear structure support the reflection on the filmed material?
3. Same questions for cinéma verité: what did you show them? (for example Jean Rouch's
films or texts?)
4. Why was it so important that the groups communicated internationally? How did that
influence their later work? What did they discuss on Skype?
5. How important is the creative process of the individual in your project (in proportion to the
process of the group and in proportion to the resulting film)?
• If you had to decide to point out the most important factor in your project, what would it
be? Participation and connecting? Mediation of skills? The final product? The process of the
individual or the group?
(Punkt Sechs fehlte)
7. You wrote about showing examples of abstract filmworks with light and colour to your
students. Which were those films you showed them for example? Can I see those
somewhere?
8. Also you noted, that the mobile phone has limitations and you teach them to use those
creatively. But where do you see the limitations? (I refer here to the newer iPhone models for
example that are doing HD-quality films and don't limit the filmer in the quality of the
material) And what can this produce?
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