Aneignung der Kunstgeschichte

Transcription

Aneignung der Kunstgeschichte
Aneignung der Kunstgeschichte
Strategien der Wiederholung
bei Gerhard Richter und Sigmar Polke
Inauguraldissertation
der Philosophisch-historischen Fakultät
der Universität Bern zur Erlangung der Doktorwürde
vorgelegt von
Julia Gelshorn
Deutschland
Bern, August 2003
Von der Philosophisch-historischen Fakultät auf Antrag von
Prof. Dr. Oskar Bätschmann und
Prof. Dr. Victor I. Stoichita angenommen.
Bern, den 7.11.2003
Der Dekan: Prof. Dr. Reinhard Schulze
Inhaltsverzeichnis
Einleitung......................................................4
Annäherung.....................................................22
1. Gerhard Richters Verkündigung nach Tizian ................ 22
2. Sigmar Polkes Original + Fälschung ....................... 29
Legitimation...................................................39
1. Destruktionen ............................................ 39
2. Wahlverwandtschaft und Wettstreit ........................ 44
Revision.......................................................48
1. Gattungen ................................................ 48
2. Stile .................................................... 55
3. Bildkonzepte ............................................. 63
Bild-Diskurse..................................................71
1.
2.
3.
4.
Bilderstreit ............................................. 71
Künstlerische Handschrift ................................ 83
Geniebegriff ............................................. 91
Bildermacht .............................................. 97
Paradoxien....................................................104
1. Macht und Verschwinden des Künstlers .................... 104
2. Parallelitäten .......................................... 110
Vom Vorbild zum Nachbild......................................119
1.
2.
3.
4.
Intermedialität ......................................... 119
Doppelte Zitate ......................................... 126
Kollektive Vorbilder .................................... 136
Affirmation versus Provokation .......................... 152
Funktionswandel...............................................163
1. Avantgarde des Alten – Wiederholung statt Fortschritt? .. 163
2. Kritik am 'reinen' Bild – Erweiterte Referenzen? ........ 178
3. Eine Kunstwelt für sich ................................. 189
Glossar ......................................................198
Abbildungsverzeichnis.........................................205
Zitierte Literatur............................................210
Einleitung
In einem abbruchreifen Düsseldorfer Ladenlokal hatten Gerhard
Richter und Sigmar Polke im Mai 1963 ihre erste gemeinsame Ausstellung.1 Der Kommentar in der lokalen Presse lautete damals:
"Betrachtet man die ausgestellten Dinge, so ist von ihnen bis zur
Kunst jedenfalls noch ein weiter Weg – vorausgesetzt, dass er überhaupt zu diesem Ziel hinführt und nicht mit Siebenmeilenstiefeln in die entgegengesetzte Richtung."2 Drei Jahre später konterten Richter und Polke anlässlich ihrer Doppelausstellung in der
Galerie h in Hannover mit der Ankündigung: "Wir können uns nicht
darauf verlassen, dass eines Tages gute Bilder gemalt werden, wir
müssen die Sache selbst in die Hand nehmen."3 Dass diese Aussage,
eingebettet in eine gemeinsam für den Katalog geschaffene Textcollage,4 durchaus nicht als reine Provokation gemeint war, sondern vielmehr einer tiefen Skepsis gegenüber sämtlichen damals
etablierten Stilrichtungen der Kunstwelt Ausdruck verlieh, zeigt
sich in Richters späterer Erklärung gegenüber Dietmar Elger: "Wir
waren uns damals schnell darüber einig, dass das alles Quatsch
war um uns herum. Wir wussten, dass das so nicht geht."5
In einer Situation, als die Malerei von der Aktionskunst, der
Objekt- und Konzeptkunst sowie den so genannten 'neuen Medien'
von ihrer 'Vormachtsstellung' in der Kunstwelt verdrängt wurde,
suchten Richter und Polke nach eigenen Positionen und fanden die-
1
2
3
4
5
Die Ausstellung war auf ihre eigene Initiative entstanden und fand gemeinsam mit ihren Studienkollegen Manfred Kuttner und Konrad Lueg
statt; vgl. Elger 2002, S. 74-77.
Friedrichs 1963.
Polke/Richter 1993, S. 39.
Polke und Richter setzten eigene provokative Aussagen zwischen scheinbar willkürliche Ausschnitte aus einem Perry Rhodan-Sciencefiction Roman und mischten hier und da ihre Namen zu denen der Romanfiguren. Dabei entstand eine absurde Textcollage ohne logischen Erzählstrang, die
die Künstler – vielleicht symbolisch – auf einer Expedition in einer
fremden Welt zeigte.
Elger 2002, S. 53.
4
se gerade im Festhalten am Medium der Malerei.6 Richter hatte sich
nach seiner Übersiedlung aus der DDR in den Westen im Jahr 1961
mit Malerei unter Anleihen bei Giacometti, Fautrier, Dubuffet und
Fontana beschäftigt, was ihm nach seinem klassischen Studium an
der Kunstakademie in Dresden und den strengen Vorgaben des 'sozialistischen Realismus' eine radikale Kehrtwende ermöglichte.7 Doch
offenbar hatte er eine genaue Vorstellung davon, wie "gute Bilder" beschaffen sein mussten, denn bereits 1962 präsentierte er
seine informelle Malerei zum letzten Mal der Öffentlichkeit und
verbrannte anschliessend alles, was ihm aus der Distanz "falsch"
erschien.8 Schliesslich begründete er mit dem Gemälde Tisch ein
neues Oeuvre, das er sodann fortlaufend nummerierte (Abb. 1).
Dieser Akt ist in mehreren Hinsichten bemerkenswert: Einerseits zeigt sich hier die selbstbewusste Planung einer Künstlerkarriere, deren Beginn durch den eigens hergestellten Catalogue
raisonné ebenso festgelegt wird wie ihre folgende Rezeption.9 Andererseits kann das Bild, das Richter explizit zum Ausgangspunkt
für seine westliche Karriere ernannte, geradezu programmatisch
verstanden werden. Was zunächst wie der misslungene Versuch eines
Gemäldes wirkt, erweist sich als Beschäftigung mit ursprünglich
gegensätzlichen malerischen Positionen, die Richter wiederholte
6
7
8
9
Zur Situation der Kunst in den sechziger Jahren vgl. Utopien 1990.
Dass Richters und Polkes Hinwendung zu einer 'neuen' Malerei Teil einer grösseren Bewegung in Deutschland war, zeigen Ausstellungen wie
Krens/Govan/Thompson 1989 oder Refigured Painting 1989.
Die neuen Vorbilder der abstrakten Malerei hatte Richter anlässlich
der documenta II 1959 kennen gelernt, deren Besuch ihn nach eigenen
Erzählungen mit zur Flucht aus der DDR bewogen haben soll, vgl. Buchloh 1993c, S. 123; Elger 2002, S. 36-39.
Vgl. Harten 1986b, S. 14. - Seine informellen Gemälde zeigte Richter
1962 zum letzten Mal in der Galerie Junge Kunst in Fulda, vgl. Elger
2002, S. 51.
Vgl. Richter 1993, Bd. 3. Dabei ist nicht zu vergessen, dass es sich
bei dem angeblich chronologisch geordneten Werkverzeichnis um ein fiktives Konstrukt handelt, insofern als die Bilder entsprechend ihrer
nachträglich befundenen Wichtigkeit und Bedeutung eingeordnet werden,
vgl. Storr 2002a, S. 29. – Ein ähnliches Anliegen manifestiert sich in
dem nach und nach vom Künstler zusammengestellten Atlas als Dokumentation seiner Vorlagen, verworfenen Projekte und Arbeitsmethoden, vgl.
Zweite 1989 und Friedel/Wilmes 1997.
5
und in direkter Überlagerung miteinander konfrontierte.10 Dass es
sich bei der Darstellung des Tisches um eine abgemalte Fotografie
aus den Medien handelte, sollte zudem für Richter zum entscheidenden Charakteristikum seiner Arbeit werden.
Richters abrupter Übertritt von der Doktrin des 'sozialistischen Realismus' der DDR in die fast beliebig erscheinende Mannigfaltigkeit der künstlerischen Ausdrucksformen des Westens veranlasste ihn zu einer eingehenden Prüfung, "was mit Malerei zu
machen" sei.11 Dabei griff er auf das zurück, was die Geschichte
an Bildern hervorgebracht hatte, einerseits durch eklektisches
Nachahmen konkreter historischer Positionen der Kunst und andererseits durch eine nach Gattungen, Stilen und theoretischen Modellen geordnete 'Revision' all dessen, was Malerei heissen und
sein konnte. Entsprechend bemerkte Sigmar Polke in der gemeinsamen Textcollage von 1966: "Du hast mit Raffael so viel zu tun wie
mit den Surrealisten, mit den Impressionisten, Höhlenmalern, mit
Zero, mit Picasso, mit Fluxus und mit den Millionen armen Teufeln, die ihre Familien fotografieren."12
Richter lernte Polke 1962 anlässlich seiner zweiten Ausbildung an der Kunstakademie Düsseldorf kennen, wo beide die Klasse
von Karl Otto Götz besuchten. Polke war bereits 1953 als Jugendlicher mit seiner Familie aus dem Osten übergesiedelt und hatte
in Düsseldorf zunächst eine Glasmalerlehre angefangen, bevor er
1961 sein Studium an der Akademie begann. Als Studenten arbeiteten Richter und Polke sehr eng miteinander zusammen, wobei sie
sich auch mit anderen Kollegen wie Konrad Lueg und Manfred Kuttner in einer informellen Gruppierung zusammenschlossen. Dass die
Freundschaft von Richter und Polke darin jedoch einen Sonderstatuts einnahm, belegt eine spätere Aussage von Richter über die
10
11
12
Dass Tisch nicht wirklich den Neuanfang nach der informellen Malerei
bildete, ist jedoch bekannt, vgl. Wood 1994, S. 185; Elger 2002, S.
60-64. – Eine derartige Setzung durch Richter betont umso stärker ihren programmatischen Charakter.
Richters Aussage im "Interview mit Amine Haase 1977", in: Obrist 1993,
S. 85-88, hier S. 85.
Polke/Richter 1993, S. 47-48.
6
Situation von 1966: "Zu der Zeit, als wir den Text machten, war
ich mit Polke so eng wie nie mit jemand zuvor."13
Der "Kontakt mit gleichdenkenden Malern"14 war für beide
Künstler nicht nur existentiell wichtig, um sich in der Kunstwelt
zu orientieren und um Selbstvertrauen für ihren eigenen Weg zu
finden, sondern er entfachte in der Zusammenarbeit auch eine enorme Konkurrenz, wie Hubertus Butin und Dietmar Elger in ihren
biografischen Untersuchungen zu den Künstlern zeigen konnten.15
Dass diese Konkurrenz sich einerseits als "fruchtbare Herausforderung" und "gegenseitiger Ansporn" auswirkte, und sich andererseits auch in einer Ähnlichkeit der Werke und Konzepte niederschlug, formuliert Butin als "enge motivische und konzeptionelle
Verzahnung" der frühen Bilder beider Künstler.16 Diese "Verzahnung" lässt sich auch dann noch beobachten, als die Freundschaft
und somit auch die Zusammenarbeit von Richter und Polke nach 1971
abbricht,17 und sie spiegelt sich nicht zuletzt in Richters privater Notiz von 1985: "Polke, wie immer, stelle ich freudig fest,
tut Vergleichbares."18
Eben diese Vergleichbarkeit wird hier zum Anlass genommen,
die beiden Künstler einander gegenüber zu stellen, wobei in den
ähnlichen Ansätzen, Topoi und Verfahren, die sich in den Werken
beider zeigen, gerade auch die Unterschiede und Abweichungen
'fruchtbar' gemacht werden sollen. So arbeitete Polke die Geschichte der Kunst nicht wie Richter systematisch in einzelnen
Werkgruppen durch, sondern griff in scheinbar spielerischer Weise
Motive, Stile und Positionen aus der Kunstgeschichte auf, und
zeigte sie in Kombination mit Trivialmotiven und unüblichen Me-
13
14
15
16
17
18
Richters Aussage im Gespräch mit Dietmar Elger: Elger 2002, S. 132.
Gerhard Richter, "Notizen 1964", in: Obrist 1993, S. 19-20.
Butin 2002b, bes. S. 5 u. 8; Elger 2002, S. 141.
Butin 2002b, S. 5.
Vgl. dazu Butin 2002b, S. 8; Elger 2002, S. 230. – Richter erklärte
das Ende der Freundschaft gegenüber Robert Storr mit den sich unterschiedlich entwickelnden Lebenssituationen beider Künstler: "I can only say that that's the way it was. Polke drifted away into the psychedelic direction and I into the classical", Storr 2002c, S. 300.
"Notizen 1985", in: Obrist 1993, S. 110-115, hier S. 112.
7
dien oder Techniken aus einem neuen, oft ironischen Blickwinkel.
Polke selbst charakterisierte sein Verfahren der Wiederholung
selbstironisch als "Auftragsmalerei": "Das solcherart unmittelbar
erfahrene Wirken tiefster Bestimmung auch im scheinbar Zufälligen
bestärkte mich in der Überzeugung, dass alles schon vorgezeichnet
ist und es mein Auftrag sei, dies nunmehr auszumalen. So ist meine Malerei in ihrem tiefsten Wesen eine Auftragsmalerei, und ich
schmeichle mir, immer nach Vorlage gemalt zu haben […]."19 Nachdem
im 20. Jahrhundert schon einige vermeintlich "letzte Bilder" gemalt worden waren und die Kunsttheorie das "Ende der Malerei"
ausrief,20 nutzten Richter und Polke die Geschichte der Malerei
als Fundus, deren Paradigmen sie durchspielten und auf ihre Gültigkeit überprüften.
Diese Bezüge beider Künstler auf die Geschichte der Kunst
und, wie zu zeigen sein wird, auch auf die Kunstgeschichte als
Disziplin stehen im Zentrum des Interesses der vorliegenden Arbeit. Dabei werden einerseits die Werke untersucht, welche sich
als eindeutige Referenzen auf einzelne Kunstwerke nachweisen lassen, und andererseits jene, welche aufgrund einer visuellen Ähnlichkeit auf traditionelle Bildtypen, Stile, Gattungen oder Modelle der Malerei verweisen.21 Richters und Polkes Verfahren einer
Rückbezüglichkeit auf die Geschichte der Kunst kann zudem stellvertretend für einen erheblichen Zuwachs an künstlerischen Referenzen auf die eigene Tradition seit den sechziger Jahren des 20.
Jahrhunderts betrachtet werden.
19
20
21
Heubach 1997, S. 289.
Vgl. dazu Weibel/Meyer 1991; Crimp 1996b; Meinhardt 1995; Meinhardt
1997; Neumeier/Pühringer 1999.
Die Untersuchung umfasst Werke beider Künstler aus allen Schaffensphasen seit den sechziger Jahren, wobei es nicht um Vollständigkeit geht.
Da Richter sich seit etwa Mitte der achtziger Jahre verstärkt den
'Abstrakten Bildern' widmete, liegt in Bezug auf ihn der Fokus auf den
60er und 70er Jahren. – Die Identifikation der Vorbilder, auf die sich
die Künstler beziehen, ist in den meisten Fällen durch die Titel der
Bilder, durch den allgemeinen Bekanntheitsgrad oder durch die Forschung bereits geschehen und steht somit nicht im Vordergrund. Für einige wenige Fälle konnte der noch ausstehende Nachweis des Vorbildes
jedoch noch erbracht werden.
8
Dieses für die Kunst im 20. Jahrhundert immer wichtiger werdende Prinzip der Wiederholung in Form von Zitaten, Kopien, Paraphrasen, Hommagen oder 'Demontagen' erklärt sich wohl zum Teil
durch die zunehmende 'Verfügbarkeit' von Kunst in technischen Reproduktionen, durch den Einsatz technischer Reproduktionsverfahren auch in der Kunst und durch eine verstärkte Reflexion über
die sich wandelnden Bedingungen des Kunstschaffens und das Verhältnis von Kunst und 'Nicht-Kunst'. Katrin Sello brachte 1979
die in den sechziger Jahren wachsende Anzahl von Zitaten in der
Kunst in ihrer Einführung zur Ausstellung Nachbilder. Vom Nutzen
und Nachteil des Zitierens für die Kunst mit dem "Auftreten des
Neuen Realismus" in Verbindung: "Je politischer sich die Realisten verstanden haben, desto intensiver hat sich ihre Beschäftigung mit der Geschichte, also auch der Kunstgeschichte niedergeschlagen."22 Diese Beobachtung geht jedoch davon aus, dass alle
zeitgenössischen Kunstbezüge einem 'Realismus' verpflichtet und
politisch motiviert seien, was durchaus nicht der Fall ist. Überzeugender in Bezug auf die spezifisch deutsche Situation ist der
Ansatz Benjamin Buchlohs, der das Vakuum der Moderne im Nachkriegsdeutschland dafür verantwortlich macht, dass die "NeoAvantgarde" quasi von aussen auf die Moderne zurückgeblickt und
deren Ausdruck durch Zitate beziehungsweise visuelle Strategien
der Aneignung und Ironisierung angenommen habe. Darin vergleicht
er die Methode der deutschen Künstler zudem mit jener ihrer amerikanischen Zeitgenossen, insofern als auch dort die europäischen
Strategien der Moderne, wie etwa der Dadaismus, wieder entdeckt
worden seien.23
Das in Europa und Amerika gleichermassen zunehmende Interesse der
Kunst an ihrer eigenen Tradition, spiegelt sich auch in zahlreichen Ausstellungen und Publikationen seit den siebziger Jahren,
in denen die zeitgenössische Kunst der Wiederholung als eigen-
22
23
Sello 1979, S. 14.
Buchloh 1982b, S. 31-32.
9
ständiges Phänomen und seit den achtziger Jahren auch als neue
Kunstform behandelt wurde. Während Ausstellungen wie D'Après. Ommaggi e dissacrazioni nell'arte contemporanea 1971, Nachbilder
1979 oder Hommage-Démontage 1988 vor allem die Bezugnahme auf ein
'Vorbild' thematisierten, hob die amerikanische Schau Art About
Art 1978/79 in den Zitaten und Paraphrasen der amerikanischen Pop
Art besonders den Aspekt der Selbstbezüglichkeit von Kunst hervor.24 Dass dabei die zeitgenössischen Kunst-Referenzen bereits
auf eine lange Tradition des "Nachdenkens der Kunst über sich
selbst"25 zurückgehen, ist auch Ausgangspunkt für Christoph Zuschlags Meta-Kunst. Kunst über Kunst nach 1960, in der er die
Selbstreflexion der Kunst-Bezüge explizit mit Bezug auf Viktor I.
Stoichitas Begriff der Metamalerei zu deuten versucht.26
Während Leo Steinberg in seiner Einleitung zum Ausstellungskatalog Art About Art die Wiederholungen der Pop Art innerhalb
einer bereits langen Tradition des Zitierens, Kopierens und Paraphrasierens in der Kunst situiert,27 postulierte im Gegensatz
dazu Evelyn Weiss in ihrem Aufsatz "Kunst in Kunst – Das Zitat in
der Pop Art" bereits 1970: "Mit der Konsolidierung der amerikanischen Pop Art in den sechziger Jahren nimmt die Beschäftigung mit
den alten Meistern eine neue Wendung."28 Auch Hans Belting beobachtete 1982 in den Historien von Larry Rivers "ein anderes Verhältnis" zur Tradition als dies etwa noch bei Picasso der Fall
gewesen sei, insofern, als die zeitgenössische Kunst die ältere
aus "einer kaum einholbaren Distanz" reflektiere.29 In einem ähnlichen Sinne hatte Evelyn Weiss in den Wiederholungen der Pop
Künstler eine radikale und erbarmungslose "Entmythisierung der
24
25
26
27
28
29
D'Après 1971, Ahrens/Sello 1979, Bohnen 1988a, Lipman/Marshall 1978.
Stoichita 2002.
Vgl. Georgel/Lecoq 1982; Zuschlag 2001; Zuschlag 2002; Stoichita 1993.
– Auch Hermann Ulrich Asemissen und Gunter Schweikhart sahen in den
"Bilder nach Bildern" die Malerei als Thema der Malerei, Asemissen/Schweikhart 1994; vgl. dazu auch Mai/Wettengl 2002 und darin besonders Stoichita 2002.
Steinberg 1978.
Weiss 1971, S. 219.
Belting 1982, S. 82; vgl. auch Belting 1995, S. 185-187.
10
Vergangenheit" beobachtet, die sich nicht für das Original interessiere, sondern Kunst nur noch durch die Medien wahrnehme und
kenne.30 Udo Kultermann und Ekkehard Mai versuchten hingegen 1980
und 1981 das verstärkte Interesse der Kunst an ihrer Geschichte
als neuen "Historismus" zu erklären, der sich in Verehrung der
Tradition zur "grossen Kunst" zurückwende.31 Diese Auffassung der
zeitgenössischen Wiederaufnahmen von Vorbildern im Sinne eines
klassischen Verfahrens, das es in der Geschichte der Kunst immer
gegeben habe, wurde in ähnlicher Weise von Ausstellungen wie Dialoge. Kopie, Variation und Metamorphose alter Kunst in Graphik
und Zeichnung vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart 1970 in Wien,
Copier-Créer 1993 in Paris oder Encounters 2000 in London vertreten.32
Trotz der unterschiedlichen Erklärungs- und Einordnungsversuche herrscht Einigkeit darüber, dass die 'Aneignung von Bildern'
eines der kennzeichnenden Verfahren der Kunst nach 1960 ist. Vor
allem mit der Formation der so genannten 'Appropriation Art' im
New York der achtziger Jahre, welche die fotografische Aneignung
einer bestehenden Bildlichkeit zu einer eigenständigen Kunstform
gemacht hat, ist die künstlerische Wiederholung zum Paradigma der
Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und damit zum
viel besprochenen und analysierten Thema avanciert.33 Die in den
Wiederholungen beobachteten Verschiebungen und Umwertungen von
traditionellen Wertmassstäben der Kunst wie Originalität, Kreativität, 'Meisterlichkeit' oder Aura, welche sich auch in den
Ausstellungs- und Publikationstiteln niederschlagen,34 waren
30
31
32
33
34
Weiss 1971, S. 233-234.
Kultermann 1980, S. 36; Mai 1981, bes. S. 49.
Vgl. Schmidt 1970, Copier-Créer 1993, Rosenblum 2000. - Der Versuch,
eine Tradition der Rückbezüglichkeit zu rekonstruieren, zeigt sich
auch bei Horàny/Sitt 1993, wobei sie jedoch für die zeitgenössische
Kunst den Begriff des Zitats ausschliessen.
Vgl. zur 'Appropriation Art' Buchloh 1982a; Crimp 1984; Ferrer 1985;
Nelson 1996; Crimp 1996a; Rebbelmund 1999; Römer 1997; Römer 1999a,
2001; Groys 2001; Appropriation Now 2002.
Vgl. Art and its Double 1987; Fake 1987; Bohnen 1988a; Huber 1989; Fake 1990; EchtFalsch 1991; Konstruktion Zitat 1993; Seipel 1993, darin
11
zugleich Anlass für rege Diskussionen um eine 'postmoderne' oder
'posthistorische' Kunst, in der die Wiederholungen eine entscheidende Rolle zu spielen schienen.35
Richter und Polke haben mit ihren Wiederholungen in derartigen Ausstellungen und Diskussionen bereits Beachtung gefunden,
sind dabei jedoch bisweilen einer generalisierenden Sicht unterzogen worden, die eine klare Abgrenzung und Charakterisierung ihrer Verfahren gegenüber denen anderer 'Aneignungskünstler' vernachlässigte.36 Inzwischen ist das Thema der 'Kunst über Kunst'
auch in akademischen Forschungsarbeiten aufgegriffen worden, von
denen mehrere versucht haben, einen Überblick über die Kunstbezüge des gesamten 20. Jahrhundert zu geben.37 Christian Krausch, Romana Rebbelmund, Stefan Römer und Christoph Zuschlag haben in ihren Arbeiten entweder den Wiederholungen Richters oder jenen Polkes ein Kapitel gewidmet.38 Es gelingt dabei aber einzig Stefan
Römer, die Arbeit Polkes nicht nur für seine eigene These gewinnbringend einzusetzen, sondern vor allem auch einen wichtigen Aspekt von Polkes Zyklus Original + Fälschung herauszuarbeiten. Innerhalb der Überblicke von Krausch, Rebbelmund und Zuschlag fungieren die Werke Richters oder Polkes als Beispiele für ein beobachtetes Kunstphänomen, werden aber durch diesen Kontext nicht
neu analysiert, sondern in aller Kürze quasi monografisch behandelt.39 In rein monografischen Untersuchungen zu den Künstlern
wurde das Thema der Rückbezüge auf die Kunst bisher oft der all-
35
36
37
38
39
bes. Amelunxen 1993; Madill 1994; Aura 1994, darin bes. Brüderlin
1994; Deecke 1999b, darin Deecke 1999a; Stremmel 2000.
Vgl. dazu das Kapitel "Avantgarde des Alten – Wiederholung statt Fortschritt?"
Vgl. zum Beispiel die Ausstellungen Ahrens/Sello 1979; Deecke 1999b.
Vgl. Krausch 1995; Rebbelmund 1999; Schmidt 2000b.
Vgl. Krausch 1995; Rebbelmund 1999; Römer 2001; Zuschlag 2001. – Dabei
ist zu bemerken, dass nur Römer und Zuschlag dem Werk Polkes wirklich
gerecht werden.
Zuschlag macht dabei sehr wohl den Versuch, Polkes Werk innerhalb seiner Untersuchung einer neuen "Meta-Kunst" zu erhellen; die Spezifik
von Polkes Wiederholungen im Gegensatz zu jenen der anderen besprochenen Künstler wird dabei jedoch, abgesehen von unterschiedlichen Themen
oder Motiven, nur bedingt deutlich. – Bei Krausch und Rebbelmund greifen die Analysen der ausgewählten Werke von Polke und Richter in jeder
Hinsicht zu kurz.
12
gemeineren Frage nach ihrer Reproduktion vorgefertigter Bilder in
Form von Fotografien untergeordnet. Einzelne Analysen der KunstBezüge beider Künstler finden sich selbstverständlich in den umfangreichen Forschungen von Benjamin Buchloh, Martin Hentschel,
Hubertus Butin und Jürgen Harten, welche hier ebenso diskutiert
werden, wie Artikel von Dierk Stemmler, Carla Schulz-Hoffmann,
Klaus Krüger oder Ellen Heider, die das Thema der Wiederholung
bei Richter oder Polke anhand exemplarischer Werke aufgreifen.40
Ein grundlegendes Problem in der Beschreibung und Analyse wechselseitiger Bildbeziehungen ist die begriffliche Benennung und
Unterscheidung der künstlerischen Verfahren. Bereits 1978 hatte
Leo Steinberg in seiner Einleitung zur Ausstellung Art About Art
beanstandet, "that we have plenty of bad-mouthing caconyms for
the phenomenon under discussion, but no decent name."41 Dieses
Manko zeigt sich auch in den bisherigen Beschreibungen der Bezüge
Richters und Polkes: Krauschs Begriff des "Bildzitats" greift genau jene Bezeichnung auf, die bei Steinberg für die Kunst als unangemessen empfunden wird, insofern als sie ihre Bezugnahme im
Gegensatz zur Literatur nicht markieren könne.42 Während Polkes
Arbeiten von Krausch als "ironische Zitate",43 anderweitig oft
auch als "Parodien",44 "parodistische Aneignungen"45 oder "ironische Anverwandlungen"46 beschrieben werden, behauptet Frederic Ja-
40
41
42
43
44
45
46
Buchloh 1976; Buchloh 1982b; Buchloh 1993b; Buchloh 2002; Buchloh
2000a; Hentschel 1991; Hentschel 1992b; Hentschel 1997; Hentschel
2000; Butin 1993; Butin 1994; Butin 1997; Butin 1999; Harten 1986b;
Stemmler 1974; Schulz-Hoffmann 1992; Krüger 1995; Heider 2000. –
Daneben werden selbstverständlich zahlreiche weitere Forschungsansätze
und Deutungen berücksichtigt, die an entsprechender Stelle aufgeführt
sind. Vgl. auch die Ausstellungskataloge Harten 1986a; Richter 1993;
Elger 1998b; Storr 2002b; Adriani 2000; Holm 2001; Polke 1976; Polke
1997; Polke 1995
Steinberg 1978, S. 20.
Vgl. Steinberg 1978, S. 21-23. – Es wird im Kapitel "Intermedialität"
jedoch gezeigt werden, durch welche Mittel dies dennoch möglich ist.
Krausch 1995, S. 212.
Power 1996, S. 108.
Buchloh 1982b, S. 34.
Hentschel 1997, S. 70-71.
13
meson, in der 'postmodernen' Kunst könne es nach dem 'Tod des
Subjekts' keine Parodien mehr geben, sondern lediglich noch
"Pastiches" als "blanke Parodien", die jeder Ironie beraubt seien.47 Ingeborg Hoesterey entwickelt entsprechend eine ganze Theorie zum "postmodern pastiche" als "cultural critique" in Kunst,
Literatur und Film, ohne sich allerdings dazu zu äussern, inwiefern Ironie diesem Begriff noch eigen sei.48 Stefan Römer greift
den Begriff des "Pastiche" in Anlehnung an Gérard Genettes Intertextualitätstheorie auf und grenzt sich von dem der "Parodie" nur
insofern ab, als Parodien nach Genette nur in einem direkten Zitatverhältnis möglich seien, nicht aber als Nachahmungen. Was
Buchloh oder Power als Parodien bezeichnen, würde entsprechend
bei Römer zu Persiflagen.49 Für Richters Wiederholungen stellt
sich diese Frage insofern nicht, als seine Bezugnahmen auf Kunstwerke nicht ironisch aufzufassen sind. Dennoch scheint etwa die
bei Rebbelmund verwandte Bezeichnung der "Kopie als Kunstform"
nicht in allen Belangen zutreffend.
Sowohl Rebbelmund, als auch Krausch, Hoesterey, Zuschlag und
Römer haben sich in ihren Arbeiten bereits auf unterschiedliche
Weise um eine Systematisierung der Begriffe bemüht.50 Dass dabei
Bezeichnungen gewählt wurden, die zum Teil untereinander nicht
kompatibel sind, belegt die Heterogenität, der Begriffe für Bildbeziehungen, welche entweder dem allgemeinen Sprachgebrauch, der
älteren imitatio-Theorie oder den Theorien zu Textbeziehungen
entlehnt sind.51 Zwar gibt es bereits Ansätze, eine "Interikonizi-
47
48
49
50
51
Jameson 1983, S. 113-114.
Hoesterey 2001.
Vgl. Römer 2001, S. 58-60. - In der Unterscheidung zwischen direkten
und indirekten Bezugnahmen ordnet Gérard Genette die Parodie den direkten Bezugnahmen zu und stellt ihr als indirektes, ebenso satirisches, Pendant die "Persiflage" gegenüber. Dabei macht er darauf aufmerksam, dass der Begriff der Parodie immer 'missbraucht' werde und
sich diese Gewohnheit kaum ausmerzen lasse, Genette 1993, S. 41-42. –
Vgl. zur Unterscheidung der Begriffe bei Genette den Glossar im Anhang.
Auch im Katalog Diskurse der Bilder wird der Versuch unternommen, die
Begriffe zu definieren, Seipel 1993.
Vgl. zur imitatio etwa Pochat 2001.
14
tät" oder "Interpikturalität" in Anlehnung an die Intertextualitätstheorien als spezifisches Bezugssystem von Bildern zu entwickeln;52 eine Systematik der denkbaren Beziehungen und Ebenen
steht dabei aber noch aus, da es sich hierbei lediglich um eine
'Umbenennung' des literaturwissenschaftlichen Phänomens handelt.
Es lässt sich zudem bezweifeln, dass eine umfassende Theorie für
die wechselseitige Beziehung von Bildern überhaupt zu bewältigen
ist, da bereits die verschiedenen Ansätze der Intertextualitätstheorien gezeigt haben, dass ein Begriffssystem immer von seiner
Betrachtungsweise abhängt.53 Entscheidend ist lediglich das Vorhaben, die ältere Quellen- und Einflussforschung durch eine Untersuchung aktiver, markierter und bedeutungskonstituierender Bezugsmomente zu ersetzen.54
52
53
54
Der Begriff der 'Interikonizität' ist in der Literatur noch nicht zu
finden; Christoph Zuschlag verweist auf einen unpublizierten Vortrag
von Matthias Bleyl über "Interikonizität bei Joseph Beuys", Zuschlag
2001, S. 28. – In Bezug auf den Begriff der 'Interpikturalität' vgl.
Rosen 2003, die den Begriff in einigen wenigen kunsthistorischen Untersuchungen aufspürt und in Parallelität zu Intertextualitätstheorien
zu definieren versucht. Der spezifischen Eigenschaft von Bildern im
Gegensatz zu Texten wird hier jedoch noch nicht Rechnung getragen. An
dieser Stelle sei Valeska von Rosen dafür gedankt, dass sie mir das
Manuskript des im Druck befindlichen Lexikonartikels zur Verfügung
stellte.
Julia Kristeva, die den Begriff der 'Intertextualität' 1969 für die
Literaturwissenschaft prägte, bezeichnete damit ein allumfassendes,
universales und ahistorisches Konzept, in dem die Bezüglichkeit zu einer Eigenschaft aller Texte wurde, Kristeva 1969. – Manfred Pfister
argumentiert dagegen, dass somit Intertextualität kein besonderes
Merkmal bestimmter Texte mehr sei und plädiert stattdessen dafür, die
Phänomene einer "Skalierung" zu unterwerfen, derzufolge sich Intertextualität "nach Graden der Intensität" des intertextuellen Bezugs differenzieren und abstufen liesse; Pfister 1985, bes. S. 25. In diesem
Sinne entwerfen Pfister und Ulrich Broich einen eingeschränkten, kommunikativ-semiotischen Begriff der Intertextualität, der auf "markierte" Bezüge zwischen Texten und deren Funktionen im Textganzen abhebt,
Broich/Pfister 1985, bes. S. 31-47. – Gegen diese "intentionale Explizität" des enger gefassten Intertextualitätsbegriffes wehrt sich zum
Beispiel Ernest Hess-Lüttich, der die von den Poststrukturalisten ausgerufene subjektlose Produktivität des Textes rezeptionsästhetisch umwertet und den Leser im Zusammenspiel mit der Struktur des Textes über
Bedeutung und Gewicht der Intertextualität entscheiden lässt, HessLüttich 1987, bes. S. 10. – Diese Gegensätzlichkeit der Ansätze liesse
sich ohne weiteres auf die wechselseitigen Beziehungen zwischen Bildern übertragen.
Vgl. dazu auch Minor 1998, bes. S. 132-133, und zur Kritik der 'Einfluss-Forschung' Baxandall 1990, S. 102-105.
15
Insofern wird hier weder der Versuch gemacht, ein Begriffsystem zu entwerfen, noch Bezeichnungen festzulegen oder zu erfinden. Es soll lediglich versucht werden, Richters und Polkes einzelne Bezüge auf die Kunst so genau wie möglich zu benennen und
die Begriffe dabei klar von einander zu trennen. Gerade der Vergleich ihrer ähnlichen und doch abweichenden Methoden sollte dabei hilfreich sein. Stefan Römers Versuch, Gérard Genettes Intertextualitätstheorie Palimpseste als Begriffsgrundlage für Bildbezüge zu nutzen, wird hier insofern für Richter und Polke übernommen, als Genette den Versuch gemacht hat, einzelne Bezugsformen
schematisch abzugrenzen und funktionale Register von "ernsthaft"
über "spielerisch" bis "satirisch" zu benennen, mit welchen sich
die unterschiedlichen Verfahren Polkes und Richters gut veranschaulichen lassen. Genettes Begriffssystem kann jedoch aus zwei
Gründen nur als grobes Ordnungsschema dienen: Erstens ist seine
grundsätzliche Unterscheidung zwischen Transformation und Nachahmung, also zwischen direkter und indirekter Bezugnahme nicht immer eindeutig auf Bilder übertragbar, zweitens erweisen sich Polkes und Richters Gemälde als mehrfache Bezugnahmen einerseits auf
künstlerische Vorbilder, andererseits auf fotografische Vorlagen
und schliesslich auf eine diskursive Ebene, so dass sie sich in
einem einzigen Begriff oft nicht fassen lassen. Die hier gewählten möglichst allgemeingültigen Bezeichnungen der "Aneignung" und
"Wiederholung" sind somit für jedes einzelne Werk zu spezifizieren. Der Glossar im Anhang versucht insofern lediglich, die Verwendung der Begriffe zumindest offen zu legen und zugleich einen
Überblick darüber zu verschaffen, wie künstlerische Bezugnahmen,
insbesondere in der Gegenwartskunst, bisher bezeichnet wurden.
Dem Vorgehen von Richter und Polke wird sich hier in einem ersten
Schritt durch die Analyse zweier exemplarischer Serien 'angenähert', in welchen beide Künstler Gemälde 'alter Meister' aufgreifen und in ihrer jeweils spezifischen Weise wiederholen. Anhand
dieser Einzelanalysen können die weiteren zu untersuchenden Problematiken herausgestellt werden.
16
Zunächst steht die Frage nach der Motivation für die Bezugnahmen auf bestimmte Kunstwerke im Vordergrund. Sowohl die demonstrative Abgrenzung von einer Tradition als auch der Bezug auf
anerkannte Vorbilder waren in der Geschichte der Kunst immer Möglichkeiten der Legitimation des eigenen künstlerischen Schaffens.
Ausgehend von der Rezeption der Werke Richters und Polkes in der
zeitgenössischen Presse werden die Stichworte der 'Destruktion',
der 'Wahlverwandtschaft' und des 'Wettstreits' als herkömmliche
Motivationen von künstlerischen Bezugnahmen, wie sie einerseits
die Praxis der 'Klassischen Moderne' und andererseits die ältere
der imitatio vorgeben, auf Richters und Polkes Wiederholungen bezogen.
Das zunächst scheinbar planlose Aufgreifen von Kunstwerken
verschiedenster Epochen lässt sich als eine 'Revision' von kunsttheoretischen und -historischen Kategorien und Modellen verstehen
und ordnen. Anhand einzelner Bildanalysen können die Werke nach
ihren Bezügen auf Gattungen der Malerei, auf Stile der 'Klassischen Moderne' und auf Grundelemente des Tafelbildes und seine
theoretischen Konzepte systematisiert werden. Die Ordnung der
Werke erfolgt anhand ausgewählter Beispiele, die auf den jeweiligen speziellen Bezugspunkt hin analysiert werden, wobei es lediglich um die Präsentation einer möglichen Lesart in der Untersuchung dieses spezifischen Kontextes gehen soll. Bereits an dieser
Stelle wird deutlich, dass die Bezugnahmen als 'reflektierte'
Wiederholungen zu verstehen sind, die in einer "diskursiven Ästhetik"55 sowohl auf kunsthistorische Modelle wie auch auf Bedingungen ihrer eigenen Medialität und Rezeption referieren.
Dass dabei auch theoretische und gesellschaftliche Wertmassstäbe der Kunst aufgegriffen und in ihrer ideologischen Ausrichtung beleuchtet und kritisiert werden, soll im Kapitel 'BildDiskurse' anhand einzelner Topoi gezeigt werden: dem zeitgenössischen 'Bilderstreit' um eine herrschende Bildsprache, der künstlerischen 'Handschrift' als Ausdruck des Künstlersubjekts, der
55
Brüderlin 1996.
17
Vorstellung vom Künstler als 'Originalgenie' sowie dem Glauben an
eine 'Macht' der Bilder.56 Innerhalb des Rückgriffes auf künstlerische Vorbilder nehmen die Künstler somit nicht nur zu den wiederholten Werken, sondern vor allem zu 'Dispositiven' der Kunstwelt und Gesellschaft Stellung.57 Material für die Aufdeckung jenes Zusammenspiels sind neben ausgewählten Gemälden Richters und
Polkes, entsprechende Werke anderer Künstler, sowie Ausstellungen, zeitgenössische Pressestimmen, kunsttheoretische Schriften
und die Aussagen der Künstler, die jedoch nicht als Interpretationsanweisungen, sondern selbst als interpretierbare künstlerische
Produkte gelesen werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass der
Diskurs als "eine institutionell verfestigte Redeweise"58 im Sinne
Michel Foucaults das gesamte Feld des Wissens und Handelns bestimmt, also sowohl das Alltagswissen, welches über Medien und
alltägliche Kommunikation vermittelt wird, wie auch das durch die
Wissenschaften produzierte Wissen einschliesst.59 Die Gemälde
Richters und Polkes können in diesem Sinn als "Vergegenständlichungen" eines diskursiven Kontextes verstanden werden, wobei
sich in der Analyse die Werke und ihr Kontext wechselseitig erhellen.60
Es lässt sich zudem zeigen, dass die Stellungnahmen zu diesen
Kontexten keineswegs immer eindeutig sind. Die Widersprüche und
Paradoxien, welche die Künstler in ihren vielfältigen Bezügen
aufwerfen, werden hier als Teil ihrer künstlerischen Strategie
analysiert. Während sich beide in den Wiederholungen von Bildern
einerseits einer kreativen Schöpfung zu entziehen versuchen und
damit den Topos des 'verschwindenden' Künstlersubjekts zu bestä-
56
57
58
59
60
Vgl. zu derartigen Topoi auch Wyss 1996.
Zum Begriff des 'Dispositiv' als "Zusammenspiel diskursiver Praxen
(=Sprechen und Denken auf der Grundlage von Wissen), nichtdiskursiver
Praxen (=Handeln auf der Grundlage von Wissen) und 'Sichtbarkeiten'
bzw. 'Vergegenständlichungen' (von Wissen durch Handeln/Tätigkeit)",
vgl. Jäger 2001, hier S. 82.
Link 1983, S. 60.
Foucault 1986; vgl. auch Jäger 2001, S. 81. - Zur gesellschaftlichen
Kontrolle der Produktion des Diskurses vgl. Foucault 2001.
Zu "Sichtbarkeiten/Vergegenständlichungen" als eine der drei "Durchgangsstationen" des Dispositiv vgl. Jäger 2001, bes. S. 106-110.
18
tigen scheinen, lassen sich ihre Bezüge auf bekannte Vorbilder
und das Streben nach einer 'Bildermacht' zugleich als Versuche
der Legitimation ihrer eigenen Tätigkeit deuten. Diese Widersprüchlichkeit ihrer Positionen lässt sich auch auf der sprachlichen Ebene beobachten: Richter und Polke entziehen sich in paradoxen sprachlichen Kommentaren der Verpflichtung, das eigene Werk
analysieren zu müssen. Stattdessen entwerfen sie in ihren Texten
und Interviews ein paralleles System zu den Kunstbezügen, indem
sie auch sprachlich verschiedenste Topoi des Kunstdiskurses wiederholen und ironisieren.
Für diesen Ansatz, die Kunstwerke als konzeptuelle Stellungnahmen zu deuten, muss im folgenden Kapitel der Nachweis erbracht
werden, inwieweit diese Lesart in den Gemälden selbst angelegt
ist. Die Frage nach dem medialen Verfahren der Künstler in der
'Verwertung' von Vorbildern soll dabei ermöglichen, die Werke aus
einem anderen Blickwinkel zu analysieren, der für sie selbst nur
'Mittel zum Zweck' ist. Wie die Intertextualitätstheorie nach
'Markierungen' von Bezugnahmen fragt, muss entsprechend hier untersucht werden, inwiefern die Nachbilder Richters und Polkes ihre eigene Referenzialität überhaupt indizieren.
Eine solche 'Markierung' lässt sich in ihrem Rückgriff auf
die Kunst über fotografische Vorlagen als 'Intermedialität' beschreiben und in einem weiteren Schritt mit Boris Groys' Formel
des "doppelten Zitats" vergleichen. Daraus ergibt sich die Frage,
welche Funktion der Rückgriff auf die Kunst über eine medial differente 'Zwischenstation' haben könnte, und inwiefern darin auch
ein 'kollektives Bildgedächtnis' reflektiert wird. So können die
Wiederholungen in ihrem Bezug auf kollektive Bilder auch als eine
Kategorie der 'Erinnerung' gedeutet werden. In einer abschliessenden Gegenüberstellung sollen schliesslich die Übertragungsverfahren von Richter und Polke zusammenfassend miteinander verglichen werden, wobei die Begriffe der 'Affirmation' und 'Provokation' der Polarisierung ihrer unterschiedlichen Haltungen dienen.
Das letzte Kapitel der Arbeit fragt danach, inwiefern sich in
den Wiederholungen Richters und Polkes, im Vergleich auch mit an19
deren zeitgenössischen 'Aneignungskünstlern', ein Funktionswandel
erkennen lässt. Während die traditionellen künstlerischen Zitate
und Paraphrasen vor allem als formale oder ikonografische Aneignungen von Vorbildern zu verstehen sind,61 erscheint bei Richter
und Polke die Wiederholung eines bestehenden Bildes vor allem als
Mittel, um in ihrer Redundanz oder Manipulation auf einen Kontext
zu verweisen. Das Interesse am Vorbild ist damit weniger in dessen Eigenschaften als in einer künstlerischen Reflexion seines
Funktionierens begründet.
Es stellt sich die Frage, ob die künstlerische Stellungnahme
zum Kunstdiskurs nicht auch wieder auf diesen selbst zurückwirkt
und sich somit ein System wechselseitiger Beziehungen ergibt. Die
Rezeption der Werke in Kunstkritik und Kunsttheorie muss insofern
als kontextueller Rahmen der Werke mitbedacht und analysiert werden. So wurde das Phänomen einer Wiederholung und konzeptuellen
'Verwertung' von Vorbildern in verschiedener Hinsicht als Indiz
für einen Paradigmenwechsel in der Kunst rezipiert, wobei die
Kunstwerke gerne als evokative Belege für geschichtsphilosophische Modelle wie die 'Postmoderne' oder 'Posthistoire' vereinnahmt wurden. Timothy J. Clark hat im Zusammenhang mit dem Werk
Edouard Manets festgestellt, der Wert eines Kunstwerks sei letztlich nicht abhängig von seiner Brauchbarkeit für eine bestimmte
Ideologie, denn Malerei könne den "Halbwahrheiten des Augenblicks
überaus hündisch ergeben sein und dennoch nicht weniger stark".62
In diesem Sinne soll es hier nicht darum gehen, die Werke Richters und Polkes zu bewerten, sondern vielmehr aufzuspüren, inwiefern ihre ideologische Vereinnahmung für die These einer 'postmodernen Kunst' in ihnen angelegt ist. So folgerte Clark, es spiele
61
62
So beschreibt George Kubler in The Shape of Time 1962 etwa die Kunstgeschichte als "System formaler Beziehungen" und geht davon aus, dass
sämtliche Kunstwerke als graduell veränderte Lösungsansätze verschiedener Problemstellungen in "formalen Sequenzen" betrachtet werden können: "Die genaueste Definition der formalen Sequenz, die wir bis jetzt
geben können, lautet, dass sie ein historisches Maschenwerk von graduell veränderten Wiederholungen desselben Merkmals ist", Kubler 1982,
bes. S. 69-104, hier S. 76.
Clark 1985, S. 78.
20
durchaus eine Rolle "aus welchen Materialien ein Kunstwerk bestehe", auch wenn das "bildnerische System" etwas anderes und letztlich wichtiger sei.63 Nachdem die 'bildnerischen Systeme' in ihren
Funktionen und Verfahren bereits analysiert wurden, soll im Kapitel 'Funktionswandel' also untersucht werden, inwiefern die Wiederholungen sich etwa der modernen Idee des Fortschritts widersetzen und ob die konzeptuelle Referenzialität als 'Mehrwert' betrachtet werden kann, welcher die Kritik an einer 'reinen' Ästhetik implizieren würde.64 Im Vordergrund steht in den letzten drei
Kapiteln somit der Zusammenhang der Werke mit ihrer Rezeption,
wobei zum Schluss gefragt wird, ob es sich dabei um ein 'geschlossenes System' handelt, in dem Richters und Polkes Wiederholungen gerade als Reflexion der ideologischen Vereinnahmung von
Kunst gedeutet werden, um damit wiederum genau die Erwartungen
einer kritischen Haltung der Kunst zu erfüllen.
63
64
Clark 1985, S. 78.
Zum Begriff des "kritischen Bildes" vgl. Didi-Huberman 1999, S. 159190.
21
Annäherung
1. Gerhard Richters Verkündigung nach Tizian
1973 malte Gerhard Richter eine Serie von fünf Gemälden unter dem
Titel Verkündigung nach Tizian. Das Vorbild war Tizians Verkündigung von 1520 in der Scuola Grande di San Rocco in Venedig (Abb.
2). Zwar weichen die Gemälde Richters (Abb. 3-7) in den Massen
nicht stark von dem des italienischen Meisters ab,65 das Motiv der
Verkündigung ist jedoch nur im ersten Bild der Serie zu erkennen.
In den anderen vier Gemälden wird die Historie durch die starke
Verwischung der Farbe in eine 'abstrakte' Darstellungen verwandelt.
In einem Interview von 1991 behauptete Richter, er habe Tizians Meisterwerk in Venedig gesehen und es kopieren wollen, um
"ein schönes Bild zu Hause" und "damit ein Stück dieser Zeit" zu
besitzen. Da ihm seine Kopie jedoch misslungen sei, habe er mit
seiner Serie zeigen wollen, dass sich ein solches Bild heute
nicht mehr malen lasse.66 Ein Blick auf Richters übriges Werk verrät, dass der Künstler mit seiner Aussage irreführen wollte. Seine Werke offenbaren eine technische Versiertheit, die es ihm sicher erlaubt hätte, eine 'akademische' Kopie anzufertigen.67 Inso-
65
66
67
Mit 125 x 200 cm sind ersten beiden Werke der Serie um ein Viertel
kleiner als Tizians Gemälde, während die letzten drei mit 150 x 250 cm
nur 16 cm in Höhe und Breite vom Original abweichen.
Gerhard Richter, "Interview mit Jonas Storvse 1991", in: Obrist 1993,
S. 212-220, hier S. 215. – Diese Aussage bestätigte er in gleicher
Form in einem Telefongespräch mit der Verfasserin vom 26. März 2001.
Die Kopie war an den Kunstakademien ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung zum Künstler. Albert Boime beschreibt, wie an der Pariser Académie des Beaux-Arts die Schüler durch das Kopieren alter Meister
nicht nur ihre Technik schulen, sondern ausserdem Erfindungskraft,
Phantasie und kompositionelle Ideen entwickeln sollten. Dabei bestand
die akademische Leitung darauf, dass nur eine exakte Kopie diesen Nutzen für die Ausbildung des Künstlers haben könne, Boime 1971, S. 4243; zur Beurteilung und Wertung der Kopie im 18. und 19. Jahrhundert
vgl. Bätschmann 1996, S. 26-28. - Auch Richters Studium an der Kunstakademie in Dresden beinhaltete in den ersten drei Jahren das Kopieren
alter Meisterwerke und eine "strenge akademische Ausbildung mit Akt-
22
fern muss es ihm bei der Beschäftigung mit dem Thema um etwas anderes gegangen sein als das getreue Kopieren eines "schönen Tizian".68 Entscheidend sind dabei zwei Faktoren: Richter hat seine
Serie nicht vor dem Original in Venedig gemalt und dort auch keine Studien angefertigt, sondern mit der Vorlage einer Postkarte
gearbeitet, die er dann wieder annähernd auf die Originalmasse
des Gemäldes vergrösserte.69 Die dabei entstandene Serie zeigt
zwar die Verwandlung des Motivs in ein 'abstraktes' Farbenmeer,
bricht aber die Chronologie der Serie auf, indem das scheinbar
'letzte' Bild an die zweite Stelle gesetzt ist.70 Sowohl die absichtliche Wahl einer Reproduktion als Vorlage, als auch die Manipulation der Reihenfolge der Bilder scheinen somit aussagekräftig.
Das erste Bild in Richters Serie lässt den Rückschluss auf
das Vorbild Tizians auch ohne den Hinweis im Titel zu. Das Motiv
der Verkündigung ist hier entsprechend der Vorlage gestaltet, lediglich die Details und Konturen gehen durch die starke Unschärfe
verloren. Die Verkündigungs-Szene spielt auf der Terrasse einer
Renaissance-Architektur ab, in der rechts Maria vor dem aufgeschlagenen Alten Testament kniet, während von links oben der Engel in wehendem roten Gewand mit der Lilie in der linken Hand und
dem Zeigegestus der rechten herab schwebt. Maria nimmt mit der
Säulenarchitektur hinter ihr die rechte Bildhälfte ein, während
der Engel die linke füllt; den Mittelpunkt des Gemäldes bildet
ein rotes Tuch, das über einer Balustrade drapiert ist, über die
man in eine Landschaft im Bildhintergrund blickt. Diese Landschaft verschwindet bei Richter in der Unschärfe, ebenso wie das
68
69
70
zeichnen, Stillleben und Landschaften, Figurenmalen", Richters Aussage
in: Courts 1987, S. 4.
Zitat Richters in: Nabakowski 1974, S. 3.
Richter erklärte in einem Telfongespräch mit der Verfasserin vom 26.
März 2001, er habe sich in Venedig um eine möglichst schöne Vorlage
bemüht und auch selber Fotos gemacht, zu Hause aber festgestellt, dass
eine Postkarte ihm ebenso dienen konnte.
Die Serie wird durch die Nummerierung der Werke zweigeteilt, indem die
ersten beiden Bilder gleichen Masses die Nummern 343/1+2 tragen, während die letzten drei (ebenfalls gleichen Masses) unter den Nummern
344/1-3 zusammengefasst sind.
23
im Bildvordergrund vor Maria stehende Nähkörbchen, der Apfel und
das Rebhuhn, das über den Marmorboden läuft.71 Die christliche Ikonografie und ihre Symbole werden somit von Richter offenbar
nicht für wichtig erachtet. Auch die Gesichter beider Figuren
sind bei ihm nur schemenhaft zu erkennen. Bereits in dieser Version seiner Verkündigung scheint er sich vor allem auf die Wiedergabe der Farben zu konzentrieren.
Die trotz der Unschärfe gut zu identifizierende biblische
Historie ist im zweiten Bild der Serie Richters jäh verschwunden.
Einzig das Rot des Engelsgewandes und des über die Brüstung fallenden Tuches ist als dominante Farbe übrig geblieben und wird in
der linken Bildhälfte mit schwach weisslichen Farbschleiern vermischt, während es in der Mitte und an den Bildrändern in dunkle
Brauntöne übergeht. Die Farben lassen sich somit entfernt auf die
ursprüngliche Komposition zurückführen, bilden aber nun ein 'ungegenständliches' Bild, das nur noch in seinem nebulösen Farbauftrag an das erste erinnert.
Die stetige Auflösung des Verkündigungsmotives kann in den
letzten drei Bildern der Serie nachvollzogen werden. Im ersten
ist die Komposition Tizians noch schwach durch die Verteilung und
Proportion der Farbfelder erkennbar. Die beiden Figuren mit der
Balustrade und dem roten Tuch darüber, sowie die Lichtstrahlen
sind noch zu erahnen, Richter hat sie jedoch mit breiten und
deutlich sichtbaren Pinselstrichen so verwischt, dass keine Umrisse und somit auch keine klaren Gegenstände oder Figuren mehr
auszumachen sind. Im zweiten Bild verstärkt er dieses Verfahren.
Noch deutlicher sind die wirren und groben Pinselstriche erkennbar, während die ursprüngliche Komposition fast völlig verschwunden ist. Zurück bleibt eine informelle Malerei, die farblich noch
entfernt an Tizians Vorlage erinnert.72 Gleiches gilt für das
71
72
Zur Symbolik vgl. Wethey 1969, S. 70, und Ost 1992, S. 76.
Der rote Farbfleck des Tuches bleibt dabei in der Mitte des Bildes wie
ein Orientierungspunkt erhalten.
24
letzte Bild der Serie, hier wirken lediglich die Farben durch ihre starke Vermischung noch nebulöser.
Der Gedanke liegt nahe, Richter habe die Verwandlung eines
Tizians in ein 'abstraktes' Gemälde demonstrieren wollen. Diese
Überlegung wäre aber in ihrer Linearität verfälscht, steht doch
jenes Werk, in welchem die 'Auflösung' des Originals am weitesten
getrieben ist, nicht am Schluss, sondern nur als Möglichkeit der
annähernden Kopie gegenüber.73
Neun Jahre nach der Entstehung dieser Serie malte Gotthard
Graubner, der wie Richter nach einem Studium an der Dresdner
Kunstakademie aus der DDR geflohen war, dann in Düsseldorf studierte und dort auch Professor wurde,74 eine Hommage an Tintoretto
(Abb. 8), die in ihren roten Farbnebeln an das zweite Bild der
Richter-Serie erinnert.75 Es ist überliefert, dass Graubner sich
mit seiner Hommage auf die Gemälde Tintorettos in der Scuola
Grande di San Rocco bezog, ob es sich um ein bestimmtes Vorbild
handelte, ist nicht bekannt.76 Claudia Hattendorff beschreibt, wie
die Erinnerung an Tintorettos "marianisches Rot" bei Graubner
73
74
75
76
Im Interview mit Gislind Nabakowski sagte Richter dazu: "Nach dem 1.
Bild habe ich mir das letzte – so, wie es vielleicht werden könnte –
bereits vorgestellt. Doch musste ich die drei dazwischen 'probieren',
ablaufen lassen, um dahin zu kommen. Das heisst aber nicht, dass das
letzte dann ein Abschluss wäre, eine Lösung, ein Resultat", Nabakowski
1974, S. 3.
Gotthard Graubner wurde 1930 in Erlbach (Vogtland) geboren, studierte
1947/48 an der Hochschule der Künste Berlin (West), von 1948-1951 an
der Staatlichen Kunstakademie Dresden und verliess nach zwei Zwangsexmatrikulationen 1954 die DDR, um dann zwei Jahre an der Staatlichen
Kunstakademie Düsseldorf zu studieren. Richter absolvierte seine Studien in Dresden und Düsseldorf jeweils zwei Jahre nach Graubners Austritt. Ab 1976 waren beide gleichzeitig Professoren in Düsseldorf
(Richter war bereits 1971 ernannt worden).
Graubners Gemälde entstand als einer seiner "Farbraumkörper" für die
XL. Biennale in Venedig 1982. Wie alle "Farbraumkörper" Graubners ist
auch die Hommage à Tintoretto auf dem Boden liegend gemalt, wobei unter der Leinwandbespannung eine dicke Lage Synthetikwatte angebracht
ist, die die in die Leinwand geriebene, dünnflüssige Ölfarbe zum Teil
aufsaugt. Durch den Auftrag vieler dünner Farbschichten, entsteht eine
subtile Vielfarbigkeit, die in der Hommage à Tintoretto von hellrot
bis violett reicht; vgl. Bleyl 1991, S. 9-10.
Vgl. Bleyl 1991, S. 32 und Hattendorff 1998, S. 162. Bleyl schlägt als
direktes Vorbild die Heimsuchung von 1588 vor, da sich deren Bildaufbau mit dem von Graubner erwähnten "dreieck-förmigen Bildgerüst" decke, "in dem die Farbe zu kreisen beginnt", Bleyl 1991, S. 32.
25
"ganz in der Materie Farbe und im künstlerischen Akt ihres Auftrags" aufgehe.77 Graubner selbst hatte 1975 zu seiner Verwendung
von Farbe geäussert: "Ich benutze Farbe nicht als Illustration
von literarischen Themen. Farbe ist mir selbst Thema genug."78 Genau diese sich ausschliessenden Möglichkeiten stehen bei Richter
einander gegenüber. Während sich Graubner ab 1957 radikal von
seiner 'gegenständlichen' Malerei abgewandt und zum "Eigenleben
der Farbe" bekannt hatte,79 liess Richter sich beide Möglichkeiten
offen: Im ersten Bild der Serie steht die Farbe im Dienst des Sujets, im zweiten hat sie keinen Bezug mehr zu gegenständlichen
Motiven und betont vielmehr das Bild selbst als Gegenstand.80 Die
drei letzten Bilder zeigen genau den Schwebezustand zwischen diesen beiden Möglichkeiten als Übergang. Hier wird Abstraktion im
wörtlichen Sinne als 'Loslösung' demonstriert, wobei nicht Formen
von den Motiven losgelöst werden, sondern ihre Farbe. Diese Isolation des Elements der Farbe kann auch als Reflexion über das
colorito, das den Diskurs um Tizians Malerei beherrscht hat, verstanden werden.81
Die durch die Forschung bekannt gewordene Tatsache, dass venezianische Renaissancemaler Tintoretto ihre Leinwände oft mit
77
78
79
80
81
Hattendorff 1998, S. 162. In Graubners weiteren Künstler-Hommagen wie
Rosa Atem – Hommage à Turner (1961, Mischtechnik auf Leinwand, 160 x
130 cm, Köln, Privatbesitz) und der Hommage à Monet (1984/85, Acryl
und Öl auf Leinwand über Synthetik auf Leinwand, Sammlung Lenz Schönberg) kommt es in ähnlicher Weise zu einer Verselbständigung der farblichen Charakteristika der Vorbilder. So erinnert die Hommage à Monet
sowohl in der Farbwahl als auch im Farbauftrag stark an Monets späte
Nymphéa-Gemälde, vgl. Hofmann 1975, S. 22-23, und Roters 1988, Kat.Nr. 17/6.
Hofmann 1975, S. 86.
Nabakowski 1973, S. 3-7.
Hier zeigt sich bereits die Unzulänglichkeit und Schwierigkeit der begrifflichen Unterscheidung verschiedener künstlerischer Ansätze, die
später noch aufgegriffen wird.
Zur Bedeutung, die dem Phänomen der Farbe in der Erforschung der Venezianischen Malerei und im besonderen der Malerei Tizians beigemessen
wurde vgl. Hills 1999 und Hetzer 1920; vgl. auch den Skandal um das
"Venetian Secret" in England Ende des 18. Jahrhunderts als Beleg für
das enorme Interesse an der Farbe der venezianischen Malerei, in: Gage
1993, S. 213-214.
26
rot-brauner Farbe grundierten,82 eröffnet dabei einen weiteren Zusammenhang: Symbolisiert die Auflösung des Motivs in rote Farbnebel den Rückweg der künstlerischen Werkgenese an ihren Ausgangspunkt?83 Und hat Richter versucht, damit zur ursprünglichen Idee
oder zum ersten Gedanken zurückzufinden wie in einer kopierenden
Skizze?84 Oder konfrontiert er den Betrachter vielmehr wie Frenhofer seine Freunde in Honoré Balzacs Novelle Le chef d'oeuvre inconnu mit einem "formlosen Nebel" aus "Farben, Tönen und unbestimmten Nuancen" und demonstriert mit der kontinuierlichen Zerstörung des Motivs die Unmöglichkeit des "vollkommenen Meisterwerks"?85 Vielleicht war es diese "malerische Verkündigung", die
Jürgen Harten ansprach, als er in Richters Farb-Verwischung die
Auflösung einer "ikonologischen Verkündigung" in eine rein malerische sah.86
Walter Grasskamp hingegen stützt seine Analyse der Serie auf
die kabbalistische Legende vom vergesslichen Engel, der die Botschaft vom Messias auf die Erde bringen soll, diese aber unterwegs vergisst und sich zur Strafe dafür im Moment seines Erscheinens auflöst. In Analogie zu dieser Legende behauptet Grasskamp,
Richter habe nach seiner Flucht aus dem Osten jegliche Botschaft
82
83
84
85
86
Vgl. Bleyl 1991, S. 34. - Paul Hills erwähnt, dass die rote Grundierung bei Tizian seit Jahren eine bekannte Annahme sei, stellt sie aber
in Frage, Hills 1999, S. 222.
Zu dieser Beobachtung passt Coosje van Bruggen Feststellung, der Prozess des graduellen Verschwindens des Bildes kehre den Verlauf der
Entwicklung eines Polaroid Fotos um, Bruggen 1985, S. 83.
Seit dem 16. Jahrhundert wurde die Skizze des kopierenden Künstlers
als erste und ursprüngliche Äusserung der künstlerischen Idee und damit als Reduktion auf den "ersten Ausdruck" des anderen Künstlers gewertet, Bätschmann 1996, S. 27.
Honoré de Balzac, "Das unbekannte Meisterwerk", in: Balzac 1997, S.
196-263, hier: S. 239-40.
Harten 1986b, S. 53. – Im Interview mit Gislind Nabakowski betonte
Richter sein Interesse am Verkündigungsmotiv, wobei offenbar die biblische Geschichte nicht im Vordergrund stand: "Mich hat ausser der Sache mit der Qualität, die ich vorhin erwähnte, auch etwas oder auch –
sehr – das Motiv interessiert, z.B. dass der Frau etwas verkündet
wird, etwas ganz Tolles – und uns wird nichts verkündet", Nabakowski
1974, S. 4.
27
verloren und dies durch die Auflösung des Engels verbildlichen
wollen.87
Demonstriert nun Richter mit seiner verschwommenen Auflösung
der Verkündigung Tizians die Unmöglichkeit eines Meisterwerks und
einer entsprechenden Botschaft,88 oder kann man seine Serie vielmehr als Untersuchung eines Werks der Kunstgeschichte auf seine
Darstellungsmittel verstehen, die Richter vom eigentlichen Motiv
loslöste? Schon im ersten Bild lenkte Richter die Aufmerksamkeit
vom Bildinhalt auf seine Bedingungen, indem er die Unschärfe einführte, welche, statt die Illusion der Darstellung zu fördern,
die medialen Eigenschaften der fotografischen Vorlage betont.
Während Johannes Meinhardt die von Richter eingeführte Unschärfe
als Zeichen der Beliebigkeit des Sujets und der Nichtsubjektivität und Nichtintentionalität deutet,89 kann sie aber vor allem als
Betonung der von Gottfried Boehm in die Kunstgeschichte eingeführten "ikonischen Differenz" verstanden werden.90 Die Verwischung der Farbe betont die "Opazität", das Materielle des Gemäldes91 und arbeitet somit gegen eine Vorstellung von Malerei, in
der die Differenz zwischen Bild und Realität so weit wie möglich
aufgehoben wird.92 Indem Richter mit der Fotografie aber gleichzeitig genau jenes Medium kopiert, das sich als das perfekte Abbild der Realität erweist, erreicht er eine hohe "ikonische Spannung" zwischen "Opazität" und "Transparenz". Das Bild lebt von
87
88
89
90
91
92
Grasskamp 1986, S. 45-52. Dieser Gedanke Grasskamps liesse sich dadurch ergänzen, dass Richter 1963/65 schon einmal einen sich auflösenden Engel gemalt hatte (Werk-Nr. 48-7).
Zum Begriff des "unmöglichen Meisterwerks" vgl. Belting 1998, S. 153157.
Meinhardt 1997, S. 181.
Boehm 1989, S. 17-19, und Boehm 1994, S. 29-36.
Zum Gegensatz von Transparenz und Opazität vgl. Danto 1984, S. 241243: Der Transparenztheorie zufolge strebe die Kunst danach, einen Illusionismus zu erzeugen. Im Gegensatz dazu benennt Danto die Tendenz,
derzufolge das Kunstwerk nichts anderes ist, als das Material, aus dem
es gemacht ist, mit dem Gegenbegriff "Opazitätstheorie"; vgl. auch Junod 1976, der die Transparenz der Mimesis und Opazität der poiesis zuordnet.
Zum Bild, das sich in extremis selbst verleugnet, um die "perfekte
Repräsentation" einer Sache zustande zu bringen vgl. Boehm 1994, S.
34-35.
28
der "doppelten Wahrheit: etwas zu zeigen, auch etwas vorzutäuschen und zugleich die Kriterien und Prämissen dieser Erfahrung
zu demonstrieren".93 Die Wahrnehmung der ikonischen Differenz öffnet dem Betrachter somit den Blick auf grundsätzliche Qualitäten
und Möglichkeiten des Kunstwerks.94 In diesem Licht offenbart sich
Richters Werk als Weiterentwicklung einer Tradition metapikturaler Bildverfahren, bei denen nach Klaus Krüger "die Reflexion auf
die Differenz zwischen Medium und Darstellung zu einem eigenen
Diskurs des Werkes wird, der sich konsequent in dessen fiktionale
Struktur einschreibt".95 Der malerische Rückverweis auf die fotografische Vorlage bis hin zur Auflösung derselben in roten Farbschleiern, welche die Idee des 'reinen Sehens' aufgreifen, weist
darauf hin, dass sich Richter nicht nur für das Werk Tizians und
dessen Qualitätsmerkmale interessierte, sondern vor allem für
dessen Bedingungen der Rezeption.96
2. Sigmar Polkes Original + Fälschung
Während es bei Richter um die serielle Bearbeitung und Untersuchung eines Einzelbildes geht, ist Sigmar Polkes Zyklus Original
+ Fälschung aus dem selben Jahr thematisch zusammengesetzt,
kreist aber ebenfalls um alte 'Meisterwerke'. Für seine Ausstellung im Westfälischen Kunstverein Münster hatte sich Polke 1973,
angeregt durch die Affäre um ein gestohlenes Gemälde Rembrandts,
dem Thema 'Kunstdiebstahl' widmen wollen. Nachträglich erweiterte
93
94
95
96
Boehm 1994, S. 35.
Vgl. Boehm 1987, S. 9. – Axel Müller weist darauf hin, dass der Betrachter durch die ikonische Differenz von etwas angezogen werde, das
sich gleichermassen zeige wie entziehe und darüber hinaus selbständig
und unabhängig gegenüber jedem fixierenden Sehen und deshalb nur prozesshaft da sei, Müller 1997, bes. S. 13.
Krüger 1995, S. 164. – Zur Tradition dieser Bildverfahren und ihren
Wirkungsweisen bereits im 17. Jahrhundert in Holland vgl. Stoichita
1993.
Dass es dabei nicht um Klischees von Meisterwerken und deren Rezeption
ging, zeigt die Tatsache, dass Richter nicht – wie gleichzeitig die
Vertreter der amerikanischen Pop Art – auf popularisierte Werke wie
Leonardo da Vincis Mona Lisa zurückgriff; vgl. z.B. die verschiedenen
Varianten von Andy Warhols Mona Lisa aus dem Jahr 1963, in: McShine
1989, S. 230-233, Kat.-Nr. 235-238.
29
er sein Projekt jedoch in Zusammenarbeit mit dem Künstler Achim
Duchow zum Themenkreis "Kunst, Kunstnachahmung, Kunstfälschung,
Kunstzerstörung, Kunstdiebstahl" und gab der Ausstellung den Titel Original + Fälschung.97 Einige Arbeiten aus früheren Jahren
wurden in den Zyklus integriert, konzipiert und ausgearbeitet
wurde das Projekt aber im März/April 1973.98 Es setzt sich zusammen aus 186 kleinen Farb- und Schwarzweissfotografien, welche die
Wörter "Original + Fälschung" bilden, 24 Gemälden, von denen neun
nach gestohlenen Gemälden alter Meister entstanden und 14 Collagen auf schwarzem Karton, die als Begleit- oder Kommentarbilder
zu den Gemälden dienen.99 Begleitend zur Ausstellung erschien die
Publikation Franz Liszt kommt gern zu mir zum Fernsehen, die wie
das gesamte Projekt eine Gemeinschaftsproduktion von Polke und
Achim Duchow war.100 Wenn auch das gesamte "skurrile Szenario" des
Zyklus',101 sowie die dazugehörige Publikation auf verschiedenen
Ebenen das Thema der Kunstproduktion, -reproduktion und
-rezeption umkreisen, so sind doch hier vor allem die neun Gemälde interessant, die sich direkt auf Werke alter Meister beziehen,
97
98
99
100
101
Vgl. Honnef 1973, S. 216-217.
Vgl. Honnef 1973, S. 222.
Jedem Gemälde ist eine Collage zugeordnet, die das Hauptbild thematisch begleitet oder dessen Themenkreis erweitert. Ausnahmen bilden
die neun Gemälde nach alten Meistern (Original + Fälschung 5-13), die
Werke Original + Fälschung 16 u. 17, sowie Original + Fälschung 18 u.
19, welche durch je ein Kommentarbild zusammengefasst werden. In Münster wurden zwischen den sehr hoch gehängten Gemälden und den Collagen
zusätzlich noch kleine runde Dekorationsspiegel angebracht. Zudem wurde die gesamte Installation durch 15 farbige Leuchtstoffröhren in ein
diffuses Licht getaucht, während die Gemälde von hellen 'Spots' angestrahlt waren, vgl. dazu Honnef 1973, S. 222-223, und Honnef 2003, S.
6.
Polke/Duchow 1973; zur Konzeption des Buches vgl. Honnef 1973, S. 220222. - Der gesamte Zyklus wurde nach einer gemeinsamen Ausstellungsbesichtigung mit dem Künstler in Münster von Hans Grothe für seine Sammlung erworben und befindet sich heute in Duisburg, vgl. Fuchs 1999, S.
104-105.
Während der Betrachter sich auf dem ersten der 24 Gemälde mit zwei in
Ölfarbe gemalten motorradfahrenden Affen in einem Porzellanladen konfrontiert sieht, staunt er im letzten Bild über eine kitschige Blumentischdecke, die den Bildgrund für eine aufgemalte zeitgenössische Paradiesszene darstellt. Auch die Clowns, Fernseher und halluzinatorischen Darstellungen von Cannabis-Rauchern oder Trinkern in den anderen
Gemälden scheinen als Sujets ebenso wenig in den Kunstkontext zu gehören wie Tischdecken und Kleiderstoffe als Bilduntergründe oder Glassteine und Glitzerspray als Techniken eines Malers.
30
welche zu jener Zeit als gestohlen gemeldet waren.102 Als Vorlage
für seine Nachahmungen wählte Polke die schwarzweiss reproduzierten Abbildungen der Gemälde in den Interpol-Steckbriefen.103 In
der kommentierenden Collage zu den neun Gemälden wird das Thema
Kunstdiebstahl erweitert um die Frage nach dem Wert der Kunst,
ihrer Wertung und ihrer Vermarktung (Abb. 9). Die schwarze Tafel
präsentiert links eine Aufstellung von zwölf Schwarzweissreproduktionen gestohlener Kunstwerke unter dem Titel "Les 12 oeuvres
d'art les plus recherchées – The 12 most wanted works of art".104
Ergänzt wird diese Aufstellung rechts durch eine Seite aus der
Zeitschrift Stern über die "Bestseller an Auktionen". Diese Darstellung der Kunst als Ware wird in der Mitte durch eine Werbeanzeige für Silbermedaillen mit Motiven von Rembrandt-Gemälden
"pour immortaliser les chefs-d'oeuvre" ironisch weitergeführt und
mit dem darüber geklebten Markenetikett eines "Rembrandt-Kranzes"
in der Übertragung des kunstgeschichtlichen Markennamens 'Rembrandt' auf ein Gebäck "nach altholländischem Rezept" travestiert.105 Provokativ stellt Polke in diesem Begleitbild den 'wahren Wert' und den Warenwert der Kunst einander gegenüber, und
fragt nach ihrem Zusammenhang.106
102
103
104
105
106
Dabei ist sicher Klaus Honnef recht zu geben, wenn er die isoloerte
Interpretation der Gemälde als eine Verkürzung betrachtet, Honnef
2003, S. 9.
Aus einem in der Publikation reproduzierten Brief vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen wird deutlich, dass Polke gerne Zugang zu den
polizeilichen Fahndungsunterlagen erhalten hätte, was ihm aber als
Privatperson nicht ermöglicht werden konnte, Polke/Duchow 1973, [S.
2].
Auf diese Weise konnte Polke einige der Vorlagen für seine Gemälde in
die Ausstellung integrieren; der Rest der Vorlagen wurde weder in der
Ausstellung noch in seiner Publikation präsentiert.
Vgl. Stemmler 1974, [S. 16]. – Vgl. in diesem Zusammenhang Robert
Watts' aus einer Neonröhre gefertigte Signatur Rembrandt von 1965
(Leuchtstoffröhre, 40 x 90 cm, Aachen, Neue Galerie-Sammlung Ludwig).
Dass Polke mit dieser Auseinandersetzung eine sehr aktuelle Thematik
aufgriff, zeigt der ein Jahr zuvor erschienene Beitrag Hans-Heinz
Holz' im Katalog der documenta IV, der den Warencharakter des Kunstwerks in den kapitalistischen Produktionsverhältnissen hervorhob, Holz
1972, bes. S. 1.65-1.68, Kapitel 5.2: "Warencharakter der Kunst". Möglicherweise diente der Artikel Polke gar als Anregung. – Polkes Beschäftigung mit den "12 most wanted works of art" kann zudem als Teil
eines Prozesses verstanden werden, der 1993 in dem von Komar & Melamid
31
Ohne die Auflistung einiger Vorbilder in der Collage wäre eine Identifikation jener Meisterwerke in Polkes spielerischen
Nachahmungen kaum möglich. Die Bilder Original + Fälschung 5-13
beziehen sich auf Vorlagen verschiedener Künstler, Epochen, Gattungen und Stile, deren Gemeinsamkeit einzig in der Tatsache
liegt, dass sie offenbar begehrt genug waren, um gestohlen zu
werden. Polkes Wahl der Vorbilder fiel auf fünf Porträts, drei
sakrale Mehrfigurenbilder und eine Landschaft.107 Dem Vorbild am
nächsten kommt Original + Fälschung 6 (Abb. 10), in dem Polke
Henri de Toulouse-Lautrecs Porträt Marcelle von 1894 (Abb. 11),
eine der maison close-Szenen, nachahmte. Das Brustbild der im
Profil gezeigten Prostituierten mit hochgestecktem schwarzen Haar
ist mit schnellen Pinselstrichen in blau, violett, hellgrün und
schwarz nachgezeichnet, wobei kleine Abweichungen sicher auf die
schlechte Vorlage zurückzuführen sind. Diese offenbart eine ebenfalls rasche Malweise des Originals, Polkes Nachahmung ist jedoch
weniger ausgearbeitet und lässt zahlreiche Stellen offen. Die Bezeichnung des Ortes, welche bei Lautrec sehr diskret geschieht,
fällt bei Polke gänzlich weg. Was sich im Original als Bett identifizieren lässt, auf dem die Dargestellte sitzt,108 verwandelte
Polke in beliebige Farbfelder und -flecken. Da Toulouse-Lautrec
107
108
realisierten Projekt People's Choice gipfelte. In detaillierten Umfragen ermittelten die beiden Künstler die Vorlieben und Abneigungen verschiedener Nationen bezüglich der Malerei, realisierten aufgrund der
jeweiligen Ergebnisse das nationale "most Wanted" und "most Unwanted
painting" und führten so die bei Polke anklingende Frage nach dem
Meisterwerk und seiner Beliebtheit ad absurdum, Komar/Melamid 1994.
Es werden hier vier der neun Gemälde exemplarisch für die anderen vorgestellt. Die nicht näher besprochenen Gemälde sind: Original + Fälschung 7, Öl auf Leinwand (nach Peter Paul Rubens, Bildnis eines jungen Mannes, Montreal, Museum of Fine Arts, gestohlen am 4.9.1972), Original + Fälschung 8, Öl auf Leinwand (nach Jan Bruegel d. Ä., Landschaft mit Häusern, Mühle und Wagen, Montreal, Museum of Fine Arts,
gestohlen am 4.9.1972), Original + Fälschung 9, Öl und Goldfarbe auf
Leinwand (nach Rembrandt Harmensz von Rijn, Die Flucht nach Ägypten,
1627, Musée des Beaux-Arts de Tours, gestohlen am 22.12.1971), Original + Fälschung 10, Öl und Goldfarbe auf Leinwand (nach Giovanni Antonio Bazzi, gen. Il Sodoma, Die Heilige Familie, Montepulciano, Museo
Comunale, gestohlen am 23.12.1970), und Original + Fälschung 13, Öl,
Goldfarbe und Glimmer auf Leinwand (nach Corneille de la Haye, gen.
Corneille de Lyon, Bildnis Kardinal de Lenoncourt, Bayonne, Musée Bonnat, gestohlen am 16.6.1965).
Vgl. Toulouse Lautrec 1964, S. 66, Nr. 54.
32
im Gegensatz zu Zeitgenossen wie Degas und Bernard die Prostituierten nicht als Karikaturen, sondern mehrheitlich als Individuen
darstellte und nur selten ihre Tätigkeit zur Schau stellte,109 mag
es Polke durchaus nicht interessiert haben, dass es sich bei
Marcelle um eine Darstellung aus dem Milieu handelt. Der anrüchige Ruf, der den Milieu-Studien zur Zeit ihrer Entstehung anhaftete, ist damit Polkes Bearbeitung nicht mehr zu entnehmen. Eher
hat man den Eindruck, er demonstriere die skizzenhafte Technik
Toulouse-Lautrecs, mit wenigen Mitteln und Linien eine Person zu
charakterisieren. Durch die verbleibenden Leerstellen wirkt die
Darstellung Polkes wie eine Ideenskizze, die zeitlich vor dem Original entstanden sein könnte. Die Dimensionen von Entwurf, Idee
und Original, Kopie und Replik gleiten somit ineinander.110
Dem Eindruck der Ideenskizze entgegengesetzt ist die Wirkung
von Original + Fälschung 5 (Abb. 12): Auch Thomas Gainsboroughs
Bildnis des Brigadier General Sir Robert Fletcher von ca. 1771
(Abb. 13), das sich ehemals im Montreal Museum of Fine Arts befand, wird nur in groben Umrissen wiedergegeben. Diese erscheinen
jedoch nicht skizzenhaft, sondern wie eine Nachzeichnung, eine
nachträglich angefertigte Schablone des Originals. Als wolle Polke eine schrittweise Loslösung vom Original demonstrieren, hat er
die Figur verdreifacht. Eine äusserst undeutliche Annäherung an
das Vorbild, deren Konturen mit dem Hintergrund fast verschwimmen, ist von den schablonenhaften Umrissen des Porträtierten in
zwei unterschiedlichen Massstäben überlagert, wobei die grosse
weisse Umrisslinie farblich wie das Negativ der kleineren rotbraunen erscheint.111 Das Gesicht wird dabei immer stärker abstrahiert und nähert sich der Erscheinung einer Harlekinmaske an. Die
'süssliche' Farbwahl für die Kleidung der Figur und den Hinter-
109
110
111
Vgl. Thomson 1991, S. 408-410.
Vgl. Stemmler 1974, [S. 20].
Dierk Stemmler verweist auf die Verwirrung durch die nicht folgerichtig eingehaltene Verkleinerung der Figur mit zunehmender Entfernung.
In der Verunsicherung der Orientierung gehe das Bildnis als Projektion
des Persönlichen verloren bzw. bleibe in seiner Konstruktion dem Betrachter vorbehalten, Stemmler 1974, [S. 18].
33
grund hat nichts mit der Uniform des Porträtierten gemein und erinnert an eine geschmacklose Reproduktion, wie man sie von populären Postern kennt, die bekannte Meisterwerke in 'gefällige'
Kaufhauskunst verwandeln. Vom Porträt eines Regimentführers und
Parlamentsmitglieds112 bleibt somit nur 'kitschige' Massenware.113
Offenbar spielt Polke damit auf die unzähligen Reproduktionen von
Kunstwerken in Kalendern, auf T-Shirts und Souvenirs an, die einem grossem Publikum geläufiger sein dürften als die jeweiligen
Originale.
Auf eine andere Art der Reproduktion verweist Original + Fälschung 11 (Abb. 14). Der starke Hell-Dunkel-Kontrast von Antonello da Messinas Bildnis eines Mannes (Abb. 15) wird von Polke so
gesteigert, dass das Bild in seiner Zweifarbigkeit und Abstraktion an einen Holzschnitt erinnert. Aus dem einheitlich dunkelblauen Hintergrund mit aufgestreutem Glimmer sticht maskenartig ein
weisses Gesicht mit weissem Kragen hervor, dessen Konturen und
Schattenwürfe im gleichen dunkelblau nachgezeichnet sind. Der
gängige Bildtyp einer gemalten Porträtbüste im Dreiviertelprofil
vor dunklem Hintergrund wird so zu einer Chiffre für das gesamte
Gemälde,114 ein Wiedererkennungswert ist aber nicht vorhanden. Gerade die von der Forschung hervorgehobene Errungenschaft Antonellos, die Eigenart einer Person in ihrem Gesichtsausdruck und in
der Gestaltung von Augen und Mund manifestieren zu können,115 wird
112
113
114
115
Vgl. Sammlung Montreal 1966, S. 20, Nr. 35.
Ähnlich kitschig ist die Farbwirkung in Original + Fälschung 8, einer
Landschaft nach Jan Bruegel d. Ä., die am selben Tag aus demselben Museum gestohlen wurde wie Gainsboroughs Porträt. Himmel und Erde fliessen hier in pastellfarbener Verwischung ineinander, die Staffage ist
in weissen Negativformen offen geblieben und erfordert vom Betrachter
eine eigenständige Vervollständigung.
In der Tat hat Antonello da Messina zahlreiche Porträts dieses Typs
gemalt, die unter dem Titel Bildnis eines Mannes oder Bildnis eines
jungen Mannes geführt werden, vgl. die Auflistung seiner Porträts in:
Antonello 1981, S. 106-127. - Zum Bildtyp der ersten selbständigen gemalten Bildnisse in Venedig, die einem der Büste angenäherten Darstellungsschema folgen, vgl. Boehm 1985, S. 51.
Vgl. Pope-Hennessy 1971, S. 60-61, und Barbera/Zappia 1981, S. 105.
Gottfried Boehm sieht zwar noch eine Differenz zwischen den frühen
Porträts Antonellos und seiner endgültigen Lösung, der Reiz dieser
frühen Bildnisse, z.B. desjenigen in Pavia, liege aber gerade in sei-
34
in Polkes Wiederholung ignoriert. Der Vergleich von Polkes Nachahmung mit dem Vorbild im Interpolsteckbrief macht deutlich, dass
Polke lediglich festhält, was in der kontrastreichen Reproduktion
von Antonellos Werk noch übrig geblieben ist.
Ein anderes Vorgehen zeigt sich in Original + Fälschung 12
(Abb. 16), nach der Heiligen Familie mit der Heiligen Elisabeth
und dem Johannesknaben von Correggio (Abb. 17), die gleichzeitig
mit dem Gemälde von Antonello gestohlen wurde. Die ursprüngliche
Bildkomposition verschwindet bei Polke gänzlich in verlaufenden
rot-gelb-grün-blauen Farbzonen, in denen sich die Figuren aufzulösen scheinen. Nur schemenhaft sind das lächelnde Gesicht der
Maria, eine helle Andeutung der Kinder auf ihrem Schoss sowie
links ein Teil des Kopfes von Josef zu erkennen; von der hl. Elisabeth fehlt jede Spur.116 Zudem wird die Komposition von willkürlich platzierten Schnitten in die Leinwand überlagert, welche
durch aufgesprühte Goldfarbe zusätzlich markiert sind. Die
Schnitte deuten einerseits auf das Thema der Kunstzerstörung
durch Vandalismus hin,117 andererseits kann man sie als zeitgenössischen Querverweis auf die Tagli Lucio Fontanas aus den fünfziger Jahren verstehen, in denen die Zerstörung der Leinwand als
Bildmittel eingesetzt wurde.118 Die Heilige Familie Correggios erhält somit in Polkes Variation die stärkste Verfremdung, wobei
116
117
118
nem "insularen Affektausdruck", einer "Frühe des Ausdrucks", Boehm
1985, S. 147-149.
In seiner starken Farbigkeit kommt das Gemälde der Ausführung von Original + Fälschung 10 nach Il Sodomas Heiliger Familie nah. In dieser
sind die Umrisse und Konturen der Figurengruppe jedoch klarer erkennbar.
Vgl. Gamboni 1998, bes. die Kapitel "Herabwürdigung von Kunst im öffentlichen Raum" und "Anschläge in Museen und Pathologie der Täter",
S. 177-220 (beispielhaft ist der Anschlag von Gerard Jan van Bladeren
auf Barnett Newmans Who's Afraid of Red, Yellow and Blue 1986 im Amsterdamer Stedelijk Museum, bei dem das Gemälde mit einem Fahrtenmesser
von einer Seite zur anderen aufgeschlitzt wurde); vgl. auch die Collagen und Beiträge zum Thema "Kunstzerstörung" in Polke/Duchow 1973, [S.
4, 64-82].
Vgl. Fontana 1996, S. 172 u. Kat.-Nr. 119-120 u. 129-156.
35
das Motiv an sich verloren geht und die Beschäftigung mit dem
Kontext des Kunstwerks in den Vordergrund tritt.119
Die neun Gemälde Original + Fälschung 5-13 verknüpfen die Aspekte 'Diebstahl' und 'Fälschung', 'Bildidee' und deren 'Aneignung' sowie 'Rezeption' und 'Wertung' der Kunst, welche auch in
den anderen Gemälden des Zyklus' wieder zu finden sind. Dort werden in absurden Assoziationen Aspekte des Fälschens von Kunst,
des Reproduzierens und Verfremdens von Bildern mit Mythen des
Alltags vermengt. Metamorphosierende Darstellungen scheinen dabei
ebenso auf die Täuschungsmanöver und Tricks der visuellen Repräsentation hinzuweisen wie die auf den Kopf gestellte Kopie einer
Grafik. Die bissige Ironie Polkes kommt zum Ausdruck, wenn er den
Topos der künstlerischen Inspiration in der Fotogeschichte über
einen Hobbymaler karikiert oder den bayrischen Landtag in Form
von Bierkrügen und Rehbockgeweihen repräsentiert, dabei aber den
berühmten Kunstfälscher Elmyr de Hory als Urheber ausgibt. In
ähnlich grotesker Weise greift auch die zugehörige Publikation
Franz Liszt kommt gern zu mir zum Fernsehen verschiedenste Varianten der Kunst- und Künstlertopoi auf. Der Titel der Publikation
verweist auf einen Spiegel-Artikel über das englische Musikmedium
Rosemary Brown, die von Franz Liszt und anderen Komponisten aus
der Vergangenheit nicht nur Inspiration, sondern angeblich auch
"persönlichen Besuch" erhalten haben soll,120 und zeigt den Rahmen
auf, in dem Polke seine Verbindung zu den 'alten Meistern' der
Kunst sehen möchte, zumal er selbst elf Jahre später 1984 von einem mysteriösen Treffen mit Francisco Goya berichten sollte.121
119
120
121
Möglicherweise hat Polke vom in der Literatur beschriebenen schlechten, also von der Zeit 'zerstörten' Zustand des Bildes gewusst und
diesen Umstand als Anlass zur mutwilligen Zerstörung genommen, vgl.
Gould 1977, S. 269. Dierk Stemmler weist darauf hin, dass die Erneuerung und Aneignung von Kunst auch die "geistige Zerstörung" des Bestehenden mit einschliesse. In Polkes Original + Fälschung 12 sieht er
die Gegensätze "Akzeptieren (Aneignen) und Verstossen (Zerstören)" von
Kunst bildlich vereint, Stemmler 1974, [S. 32].
Polke/Duchow 1973, [S. 1].
"Eines Tages kam doch der Goya, der Luciente zu mir […]", in: Polke
1983; vgl. Steihaug 2001, S. 24; vgl. dazu auch Polkes Telepatische
36
Anstatt für die Unsterblichkeit der verlorenen Gemälde zu sorgen,
wie es die Rembrandt-Silbermedaillen der Werbeanzeige versprechen, dokumentiert Polke mit seinen schablonen- oder skizzenhaften Andeutungen der klassischen Werke vielmehr ihren Verlust und
die Transformationen, welche sich in den Kopien der InterpolSteckbriefe überliefern. Anstelle der Qualitätsmerkmale der Originale bleiben schemenhafte Umrisse und Linien oder aufgesprühte
Flecken und Punkteraster zurück, die an kitschige Reproduktionen
oder an bis zur Unkenntlichkeit zerstörte Kunstwerke denken lassen. Betrachtet man die miserable Qualität der Reproduktionen jener Werke im Interpol-Steckbrief, so wird deutlich, dass Polke
genau die hier charakteristischen Fehlstellen zum Ausgangspunkt
seiner Nachahmungen nimmt. Stefan Römer betrachtet die künstlerische Praxis Polkes als Pastiche, als spielerische Nachahmung "aus
traditionell malerischem Ausdruck und industrieller Produktionsweise", wobei das Malerische selbst "bis an seine Grenzen getrieben und persifliert" werde.122 Statt von 'Fälschungen' der Originale lässt sich somit eher von 'Verfälschungen' sprechen, indem
die Vorlage durch unangemessene Farben, Flecken und Schnitte verfremdet werden. Die zur Schau gestellte Wertlosigkeit von Materialien und Sujets der Massenkultur kollidiert hier mit der Erinnerung an die wertvollen Originale. Die Auseinandersetzung mit dem
Wert des Meisterwerks und dem Zusammenhang mit seinen wahren Qualitäten wird überführt in die Untersuchung dessen, inwiefern es
sich hier um 'bleibende Werte' handelt.123 Es ist die Frage nach
der Rezeption von Kunst, nach den unendlichen Deformationen, hin
und wieder auch Destruktionen, welcher die Werke durch die Vielfalt von Blickwinkeln, Erinnerungen und den Verlauf der Zeit aus-
122
123
Sitzung II mit William Blake, in: Holm 2001, S. 47, Nr. 13, und Polke
1997, S. 151.
Römer 1999b, S. 145-146 und Römer 2001, S. 60.
Christian Krausch weist in anderem Zusammenhang darauf hin, dass im
Fall der gestohlenen Mona Lisa bereits im Verlust eine Wertsteigerung
zu beobachten war, da sie dem Diebstahl einen ungeheuren Popularitätsschub zu verdanken hatte, Krausch 1995, S. 215.
37
gesetzt sind.124 Indem die Betrachter sich in der Originalfassung
vor den Bildern noch zusätzlich selbst in den kleinen Rundspiegelchen sehen konnten, wurde ihnen ihr subjektiver Blickwinkel im
wörtlichen Sinne vor Augen geführt.
124
Vgl. dazu Honnefs Aussage: "Nicht die Kunst ist es, die Polke und seine Gesellen in der Ausstellung […] zur Zielscheibe ihrer Attacken machen, sondern die Wandlungen, die sie erfährt, sobald der Künstler ihr
zum Dasein verholfen hat, die Geschichte und Geschichten, die sich um
sie bilden und die mit wachsender Dauer in die bildnerische Aussage
verändernd eingreifen", Honnef 1984, S. 147.
38
Legitimation
1. Destruktionen
In einer Besprechung der Ausstellung Sigmar Polkes im Westfälischen Kunstverein Münster schrieb Peter Steinhart in der Rheinischen Post vom 10. Mai 1973: "Deformation von Kunstwerken und
Kunstbetrieb wie von sonstigen Daseinsformen – so etwa lautet
Polkes Ausstellungsmotto."125 Drei Jahre später sprach Amine Haase
in der gleichen Zeitung anlässlich der Ausstellung von Polke und
Andy Warhol in der Düsseldorfer Kunsthalle gar vom "Wahn der
Kunst-Zertrümmerer".126 Auch die Kunst Gerhard Richters wurde und
wird in diversen Presseberichten mit Begriffen wie "Dekomposition"127 oder "Dekonstruktion"128 beschrieben, während Viola Herms
Draht den Künstler 1989 wie selbstverständlich als "Ikonoklast"
betitelte.129 Derartige Feststellungen legen es nahe, die beispielhaft gewählten Serien Richters und Polkes zu Kunstwerken alter Meister als Akte der Zerstörung zu betrachten. Ob sich hinter
Richters Auflösung der Verkündigung Tizians und Polkes Klischees
gestohlener Gemälde aber tatsächlich ein aggressives Potential
gegenüber den Vorlagen verbirgt, ist zu überprüfen.
Dario Gamboni konnte in seiner umfassenden Studie zum Ikonoklasmus im 20. Jahrhundert zeigen, wie neben der ständigen Präsenz von Vandalismus gegen Kunstwerke im öffentlichen Raum mit
der Avantgarde auch zerstörerische Akte in die Kunstproduktion
selbst Einzug hielten.130 Das ikonoklastische Potential dieser
125
126
127
128
129
130
Steinhart 1973.
Haase 1976. Dass diese Sicht noch immer aktuell ist, zeigt Ellen Heiders im Jahr 2000 erschienener Aufsatz zur Ausstellung der Sammlung
Froehlich, in dem sie Polke als "dadaistischen Bilderstürmer" bezeichnet, Heider 2000, S. 138; zur Ausstellung vgl. Adriani 2000.
Pickhaus 1977.
Schmidt 1992.
Herms Draht 1989, S. 22.
Gamboni 1998, bes. Kapitel XIII: "Moderne Kunst und Ikonoklasmus", S.
265-297.
39
Zerstörungskunst äusserte sich dabei entweder in einem tatsächlichen Akt des Auslöschens, Zertrümmerns oder Vernichtens von Gegenständen, Kunstwerken und deren Reproduktionen oder in einer
metaphorischen und ironischen Manipulation des Vorbildes, die
dessen Sinn verkehrte oder in Frage stellte.131 Ziel und Zweck
derartiger Kunstwerke lagen und liegen in einer gewollten Abgrenzung des Künstlers, einer Kritik oder einer spielerischen Auseinandersetzung mit anderen Kunstwerken, die paradoxerweise in manchen Fällen auch als besondere Würdigung des zitierten Künstlers
verstanden werden kann.132 Oskar Bätschmann deutet die Entwicklung
mit der Feststellung, der Ikonoklasmus habe sich im Selbstverständnis der Künstler festgesetzt und sei zur Legitimation und
Bedingung der reflektierten künstlerischen Tätigkeit geworden.133
Eine paradigmatische Funktion für diesen Prozess schreibt Dario
Gamboni Marcel Duchamps L.H.O.O.Q. von 1919 zu (Abb. 18). Duchamp
hatte mit Bleistift auf eine Postkarte von Leonardos Mona Lisa
gezeichnet und 1964 dazu geäussert: "Diese Mona Lisa mit Schnauz
und Bärtchen ist eine Kombination von Readymade und ikonoklasti-
131
132
133
Jean Tinguely, der von der Idee besessen war, die Mona Lisa durch eine
Granate zu zerstören, entschied sich schliesslich gegen einen solchen
Akt, da er der metaphorischen Zerstörung durch Duchamp einen höheren
Status zuschrieb. Anhand dieses Beispiels verweist Gamboni auf den Unterschied zwischen "geistvoller" und wörtlicher Kunstzerstörung, Gamboni 1998, S. 283.
Gamboni nennt als Beispiel Hans Haackes Broken R.M. …, 1986 (Emailleplakette, vergoldete Schneeschaufel mit abgebrochenem Griff, Philadelphia Museum of Art), das zwar Kritik an gesellschaftlichen Vorgängen
übte, dazu aber manipulierte Nachahmungen von Duchamps Readymades verwendete und damit ausdrücklich Haackes Würdigung der Arbeit Duchamps
zum Ausdruck brachte, Gamboni 1998, S. 288.
Bätschmann 1998, S. 26. Bätschmann bezieht sich auf den typischen Habitus des modernen Künstlers, sich mit seiner Kunst gegen Bestehendes
zu wenden, um selbst Neues schaffen zu können. Auch Gamboni zitiert
beispielhafte Aussagen Picassos und Mondrians bezüglich dieser kreativen Funktion der Zerstörung, wobei es nicht nur um die Abwendung von
Bestehendem ging, sondern auch um ein selbstzerstörerisches Vorgehen
bei der Herstellung des Kunstwerkes, Gamboni 1998, S. 274. - In diese
Tradition stellte sich auch Gerhard Richter mit seiner Aussage: "Lieber durch Destruktion zur Konstruktion", "Interview mit Peter Sager",
in: Obrist 1993, S. 62-66, hier S. 66 und Königer 1993, S. 6; vgl.
auch Richters Beschreibung seiner Bildherstellung im "Interview mit
Wolfgang Pehnt 1984", in: Obrist 1993, S. 105; das Ergebnis dieser Methode nannte Richter selbst ein "Zerstörungswerk", Richters "Notizen
1989", in: Obrist 1993, S. 167. – Vgl. zu der Thematik auch Weibel
1991, Meinhardt 1995 u. Meinhardt 1997.
40
schem Dadaismus. Das Original, ich meine das originale Readymade,
ist ein billiger Chromdruck 20 x 13, auf dem ich unten vier [sic]
Buchstaben hinschrieb; wie Initialen auf französisch ausgesprochen, ergeben sie einen riskanten Witz über die Gioconda."134 Im
Ausstellungskatalog Duchamps von 1973 erscheint L.H.O.O.Q. als
"Rectified Readymade"135, ein Begriff, den Duchamp in seinen Aufzeichnungen selbst geprägt und mit der Umschreibung "Einen Rembrandt als Bügelbrett benützen" definiert hatte.136
Das Beispiel zeigt, dass Werke mit ikonoklastischem Potential
nicht zwangsläufig die härtesten Angriffe auf künstlerische Konventionen bedeuten, sondern durchaus als ironische und witzige
Stellungnahmen verstanden werden können.137 Gleiches gilt für Robert Rauschenbergs Erased de Kooning Drawing von 1953 (Abb. 19).
Rauschenberg hatte Willem de Kooning, einen der gefeierten Abstrakten Expressionisten, um eine Zeichnung gebeten, die er dann
unter Einwilligung von de Kooning ausradierte. Anschliessend
setzte er sie in ein Passepartout, das mit seinem Namen und dem
Titel versehen war, und erwarb einen blattvergoldeten Rahmen für
134
135
136
137
Vortrag im City Art Museum von St. Louis, Missouri, am 24.11.1964, in:
Duchamp 1981b, S. 246. - Die Reihenfolge der Buchstaben ist in französischer Aussprache gleichlautend mit: "elle a chaud au cul"; eine Betrachtung des Werks in seinem Kontext findet sich bei Belting 1998, S.
319-328.
Harnoncourt/McShine 1973, S. 289, Nr. 131.
Duchamp 1981a, S. 100 (103): "Reziprokes Readymade = Einen Rembrandt
als Bügelbrett benützen"; vgl. auch Dictionnaire 1938: "Readymade
réciproque – Se servir d'un Rembrandt comme planche à repasser
(M.D.)", S. 23. - In der deutschen Übersetzung der Arbeit Gambonis erscheint der Begriff als "umgekehrtes Readymade", Dieter Daniels übersetzt ihn mit "berichtigtes Readymade", an dem kleine Veränderungen
vorgenommen wurden, Daniels 1992, S. 331, Anm. 59; im gleichen Sinne
erklärt auch Hans Belting den Begriff, Belting 1998, S. 327. - Die Idee des "umgekehrten Readymades" betrachtet Gamboni als wegweisend für
die Entwicklung einer Zerstörungskunst einerseits und für die grundsätzliche "ästhetische Nutzbarmachung vorhandener Kunstwerke" andererseits, Gamboni 1998, S. 274. - Der Schweizer Daniel Spoerri setzte Duchamps Definition 1964 in ein konkretes Werk um, indem er statt eines
Rembrandts ein Bild der Mona Lisa auf das provisorische Bügelbrett
spannte und damit auf L.H.O.O.Q. verwies; Daniel Spoerri, Einen Rembrandt als Bügelbrett verwenden (Marcel Duchamp), 1964, Assemblage, 86
x 73 x 40 cm, Mailand, Sammlung Arturo Schwarz; vgl. Gamboni 1998, S.
272-273.
Vgl. Harnoncourt 1973, S. 36.
41
'sein' Werk.138 1976 erklärte Rauschenberg, er habe sich von der
Lehre "reinigen" und zugleich ein "monochromes Nichtbild" herstellen wollen.139 Der Zerstörungsakt ist damit nicht Ausdruck von
Missachtung gegenüber de Kooning,140 sondern eher eine Emanzipation von seinen Lehrern,141 eine Art tabula rasa, womit sich Rauschenberg nach dem scheinbar übermächtigen Erfolg der Abstrakten
Expressionisten in einem Neuanfang versuchte.142
Vergleicht man diese Werke mit den hier vorgestellten Serien
von Richter und Polke, so muss festgestellt werden, dass letztere
sich durch zwei Aspekte von der 'Zerstörungskunst' unterscheiden:
ihnen fehlt sowohl die metaphorische Aggression, als auch die Ironie.143 Zwar kann man in beiden Serien die Verwandlung von Meisterwerken in nebulöse Farbschleier und unkonventionelle Bildtechniken beobachten, die nur noch wenig mit dem Vorbild gemeinsam
haben, doch ist vor allem bei Richter keine ironische Stellungnahme oder konsequente Abgrenzung zu erkennen.
In Polkes Zyklus zur 'Modernen Kunst' lässt sich die nachgeahmte Kunst deutlicher als Zielscheibe ironischer Angriffe ausmachen. So vereint Polke im Gemälde Moderne Kunst von 1968 (Abb.
20) sämtliche Elemente, die im Volksmund mit 'moderner Kunst' assoziiert werden wie 'Kleckserei' oder 'Kinderzeichnung'; es fehlt
der "ironischen Anverwandlung" allerdings ein konkreter Referent.144 Akt mit Geige aus dem gleichen Jahr (Abb. 21) spielt mit
138
139
140
141
142
143
144
Vgl. Gamboni 1998, S. 278-279, und Hopps/Davidson 1998, S. 262.
Hopps/Davidson 1998, S. 262.
Susan Davidson sieht darin gar eine "Hommage" an de Kooning, Davidson
1998, S. 44.
Vgl. Schimmel 1993, S. 30.
Aus einer ähnlichen Haltung entstanden wohl seine White Paintings 1951
(auch in Bezugnahme auf Barnett Newmans The Name II) und die schwarzen
Tafeln, in denen Collagen nachträglich schwarz übermalt wurden und er
somit die pastose Textur von Gemälden nachahmte, vgl. Stuckey 1998, S.
36.
Zwar fügte Polke der Leinwand von Original + Fälschung 12 eigenhändig
Schnitte zu, doch lassen sich diese kaum als persönliche Abneigung gegen das Vorbild deuten, sondern vielmehr als Auseinandersetzung mit
dem Thema Vandalismus.
Martin Hentschel vermeidet aus diesem Grund die Bezeichnung "Parodie"
und greift mit "ironische Anverwandlung" auf einen Begriff zurück, der
42
dem Titel direkter auf das kubistische Werk von Pablo Picasso und
Georges Braques an. Die Ausführung, welche jedoch nicht annähernd
versucht, den Stil jener Künstler nachzuahmen, scheint eher darauf hinzuweisen, dass Polke hier die Sicht des breiten Publikums
über jene Art von Kunst persifliert.145 Eine Äusserung von ihm aus
dem Jahr 1984 bezüglich seiner Haltung zur französischen Kunst,
lässt allerdings noch andere Rückschlüsse zu: "Die sind alle Braque-geschädigt, von Gitarren verseucht, und von Stilleben betäubt, wenn sie wenigstens noch mit Gift gemalt wären, die Orangen! Die grossen Einluller, die Schnuller, Picasso und Luller,
Frikasso."146 Im Zusammenhang mit dieser Stellungnahme lässt sich
aus der Serie zur 'Modernen Kunst' auch eine Kritik an der Bedeutung lesen, die den Künstlern der so genannten 'klassischen Moderne' und damit der Entwicklung zur 'Abstraktion' heute beigemessen wird, wenn diese auch eher spielerisch präsentiert ist.147
Bei Richter hingegen ist es gerade die Ernsthaftigkeit seiner
Auseinandersetzung mit dem Vorbild und das Fehlen von Ironie, die
seine Tizian-Serie von der 'Zerstörungskunst' unterscheiden.
Richter präsentiert in seiner Serie durch die Manipulation der
Bildreihenfolge absichtlich kein Endergebnis und somit auch keinen metaphorisch zerstörten Tizian.148 Eine Kritik am Vorbild ist
145
146
147
148
sich durch "ein umfassendes Interesse an allen Dingen und allen Formen" kennzeichnet, Hentschel 1997, S. 70-71; zur Definition der "ironischen Anverwandlung" vgl. Japp 1983, S. 195.
Vgl. Zbikowski 2000, S. 122. - Akt mit Rauten von 1966 (Öl auf Leinwand, 80 x 60 cm, Stuttgart, Sammlung Froehlich) übernimmt hingegen
für die Darstellung des Aktes Elemente der kubistischen Simultanperspektive, die beigefügten Rauten haben jedoch – auch im Titel – keinen
Zusammenhang mit kubistischen Werken und sind eher als Affront gegen
die Kunstrichtung zu verstehen, vgl. dazu Heider 2000, S. 142. – Die
absichtsvoll dilettantische Malweise der Bilder in billiger Dispersionsfarbe bestätigt scheinbar Vorurteile wie "Das kann doch jeder" und
"Das ist doch keine Kunst", vgl. dazu Scholz 1999, S. 353.
Curiger 1990, S. 12.
David Campbell sieht in Moderne Kunst ein parodistisches Meta-Bild,
das den Zynismus der jüngeren Künstlergeneration gegenüber der Hegemonie des Abstrakten Expressionismus ausdrücke, Campbell 1996, S. 20-22.
Sein 1963 gemeinsam mit Konrad Lueg initiiertes Happening "Leben mit
Pop - Demonstration für den kapitalistischen Realismus" war dagegen
sehr von ironischen Anspielungen und absurden Aktionen und Präsentationen geprägt, vgl. Küper 1992 und Strelow 1991. Richter selbst äusserte zu dieser Aktion später, sie hätten damit erkunden wollen, "wie
43
ebenso wenig auszumachen, wie eine kritische Thematisierung von
dessen Kontext.
2. Wahlverwandtschaft und Wettstreit
Gamboni macht in seiner Studie zum Ikonoklasmus deutlich, dass
die ästhetische Nutzbarmachung vorhandener Kunstwerke oft dem
Versuch entspringe, einem künstlerischen Vorgänger gleichzukommen, ihn zu übertreffen oder zu annullieren.149 Zu den Kriterien
der Wertschätzung und Ablehnung in der künstlerischen Auseinandersetzung mit anderen Kunstwerken gehört also auch die Möglichkeit des 'Kräftemessens' zwischen 'Vorbild' und 'Nachbild'.150 So
forderte Jörg Immendorff in einer seiner frühesten Arbeiten auf
Papier 1964 den Betrachter explizit auf: "Vergleichen sie mit
meinen Arbeiten die folgenden Bilder" (Abb. 22). Die Grafik zeigt
eine Zusammenstellung von dreissig Reproduktionen bekannter Gemälde der modernen Kunstgeschichte, die zusätzlich mit dem jeweiligen Künstlernamen versehen sind.151 Indem Immendorff seine Aufforderung zum Vergleich in der Überschrift vermerkte und damit
zugleich eine Standardmethode der Kunstgeschichte persiflierte,
stellte er sich als noch junger Maler in die Tradition der aufge-
149
150
151
weit man gehen könne mit der Destruktion von Kunst": "Interview mit
Hans-Ulrich Obrist 1993", in: Obrist 1993, S. 240-260, hier S. 243. Die Aktion stand nach seiner eigenen Aussage in engem Zusammenhang mit
der Fluxus-Bewegung und blieb Richters einziges Happening dieser Art.
Die beissende Ironie, die hier Ausdruck von Abgrenzung und Versuch der
Zerstörung war, findet sich in Richters Malerei nicht in dieser Form
wieder.
Gamboni 1998, S. 292.
Die Idee des Übertreffens und Wetteiferns ist bereits in den Begriffen
der superatio oder aemulatio aus der imitatio-Theorie überliefert,
vgl. dazu Pochat 2001. Die imitatio ist seit der Antike als eine Nachahmung von textlichen (im weitesten Sinne künstlerischen) Vorbildern
bekannt; in der Literatur der Renaissance wird sie zu einem entscheidenden Prinzip, das die Nachahmung literarischer Vorbilder der Antike
bezeichnet, vgl. Warning 1982a, S. 169; vgl. auch De Rentiis 1992-.
Francesco Petrarca, der selbst nach diesem Prinzip schuf, forderte in
seiner eigenen imitatio-Theorie für die Nachahmung von Literaturen
zugleich eine Neu- und Bessergestaltung (superatio). Wie die Bienen in
Senecas Bienengleichnis, den Blütennektar in Honig verwandelten, so
müsse der Dichter etwas Eigenes und Neues schaffen, vgl. Gmelin 1932,
S. 98-173, bes. S. 121-123.
Vgl. Kort 1994, S. 44-45.
44
führten Künstler und trat absichtlich, wenn auch nicht ohne Ironie, in einen Wettstreit mit den anerkannten Meistern.
Das Beispiel zeigt, dass der künstlerische Konkurrenzkampf,
wie er seit der Antike überliefert ist, sich nicht nur zwischen
Künstlern in direkter Gegenüberstellung oder in institutionalisierten Wettbewerben und Ausschreibungen abspielt.152 Durch das
Kopieren, Zitieren und Nachahmen anderer Kunstwerke kann der
Künstler auch einem Vorbild seine Reverenz erweisen oder sich an
anderen Kunstwerken und Kunstformen messen.153 Albert Boime berichtet in seiner Untersuchung zur französischen Malerei des 19.
Jahrhunderts, dass an der Académie des Beaux Arts in Paris von
den Schülern erwartet wurde, die Werke älterer Meister beim Kopieren durch Aneignung der jeweils besten Eigenschaften ihrer
Vorbilder zu übertreffen.154 Dies habe oft gar zu einer Haltung
der Überlegenheit der Kopisten gegenüber ihren Vorbildern geführt, sobald sie in deren Werken Fehler oder Schwächen aufdecken
konnten.155
In diesem Zusammenhang könnte Richters zunehmend verschwimmende Darstellung des Tizian-Gemäldes zwar als Illustration der
'Unmöglichkeit' eines solchen Gemäldes in der damaligen Kunstwelt
verstanden werden,156 eine Demonstration künstlerischer Überlegen-
152
153
154
155
156
Zur Geschichte des künstlerischen Wettbewerbs vgl. Sachs 1965 und Middeldorf Kosegarten 1980.
Vgl. Mai/Wettengl 2002.
Boime 1971, S. 125. – Dieser Gedanke ging bereits auf die Nachahmungstheorie der Literatur der Frührenaissance zurück. Schon bei Dante wurde im Zusammenhang mit der imitatio der antiken Autoren der Wettstreit
erwähnt und Petrarca empfahl eklektische Anleihen bei den grossen
Dichtern mit dem Ziel, etwas Neues und Besseres zu schaffen. So stand
die Vorstellung der imitatio immer in engem Zusammenhang mit der aemulatio und der superatio, vgl. Gmelin 1932, bes. S. 89 u. 123 und Zilsel 1972, S. 211-239. Als Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts
die bildende Kunst sich nach und nach vom Handwerk löste, wurde das
imitatio-Ideal samt der Idee des Wetteifers, um das zu jener Zeit zwischen den Literaten intensive Diskussionen geführt wurden, auch bei
den Künstlern zum Thema und fand entsprechende Befürwortung oder Ablehnung, vgl. Zilsel 1972, S. 240-249.
Boime 1971, S. 124-126.
Vgl. hierzu Thomas Bernhards Erzählung Alte Meister von 1985, in der
der Musikkritiker Reger über die Gemälde im Kunsthistorischen Museum
in Wien sagt: "Die alten Meister, wie sie jetzt schon seit Jahrhunder-
45
heit gegenüber Tizian lässt sich darin allerdings nicht erkennen.157 Eher scheint sich darin der Verlust einer bestimmten Bildtradition auszudrücken, den Richter 1986 in einem Interview mit
Benjamin H.D. Buchloh andeutete: "[…] ich sehe mich als Erben einer ungeheuren, grossen reichen Kultur der Malerei, der Kunst überhaupt, die wir verloren haben, die uns aber verpflichtet".158
In diesem Sinn veranschaulichte Richter 1998 in einer Grafik mit
dem Titel Übersicht eine grosse Traditionslinie der westlichen
Kultur von der Antike bis heute (Abb. 23). Die Übersicht präsentiert in tabellarischer Form eine Auswahl von bildenden Künstlern, Architekten, Komponisten, Philosophen und Schriftstellern
in chronologischer Reihenfolge, jedoch ohne eine Hierarchie, Wertung oder vermeintliche 'Beeinflussungen' der einzelnen Künstler
untereinander zu suggerieren. Dieter Schwarz stellt die These
auf, Richter präsentiere hier weniger seine persönliche Auswahl,
als einen gesellschaftlichen Konsens, der in der Gegenwart notwendigerweise schwächer werde, wodurch die Anzahl der aufgelisteten Namen von links nach rechts zunehme.159 Tatsächlich birgt die
Tatsache, dass Richter sich und seine Zeitgenossen Polke, Baselitz, Warhol u. a. in eine Tradition mit Leonardo, Tizian, Delacroix und Picasso stellt, im Gegensatz zu Immendorffs Herausforderung der 'modernen Meister' kaum noch provokatives Potential,
da Richter zu diesem Zeitpunkt bereits zu den bedeutendsten
Künstlern der Gegenwart gehörte. Schwarz sieht in Richters Grafik
daher eher ein Zeichen für eine kulturelle Tradition und gegen
ein Verständnis des Kunstwerks "als Funktion von Marktposition
und Verwertbarkeit".160 In jedem Fall setzt sich Richter als Erben
157
158
159
160
ten genannt werden, halten nur einer oberflächlichen Betrachtung
stand, betrachten wir sie eingehend, verlieren sie nach und nach, und
am Ende, wenn wir sie wirklich und wahrhaftig und das heisst, so
gründlich wie möglich und die längste Zeit studiert haben, lösen sie
sich auf, sind sie uns zerbröckelt […]", Bernhard 1985, S. 67.
Im Interview mit Gislind Nabakowski über seine Verkündigungs-Serie
bestritt Richter auch, dass es um eine "Kraftprobe" mit Tizian gegangen sei, Nabakowski 1974, S. 4.
Buchloh 1993c, S. 137.
Richter 2000, S. 10.
Richter 2000, S. 10.
46
einer Wahlverwandtschaft ein, die sich aus seiner Bestimmung eines Kanons der wichtigsten Vorbilder in den Künsten zusammensetzt.
Sigmar Polke zeigte sich 1973 provokativer als Richter. In
diversen Varianten thematisierte er im Zyklus Original + Fälschung sein Verhältnis zu alten Meistern, sei es im Titel der
Ausstellung, in der Geschichte um Rosemary Browns konspirative
Treffen mit den grossen Komponisten aus dem Jenseits oder in
zahlreichen anderen oft grotesken Beiträgen der Begleitpublikation. Unter anderem integrierte er dort auch eine Grafik von 1969
mit dem Titel Konstruktionen um Leonardo da Vinci und Sigmar Polke (Abb. 24).161 In einem pseudowissenschaftlichen Experiment regte Polke darin zu einer Verknüpfung seiner eigenen Biografie mit
der Leonardo da Vincis an.162 Dafür werden mittels der Methode des
Goldenen Schnitts auf einer Zeitachse die wichtigsten Lebensdaten
Leonardos ermittelt. Weiter schlägt Polke vor, nach seinem Tod
von einer Drittperson seine eigenen wichtigsten Lebensdaten mittels der gleichen Methode ermitteln zu lassen. Dadurch könne die
in den ersten drei Jahrzehnten weitgehend unbekannte Biografie
Leonardos durch seine Daten ergänzt werden, was wiederum einem
besseren Verständnis von Leonardos Werk diene. Wenn auch die
Selbstironie Polkes in seiner "Symbiose Leonardo–Polke" nicht zu
übersehen ist, so muss der Beitrag dennoch als Provokation verstanden werden. Polke, der zu jener Zeit als Künstler noch bei
weitem nicht die ihm heute zugeschriebene Bedeutung erlangt hatte, forderte nicht nur wie Immendorff zu einem Vergleich seiner
Werke mit denen Leonardos auf; er erklärte sich durch die Vermengung der Biografien gleich selbst als dem Meister ebenbürtig.163
161
162
163
Zuerst in: Wedewer/Fischer 1969.
Die "Konstruktion" basiert auf dem Faktum, dass Polke und Leonardo
beide am 14. Februar geboren wurden.
Damit griff er eine Haltung auf, die sich bereits bei den jungen Kopisten der Kunstakademien gegenüber ihren grossen Vorbildern gezeigt
hatte, vgl. dazu Boimes Beschreibung: " […] the mechanical practice of
copying possibly led to a disrespect on the part of the pensioners toward their models. They often considered themselves equal of Renais-
47
Revision
1. Gattungen
In einer Notiz aus dem Jahr 1964 erinnerte sich Gerhard Richter
an seinen Versuch einer radikalen Abwendung von der übermächtigen
Tradition der Malerei und ihren Konventionen. Sein erstes 'Photobild', die Kopie eines Fotos von Brigitte Bardot, erklärte er mit
den Worten: "Ich hatte die Scheissmalerei satt, und ein Foto abzumalen schien mir das Blödsinnigste und Unkünstlerischste, was
man machen konnte […]".164 Im Rückgriff auf jegliche Art von Fotos
und Bildreproduktionen bot sich dem Künstler ein schier unendlich
grosser Fundus an Bildern, die er malen konnte, ohne sie selbst
entwerfen und komponieren zu müssen.165 Zugleich hatten viele der
Fotografien durch ihren Erinnerungswert den Status von 'Reliquien' und waren so bereits mit Bedeutung aufgeladen. Auch die
Kunstwerke, die Richter in seinen Werken zitiert, gehören zu jenem vorgefertigten Motivfundus und wurden aus eben diesem Grund
164
165
sance masters", Boime 1971, S. 126. - Martin Hentschel sieht ausserdem
in Polkes Konstruktion einen zeitgenössischen Seitenhieb gegen die Methoden der Konzeptkünstler, da die Grafik ursprünglich für einen Katalog über Konzeptkunst konzipiert war, Hentschel 2000, S. 370. – Vgl.
in Bezug auf die "Ebenbürtigkeit" auch Polkes Gemälde Goethes Werke
von 1963 (Lack auf Leinwand, 30,5 x 50,5 cm, Udo und Anette Brandhorst), dem er 1969 Polkes gesammelte Werke (Lack auf Nessel, 40 x 150
cm, Lise Spiegel Wilks) folgen liess, das statt den fünf Buchrücken
Goethes 17 gleich gestalte Buchrücken mit der Aufschrift "Polke" präsentierte.
Gerhard Richter, "Notizen 1964", in: Obrist 1993, S. 18. 1986 drückt
Richter diesen Vorgang in einem Interview mit Christiane Vielhaber etwas gewählter aus: "Ich war Student, und da lehnt man sich an kunstgeschichtliche Vorbilder an, und die waren unbefriedigend. Dann entdeckte ich, dass in den Fotos ist, was mir in den Bildern gefehlt hat,
nämlich, dass sie sehr viele Aussagen haben, sehr viele Inhalte",
Vielhaber 1986, S. 41-42.
Vgl. Richters Notiz von 1964/65: "Wissen Sie, was prima war? –Zu merken, dass solch eine blödsinnige, absurde Sache wie das simple Abmalen
einer Postkarte ein Bild ergeben kann. Und dann die Freiheit, malen zu
können, was Spass macht. Hirsche, Flugzeuge, Könige, Sekretärinnen.
Nichts mehr erfinden zu müssen, alles vergessen, was man unter Malerei
versteht. Farbe, Komposition, Räumlichkeit, und was man so alles wusste und dachte", in: Obrist 1993, S. 28. – Die Fotomalerei bedeutete
somit für Richter eine Befreiung von seinem Frühwerk, seiner Ausbildung und vom Kunstbetrieb, vgl. dazu Bätschmann 1998, S. 24.
48
von der Kunstkritik meist unter Richters "Fotomalerei" subsumiert. Richters Methode deuteten die Kritiker in diesem Zusammenhang meist als Ausdruck einer Beliebigkeit des Motivs166 oder als
medienkritische Demonstration einer Wirklichkeitswahrnehmung,
welche nur noch "vermittelt" durch den Filter der Medien möglich
sei.167 Die zitierten Kunstwerke wurden in derartigen Deutungen
als Teile der wahrgenommenen Wirklichkeit zu beliebigen Fundstücken – ein Sonderstatus oder eine spezifische Auswahl wurde ihnen
selten zugesprochen.168
Eine genaue Betrachtung von Richters Oeuvre-Katalog im Vergleich mit seinem Atlas, dem Katalog der von ihm gesammelten Vorlagen, ermöglicht aber noch eine andere Sicht auf Richters Methode: In seinen Gemälden wiederholt Richter auf anachronistische
Weise einzelne Gattungen der Malerei nach ihrer klassischen Einteilung in 'Historie', 'Porträt', 'Landschaft', 'Stillleben' und
'Genre',169 übernimmt die Vorlagen jedoch, wie der Atlas zeigt,
meist aus den Medien, aus Familienalben oder aus seiner Sammlung
166
167
168
169
Vgl. z.B. Sager 1974, S. 118; Schreier 1991, S. 288-291; Osborne 1992,
S. 105; Spies 1993; und Hentschel 1999, S. 45.
Vgl. z.B. Thomas-Netik 1986, S. 33; Krüger 1995, S. 161; Honnef 1997,
S. 66-67, Gronert 2002, S. 43. - Bezüglich dieser These notierte sich
Richter 1964/65: "Wenn ich ein Photo abmale, gehört das zum Arbeitsprozess und ist nie ein Merkmal, das die Anschauung in dem Sinne charakterisiert, dass ich anstelle der unmittelbaren Wirklichkeit deren
Reproduktion, die Second-Hand-World, anbiete. Ich benutze die Photographie wie Rembrandt die Zeichnung oder Vermeer die Camera obscura zu
einem Bild", "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier S.
29.
Vgl. Zacharopoulos 1985, S. 32-33: "Eher gehört Tizian mit der 'Verkündigung' der Wirklichkeit an […]. Die Abstraktion entdeckt das Bild
– Tizians 'Verkündigung' - einfach als ein 'Stück Wirklichkeit'"; vgl.
auch Rebbelmund 1999, S. 113. Eine der Ausnahmen bildet z.B. Krüger
1995.
Der Begriff der Gattung wird hier als Klassifizierungsbegriff verwendet, wie er sich aus der zunehmenden Spezialisierung der Künstler auf
bestimmte darzustellende Gegenstände seit der Renaissance entwickelt
hatte. Durch die Konzentration der Künstler auf einzelne Bereiche der
Malerei hatten sich seit dem 15. Jahrhundert die fünf Disziplinen:
Historie, Porträt, Genre, Landschaft und Stillleben herausgebildet,
vgl. dazu Gaehtgens 1996, S. 16. Dass diese Unterteilung neben dem
pragmatischen Vorgang der Arbeitsteilung auch konzeptionell bedingt
war, da sich gleichzeitig eine unterschiedliche Bewertung der künstlerischen Aufgaben entwickelte, die zu einer Hierarchie der Bildgattungen führte, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
49
eigens hergestellter Fotografien. Viele der nach derartigen Vorlagen entstandenen Bilder rufen Erinnerungen an bestimmte Bildtypen oder an ganz konkrete Gemälde wach, obwohl sie gerade nicht
nach Reproduktionen von Kunstwerken entstanden sind.170 Der Verweis auf das vermeintliche künstlerische Vorbild geschieht dabei
über visuelle und ikonografische Analogien. Beispielhaft hierfür
sind die Varianten von S. mit Kind,171 welche auf den sakralen
Bildtyp der Madonna mit Kind verweisen, oder die Darstellungen
von Kerzen, Totenschädeln und Blumensträussen, welche an niederländische Stillleben des 17. Jahrhunderts erinnern. Paul Wood
weist jedoch darauf hin, dass Richter, wenn er einen Totenkopf
male, keineswegs eine zeitgemässe Repräsentation von 'Vergänglichkeit' und 'Tod' liefere, sondern vielmehr den Verlust einer
solchen Bildform in der heutigen Zeit aufzeige.172 Dies scheint
insofern überzeugend, als es sich bei den Stillleben Richters um
die einzigen Bilder handelt, in denen er die Gegenstände für eine
Fotografie 'arrangiert', um sie dann anschliessend vom Foto abzumalen.
In Bezug auf die Landschaften scheint Richter anders vorzugehen: Der Atlas offenbart, dass einige wenige Landschaftsbilder
nach Postkarten entstanden sind, die meisten jedoch nach Fotografien, die von Richter selbst stammen. Die Übertragung der Fotografien in die Gemälde beweist, dass Richter seine Vorlagen keineswegs 'schönt', sondern die Erinnerung an die klassische Gattung der Landschaftsmalerei offenbar mit dem Fotoapparat in der
'Natur' vorfindet und schlicht wiederholt. Aufgrund der Wahl seiner Landschaftsmotive und der schematischen Bildteilung mit tiefem Horizont erinnern die Gemälde häufig an die "sakrale Natur"173
170
171
172
173
Vgl. Richters Kl. Badende (Werk-Nr. 815-1) und Ingres Grosse Badende
im Louvre, Richters Venedig – Treppe (Werk-Nr. 586-1) und Seurats Une
Baignade, Asnières oder Richters Lesende (Werk-Nr. 804) und Vermeers
Brieflesendes Mädchen; zum letzten Vergleich vgl. Krüger 1995, S. 156157.
Werk-Nr. 827-1 bis 827-8.
Vgl. Wood 1994, S. 195.
Belting 1999, S. 65.
50
der romantischen Landschaftsmaler und insbesondere an Caspar David Friedrich. Sowohl Richters Seestücke, wie auch seine Wolken,
Eisberge oder die sonstigen Landschaften sind aufgrund ihrer Komposition und ihrem Ausdruck entsprechend als Referenzen auf die
"deutschen Ikonen"174 Friedrichs verstanden worden, obwohl die bei
Friedrich so wichtigen Rückenfiguren fehlen.175 Auch wenn Hubertus
Butin davon ausgeht, die Kunsthistoriker brüteten hier "Kuckuckseier" aus, die Richter ihnen ins Nest gelegt habe, da die Natur
in seinen Bildern keineswegs geheimnisvoll überhöht oder sublimiert werde wie bei Friedrich,176 muss dennoch nach der Funktion
der offensichtlichen Analogien zwischen Richters und Friedrichs
Landschaften gefragt werden.177 Die im Atlas dokumentierten architektonischen Entwürfe Richters (Abb. 25), in welchen er Landschaftsausblicke in überdimensionale Innenräume montiert, scheinen hier einen Erklärungsansatz zu liefern: Butin selbst gesteht
ein, dass Richter in diesen Visionen "den verlorenen Möglichkeiten einer solchen malerischen Praxis von Friedrich durchaus nachzutrauern" scheine, indem er darin, allerdings ohne die Religiosität Friedrichs, ebenso eine Ästhetik des Erhabenen entwerfe.178
Entscheidender als Richters 'Nachtrauern' ist aber wohl, dass er
eben keine romantischen Landschaften malt, sondern Typen und Paradigmen der Gattung wie den Regenbogen, den Eisberg, das Seestück, den Wasserfall, den niedrigen Horizont, die Wolken und die
174
175
176
177
178
Belting 1999, S. 67
Robert Rosenblum hatte in seiner Beschreibung einer "nordischen" Tradition auch Gerhard Richters Malerei als Anknüpfung an die romantische
Landschaftsmalerei dargestellt, Rosenblum 1975, S. 129. Am ausführlichsten befassen sich mit dieser Thematik Wedewer 1975; Criqui 1993;
Friese 1994; Butin 1994; Butin 1995; Antoine 1995; Bätschmann 1998. Wie anachronistisch diese Beschäftigung Richters ist, zeigen Werke wie
Piepmeier 1980 und Boehm 1980.
Butin 1993, S. 48 und zu den "Kuckuckseiern": Buchloh 1993c, S. 153.
Vgl. dazu Richters Aussage in einem Brief an Jean-Christophe Ammann im
Februar 1973: "Ein Bild von Caspar David Friedrich ist nicht vorbei,
vorbei sind nur einige Umstände, die es entstehen liessen, zum Beispiel bestimmte Ideologien; darüber hinaus, wenn es 'gut' ist, betrifft es uns, überideologisch, als Kunst, die wir mit einigem Aufwand
verteidigen (wahrnehmen, ausstellen, machen). Man kann also 'heute'
wie Caspar David Friedrich malen", in: Obrist 1993, S. 74.
Butin 1994, S. 22.
51
scheinbar unendliche 'Weite' der Natur aufgreift und somit die
Landschaft als Kategorie von Bildermacht und ästhetischem Erleben
reflektiert. Gerade die geplanten 'Ausblicke' aus den imaginierten Räumen zeigen, wie Richter die sublime Erfahrung der romantischen Landschaftsbilder in seinen Visionen noch potenziert.
Betrachtet man hingegen die Atlas-Tafel 150 (Abb. 25,
rechts), so wird deutlich, dass Richter den scheinbaren 'Ausblick' in die Natur zugleich als Dekoration einer Wandfläche entlarvt und eher den 'abstrakten' Feldern der Malerei eines Piet
Mondrian annähert als der Aussicht durch ein Fenster. So wird in
dieser Montage gerade an jener Gattung, welche das ästhetische
Erlebnis repräsentiert, der Übergang zur Abstraktion vollzogen.
Dies gilt ebenso für einzelne Landschaftsbilder wie etwa die
Grosse Teyde-Landschaft von 1971 (Abb. 26) oder das Parkstück aus
dem gleichen Jahr (Abb. 27), in welchen die Darstellung der Landschaft, wie in der Verkündigung nach Tizian (Abb. 3-7) durch
'Verwischung' der Farben oder durch grobe Pinselstriche einer
'abstrakten' oder 'informellen' Malerei angenähert wird.179 Die
Landschaft stellt also hier gerade in Bezug auf ihre Tradition
des Erhabenen das Musterbeispiel für die Entwicklung der Malerei
zur 'reinen' Empfindung in Form der Abstraktion dar.
Wolfgang Ullrich bemerkt, dass aufgrund der Unschärfe die
Stillleben, Akte oder Landschaften nie in ihrem Genre aufgehen,
sondern in ihrer leichten Verfremdung eher wie Zitate oder indirekte Reden erscheinen. In Analogie zum 'uneigentlichen Sprechen'
nennt er sie daher 'uneigentliche' Akte oder Stillleben, was ebenso auf die Landschaften übertragbar ist.180 Diese unzeitgemässe
Annäherung an die Gattung, den Bildtyp oder gar an ganz konkrete
Gemälde geschieht bei Richter jeweils über das Motiv und die Komposition, die zwar häufig von einer fotografischen Vorlage kopiert werden, aber ein künstlerisches Paradigma imitieren.
179
180
Vgl. dazu auch die Analyse des Seestücks See-See im Kapitel "Bilderstreit".
Ullrich 2002, S. 102.
52
Es ist das Gattungsgefüge als "System medialer Ausgrenzungen
und Korrespondenzen",181 in welchem Richter verschiedene BildTypologien im Zusammenspiel von Medium und Form zu untersuchen
scheint. Dies wird besonders deutlich in seiner Beschäftigung mit
der Akt-Malerei: Richters Ema - Akt auf einer Treppe (Abb. 28),
ein Gemälde, das sowohl im Titel als auch motivisch auf Marcel
Duchamps Nu descendant un escalier von 1911 und 1912 verweist
(Abb. 29), bildet innerhalb der Rückbezüge auf paradigmatische
Kunstwerke eine Ausnahme. Es handelt sich zwar um die Bearbeitung
eines konkreten Vorbildes, die als Vorlage gewählte Fotografie
von Richters Frau, wie sie unbekleidet und schwanger die Treppe
heruntersteigt, hat jedoch mit Duchamps Bild keine grosse Ähnlichkeit.182 In diesem Fall ist es also nicht die Komposition eines kunsthistorischen Musters, die Richter anhand einer Reproduktion aufgreift, sondern lediglich dessen Titel und Motiv. Dass
Richter trotz des direkten Verweises auf Duchamp eine gänzlich
andere Darstellung wählt und die kubistische Lösung Duchamps
nicht übernimmt, weist auf eine klare Gegenposition zu seinem
Vorbild hin. Während bei den Landschaften nach Friedrich der
zeitgenössische Kontext des Vorbildes weitgehend ausgeblendet
werden konnte, scheint er in diesem Sonderfall durchaus eine Rolle zu spielen.
Duchamp hatte seine kubistischen Gemälde als 'letzte Bilder'
verstanden, da sich für ihn in ihnen die Möglichkeiten einer referenziellen, an das Abbild gebundenen Malerei erschöpften.183
Nachdem das Bild 1912 vom Salon des Indépendants in Paris abgelehnt worden war und ein Jahr später in der Armory Show in New
181
182
183
Vgl. die Definition eines "Gattungsgefüges" im Zusammenhang mit den
Begriffen "Bild" und "Medium" bei Gottfried Boehm, in: Boehm 1999, S.
169.
Vgl. dazu im Atlas auch Richters Nachahmung der Technik der Chronofotografie, auf welche Duchamp sich wohl mit seinem Nu bezogen hatte.
Richter erreicht den Effekt der scheinbaren Bewegung jedoch anhand von
Überblendungen der Fotografie seiner Frau, in: Friedel/Wilmes 1997,
Tafel 68.
Vgl. Meinhardt 1997, S. 27 und die Aussagen Duchamps in: Harnoncourt/McShine 1973, S. 256-258.
53
York einen Skandal auslöste, blieb es tatsächlich eines der letzten Bilder Duchamps, der seinen Kunstbegriff anschliessend radikal umkehrte.184 Die Bedeutung, die dem Bild Duchamps in der
Kunstgeschichte daher zukommt, scheint für die Rezeption durch
Richter nicht unerheblich. Auf den ersten Blick erscheint Richters Variation des Aktes auf der Treppe als anti-modernistische
Rehabilitation der seit Duchamp ganz und gar unzeitgemässen Bildkategorie des Aktes und der 'illusionistischen' Darstellungsweise. Benjamin Buchloh spricht daher von einer "doppelten Negation"
einerseits bezüglich der Position Duchamps und andererseits in
Bezug auf Richters aktuelle Kunstsituation, in welcher Aktmalerei
nur noch mit den "lebenden Pinseln" eines Yves Klein möglich gewesen sei.185 Daraus folgert Buchloh, Richter manövriere sich mit
Ema in eine "praktisch unhaltbare Ambivalenz" zwischen der historischen Avantgarde im Rückgriff auf Duchamp, der Neoavantgarde in
Abwendung von Klein und dem Neoklassizismus, der seiner eigenen
'Prägung' durch die "speziell deutschen, nationalsozialistischen
und sozialistischen Realismen" Ausdruck verleihe.186
Die scheinbar reaktionäre "elegische Qualität" des Bildes,187
wird jedoch in dem klaren Verweis auf den fotografischen Ursprung
des Gemäldes unterlaufen und erhält in der 'unzeitgemässen' Wirkung subversives Potential.188 Dabei kann auch ein Zusammenhang
mit den ein Jahr später entstandenen 'Akten' nach pornografischen
Fotografien nicht übersehen werden, welcher sich auch durch Titel
184
185
186
187
188
Vgl. Daniels 1992, S. 27-41.
Benjamin Buchloh, "Ema (1966) oder ein Akt in der Neoavantgarde", in:
Buchloh 1993b, S. 19-27.
Benjamin Buchloh, "Ema (1966) oder ein Akt in der Neoavantgarde", in:
Buchloh 1993b, S. 26.
Buchloh sieht diese in der Luminosität und hochdifferenzierten Skala
des Inkarnats angelegt: Benjamin Buchloh, "Ema (1966) oder ein Akt in
der Neoavantgarde", in: Buchloh 1993b, S. 19-27, hier S. 26.
Auch Duchamp hatte in seinem Gemälde mit der Vorlage fotografischer
Bewegungsstudien gearbeitet, die als Medium ebenso betont wurde wie
bei Richter. In seinem Fall hatte aber gerade die Existenz der Fotografie dazu geführt, dass er sich in der Malerei von der 'illusionistischen' Darstellung des Sujets meinte abwenden zu müssen.
54
wie Olympia (Abb. 30) oder Badende189 in der Anspielung auf weltbekannte Akte der Kunstgeschichte bestätigt. Ähnlich wie im Tizian-Zyklus wird hier der Verlust einer Bildkategorie bzw. deren
aktuelle Möglichkeit aufgezeigt. Der Akt als einstige Kategorie
der Hochkultur wird in den pornografischen Bildern als Ausdruck
der Massenkultur reflektiert. Diese These liesse sich durch Richters spätere Gemälde der Brigid Polk (Abb. 31) von 1971 stützen:
Als wollte er die unterschiedlichen Bildtraditionen hier in ihrem
Zusammenhang aufzeigen, stellte er die Porträtierte in pornografischen Posen vor seinem eigenen Aktbild Badende dar oder malte
eine Überblendung beider ab und führte somit die eine Darstellung
auf die andere zurück.190
Polke greift zwar in seinen Gemälden ebenfalls verschiedene
Gattungen wie Porträts, Stillleben, Historienbilder und Landschaften auf, sein Vorgehen ist jedoch weit weniger systematisch
und enzyklopädisch als das von Richter. Meist sind die Motive in
heterogenen Kombinationen zusammengestellt, die eine eindeutige
Klassifizierung und mediale Typologisierung der Bilder nach Gattungen gerade unterlaufen. Stattdessen sind es zahlreiche Einzelmotive wie die Vase, die Reiher, das Liebespaar, oder Möbelstücke, die in immer neuen Variationen dargestellt und kombiniert
werden. Die Motive sind dabei als wiederkehrende Elemente verschiedenster, auch trivialer Bildtypen zu werten.191
2. Stile
Wenn hier davon ausgegangen wird, dass Richter und Polke mit ihrer Malerei neben verschiedenen Gattungen auch unterschiedliche
Stile aufgreifen, so ist dies nicht im Sinne des "Stilbruchs" ge-
189
190
191
Werk-Nr. 154.
Vgl. auch die Werk-Nr. 306-308.
Martin Hentschel spricht der Vase ebenso wie der Palme und den Reihern
in Polkes Werk den Stellenwert von "moules" zu. Damit bezieht er sich
auf Werner Hofmanns Aufsatz "Ars combinatoria", in dem Hofmann den
Ausdruck "moule" von Delacroix übernimmt, um damit eine "Elementarstruktur" zu kennzeichnen, die "prozesshaft in verschiedene Variationsabläufe" überführbar sei, Hentschel 1991, S. 245 u. 249; Hofmann
1976, S. 14.
55
meint, den Kunsthistoriker und –kritiker beiden Künstlern in diversen Presseberichten und Analysen immer wieder unterstellt haben. Die äusserliche Heterogenität im Werk der beiden Künstler
wurde vielfach als "willkürlich erscheinender Wechsel der Stile"192, als "nennerlos" oder als "signifikante Nichtsesshaftigkeit"193 beschrieben. Den interpretatorischen Ausweg fand die
Kunstkritik in der Ansicht, Richter und Polke hätten sich den
"Stilbruch zum Stilprinzip"194 und "den Widerspruch der Stilrichtungen" zu einer "Stilart" gemacht.195 Dagegen zeigt David
Thistlewood, der Herausgeber der Publikation des Polke Critical
Forum in der Tate Gallery Liverpool, dass bei Polke zwar das
"Problem of Multiple 'Signature Styles'" im Vordergrund stehe,
der Künstler sich aber durch seine ironischen Kommentare den Stilen, die er zitiere, selbst entziehen könne.196
Es geht bei Richter und Polke gerade um die Verneinung eines
'Personalstils' und damit nicht um ein authentisches 'Annehmen'
und 'Brechen' von Stilen.197 Vielmehr werden Stile als mögliche
Bildsprache, als historiografische Kategorie, oder als Ausdruck
einer Ideologie reflektiert, nicht aber in ihrer Tradition fortgeführt.198 Während Richter den originalen Kode verschiedener Sti-
192
193
194
195
196
197
198
Kipphoff 1993.
Müller 1984.
Honnef 1969; vgl. auch Elger 1998a, S. 8, und Elger 2002, S. 206.
Herms Draht 1989. Dies wurde beiden Künstlern mehrfach als Strategie
ausgelegt, sich den Bedürfnissen des Kunstmarktes bestmöglich anzupassen, vgl. Diederichsen u. a. 1994, S. 121-141; Anthony Thwaites
spricht in Bezug auf Richter gar von "kaltem Opportunismus", Thwaites
1969; Jed Pearl warf Richter anlässlich seiner grossen Retrospektive
im Museum of Modern Art in New York vor, nicht nur in den Stilwechseln, sondern auch in seiner Thematisierung der deutschen Geschichte
eine marktkonforme Ausrichtung zu betreiben; Perl 2002; vgl. dazu auch
Gelshorn 2003, S. 118.
Thistlewood 1996, S. 1-4.
Vgl. Polkes und Richters Kommentar zum Thema "Stil" in ihrer Textcollage von 1963: "'Weißt du Elly', sagte er ganz ruhig, ‚man darf nur
das lieben, was keinen Stil hat, z.B. Wörter, Fotos, die Natur, mich
und meine Bilder!'", Polke/Richter 1993, S. 36; vgl. auch Tøner 2001.
Vgl. dazu die Parodie sämtlicher Stilbegriffe auf der Einladungskarte
zur bereits erwähnten ersten Ausstellung der beiden Künstler (gemeinsam mit Konrad Lueg und Manfred Kuttner) in Düsseldorf 1963. Der Offsetdruck zur Demonstrativen Ausstellung (21 x 20,5 cm) wurde jeweils
mit einem unterschiedlichen Zeitschriftenausschnitt in der Mitte be-
56
le kommentarlos wiederholt, werden sie bei Polke subversiv unterlaufen. Die Imitation und scheinbare Annahme der Stilmittel ist
dabei für beide Künstler eine Grundbedingung, um ein Wiedererkennen des Vorbildes und Entziffern des Nachbildes gewährleisten zu
können.199
In Polkes Frühwerk tritt mehrfach das traditionelle Stilllebenmotiv der Vase auf.200 Dabei beschäftigte sich Polke aber nicht
nur mit der Gattung des Stilllebens, sondern vor allem mit deren
unterschiedlichen stilistischen Ausformungen, zu denen sich ein
jeweiliger Kontext rekonstruieren liesse. Den 'Stil' eignet er
sich dabei als existierendes formelles Repertoire an. So findet
sich bei Polke die Vase als gerastertes Trivialmotiv in Pop ArtManier,201 in der laienhaften Malweise eines Hobbymalers in Kombination mit den exotischen Motiven eines Dekorationsstoffes202 oder
kombiniert mit geometrischen Formen als Verweis auf die Abstraktion der 'Klassischen Moderne'.203
Wie komplex sich derartige Stilzitate gestalten können, zeigt
Polkes Gemälde Konstruktivistisch von 1968 (Abb. 32). Auf den
ersten Blick ist das Bild eine Nachahmung des konstruktivistischen Stils in der Tradition Piet Mondrians, auf den auch der Ti-
199
200
201
202
203
klebt (5,4 x 5,9 cm) und zeigte eine Aneinanderreihung von Schlagwörtern des damaligen Kunstbetriebs, sämtlich mit Fragezeichen versehen:
"Imperialistischer Realismus? Antikunst? Know-Nothing Genre? Pop Art?
Naturalismus? Junk Culture? New Vulgarismus? Nouveau-Réalisme? Pop Around? Neo Dada? Kinetische Malerei? Vexierbild? Optische Täuschung?
Volkskunst? Common Object Painting?" (Auflage unbekannt); vgl. das Exemplar in der Kunstakademie Düsseldorf, Archiv: Bestand: [Gerhard
Richter]; vgl. auch Becker/Osten 2000, S. 10-11, Nr. 1.
Vgl. dazu Buchloh 1982b, S. 34: "To remain recognizable or to be deciphered as parody, the simulacrum has to follow the outlines of the
code and must ultimately remain within its limits."
Vgl. neben den Gemälden auch die drei Zeichnungen Ohne Titel: 1963,
Kugelschreiber, Aquarell und Lack auf Papier, 29,7 x 21 cm, Privatbesitz; 1965, Kugelschreiber und Aquarell auf Papier, 1965, Privatbesitz; und 1965, Kugelschreiber auf Papier, 29,7 x 21 cm, Privatbesitz.
Sigmar Polke, Tisch, 1963, Dispersion auf Leinwand, 170 x 119 cm, Privatbesitz, und Sigmar Polke, Vase II, 1965, Dispersion auf Bibertuch,
90 x 75 cm, Düsseldorf, Kunstmuseum.
Sigmar Polke, Ohne Titel (Vase), 1971, Dispersion auf Dekostoff, 150 x
121 cm, Bonn, Kunstmuseum.
Sigmar Polke, Vase I, 1965, Plaka und Kasein auf Leinwand, 100 x 90
cm, Köln, Sammlung Garnatz.
57
tel verweist.204 Das vom Niederländer entwickelte kompositionelle
Ordnungsschema übernimmt Polke aber nur dem Anschein nach, tatsächlich wird die harmonische und rationale Anordnung der Elemente beliebig manipuliert.205 Die Tatsache, dass die Farbfelder zudem in Rasterpunkte aufgelöst sind, ist in diesem Fall kein Polke-spezifisches Bildmittel, sondern nimmt Bezug auf Roy Lichtensteins Imitationen von Gemälden Mondrians in Form von Rasterdarstellungen (Abb. 33). In Non-objective I + II unterwarf Lichtenstein die Vorlage Mondrians, wie fast alle seiner Motive, einer
einheitlichen Rasterung mit dem Ziel, althergebrachte Sehmodelle
zu revidieren und den "Kommerzialisierungseffekt" zu bewirken.206
Polke verwendete zwar das gleiche Verfahren, erreichte aber dabei
keineswegs die gleiche Präzision wie Lichtenstein und hob durch
absichtliche Unregelmässigkeiten in seiner Darstellung die mechanische Wirkung der Werke Lichtensteins wieder auf.207 Barbara Reise sieht, wie auch Gerlinde Gabriel, in Konstruktivistisch neben
den Stilzitaten zusätzlich eine Anspielung auf die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands. Die Farben schwarz, rot und
weiss assoziieren beide mit der NS-Fahne, während sie in den sich
kreuzenden schwarzen Linien ein angeschnittenes Hakenkreuz erkennen.208 Diese nicht ganz von der Hand zu weisende Beobachtung eröffnet zusätzlich eine politische Dimension für die Betrachtung
des Stilzitats. In Anbetracht der Tatsache, dass die Konstruktivisten zu den Künstlern gehörten, welche von den Nationalsozia-
204
205
206
207
208
Im gleichen Jahr entsteht noch ein weiteres Gemälde unter diesem Titel
(Öl auf Leinwand, 40 x 50 cm), das sich in Stuttgart in der Sammlung
Froehlich befindet.
In der Version der Sammlung Froehlich bringt Polke das konstruktivistische Konzept sogar zum Scheitern. Die sich kreuzenden schwarzen Linien bilden hier in der Mitte ein Dreieck und richten sich völlig gegen das orthogonale Ordnungsprinzip Mondrians, vgl. Heider 2000, S.
140.
Vgl. Solomon 1966, S. 38-39; zu Lichtensteins Composition II vgl. Zänker 1991, S. 113.
Vgl. Heider 2000, S. 141, und Reise 1984, S. 52.
Gabriel 1996, S. 84, und Reise 1984, S. 52. – Wenn es sich tatsächlich
um ein Hakenkreuz handeln soll, so wäre es allerdings seitenverkehrt
abgebildet. – Auch in Polkes Gemälde Paganini von 1982 finden sich
mehrere kleine Hakenkreuze, die allerdings nicht seitenverkehrt ausgerichtet sind.
58
listen in der Münchner Ausstellung Entartete Kunst 1937 unter der
Betitelung "Verrückt um jeden Preis" geächtet wurden, erhält diese Vermengung allerdings einen geradezu makaberen Beigeschmack.209
Den rationalen konstruktivistischen Formen wird darin ebenso wie
der unpersönlichen wie "kommerzialisierten" Darstellung Lichtensteins eine Ideologie 'untergeschoben', die ihrer ursprünglichen
Konzeption und der realen politischen Lage deutlich widerspricht.
Indem Polke seine Anklage gegen jegliche Form von Ideologie in
ein stilistisches Zitat 'verkleidet', findet er nicht nur eine
formalistische Verschleierung für eine provokative politische
Aussage, sondern persifliert auch fast bösartig die stilistischen
Modelle, die er zitiert. Polke demonstriert hier eine vehemente
Aversion gegenüber jeglicher Form von Ideologie, die sich für ihn
auch in Stilbegriffen wie dem 'Konstruktivismus' verbirgt. Eine
derart starke Anklage, deren Vermengung zweier wohl kaum vergleichbarer Phänomene schon fast verfehlt scheint, lässt sich
vielleicht nur durch die ideologisch gefärbte euphorische Förderung der abstrakten Kunst in der Nachkriegszeit erklären.210
Gerhard Richter verfährt in seinen grauen Gemälden (Abb. 34)
sehr viel weniger provokativ: In ihrer reinen Monochromie scheinen sich die Grauen Bilder perfekt in die Tradition monochromer
Bilder im 20. Jahrhundert einzureihen.211 Die Farbwahl eines Grautons, mit dem Richter in eigenen Aussagen "Indifferenz, Meinungslosigkeit, Aussageverweigerung, Gestaltlosigkeit" assoziierte,212
verneint jedoch jeden psychologisch-emotionalen Ausdruckswert ebenso wie den Anspruch einer spirituellen Dimension oder Materialität, auf welche die Monochromie des 20. Jahrhunderts abgezielt
209
210
211
212
Vgl. die Fotografie des Raumes 5 mit den 'Abstrakten Werken' und die
Auflistung der Künstler in: Barron 1991, S. 60-61.
Vgl. dazu das Kapitel "Bilderstreit".
Zur Monochromie im 20. Jahrhundert vgl. Epperlein 1997, Gassen 1998,
Heusinger von Waldegg 1998. – Vgl. auch Buchloh 2002, S. 22: "So sehr
wir also Richters Acht Grau in der Geschichte der Monochromie sehen
wollten, so sehr müssen wir diese Gruppe eben auch in der Geschichte
einer bildnerische Reflexion auf das Epistem des Fensters situieren."
"Aus einem Brief an Edy de Wilde 23.2.1975", in: Obrist 1993, S. 7677, hier S. 77.
59
hatte.213 Zwar wird mit der Darstellung von opaker Gegenständlichkeit und einer "Ästhetik der Absenz"214 die Idee vom "letzten
Bild"215 und vom "Ende der Malerei"216 scheinbar aufgegriffen, die
Betrachtung des Stellenwerts dieser 'blinden Fenster' in Richters
Gesamtwerk als eines Zyklus' unter vielen führt aber die totale
Negation eines Ad Reinhardt217 wieder ad absurdum.218 Richter verwendet den Kunststil als Vorlage, wie er Fotos als Vorlage verwendet. Die kunstgeschichtliche Reminiszenz zielt dabei keineswegs auf Ironisierung und schon gar nicht auf Satire, eher auf
eine Thematisierung und Blosslegung (im Gegensatz zu Blossstellung) des Bildes.219 Polkes Vorgehen ist dagegen persiflierend: In
Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen! (Abb. 35)
ironisiert er gezielt Stilrichtungen wie den Suprematismus, den
Abstrakten Expressionismus oder die "Hard-Edge-Malerei" eines
Ellsworth Kelly, indem er deren Anspruch auf einen transzendenten
Ursprung der Bilder karikiert.220 Das schwarze Dreieck auf weissem
Grund ist hier nur ein überspitzter Verweis auf die Farbfeldmalerei, lässt den Betrachter aber über genaue Vorlagen im Unklaren.
Der integrierte Bildtitel ermöglicht es Polke nicht nur, sich von
213
214
215
216
217
218
219
220
Vgl. Butin 1993, S. 46 und Butin 1999, S. 126.
Butin 1993, S. 46.
Die Tradition der Idee eines 'letzten Bildes' beginnt bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei Duchamp (vgl. Kapitel 4.1) und Alexander
Rodtschenko (The Last Painting (Pure Red Color, Pure Yellow Color and
Pure Blue Color), 1921, Öl auf Leinwand, 79 x 70,5 cm, Moskau, Rodschenko und V.F. Stepanova Archiv) und reicht bis zu Ad Reinhardt;
vgl. zu dieser Tradition Meinhardt 1997, S. 26-37 (3. Kapitel: "Letzte
Bilder, Reine Bilder und Ur-Bilder: Monochromie und Gitter").
Meinhardt 1995, Meinhardt 1997; vgl. auch Crimp 1996b.
Im Interview mit Phylisann Kallick hatte Reinhardt sein Ziel vom "last
painting anyone can paint" kundgegeben, Kallick 1967, S. 272.
Vgl. hierzu die Chronologie der Werke im Catalogue raisonné, Richter
1993, Bd. III, bes. Werk-Nr. 341-1 bis 345-2; vgl. auch Richters Notiz
vom 27.12.1985: "Der Vorzug meiner Grauen Bilder ist, dass sie alle
übrigen Setzungen, gegenständliche oder abstrakte, als Ersetzungen und
als beliebige zu entlarven scheinen", in: Obrist 1993, S. 114.
Vgl. Schneckenburger 1975, S. 15. – Dass die Grauen Bilder keineswegs
ironisch aufgefasst wurden, sondern geradezu auratisch, beweist ihre
Platzierung in der Wiener Ausstellung Aura 1994 in einem Raum mit Josef Albers, Imi Knoebel, Robert Ryman, Blinky Palermo u.a., vgl. Aura
1994, S. 112.
Vgl. Campbell 1996, S. 22, und Power 1996, S. 102.
60
den Darstellungsmitteln zu distanzieren, sondern gleichzeitig deren Ideologie zu 'untergraben'. Die gleiche Funktion übernimmt
der Titel Carl André in Delft, der in vergrösserter Schreibmaschinentype auf eine gemalte Umrandung in das Gemälde von 1968
eingefügt ist (Abb. 36). Statt den zitierten Stil überspitzt
nachzuahmen wie in den zuvor genannten Beispielen, verwendet Polke hier eine parallele Struktur, die stilistisch gesehen das Gegenstück zur Kunst des Minimal Art-Vertreters Carl André darstellt. Polke hatte im Oktober 1967 bei der Eröffnung der Galerie
von Konrad Fischer in Düsseldorf erstmals Gelegenheit gehabt,
Werke von André zu sehen. Eines der ausgestellten Werke war das 5
x 20 Altstadt Rectangle, eine Installation aus gleich grossen
quadratischen Stahlplatten ohne künstlerische Bearbeitung des Materials.221 Wie André bediente sich auch Polke eines vorgefertigten Produkts, indem er einen Dekorationsstoff mit dem Imitat von
Delfter Kacheln zugleich als Grundlage und Bildmotiv wählte. Damit ist Polkes Anspielung nach Martin Hentschel doppelt lesbar:
Andrés Werk wird einerseits durch den Hinweis auf reale Delfter
Kacheln und andererseits durch deren "kitschiges Derivat" auf einem Dekorationsstoff persifliert.222 Die Entsprechung zu Andrés
Arbeit liegt einzig in der Quadratform in alternierendem Muster
begründet,223 der Illusionismus der Delfter Kacheln, die ihrerseits noch auf einem Musterstoff abgebildet sind, steht jedoch in
krassem Widerspruch zu der reduzierten Form Andrés, die alles andere will, als abbilden oder dekorieren.224 Auch hier bringt Polke
auf ironische, ja fast böswillige Weise die Ernsthaftigkeit eines
221
222
223
224
Vgl. Hentschel 1991, S. 306, Hentschel 1996b, S. 134, und Hentschel
1997, S. 69; David Campbell erwähnt, dass die Kunsthalle Düsseldorf im
Januar 1968 die Ausstellung Minimal Art eröffnete, bei der auch eine
Installation von 6 x 6 Stahlplatten zu sehen war, welche Polke gesehen
haben dürfte, Campbell 1996, S. 37.
Hentschel 1991, S. 308, und Hentschel 1992b, S. 135.
Martin Hentschel weist allerdings darauf hin, dass Polke damit in gewisser Weise Andrés eigener Arbeit vorgreife, da André erst nach 1969
mit zwei und mehreren Materialien arbeitet und das alternierende Muster benutzt, Hentschel 1991, S. 307-308, und Hentschel 1992b, S. 135.
Hentschel räumt ein, dass immerhin sowohl die Stahlplatte als auch die
Kachel jegliche persönliche Handschrift leugnen und somit auch im Gegensatz eine Gemeinsamkeit liege, Hentschel 1997, S. 70.
61
formalistischen Vorgehens ins Wanken, Martin Hentschel spricht
gar von der "Destruktion der Intention Andrés".225 Indem Polke
scheinbare Parallelen zwischen zwei Werken aufzeigt, steigert er
nur ihre Diskrepanz und verkehrt so Sinn in Unsinn.
Gerhard Richters Stilzitaten fehlt dieser eindeutige Referent
und die scherzhafte Polemik Polkes. Seine späten Farbtafeln von
1973/74 erscheinen als direkte Bezugnahmen auf die so genannten
'grids', die 'Gitterstrukturen' Ellsworth Kellys. Das Werk 1024
Farben (Abb. 37) wirkt gar wie ein wörtliches Zitat von Kellys
über zwanzig Jahre zuvor entstandenem Gemälde Spektralfarben, zufällig verteilt von 1951-53 (Abb. 38). Auch Richters Bildherstellung, bei der regelmässige Farbfelder nach dem Zufallsprinzip in
einer orthogonalen Gitterstruktur verteilt werden, entspricht der
Methode Kellys.226 Dennoch gibt Richter weder im Titel, noch in
seinen zahlreichen Äusserungen einen Hinweis darauf, dass sein
Farbtafel-Zyklus aus einer Beschäftigung mit dem Werk Ellsworth
Kellys hervorgegangen sei.227 Es ist anzunehmen, dass Richter Kel-
225
226
227
Hentschel 1991, S. 308, und Hentschel 1992b, S. 135.
Nach den frühen Farbtafeln der späten sechziger Jahre entwickelte
Richter 1973/74 ein System, das von drei Grundfarben plus Grau (und
später Grün) ausging, die nach speziell errechneten Verhältnissen miteinander vermischt wurden und so eine bestimmte Anzahl verschiedener
Farbtöne ergaben. Die Anordnung der Farbtöne auf den gleichmässigen
Feldern wurde per Losprinzip ermittelt, vgl. "Katalogtext für Gruppenausstellung im "Palais des Beaux Arts", Brüssel 1974 - 1024 Farben in
4 Permutationen", in: Obrist 1993, S. 75; vgl. auch Harten 1986b, S.
36-38.- Ellsworth Kelly hatte sich nach für ihn nicht befriedigenden
Erkundungen des Automatismus 1951 einem Gestaltungsprinzip zugewandt,
das in der Tradition von Theo van Doeburgs Composition arithméthique
und der daraus folgenden 'programmierten Kunst' von Max Bill und Richard-Paul Lohse stand. In der Erkenntnis, dass das Ungeordnete des
Zufalls nur in Erscheinung tritt, wenn man ihm eine strikte Ordnung
entgegensetzt, entwickelte er mit dem 'Gitternetz' ein streng organisiertes System, innerhalb dessen der Zufall der Komposition entgegen
wirken konnte. Zunächst ordnete er darin schwarze und weisse Felder
an, deren Verteilung dem Zufallsprinzip unterlag, später entwickelte
er mehrfarbige Collagen nach dem gleichen Prinzip. Spektralfarben, zufällig verteilt von 1951-53 blieb dabei das einzige aus diesen Collagen hervorgegangene Gemälde, vgl. Bois 1992, S. 23-27; vgl. auch Rompza 1992. – Zum Paradox des 'Grids', das in seiner Einschränkung und
Unflexibilität dem Künstler zugleich eine 'freie' Gestaltung erlaubt,
vgl. Krauss 2000, S. 51-66.
Bezüglich seiner Grauen Bilder weist er im Interview mit Buchloh eine
Verbindung mit Kelly klar zurück, vgl. Buchloh 1993c, S. 144.
62
lys Werk kannte,228 und dass ihm dessen Erforschung des Zufallsprinzips, analog zu seiner Verwendung von Fotovorlagen, als interessante Strategie erschien, um sich einem gestalterischen Eingriff bei der Bildherstellung soweit als möglich zu enthalten.
Das direkte Vorbild für Richters Farbtafeln waren jedoch Lackmusterkarten, deren Erscheinungsbild stark vergrössert imitiert wurde. Auch Ellsworth Kellys Spektralfarben mögen in der Erinnerung
an den auf Albert H. Munsells Farbenlehre beruhenden rasterförmigen Farbenatlas entstanden sein, den sein Lehrer am Pratt Institute verwendete,229 sie bilden jedoch zugleich eine schematisierte
Spiegelung der Wirklichkeit, indem sie die Farben des mediterranen Lichts am Ort ihrer Entstehung, dem provenzalischen Sanary,
repräsentieren.230 Eine solche direkte Referenz der Farbtafeln auf
die Wirklichkeit entfällt bei Gerhard Richter, dennoch kann auch
er entsprechende Assoziationen des Betrachters nicht ausschliessen. Es bleibt somit bei Richter bei der unkommentierten Nachahmung bekannter Stile, wobei sowohl der Verweis auf ein eindeutiges Vorbild wie auch eine bildinhärente Stellungnahme ausbleiben.
3. Bildkonzepte
Richters indifferenter Gebrauch von Farben, die er weder deutlich
emotional belegt noch als Mittel geistiger Sublimierung einsetzt,
lässt ebenso wie seine zahlreichen Studien zur Erforschung von
228
229
230
Jürgen Harten und Hubertus Butin sind die einzigen, die Richters Farbtafeln überhaupt mit Kelly in Zusammenhang bringen, wobei Harten eine
Bezugnahme Richters jedoch verneint, Harten 1986b, S. 38 und Butin
1993, S. 32-33; Richter wird Kellys Arbeit aber durch diverse Ausstellungen und entsprechende Medienpräsenz in den USA und Europa, vor allem durch den Biennale-Auftritt im amerikanischen Pavillon in Venedig,
1966, seine Einzelausstellung in der Galerie Denise Rene-Hans Mayer in
Düsseldorf, 1972, und die grosse Retrospektive im Museum of Modern Art
in New York und anderen Stationen in dem Jahr, als Richter mit den
späten Farbtafeln begann, gekannt haben, vgl. Ausstellungsverzeichnis
in: Bois/Cowart/Pacquement 1992, S. 91-96.
Albert H. Munsell, A Grammar of Color, New York: Van Nostrand, 1969;
vgl. Cowart 1992, S. 37.
Der Zusammenhang von den Gitterstrukturen mit Lichtreflexen in der Natur zeigt sich auch in Seine (1951, Öl auf Holz, 41,9 x 114,9 cm, Besitz des Künstlers), wo Kelly bereits im Titel den Bezug zu einem natürlichen Bildmotiv andeutet, vgl. Cowart 1992, S. 42.
63
Farbbeziehungen231 darauf schliessen, dass er sich in seinen Farbtafeln nicht nur mit einem malerischen Stil auseinandersetzte,
sondern auch mit einem grundlegenden Mittel der Bildherstellung.
In einem Brief an Jean-Christoph Ammann schrieb Richter im Februar 1973: "[…] es hat lange gedauert, bis ich mich auf mein Werkzeug besinnen konnte, mit dem ich alles herstellen kann, RotBlau-Gelb (und Licht = Weiss), Bilder, die aus dem Prozess entstehen".232 Aus dieser Aussage wurde bisher geschlossen, Richter
mache in seiner Werkgruppe der 'abstrakten Bilder' die Methode
zum Inhalt des Malens.233 Vielleicht könnte man statt der 'Methode
des Malens' aber eher von grundlegenden Elementen und Prinzipien
des Bildes sprechen, die Richter voneinander isolierte und untersuchte.
Die 'Verselbständigung', die dabei in den Farbtafeln das Element Farbe erfährt, indem es nur sich selbst nach dem Vorbild von
Farbmusterkarten repräsentiert, wird im Werk Sigmar Polkes noch
potenziert. Analog zu Richter sprach Polke in einem Interview mit
Bice Curiger 1984 von seiner Rückbesinnung auf das bildnerische
Grundelement: "Da fing ich an, über Farbe nachzudenken und über
die Handhabe. Aber ich reflektierte auch darüber, beispielsweise
wie der Hinduismus Farbe erklärt und benutzt oder, wie die Australier die Farbe benutzen. Wie sie die Farbe gewinnen und was
Farbe ist".234 Vor diesem Hintergrund entstanden 1986 für die Gestaltung des Deutschen Pavillons an der XLII. Biennale in Venedig
verschiedene Bilder, die unter dem Titel Athanor zusammengefasst
wurden.235 Zu der Installation gehörten neben sechs Lack- und elf
Grafitbildern im Mittelraum auch vier monochrome Mineralfarben-
231
232
233
234
235
Sämtliche Studien Richters zur Farbe befinden sich in Aachen in der
Sammlung Ludwig, vgl. Harten 1986b, S. 36 u. 60.
"Brief an Jean-Christophe Ammann, Februar 1973", in: Obrist 1993, S.
72-74, hier S. 74.
Schneckenburger 1975, S. 14.
Curiger 1990, S. 8.
Der Begriff "Athanor" stammt aus der Alchemie und bezeichnet einen Fixierungsofen, der über längere Zeit brennen kann, ohne dass neues Holz
nachgelegt wird. Insofern spielt Polkes Titel auf den Prozess an, in
dem sich die ausgestellten Werke ohne Eingriffe von Seiten des Künstlers befinden, vgl. dazu Hentschel 1991, S. 411.
64
bilder, die jeweils nach ihren Pigmenten benannt wurden (Realgar,
Malachit, Azurit und Auripigment).236 Mit den Titeln der Bilder
und ihrer stark sichtbaren Pinselführung wurde die Farbe als Materie präsentiert, gesteigert durch die Tatsache, dass drei der
verwendeten Farben in Handbüchern als giftig eingestuft sind.237
Dieser Umstand lenkte die Aufmerksamkeit der Betrachter auf die
Stofflichkeit der Farbe. Für Polke war aber ausserdem der Faktor
der Unbeständigkeit der ausgewählten Farben entscheidend, da er
so eine "Interaktion der Farben" inszenieren konnte.238 Martin
Hentschel legt ausführlich dar, dass zwei der verwendeten Farben
sich unter gewissen Umständen in eine der anderen zwei umwandeln
könnten, während die Hängung der Tafeln als Polyptychon über einen sehr langen Zeitraum durch die unverträgliche Verbindung von
Kupfer- und Schwefelfarben zur Bildung von schwarzem Kupfersulfid
führe.239 Die Dauer dieses Vorganges würde zwar ein Menschenleben
überschreiten, war aber wohl dennoch als Möglichkeit von Polke
angelegt. Für den Betrachter direkt nachvollziehbar war hingegen
der Wandlungsprozess der Farbe, den Polke mit seiner HydroWandmalerei in der Konche des Pavillons ausgelöst hatte (Abb.
39+40). Durch die Verwendung von Kobalt-II-Chlorid, einer hygro-
236
237
238
239
Michael Oppitz zeigt, dass die vier Gemälde mit drei weiteren Werken
dieser Art die Farbenlehre des tibetanischen Gelehrten Sum-pa mkhan-po
illustrieren, Oppitz 1988, S. 25-27.
Vgl. Haxthausen 1997, S. 198. – Hans Dickel stellt fest, dass dementsprechend offen bleibe, wer hier über was verfüge, der Künstler über
die Materialien oder das Material über ihn, wenn etwa giftige Dämpfe
oder Rauschmittel die Bildfindung beeinflussen, Dickel 1991, S. 64.
Im Gegensatz zu Joseph Albers Farbenlehre Interaction of Color (New
Haven und London: Yale University Press, 1963) handelte es sich statt
einer visuellen Interaktion der Farben um eine materielle, vgl. Dickel
1991, S. 74. – Die technischen und chemischen Kenntnisse für die von
ihm beabsichtigten 'zufälligen Veränderungen' entnahm Polke diversen
Fachbüchern zu Farben, Mineralien und Malerei, vgl. Hofmeister 1995,
S. 59.
Realgar (rötlich-gelbes Arsensulfid) kann sich unter gewissen Umständen in Auripigment (gelbes Arsensulfid) verwandeln, während Azurit in
Malchit umschlagen kann. Durch die Anordnung der Tafeln und ihren
Farbauftrag mit einem "wässrigen Bindemittel (gummi arabicum)" kommen
ausserdem Schwefel- und Kupferfarben miteinander in Berührung, was
sehr langfristig zur Bildung von schwarzem Kupfersulfid führt, das
sich unter gegebenen Bedingungen fortschreitend von den Rändern der
Bilder in ihr Inneres entwickeln könnte, vgl. dazu Hentschel 1991, S.
415-416.
65
skopischen Farbe, die sich bei feuchter Luft rötet und bei trockener Luft in einen bläulichen Ton wechselt, initiierte Polke
eine ständige Metamorphose des Farbtons im Tagesverlauf. Die Eigendynamik der Farbe erreicht in dieser Arbeit ihren Höhepunkt:
Einerseits wird jedes Element wie Bindemittel oder Pigment "in
seiner Identität bewahrt und seiner Materialität getreu konkret
vorgeführt",240 andererseits wirkt die Farbe in ihrer Metamorphose
am Moment der Bildentstehung mit, obwohl paradoxerweise der
Künstler selbst abwesend ist.241
Sowohl Richters Graue Bilder und Farbtafeln, wie auch Polkes
monochrome Gemälde nehmen auf die moderne Tradition der Reduktion
des Bildes auf seine Grundbedingungen Bezug. Dass neben der Farbe
als Grundelement des Bildes auch ihr Träger, die Bildfläche thematisiert wird, ist somit im Rückblick auf die Tradition der Moderne selbstverständlich.242 Gerhard Richters wörtliche Umsetzung
von Leon Battista Albertis frühneuzeitlicher Vorstellung vom Bild
als Fenster in seinen 4 Glasscheiben (Abb. 41) untersucht die
Frage nach möglichen Bildkonzepten jedoch auf konzeptuellere Weise. Alberti hatte 1540 in De Pictura dem Bild die Funktion eines
Fensters zugeschrieben, durch welches der "Vorgang" im Bild betrachtet werden könne.243 Dieses Bildverständnis setzte Richter in
einer Installation um, die das Prinzip des Tafelbildes auf seine
240
241
242
243
Haxthausen 1997, S. 199. - Zu den von Polke verwendeten Materialien
vgl. auch Szeemann 1984a, S. 11-12. – Hans Dickel bemerkt, dass es in
der Geschichte der Malerei schon mehrere Versuche gegeben habe, den
Farben selbst semantische Qualitäten abzugewinnen. Wie es bei Turner
und einigen seiner Zeitgenossen nicht mehr um die Nachahmung der Natur
gegangen sei, sondern um "die innere, produktive Übereinstimmung des
Malers mit den Wirkkräften der Natur", so habe der Romantiker Philipp
Otto Runge mit seiner Farbenlehre die theoretische Autonomie der Farbe
begründen wollen. Er habe versucht, die Farbe aus ihrer dienenden Darstellungsfunktion zu befreien, indem er den darzustellenden Inhalt
selbst einer jeweils vorrangigen Farbe zuordnete, Dickel 1991, S. 71;
vgl. auch Draxler 1987, S. 203 und Matile 1972, S. 120-123.
Zu dieser Prozesshaftigkeit des Bildes vgl. Dieter Roths Schimmelgrafik von 1969 (Handgeschöpftes Büttenpapier von D.R. mit verschiedenen
Flüssigkeiten behandelt, 107,5 x 79,2 cm, Sammlung Cremer) und Yves
Kleins Kosmogonien, der Witterung ausgesetzte Bilder, die anschliessend Spuren von Regen, Wind, Licht und Hitze zeigten, vgl. Szeemann
1999, S. 71-75.
Vgl. dazu auch Buchloh 2002.
Bätschmann/Schäublin 2000, S. 224-225.
66
Grundvoraussetzungen reduziert. Der Rahmen ist hier nicht mehr
schmückendes Beiwerk, sondern Voraussetzung für die Anschauung
eines klar umrissenen Tafelbildes, das keines mehr ist. Die Bildproduktion wird dem Betrachter überlassen. Durch Drehen der Fensterscheiben kann er sich im wahrsten Sinn des Wortes 'ein Bild
machen' und den von Alberti zitierten "Vorgang" selber auswählen.244 Diese Reduktion des Angebots an den Betrachter ist
zugleich als 'Seitenhieb' auf Marcel Duchamps "Travestie des
Meisterwerks"
245
in seinem Grossen Glas zu verstehen. In einem In-
terview mit Hans-Ulrich Obrist gab Richter 1993 zu, er habe sich
gegen die "Pseudokomplexität" Duchamps wenden wollen: "Dieses Geheimnisvolle mit Staub und kleinen Linien und noch allerlei Zeug
darauf. Ich mag das produzierte Geheimnis nicht."246 Damit demonstrierte Richter einerseits die Absurdität seiner Tätigkeit im
Anti-Bild und andererseits eine Rückbesinnung auf die simplen
Funktionsweisen des Bildes.
Mit seinem Tropenwald von 1992 (Abb. 42) scheint auch Sigmar
Polke das Grosse Glas von Duchamp als 'produziertes Geheimnis' zu
entlarven, indem er das feingliedrige Gefüge aus Glas, Draht,
Blei und Ölfarbe durch 'Abfälle' von Holzfurnier ersetzt, die in
ihrer Anordnung und Form auf dem durchscheinenden Polystergewebe,
durch das der Spannrahmen sichtbar wird, gerade keinen Sinn ergeben. In ihren zufälligen Formen greifen die Holzfurnierstücke allerdings jene der zugeschnittenen Holzlineare in 3 Stoppages Étalon von 1913/14 auf, welche Duchamps pseudowissenschaftliches Experiment zum Zufall dokumentieren.247 Diese konstruierte Zufälligkeit von Duchamps Experiment wird in den Fundstücken Polkes gera-
244
245
246
247
Vgl. Butin 1997, S. 301.
Belting 1992.
"Interview mit Hans-Ulrich Obrist 1993", in: Obrist 1993, S. 240-260,
hier S. 258. – Die Unmöglichkeit, ein solch endgültiges Statement zu
entwickeln, empfindet Richard Cork entsprechend als "tabula rasa",
Cork 1991, S. 19.
Duchamp hatte 1913/14 drei Schnüre von einem Meter Länge aus einer Höhe von einem Meter auf drei präparierte Leinwände fallen lassen, die
zufällige Form fixiert und anschliessend in drei entsprechend zugeschnittenen Holzlinearen dokumentiert. - Zu Duchamps 3 Stoppages Étalon vgl. Schwarz 2000a, S. 594-596, Nr. 282.
67
de veralbert, und in der Übertragung auf das Grosse Glas als wieder erkennbare Anspielung lesbar gemacht.
Zugleich befragte auch Polke mit seinen durchscheinenden
Leinwänden das traditionelle Bildkonzept des Fensters: Indem er
die Leinwand mit Harzen durchtränkte, erschien sie im Licht fast
transparent und wurde entsprechend von Hans Belting "Fensterbild"
genannt.248 Sein Gemälde Fensterfront von 1994 (Abb. 43) greift
den Topos des Fensters ganz direkt auf, indem es in einem grossen
Querformat zwei identische geschlossene Fenster mit roten Gardinen und einem Ausblick auf eine Landschaft mit Palme präsentiert.
Während der Vorhang René Magrittes Bild Les mémoires d'un saint
von 1960 entnommen zu sein scheint, zitiert das Sprossenfenster
Marcel Duchamps Fresh Widow von 1920.249 Tatsächlich handelt es
sich aber nicht um eine gemalte Zusammenstellung, sondern um einen vorgedruckten Dekorationsstoff, in dem Polke den Bezug zu den
Werken Magrittes und Duchamps als Readymade vorfand. Indem Polke
den dekorativen Ausblick in die Landschaft jedoch in der Sichtbarmachung des Keilrahmens durch das Polyestergewebe stört, unterläuft er gerade Albertis "Ausblick" durch das Fenster. Statt
der Raumillusion der aufgedruckten Fenster zu erliegen, verfängt
sich der Betrachterblick zwischen Motiv, sichtbarem Keilrahmen
und der durchschimmernden Wand und erlebt das Gemälde als flachen
Gegenstand.
Die durchscheinende Leinwand spielt aber zugleich mit Albertis Vorschlag, für die perspektivische Zeichnung einen halbtransparenten Stoff, das velum oder Fadengitter zu verwenden, welches
Dürer in der zweiten Auflage von seiner Underweysung der messung
248
249
Belting 1997, S. 137-138. – Es scheint nicht unbedeutend, dass sowohl
Richter wie Polke sich auch mit der direkten Darstellung von Fenstern
in ihren Gemälden auseinandergesetzt haben: vgl. Richters Werk-Nr.
203-205, 207, 210-3 und Polkes Front Window von 1994. – Benjamin Buchloh zeigt in seiner Analyse der 4 Glasscheiben Richters bereits eine
typologische Linie von Fensterdarstellungen im 20. Jahrhundert auf,
angefangen mit Robert Delaunay über Francis Picabia und Ellsworth Kelly bis zu Bruce Nauman, Buchloh 2000a, S. 373. – In Bezug auf Polkes
Interesse an einer transparenten Malerei muss sicher seine begonnene
Ausbildung als Glasmaler (1959-60) berücksichtigt werden.
Vgl. Shah 2002a, S. 46-47.
68
1538 illustrierte.250 Polke verwandelt den Stoff allerdings von
der planimetrischen Projektionsfläche in den Bildträger. Zusätzlich bemalt er ihn in zahlreichen seiner Gemälde noch beidseitig,
was zur simultanen Sicht von Vorder- und Rückseite führt und gerade das von Dürer und Alberti illustrierte, perspektivische Sehen und die illusionistische Konstruktion eines Bildraumes irritiert.251 Am stärksten konnte Polke diese Wirkung in seiner Installation der Laterna Magica ausnutzen: Ein Wechselspiel von Opazität und Transparenz, sowie eine grotesk-komische Verwebung
von beidseitigen unzusammenhängenden Bildnarrationen führt den
Betrachter zu einer Reflexion des eigenen Sehens.252 Im Gespräch
mit Martin Hentschel erzählte Polke zu seiner Transparenzmalerei:
"Ich wollte mit Lack einen Spiegel erzeugen, wo du davor stehst
und siehst, was sich hinter dir befindet […]".253
Genau dieses metaphorische Spiel mit den Sehgewohnheiten des
Bildbetrachters und mit dem Abbild der Wirklichkeit griff Gerhard
Richter in seinen Spiegeln ganz konkret auf. Leonardo da Vinci
hatte in seinem Trattato della pittura den Spiegel zum "Lehrmeister" der Maler erklärt, da dieser in seiner "Fläche wahre Malerei" enthalte, indem er wie das Bild "das Abbild der Dinge" zeige.254 Seither war der Spiegel bei zahlreichen Theoretikern und
Künstlern als Metapher der Repräsentation erschienen, besonders
250
251
252
253
254
Bätschmann/Schäublin 2000, 31-32, S. 246-253, und Albrecht Dürer, Der
Zeichner mit Fadengitter und quadriertem Papier, Holzschnitt, in: Albrecht Dürer, Underweysung der messung, 2. Aufl., Nürnberg 1538, fol. Q
3v; vgl. auch Bätschmann 2000, S. 65-72.
Martin Hentschel bemerkt, dass Polke quasi den Blick durch das "offene
Fenster" derart verkürzt, dass dieser sich in der Fensterscheibe verfange, Hentschel 1995, S. 45.
Vgl. Hentschel 1995, S. 42-45. – Mit dem Begriff der "Laterna Magica"
verwies Polke zudem auf einen im 17. Jahrhundert vom Holländer Ch.
Huygens und von Th. Walgenstein entwickelten Vorführapparat, der Bilder mit Hilfe von künstlichem Licht auf einen Vorhang projizieren
konnte, vgl. 'Laterna Magica', in: Lexikon der Kunst, hrsg. von Harald
Olbrich u. a., 7 Bde., Leipzig: E.A. Seemann Verlag, 1987-1994, Bd. 4,
1992, S. 236. Polkes Bilder sind nicht durch Licht projiziert sondern
direkt auf den Stoff aufgetragen, erhalten aber ihren 'Zauber', da sie
durch die beidseitige Bemalung zwei Bilder ergeben, die gleichzeitig
sichtbar sind.
Hentschel 1995, S. 44.
Vinci 1882, S. 202-203, Nr. 406-407.
69
im 17. Jahrhundert wurde dieser alte Topos wieder aufgegriffen
und der Spiegel als Synonym der Mimesis betrachtet.255 Richter
liess nun in seinen Spiegeln das Gemälde selbst mit seiner Metapher verschmelzen, so dass das "Abbild der Dinge" im 'Bild' konkreter nicht sein könnte und sogar den direkten Kontext des Werks
impliziert. Auch der vor dem Spiegel stehende Betrachter "ist im
Bild"256 und kann wie Narziss sein eigenes Spiegelbild bewundern.
Im Sinne Albertis erinnerte Richter den Betrachter somit an den
"Erfinder der Malerei", der sein Bild auf der "Oberfläche des
Quellteichs" umarme,257 – diese Aufgabe des Malers ist hier dem
Rezipienten selbst überlassen, indem er selbst sein Ebenbild im
Spiegel festhält.
255
256
257
Zum Spiegel als Metapher und Hilfsmittel der Malerei seit Alberti vgl.
Stoichita 1993, S. 203-204; vgl. auch Baltrušaitis 1996.
Der Buchtitel Wolfgang Kemps zu den 1992 von ihm herausgegebenen rezeptionsästhetischen Studien wird bei Richter wörtlich vorweggenommen.
Indem der Betrachter selbst zum Bildgegenstand wird, schafft Richter
die extremste Möglichkeit, den Betrachter in das Bild mit einzubeziehen, Kemp 1992. – Für das Interesse Richters und seiner Zeitgenossen
(Roy Lichtenstein, Richard Artschwager, Robert Smithson u. a.) am Thema des Spiegels muss die lange Tradition des Spiegels in Malerei und
Architektur (Spiegelarchitektur und Spiegelkabinette) bis zu Skulpturen und begehbaren Installationen der Gegenwartskunst bedacht werden,
vgl. dazu etwa Meyer zu Eisen 1980 und Baltrušaitis 1996.
Bätschmann/Schäublin 2000, 26, S. 236-237; vgl. auch Bätschmann 2000,
S. 31-32, und Barbieri 2000.
70
Bild-Diskurse
1. Bilderstreit
Anlässlich der Ausstellung Ausgebürgert im Dresdner Albertinum
schilderte Peter Sager im Zeitmagazin vom Oktober 1990 eine 40
Jahre zurückliegende Begebenheit an der Dresdner Kunstakademie:
Ende der 50er Jahre, "als in der DDR sogar französische Impressionisten bereits der Dekadenz verdächtigt wurden", habe dort "ein
junger Künstler namens Gerhard Richter" in der Studentenmensa gesessen und "eine Käseplatte mit etwas Tomate als Mondrian-Motiv
arrangiert", um das in der DDR herrschende Abstraktionsverbot zu
parodieren. Sager selbst räumte ein, dass es sich bei dieser Begebenheit möglicherweise um eine Künstler-Anekdote handle, berichtete aber weiter, wie Richter 1961 die Konsequenz aus der
doktrinären Bevormundung der sozialistischen Kunstpolitik gezogen
und die DDR verlassen habe.258
Die Situation, die Richter tatsächlich 1961 bei seiner Ankunft im Westen antraf, war die genaue Umkehrung der Lage im Osten: Die 'abstrakte Kunst', welche in der DDR verpönt und verboten war, erlebte im Westen nicht nur eine Blütezeit, sondern wurde gerade in Abgrenzung vom 'Sozialistischen Realismus' ebenso
mit Ideologien belegt und gefördert, wie im Osten ihr Gegenteil.259 Entsprechend bildete sich in der Kunstkritik der Nachkriegszeit der aus dem Alten Testament stammende Begriff des "Abbildungsverbots" für die Vorherrschaft der 'Abstraktion', heraus,
welche jede Form von 'Abbildung' im Sinne von 'gegenständlicher
Malerei' kategorisch ablehnte.260 Der Begriff der 'Abstraktion'
fungierte in diesem Zusammenhang mit all seinen Bedeutungsfacet-
258
259
260
Sager 1990, S. 47.
Vgl. Hermand 1984, Glozer 1981, S. 172-211, bes. S. 178, Growe 1985,
Warnke 1985 und Wollenhaupt-Schmidt 1994, S. 120.
Vgl. z.B. den Gebrauch des Begriffs in: Benjamin Buchloh, "PandoraMalerei: Vom Versagen der Abstraktion zur heroischen Travestie", in:
Buchloh 1993b, S. 73-78, hier S. 77.
71
ten als Synonym für sämtliche Utopien und Provokationen der Kunst
des 20. Jahrhunderts. Bereits Richters erste Konfrontation mit
westlicher Nachkriegskunst an der documenta II in Kassel 1959,
die ihn letztlich zur Auswanderung bewog, eröffnete ihm zwar einerseits ungeahnte Freiheiten und Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks,261 machte jedoch ebenfalls deutlich, dass die so
genannte 'gegenständliche Kunst' ausgedient hatte und den modernen Ansprüchen von Fortschritt, Universalität und Freiheit nicht
gerecht werden konnte.262 Werner Haftmann beschrieb in der Einführung zum documenta-Katalog den "Weg zur Abstraktion" mit pathetisch aufgeladenen Worten als "schrittweise Ausmerzung und Ersetzung gerade jener im direkten Bezug auf das Auge einfallenden
Wirklichkeitsbilder", mit dem Ziel, die Kunst gänzlich "von ihrer
reproduktiven, beschreibenden und interpretierenden Funktion zu
befreien".263 Diese Sicht einer notwendigen und gesetzmässigen
Entwicklung der Kunst zur Abstraktion stammte nicht von ihm
selbst, sondern war bereits vor dem Krieg vielfach thematisiert
worden. So liess Alfred H. Barr Jr. 1936 in seinem berühmten
Schema zu den Stilentwicklungen der Kunst zwischen 1890 und
1935264 die grossen, hauptsächlich europäischen Entwicklungsströme
der modernen Kunst in die zwei Pole der "geometrischen" und der
261
262
263
264
Vgl. Richters Aussage zu seinem documenta-Besuch im Interview mit Benjamin Buchloh: "Ich kannte ja nichts; nicht Picabia, nicht Man Ray oder Duchamp. Ich kannte nur Künstler wie Picasso oder Guttuso, Diego
Rivera und natürlich die Klassiker bis zu den Impressionisten, denn
alles danach war in der DDR als bürgerliche Dekadenz diffamiert. Und
derart naiv besuchte ich 1958 [sic] die documenta in Kassel und war
ungeheuer beeindruckt von Pollock und Fontana", Buchloh 1993c, S. 123.
Vgl. Haftmann 1959, S. 12-14; vgl. auch Glozer 1981, S. 178. – Als
Beispiel für die Koppelung von 'abstrakter Moderne' und Fortschritt im
Westen können die Juni-Nummer des Jahres 1959 der Zeitschrift Magnum,
in der zeitgenössische Kunstwerke mit technischen und Gesellschaftlichen Phänomenen in Verbindung gebracht wurden, und die Ausstellungen
Modern Art in Your Life, 1949, im New Yorker Museum of Modern Art, sowie Mensch und Form unserer Zeit, 1952 in der Städtischen Kunsthalle
Recklinghausen anlässlich der Ruhrfestspiele angeführt werden, vgl.
Glozer 1981, S. 173-174. – Oskar Bätschmann charakterisiert die von
Richter vorgefundene Situation als Diskrepanz zwischen der "unbegrenzt
beliebigen künstlerischen Tätigkeit" und der "Diktatur des Trends",
Bätschmann 1998, S. 24.
Haftmann 1959, S. 13.
Titelblatt von Barr 1936.
72
"nicht-geometrischen" Abstraktion münden, die er als Ausgangslage
für die amerikanische Avantgarde auffasste. Bereits hier wurde
sowohl die begriffliche Schwierigkeit bei der Beschreibung des
Phänomens 'Abstraktion' deutlich, wie auch die Idee der Polarisierung zweier gegenläufiger "Stilrichtungen",265 mit der sich
auch Haftmann in seiner Unterscheidung verschiedener "Verhaltensweisen" der "abstrakten Kunst" konfrontiert sah.266 Die Polarisierung ging wiederum auf theoretische Ansätze vom Beginn des 20.
Jahrhunderts zurück.
Noch bevor der Begriff der 'abstrakten Kunst' im Gebrauch
war, hatte Wilhelm Worringer 1908 in seiner Dissertationsschrift
Abstraktion und Einfühlung die zwei im Titel genannten Gegenpole
moderner Ästhetik unterschieden.267 Dabei bezog er sich nicht auf
die Abstraktionstendenzen der zeitgenössische Kunst, sondern auf
die Ornamentik der Antike, auf die ägyptische Kunst und auf ausgewählte Beispiele aus Architektur und Plastik bis in das Mittelalter. Die von Worringer erörterten Stränge einer absoluten und
einer relativen Abstraktion,268 gelangten aber in der Folgezeit
265
266
267
268
Schneemann 2001, S. 8.
Haftmann 1959, S. 13.
Worringer 1910, S. 3: "Wie der Einfühlungsdrang als Voraussetzung des
ästhetischen Erlebens seine Befriedigung in der Schönheit des Organischen findet, so findet der Abstraktionsdrang seine Schönheit im lebensverneinenden Anorganischen, im Kristallinischen oder allgemein gesprochen in aller abstrakten Gesetzmässigkeit und Notwendigkeit". "Abstraktion" war für Worringer der am Anfang jeder Kunst stehende
Drang, "den Dingen der Aussenwelt ihre Willkür und Unklarheit im Weltbilde zu nehmen, ihnen einen Notwendigkeitswert und Gesetzmässigkeitswert zu geben." Es sei der "stärkste Drang" der "Naturvölker" gewesen,
"das Objekt der Aussenwelt gleichsam aus dem Naturzusammenhang, aus
dem unendlichen Wechselspiel des Seins herauszureissen […], es seinem
absoluten Wert zu nähern", S. 18-20. – In dieser Beschreibung zeigt
sich die Nähe von Worringers Definition zum philosophischen Terminus
technicus abstractio, der von Boethius als Übersetzung des griechischen Wortes Aphairesis eingeführt wurde: Der Begriff bezeichnet hier
die "Wegnahme eines ausgewählten Teils", eine gedankliche "Ausklammerung" bestimmter Fakten und im Mittelalter auch die Operation des
Trennens, vgl. Aubenque u. a. 1971-1998, Sp. 42-43.
Für das abstrakte "Kunstwollen" unterschied Worringer zwischen einer
"absoluten" oder "reinen Abstraktion", die unter Ausschluss jeder Naturwiedergabe in der Gesetzmässigkeit der geometrischen Linien gegeben
sei, und einer relativen Abstraktion, welche die Dinge auf ein anorganisches, jener geometrischen Gesetzmässigkeit möglichst angenähertes
lineares Abstraktum reduziere, Worringer 1910, S. 1-54.
73
sowohl zu einer praktischen Umsetzung, als auch zu einer begrifflichen Weiterentwicklung.269 Dabei nahmen vor allem Wassily Kandinsky und Piet Mondrian mit den Mitgliedern der Künstlergruppe
De Stijl einen Pionierstatus ein, indem sie theoretische und
praktische Grundlagen für weitere Entwicklungen der "abstrakten"
oder "Konkreten Kunst"270 und ihrer Abgrenzung von der so genannten "Realistik", der "gegenständlichen Kunst"
271
oder der "figura-
tiven Kunst" schufen.272 Begleitet wurden diese Entwicklungen von
einer öffentlichen Auseinandersetzung für und wider die moderne
Kunst, die seit dem Beginn des Jahrhunderts andauerte, in der
Rassentheorie der Kunst im Nationalsozialismus pervertiert wurde,
und sich nach dem Krieg um so intensiver in zahlreichen Schriften
269
270
271
272
In der 1959 erschienenen Neuauflage seiner Dissertation schrieb Worringer im Vorwort: "Ja, man darf wohl sagen, dass dieser Teil der Gedankengänge sogar in dieser Zwischenzeit von Jahrzehnt zu Jahrzehnt
immer mehr an solcher aktuellen Lebendigkeit zugenommen hat. Und zwar
durch jene totale Richtungswendung, die in diesen Jahrzehnten in der
künstlerischen Praxis unserer Tage vor sich gegangen ist. Denn wenn
auch in den rein geschichtlichen Untersuchungen meiner Jugendschrift
kein Wort von moderner Kunstproblematik steht, so ist doch ein innerer, nicht nur zeitlich äusserer Zusammenhang zwischen den beiden Tatsachenkomplexen deutlich zu spüren. Unbewusst und unbeabsichtigt sind
meine Gedankengänge zu einer theoretischen Initialzündung für die
grundlegende Wendung geworden, die in der Praxis unserer Gegenwartskunst vor sich gegangen ist", Worringer 1996, S. 16. Vgl. auch Böhringer/Söntgen 2002.
Theo van Doesburg hatte 1930 versucht, den Begriff der "abstrakten
Kunst" durch den eher noch missverständlicheren der "konkreten Kunst"
zu ersetzen, Doesburg 1930. - Auch Wassily Kandinsky erklärte 1938, er
ziehe es vor, die "abstrakte Kunst" "konkrete Kunst" zu nennen, vgl.
die Aufsätze "Konkrete Kunst" (1938) und "abstrakt oder konkret?"
(1938), in: Kandinsky 1955, S. 117-221 u. 223-225.
Wassily Kandinsky hatte 1912 in seinem Aufsatz "Über die Formfrage"
zwischen den zwei Polen der "grossen Abstraktion" (dem "Reinkünstlerischen") und der "grossen Realistik" (dem "Gegenständlichen") unterschieden, Kandinsky 1973, S. 27; vgl. auch Kandinsky 1952, S. 127. –
In völlig anderer Verwendung der Begriffe erklärte Piet Mondrian 1917
in seinem Aufsatz De Nieuwe Beelding in de Schilderkunst für die Zeitschrift De Stijl die "neue Gestaltung" als "abstrakt-reale Malerei",
womit er eine "Gestaltung des Universalen" unter Ausschluss des Individuellen ("Natürlich-Konkreten") beschrieb, Mondrian 1987a, bes. S.
35-40.
In "Plastic Art and Pure Plastic Art" unterschied Mondrian 1936 "figurative" und "nicht figurative" Kunst, wobei sich die letztere aus der
ersten entwickelt habe, Mondrian 1987b – Zu den Beiträgen der "de
Stijl"-Gruppe in ihrer gleichnamigen Zeitschrift vgl. Jaffé 1967. – Zu
den verschiedenen künstlerischen Ansätzen in der Entwicklung einer wie
auch immer benannten "abstrakten" Kunst vor allem in Europa vgl. Abstraction 1980.
74
und Diskussionen fortsetzte.273 Wenn nun dennoch nach 1945 sowohl
in Europa als auch in Amerika die 'abstrakte Kunst' eine neue
Blütezeit erlebte, so deshalb, weil sie als Ausdruck von Freiheit
und Fortschrittsglaube ein identitätsstiftendes Moment bildete
und der "Idee einer Weltkultur eine gewisse Wirklichkeit" gab.274
In Europa ging die Bewegung der 'abstrakten Kunst' nach dem Krieg
vor allem von Paris und den dort im Exil tätigen Künstlern aus,275
war aber, wie die Präsentation der documenta II zeigt, entsprechend ihrem Ruf als "Weltsprache" bald omnipräsent.276
Vergleicht man die polarisierenden Stellungnahmen in diesem
als "Bilderstreit" ausgerufenen "Widerstreit der entscheidenden
Energien im Ringen um das Bild unserer Zeit"277 mit der Aussage
273
274
275
276
277
Vgl. Gohr/Gachnang 1989, bes. Belting 1989, Wollenhaupt-Schmidt 1994,
S. 125-255, und Held 1992; vgl. auch als ausführliche Dokumentation
einer der zahlreichen Diskussionen von Künstlern, Kunsthistorikern,
Kunstkennern und Vertretern anderer Wissenschaften die Publikation zum
so genannten "Darmstädter Gespräch" von 1950, Evers 1950.
Haftmann 1959, S. 14. – Peter J. Schneemann kann aufzeigen, dass im
Entwurf der Abstraktion als Weltsprache die Frage nach der nationalen
Leistung und Identität der Kunst keineswegs hinfällig wurde, Schneemann 2001, S. 9. Insofern leistete die "Abstraktion" als Erkenntnismodell, politischer 'Kampfbegriff' und künstlerische Ausdrucksform
Standortbestimmungen verschiedenster Art. – Die Entwicklung in Amerika
verlief parallel dazu und fand in Clement Greenberg ihren wichtigsten
Interpreten und Förderer. – Vgl. auch zur französischen Situation Weber-Schäfer 1997.
Vgl. dazu die wichtige Wanderausstellung Französische abstrakte Malerei von 1948 mit Stationen in Stuttgart, München, Düsseldorf, Hannover, Frankfurt a. M., Kassel, Wuppertal und Hamburg. – Vgl. auch die
1950 erfolgte Bildung eines "Atelier d'Art abstrait" in Paris, dessen
propagandistische Ankündigung in der Zeitschrift Art d'aujourd'hui "la
marche à l'abstraction" als "but essentiel" der Geschichte der Kunst
nannte, welche sich gegen "l'art figuratif tout entier" wandte, Dewasne/Pillet 1950.
Die erste documenta 1955 hatte sich noch mit einer 'Aufarbeitung' der
so genannten 'klassischen Moderne' vor dem Krieg befasst, welche dann
1959 als Grundlage für die Entwicklungen einer 'neuen' Abstraktion erkannt werden konnte. In Amerika wurde diese zunächst mit "Action Painting" und später mit dem allgemeineren Ausdruck "Abstract Expressionism" umschrieben, während man in Europa von Frankreich ausgehend entsprechende Begriffe wie "Tachisme", "Informelle Malerei" oder "lyrische Abstraktion" prägte; zu den Begriffen der amerikanischen Avantgarde vgl. Schneemann 2001, S. 8, zu den europäischen vgl. Frese/Gercke/Zuschlag 1998 und Warnke 1985.
Vgl. die einführenden Worte von Siegfried Gohr und Johannes Gachnang
im Katalog ihrer umstrittenen Ausstellung Bilderstreit - Widerspruch,
Einheit und Fragment in der Kunst seit 1960 in: Gohr/Gachnang 1989, S.
8. – Die Ausstellung präsentierte auch Gemälde von Richter und Polke.
75
Richters und Polkes in ihrer gemeinsamen Textcollage von 1966:
"[…] man darf nur das lieben, was keinen Stil hat […] denn Stil
ist Gewalttat und wir sind nicht gewalttätig und … ‚und wollen
keinen Krieg […] niemals mehr einen Krieg",278 so wird die Skepsis
deutlich, die beide Künstler, mit gewisser Ironie, einer derartig
ideologischen Vereinnahmung von Kunst entgegenbrachten.279 Entsprechend fremd war beiden die Vorstellung der "formalen Notwendigkeit" einer gesetzmässigen Entwicklung der Kunst,280 der sie
sich in der Konsequenz durch die viel beschriebene Heterogenität
ihrer Werke zu entziehen suchten. Benjamin Buchloh deutet diese
Heterogenität bei Richter als Versuch, sich mit seiner Malerei
gegen das von der "Orthodoxie der Abstraktion" verhängte 'Abbildungsverbot' zu wenden. Indem Richter die gesamte "Geschichte der
Abstraktion" einer "neuerlichen Inspektion unterwerfe", und die
Glaubwürdigkeit sämtlicher Strategien durch die Opposition ihres
jeweiligen Gegenpols in Frage stelle, führe er die "Anamnese der
Abstraktion" vor.281 Dem widerspricht Regine Prange, die in Richters Werk vielmehr eine Verdichtung und Reflexion der "Ambivalenz
der Avantgardegeschichte zwischen Abstraktion und Figuration"
sieht. Prange entzieht sich der gängigen Diagnose des "Stilpluralismus" und fordert eine synthetische Sichtweise für ein Werk, in
278
279
280
281
Polke/Richter 1993, S. 37.
Besonders Richter, der seine Ausbildung zum Künstler in Dresden unter
genau entgegengesetzten doktrinären Zwängen absolviert hatte, zeigte
ein enormes Misstrauen gegenüber jeder Form von Ideologie: "Ideologien
haben, heisst Gesetze und Richtlinien haben, heisst die umbringen, die
andere Gesetze haben. Wozu soll das gut sein?", Hülsmann 1966a. – Vgl.
auch Richters Antwort auf Benjamin Buchlohs Frage: "Also, Deine Abstraktion war eher ein Angriff auf die europäische Abstraktionsgeschichte?" GR: "Angriff gegen die Falschheit und die Gläubigkeit, wie
Abstraktion zelebriert wurde, mit verlogener Ehrfurcht – Andachtskunst, diese Quadrate, Kirchenkunstgewerbe", Buchloh 1993c, S. 131.
Auf Benjamin Buchlohs Frage: "Die Gründe [für künstlerische Entwicklungen bei Pollock und Fontana] hast Du dann immer existentiell vermittelt gesehen, nie als formale Notwendigkeit oder als nächste
Schritte in der langen Entwicklung, die vorbereitet war in den ersten
Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts oder als Überlegungen zu bildnerischen Problemen? Das ist eine Denkweise, die Dir vollkommen fremd
war?" antwortete Richter im Interview 1986: "Und fremd geblieben ist",
Buchloh 1993c, S. 124.
Benjamin Buchloh, "Pandora-Malerei: Vom Versagen der Abstraktion zur
heroischen Travestie", in: Buchloh 1993b, S. 73-78, bes. S. 76-78.
76
dem "die Alternative zwischen gegenständlicher und ungegenständlicher Kunst" gleichsam gegenstandslos scheine. Ihre These, die
sie in der Kopräsenz von 'Figuration' und 'Abstraktion' in Richters Werk begründet sieht, wird noch durch einen weiteren Faktor
bestärkt: Richter hebt die vermeintlichen Gegensätze nicht nur in
seinem Gesamtwerk auf, sondern manifestiert die Synthese bereits
innerhalb einzelner Werke, denen Prange somit eine "Scharnierfunktion" zuschreibt.282
Während Gemälde wie Tisch (Abb. 1) und Eisläuferin von 1962
oder Landschaften wie Welle, abstrakt von 1970 und Venedig von
1986 den "Bilderstreit" noch direkt thematisieren, indem sie zwei
konträre künstlerische Positionen in einem Bild gegeneinander
stellen,283 zeigen Kunst-Bezüge wie die Serie nach Tizian oder die
Bezugnahme auf Duchamps Akt, dass Richter eine Historie genauso
in ein 'abstraktes' Bild transformiert, wie ein kubistisches Gemälde in eine 'traditionelle' Akt-Darstellung. Am eindrücklichsten sind in diesem Zusammenhang jene Arbeiten, welche diese Übergänge nicht mehr als solche erkennen lassen, sondern das Bild in
der Schwebe zwischen 'Figuration' und 'Abstraktion' belassen: Eine eingehende Betrachtung der Seestücke (See-See) von 1970 (Abb.
44) offenbart, dass der Bildtyp des Seestücks, den Richter etliche Male bearbeitet, hier in eine Montage verwandelt wird, die
statt des Himmels über dem Meer eine zweite Ansicht des Meeres
quasi als Spiegelung präsentiert. Dabei erinnert die Wellenstruktur so sehr an Wolkenformationen, dass die Täuschung der Konstruktion zunächst kaum sichtbar ist. Die entsprechende Vorlage
im Atlas (Abb. 45) zeigt jedoch, dass Richter von zwei fotografischen Meeresansichten die Partie des Himmels abgeschnitten und
282
283
Prange 1994, S. 564. - Dietmar Elgers bemerkt, Richter habe "beide malerischen Methoden nicht nur im Wechsel mit einander erprobt, sondern
auch immer wieder gegeneinander ausgespielt", Elger 1998a, S. 14.
Werk-Nr. 1, 2, 246 und 606-2 u. -3. – Zu Werk-Nr. 1 vgl. Elger 1998a,
S. 14, u. Henatsch 1998, S. 57-58. – Zur "dialectical structure" im
allgemeinen vgl. Ellis 1992, S. 59.
77
die verbleibenden Teile übereinander geklebt hat.284 Was zunächst
wie das Zitat eines erhabenen Landschaftsbildes wirkt, entpuppt
sich letztlich als konstruierte Täuschung. Die Wellenstruktur ist
damit 'ungegenständliches' Muster und mimetisches Abbild der Natur zugleich. Regine Prange weist in diesem Zusammenhang darauf
hin, dass Richter sich hier auch motivisch in eine über Friedrich
und Courbet bis Mondrian reichende Bildtradition einreiht, an der
sich "die Genese der Abstraktion" vollzogen hat.285
Noch programmatischer markiert Richter diese Synthese in einigen seiner Spiegel, welche statt aus Spiegelglas aus transparenten Glasscheiben gefertigt sind, die auf der Rückseite monochrom farbig beschichtet werden (Abb. 46). Zwar bildet die Scheibe im wahrsten Sinne des Wortes in 'illusionistischer' Manier den
ihr gegenüberliegenden Raum mit dem Betrachter und im komplexesten Fall noch mit anderen Werken des Künstlers ab, rein technisch
gesehen, sieht sich der Betrachter aber mit einem monochromen Gemälde konfrontiert.286 Den gleichen Effekt kann Richter auch in
seine Gemälde übertragen: Richters Vorhang-Trompe-l'oeils von
1965 und 1967 greifen die berühmte von Plinius überlieferte Anekdote vom Wettstreit zwischen Zeuxis und Parrhasios auf: Zeuxis,
der mit seinen gemalten Trauben die Vögel täuschen und anlocken
konnte, wurde von Parrhasios überlistet, dessen Gemälde nichts
284
285
286
Entscheidend ist dabei der Hinweis von Jürgen Harten, Richter sei es
nie um eine "gestaltende" Verfremdung gegangen. Der Eingriff entspringe vielmehr der Hoffnung, "dass dem Abbild oder dem Nicht-Bild noch
ein anderes 'Bild' zu entlocken sei, Harten 1986b, S. 42.
Prange 1994, S. 572. – Vgl. in diesem Zusammenhang auch die zur gleichen Zeit entstandenen 'Seestücke' von Roy Lichtenstein, in denen er
eben diese Tradition aufgreift und die Landschaftsmalerei in stark
simplifizierte Rasterdarstellungen oder Montagen verschiedener Materialien transponiert, die zugleich als 'abstrakte Formen' wirken (z.B.
Ohne Titel, 1965, Öl auf Leinwand, 48'' x 68'', Coll. Victor Langen,
und Electric Seascape #1, 1967, Collage: Rowlux und Papier, 55,9 x
71,1 cm, New York, Solomon R. Guggenheim Museum); vgl. Waldman 1993,
S. 131-137.
In ähnlicher Weise konnte Jasper Johns 1955 in Werken wie White Flag
oder Green Target in der Doppelung von monochromen Gemälden und weltlichen Motiven zwei Gegensätze miteinander vereinen. Johns lieferte
dabei allerdings auch einen ironischen Kommentar auf Barnett Newmans
Ausrufung eines 'subject matter' in seinen Werken, vgl. Rosenthal
1996, S. 160-161; vgl. auch Varnedoe 1997a, S. 13, und Varnedoe 1997b,
S. 144-145, Nr. 12 u. 13.
78
weiter darstellte als einen Vorhang. Zeuxis verlangte, man solle
den Vorhang vom Bild nehmen, damit er es begutachten könne, musste feststellen, dass er selbst getäuscht wurde und gab sich geschlagen.287 Seither ist der Vorhang Inbegriff des Trompe-l'oeil,
indem er durch seine täuschende Illusion mit der Grenze zwischen
dem Betrachter und dem Raum der gemalten Fiktion spielt, und diese zugleich betont.288 Bei Richter nun ist das Gemälde auf diese
Grenze beschränkt, da der Vorhang ebenso wenig wie bei Parrhasios
eine gemalte Fiktion verdeckt. Dargestellt in höchster Mimesis
erscheinen seine Falten jedoch zugleich als 'abstrakte' Form, die
auf nichts referiert und nichts bedeutet. Diesen Eindruck verstärkt Richter in einigen Varianten, indem er den unteren Abschluss des Stoffes aus dem Bild verbannt (Abb. 47), so dass lediglich die mehr oder weniger regelmässigen vertikalen Streifen
des Faltenwurfs sichtbar bleiben. Dadurch erreicht er ein Changieren zwischen 'illusionistischer' Darstellung und 'abstrakter'
Struktur, in dem die Gegensätze aufgehoben werden.289 Gerade in
dieser Nähe abstrakter Formen zur illusionistischen Darstellung
scheint sich zudem ein Seitenhieb auf die visuellen Effekte der
'Op-Art' zu verbergen, an deren Formen die Vorhangfalten erinnern.
Sigmar Polke geht in seiner Thematisierung des "Bilderstreits" grundsätzlich anders vor. Was Richter als Übergang markiert, wird bei Polke in einer an Picabia und Rauschenberg erinnernden 'Schichtung' der Bildelemente übereinander geblendet. Im
Gemälde Blauer Boucher von 1994 (Abb. 48) ist die Leinwand von
287
288
289
Plinius 1978, S. 54—55.
Wie dieses Bildmittel vor allem in den niederländischen Stillleben des
17. Jahrhunderts eingesetzt wurde, zeigt Victor Stoichita, vgl. Stoichita 1993, bes. Kapitel III.4, S. 69-78, und Kapitel VIII.6, S. 267287.
Vgl. Butin 1997, S. 299. – Stephen Ellis erörtert, Richter habe (wie
auch Cy Twombly) die strenge Unterscheidung zwischen "Abstraction as
image and image as abstraction" "niedergerissen", Ellis 1992, S. 59.
Dies belegt Ellis zwar nicht an einzelnen Bildern, beobachtet aber
diese Abwendung von einer "single imperative direction" wie sie "for
the moderns" noch gegolten hatte, grundsätzlich in der "Gegenwartskunst".
79
scheinbar unkontrollierten Pinselstrichen in bläulichen Farbtönen
bedeckt, die an 'informelle' Malerei denken lassen. Darüber setzt
Polke eine sehr grob gerasterte schwarze Darstellung einer Reproduktion von François Bouchers Léda et le cygne von 1742.290 Als
wolle er aber gerade den genüsslichen Blick auf die von Boucher
übernommene verführerische Szene zweier Frauen mit dem Schwan erschweren, lässt er sie in der starken Rasterung fast verschwinden. In Kombination mit den wirren Pinselstrichen ergeben die
Punkte so ein neues, 'ungegenständliches' Motiv.291 Auf diese Weise sind 'Abstraktion' und 'Figuration' nicht als krasse Gegensätze gegeneinander gestellt wie in einigen bereits erwähnten Bildern Richters, vielmehr verschmelzen beide Ausdrucksformen in ihrer 'Überblendung' zu einer neuen Einheit, an der sie gleichen
Anteil haben. In Gemälden wie So sitzen Sie richtig (nach Goya)
von 1982 (Abb. 49) produzieren derartige 'Schichtungen' eine sehr
viel absurdere Wirkung: Über einen Dekorationsstoff mit Hundemotiv, das in seiner repetitiven Struktur bereits zwischen figürlicher und ornamentaler Darstellung schwankt, setzt Polke in flächiger Übermalung graue, weisse, blaue und gelbe Farbfelder, die
in der linken Bildhälfte ein Rechteckmuster in Anlehnung an die
Tradition der 'Konkreten' Malerei bilden. Über diese Farbfelder
zeichnet er mit feinen Pinselstrichen grafische Motive sowohl aus
Goyas 26. Capricho: Sie haben schon ihren Platz, als auch aus Max
290
291
François Boucher, Léda et le cygne, 1742, Öl auf Leinwand, 60 x 74 cm,
Stuttgart, Nationalmuseum, vgl. Ananoff 1976, Bd. 1, S. 335, Kat.-Nr.
222.
Dass die Rasterdarstellung sich auch ohne Kombination mit gestischen
Pinselstrichen einer 'abstrakten' Darstellung annähern kann, zeigen
Rasterbilder wie Menschenmenge von 1969 (Dispersion auf Leinwand, 180
x 195 cm, Kunstmuseum Bonn) oder Der Herzog und die Herzogin von Windsor (1965, Acryl auf Leinwand, 35 x 42,5 cm, Helen van der Meij). Die
Kopie einer stark gerasterten Vorlage lässt zwar aus der Entfernung
ein Motiv erkennen, gleichzeitig können die Punkte aber als schwarzweisse Flecken einer 'Allover'-Struktur gelesen werden. In diesem Fall
gelingt es Polke ebenso wie Richter, sein Bild in der Schwebe zwischen
zwei scheinbar gegensätzlichen Ausdrucksformen zu gestalten. - Zur
Mikrostruktur des "Allover von Punktereihen" im allgemeinen, vgl.
Hentschel 1991, S. 139-140. Interessant ist in diesem Zusammenhang
auch Hentschels Feststellung, dass bei Polke die ornamentale Struktur
des Punktrasters bildgenetisch seiner mimetischen Funktion vorausgehe,
vgl. Hentschel 1991, S. 152-153.
80
Ernsts 1934 erschienenem Roman Semaine de bonté.292 Die Figuren
aus beiden Vorlagen überschneiden einander in unterschiedlichen
Proportionen und ohne ersichtlichen narrativen Zusammenhang.
Nicht nur der absurde Titel als wörtliche 'Verdrehung der Tatsachen' und die groteske Motivkombination erschweren das Lesen des
Bildes, auch das 'Verschmelzen' der verschiedenen Bildebenen
lässt die einzelnen Elemente beliebig erscheinen. Gestische Pinselstriche, geometrische Formen, kopierte Motive und der bedruckte Dekorationsstoff werden zu einem neuen Ganzen vereint, in dem
es keine Hierarchie der einen oder anderen Ausdrucksform gibt.293
Dass Polke diese 'Überlagerungen' auch für satirische Zwecke
verwendete, zeigt die Arbeit Dr. Berlin von 1969-74 (Abb. 50).
Auf eine Variante des besprochenen Gemäldes Konstruktivismus
setzte Polke 1974 mit Dispersionsfarbe, Lack und Spray gelbe Wellenlinien und darüber in Blau und Rot eine Clown-artige Fratze
mit einem Telefonhörer am Ohr. Die Hörmuschel ist in nervenähnlichen Strängen mit aufgesprühten und gemalten Punkten und Blasen
verbunden, welche zum Teil wiederum in Noten und grinsende Gesichter verwandelt sind, die auf groteske Weise mit Nase, Mund
und Augen verschmelzen.294 Es ist nicht mehr nachvollziehbar, ob
Polke hier auf ein aktuelles, möglicherweise medienhistorisches
oder politisches Ereignis anspielte. Aufgrund der Kombination mit
dem angeschnittenen Hakenkreuz auf dem ursprünglichen Gemälde,
ist jedoch anzunehmen, dass die aufgemalte Fratze sich zum darunter liegenden Bild nicht beliebig verhält. Auch die Suche nach
292
293
294
Vgl. Wix 1991, S. 102-103.
Polkes Vorliebe für groteske Kombinationen von Bildmotiven spiegelt
sich auch in den bevorzugten Vorlagen aus der Druckgrafik. Die phantastischen, oft jenseits von Logik oder Rationalität angesiedelten
Grafiken Grandvilles, Goyas oder Max Ernsts schienen Polke offenbar
besonders geeignet für seine im wahrsten Sinne des Wortes 'vielschichtigen' Überlagerungen; zu Polkes Bezugnahme auf Grandville vgl. Garrels 1991 u. Haxthausen 2000, zu den Arbeiten mit Zitaten nach Ernst
vgl. Wix 1991. – Charles W. Haxthausen stellt in diesem Zusammenhang
die Behauptung auf, Polke verwende ältere Kunstwerke fast ausschliesslich in Form von Druckgrafik, während er mit Ausnahme Bouchers keine
Gemälde zitiere, vgl. Haxthausen 1997, S. 195. Die vorausgehenden Kapitel dürften diese Aussage widerlegt haben.
Die 'Blasen' könnten aus dem geöffneten Mund austretend als sprichwörtliche "Luftblasen" oder als "Schaum vor dem Mund" gesehen werden.
81
einer Erklärung im Titel muss scheitern, da dieser erst anlässlich der Ausstellung 1997 in Bonn entstand.295 Immerhin offenbart
dieser Titel aber eine Parallele zum Gemälde Dr. Bonn von 1978,
mit dem Polke einen politischen Kommentar zum mysteriösen Tod der
Terroristen Baader, Ensslin und Raspe abgegeben hatte, was wiederum auf eine provokativen Aussage von Dr. Berlin verweist.296
Eine klare Anspielung oder Aussage ist jedoch nicht lesbar. In
dieser Überblendung verschmelzen die verschiedenen Ausdrucksformen keineswegs zu einem neuen Motiv, lassen die aufgesprühten Motive doch eher an ikonoklastische Attacken auf ein Kunstwerk oder
an Graffiti-Kunst denken. Polke nutzt hier die eigenen Setzung,
um sie in verschiedenen Arbeitsphasen in neue Zusammenhänge zu
überführen und damit eine eigene Sequenz fortzuführen.
Mark Rosenthal präsentierte in seinen Ausstellungen Abstraction in the Twentieth Century und Critiques of Pure Abstraction
von 1995 und 1996 auch Werke von Gerhard Richter und Sigmar Polke.297 Beide wurden mit Künstlern in Zusammenhang gebracht, die
Mitte der sechziger Jahre die grundlegenden Voraussetzungen der
Abstraktion, sowie Schlüsselbegriffe ihrer ideologischen 'Befrachtung' wie "Reinheit der Form" oder "Universalität" in Frage
stellten. Diese Bewegung eines kritischen "Dialogs" mit der "Abstraktion" sieht Rosenthal bei Robert Rauschenberg und Jasper
Johns eingeleitet, welche sowohl die "Attacke" der Pop Art als
auch die der Konzeptkunst vorbereiten.298 In Rosenthals Katalogtexten figuriert Polke als europäisches Beispiel für parodistische Angriffe auf die Strategien der "Abstrakten Kunst". Richters
Methode, die 'Abstraktion' als einen "Stil" unter vielen zu behandeln, wird als "vorsichtige" Dekonstruktion der Abstraktion
295
296
297
298
Martin Hentschel berichtete in einem Telefongespräch mit der Verfasserin vom 15. März 2001, der Titel sei assoziativ während des Aufbaus
der Ausstellung 1997 in Bonn in Anlehnung an ein privates Gespräch
entstanden; vgl. zur Ausstellung Polke 1997.
Vgl. Hentschel 1997, S. 79-80.
Rosenthal 1995 und Rosenthal 1996, bes. S. 225-236.
Rosenthal 1995, S. 9-10 und Rosenthal 1996, S. 225-226. – Dabei betont
Rosenthal, dass die 'Abstraktion' seit ihrer Entstehung bereits hinterfragt und attackiert wurde, Rosenthal 1995, S. 10.
82
gedeutet, wenngleich Rosenthal diese Aussage später aufgrund der
fehlenden Ironie zugunsten einer tendenziellen "Kritik" relativiert.299 Auch Anja Thomas-Netik hatte in ihrer Dissertation 1986
bereits eine "Kritik" Richters am 'Informel' behauptet und dies was zunächst erstaunlich erscheinen mag – gerade an den 'abstrakten Werken' Richters verdeutlicht. Die wichtige Feststellung,
dass seine "sich tachistisch gebenden Bilder" tatsächlich mimetische Nachbildungen von kleinen Skizzen sind, von denen fotografische Reproduktionen auf die Leinwand projiziert und abgemalt werden,300 führte sie zu verschiedenen Deutungsansätzen, die von einem postulierten "Primat des Illusionismus" bis zur "Ironisierung
des Informel als 'hohle Geste'" reichten. Wirklich überzeugend
ist dabei lediglich die Feststellung, Richter wende sich gegen
den "Ausschliesslichkeitsanspruch jedweder Stilrichtung".301 Dies
gelingt ihm nicht nur durch eine Entwertung der für die Kunst des
20. Jahrhunderts so zentralen Dialektik von "Abstraktion und Realistik",302 sondern auch in der absichtlichen Vermeidung eines
Personalstils sowie einer 'persönlichen Handschrift'.
2. Künstlerische Handschrift
1967 erschien in der Zeitschrift Das Kunstwerk ein Artikel "Mechanische Malerei", in dem der Kunstkritiker Pierre Restany die
Beziehung von Fotografie und Malerei und den Einzug technischer
Reproduktionsverfahren in die Malerei untersuchte. Richter und
299
300
301
302
Rosenthal 1995, S. 14, und Rosenthal 1996, S. 226-232.
Als Beispiele können die Werk-Nr. 432-7 und 439 oder 432-9 und 446
dienen; zu Richters Vorgehen bei den "weichen Abstrakten" vgl. auch
Harten 1986b, S. 55 und Benjamin Buchloh, "Richters Faktur: Zwischen
Synekdoche und Spektakel", in: Buchloh 1993b, S. 59-65, hier S. 62-63.
– Ulf Erdmann Ziegler deutet die "Täuschung" des "Informel" gar als
"Verhöhnung" der "Meisterschaft", was wohl zu weit geht und die übliche Methode der Bildherstellung Richters durch Vergrösserung ausser
Acht lässt, Erdmann Ziegler 1991.
Thomas-Netik 1986, S. 147-155. – Thorsten Scheer schliesst sich der
Meinung Thomas-Netiks an und folgert, Richter nutze das Medium selbst
zu seiner Kritik und reaktiviere es als kritisches Potential, indem
Tradition und Moderne in ihm als produktiv konkurrierend erscheinen,
Scheer 1992, S. 159.
Butin 1999, S. 125.
83
Polke, die nur mit je einem Satz bedacht wurden, erschienen unter
dem Kapitel "mec-art" in Europa, in dem es um "mechanische Malerei" ging. Während Restany für Künstler wie Bertini, Pol Bury und
Serge Béguier noch erläuterte, dass sie die Fotografie nur als
Hilfsmittel gebrauchten, um Bilder herzustellen, erwähnte er mit
keinem Satz, dass Richter und Polke eben keine "mechanische Malerei" betrieben, sondern "mechanische" Medien wie Fotografie und
Druckreproduktion nur malerisch imitierten.303 Entsprechend ist
seine Schlussfolgerung, derartige Werke klammerten alle malerischen Elemente aus und "könnten mit Leichtigkeit in grossen Mengen hergestellt werden", in Bezug auf Richter und Polke falsch.
Die Art und Weise, in welcher die beiden Künstler den hier
angesprochenen Diskurs aufgegriffen hatten, wurde von Restany offenbar gar nicht verstanden: 1957 hatte Robert Rauschenberg das
Bilderpaar Factum I und Factum II (Abb. 51+52) gemalt, zwei zum
Verwechseln ähnliche Arbeiten mit collagierten Elementen und
praktisch identischen Zeichenspuren. Robert Rosenblum bemerkte
ein Jahr später über die Ausstellung der Bilder in der Castelli
Gallery: "Factum I for example, is a seemingly random assemblage
[…] united by equally random paint daubs […] But when one discovers its twin, Factum II, […] one is forced to admit that the same
combination of impulse and discipline that produces more conventional pictures is also operating here."304 Dieser Kommentar Rauschenbergs zur malerischen Geste und der Möglichkeit des Künstlers, Spontaneität und Improvisation vorzutäuschen, richtete sich
in didaktisch konzeptueller Weise an die Maler der 'New York
School'. Deren Vorstellung, den Spuren künstlerischer Handschrift
wohne eine Inspiration inne und ihr damit verbundener Glaube an
eine 'reine' Geste als spontaner Ausdruck der Künstler-Seele,
wurde durch Rauschenbergs eindrückliche Illustration der Proble-
303
304
Zudem verwechselte er beide Künstler noch, indem er behauptete, Polke
habe sich der "systematischen Analyse von Fotos gewidmet, die er anhand von Bildern aus Familienalben durchführe, Restany 1967, S. 19.
Rosenblum 1958, S. 61.
84
matik entlarvt.305 Als "proto-Pop"-Künstler306 führte er damit die
in der Pop Art gegen den Kult der malerischen Geste eingesetzten
Reproduktionsverfahren ein, die, wie auch Restany feststellt, zu
einer "vollständigen Objektivation" des Bildes führen sollten.307
Die Ablehnung der Tradition einer künstlerischen Handschrift als
eigentümliche Besonderheit des Künstlers gipfelte in Andy Warhols
provokanter Äusserung: "The reason I'm painting this way is that
I want to be a maschine […]"308 und der Tatsache, dass er 1962
sein Atelier in eine "Factory" umfunktionierte.309 Eine entsprechende Haltung drückte sich in Roy Lichtensteins Verwendung der
Benday-Rasterpunkte aus, die er in den meisten seiner Bilder imitierte. In seinen verschiedenen Varianten der monumentalen
Brushstrokes in Form von Comicstrips nahm auch Lichtstein direkt
Bezug auf die transzendentale Überhöhung des Pinselstrichs bei
den Abstrakten Expressionisten (Abb. 53).310 Indem er den "spontanen" Prozess der Bildherstellung (von Harold Rosenberg als "action" oder "event" bezeichnet) von seinem Endprodukt (dem "record") trennte, relativierte er das Mysterium des künstlerischen
Schöpfungsaktes.311 Zudem sah Lichtenstein seine Brushstrokes noch
305
306
307
308
309
310
311
Vgl. Schimmel 1993, S. 30. – Vgl. in diesem Zusammenhang auch Jean
Tinguelys Zeichenmaschinen, von denen die erste 1955 entstand, und die
Metamatics von 1959 als europäisches Beispiel für ein parodistisches
Gegenstück zur Vorstellung einer individuellen Geste, vgl. Tinguely
1982, S. 47-48, Nr. 51-53, und S. 93-102, Nr. 113-124.
Schimmel 1993, S. 22.
Restany 1967, S. 4. – Die Kontroverse zwischen den zwei oppositionellen Dimensionen einer mechanischen und einer organischen Seite malerischer Produktion zieht sich jedoch bereits durch die gesamte Geschichte der 'modernen Malerei'. Einerseits feierte man die "Pinselführung
als Geste symbolischer Befreiung unbewusster Kräfte" und den "Pinselstrich als unmittelbares Werkzeug und Aufzeichnung von Expressivität",
andererseits wurde diese Position "in zyklischem Wechsel mit der gleichen leidenschaftlichen Überzeugung von den Gegnern als Verrat und
Verfälschung der Mittel und Aufgaben der modernen Malerei verdammt",
Benjamin Buchloh, "Richters Faktur: Zwischen Synekdoche und Spektakel", in: Buchloh 1993b, S. 59-65, hier S. 59.
Zitat Warhols in: Swenson 1963, S. 26.
Vgl. Celant 1998.
Vgl. Lichtensteins Äusserungen dazu in: Coplans 1967a, S. 15/ Coplans
1967b, S. 36.
Waldman 1993, S. 151. - Die 'Handschrift des Künstlers' wird in Bezug
auf die Malerei mit den "Spuren, die der technische Prozess des Malens
mit Pinsel, Hand oder Spachtel hinterlässt" umschrieben, vgl. "Hand-
85
in einem grösseren Zusammenhang der malerischen Tradition seit
der Renaissance,312 deren grundlegendes Darstellungselement er isolierte und zum Inhalt des Bildes erhob.
Gerhard Richter griff unter direkter Bezugnahme auf Lichtenstein fünf Jahre später den Diskurs anhand seiner Ausschnitte
auf. Sowohl die verschiedenen Varianten der Ausschnitte in den
Jahren 1970 und 1971, als auch die Gemälde, Rot, Gelb (Abb. 54)
und Blau von 1973 zeigen ins Monumentale vergrösserte Pinselstriche, wobei die Spuren der einzelnen Pinselhaare wie bei Lichtenstein zu breiten Bahnen aufgebläht und farbig aufgefüllt werden.
Da Richter den Pinselstrich aber nicht vor einem einheitlichen
Hintergrund isolierte, sondern tatsächlich "Ausschnitte" von Pinselspuren zeigte, wirken seine Gemälde eher wie überdimensionierte mikroskopische Aufnahmen. Das Verfahren beider Künstler ist
indes das gleiche: Während Lichtenstein Acetatfilme bemalte, diese dann auf die Leinwand projizierte und die abgebildeten Strukturen nachmalte,313 übertrug Richter fotografische Aufnahmen eines
monochromen Pinselstrichs mit der gleichen Methode auf grosse
Leinwände.314 Unter der Akribie des imitatorischen Vorgangs verschwindet so jede Spontaneität; die individuelle Geste erstarrt
zur Formel. Was bei Richter aber die fotorealistisch nachgemalten
Vergrösserungen der Mikrostruktur von Farbfluss oder Farbkruste
sind, ist bei Lichtenstein deren ornamentale Umdeutung zum Cartoon, in dem jede handwerkliche Machart verneint wird.315 Hierin
liegt nun gerade der entscheidende Unterschied, den Pierre Restany übersah: Richter arbeitet zwar mit einem mechanischen Verfahren der Übertragung, stellt jedoch dann mit grossem analytischen
312
313
314
315
schrift", in: Lexikon der Kunst, Westberlin: Verlag Das Europäische
Buch, 1983, Bd. 2, S. 201. Eben diese Unmittelbarkeit des Ausdrucks
wurde bei den Pop Artisten umgangen.
Äusserung im Gespräch mit Diane Waldman im August 1992, Waldman 1993,
S. 151.
Vgl. Hentschel 1991, S. 319-320, und Waldman 1993, S. 370.
Vgl. Harten 1986b, S. 42. – Jürgen Harten sieht die Ausschnitte daher
als "Vermittler" zwischen den Fotobildern und den "fotografisch vermittelten 'weichen Abstrakten'".
Vgl. Prange 1994, S. 574.
86
Aufwand die Illusion von Malerei her, in der das Handwerk geradezu vorgeführt wird.316
Noch deutlicher wird dies in den zwei architekturalen Wandbildern Strich (auf Blau) und Strich (auf Rot)(Abb. 55), die
Richter 1979 und 1980 für die Börde-Schule in Soest malte. Mittels zahlreicher fotografischer Detailaufnahmen wurden die beiden
Pinselstriche minuziös rekonstruiert und auf Leinwände von 190 x
2000 cm Grösse übertragen. Indem die Gemälde den einzelnen Pinselstrich zum Motiv erheben und vor einem einheitlichen Hintergrund isolieren, kommen sie Lichtensteins Brushstrokes näher als
die Ausschnitte, offenbaren aber zugleich ihre Differenz noch
deutlicher. Die 'illusionistische' Malweise erzeugt den Anschein,
Richter habe einen einzigen grossen Pinselstrich auf ein monochromes Gemälde gesetzt.317 Zudem erweist sich die pastos scheinende Bildoberfläche aus der Nähe ebenfalls als Täuschung, sind
doch Schatten und Farbaufwürfe nur malerisch imitiert.318 Damit
halten Richters Striche sich in der Schwebe zwischen der ornamentalisierten Geste Lichtensteins, Rauschenbergs Demonstration von
"mechanischer" Bildherstellung in seinem ebenfalls grossformati-
316
317
318
Benjamin Buchloh erklärt den "Prozess der Vermittlung eines ursprünglichen, direkten und organischen malerischen Tuns […] durch verschiedene Stufen und Praktiken der mechanischen Konstruktion eines Bildzeichens" zum "offensichtlichen Thema von Richters Abstrakten Bildern",
Benjamin Buchloh, "Richters Faktur: Zwischen Synekdoche und Spektakel", in: Buchloh 1993b, S. 59-65, hier S. 62. - Insofern verhalten
sich die 'abstrakten Werke' Richters analog zu seinen Fotomalereien,
die ebenfalls den "Anschein einer organischen Prozessualität des Malens nur vortäuschen", Stöhr 1994, S. 102.
In kleinformatigen Reproduktionen wird diese Illusion noch verstärkt.
Vgl. Scheer 1992, S. 157. - Dabei muss allerdings bedacht werden, dass
die Bilder für eine aussergewöhnlich hohe Platzierung im Raum konzipiert waren, so dass sich ihre Grösse vom Betrachterstandpunkt aus relativierte. – Mit einer ähnlichen aber noch provokativeren 'List' arbeitete 1979 die Künstlergruppe Art & Language, als sie im Portraits
of V. I. Lenin with Cap, in style of Jackson Pollock I zwei sich gegenseitig ausschliessende Paradigmen verband. Während das Bild aus der
Nähe in der ungesteuerten Tropftechnik Pollocks ausgeführt zu sein
scheint und somit ein informelles Gemälde bildet, lässt sich aus der
Entfernung darin, wie in einem Vexierbild, ein Porträt Lenins als Anspielung auf den 'sozialistischen Realismus' entdecken, vgl. Harrison
1991, S. 129-149.
87
gen Automobile Tire Print von 1953319 und der spirituell befrachteten Präsentation von Farbe in Yves Kleins monumentalen Wandbildern für das Foyer des Theaters in Gelsenkirchen von 1958/59.320
Eben diese Vermengung verschiedener Paradigmen, konnte in
sehr viel kleinerem Rahmen auch Sigmar Polke 1967 und 1968 in
seinen Streifenbildern (Abb. 56) erzeugen. In Analogie zu Lichtenstein setzte Polke einzelne Pinselstriche vor einen gleichförmigen Hintergrund, wobei die scheinbar unkünstlerisch aufgetragenen Farbbahnen den Eindruck einer "eingefrorenen" Gestik hinterlassen.321 Polkes Streifen sind jedoch keine monumentalisierten
Imitationen von Pinselstrichen, sondern tatsächliche Spuren der
Hand des Künstlers. Im Kontrast mit dem 'glatten' Farbfond sieht
Martin Hentschel die Überlagerung zweier gegenläufiger Paradigmen: einer an der individuellen Gestik orientierten Malerei und
einer "unpersönlichen Malerei, die auf jede Gestik verzichtet".
Damit greife Polke den von Clement Greenberg beschriebenen Paradigmenwechsel vom "painterly" zum "non-painterly" auf, wobei jedoch beide Paradigmen unerfüllt bleiben.322
Ähnlich komplex ist Polkes Verwendung des Rasters, mit dem er
zwar auch die Rasterbilder Warhols und Lichtensteins aufgriff,323
zugleich jedoch durch eine andere Herstellungstechnik eine divergierende Haltung demonstrierte. In einem Interview mit Dieter
319
320
321
322
323
Robert Rauschenberg, Automobile Tire Print, 1953, Malerfarbe auf zwanzig Papierblättern, auf Stoff aufgezogen, 41,9 x 671,8 cm, Besitz des
Künstlers. – Das Werk entstand bei einer perfomance-artigen Aktion in
Zusammenarbeit mit John Cage: Cage fuhr dabei sehr langsam mit dem Auto, während Rauschenberg schwarze Malerfarbe auf einen Hinterreifen
auftrug. Dieser rollte dann über einen etwa 6,70m langen Papierstreifen aus zwanzig Einzelblättern, vgl. Fine 1998, S. 378, und Young
1998, S. 554; vgl. auch Adriani 1980, S. 58-59.
Vgl. Stich 1994, S. 107-129 und Szeemann 1999, S. 151.
Hentschel 1991, S. 319.
Hentschel 1991, S. 319; vgl. auch Greenberg 1997d.
Andy Warhol und Roy Lichtenstein integrierten bereits seit 1961 das
Raster in ihre Bilder, Warhol in Form von Serigrafien und Lichtenstein
als "formale Versatzstücke" im Pochoir-Verfahren, vgl. Buchloh 1976,
S. 141; zu Lichtenstein vgl. auch Waldman 1993, S. 21-42. - Martin
Hentschel weist darauf hin, dass auch Polkes Lehrer an der Kunstakademie Düsseldorf, Karl-Otto Götz zwischen 1959 und 1961 eine Reihe von
Rasterbildern produziert habe, Hentschel 1991, S. 118-119 u. 121-125.
88
Hülsmann bemerkte Polke 1966: "Sehen Sie, die Notwendigkeit für
mich Rasterbilder zu machen, rührt von einer meiner Eigenschaften
her, nämlich von meiner Liebe zum rein Technischen, zum Unpersönlichen".324 Damit schien er grundsätzlich einig zu sein mit Lichtensteins Äusserung: "I want my painting to look as if it has
been programmed. I want to hide the record of my hand".325 Während
aber Lichtenstein und Warhol durch Pochoir- und Siebdruckverfahren bei der Herstellung der Rasterpunkte die Tätigkeit der Hand
weitgehend "mechanisierten",326 übertrug Polke zunächst jeden
Punkt des Motivs einzeln auf die Leinwand. Mit dem RadiergummiEnde eines Bleistifts stempelte er die der Vorlage entsprechende
Anzahl Punkte freihändig auf den Bildgrund.327 Erst später beschleunigte er das Verfahren, indem er einerseits die Vorlage direkt auf die Leinwand projizierte und andererseits zum PochoirVerfahren überging, wobei er die Struktur aber nach wie vor mit
dem Pinsel überarbeitete.328 Als habe er die Praxis Lichtensteins
und Warhols völlig missverstanden, erhob er das Reproduktionsverfahren somit selbst zum Motiv der Darstellung.329 Lichtenstein
verwendete die Benday-Punkte hingegen als ornamentale Textur, mit
324
325
326
327
328
329
Hülsmann 1966b.
Coplans 1967a, S. 12/Coplans 1967b, S. 34.
Andy Warhols Rasterdarstellungen wurden auf fotomechanischem Weg übertragen, wobei die Punkte wie beim Zeitungsbild im Dienst des Motivs
stehen und aus der Entfernung kaum erkennbar sind (z.B. in der Serie
Thirteen Most Wanted Men von 1963). Lichtenstein begann 1961 die Übertragung der Benday-Punkte mit Hilfe einer handgefertigten MetallLochscheibe, durch die die aufgerollte Farbe mit einer Scheuerbürste
in die Leinwand gerieben wurde. 1963 ersetzte er die Lochscheibe durch
ein Fabrikerzeugnis und stellte einen Assistenten an, der ihm die Arbeit der Übertragung grösstenteils abnahm. Ein Jahr später arbeitete
er mit Lochscheiben aus Papier, die er speziell für sich anfertigte,
vgl. Waldman 1993, S. 369-370.
Vgl. Hofmeister 1995, S. 64, Hentschel 1997, S. 51, und Zbikowski
2000, S. 119. – Die Punktzahl der Vorlage zählte Polke dabei mit der
Lupe ab, vgl. Hofmeister 1995, S. 65.
Dabei verwendete er ein Lochblech und sprühte die Farbe mit einer
Spritzpistole auf. Da er das Raster anschliessend mit einem Pinsel
nachmalte, spricht Sabine Hofmeister von "Rasterpinselzeichnungen",
Hofmeister 1995, S. 64.
Im Hinblick auf den erforderlichen Aufwand werden diese Arbeiten Polkes von Buchloh und Haxthausen mit der Technik des Neoimpressionismus
Georges Seurats verglichen, Buchloh 1976, S. 140, u. Haxthausen 1997,
S. 191.
89
der er die Flächen innerhalb gemalter Konturlinien füllte, und
thematisierte so vor allem die "gebrauchsgrafischen" Modalitäten
der Rasterdarstellung.330 Dabei erreichten seine Darstellungen eine Regelmässigkeit und technische Exaktheit, welche in Polkes manuellem Verfahren gerade unterlaufen wird. Wie die bereits angesprochenen Stillleben Tisch von 1963 und Vase II von 1965 zeigen,
setzte Polke sogar absichtlich Flecken als scheinbare 'Druckfehler' ein oder liess zufällige Unregelmässigkeiten als solche stehen.331 So präsentierte er nicht nur handwerkliche Interventionen
in einem mechanisch hergestellten Muster, sondern setzte vor allem ein Zeichen des Einmaligen in einem Prozess der standardisierten Wiederholung.332
Bezüglich dem Diskurs der künstlerischen Handschrift zeigen
sowohl Polke als auch Richter eine ambivalente Haltung: In ihrem
Katalogtext von 1966 betonten sie: "Bilder müssen nach Rezept
hergestellt werden. Das Machen muss ohne innere Beteiligung geschehen, so wie Steine klopfen oder Fassaden streichen. Das Machen ist kein künstlerischer Akt."333 Einerseits wird entsprechend
eine persönliche malerische Geste demonstrativ umgangen und der
Ausweg in 'mechanischen' Verfahren der Bildherstellung gesucht,
andererseits führen beide Künstler immer wieder den handwerklichen Aspekt ihrer Arbeiten vor Augen. Ähnlich wie im Bezug auf
die Dialektik von 'Abstraktion' und 'Figuration' erscheinen ihre
Werke doppeldeutig, indem sie scheinbar unvereinbare Positionen
in sich vereinen.
330
331
332
333
Erst in der Serie der Rouen Cathedral von 1969 verwendete Lichtenstein
das Raster in seiner drucktechnischen Funktion, wo es direkt Anteil an
der Hervorbringung von gegenständlichen Formen hatte, vgl. Waldman
1993, S. 146.
Vase II demonstriert zudem beispielhaft, wie das Raster auch bei Polke
ornamentale Qualitäten annimmt, was hier durch die Unterlage eines gepunkteten Dekorationsstoffes betont wird. Martin Hentschel sieht in
dem daraus entstehenden Übergang zwischen Ornament und Abbild das Raster gleichsam als produktives Mittel der Malerei ausgewiesen, vgl.
Hentschel 1991, S. 152-158. – Zu den "Druckfehlern" und Sprühnebeln
bei nicht richtig aufliegender Schablone vgl. Hofmeister 1995, S. 6465.
Vgl. Haxthausen 1997, S. 191.
Polke/Richter 1993, S. 43.
90
3. Geniebegriff
Ein Bericht Gerhard Richters über ein unverwirklichtes Projekt
der Künstlerfreunde Richter, Polke und Lueg in den sechziger Jahren rückt die von ihnen gepriesene 'Liebe zum Unpersönlichen' in
einen bisher unbeachteten Zusammenhang. In einem Interview mit
Hans-Ulrich Obrist schilderte Richter 1993 das starke Interesse
der Gruppe an der Pop Art und an Happenings wie der "Demonstration des Kapitalistischen Realismus" und kommentierte: "Das ist
das, was uns damals am meisten fasziniert hat; zum Beispiel waren
wir einmal sehr besessen von der Idee, eine Ausstellung mit Lichtenstein-Bildern zu machen, die wir selber herstellen wollten.
Aber das war uns dann doch zuviel Arbeit."334 Pierre Restanys in
Bezug auf Richter und Polke relativierte Behauptung, "mechanische" Bilder liessen sich "mit Leichtigkeit in grossen Mengen"
herstellen, erhält in diesem Kontext noch eine ganz andere Dimension: Eine demonstrative Ausstellung deutscher 'LichtensteinFakes'335 hätte jede traditionelle Vorstellung von Originalität
und künstlerischem Schöpfertum satirisch unterlaufen und damit
dem Selbstverständnis jener Künstlergeneration, die die Kunst der
fünfziger Jahre vornehmlich bestimmt hatte, klar widersprochen.
1947 hatte Willi Baumeister in seiner Schrift Das Unbekannte
in der Kunst noch formuliert: "Das originale Produzieren beruht
nicht auf vergleichbarem Können, der originale Künstler kann in
diesem Sinne im hohen Zustand nichts. Er produziert seine bedeutenden Werke ohne Lehrgut, ohne Erfahrung, ohne Nachahmung. Nur
auf diese Weise findet er bisher Unbekanntes, Originales. Das Genie 'kann' nichts und damit alles."336 Baumeister berief sich auf
den alten Topos des "Originalgenies", der im späten 18. Jahrhundert vornehmlich durch englische Abhandlungen zum Geniebegriff
334
335
336
"Interview mit Hans Ulrich Obrist 1993", in: Obrist 1993, S. 240-260,
hier S. 242; vgl. auch Elger 2002, S. 90.
Nach der begrifflichen Unterscheidung von Stefan Römer hätte es sich
dabei nicht um Fälschungen, sondern um "Fakes" gehandelt, da die Bilder selbst auf ihren gefälschten Charakter hingewiesen hätten, Römer
2001, S. 9-18.
Baumeister 1947, S. 155.
91
seine Impulse erhalten hatte.337 Im "Originalgenie" vereinten sich
die in der Antike wurzelnden Vorstellungen des Ingeniums, einer
gottgewollten, hervorragenden Naturanlage, und der Inspiration,
einer göttlichen Einwirkung auf das Werk.338 Diese Vorstellung
hatte sich seit der Renaissance in einem langen Prozess entwickelt, bis sie in der so genannten "Genieperiode" des 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt fand.339 Edward Young, einer der Hauptvertreter der englischen Genielehre, umschrieb die Idee des "Originalgenies" 1759 sehr metaphorisch: "An Original may be said to be
of vegetable nature; it rises spontaneously from the vital root
of a Genius; it grows, it is not made."340 Diesem Diktum wusste
Sigmar Polke 1976 eine klare Position entgegenzusetzen: "Wenn es
überhaupt so etwas gibt, auf das all jenes zutrifft, was immer am
Künstler diskutiert wird: Innovationsfreude, Kreativität, Spontaneität, das Schaffen ganz aus sich heraus, usw. – dann ist es die
Kartoffel: wie sie da im dunklen Keller liegend ganz spontan zu
keimen beginnt, in schier unerschöpflicher Kreativität Keim um
Keim innoviert, ganz hinter ihrem Werk zurücktretend bald hinter
ihren Trieben verschwindet und die wunderbarsten Gebilde schafft!
– […] nein, das ist doch wahres Schöpfertum."341 Die bissige Ironie Polkes, mit der er die "vegetable nature" des Originals
337
338
339
340
341
Vgl. Warning 1974, bes. S. 284, und Ortland 2001, S. 690-691.
Wenn es auch in der Antike noch keine einheitliche Leitidee des Geniebegriffs gab, so waren doch wesentliche Fragmente des Begriffs bereits
ausgebildet. Sowohl die Würdigung einer "angeborenen Begabung", die
sich als "Erfindungsgabe" und "Schöpfergeist" bewährte, als auch die
ursprünglich priesterliche Idee des Enthusiasmus, einer "Gottbesessenheit", aus der die Vorstellung einer göttlichen Inspiration hervorging, waren bereits angelegt, Zilsel 1972, bes. S. 7- 106; vgl. auch
Ortland 2001, S. 665-670. - Zilsel weist darauf hin, dass aufgrund der
Geringschätzung der Handarbeit in der Antike diese Vorstellung noch
nicht auf die bildenden Künste übertragen wurde, da sie noch als Handwerk galten, Zilsel 1972, bes. S. 144-158 u. 240-248. Diese Anerkennung wurde erst möglich, als die Kunsttheorie der Renaissance die "Idea" zur fundamentalen Voraussetzung allen künstlerischen Schaffens
erklärte und ihr den Vorrang vor den materialen Werken gab. Damit sei
der Gedanke vom Menschen entstanden, der als "altro dio" in sich Spiegelungen der ursprünglich göttlichen Schönheit trage, die er aussen in
Kunstwerken verwirkliche, vgl. dazu Panofsky 1960, S. 43 u. 70-71;
vgl. auch Blumenberg 1957, S. 269-270, und Zilsel 1972, S. 283-287.
Vgl. zu dieser Entwicklung Ortland 2001 und Warning 1974.
Young 1966, S. 12.
Heubach 1997, S. 293.
92
gleich wörtlich nahm, kann hier stellvertretend für eine neue
Künstlergeneration stehen, die eben jene der fünfziger Jahre ablöste und die Idee vom Künstlergenie und seinen originären Meisterwerken in verschiedensten Varianten unterlief.342
Andy Warhol schrieb 1975 in seiner Philosophy of Andy Warhol:
"When Picasso died I read in a magazine that he had made four
thousand masterpieces in his lifetime and I thought, 'Gee, I
could do that in a day' […]. You see, the way I do them, with my
technique, I really thought I could do four thousand in a day.
And they'd all be masterpieces because they'd all be the same
painting".343. Mit dieser provokativen Äusserung führte Warhol die
Vorstellung vom Meisterwerk als Original und Unikat strategisch
ad absurdum. Der Künstler zeichnete sich für ihn nicht mehr durch
seine Kreativität aus, sondern durch seine Produktivität, also
die Quantität der Bilder, die er in der Wiederholung hervorbrachte. Eine Aussage Richters aus der Textcollage von 1966 scheint in
eine ähnliche Richtung zu weisen: "Alle Maler und überhaupt alle
sollten Fotos abmalen. Und zwar in einer Weise, wie ich es tue
(auch was die Auswahl betrifft). Dann sollten diese Bilder hängen, in den Wohnungen, den Gaststätten und Büros, in Bahnhöfen
und Kirchen, also überall. Dann würden grosse Preismalereien veranstaltet werden, die Juroren würden Thema, Wiedergabe und
Schnelligkeit bewerten und Medaillen verleihen. Jeden Tag würde
im Fernsehen und im Funk über die neuesten Bilder berichtet. Nach
einiger Zeit könnten Gesetze in Kraft treten, so dass diejenigen
bestraft werden, die nicht genügend Fotos abgemalt haben. Das
müsste ca. 400 Jahre so gehen, und dann müsste das Abmalen von
Fotos in Deutschland verboten werden."344 Wie Warhol unterlief
auch Richter die Authentizität des schöpferischen Künstlers. Das
'Künstlergenie' verwandelte sich in seiner Vision in einen 'Bild-
342
343
344
Vgl. Schmidt 1995.
Warhol 1975, S. 148.
Polke/Richter 1993, S. 42. – Vgl. hierzu wieder Warhols Aussage: "I
think it would be great if more people took up 'Silkscreens', so that
nobody would know whether my picture was mine or somebody else's",
Swenson 1963, S. 26.
93
produzenten', der für sein Tempo bewertet wurde, während seine
Hervorbringungen nur als "Wiedergaben" interessierten, also in
der absurden Demonstration, dass eigentlich keine Malerei mehr
möglich sei. Indem Richter aber trotzdem weitermalte und dies
auch von anderen forderte, demonstrierte er eine typische Wendung
gegen den bestehenden künstlerische Trend. Im Interview mit Wolfgang Pehnt erklärte er 1984: "Wer malte, war sowieso nicht auf
dem richtigen Dampfer […] So war das Malen ein Versuch, die Möglichkeiten zu erproben, was Malerei überhaupt noch kann und darf,
und der Trotz, trotzdem zu malen, obwohl es scheinbar nichts
bringt."345 Nach seiner Absage an die Vorstellungen von Ingenium
und Inspiration, blieb ihm somit nur der Trotz als Ersatz für eine Legitimation seiner künstlerischen Tätigkeit.346
Sigmar Polke hingegen fand den Ausweg gerade in einer Parodie
dieses Inspirationsbegriffs. Im gleichen Jahr, als Richter alle
Menschen aufforderte, Fotos abzumalen, erklärte Polke in seinem
Vitrinenstück (Abb. 57): "Ich stand vor der Leinwand und wollte
einen Blumenstrauss malen. Da erhielt ich von höheren Wesen den
Befehl: Keinen Blumenstrauss! Flamingos malen! Erst wollte ich
weiter malen, doch dann wusste ich, dass sie es ernst meinten."
Die Befehle, welche die "höheren Wesen" Polke erteilt haben sollen, wirken indes so absurd,347 dass der erhabene Inspirationsgedanke, den er zitiert, bereits stark profaniert erscheint. Indem
Polke in der Vitrine einen Katalog der documenta I mit einem
Porträt von Max Beckmann und dem Foto der Jury der Künstlerbundausstellung von 1952 in Köln präsentierte, deutete er zusätzlich
eine reale Existenz jener Wesen an, welche über das Schicksal von
345
346
347
"Interview mit Wolfgang Pehnt", in: Obrist 1993, S. 105-110, hier S.
106.
Vgl. Bätschmann 1998, S. 26. – Dieser Trotz scheint sich auch in der
sinnlosen Ankündigung auszudrücken, nach 400 Jahren müsse "das Abmalen
von Fotos in Deutschland verboten werden".
Abgesehen vom Auftrag, Flamingos zu malen, ist auf einem Maschinenskript zu lesen, man habe Polke dazu gezwungen, sich Untertassen an
die Ohren zu halten (was durch ein Foto in dieser Haltung belegt
wird), die Schwefelkuppen von Streichhölzern abzuschaben, sich das
Rauchen abzugewöhnen, obwohl er angeblich nie geraucht habe, eines
seiner Bilder zu zersägen und anderes Obskure mehr.
94
Kunst und Künstlern verfügten.348 Damit rief Polke das Inspirationstheorem zwar einerseits zu seiner Legitimation als Künstler an
und schrieb die Verantwortung für seine Werke "höheren Wesen" zu,
andererseits machte er es durch Parodie und Modifikation wieder
unglaubwürdig.349 In späteren Werken wie Höhere Wesen befahlen:
rechte obere Ecke schwarz malen! oder im ein Jahr zuvor entstandenen Aquarell Höhere Wesen befahlen: Winkel malen!350 konnte er
auch den Legitimationsansatz der jeweils paraphrasierten abstrakten Kunststile ironisieren.351
Es bleibt die Frage, was Richter und Polke der Idee vom privilegierten Künstler und seiner höheren Inspiration entgegenzu-
348
349
350
351
Vgl. Hentschel 1991, S. 262-265, Hentschel 1996a und Hentschel 1997,
S. 66. – Max Beckmann, der im Dritten Reich als entartet beschimpft
worden war, wurde erst 1955 durch die documenta I als Künstler rehabilitiert. Insofern war sein Foto ein Hinweis auf die Willkür, der der
Künstler in seiner Beurteilung durch die Kunstpolitik und den Kunstmarkt ausgesetzt ist.
Vgl. Hentschel 1991, S. 278. – Martin Hentschel verweist zurecht auf
zahlreiche weitere Arbeiten Polkes, die sich mit dem Inspirationsgedanken und der Legitimation künstlerischer Tätigkeit auseinandersetzen. Der Geniebegriff wird hier regelmässig ad absurdum geführt, vgl.
Polkes Tibertücher (Szeemann 1984b, S. 18-19), in denen er den Topos
der künstlerischen Invention am Beispiel des Komponisten Berlioz theoretisiert, seine Telepatischen Sitzungen mit den Künstlern Max Klinger
und William Blake (vgl. Polke 1997, S. 151 u. 340), welche wohl in engem Zusammenhang mit der Geschichte um das Musikmedium Rosemary Brown
stehen oder die Mappe "… Höhere Wesen befehlen", edition 10, Galerie
René Block Berlin, vgl. auch Becker/Osten 2000, S. 22-29, Kat.-Nr. 8.
Durch den Titel wird sämtlicher darin präsentierter Nonsens als notwendig und irrtumsfrei gekennzeichnet, da er von "höheren Wesen" inspiriert ist. Zudem geht jede einzelnen Grafik auf ihre Weise auf den
Topos des Genies und seine göttlichen Inspiration ein.
Aquarell und Schreibmaschine auf Papier, 1968, 20,9 x 14,7 cm, München, Sammlung Prinz Franz von Bayern.
Dabei spielte Polke ausserdem in ironischer Brechung mit dem bei Novalis vorgeprägten Gedanken des Über-Ich, das als vermittelndes Medium
gottähnlich wirkt. Novalis hinterliess in seinen "Fragmenten und Studien 1797-1798" seine Vorstellung von "gewissen Dichtungen in uns, die
einen ganz anderen Charakter, als die übrigen zu haben scheinen, denn
sie sind vom Gefühle der Notwendigkeit begleitet […]. Es dünkt dem
Menschen, als sei er in einem Gespräch begriffen, und irgend ein unbekanntes, geistiges Wesen veranlasse ihn auf eine wunderbare Weise zur
Entwicklung der evidentesten Gedanken. Dieses Wesen muss ein höheres
Wesen sein, weil es sich mit ihm auf eine Art in Beziehung setzt, die
keinem an Erscheinung gebundenen Wesen möglich ist – […]. Dieses Ich
höherer Art verhält sich zum Menschen, wie der Mensch zur Natur, oder
wie der Weise zum Kinde. Der Mensch sehnt sich, ihm gleich zu werden
[…]", in: Schulz 1969, S. 377; vgl. dazu Schulz-Hoffmann 1992, S. 2324.
95
setzen hatten. Richters Erwartung, "dass eben etwas entsteht, was
ich nicht kennen, nicht planen konnte, was besser, klüger ist als
ich, was dann auch allgemeiner ist",352 scheint nicht allzu weit
entfernt von der Vorstellung einer höheren Eingebung. Ähnliche
Kräfte beschwor Robert Rauschenberg mit seiner Aussage: " I don't
want a painting to be just an expression of my personality. I
feel it ought to be much better than that."353 Durch eine Zurücknahme der eigenen Persönlichkeit erhofften sich die Künstler eine
äussere Einwirkung auf die Bildentstehung, die der Legitimationsinstanz der göttlichen Inspiration in Objektivität und Allgemeinheit entsprechen konnte. Diese Rolle überschrieben sie dem Zufall, dem sie möglichst grossen Anteil an der Entstehung des Bildes zukommen liessen.354 Sowohl Polkes Hydromalerei, die Lack-,
Schütt- und Mineralbilder und Collagen, als auch Richters Farbtafeln und sogar seine Foto-Kopien und abstrakten Bilder entstanden
"[…] in der Erwartung, dass sich da ein Bild einstellt",355 wobei
sich die Künstler einer Steuerung so weit als möglich zu entziehen suchten. Richters Glasscheiben und Spiegel zeigen diesen Versuch am deutlichsten: Der Anspruch einer persönlichen, an Autorschaft gebundenen Form von Kreativität wurde zugunsten eines Prozesses der Bildentstehung verneint, der den Betrachter als bild-
352
353
354
355
Aussage Richters in: Buchloh 1993c, S. 145.
Tomkins 1965, S. 204.
Dass die Tradition des Zufalls als ästhetische Kategorie der Kunst bis
in die Antike zurückzuführen ist, kann Horst W. Janson in seiner Untersuchung zum Zufall in der Kunst der Renaissance zeigen, vgl. Janson
1961. In den Anfängen wurde der Zufall als Anregung genutzt, erst im
18. und 19. Jahrhundert wandelte er sich zur Methode, nämlich dort, wo
er die Technik betraf und ihm absichtlich Einlass in die Entstehung
des Kunstwerks gewährt wurde, vgl. dazu Holeczek 1992, bes. S. 15-17.
Die absichtliche Nutzbarmachung des Zufalls für die Entstehung von
Kunstwerken fand ihren Höhepunkt jedoch im 20. Jahrhundert ausgehend
vom Dadaismus und später dem surrealistischen Automatismus, vgl. dazu
Holeczek/Mengden 1992. – Als zeitgenössische Parallele zu Polkes und
Richters Bemühungen kann vor allem die Gruppe der "Nouveaux Réalistes"
betrachtet werden. Mit den Schussbildern Niki de Saint-Phalles, den
Zeichenmaschinen Tinguelys, den Antropometrien und Kosmogonien Kleins,
den "Abrissen" von Hains, Villeglé, Rotella und Dufrêne und den Fallenbildern Spoerris entwickelten sie mannigfaltige Methoden, durch
Ausnutzung des Zufalls eine kreative Werkschöpfung zu umgehen oder die
Idee einer solchen zu parodieren, vgl. Fath 1986; Spoerri 1998; vgl.
auch Janecke 1995und Schilling 1992, S. 41-44.
Aussage Richters in: Buchloh 1993c, S. 146.
96
konstituierendes Subjekt bestimmte.356 Heinrich Wölfflins Feststellung, die "schöpferische Arbeit der Kunst" lasse "sich nicht
gut mit einer Abspiegelung vergleichen", da "der Spiegel an sich
immer wieder von anderer Struktur gewesen" sei,357 wurde von Richters Spiegeln gezielt ins Wanken gebracht, da diese nichts anderes tun, als den umgebenden Raum direkt "abzuspiegeln". Dem entsprechen Sigmar Polkes Thermobilder im Musée d'Art Moderne de la
Ville de Paris von 1988, deren Farben auf Strahlungswärme und
Wärmeübertragung durch Berührung reagierten und diese in einer
reversiblen Farbveränderung gleichsam abbildeten.358 Da der Künstler selbst diesen Prozess jeweils nur initiieren konnte, verkündete Polke gegenüber Paul Groot, er zeige ein "Kräftespiel", über
das er keine Kontrolle habe; das Bild bestimme sein Schicksal
selbst.359
4. Bildermacht
Wie eine Fortführung dieses Ausspruchs mutet Polkes Bemerkung im
Interview mit Bice Curiger von 1985 an. Auf die Frage, warum er
denn wolle, dass sich seine Bilder dauernd veränderten, antwortete er: "Weil sich alles dauernd verändert. […] Bei meinen Bildern
musst Du sehr schnell gucken, Sie beobachten […]. Es gibt gar
keine Bilder, die nicht auf irgendeine Weise behandelt werden
wollen. Ein Bild wird erst zum Bild, wenn man das seinige dazutut. […] Wenn ein Bild nicht geliebt wird, dann holt es sich seine Liebe. Ein Bild kommt immer dahin, wo es hin muss; ein Bild
holt sich seine Opfer."360 In der letzten Formulierung klingt noch
Polkes und Richters Phantasie der gefährlichen Bilder an, die sie
1964 in einem von Polke verfassten fiktiven Interview zwischen
356
357
358
359
360
Butin 1999, S. 301-302.
Heinrich Wölfflin, "Nachwort: Eine Revision (1933)" zu seinen Kunstgeschichtlichen Grundbegriffen, in: Wölfflin 1991, S. 276.
Vgl. Hofmeister 1995, S. 57-58 u. 70. – Vgl. dazu Meinhardts Begriff
der "Selbstzeugung" des Gemäldes, in: Meinhardt 1997, S. 199.
Groot 1988, S. 67. – Zur Produktivität des Zufalls in Polkes Werk vgl.
grundsätzlich Hentschel 1991, S. 344-387, Hofmeister 1993, Hofmeister
1995, Hentschel 1997, S. 71-79, und Zbikowski 2000, S. 124-128.
Curiger 1990, S. 15.
97
dem Kunsthistoriker Anthony Thwaites und Gerhard Richter entwickelten. Polke liess Richter hier von seinen Bildern berichten,
die so gut seien, dass sie "Terror, Angst und Schrecken" verbreiteten. Die Wirkung der Bilder oder ihrer blossen Erwähnung reiche
vom Nervenschock des Betrachters über Haarausfall und Zeugungsunfähigkeit bis zum direkt eintretenden Tod. Demzufolge seien verschiedene seiner Werke zur Massenvernichtung oder Folterung in
Konzentrationslagern und zur politischen Machtausübung verwendet
worden.361
Walter Grasskamps Analyse von Richters Verkündigung nach Tizian, in der er einen "visuellen Sadismus" entdeckt, macht deutlich, dass die Phantasien der beiden Künstler, wenn sie sich in
ihrer Überspitzung auch ins Absurde abwichen, nicht ganz ohne Realitätsgehalt waren. Grasskamp nennt Richter und im Vergleich
auch Georg Baselitz zwei extreme Beispiele einer Malerei, die den
Sehsinn sabotiere und damit das Auge des Betrachters quäle. Während Baselitz durch die malerische Umkehrung seiner narrativen
Motive Intellekt und Sehsinn des Betrachters zwinge, inkongruent
zu agieren, behindere Richter die normale Funktionsweise des Auges durch seine Einführung der Unschärfe. In seinem Bestreben,
das Bild so zu fokussieren, dass das Motiv 'scharf' werde, lasse
Richter dem Betrachter keine Chance und setze ihn so einer "Augenfolter" aus.362
Die Gleichsetzung der Bildmittel von Baselitz und Richter erscheint zwar fragwürdig, Grasskamps Beobachtung der Bildwirkung
ist hingegen für die Rezeption von Richters Werk grundlegend. Unter Bezugnahme auf Benjamin Buchlohs Feststellung, die Rastertechnik Polkes und die Verwischungstechnik Richters basierten auf
denselben Postulaten,363 kann Grasskamps These zudem auf Polkes
361
362
363
Polke 1993, S. 22. – Vgl. die Entsprechung zu dieser Phantasie der
schrecklichen Bildermacht in der Warnung des amerikanischen Abstrakten
Expressionisten Clyfford Still: "Therefore, let no man undervalue the
implications of this work or its power for life; - or for death, if it
is misused", [Letter to Gordon Smith], in: Smith 1959, [S. 6-8].
Grasskamp 1986, S. 55-56.
Buchloh 1976, S. 139.
98
Rasterpunkte übertragen werden. Bereits an der Beschreibung von
Polkes Blauem Boucher konnte gezeigt werden, wie das von Boucher
übernommene Motiv sich in der groben Rasterung aufzulösen
scheint. Charles W. Haxthausen beobachtet, wie die grobe Rasterung die normale Wahrnehmung umkehre: je näher man bei der Betrachtung an das Bild herantrete, um so undeutlicher werde das
Objekt, bis es sich schliesslich unter einem abstrakten Netz von
Punkten aufzulösen scheine. Somit werde das reproduktive Medium
von dem, was es vermittle allmählich getrennt, bis es dessen
Wahrnehmung verhindere.364 Der Begriff einer "Augenfolter" ist
vielleicht gar zu melodramatisch und liesse sich durch Laszlo
Glozers "beständige Bildstörung" ersetzen,365 zeigt aber klar die
Verbindung zur Phantasie der gefährlichen Bilder auf.366
1844 hatte Grandville in Un autre monde einen Holzstich über
den aggressiven Wettbewerb unter den Bildern und ihre Attacke auf
die Besucher einer Bildergalerie publiziert (Abb. 58). Die Kampfmittel der Bilder waren darin Obszönität, Verführung, aggressive
Übergriffe, blendendes Licht sowie der Illusionismus real werdende Früchte, die aus dem Bild hervorquollen. Dargestellt war der
Kampf um die Aufmerksamkeit des Betrachters im aggressiven Wettbewerb des Kunstmarktes, aus dem gefährliche Bilder hervorgehen,
vor denen die Galeriewärter die Besucher schützen müssen.367 Sigmar Polke integrierte 1973 in seiner Publikation Franz Liszt
kommt gern zu mir zum Fernsehen eine kurze Bildergeschichte von
D. Martin (Abb. 59), die den 'Angriff' eines Bildes auf den Betrachter in einen Witz verwandelte: Eine in der "Hall of Fame"
ausgestellte Büste eines Farley J. Fonebone (1810-1873), der als
"Father of the practical joke" ausgewiesen wird, spritzt dem Bet-
364
365
366
367
Haxthausen 1997, S. 189. – In seiner Marienerscheinung (1994, Kunstharz und Lack auf Polyestergewebe, 300 x 500 cm, Privatsammlung) macht
Polke das Verschwinden des Motivs in der Rasterung zum Thema des Bildes, da ausser einem hellen Fleck (ähnlich einer spiritistischen Emanation) nichts zu erkennen ist.
Glozer 1994.
Grasskamp stellt diese Verbindung indes nicht her.
Vgl. Bätschmann 1997, S. 133.
99
rachter unvermittelt aus einer Blume am Revers Wasser ins Gesicht. Die Belustigung des Betrachters schlägt in Schrecken um,
der seine Gliedmassen zucken lässt und damit die Wirkung des Bildes beweist. Thematisiert wird hier auf scherzhafte Weise der Topos der Bildermacht, welche quasi als lebender Organismus den
Betrachter in ihren Bann zieht und bestimmte Reaktionen provoziert.368
Wenn sich Polke und Richter auch als Schöpfer aus dem Entstehungsprozess ihrer Werke zurückziehen, so wollen sie sich doch
einer Wirkung ihrer Kunst beim Publikum versichern.369 Im Gespräch
mit Sabine Hofmeister gab Polke 1993 zu, er habe schon Ausstellungen erlebt, als er noch "hinten" gemalt habe, während "vorne"
die Besucher gekommen seien: "Ja, da schaut man, was kommt denn
für Publikum, dann gibt man dem Bild noch schnell die oder die
Richtung, alles legitim."370 Die Anpassung des Werkes auf das Publikum scheint also eine Möglichkeit, die Macht des Bildes über
seinen Betrachter abzusichern, die Aggressivität der Bilder eine
andere. Diese Möglichkeiten griff Polke auch auf, als er sich gegenüber Bice Curiger über die in Rotterdam vorgenommene Platzierung eines seiner Bilder an der Decke äusserte: "Es unter die Decke zu hängen, beinhaltet auch physiologische Taktiken: Wenn Du
den Kopf in den Nacken wirfst, bist du gleich hypnotisiert."371 In
368
369
370
371
Zur Thematik der "Bildermacht" und einer genauen Untersuchung der verschiedenen Wirkungsweisen der Bilder vgl. vor allem Freedberg 1989.
Ernst Ullmann untersucht, wie die Reformation die Bildproduktion entscheidend beeinflusst hat, um die Macht der Bilder für ihre Zwecke
nutzbar machen zu können, vgl. Ullmann 1983. Georg Kauffmann versucht
für die Moderne zu zeigen, dass die Macht des Bildes sich in der "modernen Welt" kaum noch auf die "alte Bildmagie oder die Dämonie des
Amuletts" stütze – wie sie auch von Freedberg erörtert wird, vgl.
Kauffmann 1988. – Dagegen zeigt Oskar Bätschmann gerade die Rückbesinnung auf die magische Bildwirkung und das entsprechende Interesse an
primitiver Kunst bei zahlreichen Künstlern zu Beginn des 20. Jahrhunderts und auch am Beispiel der Abstrakten Expressionisten, die durch
Berufung auf das "Sublime" eine neue Bildermacht zu begründen versuchten, Bätschmann 1997, bes. S. 173-178 u. 198-202.
Vgl. Polkes Aussage: "Das wichtigste ist doch für einen Künstler das
feed-back, oder wie? Ich möchte mal wissen, warum Leute malen, das
möchte ich mal wissen", Curiger 1990, S. 14-15.
Hofmeister 1995, S. 70.
Curiger 1990, S. 9.
100
dieser Hoffnung warnte auch Markus Lüpertz sein Publikum: "Hütet
Euch vor meinen Bildern, hängt sie ab, dreht sie mit dem Gesicht
zur Wand, bedauert die Wand."372
Richters Verwischungen und Polkes Rasterung sind in diesem
Zusammenhang als ungefährlich einzustufen. Zwar verweigern sich
die Bilder dem direkten Zugriff des Betrachters, sie verhindern
aber lediglich eine Einfühlung und ungehinderte Betrachtung des
Dargestellten, ohne den Betrachter anzugreifen. Polkes Grosses
Schimpftuch hingegen, auf dem etliche Schimpfwörter zu lesen
sind, die der Betrachter gezwungenermassen auf sich beziehen
muss, sowie auch Polkes Peitsche aus der Mappe "… Höhere Wesen
befehlen", an deren Enden Passfotos mit Grimassen Polkes befestigt sind,373 deuten die Möglichkeit eines Angriffs auf den Betrachter sehr direkt an. Bice Curiger vermutete auch in Polkes
Verwendung giftiger Farben eine Bedrohung für den Betrachter.
Tatsächlich brachte dies Polke im Interview auf die aberwitzige
Idee, durch die Wirkung des Gifts könnten dem Betrachter vor seinem mit Auripigment gemalten Bild die Haare ausfallen. Somit
schlug er selbst den Bogen zurück zu den gefährlichen Bildern
Richters im fiktiven Gespräch mit Thwaites.
Interessant ist vor allem Polkes Bemerkung, ein solcher Vorfall würde auf das Bild zurückwirken und ihm eine Bedeutung geben, die "brauchbar" wäre. Überhaupt müsse das Malen von Bildern
"plausibel" und eine "Notwendigkeit" sein.374 Eine ähnliche Erwartung, dass man mit der Kunst "irgendetwas ausrichten könnte, etwas sagen, irgendeine Sehnsucht ausdrücken könnte […] Nach verlorenen Qualitäten, nach besserer Welt – nach dem Gegenteil von Elend und Ausweglosigkeit […]. Ich kann auch Erlösung sagen. Oder
Hoffnung – dass ich mit der Malerei doch etwas bewirken kann"
372
373
374
Müller 1984.
Die Peitsche ist mit der Anleitung versehen: "An den Riemen befinden
sich Bilder, mit denen man das, was man will, auspeitschen kann", in:
Becker/Osten 2000, S. 23 u. 39.
Dabei fügte er hinzu, Gift könne ausserdem in kleinen Mengen auch zur
"Heilung und Besserung" führen, entsprechend habe er eines seiner Bilder benannt, Curiger 1990, S. 8-9.
101
äusserte auch Richter.375 Auf dessen ungläubige Frage, ob es ihm
also "vollkommen recht" wäre, wenn jemand vor seinem Bild – "wie
Rothko es für sich gefordert hat – auf die Knie fällt und in Tränen ausbricht?" reagierte Richter mit Bedauern, da er eine solche
Wirkung nur der Musik zutraue, nicht aber der bildenden Kunst.376
Und Polke bekundete die gleiche Sorge: "Gift hat eine Auswirkung,
Kunst hat keine. Es sei denn eine schleichende."377 Es ist der ewig aktuelle Topos der Relevanz von Kunst, der hier angesprochen
wird. Auch hinter den auf den ersten Blick unpolitischen Kunstbezügen Richters und Polkes scheint sich somit die alte Sehnsucht
nach einer gesellschaftlichen Wirkung der Kunst und einer Effizienz der künstlerischen Mittel zu verbergen. Ebenso können sicher die anti-ideologische Haltung beider Künstler, sowie ihre
ambivalente Stellungnahme zu den auch politisch behafteten Fragen
von Abstraktion und Figuration nach dem Zweiten Weltkrieg als
Versuche betrachtet werden, die Kunst am gesellschaftlichen Leben
teilhaben zu lassen.
Dass die Wirkung der Bilder offenbar dennoch nicht ausblieb,
zeigt eine Meldung in der Rheinischen Post vom 21. Januar 1996:
"Polke-Gemälde in Amsterdam beschmiert". Ein unbekannter Besucher
des Stedelijk Museums hatte sich durch Polkes Kunst offenbar ge-
375
376
377
Buchloh 1993c, S. 147.
Buchloh 1993c, S. 148-149. – Buchlohs ungläubige Frage ist verständlich, da Richter doch gerade eine 'Einfühlung' des Betrachters in seine Bilder und eine entsprechende emotionale Wirkung verhinderte, indem
er ihre Medialität betonte. Richters Antwort belegt jedoch, dass er
die erwünschte "Wirkung" des Bildes auf anderem Weg zu erreichen suchte; vielleicht eben durch eine Brechung jenes Moments der Einfühlung.
Vgl. dazu eine ähnliche Aussage von Markus Lüpertz in seinem Londoner
Vortrag von 1981: "Unsere Sozialstruktur sieht die Kunst […] nur noch
als Therapie, als Spielwiese, als Freizeitgestaltung in der Qualität
und Höhe eines Kaffekränzchens […]. Der Künstler ist darauf angewiesen, in dieser Zeit der Dekadenz seine Vitalität, Aggressivität und
zwingende Notwendigkeit selbst zu motivieren. Das ist der totale Verzicht auf Begreifen, Anerkennung und Liebe. Seine kommerzielle Situation erklärt sich aus seiner Fähigkeit, aus seinem Geschick, die Welt
und die Umwelt zu manipulieren, zu faszinieren. Jede Scharlatanerie
ist erlaubt, notwendig und – wenn sie geistreich ist – zu begrüssen",
in: Lüpertz 1983, S. 20 u. 22.
102
nug provozieren lassen, dass er eines seiner Gemälde mit dem Wort
"crap" (Schund) beschmierte.378
378
dpa 1996. – David Freedberg zeigt in seiner Untersuchung zur "Bildermacht", dass vandalistische Akte gegen Kunst nicht nur durch gesellschaftliche, politische oder religiöse Gründe motiviert sind, sondern
auch in der direkten sinnlichen Wirkung der Bilder begründet liegen,
Freedberg 1989, bes. S. 378-428, Kapitel 14: "Idolatry and Iconoclasm". - Einen früheren ikonoklastischen Vorfall, bei dem in Paris ein
Gemälde Polkes gar aufgeschnitten worden war, nahm Polke als "Künstlerrestaurator" zum Anlass, die "wie ein Fontana" aufgeklappte Leinwand mit Kunststoffsiegel zu befestigen, "weil es ja zum Thema passt".
Die Reaktion zeigt, dass ihm eine Provokation der Betrachter zu derartigen Aktionen offenbar durchaus gefiel: "Ich kann verstehen, dass es
jemanden verlockte, da reinzuschneiden, es forderte auf, diese Angelegenheit", Hofmeister 1995, S. 73.
103
Paradoxien
1. Macht und Verschwinden des Künstlers
Während die Künstler in der demonstrativen Wiederverwertung vorhandenen Bildmaterials und der direkten Infragestellung des Genie-Topos ihre Abkehr von einer kreativen Werkschöpfung zur Schau
stellen und als Künstlersubjekte in den Hintergrund treten wollen, offenbart sich in ihrer Steuerung der Bildrezeption und den
Stellungnahmen zu gesellschaftlichen und künstlerischen Fragen
ein dazu widersprüchlicher 'Machtanspruch'. Eben dieser Widerspruch deutet sich auch in Polkes Dürerschleifen (Abb. 60) an:
Für die XLII. Biennale 1986 übernahm Polke aus Dürers Holzschnitt
Triumphwagen Kaiser Maximilians I. von 1522 die den Tugenden zugeordneten kalligrafischen Schleifen und monumentalisierte sie in
acht Einzelbildern, die er nach der jeweiligen Tugend benannte.
Indem er die Ornamente aus ihrem Zusammenhang löste und zugleich
mit abstrakten Titeln belegte, schuf er geradezu magische Symbole, die er ursprünglich in erhöhter Position auf der Galerie als
Fries anbringen wollte.379 Paul Groot deutet diese Einbettung der
Dürersymbole in Polkes venezianische Installation als Versuch "to
reinstate the mystery of painting"380 und spricht damit eine "Ikonisation" an, die bei Oskar Bätschmann als "moderner Begriff" für
die Rückgewinnung der Bildermacht erklärt wird.381
Die Ornamente Dürers unterlegte Polke mit aufgestreutem Silberoxid-, Grafit- und Aluminiumpulver auf weisser Dispersionsfarbe, welche er teilweise mit schillerndem Firnis fixierte. Die dadurch ausgelösten chemischen Reaktionen hinterliessen zufällige
Wolkenformen, während sich das Silberoxid an der Luft langsam in
379
380
381
Dieses Vorhaben konnte jedoch nicht verwirklicht werden, da die Bilder
auf diese Weise für den Betrachter nur schlecht sichtbar gewesen wären, vgl. Glozer 1991, S. 74; Hofmeister 1995, S. 62.
Groot 1988, S. 66-67.
Bätschmann 1997, S. 175.
104
reines Silber zersetzen sollte.382 Das transitorische, metamorphische Moment der Bildwerdung in den chemischen Stoffen stand somit
im Widerspruch zur Präzision und Ordnung der kopierten Schleifenornamente. Erst diese Loslösung von einer gestalterischen 'Stellungnahme' zu seinem Vorbild erlaubte es Polke zu behaupten, die
veränderlichen Bildgründe beeinflussten das Bildgeschehen interpretatorisch.383 In seiner Bezugnahme auf Dürer demonstrierte er
einmal mehr seine Verwertung von vorhandenem Bildgut und zog sich
als Schöpfer hinter der durch die Materialien ausgelösten Prozessualität des Bildes zurück; gleichzeitig meldete er jedoch den
Anspruch an, sich in eine vorhandene Tradition einzureihen, deren
Ruhm auch seinen eigenen Werken zu einer entsprechenden Wirkung
verhelfen sollte.384 Der Widerspruch zwischen dem "offenen Kunstwerk", das dem Rezipienten ein "Feld interpretativer Möglichkeiten" vorschlägt,385 und Polkes Bemühung, die Rezeption des Werkes
entweder durch eine modernistische Mystifizierung der Materialien
oder aber in anderen Fällen durch eine die Wahrnehmung störende
Rasterung zu steuern, deutet das Paradox vom Verschwinden des
Künstlers und seiner gleichzeitigen 'Machtbezeugung' an.
Gerhard Richter notierte 1965 als noch junger Maler: "Ich
will keine Persönlichkeit sein, keine Ideologien haben. Ich will
so sein, wie alle sind".386 Die Notiz erinnert an Andy Warhols visionären Wunsch, "everybody looks alike and acts alike, and we're
getting more and more that way. I think everybody should be a machine."387 Diese Formulierung Warhols scheint Richter dann 1973 in
seiner Vision, "eine Reaktionsmaschine sein, labil, indifferent,
382
383
384
385
386
387
Vgl. Hofmeister 1995, S. 66.
Vgl. Zitat Polkes in Stemmler 1986, nicht paginiert.
Carla Schulz-Hoffmann sieht in den Dürerschleifen sowohl eine ironische Abgrenzung Polkes, in der er die Dürer'schen Werte nur noch als
"aufgeblasene Worthülsen" präsentierte, als auch eine "pathetische Aneignung" jener grossartigen Thematik für die Biennale, Schulz-Hoffmann
1992, S. 11-12, u. Schulz-Hoffmann 1998, S. 13.
Eco 1998; vgl. auch den Ausstellungskatalog Franz 1992.
"Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier S. 33.
Warhols Aussage in: Swenson 1963, S. 26.
105
abhängig. Sich aufgeben für die Objektivität",388 direkt aufzugreifen. Von Polke berichtet Klaus-Peter Schuster in perfekter
Entsprechung zu diesen Ideen, dass dieser es liebe, sich "mit
kalkulierter Mimikry" "im stark gemusterten Freizeitdress […] als
aufgekratzter Jedermanntourist zu tarnen". Und Christian Kämmerling schildert 1995 unter dem Titel "Polke, Tourist" im Magazin
der Süddeutschen Zeitung, dem Künstler sei kein Look recht, der
ihn auch bloss im entferntesten als Künstler, geschweige denn als
Avantgardisten kenntlich mache.389 Wie Richter und Warhol bevorzugte Polke die Tarnung im Gewöhnlichen und Anonymen, in der er
seine Persönlichkeit verschleierte.390 Warhol liess seine Vision
1985 in seiner eigenen Präsentation als Invisible Sculpture im
New Yorker Nachtclub Area gipfeln,391 und Richter schickte 1972
als Beleg seines Verschwindens an Wulf Herzogenrath anlässlich
einer Künstler-Vortragsreihe unter dem Titel Selbstdarstellung
bezeichnenderweise anstatt eines angeforderten Fotos von ihm eine
Aufnahme von Herrn Schmettka, dem Pförtner der Düsseldorfer
Kunstakademie, mit den Worten "endlich das versprochene Foto von
mir".392
Polke hingegen demonstrierte in einer Einlage zum Katalog
seiner Ausstellung in Rotterdam und Bonn 1983/84 eine "Künstlerrückzüchtung" (Abb. 61):393 Unter dem genauen Titel Die sechzehn
bedeutendsten zeitgenössischen Künstler und ihre Rückzüchtung
wurden auf der ersten Seite 16 fotokopierte Kontaktabzüge präsen-
388
389
390
391
392
393
Gerhard Richter, "Notizen 1973", in: Obrist 1993, S. 72.
Kämmerling/Von Nagel 1995, S. 36.
Vgl. dazu Graw 1993, S. 85: "Polkes Unerreichbarkeit ist legendär.
Will man mit ihm in eine Verbindung treten, dann wird einem empfohlen,
eine Postkarte zu schreiben – Briefe würde er gar nicht erst öffnen".
Dass es sich bei Polke geradezu um einen Kult des Selbstentzugs handelt, macht Christian Kämmerling im Magazin der Süddeutschen Zeitung
deutlich, Kämmerling/Von Nagel 1995, S. 35-36. - Vgl. auch Richters
Aussage in der mit Polke erstellten Textcollage von 1966: "Ich bin
durchschnittlich gesund, durchschnittlich gross (172 cm), durchschnittlich hübsch. Ich erwähne dies, weil man so aussehen muss, um
gute Bilder malen zu können", Polke/Richter 1993, S. 43.
Vgl. Bätschmann 1997, S. 214-215.
Herzogenrath 1973.
Polke 1983, 12 Seiten zwischen S. 16 u. 17; vgl. auch Becker/Osten
2000, S. 202-203, Nr. 58.
106
tiert, die alle das Gesicht Polkes mit jeweils anderer Mimik
zeigten. Alle Kopien sind zeichnerisch bearbeitet und vervielfachen sich auf den folgenden Seiten, wobei die zeichnerische Mutation zunehmend groteske Formen annimmt. Aus 16 Künstlern werden
durch verkleinerte Vervielfältigung 96, bzw. 192 und schliesslich
288 Porträts, die nur noch mikroskopisch klein zwischen dem
zeichnerischen Liniengewirr, das schliesslich eine Fratze bildet,
erkennbar sind. Das Deckblatt der Serie gibt Aufschluss über die
eigenartige Mutation: Es zeigt eine Ansammlung von Methylomonasclara-Bakterien, 12500fach vergrössert und trägt die Überschrift:
"Lernen sie unseren kleinsten Mitarbeiter kennen".394 Damit verweist Polke auf seine künstlerische Methode, mit Materialien zu
arbeiten, die durch chemische Prozesse quasi selbsttätig arbeiten. Die "Künstlerrückzüchtung" erweist sich somit als witzige
Paraphrase dieses Konzepts und bringt nach Hentschels Meinung
"den noch heute schwelenden Diskursen über das Verschwinden des
Autors […] das Lachen bei".395 Hentschel bezieht sich auf die These Rainer Warnings, der behauptet, das Verschwinden des Autors
sei immer schon "Gegenstand der Selbstinszenierung" gewesen.396
Bezugspunkt jenes Diskurses ist Roland Barthes Text La mort de
l'auteur von 1968, nach dem der moderne Autor erst mit dem Text
geboren werde anstatt ihm "wie der Vater dem Kind" vorauszugehen.
Der Autor tritt bei Barthes zugunsten des Rezipienten zurück,
welcher durch seine Loslösung von der Idee des kreativen Künstlerindividuums die Pluralität der Bedeutungen und Zitate des Werkes selbst erfassen kann.397 Im ein Jahr darauf entstandenen Text
Qu'est-ce qu'un auteur? von Michel Foucault scheint die Beschreibung der "Verwischung der individuellen Züge des schreibenden
Subjekts" genau die Visionen der Künstler zu spiegeln, "wie je-
394
395
396
397
Vgl. Hentschel 2000, S. 390.
Hentschel 2000, S. 390.
Warning spricht statt vom Verschwinden des Autors von einer "Dezentrierung des Subjekts" und bezieht sich damit auf Mallarmé und Baudelaire, Warning 1982b, S. 293.
"La mort de l'auteur" (1986), in: Barthes 1993-1994, Bd. 2, S. 491495. – Vgl. Burke 1998. Vgl. zur Verortung von Richter in der 'Konstruktion' des verschwindenden Autors Owens 1992b.
107
dermann" sein zu wollen und damit im Leben wie im Werk 'zurückzutreten'.398
Besonders offensichtlich wird die Kritik Richters und Polkes
an der Autorschaft paradoxerweise in der Strategie ihrer Texte:
Während Richter 1971/72 seine Absage auf eine Einladung Wulf Herzogenraths zur Künstler-Vortragsreihe "Selbstdarstellung" in einem absurden Brief voller sprachlicher Bruchstücke als 'Selbstentzug' inszenierte,399 demonstrierte Polke die Verweigerung der
Autorschaft gar 1976 in seinem autobiografischen Text Frühe Einflüsse, späte Folgen oder Wie kamen die Affen in mein Schaffen?
und andere ikono-biografische Fragen. Als Autor des Textes wird
daher Friedrich Wolfram Heubach angegeben, der jedoch den Bericht
in der Ich-Form im Namen Polkes formulierte. Die Verwirrung ist
perfekt, wenn am Schluss zu lesen ist: "Damit möchte ich meine
Ausführungen zu Werk und Leben abschliessen, es konnten beileibe
nicht alle Fragen geklärt werden, - insbesondere nicht solche der
Autorschaft dieses Textes" und schliesslich: "Das im Voranstehenden verwandte autobiografische Material wurde mit Hilfe eines Encephalofons sowie eines Libidografens erhoben, für deren freundliche Überlassung ich ihrem Erfinder, Herrn Diplompsychologen Dr.
Fritz Heubach hiermit meinen Dank ausspreche."400
Peter Weibel zeigte in seiner Ausstellung Das Bild nach dem
letzten Bild, dass das zentrale Motiv vom 'verschwindenden' Autor
in Literatur und Kunst der Moderne parallel verlaufe.401 Während
Mallarmé den "Eigenwert der Worte" betonte, erklärten Künstler
398
399
400
401
Vgl. Foucault 1974, bes. S. 12. – Dabei geht Foucault davon aus, dass
das "Zurücktreten", "Verschwinden" oder der "Tod des Autors" in Kritik
und Philosophie "schon seit geraumer Zeit" zum "alltäglichen Thema"
geworden seien, vgl. S. 7 u. 12.
Vgl. den abgedruckten Brief in Herzogenrath 1973.
Heubach 1997, S. 294. – In krassem Gegensatz zu dieser demonstrativen
Leugnung einer Autorschaft, stehen Werke wie das Sternenhimmeltuch, in
denen er den eigenen Namen, nach Foucault das letzte Indiz der Anwesenheit des Autors, wiederum verherrlich; vgl. zum Autornamen als "Äquivalent" für eine Beschreibung und als "klassifikatorische Funktion", Foucault 1974, S. 15-18.
Weibel 1991, bes. S. 187-188; vgl. auch die Beispiele, die Hubertus
Butin zum Thema des verschwindenden Autors erwähnt, in: Butin 1993, S.
27.
108
und Kunstkritiker die Autonomie des Kunstwerks gegenüber der Intention seines Autors. Richter und Polke griffen den "Tod des Autors" durch annähernd mechanische Bildherstellung und Wiederverwertung vorhandenen Bildmaterials als Modell auf und inszenierten
ihn in der Anonymisierung ihrer Persönlichkeiten nicht ohne
Selbstironie.402
In Polkes Künstlerrückzüchtung zeigte sich aber paradoxerweise gleichzeitig der Hang des Künstlers zum Grössenwahn. Die angegebenen 16 bedeutendsten Künstler werden alle von Polke in Personalunion verkörpert. Wie er Richter in seinem fiktiven Interview
mit Anthony Thwaites auf dessen Frage, ob er an Gott glaube, hatte antworten lassen: "Ja, ich glaube an mich, ich bin der Grösste, ich bin der Allergrösste",403 spann er hier, wie auch in seinen Fotodrucken Der Doppelgänger und Korrektur der Handlinien auf
parodistische Weise den Mythos vom Künstler weiter, der als omnipotenter und omnipräsenter Schöpfer Gott gleichkommt.404 1968 bewiesen Richter und Polke in einer gemeinsamen Edition der Galerie
Block in selbstironischer Konzeption ihre Allmacht als Künstler:
Eine Sequenz von fünf fotografischen Aufnahmen eines alpinen Gebirgsmassivs, das durch die Manipulation bei der Reproduktion immer stärker seine Konturen verliert und schliesslich eine kugelähnliche Form annimmt, unterschrieben sie mit der nüchternen Legende: "5 Phasen einer von Polke und Richter vorgenommenen Umwandlung. Das Massiv wurde am 26. April 68 für die Dauer von 2
402
403
404
In klassischer Inszenierung des verschwindenden Autors gibt Polke sogar für seine autobiografischen Textfragmente Friedrich Wolfgang Heubach, der ihm wohl bei er Abfassung geholfen hat, als Autor an, Heubach 1997.
Polke 1993, S. 23.
Vgl. zum Topos des divino artista Kris/Kurz 1980, S. 64-86. - Vgl. dazu auch Polkes Installation Wiederbelebungsversuch an Bambusstangen,
1968, in: Polke 1997, S. 150, den Fotodruck Polke entlaubt einen Baum
aus dem gleichen Jahr, in: Becker/Osten 2000, S. 37, und die Erweiterung des Planetensystems um einen 10. Planeten (1968, Kugelschreiber,
Radiograf und Aquarell, 29,7 x 21,1 cm, Privatbesitz), in dem sich
Polkes Name zu den neun der unsterblichen Götter gesellt. - Dem entsprechen die megalomanischen Architekturentwürfe Richters von 1970, in
denen riesige Bilder als Ausblicke ins Universum erscheinen, vgl. Harten 1986b, S. 42 (Abb. 24) u. S. 51. Vgl. auch Bätschmann 1998, S. 25.
109
Stunden in eine Kugel verwandelt" (Abb. 62).405 Indem Benjamin
Buchloh die Umwandlung auf eine Fotografie von Jean Tinguely und
Yves Klein von 1958 bezieht, in der Klein bewies, dass er sich
jederzeit dematerialisieren konnte,406 zeigt sich zugleich wieder
die paradoxe Verbindung zum Verschwinden des Künstlers an. Richter und Polke spielen die beiden Modelle in ihrer ironischen Überspitzung gegeneinander aus: Künstlerische und gesellschaftliche Ohnmacht wird in Machtdemonstration überspielt, und der
Künstler tritt hinter dem Werk zurück, um sich gleichzeitig seinen Ruhm zu sichern.
2. Parallelitäten
Für Gerhard Richter brachte das Jahr 1993 den Ruhm in Form einer
ganzen Serie öffentlicher Auftritte und Publikationen, mit denen
er auf internationalem Parkett präsentiert wurde. Hubertus Butin
veröffentlichte mit Gerhard Richter. Editionen das kommentierte
Verzeichnis von Richters Druckgrafiken, Fotografien und Auflagenobjekten, und anlässlich der grossen Retrospektive Richters in
Paris, Bonn, Stockholm und Madrid erschien ein dreibändiger Katalog mit dem Werkverzeichnis der Gemälde.407 Im gleichen Jahr hatte
bereits Hans-Ulrich Obrist eine Auswahl von Schriften und Interviews des Künstlers unter dem schlichten Titel: Gerhard Richter.
Text herausgegeben.408 Die kurze, im Singular verwandte Betitelung
405
406
407
408
Vgl. Block 1971, S. 133, P 3, und S. 146, R 10; Butin 1993, S. 69, Nr.
11 und Becker/Osten 2000, S. 20-21, Nr. 7. – Richter zeigte in seiner
Ausstellung Sils 1992 im Nietzsche-Haus neben der Grafik auch eine
silberne Stahlkugel, die zu einer Auflage von elf Exemplaren gehörte.
Jede der Kugel war durch Gravur signiert, datiert und mit Titeln versehen, die jeweils einen bestimmten Berg im Engadin bezeichneten, vgl.
Richter 1992, Abb. 13; somit erbrachte Richter "den scheinbar materiellen Beweis, dass die Umwandlung doch keine Fiktion war", Butin
1993, S. 40. – Jürgen Harten und Hubertus Butin deuten die Umwandlung
als Demonstration der eigentlichen gesellschaftlichen "Ohnmacht" des
Künstlers, Harten 1986b, S. 29-30, und Butin 1991, S. 54; auch Richter
selbst erwähnt die "ohnmächtige Seite der Kunst", die es zu überwinden
gilt, "Text für den Katalog 'Beuys zu Ehren'", in: Obrist 1993, S.
158.
Buchloh 1976, S. 150, Fussnote 6.
Butin 1993 u. Richter 1993.
Obrist 1993.
110
"Text" für eine Sammlung von Interviews, Notizen, Briefen und eigenhändigen Katalogtexten erhält im Zusammenhang mit den anderen
grossen Publikationen desselben Jahres den Charakter einer Gattungsbezeichnung – der Text des Künstlers erscheint somit gleichberechtigt neben seinen Gemälden und Editionen.
In ihrem Umfang und ihrer Mannigfaltigkeit können die Aufzeichnungen und Aussagen Richters, ähnlich wie die von Joseph
Beuys oder Andy Warhol, tatsächlich als eigenständiger Teil des
Werkes aufgefasst werden, der sich bei genauer Untersuchung als
paralleles System zu den Kunstwerken erweist: Wie Richters Gemälde sich als reflektierte Wiederholungen von Bildern und deren Topoi erweisen, werden auch in den sprachlichen Äusserungen diverse
künstlerische Positionen und Künstlermythen aufgegriffen sowie
Diskurse zitiert. Dabei gleiten Ernsthaftigkeit, Provokation und
Verschleierung derart ineinander, dass der Rezipient in gleichem
Masse aufgeklärt wie irregeführt wird.
Diese Wirkung von Richters Text-Strategie zeigt sich etwa in
Martin Hentschels Artikel "Auf wechselndem Terrain" in der Kunstzeitschrift Noëma von 1999. Hentschels Untertitel lautete: "Wie
sollen wir die abstrakten Bilder Gerhard Richters betrachten?
Diese Frage harrt noch einer überzeugenden Antwort". Sein Problem
war in diesem Fall jedoch nicht nur die schwer verständliche
Bildsprache der abstrakten Werke Richters, sondern vielmehr die
Sprache des Künstlers selbst: "Paradigmatisch hat der Dialog mit
Benjamin H.D. Buchloh aus dem Jahr 1986409 offen gelegt, dass zwischen dem Diskurs des Künstlers und dem des Kritikers eine unüberbrückbare Kluft besteht. Sie ist bis heute nicht geschlossen,
insofern als Buchlohs Kommentare die Rezeptionsformen der Werke
über Jahre hinweg geprägt haben. Kurz gesagt, es geht um den Widerspruch zwischen der Konstruktion einer modernistischen und einer postmodernistischen Haltung."410 Während Buchloh Richters abstrakten Gemälden eine Rhetorik der Abstraktion, und damit die an-
409
410
Gemeint ist Buchloh 1993c.
Hentschel 1999.
111
gesprochene postmodernistische Haltung, unterstelle, beschreibe
Richter in eigenen Aussagen seine Bilder als Modelle oder Gleichnisse gesellschaftlichen Zusammenlebens, was Hentschel wiederum
als "antizipatorischen Impetus der Moderne" deutet. Er zitiert
zahlreiche Äusserungen Richters, die er mit Malewitsch und anderen Künstlern der Moderne in Verbindung bringt, zeigt sich aber
gleichzeitig verwirrt über Begriffe wie "Indifferenz, Aussageverweigerung" und "Gestaltlosigkeit" in Richters Beschreibung seiner
Grauen Bilder, welche wiederum im Sinne Buchlohs als Destruktion
von modernen Paradigmen der Abstraktion verstanden werden können.
Hentschels Fall ist insofern interessant, als er Richters
Äusserungen als Zeugnisse seiner Intention liest und dabei nicht
beachtet, wie zahlreich die Aussagen Richters sind, die entweder
die eine oder die andere, modernistische oder postmodernistische,
Lesart seiner Bilder ermöglichen.
So beobachtet Gertrud Koch in Richters bereits zitierter Aufforderung, jeder solle Fotos abmalen, die man in allen Gaststätten, Bahnhöfen, Büros und Kirchen aufhängen könne, eine Bezugnahme auf Walter Benjamins Darstellung des Films als Paradigma eines
'aurazerstörenden' technischen Reproduktionsverfahrens: "Unsere
Kneipen und Grossstadtstrassen, unsere Büros und möblierten Zimmer, unsere Bahnhöfe und Fabriken schienen uns hoffnungslos einzuschliessen. Da kam der Film und hat diese Kerkerwelt mit dem
Dynamit der Zehntelsekunde gesprengt, so dass wir nun zwischen
ihren weit verstreuten Trümmern gelassen abenteuerliche Reisen
unternehmen."411 Koch behauptet nun, Richter pflichte Benjamin bezüglich dem Verlust der erhabenen und einmaligen Aura durch die
mechanische Reproduktion bei, demonstriere aber sowohl in seiner
Aussage wie auch in seinen Bildern im Gegensatz zu Benjamin eine
Befürwortung dieser Situation. Er suche nicht wie Benjamin nach
der "unmittelbaren Wirklichkeit" als "Blume im Land der Tech-
411
Benjamin 1996, S. 35-36; vgl. auch Koch/Lang/Antoine 1995, S. 136-137.
– In Benjamins These, die technische Reproduktion zerstöre die Aura
des Kunstwerks, übernimmt der Film als reproduzierbares Massenprodukt
eine paradigmatische Rolle; vgl. auch Spangenberg 2000, S. 404-412.
112
nik",412 was er auch in seiner Serialisierung der Natur im Atlas
und in Montagen wie dem Seestück (See-See) unter Beweis stelle.413
In der Tat deutet Richters Notiz "Photografien sind kurzlebige Abbilder dieser Vermittlung [des Lebens] wie die Bilder, die
ich nach den Photos abmale",414 eine Auseinandersetzung mit Benjamins Gegensatz von "Einmaligkeit und Dauer" des Kunstwerks und
"Flüchtigkeit und Wiederholbarkeit" der Reproduktion an. Auch
1982 bekannte Richter sich mit dem Statement "Seit Duchamp werden
nur noch Readymades hergestellt, auch wenn sie gemalt sind", kokett zu seiner Technik der Wiederholung.415
Dem gegenüber betonte er aber auch eine "kultische Funktion"
der Fotografie: "Jeder hat seine 'Andachtsbilder' selbst hergestellt – das sind die Abbilder der Verwandten und Freunde, andenkend konserviert".416 Was dabei anklingt, ist die Wiederanbindung
der Reproduktion an eine transzendentale Überhöhung: "Wenn ich
ein Urinoir ausstellte, so wäre das legitim, denn ich demonstrierte damit nicht Antikunst, sondern stellte es auf als Altar
und Objekt der Kunst und Gläubigkeit." Entsprechend wertete Richter die Kunst als "Religionsersatz" und beschrieb sie noch Jahre
später in einer 'modernistischen' Koppelung mit der Transzendenz
412
413
414
415
416
Benjamin 1996, S. 31.
Damit demonstriere Richter genau das von Benjamin beschriebene "Habhaft werden" des Gegenstandes und die "Überwindung des Einmaligen"
durch die Reproduktion, Benjamin 1996, S. 15; vgl. Koch/Lang/Antoine
1995, S. 137-138.
Gerhard Richter, "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier
S. 27.
Gerhard Richter, "Notizen 1982", in: Obrist 1993, S. 93. – Bereits im
Wort "hergestellt" deutet sich an, dass mit "Readymade" nicht mehr ein
aufgefundener Gegenstand gemeint ist, der selbst zum Kunstwerk erklärt
wird, sondern dass dieser Gegenstand vom Künstler reproduziert und damit zur Kunst gemacht wird.
Gerhard Richter, "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25. - Diese
fast kultische Funktion hatte auch Walter Benjamin der Porträtfotografie noch zugestanden: "Keineswegs zufällig steht das Portrait im Mittelpunkt der frühen Photographie. Im Kult der Erinnerung an die fernen
oder die abgestorbenen Lieben hat der Kultwert des Bildes die letzte
Zuflucht. Im flüchtigen Ausdruck eines Menschengesichts winkt aus den
frühen Photographien die Aura zum letzten Mal", Benjamin 1996, S. 21.
113
als "Sehnsucht nach 'Gott'",417 um sich im nächsten Moment bereits
wieder davon loszusagen: "Keine Religion, kein Glaube, kein Sinn,
keine Phantasie, keine Kreativität, keine Hoffnung"418, "es ist
kein Heil mehr möglich".419
Wie Richters Bilder zwischen Readymades und dem von Benjamin
verloren geglaubten "schönen Schein" schwanken,420 dessen "Verlogenheit" zudem sofort wieder in der Unschärfe enttarnt wird, ist
auch in Richters Äusserungen nichts kohärent.421 Dass diese Paradoxien nicht aus Unachtsamkeit entstehen, sondern beabsichtigt
sind, belegt Richters Praxis der Interview-Überarbeitung, in der
er die scheinbare Authentizität durch überlegte Setzung und Korrektur seiner Äusserungen verdrängt.422
Hierin ähnelt Richters Strategie derjenigen Polkes. Während
Richter seine Äusserungen jedoch in aller Ernsthaftigkeit vorträgt, provoziert Polke in Interviews absurde Dialoge und verfasst seine Texte in Entsprechung zu den Bildern als groteske
Collagen. Die Erklärung dazu lieferte er 1984 im Gespräch mit Bice Curiger: "Ein Interview ist dann gut, wenn es innerhalb des
Interviews eine eigene Logik gibt, wenn das Interview eine Kunst-
417
418
419
420
421
422
Gerhard Richter, "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier
S. 32, und "Notizen 1988", in: Obrist 1993, S. 160-164, hier S. 160. –
Derartige Äusserungen reihen sich nahtlos in das Gedankengut der 'Moderne' ein, vgl. dazu auch Rosenthal 1996, S. 227: "Many of Richters
statements about art echo the view of early abstractionists. […] He
believes that art has a quasi-religious mission, with a "moral function" to affect society.". – Vgl. auch die Verbindung zu den Abstrakten
Expressionisten bei Bätschmann 1998, S. 25.
Gerhard Richter, "Notizen 1985", in: Obrist 1993, S. 110-115, hier S.
113.
Richters Aussage in: Lebeer 1973.
Benjamin 1996, S. 27: "Nichts zeigt drastischer, dass die Kunst aus
dem Reich des 'schönen Scheins' entwichen ist, das solange als das
einzige galt, in dem sie gedeihen könne".
Vgl. Richters Aussage: "Ich hatte Lust, etwas Schönes zu malen" im
"Interview mit Rolf Gunther Dienst 1970", in: Obrist 1993, S. 55-59,
hier S. 59, und im Gegensatz dazu die Notiz: "Meine Landschaften sind
ja nicht nur schön oder nostalgisch, romantisch oder klassisch anmutend wie verlorene Paradiese, sondern vor allem 'verlogen'", Gerhard
Richter, "Notizen 1986", in: Obrist 1993, S. 115-121, hier S. 115.
Diese Information verdanke ich Christof Lichtin und Dieter Schwartz,
die mir einen Einblick in die vom Künstler mehrfach überarbeiteten Unterlagen zum Interview Richters mit Dieter Schwarz für Schwarz 1999b
gewährten.
114
form wird."423 Polke verfolgt ähnlich wie Warhol eine Strategie
der Dissimulation. In einem ständigen Rollenspiel vermeidet er
den Zugriff auf seine Persönlichkeit. So berichtet Barbara Reise
im Zürcher Ausstellungskatalog selbstironisch über ihren Atelierbesuch bei Polke: "Während ich noch in die Winkel spähte, ob irgendwo ein 'richtiger' Künstler lauerte, traf ich auf einen exzellenten Maler, einen Photografen, Regisseur, Schauspieler und
auf einen hervorragenden Schriftsteller und mehr: Ich fand einen
Hexenmeister und Magier, einen Trickser und Galgenstrick, einen
Meister und einen oft ziemlich lästigen, rotznasigen Possenreisser, Narr am eigenen Königshof".424 Polkes bevorzugtes Mittel,
sich einer eindeutigen Aussage über seine Kunst zu entziehen, ist
das Herstellen von Beziehungen zwischen scheinbar zusammenhangslosen Phänomenen. So beschrieb er die palmenverzierte Verpackung
eines billigen Kokosnuss-Fetts als wesentlichen Anstoss seiner
künstlerischen Initiation, fand die Verbindung der Palme mit seinem Namen in ägyptischen Hieroglyphen wieder425 und führte den
Verlust der Expressivität in der Malerei auf die Einwegflasche
zurück.426
In ähnlich grotesker Weise veralberte Polke in seinen autobiografischen Aufzeichnungen die manieristische Bildformel der
figura serpentinata und deren Weiterentwicklung in William Hogarths "Line of Beauty" als Zeichen für ein schöpferisches Weltprinzip427 mit der Beschreibung der "morphologischen Einheit" einer "hochsignifikanten Krümmungscharakteristik" von Flamingos,
Schneeglöckchen, Affenschwänzen und Nierentischen.428 Parallel gelangten jene pseudo-theoretischen Betrachtungen in zahlreichen
seiner Gemälde und Zeichnungen von Reihern, Flamingos, Palmen,
423
424
425
426
427
428
Curiger 1990, S. 15.
Reise 1984, S. 54. – Bezeichnenderweise tragen auf dem Foto über dem
Abdruck des Interviews von Bice Curiger und Polke in Parkett 1990 beide Interview-Partner eine Maske, als ginge es nicht um eine authentische Unterhaltung, sondern ein Rollenspiel, vgl. Curiger 1990, S. 6.
Vgl. Heubach 1997, S. 286-287, Abb. 1.
Vgl. Curiger 1990, S. 10.
Hogarth 1753. – Vgl. auch Baumgärtel 1997, S. 292.
Heubach 1997, S. 290-291, bes. S. 291, Abb. 3.
115
Kartoffelköppen und ähnlich geschwungenen Gebilden zur Realisation.
In Entsprechung zu diesem Vorgehen führte Polke in der mit
Richter verfassten Textcollage 1966 Wassily Kandinskys Überlegungen zu den Grundelementen der Malerei ad absurdum. Seine Feststellung "Wo ein Punkt ist, passiert was! Punkt – Grundgebilde
der Geometrie, Schnittpunkt zweier Linien, ohne Ausdehnung. –
Satzzeichen"429 schloss sich scheinbar Kandinskys Theorie der Elemente in Punkt und Linie zu Fläche an.430 Noch im gleichen Text
verkehrte Polke jedoch die scheinbare Logik und Kandinskys Definition des Punktes als "selbständiges Wesen"431 in Unsinn: "'Sie
können es mir glauben oder nicht, aber ich sehe meine Umwelt
wirklich gepunktet'. Ich liebe alle Punkte. Mit vielen Punkten
bin ich verheiratet. Ich möchte, dass alle Punkte glücklich sind.
[…] Ich bin auch ein Punkt. Früher haben wir immer zusammen gespielt, heute geht jeder seine eigenen Wege. Wir treffen uns nur
noch zu Familienfesten und fragen uns: wie geht's".432 Und Kandinskys Legitimation der Künstlertätigkeit aus einer "inneren
Notwendigkeit"433 wird ironisiert in der wiederholten Aussage:
"Ich muss rastern! […] Ich muss nur rastern."434
Bereits 1964 hatte Polke mit seinem 5 Punkte Bild(Abb. 63)
Kandinskys Illustration 9 Punkte im Aufstieg (Betonung der Diagonale d-a durch Gewicht)435 in Erinnerung gerufen. Die analytische
Anordnung wurde jedoch von Polke jeder gesetzmässigen Logik beraubt und als beliebiges Muster auf einen Dekorationsstoff gemalt, wobei in einem Fall das Verlaufen der Farbe die Vorstellung
des "ideellklein[en]" und "ideellrund[en]" Punktes zum Scheitern
429
430
431
432
433
434
435
Polke/Richter 1993, S. 45-47.
Kandinsky 1955, bes. S. 21-56.
Kandinsky 1955, S. 25.
Polke/Richter 1993, S. 36.
Kandinsky 1952, S. 85, 120, 128 u. 136-137.
Polke/Richter 1993, S. 45.
Kandinsky 1955, S. 172-173, Abb. 3 [Punkt].
116
brachte.436 Auch Polkes Sternenhimmeltuch von 1968 könnte als Persiflage auf Kandinskys Demonstration des auch in der Natur vorhandenen Punktes als "ein in sich gekehrtes Wesen voller Möglichkeiten"437 verstanden werden. Kandinskys Illustration des Sternhaufens im Herkules mutiert bei Polke zu einem Sternbild, das
seinen Namenszug zeigt.438
Als 'Zwischenstation' der Bezugnahme können dabei auch Francis Picabias "Punkte-Bilder" betrachtet werden, die er 1949 in
Paris und ein Jahr später in New York unter dem Titel "Picabia,
Point" ausstellte.439 Picabias vereinzelte Punkte auf einer pastosen Monochromie werden meist als Reaktion auf die Vorherrschaft
der Abstraktion und direkte Paraphrase auf den Farbauftrag eines
Jean Fautrier, als Darstellung von Leere oder als "Schlusspunkt"
in der Frage nach Tod und Überleben der Malerei gedeutet.440 Laszlo Glozer erkennt in Picabias "Punkt-Bildern" hingegen eine
"werkhafte Annäherung an die Prototypen der informellen Kunst"
und eine "ausdrucksstarke Malerei".441 In Polkes Übertragung der
Punkte auf einen Stoff mit Blümchenmuster ging sowohl die gesetzmässige Anordnung Kandinskys als auch Picabias scheinbare Bedeutungsschwere verloren. Er selbst führte in Aufzeichnungen seine
Beschäftigung mit den Punkten und der Rasterung schlicht auf seine Kurzsichtigkeit zurück.442 Einmal mehr muss der Versuch, ihn
auf eine eindeutige Position festlegen zu wollen, scheitern.
436
437
438
439
440
441
442
Zu Kandinskys Beschreibung der Punktform vgl. Kandinsky 1955, S. 2829.
Kandinsky 1955, S. 39.
Sternenhimmeltuch, 1968, Filztuch, Klebeband, Kordeln, Pappscheiben,
250 x 240 cm, Privatsammlung; vgl. Kandinsky 1955, S. 39-40 u. Bild 5.
– Im gleichen Jahr entstand My Name As Though It Were Written on the
Surface of the Moon (Neonröhren in 4 Teilen, 27,9 x 518 x 5,1 cm,
Schaffhausen, Hallen für neue Kunst) von Bruce Nauman, vgl. Benezra/Halbreich 1994, S. 60, Abb. 9.
Picabia, Point, Galerie des Deux-Îles, Paris, Dezember 1949, und Picabia, Rose Fred Gallery, New York, Februar/März 1950. – Vgl. zu den
Points auch Pagé 2002, S. 378-423.
Pierre 1997, S. 30, und Wilson 1988, S. 41-42.
Glozer 1981, S. 140.
Heubach 1997, S. 285.
117
Es ist genau die paradoxe Aufhebung von ernsthaften Gegensätzen herrschender Diskurse, in der sich die Schriften von Richter
und Polke als parallele Gattung zu ihren Kunstwerken erweisen.
Der von Erwin Panofsky 1920 geprägte Begriff vom Künstlertext als
"Parallelphänomen" zum Werk erhält hier also ausdrücklich Aktualität.443 In diesem Sinne kann auch Gerhard Richters Notiz "Über
Malerei reden, das hat keinen Sinn. Indem man mit der Sprache etwas vermittelt, verändert man es. Man konstruiert solche Eigenschaften, die gesprochen werden können, und unterschlägt die, die
nicht ausgesprochen werden können, die aber immer die wichtigsten
sind"444 nicht verwundern, wenn sie auch inmitten eines 277 Seiten
umfassenden Bandes mit Kommentaren zur Malerei absurd erscheinen
mag.
443
444
Panofsky 1992, S. 32-33.
Gerhard Richter, "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier
S. 33.
118
Vom Vorbild zum Nachbild
1. Intermedialität
Martin Hentschels Artikel über die abstrakten Gemälde Gerhard
Richters und seine Verunsicherung über die gegensätzliche Deutung
Benjamin Buchlohs wirft jedoch nicht nur die Frage nach den paradoxen sprachlichen Äusserungen des Künstlers auf, sondern ebenso
die nach der Bildsprache, welche ein solch dialektisches Verständnis der Werke ermöglicht. Entsprechend muss auch dargelegt
werden, inwiefern die hier vorgestellte Lesart von Richters und
Polkes Kunstbezügen als Referenzen auf kunsthistorische und gesellschaftliche Diskurse medial angelegt ist.
Die Gegenüberstellung beispielhafter Werke wie Richters Philipp Wilhelm aus dem Jahr 1964 (Abb. 64) und Polkes Ruhe auf der
Flucht nach Ägypten (nach Hoogstraten) von 1997 (Abb. 65) lässt
noch einmal deutlich werden, wie der Bezug auf Gemälde der Kunstgeschichte bei beiden Künstlern über eine im Gemälde sichtbar gemachte Reproduktions-Vorlage geschieht. Sowohl Richter als auch
Polke betonen und thematisieren medial die technische "Vermitteltheit" des künstlerischen Vorbildes:445 Wie alle 'figurativen'
Gemälde Richters ist auch das Porträt des pfälzischen Kurfürsten
Philipp Wilhelm in der üblichen Verwischung der Farbe wiedergegeben. Als eines der frühen Gemälde Richters ist es in Grautönen
gehalten und erinnert so an eine unscharfe Schwarz-WeissFotografie. Nur schemenhaft stechen die hellen Partien der Darstellung wie Gesicht, Hände und Kragen aus dem diffusen Dunkel
des Porträts hervor. Gesichtszüge und Kleidung des Porträtierten
oder Details des Darstellungsraumes sind in der Farbverwischung
kaum auszumachen.
Klaus Honnef bemerkte bereits 1973, dass die Schwierigkeit
der Wahrnehmung des Motivs durch Richters Unschärfe die Aufmerk-
445
Honnef 1997, S. 66-67 und Gronert 2002, S. 43.
119
samkeit des Betrachters auf die malerische Behandlung der Motive
lenke. Das Bild werde somit als eigenständige Wirklichkeit, als
Ding begriffen.446 Michael Wetzel bezeichnet diesen Vorgang als
"Oszillieren zwischen dem indexikalischen und dem ikonischen Sinn
der Bilder",447 und auch Wolfgang Ullrich, der die "Geschichte der
Unschärfe" vom frühen 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart untersucht, kommt zu dem Schluss, dass die Verschleierung des Sujets
bei Richter als Bildstörung wirke und damit die Wahrnehmung der
Medialität des Bildes unvermeidbar mache.448 Eben diese Tatsache
wurde hier bereits im Zusammenhang mit Richters Paraphrase auf
Tizians Verkündigung als Betonung der 'ikonischen Differenz' beschrieben und mit Polkes Verwendung von Rasterpunkten parallelisiert.449
In Polkes Gemälde ist das Motiv der Ruhe auf der Flucht nach
Ägypten (nach Hoogstraten), das auf eine Zeichnung von Ferdinand
Boll zurückgeht, während es in der von Polke verwandten Reproduktion wohl Samuel van Hoogstraten zugeschrieben wurde,450 in grober
und kaum noch entzifferbarer Rasterung auf ein durchscheinendes,
von Lacken getränktes Polyestergewebe übertragen. Möglicherweise
446
447
448
449
450
Honnef 1997, S. 66-67. – Dies hinderte jedoch Robert Storr nicht daran, in seinem ausführlichen Essay des Katalogs zur amerikanischen Retrospektive Richters 2002/03, die Verwischung der Farbe themenspezifisch zu deuten, da sie keinesfalls immer die gleiche Wirkung erzeuge,
Storr 2002a; zur Problematik jener Deutungen vgl. Gelshorn 2003, S.
116-117.
Wetzel 1997, S. 209.
Ullrich 2002, S. 101.
Stefan Gronert lieferte kürzlich für diese Parallelisierung einen weiteren Beleg, indem er in einigen Offsetdrucken Richters eine zu Polke
analoge Beschäftigung mit Rasterpunkten oder –linien entdeckte, vgl.
Gronert 2002, S. 43.
Die im Kunstmuseum Düsseldorf befindliche Zeichnung Ruhe auf der
Flucht nach Ägypten wird von Werner Sumowski Ferdinand Boll zugeschrieben, Sumowski 1979, Bd. 1, S. 454, Nr. 215: "Rest on the Flight
to Egypt, Pen and brown ink and brown washes, Oil spots 12,9 x 20,2
cm, Düsseldorf, Kunstmuseum". - Der Eintrag weist jedoch daraufhin,
dass die Zeichnung von Eckhard Schaar noch Samuel Van Hoogstraten zugeschrieben und entsprechend als solche in Ausstellungen in Essen 1958
und Düsseldorf 1968 und 1969/70 präsentiert wurde. – Der Düsseldorfer
Ausstellungskatalog könnte entsprechend Polkes Quelle gewesen sein:
Schaar 1968, S. 26, Nr. 53, Abb. 34. – Aufgrund der Rasterung des Motivs in seinem Gemälde, kann aber auch vermutet werden, dass die direkte Vorlage in einer Zeitung reproduziert war.
120
haben Polke die auffälligen Ölflecken auf dem Original, welche
auch von Werner Sumowski erwähnt werden, gerade auf diese Zeichnung aufmerksam gemacht und zu seiner ebenfalls 'fleckigen' Umsetzung angeregt.451 Die Ölflecken selbst werden bei Polke jedoch
in die Rasterdarstellung übernommen und sind somit bei ihm vom
dargestellten Motiv nicht mehr zu unterscheiden, was das (Wieder)Erkennen des Sujets umso mehr erschwert. Die gezielte Irritation der Bild-Lektüre durch jene 'Bildstörung' lenkt ebenso wie
Richters Unschärfe die Wahrnehmung vom dargestellten Motiv auf
das Medium der Vorlage, nämlich die reproduzierte Zeichnung. Indem die Faktur zum eigentlichen Thema wird, sabotiert sie den Illusionismus452 und nähert sich im 'all-over' der Punkte einer abstrakten Darstellung an. Bereits auf medialer Ebene manifestiert
sich somit unabhängig vom Sujet der Bilder der bereits erörterte
ambivalente Kommentar der Künstler zur zeitgenössischen Diskussion um die visuellen Ausdrucksmittel zwischen 'Abstraktion' und
'Figuration'.
Der Verweis auf eine Bildvorlage aus den Massenmedien geschieht aber, wie das Beispiel von Richters Porträt zeigt, nicht
nur durch die Einführung von Unschärfe oder Rasterpunkten, sondern in einigen Fällen ebenso durch eine Übernahme von Schriftelementen und oftmals durch die in die Gemälde übertragenen weissen Rahmungen der Vorbilder. Während der weisse Rahmen in Philipp
Wilhelm signalisiert, dass Richters Gemälde kein authentisches
Porträt ist, sondern ein bereits reproduziertes Bild wiederholt,
ist die weisse Rahmung etwa in Polkes Carl André in Delft (Abb.
36) das entscheidende Mittel, dem als Readymade verwendeten Stoff
mit Kachelmuster überhaupt erst eine bildliche Erscheinung zu
verleihen.453 In beiden Fällen steht die Rahmung für ein grundle-
451
452
453
Für diese Anregung und die grosse Hilfe bei der Identifikation der
Zeichnung Ferdinand Bolls danke ich Gregor J. M. Weber (Staatliche
Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister).
Vgl. Ullrich 2002, S. 101.
Stefan Gronert macht in seinem Artikel "Die Bildlichkeit des Abbildes"
eine Aufstellung der Gemälde Richters, die einen weissen Rand aufweisen, Gronert 2002, S. 41.
121
gendes Element der mechanischen Reproduktion, welches in die Malerei transferiert wird, wo es als medialer 'Fremdkörper' ins Auge sticht.454 Der Theaterwissenschaftler Christopher B. Balme beschreibt die Kategorie der Rahmung als "Bestimmungsfaktor medialer Reflexivität".455 Durch einen in der Darstellung integrierten
Rahmen werde sich der Betrachter seines Betrachtens bewusst, wodurch sich ein Denk- und Reflexionsraum eröffne. Nach Balme bedeutet Reflexion über Medialität, dass der Kommunikationsprozess
zwischen Produktion und Rezeption in den Vordergrund tritt.456 Die
in den weissen Rand gemalte Schrift, welche den jeweiligen
Schrifttyp der verwendeten Vorlage in Massstab und Form exakt imitiert, kann ebenso als mediale Reflexion und als Verweis auf
die Vorlage verstanden werden, wenn sie auch bei beiden Künstlern
funktional sehr unterschiedlich eingesetzt wird.
Entscheidend ist, dass Richter und Polke ihre künstlerischen
Vorbilder in bereits reproduzierter Form aufgreifen, indem sie
den spezifischen Code und die typischen Eigenschaften des jeweiligen Reproduktionsmediums malerisch imitieren. Insofern liegt
den 'intramedialen' Bezügen zwischen Vor- und Nachbildern innerhalb der Malerei zusätzlich eine 'intermediale' Ebene, zwischen
Malerei und Fotografie, zugrunde. Richters und Polkes Wiederholungen können daher mit Bezug auf Irina O. Rajewskys Theorie der
Intermedialität als "intermediale Bezüge" charakterisiert werden:
Dabei imitiert die Malerei als Objektmedium ein Referenzmedium
wie die Fotografie oder deren gedruckte Reproduktion in ihrer medienspezifischen Struktur.457 Die malerische Simulation von Ele-
454
455
456
457
Zudem wird durch die Integration der Rahmung in das Gemälde selbst,
ein zum Bild eigentlich "antithetisches" Element, nämlich die Trennlinie zwischen Bild- und Aussenraum in die Darstellung selbst mit einbezogen; zum Rahmen und seinem kunstwissenschaftlichen Diskurs vgl. Belting/Kruse 1994, S. 5-35, 38.
Balme 2001.
Balme 2001, S. 490.
Rajewsky definiert den Begriff "Intermedialität" als "termine ombrellon(ne)" und unterscheidet drei verschiedene Gegenstandsbereiche: 1.
die "Medienkombination" als Multimedialität, in der verschiedene
Kunst- oder Mediengattungen materiell kombiniert werden; 2. den "Medienwechsel" als Transformation eines medienspezifisch fixierten Pro-
122
menten wie Unschärfe, Rasterpunkten, Beschriftung oder weissen
Rändern, die konventionell als von der Malerei distinkt wahrgenommen werden, führt dazu, dass das "kontaktgebende" Medienprodukt, etwa das Bild aus den Massenmedien oder der Amateurfotografie, in seiner Differenz oder Äquivalenz zum Gemälde mit rezipiert wird. Die Gemälde zeichnen sich entsprechend durch ihren
"'Als ob'-Charakter" eines quasi 'fotografischen' oder 'druckgrafischen' Malens aus. Dabei machen beide Künstler sowohl Einzelreferenzen auf die jeweilige spezifische Vorlage, als auch so genannte Systemreferenzen auf das imitierte semiotische System.458
Wollte man diese Systemreferenzen genauer benennen, so wären
Richters 'Fotomalerei' und Polkes 'Rasterbilder' mit Rajewsky als
"simulierende Systemerwähnungen", also als "Systemerwähnung qua
Transposition" zu umschreiben.459 Dies bedeutet, dass die Ähnlichkeitsbeziehung zwischen gemaltem und fotografischem bzw. gedrucktem Bild diskursiv, also innerhalb der Struktur des Gemäldes her-
458
459
dukts bzw. Produktsubstrats in ein anderes, konventionell als distinkt
wahrgenommenes Medium, wobei nur letzteres medial präsent ist; der
sichtbare Bezug zum Prätext bleibt dabei fakultativ; der Zieltext muss
nicht notwendigerweise auf die 'Quelle' des Ausgangstextes verweisen;
und 3. die "intermedialen Bezüge", ein Verfahren der Bedeutungskonstitution eines medialen Produkts durch Bezugnahme auf ein Produkt (=
Einzelreferenz) oder das semiotische System (= Systemreferenz) eines
konventionell als distinkt wahrgenommenen Mediums mit den dem kontaktnehmenden Medium eigenen Mitteln; wie beim "Medienwechsel" ist nur
letzteres materiell präsent; es werden jedoch Elemente und/oder Strukturen eines anderen Mediums mit den eigenen, medienspezifischen Mitteln thematisiert, simuliert, oder soweit möglich, reproduziert; Rajewsky 2002, bes. S. 6-27. – Rajewsky weist selbst darauf hin, dass
die Begrifflichkeit in den Theorien zu intermedialen Phänomene sehr
heterogen ist; die von Rajewsky entwickelten Definitionen der Begriffe
erweisen sich jedoch in Bezug auf die Verfahren von Richter und Polke
als sehr dienlich.
Vgl. dazu Rajewsky 2002, S. 79-145.
Rajewsky 2002, S. 83-117: Rajewsky unterscheidet auf der Grundlage anderer Intertextualitäts- und Intermedialitätskonzepte zwischen zwei
grundlegenden Arten der "Systemreferenz": der "Systemerwähnung" und
der "Systemkontamination", in der das Bezugsmedium soweit als möglich
aktualisiert wird. Die Systemerwähnung wiederum teilt sich in die "explizite Systemerwähnung" und jene "qua Transposition". Letztere beruht
auf einer Evokation, Simulation oder Teilreproduktion des Mediums, auf
das Bezug genommen wird. – Richters und Polkes intermediale Bezüge auf
Fotografie und Printmedien müssen insofern als Simulationen jener Medien beschrieben werden; eine weitgehende "Aktualisierung" der Bezugsmedien wie in der "Systemkontamination" liegt hingegen nicht vor, da
die Malerei Unschärfe, Rasterpunkte und etwa Schreibmaschinentype lediglich imitieren kann.
123
gestellt wird, ohne explizit "erwähnt" werden zu müssen.460 Bedingung ist dabei, dass die intermediale Bezugnahme entsprechend
markiert wird.461
Die Referenz auf fremdmediale Systeme geschieht bei beiden
Künstlern jedoch meist, indem gerade die Grenzen des jeweiligen
Systems in Form der erwähnten 'Bildstörungen' durch Unschärfe oder zu grosse Rasterweite vor Augen geführt werden. In der Übersteigerung des systemtypischen Kodes wird somit die systembezogene Illusion sogleich wieder gebrochen.462 Statt, wie etwa die so
genannten Fotorealisten, die malerische Imitation des fremden Mediums in ihrer Perfektion vorzuführen, erweist sich bei Richter
und Polke die 'Illusion des Fremdmedialen' absichtlich fehlerhaft. Das ästhetische Verfahren der "Illusionsbildung", wird hier
also zugleich in seiner negativen Form, der "Illusionsdurchbrechung", vorgeführt.463 Letztere ist in der ästhetischen Illusion
selbst potentiell enthalten und zielt durch Nichterfüllung eines
oder mehrerer der illusionistischen Prinzipien auf die Aktualisierung der ästhetisch-rationalen Distanz. Dadurch betont die Illusionsbrechung den Fiktions- oder Artefaktcharakter des Werkes
und bewirkt eine Ablenkung des Interesses von der dargestellten
'Welt' hin zu einer Medienreflexion.464 Für die Literaturwissenschaft spricht Werner Wolf auch von illusionsdurchbrechenden Verfahren, die den discours "opak" werden lassen,465 was sich direkt
mit dem hier verwendeten Begriff der Opazität des Bildes und der
Betonung der "ikonischen Differenz" gleichsetzen liesse.466
Abgesehen davon, dass die intermedialen Bezüge das Augenmerk
des Betrachters geradezu wortwörtlich auf die Medialität der Bil-
460
461
462
463
464
465
466
Vgl. Rajewsky 2002, S. 91.
Vgl. Rajewsky 2002, S. 115, 200.
Nach Wolfgang Ullrich malt Richter "idealisierte Fotos", wenn er den
fotografischen Charakter noch verstärke und die Effekte isoliere, Ullrich 2002, S. 100.
Zu den Termini "Illusionsbildung" und "Illusionsdurchbrechung", vgl.
Wolf 1993, bes. Teil I, S. 21-465, und Wolf 1998.
Wolf 1993, bes. S. 211-213.
Wolf 1998.
Vgl. Kapitel "Richters Verkündigung nach Tizian".
124
der und ihre Funktionsweisen lenken, kann die deutliche Markierung des intermedialen Bezugs, etwa in weissen Rändern, auch als
expliziter Rückverweis auf die Quelle in Entsprechung zu den Anführungszeichen eines sprachlichen Zitats gedeutet werden. Leo
Steinberg hatte eben diese Fähigkeit, "to credit its source", der
bildlichen Bezugnahme in seiner Einleitung zum Ausstellungskatalog Art About Art noch abgesprochen und damit den Begriff des
'Zitats' für die Kunst verworfen: "[…] there is no place in Renaissance pictures for footnotes, credit lines, or quotation
marks […] and if quotation by definition requires acknowledgement, then the word had best stay out of art."467 Auch Nelson
Goodman sprach in Ways of Worldmaking der Malerei aufgrund ihrer
Einmaligkeit die Möglichkeit des direkten Zitats ab: "Da es für
Malen und Zeichnen kein Alphabet gibt und kein Notationskriterium
für die Selbigkeit der Buchstabenfolge, hat das direkte sprachliche Zitat kein exaktes Analogon in der Malerei." Die einzige Möglichkeit, ein Zitat entsprechend der Sprache in die Malerei zu
übertragen, sei "ein gemalter Rahmen als Analogon" für die Anführungszeichen.468
Es soll hier nicht darum gehen, den Begriff des 'Zitats' für
die Wiederholungen Richters und Polkes zu beanspruchen, da er eben nur in Ausnahmefällen zutrifft. Entscheidend ist vielmehr die
Feststellung, dass es beiden Künstlern durch verschiedene Mittel
sehr wohl gelingt, die Quellen ihrer Bezugnahmen sicht- und erfahrbar zu machen und dadurch einen 'ungebrochenen' Blick auf die
dargestellten Motive zu verhindern, zumindest aber zu verunsichern. Neben dem abgemalten Rahmen können dies auch andere Eigenschaften der verwendeten Reproduktions-Vorlagen wie Unschärfe,
Rasterpunkte oder Imitationen von Schriftzügen sein. Das direkteste Beispiel für dieses Verfahren liefert Polkes Gemälde Fungus
Rock nach dem Original von George Whitmore aus der 1. Hälfte des
19. Jahrhunderts (Abb. 66). Polke hatte eine Reproduktion des O-
467
468
Steinberg 1978, S. 22-23. – vgl. auch Goodman 1978, 1990, S. 65-68 .
Goodman 1990, S. 66-68.
125
riginals in einer Werbeanzeige der ZEIT gefunden, in welcher die
Kunstreproduktion bereits mit einem skizzierten Rahmen versehen
war und übertrug diese als 'Bild im Bild' in sein Gemälde, wobei
er den skizzierten Rahmen perspektivisch schräg stellte.469 Die
widersprüchliche Perspektivität der frontalen Reproduktion auf
gemustertem Stoffgrund in Kombination mit dem schräg gestellten
Rahmen thematisiert dabei offenbar die immer neuen Blickwinkel,
denen das Bild in seinen wiederholten Verwendungen ausgesetzt
ist.
Richters und Polkes Wiederholungen lenken somit den Fokus
nicht nur auf ihren eigenen Status als mediale Übermittler, sondern thematisieren zugleich denjenigen des aufgegriffenen Vorbildes. Entscheidend ist dabei Michael Butors Feststellung in seiner
Untersuchung Les Mots dans la Peinture von 1969: "Wir sehen Bilder nie für sich allein, unser Sehen ist nie reines Sehen. Wir
hören von den Bildern, wir lesen Kunstkritiken, unser Blick ist
umgeben und vorbereitet durch einen ganzen Hof von Kommentaren,
selbst bei den neuesten Werken."470 In der expliziten und markierten Wiederholung eines bestehenden Kunstwerks oder auch einer Kategorie von Bild kann das Nachbild sich somit die zum Vorbild gehörenden gesellschaftlichen und kunsthistorischen Diskurse gleich
mit aneignen und für den Betrachter erkennbar machen.
2. Doppelte Zitate
Das intermediale Bezugssystem, welches Richters und Polkes Strategie der Wiederholung kennzeichnet, entspricht der von Boris
Groys in Bezug auf das postmoderne Gemälde entwickelten Formel
vom "doppelten Zitat": Das zeitgenössische Bild verweise gemeinhin auf eine klassische Vorlage, ein noch "unkritisch" verstandenes Bild, und zugleich auf das anonyme Design, das die Produktion
von Massenverbrauchsgütern oder die Massenmedien kennzeichne.
469
470
Vgl. zu einer detaillierten Beschreibung des Verfahrens Shah 2002b, S.
80-85.
Butor 1992, S. 9.
126
Dieses doppelte Zitat unterscheide sich von der ursprünglichen
Technik des Readymade, welche noch unmittelbar mit der Massenproduktion arbeite und diese direkt ästhetisiere. Im Gegensatz dazu
sieht Groys die Funktion des zeitgenössischen Bildes nur noch in
der Aufdeckung des eigenen dinglichen Charakters und dem Verweis
auf einen Kontext innerhalb bestimmter Zeichensysteme, nicht jedoch mehr auf einen Referenten.471 Obwohl diese Formulierung in
ihrer Verallgemeinerung zu ausschliesslich erscheint, trifft sie
bezüglich der Gemälde Richters und Polkes genau zu.
Gemeinhin wird Richters und Polkes Bezug auf die Massenmedien
als Thematisierung einer "Vermitteltheit" der Realität gedeutet,
die sich – vor allem in Bezug auf Richter – im grundlegenden
Zweifel "an jeglicher definitiven Wirklichkeitserfahrung"472 oder
an der "Erkenntnismöglichkeit jedweder Bildform" begründe.473 Gemäss Hubertus Butin erkundet Richter "die Nichtdarstellbarkeit,
das Nichthabhaftwerdenkönnen der Wirklichkeit auf immer neuen
künstlerischen und sinnlich vielfältigen Wegen".474 In ähnlichem
Sinne schreibt Benjamin Buchloh beiden Künstlern eine dialektische Haltung zu einer Realität zu, "die ihre falschen Ansprüche
auf Glaubwürdigkeit, Gültigkeit und Unveränderbarkeit" unausgesetzt in Bildern vortrage. Die dialektische Position der Künstler
werde in der malerisch-technischen Umsetzung von Fotos als Wirklichkeitsfragmenten in Bildrealität aus verwischter Farbe oder
gemalten Punkten evident.475
Den Arbeiten der Künstler wird somit ein kulturskeptischer,
wenn nicht gar kulturpessimistischer Impetus zugeschrieben – eine
Deutung, die vor dem Hintergrund der noch andauernden Rede um eine von der Bilderflut verstellte Wirklichkeit und den Verlust eines unmittelbaren Zugangs zur Welt gesehen werden muss. Diese
471
472
473
474
475
Groys 1991, S. 99.
Honnef 1997, S. 67.
Gronert 2002, S. 43; vgl. auch z.B. Storr 2002a, S. 18. – Auch Polke
wird gerne als "Zweifler" und "Skeptiker" betitelt, vgl. etwa Denson
1991.
Butin 1991, S. 28.
Buchloh 1976, S. 138-139.
127
Auffassung von Bildern als Surrogaten authentischen Erlebens,
welche in immer neuen Variationen etwa in Guy Debords Diagnose
einer "Gesellschaft des Spektakels",476 Jean Baudrillards Theorie
der Simulation477 oder in Vilém Flussers Formel von Bildern als
"Wandschirmen" Ausdruck gefunden hat,478 wird somit auch der
künstlerischen Praxis Richters und Polkes als Intention unterstellt.479 Craig Owens behauptet etwa, der postmoderne Künstler
demonstriere, dass die Realität eine Fiktion sei, welche nur
durch ihre kulturellen Repräsentationen bestehe.480
Dabei erweist sich die mit der Ausrufung eines ikonischen
Zeitalters einhergehende Widersprüchlichkeit von einer Abwertung
des Bildes als manipulierbarer Instanz einerseits, und einer dazu
komplementären "Euphorie der Sichtbarkeit" andererseits, welche
den Bildern zugleich eine umwälzende Macht – hier im Sinne einer
künstlerischen Reflexion ihrer ontologischen Situation - zuschreibt.481 Umso widersprüchlicher erscheint, dass nach Boris
Groys gerade die Skeptiker der Bildgesellschaft, insbesondere
Jean Baudrillard, in der künstlerischen Strategie der Wiederholung den Verfall des subjektiven künstlerischen Ausdrucks und ein
Scheitern jeglicher signifikativen Verankerung der Bilder sehen.482 Insofern werden Richter und Polke in der Rezeption einerseits zu Botschaftern oder Vertretern eines Kulturpessimismus ernannt und andererseits angesichts der vermeintlichen künstlerischen Niederlage gegen die mediale Bilderflut selbst als Symptome
jener Situation angeführt.
476
477
478
479
480
481
482
Vgl. Debord 1974.
Baudrillard 1978; Baudrillard 1981; Baudrillard 1988.
Flusser 1999.
Eine Kritik der Behauptung, der Mensch sei heutzutage stärker durch
Bilder geprägt als es Menschen zu früheren Zeiten waren, findet sich
etwa bei Silverman 1997, S. 41.
Owens 1982, S. 21.
Vgl. zur Benennung dieses Widerspruchs Holert 2000, S. 18-19; zur Ausrufung einer "ikonischen Wende" bzw. des "iconic" oder "pictorial
turn" vgl. Boehm 1994, Mitchell 1994, S. 11-34, dt. Mitchell 1997; eine Kritik jener Diagnosen von Paradigmenwechseln findet sich bei Schade 2001.
Groys 2001, S. 179-180.
128
Da die Wiederholungen von Bildern jedoch weder bei Richter
noch bei Polke redundant oder insignifikant erscheinen, sondern
vielmehr in ein neues Referenzsystem überführt werden, wird hier
von einer medienkritischen Lesart der Verweise abgesehen. Die
Rückgriffe auf Kunstwerke über die 'Zwischenstation' von Reproduktionsvorlagen aus den Massenmedien können dagegen auch ganz
wörtlich als Suche nach verschiedenen Bildarten in ihren jeweiligen gesellschaftlichen Verwendungen und Konnotationen, verstanden
werden.483
Diese These bezüglich der Funktion einer doppelten Kodierung
der Gemälde lässt sich in Bezug auf Richter am Beispiel der Familie nach altem Meister (Abb. 67) von 1965 verdeutlichen: Wie später bei der Serie nach Tizians Verkündigung ging Richter auch
hier von einer Reproduktion des Kunstwerks aus, und zwar nach
John Singleton Copleys Porträt The Copley Family von 1776/77(Abb.
68).484 Er kopierte die schwarz-weisse Vorlage, indem er sie auf
4/5 x 2/3 des Originalmasses verkleinerte, die Ränder des Vorbildes leicht beschnitt und durch die starke Verwischung der Farbe
die scheinbar 'fotografische' Unschärfe einführte. Die Frage nach
Richters konkretem Grund für die Motivwahl ist nur mit Vermutungen zu beantworten: Zwar liesse sich eine biografische Parallele
ziehen zwischen der 1774/75 von Boston nach London ins Exil gegangenen Familie Copley485 und Richters Flucht aus der DDR in den
Westen, doch sprechen gegen diesen biografischen Ansatz der fehlende Verweis auf Copley im Bildtitel und die in der Unschärfe
gestörte Identifikationsmöglichkeit des Originals.486
483
484
485
486
Wie Oskar Bätschmann bemerkt, beinhaltet der Begriff 'Bildarten' im
Gegensatz zu 'Stilen' die Aufgaben und Funktionen, Bätschmann 1998, S.
32.
In der Literatur zu Gerhard Richter finden sich keine Hinweise über
das originale Kunstwerk, welches in Richters Titel nicht genannt wird.
Den Verweis auf die Vorlage Copleys verdanke ich Oskar Bätschmann.
Vgl. Neff 1996, S. 92.
In einem Telefongespräch mit der Verfasserin vom 26. März 2001 behauptete Gerhard Richter, er habe nicht einmal gewusst, dass es sich bei
der aus einer Zeitung entnommenen Vorlage um ein Werk Copleys gehandelt habe.
129
Eine Kontextualisierung des Gemäldes in Richters Gesamtwerk
erlaubt eine andere These bezüglich der Gründe für den künstlerischen Rückgriff: Die schwarz-weisse Reproduktion von Copleys
Porträt, die Richter einer Zeitschrift entnommen hat, findet sich
in der Vorlagensammlung des Atlas' auf Tafel 9 inmitten verschiedenster gesammelter Fotografien und Zeitungsbilder (Abb. 69).
Darunter lassen sich neben der Copley-Reproduktion fünf weitere
frontale Gruppenporträts von Personen in verschiedenen Lebenslagen ausmachen, während die Atlas-Tafeln 1, 2, 3 und 6 sogar ausschliesslich private Porträtfotografien zusammenstellen, von denen einige in Bildausschnitt und Personenanordnung dem Familienporträt Copleys ähneln.487 Untersucht man den aus diesem Fundus
entstandenen Werkkatalog der Gemälde Richters, so zeigt sich,
dass der Bildtyp einer frontal dargestellten Familie äusserst
häufig erscheint, abgesehen von den zahlreichen weiteren frontalen Gruppenporträts von Partybesuchern, Krankenschwestern und
sonstigen Personen. Besonders aber das Familienporträt als Inbegriff eines an gesellschaftliche Rituale gebundenen Erzeugnisses
scheint Richter als Bildform interessiert zu haben.488 So beobachtet auch Stefan Gronert in einer detailgenauen Einzelanalyse des
Gemäldes Familie am Meer: "Obwohl es sich realiter um keine wirkliche Familie handelte, zeigt dies, dass es Richter hier nicht um
Authentizität, sondern um das typische einer Familiendarstellung
ging."489 Der Rückbezug auf das Familienporträt Copleys steht am
Beginn der malerischen Auseinandersetzung Richters mit diesem
Bildtyp und scheint für ihn eine paradigmatische Rolle einzunehmen. Dieses Musterbeispiel greift Richter immer wieder auf, imitiert es aber anhand von Laienfotografien, deren Komposition er
1:1 in seine Gemälde übersetzt.
487
488
489
Vgl. die genannten Tafeln in Friedel/Wilmes 1997.
Zu Familienporträts mit dem Titel 'Familie XY' vgl. die Werknummern
30, 35, 40, 80-8, 105, 117, 197-2, 295, 302. Zahlreiche weitere Gemälde dieses Typs sind mit den Namen der Dargestellten betitelt, oder mit
Bezeichnungen wie "Geschwister", "Scheich mit Frau" u.ä. versehen. –
Zum rituellen Charakter der Familienfotografie vgl. Bourdieu 1981b, S.
31-32.
Gronert 2002, S. 45.
130
Dass die Fotografie als Medium auf die Darstellungsmodi der
Malerei zurückgreift, ist ein Topos, welcher die Geschichte und
Theorie der Fotografie immer begleitet hat. So weist auch Roland
Barthes in La chambre claire darauf hin, dass die Fotografie noch
immer "vom Gespenst der Malerei" heimgesucht werde: "sie hat die
Malerei, indem sie diese kopierte oder in Frage stellte, zur absoluten, zur väterlichen Referenz gemacht, so als wäre sie aus
dem Gemälde hervorgegangen."490 Richters doppelte Bezugnahmen auf
Kunst und Fotografie gehen jedoch über die Erkenntnis hinaus,
dass die Fotografie "de[n] gleiche[n] Ausschnitt, die gleiche
Perspektive"491 zeigt wie das Gemälde. Sein Vorgehen kann eher als
künstlerische Auseinandersetzung mit einem 'kulturellen Blickregime' einerseits und den daraus resultierenden Bildformen und ihren gesellschaftlichen Funktionen andererseits verstanden werden.
In zeitgenössischer Entsprechung dazu liesse sich etwa Pierre
Bourdieus soziologische Untersuchung Die gesellschaftliche Definition der Fotografie als Erklärungsmodell heranziehen. Bourdieu
geht davon aus, dass die "herkömmliche Ordnung des Sichtbaren"
die gesamte Tradition der Malerei und die gesamte Wahrnehmung der
Welt beherrsche. Ebenso wie die Malerei sei auch die Fotografie
in der gängigen Praxis den Kategorien und Regeln der traditionellen Weltdeutung und damit den traditionellen Sichtbarkeitsordnungen unterworfen.492 In der Konsequenz bezeichnet Bourdieu die Fotografie als "eine Kunst, die die Kunst nachahmt":493 "In aller
Regel erfassen die Photografen die Welt mit der Kamera so, wie
sie diese sehen, d.h. nach der Logik eines Weltbildes, das seine
Kategorien und Regeln der Kunst der Vergangenheit entlehnt."494
490
491
492
493
494
Barthes 1989, S. 13. – Dabei wehrt sich Barthes zugleich vehement gegen die Vorstellung, die Maler hätten die Fotografie erfunden "indem
sie den Ausschnitt, die Zentralperspektive Albertis und die Optik der
camera obscura auf sie übertrugen". Die Erfindung der Fotografie geht
für Barthes vielmehr auf die Chemiker zurück, welchen es gelang eine
"Emanation des Referenten" einzufangen, Barthes 1989, S. 90.
Barthes 1989, S. 13.
Bourdieu 1981a, S. 88.
Bourdieu 1981a, S. 85.
Bourdieu 1981a, S. 87-88.
131
Diese an sich banale Feststellung eines traditionell geprägten
Blicks ist bei Bourdieu aber grundlegend für sein Verständnis der
unterschiedlichen Gebrauchsweisen von Fotografie sowie für die
geschmacklichen Vorlieben und Erwartungen in den einzelnen Gesellschaftsschichten, welche er soziologisch untersucht.
Richters Beschäftigung mit der Tradition der Malerei scheint
durch ihren sichtbar gemachten Rückgriff auf fotografische Vorlagen ganz ähnlichen Beobachtungen zu folgen. Seine Erprobung der
Bildgattung des Familienporträts könnte entsprechend dem Ansatz
Bourdieus als Reflexion darüber verstanden werden, weshalb die
Porträtfotografie ihre Regeln des Bildaufbaus oft ganz den Kompositionsregeln der traditionellen Malerei angleiche: "In der Sprache aller Ästhetiken bedeutet Frontalität das Ewige, im Gegensatz
zur Tiefe, aus der die Vergangenheit wieder eingeführt wird, und
die Ebene signalisiert das Wesen oder die Essenz, kurz das Zeitlose. So übernehmen die Bauern, die für das Hochzeitsfoto posieren, das Kompositionsprinzip und die Haltung der Figuren auf byzantinischen Mosaiken und verteidigen sich auf diese Weise gegen
die Macht der Fotografie, die Wirklichkeit aufzulösen […]."495
Entscheidend ist dabei, dass Richters Wiederauffindung kompositorischer Muster der Malerei in den zeitgenössischen Fotografien weniger als Ausdruck eines Paragone der Bildmedien zu verstehen ist, sondern vielmehr als Aufdeckung der gesellschaftlichen Konnotationen wie etwa einem "Ewigkeitswert", welchen die
Familienfotografie genauso zu übermitteln versucht wie das traditionelle gemalte Porträt. Die bildliche Reflexion führt dabei auf
495
Bourdieu 1981a, S. 87-88. – Hierin klingt zugleich die Idee an, nach
welcher der Mensch derart vom Blickregime geprägt ist, dass sein Körper in dem Moment, wo er mit einer realen oder metaphorischen Kamera
konfrontiert wird, sich so in "Pose" setzt, dass er bereits zu einem
'vor-fotografischen' Bild erstarrt; vgl. dazu z.B. Owens 1992d. Sowohl
Owens als auch Kaja Silverman beschreiben dabei die fotografische Pose
im Zusammenhang mit Jacques Lacans Phänomen der "Mimikry" bzw. des
"Flecks"; vgl. Silverman 1997, S. 46-50, und Silverman 1996, S. 200216. – Dass das Posieren auch auf nicht-menschliche Kategorien übertragen werden kann, zeigt sich etwa in Siegfried Kracauers Formulierung von der Welt, die sich "ein Photografiergesicht zugelegt" hat,
vgl. Kracauer 1999, S. 109.
132
künstlerischer Ebene vor Augen, was Gottfried Boehm für das Verhältnis von Medium und Bild theoretisch formuliert: Nicht ein
vorhandenes Medium führt zu bestimmten Bildwerken, sondern, umgekehrt, ein bestimmtes, historisch konditioniertes Hervorbringungsinteresse determiniert das Medium.496 Dass dabei gewisse
Bildformeln auch unabhängig vom Medium wirksam bleiben, demonstriert Richter in seiner seriellen Auseinandersetzung mit dem Familienporträt.
Insofern steht nicht die jeweilige Familie als äusserer Referent im Zentrum des Interesses, sondern die Blosslegung von Eigenschaften, Inszenierungen und Funktionen vorgefundener Bilder,
sowohl in der Kunst als auch in der Laienfotografie.497 In einem
weiteren Schritt erarbeitet sich Richter jene Modelle anhand eigener Fotografien, welche Entsprechungen jener Bildformeln in der
'Natur' gezielt suchen und dann ebenso in die Malerei übertragen.498 Eine in der Wochenzeitung DIE ZEIT erschienene, vom Künstler Thomas Struth gemachte Fotografie der Familie Richters anlässlich seines 70. Geburtstages kann wie die ironische Bestätigung dieser These gelesen werden (Abb. 70): Richter wird hier mit
seiner Familie für den Fotografen in zeitgenössischer Entsprechung zu Copleys Porträt der Künstlerfamilie und den im Atlas gesammelten Erinnerungsfotos präsentiert.499 In einem demonstrativen
Spiel mit den Bildmedien erscheint die Fotografie der Familie damit als Rückverwandlung von Richters Gemälden in die von ihm verwendete fotografische Bildvorlage.
496
497
498
499
Boehm 1999S. 168.
Vgl. hierzu Peter Osbornes Analyse von Richters "photo-paintings" als
"interrogation of the photograph as a cultural form": "Photo-painting
acts to add a moment of cognitive reflection, of historical and representational self-consciousness, to the experience of the photographic
image", Osborne 1992, S. 107.
In den Stillleben mit Kerzen, Totenschädeln, Äpfeln und Flaschen werden die Gegenstände allerdings nicht vorgefunden, sondern für die Fotografie arrangiert, vgl. dazu Zweite 1989, S. 15-16.
Dass dabei im Hintergrund an der Wand ein von Richter selbst gemalter
Totenschädel erscheint, ist wohl nicht als Zufall zu werten, sondern
vielmehr in Anlehnung an Memento mori Darstellungen in Künstlerporträts zu verstehen.
133
Die Kunstwerke erhalten in diesem Verfahren keineswegs den
Status bedeutungsloser 'Fundstücke', sondern bilden vielmehr die
Muster, um sich 'ein Bild zu machen'.500 Dass sich dies ebenso an
Richters Landschaften, Stillleben, Akten oder Einzelporträts
nachvollziehen lässt, wurde bereits im Zusammenhang mit Richters
Revision der Bildkategorisierung in Gattungen angedeutet.501
Eben an dieser Stelle wurde auch festgestellt, dass Sigmar
Polke in seiner Malerei zwar ebenfalls verschiedene Gattungen
aufgreift, dabei jedoch keinesfalls mit der Richter'schen Systematik vorgeht. In diesem Sinne unterscheidet sich auch der doppelte Verweischarakter von Polkes Gemälden von demjenigen Richters. Was sich bei Richter als Suche nach einer Tradition von visuellen Analogien gestaltet, wird bei Polke zu einer Demonstration von Brüchen oder enigmatischen Konfrontationen.502 Beispielhaft
kann hierfür die 1988/89 entstandene Serie Polkes zur Französischen Revolution herangezogen werden, in welcher er vor allem auf
Druckgrafiken der Revolutionszeit zurückgreift.503 Bei den Vorlagen handelt es sich bereits um traditionelle Massenkunst, welche
Polke durch die malerische Wiederholung der Umrisslinien ins Gemälde überträgt oder gar in die übliche Rastertechnik transformiert und damit suggeriert, die Bilder entstammten aktuellen Massenmedien. Die Motive, welche Polke in seinem Zyklus aufgreift,
sind keine wieder erkennbaren Meisterwerke, keine darstellerischen Paradigmen und keine Kompositionen, welche auf eine Sicht-
500
501
502
503
Damit soll die Formel des 'sich ein Bild Machens' genau die geschlechtsspezifische, kulturelle und auch technologische Positionierung des Blicks übermitteln, welche Tom Holert ihr im Rahmen seiner
Beschäftigung mit "Visueller Kultur" zugewiesen hat, Holert 2000, S.
27-28.
Vgl. Kapitel "Gattungen".
Dabei muss hier Isabelle Graw Recht gegeben werden, die ab Beginn der
neunziger Jahren eine Abnahme der subversiven Brüche und eine Zunahme
ästhetischer Aspekte in Polkes Werk beobachtet, Graw 1993. Allerdings
bezieht sie sich vorrangig auf die 'Schüttbilder', während hier die
doppelt codierten Gemälde betrachtet werden.
Anita Shah weist darauf hin, dass Polke die meisten Reproduktionen
historischen Abhandlungen und vor allem einer populärwissenschaftlichen Publikation anlässlich der Zweihundertjahrfeier der Französischen
Revolution entnommen habe, Shah 2002b, S. 15. Zur Identifikation der
einzelnen Quellen vgl. auch Chevalier 2001.
134
barkeitsordnung verweisen. Auch ist der historische Moment meist
ebenso wenig identifizierbar wie die Orte der dargestellten Szenen. Anstelle von Historienbildern präsentiert Polke oft makabre
Einzelmotive, die er aus den Vorbildern isoliert und somit zu
rätselhaften Ikonen eines geschichtlichen Bildgutes stilisiert.
In der anachronistischen Kombination jener Ausschnitte mit billigen Dekorationsstoffen, Farbgüssen und lackgetränkten Leinwänden
wird der Verweis auf das geschichtliche Ereignis zudem mehrfach
gebrochen. Nicht die Historie als äusserer Referent wird damit
überliefert, sondern die Vielschichtigkeit von unzusammenhängenden Bildern und Assoziationen, welche sich im Verlauf der Zeit
dazu gebildet haben und welche in der Überlagerung der Materialien ihren geradezu wörtlichen Ausdruck finden. Die groteske Wirkung des synthetischen Verfahrens wird dadurch verstärkt, dass
Polke mit der Druckgrafik auf ein Medium zurückgreift, das selbst
bereits makabre und satirische Transformationen des geschichtlichen Ereignisses liefert.504
Dass die von Polke gewählten Ausschnitte als verschiebbare
und sich überlagernde Grössen eines Bildkosmos zu verstehen sind,
demonstriert er 1989 im Gemälde Monopoli (Abb. 71): Hier wurde
neben anderen Stoffen ein Karnevalsstoff mit aufgedrucktem Brettspielzubehör wie Karten, Würfeln und Spielfiguren mit einem weissen Farbfleck übergossen, auf welchen verschiedenste Revolutionsmotive als gerasterte 'Bilder im Bild' gemalt sind. Es handelt
sich bei jenen Bildern um die aus Polkes eigenen Gemälden des
Zyklus' bekannten Versatzstücke, welche nun den Spielkarten und
Würfeln gleich in planloser Ausrichtung auf dem Bildgrund verteilt sind. Somit führt Polke seinen eigenen Zyklus bereits demonstrativ jener Bilderwelt zu, in der sich historische Erinnerungen und kulturelle wie massenmediale Erzeugnisse in immer neuer (Un-)Sinnbildung überlagern.
504
Antia Shah spricht von einem "ambivalenten Moment", das die Vorlagen
kennzeichne. Die Groteske werde damit zum entscheidenden bildnerischen
Mittel, mit der das Urbild der Revolution demontiert werde, Shah
2002b, S. 146.
135
Dass in dieser scheinbaren Willkürlichkeit einzelne Bildmotive aber auch Symbolwirkung annehmen, wird in Rouleaux papier motifs Révolution ironisch vorgeführt (Abb. 72): Nicht die Druckgrafik der Revolutionszeit liefert Polke hier die Motive der Revolution, sondern ein Werbekatalog für die Ausstattung und Dekoration von Geschäften anlässlich des Jubiläumsjahrs der Revolution 1989.505 In den banalen Sinnbildern und Accessoires der Revolution findet Polke das "doppelte Zitat" quasi als Readymade vor:
der gallische Hahn, eine Kreppblume in Nationalfarben und Geschenkpapier mit den Namen von Revolutionshelden und berühmten
Zitaten sowie Fragmenten der tricolore symbolisieren formelhaft
alles, was Frankreich mit der Revolution und seinem Nationalstolz
verbindet. Polkes schlichte Wiederholung dieses bestehenden Bildrepertoires zur Darstellung des historischen Ereignisses erweist
sich damit als Reflexion darüber, wie das Bild der Revolution
durch das kulturelle Bildgedächtnis selbst bereits in trivialen
Formeln demontiert wurde.
3. Kollektive Vorbilder
Im November 1968 erging auf Initiative der Albrecht-DürerGesellschaft in Nürnberg an ausgewählte zeitgenössische Künstler
die Einladung, sich anlässlich des bevorstehenden Dürer-Jahrs
1971 und einer geplanten Hommage-Ausstellung, mit Werken des Renaissance-Meisters auseinander zu setzen.506 Polke gehörte zwar
nicht zu den aufgerufenen Künstlern, griff aber dennoch zwischen
1968 und 1994 in seinen inzwischen bekanntesten Kunst-Paraphrasen
dreimal auf Albrecht Dürers Feldhasen aus der Wiener Albertina
zurück.507 Die Werke Dürer-Hase, 1968, Gummibandbild Dürer-Hase,
1970, und Handtücher, 1994 (Abb. 73-75), thematisieren auf ähn-
505
506
507
Vgl. die Abbildung des Werbekatalogs in Chevalier 2001, S. 115.
Den Künstlern wurde dabei freigestellt, ein Dürer-Motiv zu variieren,
ein Dürer-Thema neu zu gestalten oder ihm eine thematisch passende Arbeit zu widmen, vgl. Berninger 2002, S. 23; vgl. auch Bongard/Mende
1971, S. 7.
Zusätzlich entstanden 1991 anlässlich der XLII. Biennale in Venedig
seine Dürer-Schleifen.
136
lich ironische Weise wie später das Gemälde Rouleaux papier motifs Révolution die Vermarktung und 'Vernutzung' eines nationalen
Bildmotivs, wie sie sich nicht zuletzt auch in der Nürnberger
Einladung zum Dürer-Jahr ausdrückt. Dass gerade Dürers Aquarell
des Hasen zu den bekanntesten und beliebtesten Kunstwerken gehört, bewies eine grosse Umfrage der populären Kunstzeitschrift
Art aus dem Jahr 1989, bei der Dürers Feldhase direkt hinter der
Mona Lisa und Spitzwegs Der arme Poet zum "beliebtesten Kunstwerk
der Deutschen" gewählt wurde (Abb. 76).508 Zweifellos entsprach
dieses Ergebnis der Situation von 1968, als Polke in diesem Bewusstsein die Umrisse von Dürers Hasen einschliesslich seines Monogramms in schwarzer Farbe auf einen Dekorationsstoff malte.509
Der Umriss des beliebten Motivs wurde so zur Formel eines Kunstwerks, das zu jener Zeit bereits zwischen Kunst und Trivialität
angesiedelt war.510 1970 steigerte Polke diese Andeutung, indem er
die gleichen Umrisse mit Nägeln und einem Gummiband auf Stoff
spannte. Die ursprünglich notwendige und fest komponierte Form
wurde dadurch zu einem veränderlichen, im wahrsten Sinne des Wortes, dehnbaren Begriff.511 Was Polke in diesen Werken in parodistischer Manier andeutete, erreichte in Handtücher 1994 seinen Höhepunkt. Das Motiv des Kunstwerkes wurde nicht mehr vom Künstler
auf Dekorationsstoff übertragen, sondern mutierte selbst zur Dekoration des Gebrauchsgegenstandes Küchenhandtuch. Diese Metamorphose vom Kunstobjekt zum dekorativen Element wurde dadurch unterstrichen, dass der Dürer'sche Hase mit einer Ente und diversen
Trivialmotiven auf den anderen Handtüchern in einem Patchwork
508
509
510
511
Art-Umfrage 1989.
In Düsseldorf war der Hase zudem durch die Aktionen von Joseph Beuys
zu einem in jener Zeit sehr populären Motiv der Kunst geworden, vgl.
z.B. Beuys' Aktion Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt am 26.
November 1965, 20 Uhr, anlässlich der Eröffnung der Beuys-Ausstellung
… irgend ein Strang in der Galerie Schmela in Düsseldorf.
Vgl. Gabriel 1996, S. 86.
Martin Hentschel weist darauf hin, dass das Bild dem Betrachter sogar
die Möglichkeit offen lasse, seinen eigenen Dürerhasen zu kreieren,
vor allem weil Polke durch sein Material auch auf die Gummibandbilder
seines Zeitgenossen Dieter Roth verweise. Roth forderte in seinen Werken explizit zur Mitgestaltung des Kunstwerkes auf, Hentschel 1991, S.
301 und Hentschel 1997, S. 69.
137
gleichgesetzt wurde. Wieder fand Polke in diesem letzten der drei
Werke das "doppelte Zitat" als Readymade vor: Nicht seine Malerei
verweist in zweifachem Sinne auf ein Kunstwerk und auf die Massenmedien, sondern der Gegenstand der Massenkultur selbst greift
auf ein Objekt der Kunstgeschichte zurück.
Es scheint, als richte sich die Ironie Polkes hier weniger
gegen Dürers Kunst als gegen deren 'Vernutzung' und damit gegen
die Mechanismen der Kunstvermarktung und den Publikumsgeschmack.
Ellen Heider stellt jedoch in Anlehnung an Martin Hentschels Dissertation von 1991 die These auf, Polke habe absichtlich ein Werk
gewählt, dessen Ruhm in seiner illusionistischen Wirkung begründet liege. Seine Nachahmung sei als eine scharfsinnige ironische
Bezugnahme auf die Mimesis zu verstehen, zu der sich die "dehnbare Vorstellung" der Gummiband-Version "oppositionär" verhalte.512
Was Polke allerdings vorrangig in den verschiedenen Versionen
aufgreift, ist nicht das originale Vorbild des deutschen Renaissancekünstlers in seinen formalen Eigenschaften und historischen
Erkenntnissen, sondern das gewandelte und entstellte Produkt,
welches das globale Bildgedächtnis im Verlauf der Zeit hervorgebracht hat. Ulrike Berninger weist darauf hin, dass die stetig
anwachsende Reproduktionsflut den Dürer-Hasen bis weit in die
1960er Jahre zu einem der beliebtesten Wandschmucke kleinbürgerlicher Haushalte gemacht und das Meisterwerk der Hochkunst damit,
ungeachtet seines historischen Wertes, zum modischen 'Sofabild'
degradiert habe.513 Dass gerade in den sechziger Jahren eine
künstlerische Rezeption des Feldhasen rasant zunahm, ist offensichtlich als Reaktion auf diese kleinbürgerliche Verehrung des
Kunstwerks und auf die gleichzeitige Zunahme von populären Mer-
512
513
Hentschel 1991, S. 300, und Heider 2000, S. 140.
Vgl. Berninger 2002, S. 24. Auch Ellen Heider erwähnt, dass Tier- und
Jagddarstellungen sogar bis in die siebziger Jahre zum beliebtesten
Wandschmuck kleinbürgerlicher Haushalte gehörten, Heider 2000, S. 139.
- Vgl. in diesem Zusammenhang auch Polkes Bild Reh (Dispersion auf
Wolldecke, 90 x 75 cm, Udo und Anette Brandhorst), das Franz Marcs berühmtes Motiv in ähnlich parodistischer Weise wiedergibt, und Gerhard
Richters Hirsch, 1963 (Werk-Nr. 7).
138
chandising-Artikeln zu verstehen.514 Dabei muss mitbedacht werden,
dass die ideologische Vereinnahmung Dürers und seines 'Deutschtums' durch den Nationalsozialismus sein Werk für die Nachkriegszeit zusätzlich gebrandmarkt hatte und man sich nach 1945 erst
langsam wieder um einen neuen Zugang bemühen konnte.515
Gerade diese Inbesitznahmen der Dürer'schen Kunst scheinen
somit Anlass für die Künstler zu sein, sich wieder vermehrt auf
Dürers Werk zu beziehen und die ihm anhaftenden Klischees aufzudecken. Die Versuche der Dürer-Gesellschaft sowie der Tourismusbranche, das Dürer-Bild anlässlich der Veranstaltungen zum Jubiläum 1971 durch eine Popularisierung und Aktualisierung neu zu
verorten,516 fanden entsprechend ihre Spiegelung in der ästhetischen Trivialität der künstlerischen Bezugnahmen. Dass sich touristische Vermarktung und künstlerische Rezeption dabei gegenseitig bedingen, zeigt sich bis heute in der Protagonistenrolle, die
Dürers Feldhasen auf beiden Sektoren zukommt: Touristische Attraktionen wie die grossen Nürnberger Feierlichkeiten unter dem
Slogan "Der Hase wird 500" im Jahr 2002 oder die zeitgleiche Werbeaktion der Wiener Albertina, in welcher der Hase zum Bittsteller für Spenden umfunktioniert wurde, sorgen nicht nur für die
Fortschreibung des profanen Kultes um Albrecht Dürer, welchen die
Kunst rezipiert, sondern machen sich selbst wiederum die umfangreiche künstlerische Rezeption zunutze.517
514
515
516
517
Entsprechendes widerfuhr anderen populären Werken der Renaissance wie
Raffaels Putten aus der Sixtinischen Madonna und Leonardos Mona Lisa.
Nicht nur war Dürers Stich Ritter, Tod und Teufel zum Sinnbild des
wehrhaften Deutschen ernannt und sowohl 'künstlerisch' wie auch in den
Reden Goebbels' zitiert worden, sondern Dürer wurde als offizieller
Lieblingskünstler Hitlers und 'urdeutscher' Maler von den Nationalsozialisten rege gesammelt; vgl. Thoma 1909; vgl. zum Verhältnis Dürer
und Hitler auch Hofmann 1999, S. 97.
Im Bemühen, ein "entstaubtes Dürerbild" zu präsentieren, prägten neben
einigen wissenschaftlich fundierten Projekten und Ausstellungen vor
allem gezielt populäre Aktivitäten das Bild der Nürnberger Festivitäten. Von frechen überregionalen Werbekampagnen über "Dürerhostessen"
und "Dürerschnitzel" mit Monogramm aus Mayonnaise bis hin zum ausgestopften "Streichelhasen" wurde der Tourismusfaktor Dürer voll ausgeschöpft, vgl. Schmidt 2000a.
Nicht nur zu den Festivitäten des Dürer-Jahrs 1971 wurden Künstler
eingeladen, Dürers Werk aufzugreifen, auch 2002 stand in einer "kul-
139
Es ist jenes besonders im kleinbürgerlichen Motiv des Hasen
zum Tragen kommende Kollektivereignis Dürer, welches Polke in
seinen Persiflagen aufgreift. Im Gegensatz zu Klaus Staeck, der
zur gleichen Zeit wie Polke in verschiedenen Plakaten die Popularität der Werke Dürers als Projektionsfläche und provokatives Potential für politische Statements verwandte und durch minimale
Eingriffe veränderte,518 stehen für Polke jedoch der Dürerkult und
seine Vermarktung selbst im Vordergrund. Dabei stilisiert er aber
nicht, wie Toni Burghart 1971, den Feldhasen ästhetisch als PopIkone519 oder inszeniert, wie Walter Schreiber in seinem Hasenstall 1970, die 'Karnickel-Vermehrung' in mehrfachen Reproduktionen des Werkes hinter Hasengitter.520 Vielmehr bietet Polke in den
ersten beiden Versionen seines Dürer-Hasen ironisch die leere
Hülle des Kunstwerks in Form der blossen Umrisse an. Das Monogramm Dürers erscheint dabei als Markenzeichen, während die Umrisse des Bildes nur den 'dehnbaren Begriff' und die verselbständigte Formel für jenes kollektive Bild darstellen, welches sich
aus so zahlreichen Facetten zusammen setzt. Weder die Kommerzialisierung der Kunst als Ware, noch ihr Kult werden dabei direkt
angesprochen, ebenso wenig wie das Motiv als Sinnbild des geistigen Deutschtums gekennzeichnet ist. Dennoch weisen subtile Details wie der kleinkarierte Stoffuntergrund, das MarkenzeichenMonogramm, die formelhaften Umrisse als eine Art Logo und
schliesslich das Gummiband darauf hin, dass der Dürer-Hase inzwischen genauso ein Bild der Deutschen, des Kleinbürgers, des Konsums und der Trivialität geworden ist, wie eines der Kunstgeschichte. Anstatt seinen eigenen Blick zu thematisieren, demonst-
518
519
520
turhistorischen Ausstellung" die künstlerische Rezeption des Werks in
Geschichte und Gegenwart im Vordergrund und wurde in spezifischen Projekten gefördert, vgl. dazu Berninger 2002.
Gemeint sind die Werke Zur Konfirmation (Betende Hände), 1970, Sozialfall, (Dürer-Mutter), 1971, Zum Welttierschutztag (Dürer-Hase), 1987,
und Das grosse Rasenstück, 1987, welche zum Teil empörte Reaktionen
hervorriefen; vgl. Bongard 1971, S. 8-9, Unterdörfer 2000, S. 34-37;
vgl. auch Hofmann 1999, S. 88.
Vgl. Berninger 2002, S. 25.
Vgl. Bongard/Mende 1971, S. 68, und Berninger 2002, S. 24.
140
riert Polke, wie in seinem Zyklus Original + Fälschung, in welcher Weise der kulturelle Wandel ein Meisterwerk deformiert.
Noch deutlicher wird dies in seiner Auseinandersetzung mit
Leonardo da Vincis Anbetung der Könige (Abb. 77). In seiner Serie
Lappländische Reise I-V aus dem Jahr 1984 tragen die Bilder III-V
die Untertitel Anbetung der Könige: vor Leonardo, Anbetung der
Könige: nach Leonardo und Leonardo (Abb. 78-80).521 Anbetung der
Könige: vor Leonardo ist auf einen Dekorationsstoff gemalt, dessen vertikal verlaufendes Ornament neben einigen hellen Farbzeichnungen von einer in dominantem Schwarz aufgemalten Holzmaserung überdeckt ist. Zusammen mit dem Untertitel "vor Leonardo"
verweist Polke hier auf den Bildträger des Meisterwerks und damit
auf den Moment vor der Bildentstehung. In seinem eigenen Gemälde
verschmelzen hingegen diese isolierten Momente, da der Dekorationsstoff als Bildträger zugleich Teil des Bildmotivs und der Komposition ist. Bilduntergrund, industrieller Druck und Farbauftrag
des Künstlers sind in Polkes Gemälde kaum mehr voneinander zu unterscheiden.522 In Anbetung der Könige: nach Leonardo zeigt Polke
den Moment des fertigen Bildes, ohne dass aber sein Werk tatsächlich die Motive oder die Komposition des Meisterwerks aufgreifen
würde. Lediglich die dunkelbraunen Farbspuren auf hellbraunem
521
522
Der Zusammenhang des Serientitels mit der Bezugnahme auf Leonardos
Meisterwerk ist nicht direkt erschliessbar: Möglicherweise besteht er
im Motiv der Hl. Drei Könige, welche der biblischen Überlieferung nach
eine Reise auf sich nahmen, um ihre Geschenke zu überbringen. Das erste Bild der Serie zeigt ein Rentier und einen Reiter mit einem grossen
Sack, der hingegen eher an die heutigen Mythen der Weihnachtsgeschichte denken lässt. – In einem Telefongespräch mit der Verfasserin vom
15. März 2001 erklärte Martin Hentschel, dass die Zusammenfassung der
fünf Bilder in einer Serie seiner Meinung nach für die Bilder nicht
vorteilhaft gewesen sei, und er Polke anlässlich der Ausstellung in
Bonn 1997 überzeugen konnte, die Bilder I/II und III/IV/V von einander
zu trennen, vgl. das Abbildungsverzeichnis in Polke 1997 (nur I, II
und III waren ausgestellt, jedoch nicht mehr unter dem gleichen Serientitel).
Möglicherweise war es das vertikale Muster des Dekorationsstoffes, das
Polke an eine Holzstruktur erinnerte und zu deren Imitation anregte.
Martin Hentschel bemerkt in anderem Zusammenhang, dass Polke schon
seit der frühesten Verwendung von bedruckten Stoffen in den 60er Jahren vom Stoffmuster ausgehend zu einer Bildfindung gelangte, die ihrerseits auch den alltäglichen Gebrauch des Stoffes reflektierte. Auf
diese Weise können Bildgrund und Bildmotiv vielfältige Verbindungen
eingehen, Hentschel 1995, S. 22.
141
Grund erinnern an das Gemälde Leonardos, motivisch ist aber keine
Annäherung zu erkennen.523 Eher wird die zeichnerische Geschwindigkeit Leonardos vorgeführt, wobei die überwiegenden Leerstellen
das Unvollendete des Originals demonstrieren. Ob Polke mit den
schwarzen Flecken im unteren Teil des Gemäldes auf die zum Teil
sehr dunklen Partien des Originals anspielt, die durch die verschiedenen Arbeitsphasen Leonardos entstanden waren, oder ob er –
wie auch mit den helleren, kaum erkennbaren Zeichenspuren - den
zeitlichen 'Verfall' des Meisterwerkes andeuten wollte, lässt
sich nur vermuten.524 Im Zusammenhang mit Polkes Farbexperimenten
berichtet Katharina Hegewisch, dass er eine Sammlung von Fotos
alter Kunstwerke besitze, deren ursprünglicher Zustand sich durch
Verschmutzung, Austrocknung oder Verfärbung gewandelt habe, da
nach seinem Urteil diese Bilder dadurch noch eindrucksvoller geworden seien.525 Dieses spezielle Interesse Polkes liesse die Deutung zu, dass er mit der Anbetung der Könige: nach Leonardo ein
Meisterwerk vorführt, dem der Wandel der Zeit anzusehen ist. In
der Tatsache, dass dabei vom ursprünglichen Motiv nichts mehr zu
erkennen ist, schwingt ebenso Ironie mit wie in der Demonstration, dass es sich bei dem weltbekannten Meisterwerk um ein unvollendetes Bild handelt. Dass Polke damit einen gängigen Topos der
Leonardo-Rezeption aufgreift, der mit Vasaris Vita seinen Anfang
genommen hat,526 ist sicher kein Zufall.
Nur wenige Monate nach der Entstehung von Polkes Serie erhielt Andy Warhol die Einladung, eine Bilderserie nach Leonardos
523
524
525
526
Mit viel Phantasie könnte man aus Polkes Linien noch eine Anspielung
auf Leonardos Dreieck-Komposition der Madonna mit Kind und den knienden Königen erkennen.
Die Überlegungen zur Zeichentechnik und den verschiedenen Arbeitsphasen Leonardos gehen auf Anregungen eines Vortrages von Johannes Nathan
in Bern über Leonardo da Vinci und ein anschliessendes Gespräch mit
ihm zurück. – Vgl. auch Baldini 1992, Kemp 1981, S. 66-79, Arasse
1997, S. 349-362.
Hegewisch 1985, S. 57.
Vasari 1832-49, Bd. 3, 1. Abteilung, 1843, S. 16: "Eine Tafel mit der
Anbetung der Könige wurde von diesem Meister angefangen; es ist viel
Schönes darin, besonders an Köpfen; sie stand im Hause von Amerigo
Benci, der Loge der Peruzzi gegenüber, blieb aber unvollendet, wie
seine andern Arbeiten."
142
Abendmahl in Mailand auszustellen.527 Hans Belting weist darauf
hin, dass es für Warhol kein besseres Thema hätte geben können:
Hier habe er sich mit einem Werk konfrontiert gesehen, das im
"kollektiven Gedächtnis" mit einer Deutlichkeit präsent gewesen
sei, welche dem schlechten Zustand des Originals eklatant widersprochen habe.528 Entsprechend habe sich Warhol daran gemacht, in
diversen Varianten jenes "Bildklischee" herauszufinden, das sich
vom Herkunftswerk schon völlig abgelöst hatte.529 Die Veranschaulichung dieser Ablösung und des gleichzeitigen Verfalls des Originals kulminierte schliesslich im Camouflage Last Supper, in dem
er das Original hinter Tarnfarben verschwinden liess. Polke versuchte im Gegensatz zu Warhol nicht, das Leonardo-Klischee in
sein Werk zu übersetzen, sondern überliess in den Leerstellen die
ohnehin selbständig gewordene Erinnerung an das Original dem Betrachter. Konsequenterweise verwies er im letzten Bild seiner Serie wieder auf einen Moment vor der Bildentstehung. Das Gemälde
Leonardo spielt mit seinen ineinander fliessenden Flecken aus
verschiedenfarbigem Lack offensichtlich auf Leonardos Theorie der
Bildfindung an. Leonardo hatte in seinem 1651 gedruckten Trattato
della pittura jedem Künstler geraten, sich bei der Bildfindung
von den verschiedenartigen und vielfarbigen Flecken und Steinen
der Wand zu Motiven inspirieren zu lassen. In diesen liessen sich
ganze Landschaften, Gesichter und Schlachten entdecken, die den
Geist stimulieren könnten.530 In Polkes Gemälde sind die von Leonardo zitierten Flecken vom Künstler selbst in verschiedenen
Techniken und Lacken möglichst zufällig übereinander geschichtet
worden. So verschmilzt auch hier die Anspielung auf einen Moment
vor der Bildentstehung mit dem seiner Vollendung. Die Bildfindung
wird dem Betrachter überlassen, der nun in den Lackspuren Formen
527
528
529
530
Vgl. Schulz-Hoffmann 1998.
Belting 1998, S. 441.
Warhol legte Wert darauf, entweder nach einer SchwarzweissReproduktion aus dem 19. Jahrhundert, nach der Umrisszeichnung in einem Kinderbuch oder nach einer billigen Devotionalie in Steinguss zu
arbeiten, um die verschiedenen Bildklischees aufzudecken, vgl. dazu
Belting 1998, S. 442.
Vinci 1882, S. 57, Nr. 62.
143
erkennen und seine Phantasie anregen lassen soll. Die geschürte
Erwartung, in den Farbklecksen, ähnlich wie in einem Rorschachbild, identifizierbare Formen entdecken zu können, wird jedoch in
den informellen Farbspuren sogleich wieder enttäuscht. So bleibt
von Leonardos Meisterwerk bei Polke nach dessen zeitlichem Verfall einzig seine Invention übrig – die Bildwerdung aus den Flecken wird jedoch gerade verhindert. Noch stärker als in den verschiedenen Versionen des Dürer-Hasen oder den Gemälden aus Original + Fälschung muss damit der Betrachter selbst sich an das eigentliche Original erinnern, während die Wiederholung Polkes auf
einen Kontext abhebt, der nur noch entfernt mit dem Original zu
tun hat. Statt wie im Dürer-Hasen die leeren Umrisse des Originals als triviale Formel zu verwenden, spielt Polke in den Leonardo-Bildern auf die berühmten Topoi an, welche die Rezeption
und damit das kollektive Bild von Leonardo bestimmen: die BildErfindung anhand von Flecken auf der Wand, das Unvollendete der
Meisterwerke und der schlechte Erhaltungszustand der Originale.
Hans Belting umschreibt in Bild-Anthropologie kollektive Bilder als historische Zeitformen einer umfassenden, gemeinschaftlichen Wahrnehmung. Aufgrund der Zeitgebundenheit der Wahrnehmung
und ihrem kulturellen Wandel seien auch die kollektiven inneren
Bilder - unabhängig von ihren Themen - qualitativen Veränderungen
unterworfen, was sich in dynamischen Zeitformen realisiere.531
Polkes Kunst-Paraphrasen greifen genau diese Dynamik der Bilder
und ihrer medialen Formen auf und nehmen sie als Ausgangspunkt
für die Untersuchung der Metamorphosen einzelner Kunstwerke sowohl in der kollektiven Rezeption wie auch in ihrer zeitlichen
Vergänglichkeit. Dieser Wandel der Werke äussert sich dann bei
ihm in Überschreibungen und Überlagerungen verschiedenster Bilder, Medien und Klischees, lässt aber zugleich Leerstellen für
die individuelle Erinnerung des einzelnen Betrachters. Damit ver-
531
Belting 2001, S. 21, 27. Dieser Ansatz entspricht der kultursemiotischen Theorie von Renate Lachmann, die eine dynamische Konzeption des
Kulturgedächtnisses vertritt, welches nicht als passiver Speicher,
sondern als dynamischer "Textproduktionsmechanismus" verstanden wird,
der ständig Sinn akkumuliert, Lachmann 1993, S. XVII.
144
halten sich Polkes Werke analog zum Gedächtnis, das nach Cordula
Meier "das Drehbuch unseres Lebens" fortlaufend umschreibe, etwas
ausstreiche, hinzufüge und aus dem Blickwinkel der Gegenwart heraus längst vergangene Szenen mit neuer Bedeutung versehe.532 'Erinnerung' wird somit in den Wiederholungen von Bildern bei Polke
zu einer Art temporärer 'Re-Präsentation'.
Dass auch Richter mit seinen doppelten Zitaten auf Versatzstücke eines Bildgedächtnisses zurückgreift, konnte bereits an
den Familienbildnissen demonstriert werden. Im Gegensatz zu Polkes Überlagerungen von Erinnerungen und Deformationen wiederholt
Richter in seiner Malerei jedoch gegebene Bildkonventionen weitgehend unbearbeitet. Entscheidend ist dabei der Akt des Auffindens seiner Vorbilder sowohl in der Kunst, als auch in den Massenmedien oder in seiner 'realen' Umgebung, welche er dann im eigenen Blick durch die Kamera festhält. Inwieweit es Richter dabei
tatsächlich um eine Tradition kultureller Konventionen und Codes
des Bildes und seiner verschiedenen Zeitformen geht, kann anhand
seiner Materialsammlung im Atlas untersucht werden. Im Vergleich
mit dem berühmten Vorbild des Kunst- und Kulturhistorikers Aby
Warburg von 1929 liesse sich Richters Zusammenstellung von Arbeitsmaterial aus fremden und eigenen Fotos, Presseausschnitten,
strukturellen Experimenten, Installationsentwürfen, Farbdiagrammen und Zeichnungen auch als ein Art "Bildgedächtnis" betrachten.
Zwar folgt Richters Gruppierung der verschiedenen Materialien
nach formalen und thematischen Gesichtspunkten einer gänzlich anderen Systematik als Warburgs Mnemosyne-Bilderatlas, es lassen
sich aber dennoch parallele Interessen aufzeigen.
Richter hatte 1964 begonnen, seine Materialien zu sammeln und
fing vier Jahre später an, alle Fotos, die für seine Malerei
wichtig waren, in Tableaux zusammenzufassen. 1972 stellte er die
gerahmten Tafeln von standardisierter Grösse erstmals im Utrechter Museum unter dem Titel Atlas der Fotos und Skizzen aus.533 In
532
533
Meier 1996, S. 22.
Vgl. Zweite 1989, S. 10.
145
erster Linie ist der Atlas somit als werkreflektierende Praxis zu
verstehen, in der Richter, ebenso wie in seinem eigens geführten
Catalogue raisonné und seinen Schriften, die Rezeption seines
Werkes kontrolliert und steuert.534 Sowohl Julia Schmidt als auch
Benjamin Buchloh bezeichnen den Atlas als "Archiv" mit einer mehr
oder weniger konsequenten Ordnung nach formalen und thematischen
bzw. ikonografischen Kriterien.535 In der Tat lässt sich einerseits eine Ordnung nach einzelnen Bildmedien wie "Albumfotos",
"Zeitungsfotos" oder eigenen Fotos erkennen, andererseits sind
die Materialien auch nach Kunst-Gattungen und Gattungen der Malerei, nach Verwendungszwecken und Techniken oder schlicht nach Sujets gruppiert.536 Während die gesammelten Album- und Zeitungsfotografien durch ihre unterschiedlichen Formate trotz ihrer orthogonalen Ausrichtung auf den Tafeln eine lebhafte und scheinbar
'bunte Mischung' ergeben, zeichnen sich die Tafeln mit eigenen
Fotografien durch eine einheitliche Gestaltung aus, die über eine
reine Stoffsammlung hinausgeht und eine eigene Ästhetik gewinnt.
Armin Zweite bemerkt, dass in den Tafeln mit Landschaftsfotografien durch die gleiche Perspektive der Bilder und eine häufig
durchgehende Horizontlinie zwischen den einzelnen Fotografien Sequenzen erzeugt werden.537
Rein äusserlich liegt hierin der grösste Unterschied zu den
Atlas-Tafeln Warburgs, wie sie in Fotografien der letzten Fassung
erhalten sind: Während die Tafeln, welche Warburg für Ausstellungen verwandte, noch eine wohlgeordnete Zusammenstellung der Fotografien auf einheitlich zurechtgeschnittenen Passepartouts zeigen, weisen die eigentlichen Atlas-Tafeln in der asymmetrischen
Anheftung der Reproduktionen von völlig unterschiedlicher foto-
534
535
536
537
Vgl. dazu und zu ähnlichen Praktiken bei seinen Zeitgenossen Schmidt
1999a, bes. S. 144, und Schmidt 1999b.
Schmidt 1999a, S. 144-145; Benjamin Buchloh, "Gerhard Richters Atlas:
Archiv der Anomie", in: Buchloh 1993b,S. 7-17.
In der Ausstellung des Atlas 1989/90 im Münchner Lenbachhaus und im
Kölner Museum Ludwig versah Richter die Tafeln mit Legenden, in denen
er selbst Gattungs- und Medienbezeichnungen sowie Sujetbetitelungen
verwandte, vgl. Jahn 1989.
Zweite 1989, S. 16.
146
grafischer Qualität einen provisorischen Charakter auf (Abb.
81).538 Der zweite direkt sichtbare Unterschied betrifft die Auswahl der Bilder, welche sich bei Warburg zu einem grossen Teil
auf Reproduktionen von Kunstwerken aller Epochen und einige Abbildungen aus Astrologie und Kartografie beschränkt, während bei
Richter nur eine geringe Anzahl von Kunstreproduktionen in die
Sammlung aufgenommen ist.
Warburg hatte von 1924 bis zu seinem Tod 1929 an der Zusammenstellung des Atlas gearbeitet, wobei die Anordnung der Bilder
ebenso häufig wechselte wie der Titel des Projekts. Die Version
"Mnemosyne. Bilderreihen zur kulturwissenschaftlichen Betrachtung
antikisierender Ausdrucksprägung bei [der] Darstellung kosmischer
und humaner Bewegungsvorgänge im Europa der Renaissance" macht
fast alle Anliegen Warburgs deutlich:539 Hervorgegangen aus einer
lebenslangen Ausstellungstätigkeit und wissenschaftlichen Forschung untersuchte der Atlas eine "Formenwelt vorgeprägter Ausdruckswerte", welche Warburg auf "Urformen der Gebärdensprache"
im heidnischen Kult der Antike zurückführte.540 Das Fortleben der
in der Antike geprägten verschiedenen Darstellungstypen emotionsgeladener Gebärden, für die Warburg den Begriff der "Pathosformel" bildete,541 wollte er zunächst in der italienischen Renaissance nachweisen, dehnte sein Unternehmen jedoch schliesslich bis
in die Gegenwart aus.542 Dabei ging es nicht um eine abstrakte Motivgeschichte, sondern vielmehr um ein historischanthropologisches Interesse an der Neu- und Umbesetzung tradierter Bildformeln.543 Der Begriff der "Mnemosyne" weist darauf hin,
dass es sich in der Bildersammlung um ein kulturelles Gedächtnis
handeln sollte; der Soziologe Andreas Schelske grenzt Warburgs
538
539
540
541
542
543
Vgl. Martin Warnkes "Editorische Vorbemerkungen" in: Warnke 2000, S.
VII. – Isebill Barta Fliedl berichtet jedoch, dass für den Druck die
Fotos in ein einheitlicheres Format und in eine mehr oder weniger symmetrische Anordnung gebracht werden sollten, vgl. Fliedl 1992, S. 169.
Vgl. zum Titel Kany 1987, S. 179, und Fliedl 1992, S. 169-170.
Fliedl 1992, S. 166, und Warburg 2000, S. 4.
Warburg 1979, S. 126.
Warburg 2000, bes. S. 4.
Vgl. Fliedl 1992, S. 167.
147
Mnemosyne Atlas daher vom Begriff des Archivs ab und betont seine
Gedächtnis-Funktion. Seiner Meinung nach sollte Warburgs Atlas
nicht dazu verwendet werden, Bilder archivarisch zu erhalten, um
in Zukunft eine Vergangenheit als Historie zu dokumentieren, sondern er sollte als ein Gedächtnis wirken, das zur Erinnerung,
Nach- und Vorahmung kultureller Formen befähigt. Schelske unterscheidet das Gedächtnis insofern vom Archiv, als es Gegenstände
nicht selbst aufbewahrt, sondern von diesen Schemata und Konzeptualisierungen (Zeichen) behält, um eine Erinnerung vergegenwärtigen zu können. Diese lasse nicht das Material, sondern dessen
"abstrahierte" Interpretation so wirken, "dass deren Gegenwärtigkeit als eine der Vergangenheit ähnelnde Wiederholung wieder zu
erkennen ist."544
Selbstverständlich ist die Ausgangsmotivation für die Zusammenstellung eines Bilderatlasses bei Warburg und Richter grundverschieden. Während Richter Bilder von persönlichem Interesse
präsentiert und die Abfolge der Bildgruppen vorrangig von der
Chronologie seines eigenen Schaffens bestimmt wird, fusst die
Reihenfolge der Bildtafeln Warburgs auf einer "geschichtsphilosophischen Anordnung" von der Astrologie der Babylonier über Griechenland, die Spätantike und die Renaissance bis in die Gegenwart
des Jahres 1929.545 Dennoch konstruiert auch Warburg keine ununterbrochenen entwicklungsgeschichtlichen Ketten, sondern bricht
in den thematischen Bildgruppierungen die lineare Erzählung einer
Stil- und Epochengeschichte auf.
Ist nun Richters Atlas als Bildersammlung zu verstehen, in
der Codierungen der visuellen Darstellung memoriert werden, wie
dies bei Warburg der Fall ist, oder handelt es sich lediglich um
einen Bildspeicher regelloser Zusammenstellung, wie dies Benjamin
Buchlohs Betitelung als "Archiv der Anomie" suggeriert?546 Buchloh
versteht den Atlas als "eigentümliches Archiv", in dem eine "ano-
544
545
546
Schelske 1998, S. 59-60.
Kany 1987, S. 180.
Buchloh 1993a, S. 71.
148
mische Unordnung" herrsche, und dessen Inhalte infinit und unzusammenhängend seinen, da keine besonderen Kriterien erkennbar
seien, auf die sich Einbeziehung oder Ausschluss zurückführen
liessen.547 Die Gegenüberstellung von Richters Atlas und seinem
daraus entstandenen malerischen Werk erlaubt es hingegen, in Bezug auf den Stellenwert der einzelnen Vorbilder andere Schlüsse
zu ziehen: Richters Sammlung von Familienfotos, Einzelporträts,
Landschaftsaufnahmen, Städteansichten, Stillleben und anderen
traditionellen Bildtypen erweist sich, abgesehen von seiner dokumentarischen Funktion, vor allem in der Umsetzung in die Malerei,
auch als Untersuchung eines Fortlebens von Darstellungskonventionen. Die wenigen Kunstreproduktionen nehmen dabei keine beliebige
Rolle ein, sondern sind vielmehr der Teil des visuellen Repertoires, auf den sich auch heutige Bildformen zum Teil zurückführen lassen. In der direkten Gruppierung der Kunstreproduktionen
mit verschiedenen anderen Bildvorlagen wie Familienfotos, Mannequinbildern oder Fotos aus Werbeanzeigen, werden sowohl Zusammenhänge und Analogien, wie auch Brüche und Abweichungen erfahrbar
gemacht (Abb. 69). Dabei sind die Kunstreproduktionen, obwohl sie
durch ihre Herkunft aus Zeitschriften qualitativ den anderen Ausschnitten sehr nah kommen, auch ohne Bezeichnung deutlich als
Bilder einer anderen Zeit und eines anderen Kontextes zu erkennen. Diese Konfrontation verschiedenster Bildtypen findet sich
vor allem in den früheren Atlas-Seiten und tritt in der Präsentation von Richters eigenen Fotoserien in den Hintergrund. Dennoch
werden auch dort gefundene Bilder aus der Zeitung oder Postkarten
quasi als kollektive Bilder den eigenen gegenübergestellt.
Dadurch dass aber nicht nur direkte Bildvorlagen, sondern
auch werkbegleitende Produktionsprotokolle oder Projekte im Atlas
dokumentiert sind, findet die Reflexion über Darstellungskonventionen noch auf einer weiteren Ebene statt: Oft sind die für
Richter vorbildlichen Kunstwerke nicht in Reproduktionen gezeigt,
sondern erscheinen in bereits nachgeahmter Form wie etwa in der
547
Buchloh 1993a, S. 72-73.
149
Überblendung der Fotografie seiner Frau Ema, die sie als scheinbare Chronofotografie und in Anlehnung an Duchamps Akt die Treppe
heruntersteigend zeigt, in den Wolkenstudien, die Gemälde John
Constables fotografisch nachahmen, oder auch im Spiel mit dem
traditionellen Bildrepertoire in der Montage von Seestücken.548
Gleiches gilt für die Präsentation von Farbmusterkarten oder den
Fotografien der Farbschlieren, die dem Blick des Betrachters bereits wie verkleinerte Reproduktionen von abstrakten Gemälden des
Konstruktivismus oder Informel erscheinen.549
Dass dabei ein Bildkosmos entsteht, der unendlich erweiterbar
scheint, wie Buchloh dies feststellt, widerspricht nicht einer
gezielten Auswahl und entsprechend gestalteten Ordnung der Bilder
nach Regeln der Ähnlichkeit von Sujet, Komposition oder Medium.
Armin Zweite beobachtet interessanterweise mit Bezug auf Roland
Barthes Unterscheidung der Begriffe "studium" und "punctum", dass
Richter die Bilder des Atlas, abgesehen von wenigen Ausnahmen,
unter dem Gesichtspunkt des "studium", des "ziellosen Interesses", das auf Erfahrung und Erziehung beruht, ausgewählt habe.550
Dieses löst nach Barthes, im Gegensatz zum "bestechenden" Detail
des "punctum", eine kulturell vermittelte Reaktion, einen durchschnittlichen Affekt aus.551 Barthes Feststellung, das "studium"
bringe "einen weitverbreiteten Typ von Photographie" hervor,
"(den meist verbreiteten überhaupt), den man die einförmige Photographie nennen könnte",552 lässt sich in Bezug auf Richters Atlas weiterdenken: Es ist eben dieses Banale und Austauschbare des
"studium", das den Atlas so regellos und beliebig erscheinen
lässt, das ihn aber zugleich zu einem Fundus der "meist verbreiteten" und damit kollektiven Bilder macht. Eben in dieser Zuwendung zum Unspektakulären, Gewöhnlichen, in dem der bildgenerie-
548
549
550
551
552
Vgl. die Atlas-Tafeln 68, 203-217 und 184-198, in: Friedel/Wilmes
1997.
Vgl. die Atlas-Tafeln 275-280 und 92-105, in: Friedel/Wilmes 1997.
Zweite 1989, S. 17-18.
Barthes 1989, bes. S. 35-37, 50-55.
Barthes 1989, S. 50.
150
rende 'Autor' in Form einer Privatwelt oder Alltagskultur auftritt, unterscheidet sich Richter von Andy Warhol. Von diesem behauptet Thomas Weski zwar ebenfalls, er bediene sich "stereotyper
Bildformeln", die in einer Kulturgemeinschaft als Kode niedergelegt seien,553 doch sind es bei Warhol Motive, die durch ihren
Glamour und ihre Spektakularität eben vielmehr anziehen und bestechen wollen.554 Richters Bildkosmos findet sich eher in Projekten wie Alexander Honorys "Privatem Institut für neuzeitliche Familienfotografie" von 1979555 oder den Bilder-Büchern von Hans Peter Feldmann wieder.556 Dabei ist Buchlohs Äusserung, der Atlas
betone eine willkürliche Verbindung zwischen den abgebildeten Objekten und ihrer "universellen Bedeutung", durchaus zutreffend.557
Diese willkürliche Beziehung entspricht in etwa dem, was Stefan
Iglhaut mit Bezug auf die "Re-Photography" etwa von Richard
Prince als "Entreferentialisierung der Fotografie" bezeichnet.558
Nicht mehr der abgebildete Referent steht im Zentrum des Interesses, sondern die Art und Weise und vor allem der Kontext seiner
Darstellung.
Eben an dieser Stelle scheinen sich die Interessen Richters
und Warburgs zu überschneiden. Beide suchen nach 'Zeitformen' von
Bildern, also traditionellen Darstellungskonventionen einerseits
und den Neu- und Umnutzungen jener vorgeprägten Bildformen im
Wandel der Kultur andererseits.559 Dabei geht es Richter selbstverständlich nicht um bestimmte "Pathosformeln", doch lassen auch
Warburgs Ausstellung von Briefmarken, aus deren Motiven er künstlerische Formen ableitete oder seine Sammlung von Zeitungsfotos
mit Schiffen, Fliegern, Boxkämpfern, Tänzerinnen, Mördern,
553
554
555
556
557
558
559
Weski 1993, S. 11-12.
Vgl. Weski 1993, S. 11-12. – Zum Vergleich von Warhol und Richter vgl.
auch Honnef 1997, S. 62-65.
Dylla 1992.
Lippert 1989, Tatay 2002.
Buchloh 1993a, S. 71.
Iglhaut 1993, S. 38.
Zu dieser Feststellung passt Benjamin Buchlohs Aussage der späten
siebziger Jahre, dass Richter die anonymen Alltags-Fotografien wie ein
"dictionary of culture" brauche, Buchloh 2000a, S. 378.
151
Kriegsdarstellungen und ähnlichem auf ein weiter gefasstes Interesse schliessen, als dies die ersten Tafeln des Mnemosyne Atlas
glauben lassen.560 So zeigen sich in den letzten Tafeln Warburgs
schliesslich auch Gegenüberstellungen von Sportfotografien, Werbeanzeigen und Kunstwerken von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, welche ein sehr breites Untersuchungsfeld belegen.
In diesem Sinne erlangt Jean-Francois Chevriers Behauptung
Gültigkeit, dass Richter in seinem Werk die Kulturgeschichte als
unvollendeten, fragmentarischen, und doch in die Gegenwart gründenden Prozess des Sich-Erinnerns zeige. Was hier anhand des Atlas aufgezeigt wurde, entspringt bei Chevrier hingegen der Interpretation einer Äusserung des Künstlers selbst, der im Interview
mit Irmeline Lebeer erklärte: "Das ist es, was mich von den Hyperrealisten, die die aktuelle Welt mit ihren Wagen, ihren Autobahnen usw. darstellen, unterscheidet. Was mich betrifft. Ich,
für meinen Teil, male historische Bilder […] Die Bilder von damals sind immer noch ein Teil unserer Sensibilität. Sonst würden
wir sie nicht mehr anschauen. Die Romantik ist noch lange nicht
erledigt, ebenso wenig wie der Faschismus."561
4. Affirmation versus Provokation
1997 erklärte Gerhard Richter im Interview mit Dieter Schwarz, er
habe in einigen Aquarellen seine eigenen abstrakten Bilder nachgemalt in der Hoffnung, dabei "eine Gesetzmässigkeit zu entdecken, also den abstrakten Bildern auf die Schliche zu kommen."562
In der ursprünglichen Fassung des Interviews, welche Richter
nachträglich korrigierte, hatte er diese Äusserung noch verdeutlicht: "Indem ich das nachmalte, im Wesentlichen nachmalte, musste ich dasjenige bewusst malen, was im abstrakten Bild einfach
entstanden war." In Analogie zu diesem Verfahren lässt sich auch
560
561
562
Zu Warburgs in Zettelkästen gesammelten Zeitungsfotos sowie der Ausstellung von Briefmarken im Jahr 1927 vgl. Fliedl 1992, S. 166-167.
Lebeer 1973, vgl. Chevrier 1993, S. 40.
Schwarz 1999a, S. 6.
152
der Effekt des Nachmalens 'fremder' Bilder erklären. 1974 hatte
Richter Gislind Nabakowski auf die Frage, was ihn veranlasst habe, sich mit der Verkündigung nach Tizian ein Werk aus dem 15.
Jahrhundert [sic] zum Vorbild zu nehmen, geantwortet: "Weil mich
bei diesen wie bei allen Bildern ein bestimmter Aspekt reizt,
nämlich, dass sie 'gut' sind (wenn sie gut sind) und zwar unabhängig von ihrer damaligen aktuellen Wirkung, von ihrem Anlass
und von ihrer Story." Diese Qualität der Bilder nannte Richter
eine "wesende Proportion" und antwortete auf die Frage, was das
sei: "Vielleicht wollte ich mir diese Frage malend beantworten."563
Es ist das Stichwort des 'Nachmalens', welches das Verfahren
Richters wohl am besten charakterisiert.564 Seine Bezugnahmen auf
Vorbilder der Kunstgeschichte geschehen in voller Ernsthaftigkeit, auch wenn die aufgegriffenen Modelle und Konzepte oft in
ihrem Anachronismus irritieren. Die wenigen konkreten Werke, welche Richter explizit wiederholt, wie etwa Tizians Verkündigung,
Philipp Wilhelm oder Copleys Familie des Künstlers werden fast
unverändert kopiert; die farblichen Angleichungen an die Reproduktion und der nachträgliche Verweis auf die Fotografie durch
die Verwischung bewirken aber dennoch Veränderungen, welche ein
Wiedererkennen erschweren. Sehr viel grösser ist die Anzahl an
Werken, in denen Richter in seriellen Blöcken Bildgattungen oder
Stile aufgreift, die häufig auch an konkrete Vorbilder erinnern,
ohne aber direkt auf sie zu verweisen. Kopiert wird lediglich die
fotografische Vorlage, welche vielleicht im Sinne von Craig Owens, analog zu den Kunstwerken, als kulturelle Repräsentation
563
564
Nabakowski 1974, S. 3.
Johannes Meinhardt nennt das Verfahren Richters eine "kopierende Übermalung" und zeigt, wie sich darin vier Ebenen der Malerei in einem
Netz von Beziehungen negativer Determination verknüpfen: das "gefundene" Sujet überkreuze sich mit der ebenfalls gefundenen oder "willkürlichen Flächenorganisation", mit der materiellen Realität des Gemäldes
und mit einer annähernd mechanischen Ausführung der Malerei. Auf allen
vier Ebenen sieht Meinhardt Strategien der Zerstörung von Subjektivität, Intelligibilität und Idealität der Malerei eingesetzt, Meinhardt
1995, S. 237, und Meinhardt 1997, S. 179-180
153
der Natur verstanden werden kann.565 In der unveränderten Übertragung dieser Bilder in die Malerei – abgesehen von der Markierung
durch Unschärfe, weisse Ränder oder Schrift – wird das wiederholte Bild in seinen 'Gesetzmässigkeiten' ebenso nachvollzogen, wie
Richter dies für das Nachmalen seiner eigenen abstrakten Gemälde
schildert. Sein Vorgehen dabei ist ein affirmatives, liefern die
Wiederholungen als Einzelbilder doch oft keinen Hinweis auf Kritik oder Problematisierung des Dargestellten. Erst im Kontext des
Gesamtwerks Richters erzeugen die einzelnen Werke untereinander
Widersprüche. In Richters Notizen kann diese affirmative Haltung
geradezu apologetischen Charakter annehmen, etwa wenn Richter
1983 schreibt: "Überlieferte, so genannte alte Kunstwerke sind
nicht alt, sondern aktuell. Sie werden, solange wir sie im weitesten Sinne 'haben', nie überholt sein, und wir stellen ihnen
weder etwas Gleichwertiges zur Seite, noch werden wir ihre Qualität erreichen oder überragen. Ihre permanente Gegenwart macht das
Andere erforderlich, das wir heute herstellen, das weder besser
noch schlechter ist, sondern deshalb anders sein muss, weil wir
gestern den Isenheimer Altar gemalt haben."566
Dass sich die 'Nachmalungen' Richters dabei von den Vorbildern, die sie aufgreifen, oft nur geringfügig unterscheiden, hat
die Betrachtung der Grauen Bilder gezeigt. Ein Kommentar zum Diskurs der Abstraktion und der Tradition monochromer Malerei ist an
den Einzelgemälden nicht eindeutig ablesbar. Richter liefert hier
keinen Hinweis auf seine Haltung und erzeugt auch keine Brechung,
welche eine konkrete Lesart ermöglichen würde. Die Verwirrung über die Tatsache, dass die verschiedenen Lesarten etwa als 'Rhetorik der Moderne' oder aber als 'modernistische Selbstbezüglichkeit' sich gegenseitig ausschliessen, spiegelte sich nicht zu-
565
566
"In postmodernist art, nature is treated as wholly domesticated by
culture; the 'natural' can be approached only through its cultural
representation", Owens 1992a, S. 74.
"Notizen 1983, 27.1.83", in: Obrist 1993, S. 94.
154
letzt in Martin Hentschels Problematisierung der Frage "Wie sollen wir die abstrakten Bilder Gerhard Richters betrachten?".567
Sigmar Polkes Höhere Wesen befahlen: Rechte obere Ecke
schwarz malen bildet den klaren Gegensatz zu den affirmativen
Grauen Bildern Richters. Statt einem blosslegenden Nachmalen, haben wir es bei Polke mit einer blossstellenden Manipulation des
Vorbildes zu tun. Der diskursive Topos vom abstrakten Bild als
Ausdruck höherer Inspiration des genialen Künstlers wird hier mit
dem direktesten Mittel, der Schrift, ins Bild übertragen. Indem
der sprachlich kommunizierte Inhalt aber eine Abweichung zur visuellen Darstellung der abstrakten Farbfeldmalerei bildet und damit der zitierten Tradition gerade widerspricht, wird Polkes Haltung im ironischen Bruch lesbar. Die Bezugnahme ist somit einer
Karikatur oder einer bestimmten Form des Bildwitzes vergleichbar,
in welchem die Bildunterschrift die Pointe enthält.568 Die Komik
wird, wie auch in Carl Andre in Delft, durch die absurde Kombination von Bild und sprachlichem Kommentar erzeugt, wobei sich Polke die Hintergründigkeit des Bildwitzes zunutze machen kann. Dies
bedeutet aber nicht, dass seine Beschäftigung mit der kunstgeschichtlichen Tradition weniger ernst genommen werden kann als
diejenige Richters. Seine auf den ersten Blick spassigen Kommentare sind nicht nur provokativ, sondern blossstellend und offenbaren eine durchaus ernsthafte Auseinandersetzung mit den Ansprüchen an die Kunst.
Während Schrift bei Polke aber immer subversiv eingesetzt
wird, finden wir sie bei Richter als reine Wiederholung des Ausschnitts der entsprechenden Vorlage. Klaus Honnef hat bereits am
Beispiel der Kuh von 1964 darauf hingewiesen, dass Richter, im
Gegensatz zu Warhol, Schrift tautologisch einsetze.569 Diese Beobachtung bestätigt sich auch für den Bezug auf Kunstwerke wie etwa in Philipp Wilhelm (Abb. 64). Zwar dient die Schrift bei Rich-
567
568
569
Hentschel 1999.
Vgl. dazu Röhrich 1977, S. 292-294.
Honnef 1997, S. 64.
155
ter einem deutlichen Verweis auf die Reproduktionsvorlage, sie
ist jedoch auf inhaltlicher Ebene redundant, da sie die bildliche
Darstellung weder entscheidend erweitert noch bricht. Einen Extremfall in der Wirkung dieses Verfahrens stellt Engelskopf von
1963/65 (Abb. 82) dar, da hier die einem Kunstkatalog entstammende Bildunterschrift "Vermutlich Marco d'Oggionno (1460-1549):
Mädchen- oder Engelskopf, nach Leonardo; Florenz, Uffizien" den
eigenen Akt des Reproduzierens in seiner ganzen Absurdität vor
Augen führt: Richter fertigte mit seinem Gemälde die unscharfe
Kopie einer gedruckten Reproduktion einer Kopie d'Oggionos nach
dem Original von Leonardo an und markierte dies zusätzlich, indem
er das der Übertragung dienende Raster in seinem Gemälde nicht
übermalte. In der Tatsache, dass das ursprüngliche Motiv Leonardos fast völlig in der Unschärfe ausgelöscht wird, während die
Bildunterschrift und die Übertragungsspuren des Raster gut sichtbar gemacht sind, zeigt sich, wie das Nachmalen Richters dennoch
Bedeutung erzeugt.
Bei Polke ist es jedoch nicht nur der Einsatz von Schrift,
mit welchem er einen Bruch zwischen Vor- und Nachbild erzeugt.
Wie bereits die künstliche Herstellung irritierender und oft absurder Beziehungen in Bezug auf Polkes Textcollagen festgestellt
wurde, können einige seiner Bilder entsprechend als gemalte Collagen verstanden werden. In Bezugnahme auf das von Eberhard Roters für die Collage beschriebene "Prinzip der Heterogenität"570
benennt Martin Hentschel die Überlagerungen Polkes als "Kombinatorik des Heterogenen".571 Wie in Rauschenbergs Combine-Paintings
und Stoffbildern wird die Malerei in Polkes Überlagerungen zu einer Art Objekt, das wie das Element einer Collage behandelt und
in eine dissonante Komposition integriert wird. So kombiniert
Polke gemusterte Stoffe, direkte Zitate aus Malerei und Grafik
und Trivialmotive wie Rauschenberg auf einer nicht-hierarchischen
570
571
Roters 1977, S. 3.38.
Hentschel 1991, S. 219. - Beispiele hierfür wären Polkes Dürer Hase
auf Dekorationsstoff oder das 5 Punkte Bild.
156
Fläche.572 Hentschel unterscheidet zwischen einer "einträchtigen
Zwietracht" der einzelnen Elemente bei den 'Überlagerungen', und
einer "zwieträchtigen Eintracht" in den 'Überblendungen', in denen die einzelnen Motive aus Malerei und Stoffuntergrund in Parallele zu Francis Picabias Transparences als durchscheinende Elemente behandelt werden.573 Polkes Transparenzen wie So sitzen
sie richtig (nach Goya), Blauer Boucher oder Anbetung der Könige:
vor Leonardo sind insofern komplexer als seine 'Überlagerungen',
als hier die bildlichen Einheiten ihrem jeweiligen Gegenpart
wortwörtlich 'eingeschrieben' sind. Gabriele Wix weist darauf
hin, dass Polke in So sitzen sie richtig bereits als Vorbild eine
Collage Max Ernsts verwendete, diese wieder "dé-coll/agierte" und
zu "Collagen von Collagen" potenzierte.574
Jean-François Chevrier vergleicht Polkes Technik des Schichtens und Überschreibens mit Charles Baudelaires Beschreibung des
Gehirns als Palimpsest in Der Opiumesser, insofern als sich dort
unzählige Schichten von Gedanken, Bildern und Gefühlen ablagerten, wobei alle Schichten einander überdeckten aber jede erhalten
bleibe.575 Liest man bei Baudelaire weiter, so findet sich auch
die Unterscheidung des herkömmlichen Palimpsest-Begriffes vom Gedächtnis: "Dennoch, zwischen dem Palimpsest, auf welchem eines
über dem anderen, eine griechische Tragödie, eine Mönchslegende
und ein Ritterroman geschrieben wurden, und dem von Gott erschaffenen göttlichen Palimpsest, das unser unermessliches Gedächtnis
darstellt, besteht dieser Unterschied, dass auf dem ersten eine
Art phantastisches, groteskes Chaos herrscht, ein Gegen- und
572
573
574
575
Zu Rauschenbergs Collage-Technik vgl. Schimmel 1993, S. 30. – Benjamin
Buchloh umschreibt Polkes Methode mit einer "juxtaposition of iconic
appropriations from low culture and stylistic appropriations from the
signifying practices of high culture", Buchloh 1982a, S. 33; unter Berücksichtigung von Polkes Aneignungen wie Dürers Hasen, Bouchers Leda,
Goyas Alten, van Hoogstratens Ruhe auf der Flucht und anderen scheint
diese Sicht etwas verkürzt.
Zu Picabias Transparences zwischen 1927 und 1931 vgl. Pagé 2002, S.
314-331; vgl. auch Audinet 2002, bes. S. 94.
Wix 1991, S. 103.
Vgl. Charles Baudelaire, Die künstlichen Paradiese. Opium und Haschisch: Der Opiumesser, in: Kemp/Pichois 1989, S. 103-187, hier S.
174; Chevrier 1993, S. 47.
157
Durcheinander von heterogenen Elementen; während bei dem zweiten
das vorherrschende Temperament notwendigerweise einen Zusammenklang zwischen den widerstreitendsten Elementen stiftet."576 Polkes Überblendungen entsprechen einerseits dem grotesken Chaos der
übereinander lagernden Schriften des Palimpsestes, können aber
andererseits als Kunstwerke, analog dem Gedächtnis, die widerstreitenden Elemente "notwendigerweise" vereinen. Während Richter
nach wiederkehrenden Gesetzmässigkeiten der visuellen Konvention
sucht, produziert Polke mit den Worten Baudelaires das "Wiedererscheinen alles dessen, von dem der Mensch selber nichts mehr
wusste, das er jedoch genötigt war als ihm eigentümlich wiederzuerkennen".577
Wie eine Allegorie seines eigenen künstlerischen Vorgehens
mutet daher Polkes Zyklus Die Alten nach Goyas Gemälde Die Zeit
oder Die Alten mit Spiegel aus dem Musée des Beaux-Arts in Lille
an.578 In zahlreichen Zeichnungen und Fotokopien hatte Polke zwischen 1982 und 1984 versucht, unsichtbaren und verborgenen Elementen in Goyas Gemälde auf die Spur zu kommen, die er aufgrund
von gut erkennbaren Pentimenti unter dem Hauptmotiv vermutete.579
Als er 1984 eine Röntgenaufnahme des Gemäldes sehen konnte, bestätigte sich seine Annahme: Unter der Darstellung des sich androhenden Todes kam eine Auferstehung Christi zum Vorschein, eine
"discordia concors", die er in der Folge in manipulierten, grossformatigen Detailfotografien des Gemäldes thematisierte.580
Polkes Manipulationen oder Überblendungen von Werken der
Kunstgeschichte bewirken meist Verfälschungen des originalen Kodes der Vorbilder, die so ins Grotesk-Komische verkehrt werden.
576
577
578
579
580
Charles Baudelaire, Die künstlichen Paradiese. Opium und Haschisch:
Der Opiumesser, in: Kemp/Pichois 1989, S. 103-187, hier S. 174.
Charles Baudelaire, Die künstlichen Paradiese. Opium und Haschisch:
Der Opiumesser, in: Kemp/Pichois 1989, S. 103-187, hier S. 175.
Vgl. Poetter 1990, S. 156-174, und Polke Photoworks 1996, S. 176-191,
Nr. 99-109.
Vgl. die Vermutungszeichnungen über die Hintergrundmalerei des GoyaGemäldes "Die Alten", in: Polke Photoworks 1996, S. 176-177, Nr. 99100.
Vgl. Steihaug 2001; Fuchs 1997; Schimmel 1996, S. 77-78;.
158
Der daraus resultierende Effekt kann anhand von Michail Bachtins
Beschreibung des Grotesken und der Lachkultur gezeigt werden:
"Das Moment des Lachens, das karnevalistische Weltempfinden, die
der Groteske zugrunde liegen, zerstören die beschränkte Ernsthaftigkeit sowie jeglichen Anspruch auf eine zeitlose Bedeutung und
Unabänderlichkeit der Vorstellungen von der Notwendigkeit".581 Gerade die notwendige Komposition und Konzeption der gewählten Vorbilder wird somit bei Polke im Sinne Bachtins in Frage gestellt.582 Thomas McEvilley beobachtet dieses Verfahren vor allem
für Polkes Werke der sechziger Jahre, in denen er die Kultur zur
Kritik an sich selbst verwende, anstatt sie unkritisch sich
selbst bestätigen zu lassen.583 In seinem Aquarell Darf man Kinder
auslachen? von 1964 (Abb. 83) scheint Polke sein eigenes Prinzip,
modernistische Bildstrategien zu persiflieren, ironisch in einem
Bildwitz zu befragen. Das "Kind" ist ein rotes Dreieck auf Papier, das Polke durch angesetzte Körperteile buchstäblich in ein
"figürliches" Motiv verwandelt. Die darin liegende Ironie gegenüber der Hard-Edge-Malerei eines Ellsworth Kelly oder auch seines
Akademie-Kollegen Blinky Palermo wird durch die dem Dreieck eingeschriebene Frage in ihrem komischen Effekt noch potenziert und
der ernsthafte Anspruch einer geometrischen Malerei in aller Lächerlichkeit blossstellt.
Der mehrfache Verweischarakter der Werke Richters und Polkes
in Form "doppelter Zitate" einerseits und in Bezügen auf eine
diskursive Ebene andererseits erfordert ein komplexes Begriffssystem, das die jeweiligen Beziehungen zu benennen im Stande ist.
Derartige Systematiken sind bisher vor allem von Literaturwissenschaftlern für die Beziehungen von Texten erarbeitet worden, wobei eine Übertragung der dortigen Klassifizierungen auf die Kunst
581
582
583
Bachtin 1990, S. 28. Martin Hentschel führt Bachtins Theorie in der
Analyse von Carl Andre in Delft an, Hentschel 1991, S. 310; sie lässt
sich aber auch auf Polkes andere Parodien von Kunstwerken und –stilen
übertragen.
Vgl. dazu den Effekt von Jean Tinguelys verschiedenen Meta-Kandinskys,
in: Tinguely 1982, S. 52-57, Nr. 58-64.
McEvilley 1991, S. 35 u. 40, 47 u. 52.
159
immer mit Schwierigkeiten verbunden ist. Gerard Genettes Theorie
der "Hypertextualität" unter dem Titel Palimpseste bietet sich
insofern als Modell für die Unterscheidung der verschiedenen Arten von Bezügen bei Richter und Polke an, als sie versucht, verschiedene Arten von Bezugnahmen begrifflich zu systematisieren584
und dabei drei Register benennt, in welchen die unterschiedlichen
Haltungen beider Künstler gut zu verorten sind: das ernsthafte,
das spielerische und das satirische Register.585 Genettes grundsätzliche Differenzierung zwischen dem Beziehungsmodell der
"Transformation" und dem der "Nachahmung" lässt sich allerdings
weniger eindeutig von Texten auf Bilder übertragen. Während die
"Transformation" bei Genette im Sinne eines Zitats als direkter
Bezug verstanden wird, welcher sich lediglich durch die Abänderung irgendeines Bestandteils des 'Hypotextes' auszeichnet, ist
die Nachahmung eine indirekte Transformation.586 Hier wird in einer nicht sichtbaren Zwischenstufe eine Art Modell der Gattung
als Vermittlung zwischen dem nachgeahmten 'Hypotext' und dem
nachahmenden 'Hypertext' erstellt.587 Der Hypertext erzählt in
diesem Fall eine andere Geschichte als der 'Hypotext', lässt sich
aber von dessen formalem und thematischem Gattungstypus leiten.588
Stefan Römer hat in seiner Dissertation zum Begriff des Fake
bereits darauf hingewiesen, dass zwischen Text- und Bildbezügen
insofern eine Differenz bestehe, als bei Bildern nur über den
Kontext zu entscheiden sei, ob ein Bild einen einfachen Bezug auf
ein Vorbild nehme oder etwas anderes thematisiere, wie es einem
Nachahmungsverhältnis entspräche.589 Dennoch lässt sich grundsätzlich festhalten, dass, auf die Bilder Richters und Polkes über-
584
585
586
587
588
589
Vgl. dazu im "Glossar" die tabellarische Ordnung der Begriffe nach Genette.
Genette 1993, bes. S. 43-44. – Genette räumt jedoch ein, dass diese
Unterteilung der Register recht grob ist und schlägt vor, mit dem Ironischen, dem Polemischen und dem Humoristischen noch drei weitere Nuancen hinzuzufügen, Genette 1993, S. 45-46.
Genette 1993, S. 16-18 und 40-47.
Genette 1993, S. 14, 18-21.
Genette 1993, S. 15-17.
Römer 2001, S. 59.
160
tragen, beide Formen der Bezugnahme, die direkte Transformation
und die indirekte Nachahmung, angewandt werden. Richter macht direkte Bezugnahmen lediglich in seinen verwischten Kopien von
Kunstwerken wie Verkündigung nach Tizian (343-1), Philipp Wilhelm
oder Familie nach altem Meister, wo im Sinne Genettes von ernsthaften Transformationen, also "Transpositionen" zu sprechen wäre.
Bei Polke erscheinen häufig die einzelnen Elemente des Bildes,
wie etwa die Übernahmen aus der Grafik, als direkte Transformationen, also Zitate, welche im Ensemble der Darstellung jedoch derart dekontextualisiert sind, dass die Collage eine völlig "andere
Geschichte erzählt" als das Vorbild. Insofern trifft auf viele
Kunstbezüge Polkes der Begriff des "Pastiche" als spielerische
Nachahmung zu, wobei im "Pastiche" zugleich das collagierte
'Durcheinander' des "Pasticcio" mitschwingt, welches Polkes Arbeiten sehr gut charakterisiert.590 Dies betrifft etwa seinen
Blauen Boucher, So sitzen sie richtig (nach Goya) oder seine Gemälde zu Original + Fälschung. Richters Wiederholungen von verschiedenen Bildgattungen und –typen wie den Landschaften,
Stilleben, Akten, Farbtafeln etc. sind ansonsten der Inbegriff
einer "Nachahmung", da sie im wörtlichen Sinne auf ein Modell der
Gattungskompetenz zurückgreifen, wobei ein konkreter Referent allerdings nicht vorhanden ist. Aufgrund der ernsthaften Haltung,
die Richters Bezüge charakterisiert, wären sie somit nach Genette
als "Nachbildungen" zu benennen.591 Polkes Nachahmungen geben sich
selten ernsthaft und tendieren, wie gezeigt werden konnte, meist
eher zum Ironisch-Satirischen, insofern sind seine Dürer-Hasen,
der Zyklus Moderne Kunst sowie die Verfremdungen der Abstrakten
nach Carl André oder der Farbflächenmalerei als "Persiflagen" zu
590
591
Vgl. zum "Pasticcio" Döhmer 1978, S. 76. – Kevin Power, der von Frederic Jamesons Begriff des 'postmodernen' Pastiche ausgeht, das im Gegensatz zur Parodie nicht satirisch sei, sondern vielmehr 'neutral',
schliesst für Polke den Begriff des Pastiche aus und besteht auf dem
der Parodie. Power unterscheidet allerdings nicht zwischen einem direkten und einem indirekten Bezug wie Genette; Power 1996, S. 108;
vgl. auch Jameson 1983, S. 113-114.
Es muss dabei jedoch immer bedacht werden, dass das Verhältnis von Malerei und Fotografie ein direktes ist, also einer Kopie entspricht.
161
bezeichnen, was im bildlichen Ausdruck der "Karikatur" entspräche.592
Weniger klar ist die Bezeichnung der Bezugnahmen hingegen bei
Werken wie Polkes Anbetung der Könige vor Leonardo und Leonardo
oder Richters Vorhängen und Spiegeln sowie den letzten Bildern
seines Verkündigungs-Zyklus, insofern als hier kein eindeutiges
Verhältnis zwischen Vor- und Nachbild besteht, da entweder ein
direktes Vorbild fehlt oder aber das Nachbild so stark abweicht,
dass von einer "Nachahmung" nicht mehr zu sprechen ist. In diesen
Fällen ist es der Bezug auf einen diskursiven Kontext, der die
visuelle Darstellung prägt und das schlichte Vorbild-NachbildVerhältnis verunklärt. Der Bezug auf das Vorbild ist dann zumeist
nur noch über den Titel erschliessbar. Spätestens an diesen Beispielen dürfte klar werden, dass eine einfache begriffliche Systematik den verschiedenen Verweisebenen der Werke beider Künstler
nicht gerecht wird. Sie kann lediglich dem Versuch einer groben
Ordnung dienen.
592
Genette weist darauf hin, dass die Persiflage im bildlichen Ausdruck
der Karikatur entspreche, wobei eine Karikatur auch zugleich satirische Transformation sein könne, Genette 1993, S. 40. – Polkes Arbeiten
wurden auch schon mehrfach als "Parodien" bezeichnet, was dem dem üblichen Sprachgebrauch entspricht, vgl. z.B. Buchloh 1982b; da die Parodie aber auf einem direkten Verhältnis im Sinne eines Zitats des Hypotextes beruht, scheint die Persiflage als Nachahmung, welche "eine
andere Geschichte erzählt" die passendere Bezeichnung für Polkes Bezüge. – Auch Genette ist sich überdies bewusst, dass die Verwendung des
Begriffs der Parodie nicht immer seiner eigenen Definition entsprochen
habe und im alltäglichen Sprachgebrauch ebenfalls oft ungenau sei, Genette 1993, S. 21-40.
162
Funktionswandel
1. Avantgarde des Alten – Wiederholung statt Fortschritt?
Der Kunstkritiker Harold Rosenberg veröffentlichte 1959 seinen
Essayband The Tradition of the New, in dem er an verschiedenen
Beispielen zu zeigen versuchte, dass der in der Kunst "berühmte
moderne Bruch mit der Tradition" sich im 20. Jahrhundert als eine
paradoxe "eigene Tradition" herausgebildet habe.593 Genau dreissig
Jahre später schlug der Kunsthistoriker Markus Brüderlin für die
"postmoderne Kunst" in Abgrenzung von Rosenbergs "Tradition des
Neuen" den Begriff einer "Avantgarde des Alten" vor. Brüderlin
beschrieb damit das Phänomen des aneignenden Reproduzierens von
"Schon-Dagewesenem" als "Parade-Paradigma" für die 'Dialektik'
von Moderne und Postmoderne.594 Ziel dieser WiederholungsStrategien, die er zeitlich vor allem in den siebziger und achtziger Jahren ansiedelte, sei es, "traditionelle Kriterien künstlerischer Qualität, nämlich: Einmaligkeit, Autorschaft, Originalität" zu hinterfragen.595 Dabei sei auch der Begriff der "Fälschung", welcher seit der Gewichtung zugunsten einer "Erfindung"
im Kunstwerk sehr negativ belegt war, zum künstlerischen Thema
erhoben worden.596
Stefan Römer schlug in seiner Dissertation 1998 den Begriff
des "Fake" für jene Kunst vor, die sich von vornherein selbst als
Fälschung ausweise und sich damit dem ursprünglichen FälschungsKriterium einer betrügerischen Absicht ebenso entziehe wie einer
traditionellen Vorstellung von Innovation.597 Als eine der ersten
Stationen im Wandel des Fälschungsbegriffs nannte Römer Sigmar
593
594
595
596
597
Rosenberg, 1982 #682}, bes. S. 8-9.
Brüderlin 1989, S. 142.
Brüderlin 1989, S. 141.
Brüderlin 1989, S. 145. – In Brüderlins Zusammenhang wäre allerdings
der Begriff der 'Kopie', welche im Gegensatz zur 'Erfindung' negativ
belegt war, treffender.
Römer 2001.
163
Polkes Original + Fälschung von 1973. Im Titel der Ausstellung
sah er einen Hinweis auf die Ambivalenz der künstlerischen Strategie: Polkes Titel suggeriere, dass das "+" sowohl als "und" wie
auch als "Plus" gelesen werden könne. Die Arbeiten würden somit
als Originale und gleichzeitig als Fälschungen deklariert, wodurch Polke beide Begriffe in ihrem dialektischen Verhältnis zueinander in Frage stelle. Hierin markiere sich der Übergang von
der traditionellen Auffassung des originalen Kunstwerks zu einem
Status, der als "Doppelphänomen" zu begreifen sei.598
Die im Titel der Ausstellung nur angedeutete ironische Distanz der Künstler zur Original-Fälschung-Dichotomie sprach Achim
Duchow in einem seiner Beiträge zum Katalog Franz Liszt kommt
gern zu mir zum Fernsehen in aller Direktheit aus: "Alles ist
Fälschung, alles ist Originalscheisse […]. Original und Fälschung, es besteht kein Unterschied, da jede Originalfälschung
schon dadurch wieder zum Original wird. Man stellt sich die Frage, wie weit geht die Originalität, wo fängt die Fälschung an, wo
setzen die Kriterien ein? Setzen sie ein, oder setzen sie sich
hin? Ich bin dafür, dass sie sich hinsetzen (MATRATZE)".599 Ausserdem deutete Duchow ein Gegenkonzept an: "Diesen Kult des echten Ölbildes kennen wir alle, Ursprung des Fetischismus ist das
Missverständnis zwischen Entdeckung und Erfindung."600 Statt der
"Erfindung" eines Werkes verwies Duchow auf das Finden als einen
598
599
600
Römer 2001, S. 41-67, bes. S. 60-61-36, und Römer 1999b, S. 145. – An
dieser Stelle deutet sich an, dass das Fake kein Phänomen "im phänomenologischen Sinn" darstellt, da es sich um einen "Sowohl-als-auchZustand" handelt, der aus jeder Perspektive anders aussieht, Römer
2001, S. 61.
"Expertise zu Don Martin", in: Polke/Duchow 1973, [S. 39]. - Neben dem
Text Duchows wird ein Zeitungsartikel des Handelsblatts über die
dendrochronologische Methode zur Datierung von Bildtafeln holländischer Maler des 16. und 17. Jahrhunderts präsentiert, durch die Fälschungen aufgedeckt werden sollen. Diese und ähnliche Methoden werden
von Duchow in seiner "Expertise zu Don Martin" veralbert, indem er
"mit 100%iger Sicherheit" die Echtheit des Bildes von D. Martin (vgl.
Abb. 59) feststellt, die Echtheit von Wetterberichten und dem Papst,
sowie den entsprechenden Kriterien diskutiert und absurde Ratschläge
zur Fälschung eines Degas liefert; vgl. Polke/Duchow 1973, [S. 39-40].
"Expertise zu Don Martin", in: Polke/Duchow 1973, [S. 40].
164
künstlerischen Akt, den die beiden Künstler in der Gesamtkonzeption der Ausstellung in allen Variationen durchspielten.601
Die Änderung des Original-Paradigmas lässt sich als Prozess
seit Duchamps Einführung des Readymade erkennen:602 Auf die Strategien der Pop Künstler und ihre Verneinung einer künstlerischen
Authentizität wurde bereits hingewiesen.603 Dieser Ansatz erhielt
jedoch mit der zeitgleichen Kunst einer Elaine Sturtevant in Bezug auf die Frage nach der Originalität eine weitere Zuspitzung.
Sturtevant produzierte Kopien und Reprisen von Werken ihrer Zeitgenossen Warhol, Stella und Lichtenstein, sowie von Duchamp und
Beuys, die sie mit ihrer eigenen Signatur versah, wobei sie im
Werktitel auf den jeweiligen Vorbild-Künstler verwies.604 Interessant ist vor allem, dass die selbst bereits nach dem ReadymadePrinzip arbeitenden Künstler Gefallen an der Idee Sturtevants
fanden und dass Warhol ihr seine Original-Siebe zur Verfügung
stellte, während Lichtenstein und Stella ihr diverse Tipps gaben,
damit ihre Kopien möglichst perfekt gelangen.605 Damit machten sie
601
602
603
604
605
Die Unterscheidung zwischen der "Erfindung" und der "Entdeckung" geht
bereits auf Leon Battista Albertis Postulat, die Leistung der Menschen
bestehe in der Entdeckung, dass die Natur sich selbst in ähnlichen
Formen und Bildern wiederhole, zurück. Dem Anfang der Künste liege
demnach nicht in die Erfindung (inventio), sondern die Entdeckung (inventum) zugrunde, vgl. dazu Bätschmann 2000, S. 31. – Mit Marcel Duchamps Readymade wurde das Entdecken und Auffinden erneut zu einem
künstlerischen Akt erklärt.
Zu einer Revision des Originalbegriffs der historischen Avantgarde
vgl. Krauss 1985, bes. S. 151-172.
Vgl. dazu auch Cameron 1990, S. 273-278; zur wichtigen Rolle Warhols
in der Umwertung von Original und Kopie, Unikat und Multiple sowie absolutem Meisterwerk und Wiederholung, vgl. auch Stoichita 2001.
Vgl. Schwartz/Davis 1986, Sturtevant 1988, Drathen 1991, bes. S. 182190; Crow 1996, S. 70-74, Rebbelmund 1999, S. 99-108, Sturtevant 1999,
und Frohne 2000, S. 280. – 1973 erschien von Carol Duncan unter dem
Pseudonym Cheryl Bernstein der Artikel "The fake as more" über den
Künstler Hank Herron und seine Repliken Frank Stellas. Dass der Text
ein Fake war und der angebliche Künstler Harron sehr ähnlich beschrieben wurde, wie die Arbeit von Elaine Sturtevant, kam erst 13 Jahre
später heraus, als der Kunsthistoriker Thomas Crow über die Umstände
aufklärte, Bernstein 1993, Crow 1996, S. 69-77; vgl. auch Römer 2001,
S. 19-30.
Vgl. Brüderlin 1989, S. 146; Drathen 1991, S. 183; Crow 1996, S. 72;
Moser 1997, S. 92; Rebbelmund 1999, S. 101. – Auch Joseph Beuys reagierte sehr positiv auf Sturtevants Wiederholungen seiner Arbeiten und
165
sich ebenso wie Sturtevant vom Anspruch auf eine originäre Schöpfung und der ästhetischen Konvention der "Aura" eines Unikats
frei.606
Heute wird Sturtevant immer wieder zur so genannten "Appropriation Art" gezählt,607 obwohl sie lange vor der Entstehung
des Begriffs in den 80er Jahren ihre Kopien anfertigte und sich
selbst von dieser begrifflichen Vereinnahmung lossagte.608 Bei der
diskursiven Formation der "Appropriation Art" wurde sie indes
auch nicht berücksichtigt, hier galten Künstler und Künstlerinnen
wie Sherrie Levine, Richard Prince, Louise Lawler und Cindy Sherman, die sich in Fotografien eine bestehende Bildlichkeit aneigneten, als Paradebeispiele.609 Ausgehend von Douglas Crimps Ausstellung Pictures im alternativen Ausstellungsraum Artists Space
in New York 1977 wurde hier ein neuer Bildbegriff formuliert, der
sich gegen jede Selbstreferenzialität der Kunst wandte und vielmehr deren Referenzen auf Kontexte problematisierte.610 Während
sich aber bereits in der Begriffsformation der "Appropriation
Art" unterschiedliche Gewichtungen und Definitionen andeuteten,611
manifestierte sich in der in Deutschland Ende der achtziger Jahre
einsetzenden Rezeption der "Appropriation Art" der völlige Verlust ihres diskursiven Kontextes, so dass der Begriff "Appropriation" heute undifferenziert für sämtliche Arten der 'Aneignung'
606
607
608
609
610
611
bekundete in einem persönlichen Treffen der beiden Interesse an einer
Fortsetzung, vgl. dazu Frohne 2000, S. 276.
Eine Ausnahme bildete Claes Oldenburg: Nach anfänglicher Begeisterung
für Sturtevants Idee, fühlte er sich 1967, als sie seinen Store of
Claes Oldenburg nachbildete, doch seines Urheberrechts beraubt, vgl.
dazu Rebbelmund 1999, S. 105, und Frohne 2000, S. 286, Fussnote 8.
Vgl. Deecke 1999a, S. 18-19. Auch in der Ausstellung The Art of Appropriation im Alternative Museum, New York, 1985, war Sturtevant mit
Kopien nach Lichtenstein und Warhol vertreten, vgl. Ferrer 1985 und
Marter 1985.
Vgl. Moser 1997 und Rebbelmund 1999, S. 99.
Vgl. Römer 1997 und Römer 2001, S. 91-104. – Sherrie Levine griff
Kunst-Reproduktionen nicht nur fotografisch auf, sondern malte sie
später auch in Aquarellen ab, vgl. Temkin 1993.
Crimp 1984; vgl. Owens 1982, S. 21; Römer 2001, S. 98.
Vgl. Crimp 1996a und im Gegensatz dazu Buchloh 1982a und Buchloh
1982b.
166
von Kunst oder Gegenständen aus dem lebensweltlichen Alltag verwendet wird.612
Dass eine Unterscheidung der Begriffe jedoch sinnvoll wäre,
belegt die Tatsache, dass die Aneignungen Richters und Polkes
sich von denen der 'Appropriationists' deutlich unterscheiden.613
Zwar greifen auch beide auf eine bestehende Bildlichkeit zurück,
sind jedoch in der Abwendung vom Original weit weniger radikal.
Rosalind Krauss macht gerade an der "Gruppe junger Künstler" der
Pictures-Ausstellung den "Diskurs der Reproduktion" fest, welcher
den der Originalität abgelöst habe.614 Während Römer entsprechend
die Arbeiten Sherrie Levines als "konzeptuelle Reproduktionen"
bezeichnet,615 ist der Begriff der "Reproduktion" für Richter und
Polke gänzlich unzutreffend. Beide Künstler stellen im Gegensatz
zu Levine oder Prince keine unveränderten Kopien ihrer Vorbilder
im Sinne von "Fakes" her, sondern produzieren Transformationen
und Nachahmungen, in denen Vieles 'bekannt' vorkommt, ohne dass
immer ein eindeutiges Vorbild erkennbar sein muss. Ist dies doch
der Fall, wie etwa bei Polkes Dürer-Hase oder Richters Ema (Akt
auf einer Treppe), so geht es statt um die Kopie vielmehr um eine
Manipulation des Vorbildes. Dennoch eignen sich auch Richter und
612
613
614
615
Vgl. Römer 1997, S. 133-134: "Meist wird von seiten der Theoretiker
unspezifisch auf Begriffe wie Imitation, Simulation oder Aneignung
verwiesen, ohne mit einer konkreten Kritik der Zeichenökonomie eine
des Repräsentationssystems anzustreben […]. Die Appropriation Art erscheint im historischen Rückspiegel als strategischer Begriff, der von
einer diskursiven Gruppe Anfang der 80er an einem Ort zum strategischen Warenzeichen geprägt wurde, dessen Distinktionsfähigkeit allerdings durch seine eigene Zirkulation immer weiter verschoben oder konvertiert wird". – Diese Beobachtung bestätigt sich in Romana Rebbelmunds Bemerkung, sie versuche Elaine Sturtevant in die Appropriation
Art einzuordnen, da sich diese Bezeichnung nicht mehr ausschliesslich
auf eine Künstlergruppe beziehe, sondern zu einem "kunsthistorischen
Stilbegriff" erweitert worden sei, Rebbelmund 1999, S. 99.
Auch Doris von Drathen plädiert in diesem Sinne für eine "Enteignung
der Appropriation", welche inzwischen ein "Sammelbecken" völlig disparater Kunstäusserungen geworden sei, Drathen 1991, S. 186.
Krauss 2000, S. 218-219.
Römer 2001, S. 117.
167
Polke ein bestehendes Bildrepertoire mit seinen Konnotationen an,
um es mit neuen Bedeutungen und Identitäten zu belegen.616
Aufgrund dieses Rückgriffs auf einen scheinbar frei verfügbaren Bildbestand und die daraus resultierende stilistische Heterogenität ihrer Werke wurden Polke und Richter, ebenso wie die Appropriation-Künstler, immer wieder zu Protagonisten einer 'posthistorischen' Kunst erkoren. Bezugspunkt dieser Verortung war das
Theorem vom "Ende der Geschichte" wie es vor allem vom Soziologen
Arnold Gehlen seit den fünfziger Jahren entwickelt worden war.
Sowohl unter dem Gesichtspunkt der "Herrschaft" als auch dem der
"Kultur" prognostizierte Gehlen eine "kommende Geschichtslosigkeit", die sich in einer Art "Beweglichkeit auf stationärer Basis" zeige, in der Fortschritt nur noch die "Verlängerung des
schon Erreichten, Ausgeformten und zur Institution gewordenen"
sein könne.617 Mit dem Begriff "Posthistoire" bezeichnete Gehlen
somit eine kommende "Unaufhörlichkeit", in der die Kultur sich
nicht mehr erneuern könne.618 Aufgrund dieser Entwicklungen prophezeite er 1960 auch explizit das Ende jeder "kunstimmanenten
Entwicklung": "Mit einer irgendwie sinnlogischen Kunstgeschichte
ist es vorbei, selbst mit der Konsequenz der Absurditäten vorbei,
die Entwicklung ist abgewickelt, und was nun kommt ist bereits
vorhanden: Der Synkretismus des Durcheinanders aller Stile und
Möglichkeiten, das Posthistoire."619
Dass im gleichen Jahr, als Gehlen eine "sinnlogische Kunstgeschichte" für beendet erklärte, der amerikanische Kunstkritiker
Clement Greenberg seinen programmatischen Essay über "Modernistische Malerei" publizierte, in welchem er die Kunstgeschichte als
616
617
618
619
Vgl. die entsprechende Beschreibung der Appropriation bei Danto 2000,
S. 37.
Gehlen 1975, S. 115-133, bes. S. 120-121.
Gehlen 1975, S. 126-132. – Den Begriff "Posthistoire" führt Gehlen bereits auf den Politiker und Philosophen Hendrik de Man und über diesen
auf einen französischen Mathematiker und Philosophen des 19. Jahrhunderts, Antoine Augustin Cournot, zurück, bei dem der Begriff zwar
nicht zu finden ist, wohl aber die Vision eines Endzustandes der Geschichte, Gehlen 1975, S. 126, vgl. dazu Niethammer 1989, S. 18-25.
Gehlen 1965, S. 206.
168
teleologischen Prozess der Purifikation beschrieb, zeigt die
zeitliche Überschneidung gegensätzlicher Diskurse an.620 Greenbergs Geschichtsverständnis ging davon aus, dass die einzelnen
Kunstformen sich notwendig einer selbstkritischen "Reinigung" unterziehen müssten, um ihre jeweilige Autonomie legitimieren zu
können. Für die mit Edouard Manet beginnende modernistische Malerei habe dieser Prozess in einer fortschreitenden formalen Reduktion auf ihre essentielle Eigenschaft der Flächigkeit (flatness)
und einer ästhetischen Reinigung von allem Unwesentlichen bestanden.621 Dass Greenbergs formalistische Erzählung der Kunst in der
ebenso radikalen Prozessdarstellung der Malerei im 20. Jahrhundert von Werner Haftmann seine perfekte Entsprechung fand, konnte
bereits in Bezug auf den Diskurs der Abstraktion im Nachkriegsdeutschland gezeigt werden.622 Greenberg und Haftmann schrieben
somit eine Historiografie der Kunst fort, welche seit der Renaissance durch den "Mythos vom künstlerischen Fortschritt" geprägt
war.623
Markus Brüderlin griff 1986 in seinem Artikel "Postmoderne
Seele und Geometrie" diese Geschichte einer zur 'reinen' Abstraktion fortschreitenden Kunst auf, um mit Arnold Gehlen ihr Ende zu
konstatieren und damit ein "neues Kunstphänomen", den "Iterativismus", also die stete Wiederholung einer geometrischen Abstraktion, zu erklären. Die Folge vom Ende des "linearen Fortschrittsdenkens" sah Brüderlin in der "potentiellen Gleichzeitigkeit der
620
621
622
623
Greenberg 1997a. – Immerhin sah auch Gehlen in der "abstrakten Kunst"
noch "die Entdeckung eines neuen Kontinents der Sensibilität, auf dessen Landkarte sich übrigens noch weisse Flecken befinden, zu denen
bisher niemand vordrang", Gehlen 1965, S. 230. Zur Geschichtssicht
Greenbergs vgl. auch Sandler 1996, S. 2-7; Danto 2000, S. 93-113.
Greenberg 1997a, bes. 265-268. – Die Tendenzen zu diesem Prozess sieht
Greenberg bereits seit dem 16. Jahrhundert als Bestreben der Malerei,
"sich des Skulpturalen zu entledigen", Greenberg 1997a, S. 270-271.
Haftmann 1959, S. 13; vgl. dazu auch Bracht 2003, S. 192.
Vgl. zu diesem Mythos Gombrich 1966; Belting 1984, bes. S. 15-21, 6391; Belting 1995, bes. 128-139; Hazan 1999. - Während Olga Hazan 1999
in Le mythe du progès artistique die Idee des Prozesses als Grundkonzept der Kunstgeschichtsschreibung aller Gattungen analysierte, lieferte etwa Suzi Gablik 1976 mit Progress in Art noch selbst eine explizit linear gedachte Geschichte der Kunst, Gablik 1976; vgl. auch
die kritische Stellungnahme zu Hazans Untersuchung bei Mitchell 2002.
169
Stile und Stilformen" und in einer neuen Gleichwertigkeit von
"Konkreter und Realistischer Kunst in bezug zur Wirklichkeit",
wie er sie auch bei Richter und Polke beobachtete.624 Dabei zeigt
sich allerdings, wie hier Gehlens Theorem einer 'Posthistoire'
mit dem einer 'Postmoderne' vermengt wird, welche sich nach JeanFrançois Lyotard, einem ihrer philosophischen Haupttheoretiker,
durch das "Ende der Meta-Erzählungen" und eine daraus folgenden
Pluralität auszeichnet.625 Während die These der 'Posthistoire'
pessimistisch vom Ende der Innovationen und geschichtlichen Möglichkeiten ausgeht, erklärt die Theorie der Postmoderne vielmehr
die Ganzheitsvorstellungen einer Historiografie für beendet.626
Die Vermengung dieser zwei Theoreme, die von grundsätzlich verschiedenen End-Visionen ausgehen, hat sich für die Versuche der
Verortung zeitgenössischer künstlerischer Phänomene wie der Wiederholung oder Pluralität von Ausdrucksformen als symptomatisch
erwiesen. Horst Bredekamp kann zeigen, dass die Idee vom Ende der
Geschichte, welche oft in Hegels Konzept einer im Geist zu sich
selbst und damit zu einem Ende kommenden Historie fundiert wurde,627 Ausgangspunkt war für verschiedenste andere "Denkbewegungen, die allesamt Facetten des Finalen durchzuspielen suchten":
nach dem "Tod des Subjekts" und dem "Tod des Autors" das "Ende
des Buches" und in diesem Zusammenhang auch das "Ende der Kunst"
624
625
626
627
Brüderlin 1986.
Lyotard 1986, S. 14:"Bei extremer Vereinfachung hält man die Skepsis
gegenüber den Metaerzählungen für 'postmodern'" – Wolfgang Welsch
sieht neben diesem "negativen Minimalbegriff der Postmoderne" bei Lyotard den positiven in der Freigabe und Potenzierung der Sprachspiele
und ihrer Heterogenität, Autonomie und Irreduzibilität, Welsch 1988,
S. 33. – Dabei distanziert sich Lyotard zugleich von der gerne verwendeten Formel des "alles ist erlaubt", welche auch Brüderlin mit dem
ursprünglich auf die Wissenschaftstheorie bezogenen Satz "Anything
goes" Paul Feyerabends anführt, Lyotard 1985, S. 38: "Für mich ist die
'Postmoderne' weder die unmögliche Trauer, d.h. die Melancholie der
Moderne (jene Sehnsucht, zu der die Romantik gehörte), noch der zynische Eklektizismus des 'Alles ist erlaubt' (der Transavantgardismus in
der Malerei z.B.)".
Wolfgang Welsch weist in seiner Untersuchung zur Definition und Geschichte der Postmoderne ausdrücklich darauf hin, dass häufig auf eine
Wesensidentität der Theoreme der "Posthistoire" und der "Postmoderne"
geschlossen werde, obwohl beide nichts miteinander zu tun hätten,
Welsch 1988, S. 17-18.
Vgl. vor allem Kojève 1958; vgl. auch Niethammer 1989, 73-82.
170
beziehungsweise in seiner spezifischen Form das "Ende der Malerei".628
Wie Richter und Polke neben anderen Künstlern für die verschiedenen 'Ende-Diagnosen' instrumentalisiert oder durch diese
vermeintlich erklärt wurden, machen die unterschiedlichen Begründungen deutlich, unter denen beide als Vertreter einer postmodernen oder auch "post-narrativen", "neo-avantgardistischen" oder
eben "posthistorischen" Kunst erscheinen: Arthur C. Danto plädiert gar direkt für das "Zusammenfallen" der Ausdrücke "postnarrativ" und "post-historisch" und möchte mit dieser Vermengung
den Zustand der Kunst nach dem Ende der Kunst beschreiben.629 Jenes Ende sieht er mit Verweis auf Hegel "im Bewusstwerden des
wahren philosophischen Wesens der Kunst",630 wobei er sich jedoch
von einer Totsagung der Malerei distanziert. Die Malerei habe
vielmehr, nachdem sie zunächst der geläufigste Vertreter von
Greenbergs Erzählung der Moderne gewesen sei, im Zeitalter nach
dieser Erzählung durch Anpassung überlebt, indem sie in ihren
Formen den "Pluralismus der Kunstwelt" zwangsläufig verinnerlicht
habe.631 Indem nun Richter und Polke alle Medien und Stilarten für
gleich legitim erklärt und "ein bestimmtes Reinheitsideal zurückgewiesen" hätten, gehören sie für Danto explizit zu "den Künstlern, die den posthistorischen Augenblick am trefflichsten exemplifizieren."632 Nicht nur Dantos Bezug auf Hegel wurde allerdings
bereits für problematisch erklärt,633 auch die Rede vom Ende der
Kunst konnte als Versuch 'entlarvt' werden, in der Aneignung des
Ende-Diskurses die eigene Disziplin der Philosophie zu legitimie-
628
629
630
631
632
633
Bredekamp 1997, bes. S. 32-33.
Danto 1995, S. 76.
Danto 2000, S. 56.
Danto 1995, S. 75-77.
Danto 1995, S. 75; Danto 2000, S. 74, 155.
Bredekamp 1997, S. 34; Geulen 2002, bes. S. 22-60. – Eva Geulen zeigt
ausserdem mit Bezug auf Niklas Luhman, dass die Rede vom 'Ende der
Kunst' eine Konstante in der "Selbstbeschreibung" des Kunstsystems geworden und in jüngerer Zeit mit Bezug auf die künstlerischen Wiederholungen gar zu einer "Phrase" verkommen sei, vgl. S. 10-13.
171
ren.634 Wie widersprüchlich die Vereinnahmung der Künstler für den
jeweiligen Diskurs dabei ausfällt, zeigt sich am Beispiel Robert
Rymans: Während Danto noch zur Diskussion stellt, ob man Rymans
weisse Bilder als "letzte Stufe der Erzählung der Moderne" ansehen soll oder "als eine jener Formen, welche die Malerei in der
post-narrativen Ära anzunehmen begann", widmet Johannes Meinhardt
dem Amerikaner ein ganzes Kapitel unter dem Abschnitt "Malerei
nach dem Ende der Malerei".635 Richter und Polke gelten dagegen
für beide Theoretiker als beste Beispiele für eine Malerei, die
sich jenseits des jeweiligen diagnostizierten Endes ansiedelt.
Im Gegensatz dazu zitiert Douglas Crimp wiederum Richters
Aussage, Malerei sei "purer Schwachsinn" als Beleg und Eingeständnis für das Ende der Malerei selbst. Für die Postmoderne
konstatiert er eine Abwendung von der Malerei und stattdessen eine Hinwendung zur Fotografie und zur nicht-musealen Kunst.636 Eben
Crimps Beispiele einer "fotografischen Aktivität des Postmodernismus" setzt allerdings Craig Owens, ein weiterer Apologet der
postmodernen Kunst, wieder in Analogie zu Richters stilistischer
Heterogenität: Owens greift Crimps Beschreibung von Cindy Sherman, welche in ihren fotografischen Rollenspielen "den impliziten
Auteurismus attackierte" auf und vergleicht sie darin mit Richter, der das Verschwinden des Autors praktisch demonstriere, indem er sich den Prinzipien konzeptueller Kohärenz und stilistischer Einheitlichkeit gänzlich entziehe.637 Diesen Topos vom Ver-
634
635
636
637
Vgl. Germer 1995, S. 140: "Wer vom Ende spricht, […] hat Absichten. Er
will dasjenige, dessen Zuendegegangensein, gar nicht abschaffen, sondern vielmehr in eine Perspektive rücken, in der es vom Subjekt zum
Objekt wird, also zum Gegenstand einer Erzählung, eines Diskurses oder
gar einer Disziplin werden kann, welche ihre Legitimität daraus gewinnen, dass sie an Stelle des als abgeschlossen Deklarierten sprechen";
Bredekamp 1997, S. 34: "Dantos jüngste Verschärfung der Diagnose eines
'Endes' der Kunst wirkt vor diesem Hintergrund wie ein Versuch, mit
Hegel schliesslich doch die Superiorität der Philosophie zu retten";
vgl. auch die scharfe Kritik an Danto bei Düttmann 2000, S. 65-70.
Danto 1995, S. 75; Meinhardt 1995, S. 230-235.
Crimp 1996b; vgl. auch Crimp 1984, Crimp 1996c und Crimp 1996a.
Owens 1992b, S. 123-125.
172
schwinden des Autors bezieht Owens auch auf Polke und ernennt daher beide Künstler zu Vertretern der "postmodernen Kunst".638
Es liessen sich noch zahlreiche Beispiele anfügen, in denen
deutlich wird, dass die Diagnosen verschiedenster Endpunkte und
die damit zusammenhängenden Zuordnungen der Künstler zu Konstruktionen wie "Posthistoire", "Postmoderne" oder weiteren Modellen
wie der "Zweiten Moderne"639 oder der "Neo-Avantgarde"640 den Diskurs um die künstlerische Wiederholung oft mehr verunklären als
weiterführen. Selbstverständlich ist für alle der Theoretiker das
Phänomen der Wiederholung das entscheidende Indiz für einen Paradigmenwechsel.641 So behauptet etwa der Philosoph und Kunstkritiker Thomas McEvilley, ein Kennzeichen der postmodernen Haltung
gegenüber der Geschichte sei das Vorherrschen des Zitats, da es
die linearen Sequenzen historischer Zeitalter aufbreche und "die
altsteinzeitliche Wandmalerei, das sumerische Bildnis, die ägyptische Monumentalskulptur […] die zentralen Stile der klassischen
Moderne und vieles andere miteinander" verschmelze.642 In dieser
Formulierung deutet sich jedoch eher die Beliebigkeit eines eklektischen Neo-Historismus an als das kritische Potential einer
"Revision der Moderne", wie es etwa Heinrich Klotz für die Postmoderne einforderte.643 Hans Belting beschreibt die so genannte
638
639
640
641
642
643
Owens 1992a, S. 329-330.
Vgl. etwa Richters Zuordnung zu einer "Spätzeit der Moderne" durch Eduard Beaucamp in Heinrich Klotz' Essaysammlung zur Zweiten Moderne,
Beaucamp 1996; Klotz selbst ordnet Richter hingegen der Malerei "zwischen Moderne und Postmoderne" zu: "Für Richter stellte sich die Alternative zwischen Moderne und Postmoderne nicht. Seine Malerei ist
beides und zugleich jenseits Entweder-Oder", Klotz 1999, S. 94.
Unter die Bezeichnung einer 'Neo-Avantgarde' wird Richter bei Benjamin
Buchloh subsumiert. Bezugspunkt des Begriffs der 'Neo-Avantgarde' ist
Peter Bürgers Theorie der Avantgarde von 1974, Buchloh 2000b, S.365401; vgl. zur Neo-Avantgarde auch Foster 1994.
Vgl. u. a. Brüderlin 1986; Brüderlin 1989; Crimp 1984; Crimp 1993
Crimp 1996a; Crimp 1996c; Owens 1982; Owens 1992c; Bohnen 1988a;
Scheer 1992; Schütz 1993b, Sandler 1996; Danto 2000; Groys 2001.
McEvilley 1993, S. 135.
Zur "Revision der Moderne" vgl. Klotz 1999; Thorsten Scheer weist darauf hin, dass es der Postmoderne eben nicht um eine beliebige Kombination von Elementen gehe, sondern um eine Kombination, welche "das
Spannungsfeld einer Reflexion über die ungelösten Probleme der Moderne
zu schaffen in der Lage" ist, Scheer 1992, bes. S. 140.
173
"Zitat-Kunst" gar als "Epiphänomen", also als reines "Symptom"
der Situation nach dem "Ende der Kunstgeschichte".644 Zugleich
sieht er in den Rückbezügen auf die Kunstgeschichte wie sie sich
in den Wiederholungs-Akten Robert Rauschenbergs, Richard Hamiltons oder Cindy Shermans präsentieren, künstlerische Versuche,
eine "Meta-Geschichte der Kunst" als Reaktion auf das starre Konzept der Geschichtsschreibung zu entwerfen.645
Dass auch Richters und Polkes reflektierte Wiederholungen
vorgefundener Bilder ebenso wie die Revision von Stilen, Gattungen, Medien und Darstellungskonventionen als Reaktion auf ideologisch geprägte Diskurse von Kunst-Historiografie und Gesellschaft
zu verstehen sind, erscheint einleuchtend und wurde hier entsprechend analysiert.646 Dabei ist der propagierte Akt des 'Findens'
und Wiederholens klar als Gegenkonzept zu dem des 'Erfindens' im
Sinne einer schöpferischen Innovation zu verstehen. Richter erklärte 1985 in seinen Notizen eine "Malerei wie die Natur, als
Werden, Entstehen, Da-Sein, So-Sein, ziellos, genauso richtig,
logisch, vollkommen und unverständlich" zu seinem Ziel.647 Auch
Polkes Malerei erweist sich als Versuch, etwas wie die Natur entstehen zu lassen, wobei die Vielfalt der Bilderwelt entsprechend
einer natürlichen Vielfalt ausgeschöpft wird.648 Eine Angleichung
644
645
646
647
648
Belting 1995, S. 186-187. – 1989 hatte Belting im Katalog zur Ausstellung Bilderstreit die "Zitatkunst" gar als "Alarmzeichen" dafür benannt, "dass ein neuer Relativismus ins Haus stünde", Belting 1989, S.
27.
Belting 1995, S. 123-128.
In den übergreifenden Thesen werden die spezifischen Charakteristika
der jeweiligen Kunstbezüge hingegen meist verallgemeinert und im Fall
von Richter und Polke oft auf ein 'Potpourri' von Stilen und Zitaten
reduziert, vgl. etwa Sandler 1996, S. 301-309. - Dass die Beschränkung
auf das Merkmal des Stilwechels im Diskurs der Postmoderne "dessen Ambivalenz zur Unbrauchbarkeit" vereinseitige und dem Problembewusstsein
der Werke nicht gerecht werde, kritisiert auch Thorsten Scheer in seiner Untersuchung zur postmodernen Kunst, Scheer 1992, S. 143.
"Notizen 1985, 50.5.85", in: Obrist 1993, S. 113.
Martin Hentschel zeigt an Polkes Bild The Copyist von 1982 (Lack auf
Leinwand, 260 x 200 cm, New York, Collection of Linda and Harry
Macklowe) in der Pinselzeichnung mit Bäumen, Häusern und Wolken eine
"Rückbesinnung auf die traditionelle Landschaftsmalerei", während das
darunter liegende "metamorphosierende Farbenspiel" eine "Modalität der
Naturmachung" sei, indem es eine Ahnung der eigenen Gesetzmässigkeit
174
an das planlose Schaffen der Natur handelt somit jedem Anspruch
an die Kunst zuwider, einem Ziel oder Endpunkt entgegen zu wirken. Diese paradoxe Offenlegung der absurden Bedingung ihrer
künstlerischen Tätigkeit wird ebenso Bestandteil der Werke wie
das Bewusstsein der eigenen Historisierung.
Indem beide Künstler ihre Wiederholungen schliesslich noch
weiteren Reproduktionsmechanismen unterwerfen, können sie die Reflexion dieser Absurdität noch potenzieren: Seit 1979 verwendet
Polke den Fotokopierer als Bildmaschine, mit der er verzerrte Kopien seiner eigenen Rasterbilder anfertigt. 1992 zeigte er diese
erstmals als eigenständige künstlerische Werke im Rahmen einer
Ausstellung. Die mechanisch hergestellte Kopie als Inbegriff der
Reproduktion wurde somit wieder in ein Unikat verwandelt.649 Gerhard Richter präsentierte im Jahr 2000 in seiner kleinen Retrospektive "Übersicht" zahlreiche Multiples in Form von Fotografien
seiner bekannten Ölgemälde. So sah das Publikum beispielsweise im
Cibachrome Kleine Badende (Abb. 84) die Fotografie eines Ölgemäldes nach einer Fotografie von Richters Frau, das auf Ingres' Gemälde Grosse Badende im Louvre verweist. Im Katalog wurde diese
demonstrative 'Ausreizung' der Wiederholung und das Spiel mit den
Kategorien Original, Nachahmung, Kopie und Reproduktion, auf das
Richter auch im Engelskopf verweist, allerdings nicht thematisiert.650
Die Haltung, welche sich in derartigen Verfahren andeutet,
wird besonders an einer Arbeit deutlich, welche in Richters Oeuvre eine Sonderstellung einnimmt: Für das 1970 publizierte Ver-
649
650
der "schaffenden Natur" vermittle, Hentschel 1992a. - Hentschel deutet
das Bild als Schlüsselbild und Wendepunkt in Polkes Werk, da es die
Beschäftigung Polkes mit dem Verhältnis von Natur und Kunst (z.B. die
folgenden Farbexperimente) eingeleitet habe, Hentschel 1992a. – Auf
eine entsprechende Weise lässt sich auch das Gemälde Frau Herbst und
ihre zwei Töchter (1991, Mischtechnik auf Polyestergewebe, 300 x 500
cm, Minneapolis, Walker Art Center) deuten, wo die Allegorie der Natur
("Frau Herbst") neben die "natürlichen" Vorgänge der Bildmaterialien
gestellt wird, vgl. Haxthausen 2000.
Zuvor waren nur Fotografien dieser Arbeiten zu sehen gewesen, wobei
man hierin durchaus noch eine Verlängerung der Kette von Wiederholungen sehen könnte, vgl. Hentschel 2000, S. 390.
Vgl. Schwarz 2000b.
175
zeichnis seiner Grafiken entwarf Richter einen Umschlag mit einem
Offsetdruck, der die französische Schauspielerin Sarah Bernard in
einem Holzstich zeigte. Richter hatte den Holzstich eines unbekannten Künstlers in einem Buch über die Schauspielerin gefunden
und für seine Druckgrafik quasi als Readymade unverändert reproduziert. Der Umschlag des Katalogs gibt keinerlei Hinweis auf
dieses Vorgehen, sondern suggeriert vielmehr, es handle sich auf
dem Deckblatt um eine etwas unzeitgemässe 'Originalgrafik' Richters. Dieser Akt scheint programmatisch: Richter selbst setzte
das Werk in einem Gespräch mit Hubertus Butin 1991 in Analogie
zur Arbeit Elaine Sturtevants, womit er sich direkt zu seinem Interesse am "Diskurs der Reproduktion" bekannte. Es handelt sich
hier allerdings um das einzige Beispiel, in dem einer seiner
Kunstbezüge einem Duplikat gleichkommt.651 Weder seine, noch Polkes Wiederholungen sind sonst so eindeutig als Verneinungen von
Original, Innovation und Autorschaft lesbar; so sehr sich auch
beide Künstler stilistischen Kategorien, einem Schöpfungsakt und
einer Handschrift zu entziehen versuchen, bleibt doch ihre jeweilige Vielseitigkeit charakteristisch für den einzelnen Autor. Anstatt einer strikten Überwindung moderner Paradigmen zeigen Richter und Polke gegenüber sämtlichen Modellen eine eher ambivalente
Haltung.652
In ihren expliziten Bezugnahmen auf historiografische Schemata der Kunst und ihrer Entwicklung wird zudem noch einmal deutlich, dass beide Künstler zwar ähnliche Topoi und Verfahren aufgreifen, die sich zum Teil auch mit denen anderer 'Aneignungskünstler' überschneiden, dass aber die Art und Weise, wie sie
Stellung beziehen, beide klar voneinander unterscheidet: Polkes
651
652
Hubertus Butin unterscheidet Richters Sarah Bernard (1971, Offsetdruck, 24,0 x 16,1 cm) dennoch in der Intention von den Arbeiten Sturtevants, da er nicht von einem "powerful image" ausgehe, das mit zahlreichen Konnotationen aufgeladen sei, sondern eines unbedeutenden Grafikers aus dem 19. Jahrhunderts aufgreife, Butin 1993, S. 19-21.
Vgl. dazu Wood 1994, S. 182: "However strongly his work may count as a
critique of modernist stylistic categories, a 'Richter' remains a
'Richter' as palpably as does the hallmark work of any mature modernist."
176
Konstruktionen um Leonardo da Vinci und Sigmar Polke (Abb. 24)
von 1969 führen die Methoden der Kunstgeschichtsschreibung direkt
ad absurdum: Mit der Projektion der harmonischen Normvorstellung
des 'Goldenen Schnitts' auf die Zeitachse der Biografien zweier
Künstler, welche sich durch diese Normierung ergänzen sollen,
spielte er fast bösartig auf die Verknüpfung nicht zusammenhängender Phänomene in der Geschichtsschreibung an und machte zudem
einen Seitenhieb auf die formalistische kunsthistorische Methode.
Was in bekannten historiografischen Schemata wie etwa bei Alfred
Barr als scheinbar logische Verbindung von einem Künstler zum anderen dargestellt ist, wird bei Polke in einem pseudowissenschaftlichen Experiment jeglicher Logik beraubt.
Auch Richter verzichtet in seiner Übersicht (Abb. 23) auf die
bei Barr gezeigten linearen 'Beeinflussungen' zwischen einzelnen
Künstlern und Kunstbewegungen, doch greift er mit seiner Darstellung den Mythos einer Synopse auf, ohne sich von einem solchen
Modell zu distanzieren. Richter zeigt sich in der Übersicht
durchaus an einer Tradition interessiert, wie dies auch an seiner
Suche nach wiederkehrenden Darstellungskonventionen und ihren
Gebrauchsweisen zu zeigen ist. Während Danto das Ende der Geschichte darin bestätigt sieht, "dass der Kanon […] geschlossen
ist"653, ordnet Richter sich selbst und seine Zeitgenossen ohne
Zäsur genau einem solchen Kanon noch zu. Wo Polke die grosse Erzählung der Kunstgeschichte gezielt aufbricht und denunziert, bekennt sich Richter affirmativ zu einer durchgehenden Tradition.
Dass dabei allerdings Tradition nicht mit der zielgerichteten
Prozessualität einer Stilentwicklung gleichzusetzen ist, demonstriert er in einer weiteren historiografisch angelegten Arbeit,
seinem eigenen Oeuvre-Verzeichnis.
Brüderlins Formel einer "Avantgarde des Alten" für eine kollektive Wendung gegen den modernen Imperativ der Innovation basiert nicht nur auf einer diffusen Vermengung unterschiedlicher
Diskurse, sondern muss zudem für die einzelnen Künstler und ihre
653
Danto 2000, S. 32.
177
Rückbezüge stark differenziert werden. Darüber hinaus scheint sie
auf den ersten Blick auch insofern unpassend, als gerade die Avantgarden der Ausdruck sich ablösender moderner 'Kunst-Ismen'
waren, von denen sich doch die Wiederholungen abzuwenden scheinen. Möglicherweise ist die Formel aber in ihrer Widersprüchlichkeit geeignet zu zeigen, dass auch die künstlerische Verneinung
des Neuen und die Infragestellung einer geschichtlichen Linearität im Sinne einer "Umwertung der Werte" bereits wieder als kultureller Gestus des Regelbruchs zu verstehen sind. Boris Groys
zeigt in seiner Untersuchung Über das Neue, dass es somit keinen
Weg gebe, das Neue zu überwinden, da auch ein solcher Weg wieder
neu sei.654 Der entscheidende Funktionswandel, den Boris Groys an
anderer Stelle aber der Appropriation Art im Gegensatz zu den
Werken der an Innovationen orientierten Moderne und ihrer bereits
"freien Verfügung" über die Tradition zuerkennt, liegt im Herauslösen der aufgegriffenen Vorbilder aus ihrer historischen Verankerung unter Opferung jeglicher künstlerischer Subjektivität. Anstatt die verborgene, originäre Intention des angeeigneten Werkes
zu rekonstruieren, werde es in einer scheinbar überflüssigen Wiederholung als Allegorie für einen "eigenen, neuen Text" benutzt.655 Da Groys diese Beobachtung allerdings an den unveränderten Reproduktionen einer Elaine Sturtevant festmacht, in welchen
keinesfalls "kreativ oder ironisch" mit dem Vorbild umgegangen
wird, muss ein derartiger 'Funktionswandel' für Richters und Polkes Werke erst verifiziert werden.656
2. Kritik am 'reinen' Bild – Erweiterte Referenzen?
Anlässlich der Ausstellung Gerhard Richter: 100 Bilder657 wurde
1996 im "Carré d'Art" in Nîmes auch das Gemälde Kl. Badende (Abb.
84) präsentiert. Die Reaktion von Gislind Nabakowski in der
654
655
656
657
Groys 1999; vgl. dazu auch Horst Bredekamps Feststellung einer "Vergeblichkeit der Ende-Diagnose", Bredekamp 1997, S. 33.
Groys 2001, S. 177-178, 182-184.
Groys 2001
Obrist 1996.
178
Frankfurter Allgemeinen Zeitung war vernichtend: "Beinahe noch
schlimmer ist die 'Kl. Badende', die in 'perlmuttfarbenen' Schimmer eingehüllt ist. […] Fast ein von vorne gemalter Ingres-Akt,
doch stehend und um die Achse gedreht, vor allem aber seicht und
unklar weit dahinter zurückgefallen. Es handelt sich um die Anamorphose auf eine 'Badende', freilich ins heutige Abseits gestellt und wie durch eine trübe Linse betrachtet. Der soziale
Raum der Gegenwart wird hier dank des 'Weichzeichner-Realismus'
protestantisch weggebügelt."658 Die Kl. Badende ist nicht das einzige Gemälde, das derart scharf kritisiert wurde. Auch das "kuschelige Duo S. mit Kind", "unzeitgemäss und ausserzeitlich als
Madonna", das "neckische" Porträt der Lesenden und schliesslich
auch die schillernden abstrakten Gemälde gehörten für Nabakowski
alle in die Sparte der "Kaufhauskunst" – entsprechend fragte sie
sich, ob Richter es mit seinem "flachen Vorhaben" auf "lifestyle
und dessen Schlingerkurs zum Geld" angelegt habe.659
Einen Monat später reagierte Thierry Chervel von der Basler
Zeitung auf Nabakowskis Artikel mit der Frage, was Richter denn
falsch gemacht habe. Seine Antwort fiel eindeutig aus: Nichts,
denn die Bezeichnung "Kaufhauskitsch" rühre von einem allgemeinen
Problem der Kunst und Kulturindustrie mit der Darstellung von
"Sanftheit, Intimität, Erotik" im Gegensatz zu "Sex und Gewalt"
her. Schönheit sei tabu, liesse sich nicht mehr anschauen und löse nun den Schrecken aus, den einst die Abstraktion erzeugt habe.
658
659
Der gesamte Abschnitt lautete: "Beinahe noch schlimmer ist die 'Kl.
Badende', die in 'perlmuttfarbenen' Schimmer eingehüllt ist. […]Ist
nun mit 'Kl.' etwa das zierliche Weibchen oder das trickreich bescheiden anmutende Bildmass von nur 51 mal 36 Zentimetern gemeint? Ein
kleiner, schmelzig-schmalziger Frontalakt. Das 'liebe' Köpfchen neigt
sich seitwärts zum Dreiviertelproträt, geschmückt von einem geschlungenen, weissen Tuch, das nolens volens einem Hochzeitsputz ähnelt. Ein
persilweisses Laken verdeckt den unteren Teil des Körpers, die keusch
verschränkten Arme verbergen die Brust. Fast ein von vorne gemalter
Ingres-Akt, doch stehend und um die Achse gedreht, vor allem aber
seicht und unklar weit dahinter zurückgefallen. Es handelt sich um die
Anamorphose auf eine 'Badende', freilich ins heutige Abseits gestellt
und wie durch eine trübe Linse betrachtet. Der soziale Raum der Gegenwart wird hier dank des 'Weichzeichner-Realismus' protestantisch weggebügelt.", Nabakowski 1996.
Nabakowski 1996.
179
Er selbst betitelte die Kl. Badende als "mutiges Bild" und gestand mit seinem Titel dem Künstler zu, dass er wieder zeigen
könne, "wie die Schönheit möglich ist."660
Die beiden Presse-Reaktionen sind in ihrer Polarität keine
Einzelfälle. Bereits seit den sechziger Jahren wird die zeitgenössische Kunst von der Debatte um "Form versus Inhalt" beherrscht. Clement Greenberg hatte schon 1939 in seinem Essay "Avantgarde und Kitsch" konstatiert, der Inhalt eines avantgardistischen Kunstwerkes löse sich vollständig in der Form auf und lebe im Unterschied zum Massenphänomen Kitsch nicht von Wirkungen
nach aussen, sondern sei ganz auf sich selbst bezogen.661 1960 bekräftigte er erneut, "dass die bildende Kunst sich ausschliesslich auf das beschränken soll, was in der visuellen Erfahrung gegeben ist, und sich auf nichts beziehen [soll], was in einer anderen Art von Erfahrung gründet […]".662 Diese in der kunsthistorischen Erzählung legitimierte Forderung einer Reduktion der
Kunst auf das 'Optische' und seine 'reine Form' fand in der amerikanischen Kunstwelt der sechziger Jahre etwa bei Susan Sontag
und Michael Fried, aber auch bei Künstlern wie Ad Reinhardt eine
starke Anhängerschaft.663 Während Greenberg glaubte, Inhalt müsse
zu etwas "strikt Optischem" vollständig in Form aufgelöst werden,
bezeichnete Sontag den Begriff des Inhalts gar als ein Hindernis
und plädierte für eine Wirkung der "reinen, unübersetzbaren Unmittelbarkeit", die nicht interpretiert werden solle.664 Dass im
660
661
662
663
664
Chervel 1996.
Der Essay war vor dem Hintergrund der politischen Vereinnahmung der
Kunst sowohl in Deutschland als auch Russland entstanden, wobei Greenberg den Kitsch im Gegensatz zur Avantgarde-Kunst als Instrument der
Macht-Propaganda entlarvte, Greenberg 1997b, bes. S. 33. – Christian
Bracht kann in seiner Dissertation zum Kunstkommentar in den sechziger
Jahren zeigen, dass Greenberg mit seiner Kunsttheorie erfolgreich an
einen bereits etablierten und institutionell gestützten Diskurs des
Formalismus anknüpfen konnte, wie er von etwa von den britischen Kritikern Roger Fry und Clive Bell entwickelt worden war; vgl. Bracht
2003, S. 179-181.
Greenberg 1997a, S. 274.
Vgl. McEvilley 1993, S. 19-52, bes. S. 22.
Greenberg 1961, S. 6; Sontag 1978, S. 5, 11: "Ideally, it is possible
to elude the interpreters in another way, by making works of art whose
180
Nachkriegsdeutschland Richters und Polkes diese formalistische
Tradition ebenso stark präsent und entsprechend ideologisch behaftet war, zeigt nicht zuletzt Werner Haftmanns Prophezeiung einer "schrittweise[n] Ausmerzung" aller "Wirklichkeitsbilder" in
der Malerei, welche dem amerikanischen 'Reinheitsgebot' in nichts
nachstand.665
Die Gegenposition zum Idiom des 'reinen' Bildes ortete Greenberg selber 1971 im Avantgardismus Duchamps. Dieser habe 1912 die
Richtlinien für eine Kunst gestellt, die "höhere Anforderungen an
den Verstand stellt als an den Geschmack" und die er abschätzig
als "Hyper-Avantgarde" betitelte.666 Zielscheibe von Greenbergs
vernichtender Kritik waren unter anderem die Konzeptkünstler,
welche die krasseste Gegenposition zum Formalismus einnahmen und
ihren Ansatz selbst im Readymade Duchamps fundierten. Joseph Kosuth schrieb 1969 in seiner Essayfolge "Kunst nach der Philosophie": "Durch das 'Ready-made' wurde der Schwerpunkt der Kunst
von der Form auf die Sprache auf das, was gesagt wurde, verlagert. Was bedeutet, dass es das Wesen der Kunst von einer Frage
der Morphologie in eine Frage der Funktion umwandelte. Diese Veränderung – von der 'Erscheinung' zur 'Konzeption' war das Ende
der 'modernen' und der Beginn 'konzeptueller' Kunst."667 Kosuth
plädierte für eine Trennung von Kunst und Ästhetik und kritisierte entsprechend Greenbergs ästhetisch und geschmacklich motivierte Urteile über Kunst.668 Ähnlich forderte auch Sol LeWitt, konzeptuelle Kunst solle eher den Verstand des Betrachters als sein
Auge oder sein Gefühl ansprechen und beschäftigen.669 Diese antiästhetische Haltung der Konzeptkünstler, welche sich auch in
665
666
667
668
669
surface is so unified and clean, whose momentum is so rapid, whose
adress is so direct that the work can be […] just what it is."
Haftmann 1959, S. 13. - Mark A. Cheetham zeigt eine ästhetische Ideologie der "Reinheit" auch bereits bei Künstlern wie Wassily Kandinsky
und Piet Mondrian auf, unterscheidet diese jedoch in Bezug auf ihre
Transzendenzvorstellungen von der Theorie Greenbergs, Cheetham 1991,
bes. S. 116-118.
Greenberg 1997c, S. 385-388.
Kosuth 1974, S. 84.
Vgl. Benezra 1999a, S. 32; vgl. auch Bracht 2003, S. 254.
LeWitt 1974, S. 183.
181
zahlreichen anderen Kunstformen ausdrückte, fand verschärfte Unterstützung in der Diskussion um die postmoderne Kunst und ihren
"Bruch mit dem ästhetischen Teil der Moderne".670 Zwar bestanden
die Apologeten der Postmoderne dabei nicht mehr auf dem von den
Konzeptkünstlern geforderten 'linguistischen' Schwerpunkt der
Kunst, gegen das Ästhetische sprachen sich Kunstkritiker wie Hal
Foster, Douglas Crimp, Rosalind Krauss oder Craig Owens aber geradezu dogmatisch aus. Foster führte in der programmatischen Essaysammlung The Anti-Aesthetic das Misstrauen gegenüber dem Ästhetischen auf seine Zweckfreiheit und Geschichtslosigkeit zurück. Die Gegner des Formalismus sahen im Ästhetischen einen Aufschub kritischer Fragen und hielten dem eine "interdisziplinäre
Praxis, die auf Formen der Kultur reagiert, die sich mit Politik
befassen oder auf einer volkstümlichen Sprache basieren" entgegen.671 Paul Wood problematisiert diese Haltung insofern, als er
in der Ablehnung des Ästhetischen eine neue "radikale Orthodoxie"
nach dem Modernismus sieht, die selbst schon zu einer Institution
mit eigenen Interessen geworden sei.672
In Gislind Nabakowskis Beanstandung eines von Richters
"Weichzeichner-Realismus" verdeckten "sozialen Raums der Gegenwart" drückt sich, wie bei den Anti-Ästheten, die Forderung nach
einer Relevanz und kritischen Haltung der Kunst aus, welche Richters Spätwerk offenbar vermissen lässt. Was Thierry Chervel als
"schön" legitimieren und gegen den Vorwurf des Kitsch verwahrt
sehen möchte, ist für Nabakowski schlicht "viel zu glatt".673 Ihr
Kommentar belegt einmal mehr, dass der Begriff der Schönheit in
den neunziger Jahren kein Qualitätskriterium der Kunst mehr war,
sondern vielmehr benutzt werden konnte, einen Künstler herabzu-
670
671
672
673
Foster 1983, S. IX. – Die Formulierung Fosters bezieht sich auf die
Tatsache, dass sich bereits einige moderne Avantgarde-Bewegungen systematisch gegen das Schöne in der Kunst gewandt hatten, vgl. dazu Wyss
1997, S. 86-109, bes. S. 92; Warnke 1995, S. 48.
Foster 1983, S. XV (Übersetzung aus dem Engl.: Benezra 1999a, S. 249);
vgl. zur anti-ästhetischen Haltung auch Wood 1994, S. 190.
Wood 1994, S. 191.
Nabakowski 1996.
182
setzen.674 Entsprechend findet Dave Hickeys Feststellung, Schönheit sei bei den zeitgenössischen Künstlern Ausweis für Marktorientierung und Konformismus mit den herrschenden Werten der Konsumgesellschaft, denn auch in Nabakowskis provokanter Frage ihren
Niederschlag, ob sich Richter auf dem "Schlingerkurs zum Geld"
befände.675
Dennoch postulierten zur gleichen Zeit sowohl der Kunstkritiker Hickey als auch unter anderem die Ausstellung Beauty Now
1999/2000 in Washington und München, dass das Schöne "im Rahmen
einer postmodernen, allumfassenden Ästhetisierung unserer Lebenswelt" künftig wieder Konjunktur haben werde.676 Dabei könne der
Begriff der Schönheit allerdings kein naiver mehr sein, sondern
ein sentimentaler, der seine eigene Vorgeschichte mitreflektiere.677 Bezeichnenderweise präsentierte die Ausstellung auch Werke
von Richter und Polke als Beispiele einer solchen Reflexion. Während Polke mit seinen Bunnies vertreten war, einem frühen Rasterbild, das im Katalog als "sarkastische Kritik an der amerikanischen Kultur" und damit als Reflexion eines degenerierten Schönheitsideals gedeutet wurde,678 waren von Richter acht offenbar authentisch schöne Landschaften und abstrakte Werke ausgestellt.679
Olga M. Viso ordnete Richters Werke in ihrem Katalogessay dem Kapitel "Der Reiz der Natur" zu, erklärte aber, dass Richters Landschaften nur "scheinbar" romantisch seien und in der Unschärfe
die tiefere Wahrheit der Landschaft und die Objektivität der Fo-
674
675
676
677
678
679
Vgl. dazu Benezra 1999a, S. 36-37; Gilbert-Rolfe 1996, S. 20.
Hickey 1993, S. 16-17.
Der Titel der amerikanischen Ausgabe von Ausstellung und Katalog hiess
Regarding Beauty; vgl. Gassner 1999, S. 13: "Das Interesse an einer
Kunst, die moralisch argumentiert und politisch korrekt in unser Leben
eingreift, scheint gegenwärtig wieder abzuflauen." – Vgl. dazu auch
Wyss 1995.
Vgl. Gassner 1999, S. 14.
Sigmar Polke, Bunnies, 1966, Acryl auf Leinen, 149,2 x 99,3 cm, Washington, D.C., Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Smithsonian Institution; vgl. Viso 1999, S. 111.
Vgl. Benezra 1999b, Kat. Nrn. 48-55.
183
tografie hinterfragten.680 Dabei erwähnte sie allerdings mit keinem Wort, dass das ausgestellte Seestück (bewölkt) von 1969 auf
eine Fotomontage zurückging, an der sie den Bruch mit der Romantik hätte aufzeigen können. Dennoch gestand auch Viso ein, es sei
"doch gerade die Schönheit (oder manchmal die Banalität) seiner
Bilder, die ihnen den Charakter einer Übertretung" verleihe. Was
Gislind Nabakowski entsprechend als sentimentalen Kitsch verurteilte, wird auch bei Viso als "ebenso honigsüss wie atemberaubend" beschrieben, jedoch in der gezielten Gegenüberstellung mit
den abstrakten Bildern als Attacke auf die "Vorstellung reiner
Malerei" verstanden.681
Es fällt auf, dass Richters Revisionen von Gattungen der Malerei in ihrem Anachronismus und ihrer Virtuosität die Erwartungen an die Kunst immer wieder irritieren. Während die schwarzweisse Malerei nach Laienfotos und Zeitungsbildern eine ästhetische Wirkung eher verhinderte und eindeutig auf eine Reflexionsebene verwies, deuten zahlreiche der farbigen Landschaften oder
Stillleben eine Distanz zum Referenten lediglich noch in der Unschärfe oder im Bildausschnitt an. Eine dekonstruktive oder konzeptuelle Haltung liest sich aus derartigen Werken eher in der
Gegenüberstellung mit völlig gegensätzlichen Ansätzen aus dem Gesamtwerk oder aber im Zusammenhang mit den sprachlichen Äusserungen des Künstlers. Dieses Vorgehen scheint, wie hier gezeigt wurde, für die Gegenwartskunst durchaus legitim, da die sprachlichen
Kommentare – solange sie nicht als schlichte Interpretationsanweisungen des Künstlers betrachtet werden – durchaus als Teil des
Werkes, etwa im Sinne eines erweiterten Titels, zu verstehen
sind. Dennoch muss man sich fragen, ob Visos Verbindung der abstrakten Bilder mit Richters eigener Beschreibung als "fiktive Modelle" ausreicht, darin eine Attacke auf die "reine Malerei" zu
680
681
Hierin kommt Viso der Interpretation Peter Osbornes nahe, der in Richters "photo-painting" eine "double negation" von Fotografie und Malerei beobachtet, Osborne 1992.
Viso 1999, S. 121-122.
184
sehen.682 Dass sich eine solche Attacke gegen die Ästhetik an
Richters schönen Landschaften eben gerade nicht ablesen lässt,
belegt ein Vergleich mit der ebenfalls im Katalog gezeigten Sinking Sun von Roy Lichtenstein. Indem letzterer das Massenkulturelle in Form von mechanischer Produktionsweise und Elementen der
Werbegrafik und des Cartoons für die Darstellung eines klassischen Bildthemas einsetzt, distanziert er sich im Gegensatz zu
Richter eindeutig vom traditionellen "Reiz der Natur". Anlässlich
der Ausstellung Pop Art in Venedig 1980 hatte Roland Barthes gerade in diesem Gebrauch des Massenkulturellen bei den Pop Artisten eine Umwertung der Werte und eine Verdrängung des Ästhetischen aus der Kunst beobachtet.683 In dieser Verdrängung all dessen, was nicht rhetorisch sei, sah Barthes das Bild als seinen
Signifikanten in Erscheinung treten.684
Eben diesen Rückgriff auf massenkulturelle Bilder, Medien oder deren Codes macht sich auch Sigmar Polke in seinen Rasterund Stoffbildern zunutze, um eine "unreine Diskursivität" des
Bildes zu erzeugen.685 Indem er Elemente der Massenkultur mit solchen der Hochkunst vermengt, wie etwa in den Versionen des DürerHasen oder in Carl André in Delft, kann er Greenbergs Postulat
der Reinheit im Rückgriff auf den "Kitsch" gezielt unterlaufen.686
In dieser Überlagerung verschiedener Codes entreisst Polke das
originale Werk seinem ursprünglichen Kontext und belegt es mit
682
683
684
685
686
Gerade die späteren Abstrakten, die eben nicht mehr auf einem Wiederholungsverfahren basieren, geben immer wieder Anlass zur Diskussion um
eine affirmative Haltung Richters; vgl. Hentschel 1999, Nabakowski
1996, Wood 1994. - Paul Wood beobachtet allerdings in den späten abstrakten Bildern Richters eine Rekonstituierung des Schönen "aus den
Ruinen des Modernismus" und folgert, dass Richter sich gezielt gegen
eine von Ästhetik befreite, rein kulturelle Intervention wende, Wood
1994, S. 192-193.
Barthes 1982, bes. S. 181.
Barthes 1982, S. 187; vgl. auch Amelunxen 1993, S. 31-32.
Vgl. zum Begriff der "unreinen Diskursivität" im Gegensatz zur "reinen
Optikalität" Jay 1997, bes. S. 158. – Entsprechend wurden Polkes Bunnies in der Ausstellung Beauty Now auch als kritische Stellungnahme
zum Diskurs der Schönheit verstanden.
Thomas Crow kann in seinem Aufsatz "Moderne und Massenkultur in der
bildenden Kunst" allerdings aufzeigen, dass sich das modernistische
Selbstverständnis keineswegs nur auf Materialreinheit und Mediengerechtigkeit beschränkt, wie es die Postmodernen behaupten, Crow 1990.
185
einem neuen. Derartige Kontexte bezeichnet Marlies Grüterich als
"reale Zusammenhänge", in welche die zeitgenössische Kunst interveniere und welche sie als mediale Bezugspunkte in ihre Untersuchung mit einbeziehe. Grüterich bezieht sich mit ihrer Aussage
allerdings auf Richter und liest auch sein Werk in diesem Sinne
als "eine gemalte Ästhetik gegen die reine Malerei".687 Dabei
lässt sie jedoch ausser Acht, dass zahlreiche der Gemälde, für
sich betrachtet, kaum Hinweise auf eine 'unreine' Lesart liefern:
Die gezielte Irritation eines rein optischen Erlebnisses und eines 'unschuldigen' Blicks,688 wie sie etwa in der doppelten Codierung der schwarz-weissen Fotogemälde oder der frühen Abstrakten
eingesetzt wird, ist in den romantisch anmutenden Landschaften
oder den Blumenstillleben in sehr viel geringerem Masse vorhanden. Während etwa die überdimensionalen Pinselstriche ihren
Scheincharakter in einer innerbildlichen Differenz selbstständig
entlarven, erhalten Richters Landschaftsbilder erst mit seiner
unzeitgemässen Bekenntnis, er habe einfach Lust gehabt, "etwas
Schönes zu malen" und in ihrer Auslegung als "Kuckuckseier" und
Ausdruck von "Verlogenheit" eine subversive Qualität.689 Im Zusammenspiel von Malerei und Kommentar oder von Einzelwerken gegensätzlicher Ausdrucksform, wie zum Beispiel den Landschaften und
den Grauen Bildern, werden so die aufgegriffenen Positionen in
ihrer Authentizität wieder unterlaufen.
In dieser manipulativen Eigenschaft liessen sich die Kunstbezüge Richters und Polkes in Analogie zu Boris Groys' Beschreibung
des postmodernen Tafelbildes auch als "Verweis auf einen Kontext,
nicht jedoch auf einen Referenten" verstehen.690 Die zum Teil überflüssig erscheinende Wiederholung verschiedenster Kunstwerke
und Bildformen deutet insofern auch eine Absage an die Autonomie
687
688
689
690
Grüterich 1975, S. 16-17.
Zum Topos des "unschuldigen Auges", auf den sich die Formalisten berufen, vgl. Ruskin 1904; Gombrich 1977, S. 246-278, bes. S. 250-252; Arthur C. Danto, "Tiere als Kunsthistoriker: Reflexionen über das unschuldige Auge", in: Danto 1996, S. 27-45; Bracht 2003, S. 168-172.
Vgl. Bätschmann 1998, S. 30-31.
Groys 1991, S. 99.
186
des Bildes und seine 'reine' Selbstgenügsamkeit an. Die Kunstbezüge eröffnen durch verschiedene Mittel wie Ironie, Manipulation,
Brechung oder scheinbare Redundanz den Raum einer Referenzialität, die aus jener Kunstimmanenz tendenziell hinausweist, wie
dies Uli Bohnen auch für seine Ausstellung Hommage-Demontage 1988
postulierte.691 Im Gegensatz zur ästhetischen Selbstbezüglichkeit
des Werkes im Greenberg'schen Modernismus, handelt es sich bei
derartigen Aneignungen bestehender Bilder um eine diskursive Reflexion.
Die einzelnen Wiederholungen präsentieren sich entsprechend
so unterschiedlich wie die Vorbilder und Diskurse, auf die sie
referieren: Richters Zyklus Verkündigung nach Tizian greift die
Frage nach dem Objektcharakter des Bildes, der Bildsprache und
dem kunstpolitischen Bilderstreit auf, ebenso wie die halb abstrakten, halb figurativen Werke beider Künstler, die listig gegensätzliche Ausdrucksformen in ihrer Dichotomie in Frage stellen. Polkes Original + Fälschung thematisiert die gesellschaftliche Bewertung und den wirtschaftlichen Wert der Kunst, die DürerHasen und der Leonardo-Zyklus ihre Vermarktung und das daraus
entstehende kollektive Bild eines Dürers beziehungsweise Leonardos. Auch Richters Fotobezüge untersuchen in den Familienporträts, Akten oder Landschaftsbildern eine visuelle Kultur und vergleichen die Darstellungskonventionen der Alltagsmedien mit denen
der Kunstgeschichte. Die Stilzitate entlarven schliesslich die
Kunst einerseits in ihren politischen Ideologien, etwa in Polkes
Konstruktivistisch, und stellen andererseits die Historiografie
der Kunst selbst zur Diskussion. Die werkimmanente Selbstreflexion wird hier also ausgeweitet auf Fragen nach den Voraussetzungen
und Mechanismen der Kunst, wobei diese nicht nur ihre visuellen
und medialen Grenzen betreffen, sondern auch gesellschaftliche,
ideologische, politische und wirtschaftliche Bedingungen einbeziehen.
691
Bohnen 1988a, S. 9; Bohnen 1988b, S- 320.
187
In diesem Sinne trifft auf die Kunstbezüge Richters und Polkes zu, was Owens dem postmodernen Kunstwerk im allgemeinen zuschreibt: Im Rückgriff auf Bilder, die durch die Medien übermittelt sind, untersuchen die Wiederholungen darin kodierte ideologische Inhalte und decken Strategien und Taktiken auf, durch welche sich derartige Bilder ihren Status in unserer Kultur sichern.692 Markus Brüderlin vergleicht dieses Vorgehen der Aneignungskunst mit Michel Foucaults Definition seiner Archäologie des
Wissens: So wie die Archäologie nicht ideengeschichtlich die "unmittelbaren Erfahrungen" wieder herstelle, welche sich in den
Diskursen verbergen, sondern "jene Diskurse selbst […] als bestimmten Regeln gehorchende Praktiken" beschreibe, geht nach Brüderlin auch die zeitgenössische Aneignungskunst vor. Und wie Foucaults Archäologie als "erneute Schreibung" nicht zum "Geheimnis
des Ursprungs" zurückkehrt, behauptet auch Boris Groys, die postmoderne Wiederholung rekonstruiere nicht "die verborgene, originäre Intention des angeeigneten Werkes".693
Während Groys aber für die Appropriation-Künstler eine radikale Opferung der künstlerischen Subjektivität und Autorschaft
beobachtet, welche in nichts kompensiert werde, kann dies für
Richters und Polkes Wiederholungen nicht im gleichen Masse gelten
wie für eine Elaine Sturtevant oder Sherrie Levine. Groys stellt
fest, dass man eine Arbeit von Warhol oder Beuys visuell erkennen
könne, ein Werk von Sturtevant hingegen nicht. Dass auch 'ein
Richter' und 'ein Polke' trotz der Zurückweisung von gestischem
Ausdruck und Personalstil als solche zu erkennen sind, nähert sie
eher den Pop Artisten als den Appropriation-Künstlern an. Die
Bildherstellungs-Verfahren, derer sich Polke und Richter indessen
bedienen, bringen im Gegensatz zu den Pop Künstlern Werke hervor,
692
693
Owens 1982, S. 21. – Hubertus von Amelunxens Behauptung, dabei ginge
es Owens gerade nicht um "die ironisch gebrochene Begegnung von Überliefertem und 'Neuem', trifft nicht zu, insofern als Owens explizit
von Parodien spricht: "Through appropriation, manipulation and parody,
these artists work to render visible the invisible mechanisms whereby
these images secure their putative transparency […]", vgl. im Gegensatz dazu: Amelunxen 1993, S. 32-33.
Brüderlin 1990, S. 125; Foucault 1986, S. 198-200; Groys 2001, S. 178.
188
die sich nie ganz einem kreativen und handwerklichen Bearbeiten
der Vorbilder und einer traditionell ästhetischen Wirkung entziehen. Sobald die eindeutig subversiven Gesten, etwa in Form von
Schrift oder deutlichen Verweisen auf die Massenmedien, in den
Hintergrund treten, nimmt auch die kritische Differenz zum Vorbild ab. Während etwa Richters Graue Bilder ebenso gut als Inbegriff der formalen Selbstbezüglichkeit gelesen werden könnten,694
überwindet auch die Malerei Polkes nicht konsequent die modernistische Autonomie des Bildes. So berichtete Isabelle Graw 1993 von
Polkes Ausstellung im Mönchengladbacher Museum Abteiberg, Polke
gehe von einem "realen und fiktiven Publikum aus, das zu einem
Geniessen bereit ist, welches seinem Genuss bei der Arbeit ähnelt."695 Diese "Aufforderung zur Anschauung" beobachtete sie vor
allem an den Schüttbildern der neunziger Jahre, doch lässt sich
eine ähnlich ästhetische und geradezu transzendente Wirkung auch
für Polkes Kunstbezüge wie die Dürer-Schleifen oder die grossen
monochromen Arbeiten für die XLII. Biennale aufzeigen.
3. Eine Kunstwelt für sich
Dass diese Ambivalenz der Werke in der Kunstwelt mitunter regelrechtes Unverständnis provoziert, macht der Bericht Benjamin
Buchlohs über Richters Beitrag für die documenta IX von 1992
deutlich. Richters Präsentation eines holzgetäfelten Kabinettraumes mit dreizehn abstrakten Gemälden, einem Scheibenrelief und
einem einzelnen Blumenstillleben erinnerte Buchloh in ihrer befremdlich konservativen Wirkung an die frühere Installation der
Bronzeköpfe von Richter und Blinky Palermo 1972 in der Münchner
Galerie Heiner: "Auch dort sahen sich die deutsche Kritik und die
Museums-Professionellen fassungslos mit einer Geste konfrontiert,
die weder als ironisch noch als affirmativ klassifiziert werden
konnte und die sich eben in ihrer extremen Ambivalenz als ästhe-
694
695
Owens bezeichnet die "rhetorical strategy of self-reference upon which
modernism is based" als die Quelle des ästhetischen Gefallens
schlechthin, Owens 1992c, S. 85.
Graw 1993, S. 80.
189
tisch definierte. Die aussichtslose Hypertrophie des künstlerischen Geltungsanspruchs (auf geschichtliche Dauer und auf Autorenruhm) war in den Bronzebüsten, die Richter von sich und Palermo modellierte und giessen liess, ebenso artikuliert worden, wie
er nun seinen Anspruch auf der Malerei angemessene, vorkulturindustrielle Ausstellungs- und Erfahrungsbedingungen in der Kabinettkonstruktion in Edelholzfurnier ausführte."696 Während die
Kritiker in der Kabinett-Hängung der Gemälde die Unvermeidbarkeit
ihres dekorativen Charakters eingestanden sahen und eine Neuartigkeit und Kontextualität der Bilder gerade im Installationsgefüge vermissten, deutete Buchloh die Präsentation als werkimmanente Kritik an ihren eigenen Voraussetzungen und als Widerstand
"gegen die tatsächliche und vollkommene Vereinnahmung" der visuellen Erfahrung in der Spektakelkultur. Das Blumenstillleben enthüllte für ihn "in der falschen Harmlosigkeit" eben den "Substitutscharakter des Ästhetischen".697 Richters auf den ersten Blick
konservative Arbeit erhielt somit bei Buchloh den Status einer
kritischen Reflexion ihrer eigenen Bedingungen und Funktionen.
Gerade in der Nichterfüllung der Forderung nach einer kontextspezifischen Installationskunst habe Richter die Erwartungen an die
Kunst unterlaufen und die Gläubigkeit der Kritiker entlarvt. In
analoger Weise deutete Isabelle Graw im gleichen Jahr auch Polkes
"Neue Bilder 1992" in Mönchengladbach als Antwort auf gesellschaftliche Forderungen an die Kunst: Die Gemälde seien so gehängt gewesen, dass jeder Einwand, den man gegen ein Bild hätte
haben können, durch das nächste Werk bereits entkräftet worden
sei.698 Im Nebeneinander der Bilder habe Polke sowohl das Erlebnis
eines "ästhetischen Ausuferns" wie auch das "Bedürfnis nach einer
gesellschaftlichen Funktion von Kunst" befriedigt. Polkes Bilder
696
697
698
Benjamin Buchloh, "Gerhard Richter und die Allegorie des abstrakten
Kabinetts [1992]", in: Buchloh 1993b, S. 69-71, hier S. 68.
Benjamin Buchloh, "Gerhard Richter und die Allegorie des abstrakten
Kabinetts [1992]", in: Buchloh 1993b, S. 69-71.
Graw 1993, S. 81.
190
und Ausstellungen deutete Graw insofern als strategisch, da er
sein Publikum im Auge behalte.699
Sowohl aus Buchlohs und Graws Plädoyers zu den jeweiligen
Präsentationen der Künstler, als auch aus den durch sie übermittelten kritischen Stimmen wird klar deutlich: So sehr auch dem
Ästhetischen eine Konjunktur prophezeit wurde, so sehr blieb doch
offenbar die Erwartung nach einer kritischen Haltung und einer
gesellschaftlichen Relevanz der Kunst bestehen.700 Weder die Rezeptionsvorgaben eines intimen Kabinetts, welches die Gemälde in
ihrer Autonomie betonte und ein rein ästhetisches Erlebnis zu befördern schien, noch die "Illusion eines erfüllten Begehrens",
die Polkes "selbstgefällige" Schüttbilder auslösten, erschienen
den Kritikern der frühen neunziger Jahre zeitgemäss. Buchloh
selbst wies darauf hin, dass ein Kunstwerk zu jener Zeit "als
bloss noch temporäres und ephemeres dem permanenten Schichtwechsel unterworfen sei" und daher kontextuell ausgerichtet sein müsse.701 Entsprechend konnten wohl auch die positiven Deutungen der
Ausstellungen durch Graw und Buchloh sich nicht auf einen optischen Genuss allein berufen, sondern fanden die Legitimation der
scheinbar affirmativen Werke gerade in ihrer subversiven und damit wieder kritischen Haltung. Dass sich ihre Interpretationsansätze dadurch als ebenso 'zeitgemäss' erwiesen, wurde bei Graw
indirekt mitreflektiert. Sie selbst wies darauf hin, dass auch
die Erwartungen an die Kunst einem Wandel des 'Zeitgeistes' unterliegen: Während Buchloh etwa in den siebziger Jahren Polkes
Rasterbilder noch als "Ideologiekritik" verstanden hatte, wurden
sie in den neunziger Jahren durch Martin Hentschel gerade in Abweichung vom Zeitungsraster als ornamentale Strukturen beschrie-
699
700
701
Graw 1993, S. 88.
Vgl. dazu die Untersuchung Wolfgang Rupperts zum 'modernen Künstler',
dessen "Dienstleistungsfunktion" im 19. Jahrhundert in der Darstellung, Vermittlung und Reflexion des ideellen Wertesystems lag, das für
die symbolische Selbstverständigung der bürgerlichen Individuen bedeutsam war, Ruppert 2000, bes. 143-150.
Benjamin Buchloh, "Gerhard Richter und die Allegorie des abstrakten
Kabinetts [1992]", in: Buchloh 1993b, S. 67-71, hier S. 68.
191
ben - eine Deutung, die Graw in den siebziger Jahren, "in einer
Umgebung, die an Kritik glaubte", für unmöglich befand.702
Die Wahrnehmung der Kunst war immer durch ihre institutionelle Rahmung und Interpretation gelenkt, beschränkt und beschnitten.703 Dass Kunsturteile dabei grösstenteils auf moralischen Wertungen basieren, beweist auch das Unbehagen, welches Richters offenbar "zu unproblematisches" Spätwerk bei den Kritikern auslöst.704 Auch bei Polke wurde bereits seit den achtziger Jahren in
der ästhetischen Verwendung natürlicher Materialien eine "Umkehr"
konstatiert, welche Thomas McEvilley jedoch dadurch legitimieren
konnte, dass das Eindringen in die Natur eine noch "radikalere
Phase" bedeute als die direkte Kulturkritik.705 Interessanterweise
offenbarte sich dagegen 1997 in den Kritiken der documenta X,
welcher die Kuratorin Catherine David die Malerei weitgehend ausgeklammert hatte, schon eine Übersättigung des Kunstpublikums an
sozialen oder moralischen Interventionen. So beklagte etwa Henning Ritter in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das "armselige
Äussere" der Werke und betitelte die Künstler als "Sozialarbeiter", die nun versuchten, sich zu "Dandys" aufzuschwingen.706
702
703
704
705
706
Graw 1993, S. 88, 82; vgl. Buchloh 1976, S. 140-142; Hentschel 1991,
S. 152-158; – Vgl. auch die sich wandelnde Rezeption des Werks von Andy Warhol, wie sie Buchloh darstellte, Buchloh 1991.
Vgl. Germer 1995, S. 143. – Germer wandte sich gegen Hans Beltings
These eines "Endes der Kunstgeschichte", welches dieser dadurch begründete, dass die kunstgeschichtlichen "Rahmen" zu eng geworden seien, um die moderne oder postmoderne Kunst beschreiben, vgl auch Belting 1995, bes. S. 21-25.
Paul Wood bezeichnet Richters Werk insofern als "problematisch", als
gerade ein "loss of a sense of 'problem' in his more recent work" zu
beobachten sei, Wood 1994, S. 180. - Auch Buchloh möchte in jüngerer
Zeit seine früheren Analysen des Richter'schen Werks überdenken und
die klassischen Realismen in Richters Kunst nicht als Bezug auf die
Kunstgeschichte, sondern im Zusammenhang mit seiner Prägung durch die
Realismen autoritärer Systeme wie der DDR und dem Nationalsozialismus
erklären. Diese Thesen, welche sich in seiner angekündigten neuen Publikation zu Richter finden werden, stellte Buchloh unter anderem im
Schlussreferat der Tagung der Vereinigung der Kunsthistorikerinnen und
Kunsthistoriker der Schweiz Kunstgeschichte der Gegenwart schreiben am
12. Oktober 2002 in Winterthur vor.
McEvilley 1991, S. 35 u. 50.
Ritter 1997.
192
Es lässt sich beobachten, dass die Konkurrenz dieser pluralen
Ansprüche, Begriffe und Konzepte, welche die Kunsttheorie und kritik seit den sechziger Jahren hervorgebracht hat, auch in den
Werken der Künstler ihren Niederschlag findet. In den bisweilen
geradezu gegensätzlichen Rezeptionsmöglichkeiten der Werke Richters und Polkes deutet sich insofern vielleicht eine interne Kritik an ihrer Fixierung auf eine auktoriale Intention an. Richters
affirmative Wiederholungen von Gattungen und Stilen der Malerei
versucht sich dabei ebenso wie Polkes groteske Kombination von
verschiedensten Bildern und Medien jeglicher Eingrenzung auf ein
ideologisch einheitliches Modell zu widersetzen.707 Gerade die
Kunstbezüge von Richter und Polke können somit als Stellungnahme
zu einem System verstanden werden, dem sie selbst angehören. Ein
ähnliches Verständnis liest sich auch aus Isabelle Graws Bemerkung, keine künstlerische Entscheidung sei ohne die in ihr enthaltenen gesellschaftlichen Interpretationen denkbar. In Bezug
auf Polkes Rasterbilder stellt sie die These auf, der Anspruch
einer kritischen Haltung habe sich auch auf die Künstler und ihre
Produkte übertragen, so dass Polkes Bilder möglicherweise nicht
nur als "Ideologiekritik" empfunden wurden, sondern vielleicht
auch so gemeint gewesen seien.708
Graws These erscheint als Indiz dafür, wie stark Kunstkommentar oder –theorie und Kunstpraxis verbunden sind und in Abhängigkeit voneinander entstehen. So ist auch die Ausrufung eines posthistorischen oder postmodernen Zeitalters für die Kunst nicht nur
als theoretische Analyse der künstlerischen Praxis zu verstehen,
sondern muss als ebenso konstituierend für die Seite der Produktion erachtet werden. Modelle wie das vom "Ende der Geschichte"
oder vom "Tod des Autors" werden damit für den gesamten Kunstbetrieb zu einem Leitfaden des Zeitgemässen. Christian Bracht beschreibt in seiner Dissertation zur Funktion des Kunstkommentars
707
708
Dieser Entzug äussert sich in der Appropriation Art noch deutlicher,
indem sie sich in ihrem "Doppelcharakter" einer einzigen Deutung im
Sinne der herrschenden Moral gerade widersetzt, vgl. Römer 2001, S.
276.
Graw 1993, S. 82.
193
in den sechziger Jahren, wie die Differenz von altem und neuem
Paradigma einerseits zur Leitdifferenz aktueller Ästhetiken und
zugleich zur zentralen Legitimation des herrschenden Kunstdiskurses werde. Diese Legitimation übertrage der Kunstdiskurs auf seinen Gegenstand, so dass nur solche Kunst für ästhetisch gültig
erklärt werde, die sich zur Macht der Tradition – hier dem Modell
des Modernismus - erkennbar subversiv verhalte.709 Für dieses Zusammenspiel von Kunstproduktion, -theorie, -kritik und -markt
prägte Arthur C. Danto 1964 den Begriff der "Kunstwelt". Dieser
macht deutlich, dass Kunstwerke nur im Rahmen von Diskursen, welche die Interpretationen und Gebrauchsweisen von Kunstwerken regeln, ihren Status erhalten.710 Für die moderne Kunst heisst dies,
dass nicht nur der Objektcharakter, sondern vorrangig die Installation in Galerien, Museen oder im öffentlichen Raum den Bezugsrahmen vorgeben, in dem sich Kunst überhaupt erst als solche konstituiert.
Gerade in diesen Mechanismen der Kunstwelt könnte sich einer
der Gründe für die zahlreichen Bezugnahmen der Künstler auf ihre
eigene Tradition verbergen. Das Abhängigkeitsverhältnis von Kunst
und institutionellem Rahmen sowie die weiterhin moralischen Bewertungskategorien der Kunstwelt scheinen geradezu eine Praxis
der institutions- und medienkritischen Selbstbezüglichkeit zu
provozieren.711 Auch Wertmassstäbe wie die Ideologie des Originals
werden dabei einer kritischen Revision unterzogen. Heinz Schütz
prägte 1993 mit einer Dokumentation des Kunstforums für eben diese Selbstbezüglichkeit auf die Tradition die Bezeichnung "Kunst
Geschichte Kunst".712 Damit wurde bereits angedeutet, dass es sich
nicht um einen "neuen Historismus" handelte, wie dies etwa Udo
709
710
711
712
Bracht 2003, S. 99.
Danto 1992, bes. S. 431-433.
In Dan Camerons Überblick über verschiedene "postmoderne" Strömungen
der New Yorker Kunstwelt wird deutlich, dass die den Kontext der Kunst
thematisierende Praxis, welche er als "Neo-Konzeptualismus" bezeichnet, besonders auf die Konzeptkunst und ihren Bezug auf das Readymade
zurückgeht, Cameron 1990, bes. S. 281.
Schütz 1993a.
194
Kultermann 1980 und Ekkehard Mai 1981 angenommen hatten,713 sondern, dass hier die Kunst auf einer kritischen Meta-Ebene ihre
eigene Historisierung und Institutionalisierung thematisierte. So
drückt sich in den konzeptuell angelegten Wiederholungen eben
nicht die von Mai beschriebene "romantische Sehnsucht nach grosser Malerei" aus,714 sondern gerade die kritische Infragestellung
derartiger Kategorien. Wenn in diesem Sinne "Kunst von Kunst"
kommt, heisst dies somit nicht, dass die Kunst lediglich "über
sich selbst als über sich selbst Reflektierende reflektiert", ohne diesen Zirkel zu durchbrechen.715 Die wiederholten Vorbilder
dienen vielmehr als Gegenstand der Selbstverortung, zu dem visuell-diskursive Differenzen hergestellt werden, die über die
kunstinternen Grenzen hinausweisen können.716
Otto Karl Werckmeister hingegen kritisiert die zeitgenössische "institutionell abgesicherte künstlerische Kultur" als
"selbstgeschlossenen Expertenkreis", der seine eigene Kunstgeschichte nicht nur schreibe, sondern entwerfe, verwirkliche und
vollziehe. Dabei bestehe die ästhetische Distanz "dieser medialen
Ausdruckskultur" von der visuellen Medienumwelt nur noch darin,
dass sie die kritische Reflexion auf sich selbst in ihre Darbietungen einbeziehe und durch sprachliche Kommentare ergänze. Die
Beurteilung durch die Beschauer nehme sie dabei vorweg, beziehe
vorgeblich deren Reaktionen bereits in ihre Darbietungen ein und
programmiere ihre eigene Kritik vor.717 Werckmeisters Vorwurf einer nur "scheinbar kritischen, tatsächlich aber affirmativen" Gegenwartskunst spricht das Problem an, welches sich im künstlerischen Schwanken zwischen einer kritischen Opposition zur Kunstin-
713
714
715
716
717
Kultermann 1980, Mai 1981.
Mai 1981, S. 49.
Bohnen 1988b, bes. S. 318-321.
Vgl. dazu auch Römer 2001, S. 273.
Werckmeister 1998, S. 4-5. – Dabei muss allerdings bemerkt werden,
dass Werckmeister die "Gegenwartskunst" grundsätzlich nicht für epochal hält und die These aufstellt, nicht die Kategorien der Kunstgeschichte versagten angesichts der Gegenwartskunst, sondern umgekehrt
werde letztere den Kategorien der Kunstgeschichte vielleicht nicht gerecht.
195
stitution und einer die Institution legitimierenden Partizipation
auftut. Stefan Römer stellt in diesem Zusammenhang fest, dass
sich die zeitgenössischen Taktiken nicht mehr durch eine behauptete Autonomie ausserhalb der hegemonialen Kulturindustrie positionieren, sondern durchaus am Markt und somit an der Konsumideologie partizipieren.718 Die Kunstwelt erweist sich hier auf geradezu verzwickte Weise als "geschlossenes", "selbstbeschreibendes"
und "selbstförderndes" System, indem die Kunst in ihrer institutionskritischen Reflexion immer auch Teil des untersuchten Feldes
ist.719
Daraus ergibt sich, dass die Künstler sich gerade den traditionellen Werten und Mechanismen der Kunst, die sie zu verneinen
und unterlaufen versuchen, nie ganz entziehen können. Wie die ursprünglich gegen die elitäre Hochkunst gerichteten Werke Rauschenbergs und Warhols, haben auch die demonstrativen Wiederholungen von Richter und Polke mit der Zeit eine kulturelle Bedeutung erlangt, die ihnen den Status von Meisterwerken verleiht.
Dadurch konnten sie im Unterlaufen der Tradition paradoxerweise
sowohl die Praxis der hohen Kunst wie auch die in Verruf geratene
Malerei wieder beleben.720 An dieser Stelle schliesst sich der
Kreis hier wieder: Gerade diejenigen künstlerischen Konzepte, die
sich den Regeln des Systems zu entziehen versuchen, geniessen
darin grösste Wertschätzung. Somit verdankt sich auch der Ruhm
von Polke und Richter nicht zuletzt der notorischen Fähigkeit des
Kunstbetriebs zur Einverleibung seiner schärfsten Kritiker: Seit
1999 besetzen beide Künstler als Vertreter der "Neuen Malerei"
718
719
720
Vgl. Römer 2001, S. 276-277. – Römer macht darauf aufmerksam, dass
auch eine "so genannte Radikalopposition" nur über den Prozess der
Vermarktung politisch wirksam werden könne, weshalb sie dann aber keine Radikalopposition mehr darstelle.
Vgl. das von Niklas Luhmann systemtheoretisch als soziales System gesellschaftlicher Kommunikation beschriebene Kunstsystem, Luhman 1995.
- Ähnlich wie Danto hält Luhmann dabei fest, dass das Kunstsystem als
autonomes System selbst bestimmt, was als Kunst zählt und fördert und
sich somit selbständig erneuert. Die Funktion der Kunst sieht Luhmann
dabei darin, die "Welt in der Welt erscheinen zu lassen", also in einer Art Selbstreflexion, S. 222-242; zur "Selbstbeschreibung" bes. S.
393-401.
Zu Rauschenberg und Warhol vgl. Buchloh 1982a, S. 29-30.
196
und als "Künstlerstars" die absolute Spitze des weltweiten Kunstmarktes, von wo sie sogar den langjährigen amerikanischen Spitzenreiter und "Prozesskünstler" Bruce Nauman verdrängen konnten.721 Somit gelten die gleichen Gemälde, welche 1963 die traditionellen Kriterien eines Kunstwerks nicht erfüllten und sich
"mit Siebenmeilenstiefeln" von der Kunst wegzubewegen schienen,722
im Jahr 2002 für die Zeitschrift Art Investor als "Blue Chips"
des Börsenmarktes, in denen "Quantität und Qualität" bereits
"weitgehend festgelegt" sind.723
721
722
723
dpa 1999: "Nachdem soeben die Kunstzeitschrift "Arte" [sic] ihre Besten-Hitparade der Künstler aufgestellt hat, in der Gerhard Richter als
wichtigster Maler erscheint, legt der "Kunstkompass" des Wirtschaftsmagazins "Capital" nach. Dort führt Sigmar Polke die Liste an. Erstmals löste er den seit sieben Jahren amtierenden Amerikaner Bruce Nauman ab. Es folgen Richter, Nauman, Trockel, Baselitz, Cindy Sherman";
zur zitierten "Besten-Hitparade" vgl. Art-Umfrage 1999a, und ArtUmfrage 1999b. – Vgl. Capital Kunstkompass 2002.
Friedrichs 1963.
Dudzik 2002, S. 78; vgl. auch die Analyse des Marktwertes von Gerhard
Richter in der Zeitschrift art investor, in der es heisst, gerade die
frühen Leinwände seien auf dem Kunstmarkt sehr gesucht und erzielten
auf Auktionen immer wieder Höchstpreise, Kohl 2002, S. 38.
197
Glossar
Die hier vorgelegte Begriffsliste stellt den Versuch dar, die oft
undifferenziert gebrauchten Bezeichnungen für verschiedene Arten
der künstlerischen Wiederholung mit möglichst 'dienlichen' und
präzisen Definitionen zu versehen und diese miteinander in Beziehung zu setzen. Die Umschreibungen stützen sich auf Begriffsdefinitionen in der kunsthistorischen, sowie literatur- und sprachwissenschaftlichen Fachliteratur, ansonsten gilt der allgemeine
Sprachgebrauch. Dabei wird versucht, den bisherigen Gebrauch der
Begriffe in der kunsthistorischen Literatur mit einzubeziehen.
Die wichtigste Quelle zur Begründung einer Systematik der
Begriffe ist Gérard Genettes literaturwissenschaftliche Theorie
der "Hypertextualität" Palimpsestes von 1982, die hier in stark
verkürzter und vereinfachter Form auf bildliche Bezüge übertragen
wird. Die begriffliche Systematik Genettes kann dabei jedoch nur
ein grobes Raster zur Unterscheidung von Bezugnahmen liefern, da
die Unterscheidung der Beziehungen von Bildbezügen weniger eindeutig ist, als dies bei Texten der Fall ist. Alle mit einem *
gekennzeichneten Begriffe sind im Sinne Genettes verwendet und
entsprechend im angefügten Schema wieder zu finden:724
Register
Spielerisch Satirisch
Ernst
Beziehung
Transformation
Nachahmung
PARODIE
PASTICHE
TRANSPOSITION
NACHBILDUNG
TRAVESTIE
PERSIFLAGE
ADAPTION
Umarbeitung eines literarischen Werks für eine andere literarische
Gattung od. für ein anderes Kommunikationsmedium (z. B. Film, Fernsehen).
ANALOGIE
(griech. Entsprechung, Gleichartigkeit) Sprachwissenschaft: Methodologisches Mittel, um bestimmte Sachverhalte verschiedener Gebiete in ei-
724
Genette 1993, S. 44.
198
ne Beziehung zu bringen. Auf der Grundlage der Ähnlichkeit von Verhältnissen kann von einem bekannten System von Elementen auf ein unbekanntes Element eines zweiten Systems geschlossen werden;725 hier übertragen: Beziehung der Ähnlichkeit von übereinstimmenden Elementen verschiedener Kunstwerke.726
APPROPRIATION
(engl. Besitzergreifung, Beschlagnahmung);727 die künstlerische Appropriation definiert Benjamin Buchloh allgemein als eine Überprüfung
lokaler, zeitgenössischer Codes der künstlerischen Praxis durch Bezug
auf frühere Stile, motivische Vorläufer oder unterschiedliche Produktions- und Rezeptionsformen;728 andererseits könne auch ein aus dem Zusammenhang gerissenes Motiv mittels Recodierung in eine künstlerische
Aussage integriert werden, um den kulturellen Apparat umzufunktionieren und seine Rahmenbedingungen zu überprüfen; die Ursprünge jener
Strategie liegen nach Buchloh in den "allegorischen" Verfahren von
Collage und Montage;729 Robert S. Nelson betont den Aspekt der aktiven,
subjektiven und zielgerichteten Praxis im Gegensatz zur Vorstellung
eines "Einflusses" und setzt appropriation mit Roland Barthes' Begriff
des "Mythos" gleich;730 appropriation art wurde seit Beginn der achtziger Jahre zum Begriff für eine Bildstrategie der Aneignung verwendet,
die bereits eine Form der Kritik impliziert und die Bedeutung von Originalität und Autorschaft unterläuft;731 nach der Definition Douglas
Crimps ist die Abwendung von einer Stil- durch eine Materialaneignung,
die historische Reflexion der "Aneignung über die Aneignungsstrategie
selbst" und die spezifische Rolle der Fotografie entscheidend.732
ANEIGNUNG
Dt. Übersetzung für Benjamin Buchlohs Definition der appropriation;
die Bezeichnung dient häufig als Oberbegriff für die künstlerischen
Bezugnahmen seit den siebziger Jahren.733
BEZUGNAHME
Allgemein der Verweis oder die Referenz auf ein anderes Kunstwerk; dabei kann zwischen einer starken und schwachen "Referenzialität" unterschieden werden, je nachdem wie intensiv das zitierte Werk thematisiert und seine Eigenart "blossgelegt" wird.734
725
726
727
728
729
730
731
732
733
734
Vgl. Artikel "Analogie", in: Metzler-Lexikon Sprache, hrsg. von Helmut
Glück, Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler, 1993, S. 37.
Zum Thema der "visuellen Analogie", vgl. Stafford 1999.
Vgl. Artikel "appropriation", in: The Oxford English Dictionary, hrsg.
von J.A. Simpson und E.S.C. Weiner, 20 Bde., 2. Aufl., Oxford: Clarendon Press, 1989, hier Bd. 1, S. 587.
Buchloh 1982b, S. 28.
Buchloh 1982a, S. 44-47; vgl. auch Römer 1997 und Römer 2001, S. 91104.
Nelson, Robert S., "Appropriation", in: Nelson/Shiff 1996, S. 118-119;
vgl. auch Barthes 1957, S. 191-247.
Stefan Römer, "Appropriation Art", in: Butin 2002a, S. 15-18.
Crimp 1996a, S. 144.
Vgl. etwa die Verwendung in: Schenker 1988.
Vgl. Pfister 1985, S. 26-27.
199
DOUBLE
(frz. (das) Doppelte, Duplikat, Doppelgänger);735 im Gegensatz zur Replik von fremder Hand angefertigtes Duplikat als eigenständiges Werk736
ENTLEHNUNG
Sprachwissenschaft: Vorgang und Ergebnis der Übernahme eines sprachlichen Ausdrucks aus einer Fremdsprache in die Muttersprache, meist in
solchen Fällen, in denen es in der eigenen Sprache keine Bezeichnung
für neu entstandene Sachen bzw. Sachverhalte gibt.737
FÄLSCHUNG
Mit arglistiger Täuschungs- und Betrugsabsicht angefertigte Kopie.738
FAKE
(engl. Fälschung, Kunstgriff, Trick, Schwindel, Erfindung);739 nach der
Definition Stefan Römers mimetische Nachbildung eines anderes Kunstwerks, die im Gegensatz zur Fälschung selbst auf ihren gefälschten
Charakter hinweist und mittels einer genauen Bilduntersuchung auf einen kunsthistorischen Erkenntnisprozess zielt; Fake wird als Kritik
der Institution der Kunst und ihrer Ideologie des Originals betrachtet.740
FASSUNG
Die in wesentlichen Punkten abweichende Replik.741
HOMMAGE
Huldigung an einen bestimmten Künstler oder eine Künstlergruppe in
Form einer an ihn/sie oder sein/ihr Werk erinnernden Darstellung, wobei auch eine Form von Selbstdarstellung des Huldigenden, sowie eine
Bezugnahme auf kontextuelle Entwicklungen impliziert sein können.742
KOPIE
Im Gegensatz zur Fälschung manuelle Wiederholung eines anderen Kunstwerks ohne betrügerische Absichten; auch Stiche oder Fotografien nach
Kunstwerken sind Kopien, unterscheiden sich jedoch als Reproduktionen
von manuellen Kopien durch die Verwendung mechanischer Prozesse; Unterscheidung dreier Arten der Kopie: 1) in der Absicht einer Wiederholung, 2) als Bestandteil der künstlerischen Ausbildungspraxis seit der
735
736
737
738
739
740
741
742
Vgl. Artikel "Double", in: Le Nouveau Petit Robert. Dictionnaire alphabétique et analogique de la langue française, hrsg. von Paul Robert, Paris: Dictionnaires Le Robert, 1993, S. 680-681.
Vgl. den Gebrauch bei Frohne 2000, S. 271.
Vgl. Artikel "Entlehnung", in: Lexikon der Sprachwissenschaft, hrsg.
von Hadumod Bussmann, 3. Aufl., Stuttgart: Kröner, 2002; S. 193. - Die
Umschreibung der Entlehnung als "schöpferische Nachahmung eines Kunstwerks" im Du-Themenheft Meister borgen bei Meistern ist unpräzise und
daher als Definition nicht dienlich; vgl. Meister borgen bei Meistern
(du. Kulturelle Monatsschrift), 1961, Bd. 21, H. 243, S. 24-43.
Vgl. "Kunstfälschung", in: Lexikon der Kunst, hrsg. von Harald Olbrich
u. a., 7 Bde., Leipzig: E.A. Seemann Verlag, 1987-1994, Bd. 7, 1989,
S. 145-146.
Vgl. Artikel "fake", in: The Oxford English Dictionary, hrsg. von J.A.
Simpson und E.S.C. Weiner, 20 Bde., 2. Aufl., Oxford: Clarendon Press,
1989, hier Bd. 1.
Vgl. Römer 1999a und Römer 2001.
Döhmer 1978, S. 76.
Vgl. Hattendorff 1998.
200
Antike, 3) als Ausgangspunkt für die Schöpfung eines neuen Werks;743
die Kopie ist nicht unbedingt im gleichen Massstab wie das Vorbild angefertigt, aber in den gleichen Proportionen und in einer ähnlichen
Technik.744
NACHAHMUNG*
Indirekte Transformation, die in einer nicht sichtbaren Zwischenstufe
eine Art Modell als Vermittlung zwischen dem nachgeahmten und dem
nachahmenden Kunstwerk erstellt; Reproduktion von erkannten und ausgewählten Eigenschaften des Vorbilds; erzählt eine andere Geschichte als
der ursprüngliche Text, lässt sich aber von dem durch den ursprünglichen Text begründeten "zugleich formalen und thematischen Gattungstypus leiten".745
NACHBILDUNG*
Ernste Nachahmung, im Unterschied zum spielerischen Pastiche.746
ORIGINAL
(von lat. origo, Ursprung, Quelle, Stamm)747, eigenständiges Werk eines
Künstlers; in Grafik und Bronzeguss der Abzug bzw. Abguss von der Hand
des Künstlers (oder unter seiner Aufsicht entstanden).748
PARAPHRASE
Sprachwissenschaft: (umgangssprachlich) Umschreibung; Mittel zur eines
Erklärung, Verdeutlichung oder Interpretation kommunikativer Absichten
oder Definition,749 verdeutlichende Übertragung eines Textes in eine
andere Sprachform, sehr freie Übersetzung in eine andere Sprache;750
Musik: frei ausschmückende Bearbeitung von Tonstücken, Phantasie über
ein Tonstück); Kunst: allgemeine Bezeichnung für frei ausschmückende
Bearbeitung oder Nachahmung von Kunstwerken.
PARODIE*
Komische und spielerische Bedeutungsänderung durch minimale Transformation eines Vorbildes;751 betreffend Literatur: "semantische Transformation",752 übertragen auf die Kunst: minimale Transformation von Darstellungselementen.
PASTICCIO
(ital., Pastete, Durcheinander, Pfuscherei) Collage von Zitaten oder
Stilelementen verschiedener Herkunft zu einem neuen Ganzen.753
743
744
745
746
747
748
749
750
751
752
753
Vgl. Artikel "Copy", in: The Dictionary of Art, hrsg. von Jane Turner,
34 Bde., London/New York: Macmillan Publishers/Grove, 1996, Bd. 7, S.
830-831.
Vgl. Döhmer 1978, S. 76.
Genette 1993, S. 16.
Genette 1993, S. 40.
Vgl. Saur 1984, Sp. 1373.
Vgl. "Original", in: Lexikon der Kunst 1987-90, Bd. 9, 1989, S. 27. –
Die Problematisierung des Original-Begriffs wird ihrer Komplexität wegen hier ignoriert und im Hauptteil der Arbeit angesprochen.
Vgl. Artikel "Paraphrase", in: Lexikon der Sprachwissenschaft, hrsg.
von Hadumod Bussmann, 3. Aufl., Stuttgart: Kröner, 2002, S. 496.
Vgl. Artikel "Paraphrase", in: Metzler-Lexikon Sprache, hrsg. von Helmut Glück, Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler, 1993, S. 451-452.
Genette 1993, S. 40.
Genette 1993, S. 42.
Vgl. Döhmer 1978, S. 76 und "Pasticcio", in: Lexikon der Kunst 198790, Bd. 9, 1989 S. 98.
201
PASTICHE*
(einerseits frz. für Pasticcio, hier im Sinne Genettes verwendet): ohne satirische Absicht aber spielerisch unternommene Nachahmung eines
Vorbilds.754
PERSIFLAGE*
Satirisches Pastiche.755
PLAGIAT
Art der Fälschung, bei der fremdes (Gedanken-)Gut als eigenes ausgegeben wird.756
RECYCLE/RECYCLING
(engl. Wiederverwendung eines Materials in einem industriellen Prozess; Rückkehr zu einer früheren Stufe in einem Kreislauf; Wiederverwertung eines unbrauchbaren Materials im Sinne einer Wiederaufbereitung in eine brauchbare Form);757 allgemeine Wiederverwertung und –
aufbereitung eines Kunstwerkes; bei Markus Brüderlin die Wiedereinführung einer Reproduktion in den Museumskontext.758
REFERENZ
(lat. referre, sich beziehen auf) 1. Bezugnahme; 2. Sprachwissenschaft: Bezugnahme sprachlicher Ausdrücke auf aussersprachliche
"Welt";759 Bericht, Auskunft; von einer Vertrauensperson gegebene Auskunft, die man als Empfehlung vorweisen kann; Vertrauensperson, die
über jmdn. eine positive Auskunft geben kann.
REMINISZENZ
Erinnerung, Anklang an ein Kunstwerk.
REPLIK
Vom Urheber des Originals (oder seiner Werkstatt) hergestellte exakte
Kopie.760
REPRISE
(Musik: Wiederholung eines Teils im Sonatensatz; Wiederaufnahme eines
früher gezeigten Films oder Theaterstücks); Kunst: möglichst genaue
Wiederholung und Wiederaufnahme eines Kunstwerks.761
REPRODUKTION
(von neulat. reproductio, Wiederherstellung) Bezeichnung für das Verfahren und Resultat der Wiedererzeugung oder der Vervielfältigung;
bildende Kunst: In einem Medium verfertigte (meist verkleinerte) Nachbildung, die eine technische Vervielfältigung erlaubt (Holzstich,
754
755
756
757
758
759
760
761
Genette 1993, S. 40 u. 44. – Als monografische Diskussion und Anwendung des Begriffs in Bezug auf Kunst, Film und Literatur vgl. Hoesterey 2001.
Genette 1993, S. 40.
Vgl. Rebbelmund 1999, S. 24.
Vgl. "recycle" (v + sb), in: The Oxford English Dictionary, hrsg. von
J.A. Simpson und E.S.C. Weiner, 20 Bde., 2. Aufl., Oxford: Clarendon
Press, 1989, hier Bd. 13, S. 388.
Brüderlin 1994, S. 62-63.
Vgl. Artikel "Referenz", in: Metzler-Lexikon Sprache, hrsg. von Helmut
Glück, Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler, 1993, S. 499.
Vgl. "replica", in: The Dictionary of Art, hrsg. von Jane Turner, 34
Bde., London/New York: Macmillan Publishers/Grove, 1996, Bd. 26, S.
221.
Vgl. die Verwendung des Begriffs in Bezug auf die Kunst von Elaine
Sturtevants in: Frohne 2000, S. 282-283.
202
Holzschnitt, Kupferstich, Radierung, Fotografie, digitale Aufnahme und
deren Verarbeitung).762
STILKOPIE
Ernsthafte Nachempfindung eines Stils eines Künstlers oder einer Epoche (z.B. im Klassizismus).763
TRANSPOSITION*
Ernste Transformation (im Gegensatz zur Parodie).764
TRANSFORMATION*
Steht im Gegensatz zur Nachahmung im einfachen oder direkten Verhältnis zum Vorbild (Vorbild entspricht hier dem Hypotext bei Genette);
offensichtlicher Bezug ohne das Vorbild direkt nennen zu müssen; Abänderung irgendeines Bestandteils des Vorbildes.765
TRAVESTIE*
Stilistisch herabsetzende Transformation eines Vorbildes.766
ÜBERSETZUNG
Sprachwissenschaft: Vorgang und Ergebnis einer Übertragung eines Textes aus einer Ausgangssprache in eine Zielsprache;767 Kunst: Übertragung eines Motivs/Sujets von einem Vorbild in ein in Stil und Ausdruck
verändertes Nachbild.
VERSION
Sonderform der Variante (kann in grossem zeitlichen Abstand zum Vorbild entstehen).768
VARIANTE
Abwandlung eines Motivs oder Themas durch den Künstler selbst.769
VARIATION
Abwandlung einer Bildidee durch Schüler/Werkstatt; Wiederaufgreifen
eines Motivs, einer Formvorstellung, Bildidee und deren unterschiedlich intensive Abwandlung durch fremde Hand, die bis zur fast völligen
Umwandlung führen kann.770
WIEDERHOLUNG
Allgemein das gezielte, nochmalige Aufgreifen von etwas schon 'Dagewesenem'.
ZITAT
Wörtlich oder bildlich genau wiedergegebener Ausschnitt einer Vorlage,771 welche als solches kenntlich gemacht sein muss (in der Sprache
durch Anführungszeichen, in der Kunst beispielsweise durch das 'Bild
762
763
764
765
766
767
768
769
770
771
Vgl. "Reproduktion", in: Lexikon der Kunst 1987-90, Bd. 10, 1989, S.
53. – Zur Problematik des Begriffs bei Walter Benjamin und seiner
Nachfolge vgl. den Hauptteil der Arbeit.
Vgl. Rebbelmund 1999, S. 22.
Genette 1993, S. 43-44.
Genette 1993, S. 15-17.
Genette 1993, S. 40.
Vgl. Artikel "Übersetzung", in: Lexikon der Sprachwissenschaft, hrsg.
von Hadumod Bussmann, 3. Aufl., Stuttgart: Kröner, 2002, S. 717-718.
Vgl. Rebbelmund 1999, S. 24.
Vgl. Rebbelmund 1999, S. 24.
Vgl. "Variation", in: Lexikon der Kunst 1987-1994, Bd. 7, 1994, S.
556.
Vgl. Rebbelmund 1999, S. 23.
203
im Bild'),772 für die Sprache sind zahlreiche Typen des Zitats je nach
Motivation des Zitierenden und Form des Zitats zu unterscheiden;773
Entsprechungen liessen sich zum Teil auch für die Kunst definieren.
772
773
Vgl. Goodman 1990, S. 65-68.
Vgl. zu einer ausführlichen Untersuchung der Zitattypen in der Sprache: Bennighoff-Lühl 1998.
204
Abbildungsverzeichnis
1. Gerhard Richter, Tisch, 1962, Öl auf Leinwand, 90 x 113 cm, Kunsthalle
zu Kiel, Leihgabe Sammlung Onnasch, Berlin (Werk-Nr. 1).
2. Tizian, Verkündigung, Öl auf Leinwand, ca. 1520, 166 x 266 cm, Venedig,
Scuola Grande di San Rocco.
3. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 125 x
200 cm, New York, Hirshhorn Museum (343-1).
4. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 125 x
200 cm, New York, Hirshhorn Museum (343-2).
5. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 150 x
250 cm, Schaffhausen, Hallen für neue Kunst, Sammlung Crex (344-1).
6. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 150 x
250 cm, Schaffhausen, Hallen für neue Kunst, Sammlung Crex (344-2).
7. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 150 x
250 cm, Schaffhausen, Hallen für neue Kunst, Sammlung Crex (344-3).
8. Gotthard Graubner, Hommage à Tintoretto, 1982, Öl und Acryl auf Leinwand über Kunstfaserfüllung, 400 x 400 x 20 cm, Frankfurt am Main, Museum für Moderne Kunst.
9. Sigmar Polke, Original + Fälschung 5-13a, 1973, Collage auf schwarzem
Karton, grün angespritzt, 60 x 80 cm, Duisburg, Sammlung Grothe.
10. Sigmar Polke, Original + Fälschung 6, 1973, Öl auf Leinwand, 90 x 70
cm, Duisburg, Sammlung Grothe.
11. Henri de Toulouse-Lautrec, Marcelle, 1894, Öl auf Karton, 460 x 295 cm,
Albi, Musée Toulouse-Lautrec (gestohlen am 27.12.1968 während einer
Ausstellung in Kioto).
12. Sigmar Polke, Original + Fälschung 5, 1973, Öl auf Leinwand, 90 x 70
cm, Duisburg, Sammlung Grothe.
13. Thomas Gainsborough, Bildnis des Brigadier General Sir Robert Fletcher,
ca. 1771, 72,5 x 60,6 cm, Montreal Museum of Fine Arts (gestohlen am
4.9.1972).
14. Sigmar Polke, Original + Fälschung 11, 1973, Öl auf Leinwand, 90 x 70
cm, Duisburg, Sammlung Grothe.
15. Antonello da Messina, Bildnis eines Mannes, ca. 1470, Öl auf Holz, 28,5
x 22,5 cm, Pavia, Museo Civico Malaspina (gestohlen am 10./11.5.1970).
16. Sigmar Polke, Original + Fälschung 12, 1973, Öl auf Leinwand, 90 x 70
cm, Duisburg, Sammlung Grothe.
17. Antonio Allegri da Correggio, Hl. Familie mit der Hl. Elisabeth und dem
Johannesknaben, ca. 1515, Öl auf Holz, 27 x 21 cm, Pavia, Museo Civico
Malaspina (gestohlen am 11.5.1970).
18. Marcel Duchamp, L.H.O.O.Q., 1919, rectified readymade: Bleistift auf
Postkarte, 19,7 x 12,4 cm, Privatbesitz.
19. Robert Rauschenberg, Erased de Kooning Drawing, 1953, Spuren von Tinte
und Buntstift auf Papier, Sammlung des Künstlers.
20. Sigmar Polke, Moderne Kunst, 1968, Dispersion auf Leinwand, 150 x 125
cm, Møn/Stuttgart, Gemeinsames Eigentum der Sammlungen Block/Froehlich.
205
21. Sigmar Polke, Akt mit Geige, 1968, Dispersion auf Holzfaserplatte, 90 x
75 cm, München, Leihgabe des Wittelsbacher Ausgleichfonds Sammlung Herzog Franz von Bayern an die Bayrische Staatsgemäldesammlung.
22. Jörg Immendorff, Vergleichen sie mit meinen Arbeiten die folgenden Bilder: „Feininger, Hodler, Kandinsky, Cross, Cézanne, Thoma, Leibl, Marées, Blechen, Pissarro, Manet, Millet, Beckmann, Klee, Munch. Kommt
den Leuten entgegen!, 1964, Collage, 49 x 40 cm, Privatsammlung.
23. Gerhard Richter, Übersicht, 1998, Offsetdruck, 83 x 68 cm, 10 Exemplare.
24. Sigmar Polke, Konstruktionen um Leonardo da Vinci und Sigmar Polke (Detail), 1969, Offsetdruck auf Papier (5 Seiten mit 2 Abb.), 20 x 21 cm,
Leverkusen, Städtisches Museum, Schloss Morsbroich.
25. Gerhard Richter, Atlas, Tafeln 249 + 250 (Detail): Räume, 1971, 2 FarbFotos in Raumskizzen montiert und 8 Farb-Fotos in Raumskizzen montiert,
66,7 x 51,7 cm (beide), in: Friedel/Wilmes 1997.
26. Gerhard Richter, Grosse Teyde-Landschaft (mit zwei Figuren), 1971, Öl
auf Leinwand, 200 x 300 cm, Zürich, Sammlung Crex.
27. Gerhard Richter, Parkstück, 1971, Öl auf Leinwand, 300 x 375 cm (dreiteilig), Privatsammlung.
28. Gerhard Richter, Ema (Akt auf einer Treppe), 1966, Öl auf Leinwand, 200
x 130 cm, Köln, Museum Ludwig (134).
29. Marcel Duchamp, Nu descendant un escalier [No. 2], 1912, Öl auf Leinwand, 146 x 89 cm, Philadelphia Museum of Art, The Louise and Walter
Arensberg Collection.
30. Gerhard Richter, Olympia, 1967, Öl auf Leinwand, 200 x 130 cm, Berlin,
Privatsammlung.
31. Gerhard Richter, Brigid Polk, 1971, Öl auf Leinwand, 175 x 175 cm,
Köln, Ingrid Andree.
32. Sigmar Polke, Konstruktivistisch, 1968, Dispersion auf Leinwand, 150 x
125 cm, München, Leihgabe des Wittelsbacher Ausgleichfonds Sammlung
Franz von Bayern an die Bayrische Staatsgemäldesammlungen.
33. Roy Lichtenstein, Non-objective II, 1964, Öl und Magna auf Leinwand,
121,9 x 121,9 cm, New York, Sonnabend Collection.
34. Gerhard Richter, Grau, 1970, Öl auf Nessel, 200 x 150 cm, Essen, Privatbesitz Hans und Isa Piotrowiak (247-2).
35. Sigmar Polke, Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!,
1969, Lack auf Leinwand, 150 x 125,5 cm, Stuttgart, Sammlung Froehlich.
36. Sigmar Polke, Carl Andre in Delft, 1968, Acryl auf Dekostoff, 80 x 75
cm, Köln, Sammlung Speck.
37. Gerhard Richter, 1024 Farben, 1974, 300 x 300 cm, Duisburg, Sammlung
Grothe (355-2).
38. Ellsworth Kelly, Spektralfarben, zufällig verteilt, 1951-53, Öl auf
Holz, 152,4 x 152,4 cm, Besitz des Künstlers.
39. Sigmar Polke, Wandbild mit hygroskopischer Farbe, Kobalt-II-Chlorid,
1986, XLII. Biennale in Venedig, Pavillon der Bundesrepublik Deutschland (Vormittags), in: Polke Katalog 1997(1), p. 254.
40. Sigmar Polke, Wandbild mit hygroskopischer Farbe, Kobalt-II-Chlorid,
1986, XLII. Biennale in Venedig, Pavillon der Bundesrepublik Deutschland (Nachmittags), in: Polke Katalog 1997(1), p. 255.
41. Gerhard Richter, Vier Glasscheiben, 1967, Glas und Eisen, 4teilig, je
190 x 100 cm, London, Anthony d’Offay Gallery (160).
206
42. Sigmar Polke, Tropenwald, 1992, Holzfurnier und Dispersion auf Polyestergewebe, 300 x 225 cm, Privatsammlung.
43. Sigmar Polke, Fensterfront, 1994, Kunstharzlack und Stoff auf bedrucktem Polyestergewebe, 300 x 500 cm, Köln, Museum Ludwig.
44. Gerhard Richter, Seestück (See-See), 1970, Öl auf Leinwand, 200 x 200
cm, Berlin, Staatliche Museen Preussischer Kulturbesitz, Nationalgalerie (244).
45. Gerhard Richter. Atlas, Tafel 184: Seestücke, 1969, 9 Collagen aus 2
Farbfotos mit Klebefilm einzeln montiert 66,7 x 51,7 cm, , in: Friedel/Wilmes 1997.
46. Gerhard Richter, Spiegel, grau, 1991, farbig beschichtetes Glas, gerahmt, 280 x 165 cm, Musée des Beaux-Arts de Nantes (735-1).
47. Gerhard Richter, Vorhang II, 1965, Öl auf Leinwand, 200 x 195 cm, Berlin; Staatliche Museen Preussischer Kulturbesitz, Nationalgalerie (55).
48. Sigmar Polke, Blauer Boucher, 1994, Verschiedene Materialien auf Leinwand, 190 x 200 cm , Privatbesitz.
49. Sigmar Polke, So sitzen Sie richtig (nach Goya), 1982, Dispersion auf
Stoff, 200 x 180 cm, Baden-Baden, Sammlung Frieder Burda.
50. Sigmar Polke, Dr. Berlin, 1969-74, Dispersion, Lack und Spray auf Nessel, 150 x 120 cm, Köln, Privatsammlung.
51. Robert Rauschenberg, Factum I, 1957, combine-painting: Öl, Tinte, Bleistift, Kreide, Stoff, Zeitung, Druckerzeugnisse und bedrucktes Papier
auf Leinwand, 157,5 x 90,2 cm, Los Angeles, The Museum of Contemporary
Art.
52. Robert Rauschenberg, Factum II, 1957, combine-painting: Öl, Tinte,
Bleistift, Kreide, Stoff, Zeitung, Druckerzeugnisse und bedrucktes Papier auf Leinwand, 157,5 x 90,2 cm, Chicago, The Morton G. Neumann Family Collection.
53. Roy Lichtenstein, Yellow Brushstroke II, 1965, Öl und Magna auf Leinwand, 91,4 x 274,3 cm, Privatbesitz.
54. Gerhard Richter, Gelb, 1973, Öl auf Leinwand, 300 x 600 cm, BMW München
(345-2).
55. Gerhard Richter, Strich (auf Rot) (Detail), 1980, Öl auf Leinwand, 190
cm x 2000 cm, Soest, Börde-Schule (452).
56. Sigmar Polke, Streifenbild I, 1967, Dispersion auf Leinwand, 190 x 150
cm, F.+ H.G. Prager.
57. Sigmar Polke, Vitrinenstück, 1966, 1: Pappbuchstaben auf Velour, 110 x
130 cm, 2: Pappbuchstaben auf Acryl und Nessel, 30 x 130 cm, 3: Fotografie und Typoskript auf Velour, 110 x 130 cm, 4: Acryl auf Stoff, 190
x 170 cm, 5: Vitrine mit Erbsen, zwei Untertassen, Zündhölzern ohne
Köpfe, Bildfragment, Fotografie, Typoskript, München, Leihgabe des Wittelsbacher Ausgleichfonds Sammlung Herzog Franz von Bayern an die Bayrischen Staatsgemäldesammlungen.
58. Grandville, Die gefährlichen Bilder, 1844, Holzstich, in: Grandville,
Un autre monde, Paris: Fournier, 1844.
59. D. Martin, Don Martin Dept. Part II. In the Hall of Fame, in:
Polke/Duchow 1973, [S. 38].
60. Sigmar Polke, Dürerschleifen (Acrimonia, Virilitas, Audatia, Experentia
und Solertia) (vier von acht), 1986, Graohit in Dammar, Zeichnung in
Silberoxyd, 190 x 200 cm bzw. 200 x 190 cm, München, Bayrische Staatsgemäldesammlungen, Staatsgalerie moderner Kunst und Leihgabe des Galerievereins München e.V. an die Bayrischen Staatsgemäldesammlungen.
207
61. Sigmar Polke, Künstlerrückzüchtung (Die sechzehn bedeutendsten zeitgenössischen Künstler und ihre Rückzüchtung) (Detail), 1983, Offsetdruck
in Schwarz auf rosafarbenem Halbkarton nach eigenen Fotokopien von
Filmstreifen von Ch. Zöllner, 29,8 x 22,2 cm, 3500 Exemplare, Beitrag I
in: Polke Katalog 1989.
62. Sigmar Polke u. Gerhard Richter, Umwandlung, 1968, Offsetdruck in
Schwarz auf Halbkarton, nach 5 eigenen Fotografien, 46,5 x 67,2 cm, 232
bekannte Exemplare, Berlin, Galerie René Block.
63. Sigmar Polke, 5 Punkte, 1964, Dispersion auf Stoff, 90 x 70 cm, Stuttgart, Sammlung Froehlich.
64. Gerhard Richter, Philip Wilhelm, 1964, Öl auf Leinwand, 150 x 130 cm,
Köln, Privatbesitz.
65. Sigmar Polke, Ruhe auf der Flucht nach Ägypten (nach Hoogstraten),
1997, Kunststoffsiegel auf Polyestergewebe, 280 x 350 cm, Privatbesitz
(Courtesy Galerie Michael Werner, Köln und New York).
66. Sigmar Polke, Fungus Rock, 1992, Polyestergewebe bedruckt, Kunststoffsiegel, Kunstharzlack, rückseitig gegossen, Schwarz vorn, 300 x 400 cm,
Privatsammlung.
67. Gerhard Richter, Familie nach altem Meister, 1965, Öl auf Leinwand, 147
x 155 cm, Düsseldorf, Privatbesitz (26).
68. John Singleton Copley, The Copley Family, 1776-77, Öl auf Leinwand,
184,1 x 229,2 cm, Washington, D.C., National Gallery of Art.
69. Gerhard Richter, Atlas, Tafeln 9 + 10: Zeitungsfotos, 1962-68, 11 S/WAusschnitte und 1 S/W-Foto und 18 S/W-Ausschnitte mit handschriftlicher
Anmerkung, 51,7 x 66, 7 cm (beide), in: Friedel/Wilmes 1997.
70. Thomas Struth, "Künstler im Familienglück", in: DIE ZEIT, Juli 2002, S.
33.
71. Sigmar Polke, Monopoli, 1989, verschiedene Medien auf Leinwand, 180 x
150 cm, Privatbesitz.
72. Sigmar Polke, Rouleaux de papier motifs Révolution I, 1989, verschiedene Medien auf Leinwand, 200 x 190 cm, Pars, Galérie Chantal Crousel.
73. Sigmar Polke, Dürer-Hase, 1968, Dispersion und Plakatsilber auf Stoff,
80 x 60 cm, Baden-Baden, Sammlung Frieder Burda.
74. Sigmar Polke, Gummibandbild Dürer-Hase, 1970, Gummiband auf Stoff, 90 x
75 cm, Privatsammlung.
75. Sigmar Polke, Handtücher, 1994, Textilien, vernäht, 300 x 225 cm, Privatsammlung.
76. "Art-Umfrage nach den Lieblingsbildern der Deutschen. Nun steht fest:
An erster Stelle die Mona Lisa", in: Art, 1989, Nr. 11, S. 63 (mit Albrecht Dürer, Feldhase, 1502, Aquarell und Deckfarben auf Papier, 25 x
23 cm, Wien, Albertina).
77. Leonardo da Vinci, Anbetung der Könige, 1481, Tempera, Öl und Bleiweiss
auf Holz, 243-246 cm, Florenz, Uffizien.
78. Sigmar Polke, Anbetung der Könige: vor Leonardo, 1984, Mischtechnik auf
Leinwand, 200 x 160 cm, Düsseldorf, Sammlung Raschdorf.
79. Sigmar Polke, Anbetung der Könige: nach Leonardo, 1984, Mischtechnik
auf Leinwand, 200 x 160 cm, Privatbesitz.
80. Sigmar Polke, Leonardo, 1984, Mischtechnik auf Leinwand, 200 x 160 cm,
Privatbesitz.
81. Aby Warburg, Bilderatlas Mnemosyne, Tafel 77, 1929, in: Warnke 2000, S.
129.
208
82. Gerhard Richter, Engelskopf, 1963/65, Öl auf Leinwand, 68 x 72 cm, Privatbesitz.
83. Sigmar Polke, Darf man Kinder auslachen?, 1964, Aquarell, Deckweiss auf
Papier, 29,5 x 21 cm, Stuttgart, Sammlung Froehlich.
84. Gerhard Richter, Kleine Badende, 1996, Cibachrome, 53 x 38 cm, 4 Exemplare (Probe).
209
Zitierte Literatur
Abstraction 1980
Abstraction. Towards a New Art, Painting 1910-1920 [Ausstellungskatalog:
London, Tate Gallery, 1980], London: Tate Gallery Publications, 1980.
Adriani 1980
Götz Adriani, "Robert Rauschenberg. Zeichnungen, Gouachen, Collagen 1949
bis 1979", in: Robert Rauschenberg. Werke 1950-1980 [Ausstellungskatalog:
Berlin, Staatliche Kunsthalle, Düsseldorf, Kunsthalle, Humlebaek/Kopenhagen, Louisiana-Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main,
Städelsches Kunstinstitut, München, Städtischen Galerie im Lenbachhaus,
1980/81], Berlin: Staatliche Kunsthalle, 1980, S. 56-82.
Adriani 2000
Sigmar Polke. Werke aus der Sammlung Froehlich [Ausstellungskatalog:
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Frankfurt am Main/Berlin/Bern: Peter Lang, 1994.
Wood 1994
Paul Wood, "Truth and Beauty: The Ruined Abstraction of Gerhard Richter",
251
in: Art Has No History! The Making and Unmaking of Modern Art, hrsg. von
John Roberts, London/New York: Verso, 1994, S. 180-199.
Worringer 1910
Wilhelm Worringer, Abstraktion und Einfühlung. Ein Beitrag zur Stilpsychologie [Erstausgabe: Neuwied: Heuser, 1907], München: Piper & Co. Verlag, 1910 [Phil. Diss.: Bern, Universität Bern, 1907].
Worringer 1996
Wilhelm Worringer, Abstraktion und Einfühlung. Ein Beitrag zur Stilpsychologie (Fundus-Bücher, Bd. 144), Dresden: Verlag der Kunst, 1996.
Wyss 1995
Beat Wyss, "Die Zukunft des Schönen", in: Kursbuch (Die Zukunft der Moderne), 1995, H. 122, S. 1-10.
Wyss 1996
Beat Wyss, Der Wille zur Kunst. Zur ästhetischen Mentalität der Moderne,
Köln: DuMont, 1996.
Wyss 1997
Beat Wyss, Die Welt als T-Shirt: Zur Ästhetik und Geschichte der Medien,
Köln: DuMont, 1997.
Young 1966
Edward Young, Conjectures on original composition, Leeds: Scolar Press,
1966 [Reprint von: Conjectures on original composition, London: A. Millar, 1759].
Young 1998
Edward Young, "Chronologie", in: Robert Rauschenberg. Retrospektive [Ausstellungskatalog: New York, Solomon R. Guggenheim Museum, Houston, Menil
Collection, Contemporary Arts Museum und The Museum of Fine Arts,Köln,
Museum Ludwig und Guggenheim Bilbao Museoa, 1997/99], hrsg. von Walter
Hopps und Susan Davidson, New York und Ostfildern-Ruit: Guggenheim Museum
und Hatje, 1998, S. 550-591.
Zacharopoulos 1985
Denys Zacharopoulos, "Die Figur des Werkes", in: Gerhard Richter, hrsg.
von Ulrich Loock und Denys Zacharopoulos, München: Verlag Silke Schreiber, 1985, S. 7-80.
Zänker 1991
Jürgen Zänker, "Pop-Dialoge", in: Kunstforum International, 1991, Bd.
111, S. 110-119.
Zbikowski 2000
Dörte Zbikowski, "Polkes Wege zur Erneuerung der Kunst", in: Sigmar Polke. Werke aus der Sammlung Froehlich [Ausstellungskatalog: Karlsruhe, Museum für neue Kunst, zkm, 2000/2001], hrsg. von Götz Adriani, OstfildernRuit: Hatje Cantz, 2000, S. 115-128.
Zilsel 1972
Edgar Zilsel, Die Entstehung des Geniebegriffs. Ein Beitrag zur Ideengeschichte der Antike und des Frühkapitalismus, Hildesheim/New York: Georg
Olms Verlag, 1972 [Reprint von: Die Entstehung des Geniebegriffs. Ein
Beitrag zur Ideengeschichte der Antike und des Frühkapitalismus, Tübingen: Verlag J. C. B. Moor, 1926].
Zuschlag 2001
Christoph Zuschlag, Meta-Kunst. Kunst über Kunst seit 1960, 2001 [Habil.:
Heidelberg, Ruprecht-Karls-Universität].
Zuschlag 2002
Christoph Zuschlag, "Vom Kunstzitat zur Metakunst. Kunst über Kunst im
20. Jahrhundert", in: Wettstreit der Künste. Malerei und Skulptur von Dürer bis Daumier [Ausstellungskatalog: München, Haus der Kunst und Köln,
252
Wallraf-Richartz-Museum, 2002], hrsg. von Ekkehard Mai und Kurt Wettengl,
Wolfratshausen: Edition Minerva, 2002, S. 170-189.
Zweite 1989
Armin Zweite, "Gerhard Richters 'Atlas der Fotos, Collagen und Skizzen'",
in: Gerhard Richter. Atlas [Ausstellungskatalog: München, Städtische Galerie im Lehnbachhaus, Köln, Museum Ludwig, 1989/1990], hrsg. von Fred
Jahn, München: Verlag Fred Jahn, 1989, S. 7-20.
253