Die Sanierungsprojekte im Einzelnen

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Die Sanierungsprojekte im Einzelnen
Hessisches Ministerium
für Wissenschaft und Kunst
Landesamt für Denkmalpflege Hessen
Die Neuordnung der Museumslandschaft Kassel
Die Grundinstandsetzung und der Wiederaufbau der Löwenburg sind Teil der
Neugestaltung der Museumslandschaft Kassel. Die Neuordnung dieser Museumslandschaft – ein einmaliges Ensemble von acht kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen an fünf Museumsstandorten und Museumsschlösser mit historischen Parkanlagen in Kassel und Calden-Wilhelmsthal – ist das
ehrgeizigste Kulturinvestitionsvorhaben in Hessen und zugleich eines der
größten in Deutschland. Die Verwirklichung dieses Schlüsselprojekts der
Stadt- und Landesentwicklung finanziert das Land mit 200 Millionen Euro. Die
Stadt Kassel trägt 20 Millionen Euro bei.
Ziel der Neustrukturierung ist es, Kassel zu einem der bedeutendsten Standorte für Museen, Schlösser und historische Gärten in Deutschland zu entwickeln und sich damit national und international zu positionieren. Gleichzeitig
dient das Vorhaben dazu, das von den Kasseler Fürsten über Jahrhunderte
hinweg geschaffene Erbe von Kunst und gestalteter Natur zu sichern. Kassel
erfährt damit eine Aufwertung als kulturelles Zentrum im Herzen Deutschlands, die weit über das heute schon bedeutende Ereignis documenta hinausgeht.
Die Sanierungsprojekte im Einzelnen:
Grundinstandsetzung des Herkulesbauwerks:
Das Herkulesbauwerk hat wie kein anderes Baudenkmal der Stadt Kassel identitätsstiftende Bedeutung. Das
auf dem Bergrücken des Habichtswaldes errichtete
Monument ist von allen Standorten des Kasseler Beckens aus sichtbar. Die Instandsetzung wurde 2006 mit
der Restaurierung der Herkulesfigur eingeleitet, die
2008 erfolgreich abgeschlossen wurde. In mehreren
Bauabschnitten erfolgt seitdem die Grundinstandsetzung und Restaurierung des monumentalen Oktogons
und der östlich aufgesetzten Pyramide. Neben der statischen Ertüchtigung gefährdeter Bauteile steht dabei
vor allem die Restaurierung und Konservierung des
witterungsanfälligen Tuffsteinmauerwerks im Vordergrund. Die aktuellen Arbeiten stehen in der Tradition
zahlreicher Sicherungsmaßnahmen des Bauwerks. Seit
seiner Errichtung musste das Denkmal immer wieder
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Adolphs
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instand gesetzt und konstruktiv gesichert werden. Sein
Bestand ist durch das gewählte Baumaterial – einen
einheimischen, witterungsanfälligen Tuffstein – sowie
einen kritischen Baugrund immer wieder gefährdet. Die
exponierte Lage und seine offene Konstruktion machen
den Bau darüber hinaus anfällig gegenüber Witterungseinflüssen. Bedingt durch seine Konstruktion und das
verwendete Baumaterial konnte und kann das Herkulesbauwerk nicht dauerhaft saniert werden. Mit den aktuellen Arbeiten wird jedoch abermals die Erhaltung des
Denkmals für einen unbestimmten Zeitraum sichergestellt. Eine anschließende kontinuierliche Bauunterhaltung kann die nächste turnusmäßige Instandsetzung
um mehrere Jahrzehnte hinauszögern. Deshalb ist die
Einrichtung einer Bauhütte mit einem „Herkulesbaumeister“ denkmalpflegerisch sinnvoll und wirtschaftlich
vorteilhaft.
Grundinstandsetzung des Ballhauses:
Das in seiner ursprünglichen Fassung als Erstlingswerk
von Leo von Klenze errichtete Theater, das nur wenige
Jahre später durch Johann Conrad Bromeis zum heutigen Ballhaus umgebaut wurde, bedarf der Sicherung.
Neben der Instandsetzung der äußeren Gebäudehülle
werden die historischen Innenräume einer behutsamen
konservatorischen und restauratorischen Bearbeitung
unterzogen. Die überalterte Gebäudetechnik wird soweit modernisiert, dass der Ballsaal als prachtvollster
Innenraum Kassels auch in Zukunft für hochwertige
Veranstaltungen zur Verfügung stehen wird.
Neukonzeption von Schloss Wilhelmshöhe:
Für Schloss Wilhelmshohe liegt ein museologisches
Gesamtkonzept vor. Dadurch wird die inhaltliche Basis
für eine stärkere Positionierung des international renommierten Museumsstandortes in Kassel gelegt. Alle
sekundären Nutzungen wie Lagerflächen, Werkstätten
und Büros sollen aus dem Schloss ausziehen, um attraktiven Ausstellungsflächen Platz zu machen. Das
Schloss soll in seiner Gesamtheit den Besuchern zur
Verfügung stehen. Der Weißensteinflügel und der angrenzende südliche Verbinderbau von Schloss Wilhelmshöhe werden grundlegend instand gesetzt. Ein
Schwerpunkt liegt auf der Restaurierung der nahezu
vollständig erhaltenen Ausstattung des späten 18. und
frühen 19. Jahrhunderts, auf der Verbesserung der
raumklimatischen und bauphysikalischen Verhältnisse
im Gebäude sowie auf der Modernisierung der technischen Infrastruktur. Mittelfristiges Ziel ist es, das Erdund das erste Obergeschoss mit ihren historischen
Schauräumen entsprechend der historischen Inventare
wiedereinzurichten und den Besuchern als Museumsschloss zu präsentieren. Das zweite Obergeschoss, in
dem sich zuletzt Verwaltungsräume befanden, wird zukünftig für museale Ausstellungen genutzt werden.
Besucherzentren Herkules und Wilhelmshöhe:
Als westliches und als östliches „Eingangstor“ zur Museumslandschaft sollen die beiden Besucherzentren am
Herkulesbauwerk und am Fuß des Bergparks im ehemaligen Stationsgebäude dem Besucher zu verdeutlichen, dass er hier eine „andere Welt“ mit ganz besonderem Stellenwert betritt, die in bewusstem Kontrast
zum städtischen Leben steht. Außerdem bieten die Besucherzentren den Service, den ein Besucher heute
von einer Kultur- und Freizeiteinrichtung erwarten darf.
Sie nehmen die Gäste in Empfang und bieten Informationen zu den Museen, Schlössern, Gartenanlagen und
Wasserkünsten mit ihren vielfältigen Angeboten, ergänzt um einen Shop für den Verkauf von Eintrittskarten, Informationsmaterial und Souvenirs. Das historische Stationsgebäude am Endpunkt der Straßenbahnlinie übernimmt die Aufgabe des Besucherzentrums Wilhelmshöhe am östlichen Parkeingang. Der
Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete Bau wurde von
jüngeren Einbauten befreit und dem Ursprungszustand
weitgehend angenähert. Es ist 2008 eröffnet worden.
Der jetzige Entwurf für das Besucherzentrum am Herkules des Büros Volker Staab (Berlin) ist das Ergebnis
einer intensiven Abstimmung mit dem Welterbeworkshop, da der Neubau an einer sensiblen Stelle des
Nominierungsgebietes errichtet wurde. Die Fertigstellung des Besucherzentrums Herkules erfolgte 2011.
Grundinstandsetzung der Wasserwege:
Die Wasserkünste im Bergpark Wilhelmshöhe sind ohne Zweifel die bedeutendste touristische Attraktion, die
Kassel seinen Besuchern zu bieten hat – und dies
schon seit fast 300 Jahren. Außer einem offensichtlichen Sanierungsbedarf an den Großbauwerken des
Wassers, etwa dem Steinhöfer Wasserfall, dem Neuen
Wasserfall oder der barocken Großen Kaskade mit den
Vexierwasserspielen unterhalb des Herkulesbauwerks,
gibt es an den unzähligen Wasserläufen im Park eine
Vielzahl von kleineren Schäden, die ebenfalls nach einer grundlegenden Instandsetzung verlangen. Mit den
zunächst zur Verfügung gestellten Mitteln können die
akuten Schäden, die einen Weiterbetrieb der Wasserkünste derzeit gefährden, behoben werden. Die Instandsetzung des Steinhöfer Wasserfalls, des Aquädukts, der Peneuskaskaden konnten bereits abgeschlossen werden. Arbeiten an der barocken Großen
Kaskade und an der Vexierwassergrotte haben inzwischen begonnen. Eine Sonderstellung genießt der
Neue Wasserfall. Er ist der jüngste und zugleich größte
Wasserfall im Park und bildet gestalterisch wie geschichtlich den Abschluss der Wasserkünste. Er war bis
1943 funktionsfähig. Sein Zulaufsystem ist ebenso
weitgehend erhalten, wie der Wasserfall selbst. Als integraler Bestandteil der Wasserkünste wird das Ziel
verfolgt, diesen Wasserfall wieder instand zu setzen
und regelmäßig zu betreiben.
Neuorganisation und Grundinstandsetzung des
Marstallgeländes:
Der nördlich von Schloss Wilhelmshöhe gelegene Ökonomiebereich mit Marstall und Reithalle war historisch
der Versorgungskomplex für den Schlossbetrieb. Heute
existiert dort eine gewachsene Mischnutzung aus Gartenbetrieb, Wohnungen, Werkstatten, Hotel, Café und
Lagerflächen. Viele dieser modernen Nutzungen sind
dem historischen Ensemble abträglich, da sie sich nur
noch schwer in das historische Raumgefüge eingliedern
lassen und Schäden an der Substanz verursachen.
Zugleich werden die Flächen im Kirchflügel und nördlichen Verbinderbau von Schloss Wilhelmshöhe weitgehend als Büro- beziehungsweise Arbeits-, Lager- und
Technikräume durch die Museumsverwaltung genutzt.
Diese Räume sind als erweiterter Ausstellungsbereich
sehr viel angemessener zu verwenden. Daher wird eine
weitest mögliche Verlagerung der Sekundärnutzungen
in das Marstallgelände angestrebt; wodurch der historische Versorgungskomplex für das zentrale Schloss
eine moderne Neuinterpretation erfahrt. Dafür sind fol-
gende Teilprojekte vorgesehen:
Neubau des Gartenbetriebshofs:
Es wurde unter Abwägung aller Möglichkeiten entschieden, einen Gartenbetriebshof an anderer Stelle
einzurichten, der sowohl den Bedingungen des Maschinenbetriebs als auch den heutigen Anforderungen an
die Gestaltung von Arbeitsplatzen gerecht wird. Nach
intensiven Voruntersuchungen, fiel eine Entscheidung
zugunsten eines Neubaus auf dem Gelände des Parkplatzes an der Ochsenallee. Der Standort, dessen
Auswahl von der Expertenrunde im Welterbeworkshop
intensiv begleitet wurde, integriert die Anlage denkmalgerecht in den Bergpark. Gleichzeitig wird sie aber bewusst nicht „versteckt“, da der Ökonomiebereich auch
historisch immer fester Bestandteil des Gartens war
und Besucher der Anlage sehen sollen, dass er ein
notwendiges Element zur Pflege und zum Erhalt des
Bergparks darstellt. Durch den Neubau des Gartenbetriebshofs außerhalb des Marstallgeländes können alle
für den Gartenbetrieb Wilhelmshöhe notwendigen Einrichtungen aus den historischen Gebäuden ausgegliedert werden. Damit besteht die Chance, den Gartenbetrieb nach modernsten betrieblichen, wirtschaftlichen,
denkmalpflegerischen und ökologischen Gesichtspunkten zu organisieren.
Instandsetzung und Ausbau der Reithalle:
Das klassizistische Gebäude neben dem Marstall soll
instand gesetzt, restauriert und mit Hilfe minimaler baulicher Verbesserungen zu einem multifunktionalen Ort
für Veranstaltungen ausgebaut werden. Für größere
Konzerte, Theateraufführungen oder museumspädagogische Aktivitäten wird dadurch ein attraktiver Raum
geboten, den es in dieser Form und Größe in Kassel
noch nicht gibt. Durch die behutsame, denkmalgerechte
Restaurierung und Instandsetzung wird die Reithalle
aber den Charakter einer „Konzertscheune“ (Sommernutzung) behalten.
Instandsetzung und Ausbau des Marstalls:
In einem weiteren Schritt ist die Sanierung des eigentlichen Marstallgebäudes vorgesehen. In den drei Gebäudeflügeln sollen die sekundären Funktionen untergebracht werden, die neben den Ausstellungsräumen
eine Schnittstelle zwischen der Museumslandschaft
Hessen Kassel und der Öffentlichkeit darstellen: Dazu
zählen neben der öffentlichen Präsenzbibliothek und
der Graphischen Sammlung auch die Arbeitsplätze der
Wissenschaftler und des Direktionsstabes. Zudem ist
genügend Fläche vorhanden, um das Depot der Gemäldegalerie mit den Restaurierungswerkstatten hierher zu verlagern.
Herrichtung des ehemaligen Postgebäudes:
Das aus preußischer Zeit stammende Postgebäude am
Schloss Wilhelmshöhe wurde im Inneren für die Museumspädagogik hergerichtet und im Mai 2007 eröffnet.
Die Fassade wurde 2009 nach historischem Vorbild
restauriert. Auch die Neugestaltung der Außenanlagen
ist erfolgt.
Instandsetzung und Wiederaufbau der Parkarchitekturen:
Die erhaltenen kleinen Staffagebauten des späten 18.
und frühen 19. Jahrhunderts im Bergpark Wilhelmshohe
sollen gemäß ihrem historischen Zustand instand gesetzt und wiederhergestellt werden. Als künftige Maßnahme ist geplant, die Standorte verloren gegangener
Gartenarchitekturen kenntlich zu machen, um den Besuchern auch die geistesgeschichtliche Bedeutung des
Parks nahe zu bringen.
Sanierung der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung:
Das Leitungsnetz der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung ist im oberen Bereich des Bergparks
Wilhelmshohe einschließlich der zugehörigen technischen Anlagen überaltert und schadhaft. Beginnend am
Herkulesplateau werden die Anlagen in mehreren Bauabschnitten erneuert.
Verkehrserschließung:
Die teilweise extreme Hanglage, die den Schöpfern erst
die grandiose Inszenierung der Wasserkünste ermöglichte, ist gleichzeitig die größte Herausforderung für
ihre Wahrnehmung. Im Rahmen der engen Zusammenarbeit hat die Stadt Kassel ein Konzept zur äußeren und inneren Erschließung des Bergparks ausgear-
beitet. Neben der Aufnahme und Lenkung der Besucher
ist vor allem auch Verkehr in den Eingangszonen neu
zu ordnen.
Umgestaltung des Herkulesplateaus:
Das Herkulesplateau, das derzeit in Verlängerung der
Kommunalstraße durch eine Buswendeschleife zerschnitten und durch asphaltierte Wegeflächen in seiner
Wahrnehmbarkeit als Bestandteil des Parks gestört
wird, soll gestalterisch beruhigt werden.
Umgestaltung der Tulpenallee:
Für den unteren, östlichen Bereich des Bergparks ist im
Rahmen eines freiraumplanerischen Wettbewerbs ein
neuer Gestaltungsvorschlag entwickelt worden. Dieser
umfasst die Neugestaltung der Tulpenallee, die landschaftsgerechte Neuorganisation der Parkplatzanlage
an der Ochsenallee und die Umgestaltung der Übergänge am historischen Stationsgebäude sowie am
Schlossplateau.
Verbesserung der vorhandenen Parkgastronomie:
Seit dem 19. Jahrhundert ist ein gastronomisches Angebot im Bergpark belegt. Das vorhandene gastronomische Angebot im Bergpark soll nach heutigem Standard, der historischen Qualität des Areals angemessen
und unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Anforderungen weiter aufgewertet werden. Für die Kaskadenwirtschaft sind die Erneuerung der technischen
Infrastruktur, die Instandsetzung der Nebengebäude
und die Neugestaltung des Umfelds geplant. Das historische Gebäude der Alten Wache ist in einem ersten
Bauabschnitt teilsaniert worden, wobei der Schwerpunkt zunächst auf der Instandsetzung des Kellers, der
Hauptfassade und der vorgelagerten Terrasse liegt.
Eine spätere Grundinstandsetzung ist geplant.
Bauunterhaltung:
Außerhalb des Gesamtprojektes zur Neuordnung der
Museumslandschaft Kassel werden im Bergpark Wilhelmshohe zahlreiche weitere Instandhaltungen und
Instandsetzungen aus dem Budget der Museumslandschaft Hessen Kassel oder aus den Mitteln der Bauunterhaltung finanziert. Neben den regelmäßig wiederkehrenden Gartenpflege-, Bauunterhaltungs- und Renovierungsarbeiten ist an größeren Projekten unter anderem
die Instandsetzung der Wohngebäude im Mulang zu
erwähnen. Kleinere Parkstaffagebauten wie die Pagode
oder der Apollotempel wurden bereits vor einigen Jahren restauriert.