Kultur Korea - Koreanisches Kulturzentrum
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Kultur Korea - Koreanisches Kulturzentrum
Kultur Korea 한국문화 SPEZIAL: FAMILIE UND PARTNERSCHAFT IN KOREA Die koreanische Familie: Aufbruch, Umbruch – und dann? Adler, Wildgänse und Pinguine: das schwere Los koreanischer Väter Liebe Grüße aus Pjöngjang Ausgabe 4/2011 Titelbild: Felix Park Felix Park arbeitet als Fotograf und Ausstellungsmacher zurzeit in Seoul. Er kuratierte mehrere Ausstellungen in Galerien in Deutschland und Korea sowie im Koreanischen Kulturzentrum Berlin. Seine Portraits von Berliner Galeristen präsentierte er am Stand des Landesverbands Berliner Galerien auf der Korea International Art Fair (KIAF) 2008 in Seoul. Im Rahmen seines Doljabee-Projekts porträtierte er zwischen 2009 und 2010 Berliner Familien mit einjährigen Kindern. Zusätzlich wurden Interviews mit den Eltern - die meisten mit einem Migrationshintergrund geführt, um sie nach ihren Wünschen und Erwartungen im Hinblick auf die Entwicklung ihres Nachwuchses zu befragen. Eine Auswahl der Fotografien erscheint in dieser Ausgabe von Kultur Korea. Foto: privat Die einjährige Anais (rechts) mit ihrer Schwester Yumi und ihren Eltern Chul-Young und Severine zu Hause in Berlin-Charlottenburg. Die Aufnahme entstand 2010 im Rahmen der Doljabee-Serie des Fotografen. EDITORIAL Vollziehung der Ahnenriten im Kreise der traditionellen Großfamilie, erste Hälfte des 20. Jahrhunderts Nicht nur in westlichen Gesellschaften ist eine zunehmende Auflösung traditioneller Familienwerte zu verzeichnen – auch in asiatischen Ländern wie Korea, die gemeinhin als sehr traditionsverbunden gelten, hat diese Entwicklung längst Einzug gehalten. Während die koreanische Familie 1975 durchschnittlich noch 5,0 Mitglieder hatte, verfügte sie 2005 nur noch über 2,9 Mitglieder.1 Die traditionelle Großfamilie wird immer seltener. So stieg die Zahl der nur aus einem Elternpaar und Kindern bestehenden Kernfamilien zwischen 1975 und 2005 von 70,5 auf 82,7 Prozent. Aufgrund hoher Scheidungsraten und veränderter Lebensgewohnheiten hat auch die Zahl der Alleinstehenden und Alleinerziehenden deutlich zugenommen. Betrug der Anteil der Singles 1985 noch 6,9 Prozent, lag er 2005 schon bei 20 Prozent. Die Zahl der Haushalte von Alleinerziehenden erhöhte sich von 848.000 (1985) auf 1,37 Mio. Haushalte (2005). Die einst ethnisch höchst homogene Gesellschaft Koreas zeigt seit langem Tendenzen der Öffnung nach außen. 2010 lebten in Korea rund 122.000 Kinder, die aus Ehen zwischen Koreanern und Nicht-Koreanern hervorgegangen waren. Diese Beispiele belegen, dass sich die koreanische Gesellschaft im Wandel befindet. In dieser Ausgabe unseres Magazins möchten wir uns verschiedensten Aspekten dieses Transformationsprozesses widmen, die Ursachen aufspüren und ein möglichst vielschichtiges Bild moderner Familien und Partnerschaften in Korea vermitteln, die heute vor vielerlei neuen Herausforderungen stehen. Wir wünschen Ihnen einen schönen Herbst und viel Freude beim Lesen! Foto: Sooeun Lee Die Mitarbeiter des Koreanischen Kulturzentrums 1 Quelle aller Statistiken: http://english.mogef.go.kr/sub02/sub02/sub02_61.jsp 1 INHALT 1 EDITORIAL 2 INHALT GESELLSCHAFT 4 Die koreanische Familie und Jugend im Wandel der Zeit von Tobias Lehmann 7 Ehe-Arrangements. Organisierte ‚Nachhilfe‘ auf der Suche nach dem großen Glück von Dr. Stefanie Grote 9 Adler, Wildgänse und Pinguine: das schwere Los koreanischer Väter von Gesine Stoyke 12 Scheiden tut weh. Ehen in Auflösung von Dr. Stefanie Grote 14 Die koreanische Familie: Aufbruch, Umbruch – und dann? von Anneliese Stern-Ko 16 Wenn einer einen Partner sucht – Single sein in Südkorea von Malte E. Kollenberg & Fabian Kretschmer KALEIDOSKOP 18 Liebe Grüße aus Pjöngjang von Anne Schneppen 20 „Korea ist (…) das OECD-Land mit dem am schnellsten wachsenden Ausländeranteil“, Interview mit Jungyeol Kim von Gesine Stoyke 23 Deutsch lernen in Familien auf Zeit. „Bildungsurlaub“ vom koreanischen Schulstress von Bodo Hartwig 26 “Shocking Family“/„Anti-Family Documentary“ von Dr. Stefanie Grote 27 Kleiner Wegweiser durch den Dschungel koreanischer Verwandtschaftsbezeichnungen von Gesine Stoyke MENSCHEN 30 „Gute Köchin, gute Schwiegertochter!“, Interview mit Sophie Bocquelet von Dr. Stefanie Grote 32 „Ich fühle mich in beiden Welten zu Hause“, Interview mit Ariane Fischer von Gesine Stoyke FOTOSERIE 34 Doljabee von Felix Park 2 KULTUR 38 Park Chan-wooks Rache-Trilogie im Kontext des modernen Kultfilms von Alexandra Schulz 41 B-Boying in Korea von Axel Altmann 43 „Wir B-Boys reisen durch die ganze Welt, tragen die koreanische Flagge vor uns her und steigern das Prestige Koreas im internationalen Ausland“, Interview mit dem koreanischen B-Boy Spring von Axel Altmann PORTRÄT 46 „Beim Theater und Film finde ich wichtig, dass alles Magie bleibt“, Interview mit Bonn Park von Dr. Stefanie Grote KOREA IM ALLTAG 49 Zukunftschance Koreanisch von Alexander Stuber 51 Koreanischer Sprachführer 52 rezept VERANSTALTUNGEN KOREANISCHES KULTURZENTRUM - RÜCKBLICK 53 Minsok-ak von Matthias R. Entreß 56 „Zur Zeit treffen sich die Familienmitglieder nicht mehr zu Hause, sondern im Internet“, Interview mit der Papierpuppenkünstlerin So Hee Kang von Gesine Stoyke 58 Die Bibimbap Backpackers von Gesine Stoyke 60 Erste deutsche K-Pop-Nacht von Esther Klung KOREANISCHES KULTURZENTRUM - VORSCHAU 62 Kurse 63 AUSSTELLUNGen 65 KONZERTe, KINO, SONSTIGES 66 BUNDESWEITE VERANSTALTUNGEN OKTOBER - DEZEMBER 2011 68 IMPRESSUM 3 GESELLSCHAFT Die koreanische Familie und Jugend im Wandel der Zeit Von Tobias Lehmann Foto: privat Familienbild im Wandel Tobias Lehmann hat es 2004 das erste Mal als Austauschstudent der Yonsei University nach Korea verschlagen. Im Jahr 2006 hat er sich, unterstützt durch ein Stipendium der Korea Foundation, für ein Magisterstudium an der Graduate School of International Studies der Sogang University in Seoul entschieden. Zudem hat er dort die koreanische Sprache gelernt. Seine Magisterarbeit hat er über die nationale Identität geteilter Nationen am Beispiel Koreas und Deutschlands geschrieben. Seit dem Abschluss seines Studiums arbeitet er als Lektor für deutsche Sprache und Kultur an koreanischen Oberschulen und Universitäten, derzeit an der Kongju National University. 4 So rasant und dynamisch sich Korea entwickelt und ständig verändert, genauso eingreifend sind die Veränderungen und Umwälzungen innerhalb der koreanischen Familienstruktur, insofern man noch von Familie nach traditionell koreanischem Muster sprechen kann. War es in der Vergangenheit üblich, in der Großfamilie mit mehreren Geschwistern aufzuwachsen, so bekommen die heutigen Paare in der Regel nur noch ein Kind – wenn überhaupt. Korea hat weltweit eine der niedrigsten Geburtenraten, sie lag im Jahr 2009 bei nur 1,2 Kindern pro Frau. Viele Kinder wachsen ohne Geschwister auf und haben daher wenig Verständnis und Zugang zum konfuzianischen Familienbild ihrer Eltern oder gar ihrer Großeltern. Die früher als lebensnotwendig erachteten Beziehungen zu ihren jüngeren und älteren Geschwistern, die Hilfe und Fürsorge für die Jüngeren sowie die Unterordnung und Loyalität gegenüber den Älteren und damit das ausgesprochen kollektive Verständnis für die Familie bricht vor allem in den Großstädten des Landes weg oder verändert sich zumindest derart, dass die einzelnen Generationen nicht mehr zusammen in einem Haus leben, sondern getrennt voneinander, häufig in Apartments. Dies verändert nicht nur den Lebensrhythmus, sondern vor allem die Beziehungen innerhalb der Familie. Es gibt weniger Kommunikation und menschliches Miteinander, die Familie rückt auseinander. Sie ist zwar weiterhin das wichtigste soziale Glied und Quelle von Sicherheit und Geborgenheit, so lautet zumindest die Rhetorik vieler Koreaner. Aber der Vater der Familie arbeitet häufig den gesamten Tag und hat höchstens am Wochenende Zeit, sich um die Familie zu kümmern, wenngleich viele Väter heute stets bemüht sind, zumindest etwas Zeit mit ihrer Kleinfamilie zu verbringen. Die oft nach patriarchalischen Prinzipien geführten Unternehmen berücksichtigen das jedoch selten. Zeit ist ein sehr kostbares Gut in Korea. Die geringe Geburtenrate stellt die koreanische Familie nicht nur vor enorme Herausforderungen, sondern stellt sie insgesamt als grundsätzliche soziale Gruppe in Frage. Das bedeutet schließlich, dass als selbstverständlich angesehene Wertvorstellungen ganz zwangsläufig überprüft und neu definiert werden. Die Gründe, warum Korea eine derart niedrige Geburtenquote hat, unterscheiden sich zum Teil nicht von anderen westlichen Industrieländern, sind aber in ihrer Zusammensetzung einzigartig. Der Wettbewerb innerhalb der Gesellschaft, insbesondere um Arbeitsplätze, ist heute so hart wie niemals zuvor. Gute Arbeitsplätze in den führenden Großunternehmen (대기 업, daegieop) sind rar gesät. Deshalb werden hohe Anforderungen an Universitätsabsolventen gestellt. Nur solche Studenten, die die höchsten Punktzahlen in der zentralen Universitätsaufnahmeprüfung (수능시험, suneungsiheom) erreichen und somit in den angesehenen Hochschulen studieren können, haben eine realistische Chance, eine in der Gesellschaft anerkannte und gut bezahlte Stelle zu finden. Sodann werden an den Uni- versitäten Beziehungen geknüpft, die für die spätere Jobsuche mindestens nützlich, wenn nicht sogar unerlässlich sind. Zudem stellen einige Unternehmer lediglich Absolventen bestimmter Universitäten ein, meistens genau jene Universitäten, an denen sie selbst ihren Abschluss gemacht haben. Durch diese Exklusivität, die aus den vielfältigen Beziehungen rührt, stehen Koreaner von Anfang an unter einem enormen Druck und müssen schon in jungem Alter viel leisten und werden daher zu Workaholics erzogen. Bildung exzessiv Foto: Sooeun Lee Ebenso sind die enormen Kosten, die für die Ausbildung der Kinder entstehen, für die ständig sinkende Geburtenrate verantwortlich – erst die Schul-, später dann die Studiengebühren, welche in den letzten Jahren explodiert sind. Vor allem der Ehemann steht unter dem ständigen Druck, seinem Kind, besonders dem Sohn, eine den heutigen Anforderungen der Globalisierung als angemessen geltende Ausbildung zu finanzieren, damit er später dem Wettbewerb standhalten kann. Zudem gehört es zum guten Ton, Englisch zu lernen und darüber hinaus im Ausland zu studieren, um sich von der Mehrheit abzuheben. Nur wenn dafür die notwendigen finanziellen Mittel vorhanden sind, kann an Familienzuwachs gedacht werden. Kinder zu bekommen, insbesondere einen Sohn, ist aber nach traditionell konfuzianischem Familienbild Voraussetzung, um die Familienlinie (혈통, Hyeoltong) fortzusetzen. Jedoch muss hierfür geheiratet werden, denn nur dann können Koreaner ohne Bedenken Kinder bekommen und passen in das Familienbild, das sie zumindest nach außen abgeben müssen. Für die Heirat wiederum sind erhebliche finanzielle Aufwendungen nötig, zum Beispiel für ein Apartment. Deshalb wird später geheiratet, und deshalb gibt es in den Familien der koreanischen Mittelschicht weniger Kinder, oft nur eins, manchmal auch gar keins. Diese den Spielregeln der koreanischen Ausprägung des Kapitalismus folgende Ökonomisierung der Familie führt dazu, dass sich eine Spirale von riesigem sozialen und psychischen Druck aufbaut, der sich die Mehrheit der Koreaner kaum entziehen und verweigern kann. Nur wer bereit und fähig ist, sich dieser Ökonomisierung anzupassen und daraus Profit zu schlagen, wird reüssieren. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Familienbild viele individualistische Züge trägt. Koreas Familienstruktur hat sich den westlichen Industrieländern angepasst und diese teilweise sogar noch übertroffen, lediglich die Art und der Grad des Zusammenhalts unterscheidet Korea vom Westen. Die Ausmaße und Auswüchse dieser Ökonomisierung sind vielen zwar bewusst, es gibt auch Empö- Feier des ersten Geburtstags 5 Illustration: Yun So-hee rung und Widerstand von der Zivilgesellschaft, doch ist dieser weniger radikal als in den 1970er und 1980er Jahren und führte bisher zu wenig Veränderungen. Nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder stehen unter einem enormen Druck. Sie müssen die Erwartungen der Gesellschaft und ihrer Eltern durch entsprechende Noten in der Schule und in der Universität erfüllen. Daran orientieren sich ihre Wertschätzung und ihre Stellung innerhalb der Gesellschaft. Ihr Weg ist vorgezeichnet. Daher ist es für die Eltern auch so wichtig, die nötigen finanziellen Mittel aufzubringen, um diesen Weg, entsprechend der gesellschaftlichen Anforderungen, positiv zu gestalten. Viele Eltern nehmen sogar Kredite auf oder verschulden sich für ihre Kinder. Tatsächlich ist es fraglich, ob dieser Weg für die persönliche Entwicklung des Kindes so positiv ist, wie es die Rhetorik der bildungsbesessenen Eltern oft glaub- 6 haft machen möchte. Die Kinder bauen parallel dazu selbst Druck auf, weil ihre Eltern viel für sie investiert haben, oft sogar Opfer gebracht haben. Die Öffentlichkeit schreckt wie bei einem Flugzeugunglück für einen Moment auf, wenn es wieder zu Suizidfällen kommt. Korea hat die höchste Suizidrate aller OECDLänder. Nach wenigen Tagen stehen aber schnell wieder andere, „wichtigere“ Themen im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Diese Spirale führt dazu, dass die koreanischen Jugendlichen Wege suchen, um diesen Druck zu kompensieren. So wird man als Beobachter der Jugend kaum einen Heranwachsenden treffen, der nicht eines der unzähligen, gerade als en vogue geltenden elektronischen Mediengeräte wie Handy, Smartphone oder I-Pad in den Händen hält. Viele Jugendliche sitzen oder stehen den überwiegenden Teil des Tages vor einem Bildschirm, der ihr ständiger Begleiter wird. Es ist gerade für die Oberschüler die einzige Freizeitbeschäftigung, der einzige Ausweg, die einzige Ablenkung vom tristen Alltag. Aber auch Studenten und junge Arbeitnehmer finden großen Gefallen daran, zu zeigen, dass sie ‚up to date‘ sind. Sie empfinden den Zwang, im Trend liegen zu müssen, wollen dazugehören und mithalten, wenn nicht im Kampf um einen Platz an den vermeintlich besten und vor allem prestigeträchtigsten Universitäten bzw. um einen Arbeitsplatz bei den nicht minder beliebten Jaebeols (재벌)1, dann doch zumindest als stolzer Besitzer solchen Gerätes, das diese Jaebeols produzieren. 1 Jaebeol: koreanische Bezeichnung für einen bestimmten Typus von Mischkonzern (Konglomerat) (de.wikipedia.org/wiki/Jaebeol) (Anm. d. Red.) Organisierte ‚Nachhilfe‘ auf der Suche nach dem großen Glück GESELLSCHAFT Ehe-Arrangements Von Dr. Stefanie Grote Foto: privat A Dr. Stefanie Grote, Redaktion Kultur Korea uf der Suche nach dem großen Glück bleibt es nicht immer dem Zufall überlassen, wann und wie sich zwei Menschen begegnen, um sich im Laufe ihres Kennenlernens zu entscheiden, den Bund fürs Leben zu schließen. Arrangierte Heiraten sind in Südkorea durchaus keine Seltenheit – im Gegenteil. Hierbei gilt es allerdings zwischen verschiedenen Formen des Arrangements zu unterscheiden. Eine gängige Variante ist die Vermittlung durch die Eltern, die zunächst ein Treffen zwischen den infrage kommenden Partnern organisieren. Über den weiteren Verlauf und über eine gemeinsame Zukunft entscheiden dann aber nicht die Eltern, sondern das Paar – in aller Regel nach diversen Verabredungen und einer intensiven Phase des Kennenlernens. Folglich muss eine arrangierte Ehe keinen Gegensatz zur Liebesheirat bedeuten, wenngleich die Art des Kennenlernens jener spontanen Herzensregung entbehrt, die gemeinhin als Verliebtheit bezeichnet und empfunden wird und keines äußeren Zutuns bedarf. Arrangierte Ehen erfreuen sich großer Beliebtheit, weil eine Vermählung in Korea nicht nur eine Verbindung zwischen zwei Menschen, sondern zwischen zwei Familien ist. Durch die vorherige ‚Begutachtung‘ der Braut seitens der Familie werden Einwände gegen die Heirat unwahrscheinlicher – anders, als es bei Liebesheiraten vielfach der Fall ist. Wenngleich Liebesheiraten heute eher Akzeptanz finden als vor nicht allzu langer Zeit, scheitern viele Verbindun- gen schließlich dennoch am familiären Widerstand. Wie bedeutsam die elterliche Zustimmung für die Partnerwahl ist, verdeutlichen Umfrageergebnisse, die zeigen, dass die Mehrheit junger Koreaner eher die Beziehung zu ihrem/ihrer Partner/in beenden würde, als sich gegen den Willen der Eltern zu vermählen. Mit der Suche nach einem Ehepartner wird aber häufig auch ein Heiratsvermittler beauftragt, dessen Aufgabe es ist, den Lebenslauf der Tochter/des Sohnes und die Familiengeschichte zu analysieren, um jemanden zu finden, der im Hinblick auf den gesellschaftlichen Status das angemessene Pendant bildet. Frauen suchen in aller Regel Männer mit mindestens vergleichbarem, gern auch höherem ökonomischen Status. Der umgekehrte Fall bleibt die Ausnahme. In jüngster Zeit ist es für Männer aus ländlichen Regionen zunehmend schwieriger geworden, eine Frau zu finden. Das hat nicht nur mit dem steigenden Bildungsniveau und sozialen Status von Frauen sowie mit ihrer mangelnden Bereitschaft zu tun, auf dem Land zu leben. Es ist auch das Resultat eines Männerüberschusses als Folge von SohnPräferenz und dem Eingriff in das natürliche Geschlechterverhältnis durch die seinerzeit weit verbreitete Abtreibungspraxis zu Ungunsten von Mädchengeburten. Im Ergebnis dieser Entwicklungen sind internationale Heiraten seit den 1990er Jahren in Südkorea zunehmend beliebter geworden. 2010 machten Eheschließungen mit einer Ausländerin/ einem Ausländer in Korea bereits einen 7 Anteil von 10,5 Prozent aus. 2000 waren es noch 4 Prozent gewesen. Während Eheschließungen zwischen koreanischen Frauen und ausländischen Männern weniger häufig sind, bilden koreanische Männer, die ausländische Partnerinnen suchen, die Mehrheit – aus genannten Gründen. Diese Ehen werden von Heiratsagenturen/ -vermittlern arrangiert, von denen es landesweit schätzungsweise 3.000, nicht immer legal operierende, gibt. Zwischen 1990 und 2005 kamen etwa 100.000 ethnische Koreanerinnen zwecks Heirat aus China nach Südkorea. Im Jahr 2009 wurden über 7.000 Ehen allein zwischen südkoreanischen Männern und vietnamesischen Frauen geschlossen. Manche sprechen bereits von einer „internationalen Heiratsindustrie“. Der überwiegende Teil ausländischer Ehepartnerinnen kommt aus ärmeren Regionen Südost- oder Zentralasiens, aus China, Vietnam und von den Philippinen. In den letzten Jahren hat sich das Spektrum der Nationalitäten um Frauen aus Russland und Usbekistan erweitert. Die Aussicht auf ein besseres Leben erhöht ihre Bereitschaft, in Südkorea zu leben und sich der neuen Umgebung anzupassen. Sie gelten als anpassungsfähiger, familienorientierter und loyaler als wohlhabendere Frauen. fehlender Verständigungsmöglichkeiten aufgrund von Sprachbarrieren. Der vielfach niedrige soziale Status der ausländischen Frauen erleichtert koreanischen Männern mit geringer Qualifikation, niedrigem Einkommen oder physischen Beeinträchtigungen die Suche, erfordert andererseits aber auch politische Antworten. Mit der Etablierung des internationalen Heiratsmarktes erhielt das Thema gesellschaftliche Relevanz - nicht zuletzt, weil es eine signifikante Veränderung bedeutet für ein Land, das lange Zeit durch ethnische Homogenität geprägt war. Die Regierung sah sich veranlasst, durch Gesetzesänderungen und politische Maßnahmen auf diesen Wandel und diese Herausforderungen zu reagieren. 2007 verabschiedete die südkoreanische Regierung ein Gesetz zur Bekämpfung skrupelloser Heiratsvermittler, die Frauen als Sex-Objekte anbieten. Des Weiteren gewährt die Regierung jenen Frauen die südkoreanische Staatsangehörigkeit, die infolge von Gewalterfahrungen von ihren Ehemännern geschieden wurden – um nur zwei Beispiele zu nennen. Der internationale Heiratsmarkt boomt und wird in U-Bahn-Höfen und anderen öffentlichen Räumen beworben. Es mag der Eindruck entstehen, als ebnete die Vermählung zwischen weniger Privilegierten den Weg ins Glück, aber es bleibt eine pragmatische Lösung auf gesellschaftliche Problemlagen und entwickelt sich im günstigsten Fall zu dem, was eine Ehe idealtypischerweise begründen sollte – Liebe nämlich. Quellenauswahl: http://www.usatoday.com/news/world/2008-0227-brides_N.htm http://www.cct.go.kr/data/acf2006/multi/multi_0303_Hye%20Kyung%20Lee.pdf http://www.nytimes.com/2007/02/22/world/ asia/22brides http://www.womensviewsonnews.org/2010/08/ concerns-for-vietnamese-brides-seeking-newlife-in-south-korea/ http://www.chr.gov.ph/MAIN%20PAGES/ about%20hr/advisories/pdf_files/abthr008.pdf Die koreanische Regierung hat diesen Trend zur Heiratsmigration nach Korea unterstützt und viele Frauen aus China an koreanische Männer in ländlichen Regionen vermittelt. In einigen Gebieten mit starkem Bevölkerungsrückgang werden Auslandsreisen zum Zweck der Brautschau, Heirat und Erhöhung der Geburtenrate mittlerweile sogar von den Lokalregierungen finanziell unterstützt. Heiratswillige Männer suchen in wenigen Stunden eine der infrage kommenden Frauen im Ausland aus, die Eheschließung erfolgt noch am selben Tag – ungeachtet Illustration: Yun So-hee 8 Von Gesine Stoyke Foto: privat D Gesine Stoyke, Redaktion Kultur Korea er Wettlauf um die beste Bildung – darunter auch insbesondere die Aneignung möglichst perfekter Englischkenntnisse - beginnt in Korea bereits im Vorschulalter, kaum dass die Kinder dem Säuglingsalter entwachsen sind und mündet in die Universitätsaufnahmeprüfungen, deren erfolgreiches Bestehen darüber entscheidet, ob die Schüler in die Ränge der so genannten SKY-Universitäten - die Seoul National University (S), die Korea University (K) oder die Yonsei University (Y) aufgenommen werden und sich fortan zur Elite der koreanischen Gesellschaft zählen dürfen. Der Druck, bei den Universitätsaufnahmeprüfungen gute Ergebnisse zu erzielen, ist immens: Junge Koreaner arbeiten quasi während ihrer gesamten schulischen Laufbahn auf die Prüfungen hin. Da vielen Eltern der Regelunterricht als alleinige Vorbereitung auf die Prüfungen nicht ausreicht, haben private Nachhilfeinstitute (koreanisch: 학원, Hakwon) zunehmend an Bedeutung gewonnen. 2009 existierten in Korea rund 28.000 solcher privaten Einrichtungen, die einen jährlichen Umsatz von ca. 15 Mrd. US-Dollar erzielten. Die Preise einzelner Institute variieren, wobei die renommiertesten ab 1.000 US-Dollar pro Schulfach monatlich verlangen. In Sorge darüber, ob ihre Kinder in koreanischen Schulen trotz zusätzlichen Nachhilfeunterrichts ausreichende Englischkenntnisse erwerben, sind viele koreanische Eltern dazu übergegangen, ihren Nachwuchs in zunehmend jüngerem Alter zum Schulbesuch ins englischsprachige Ausland zu schicken, um ihm einen möglichst frühen Zugang zur englischen Sprache zu ermöglichen. So setzen die Eltern statt teurer Englischnachhilfestunden im eigenen Land gleich auf eine komplette schulische Ausbildung im Ausland. Während ursprünglich vor allem sehr wohlhabende Familien ihre Kinder in die USA sandten, sind in den letzten Jahren viele Mittelklassefa- GESELLSCHAFT Adler, Wildgänse und Pinguine: das schwere Los koreanischer Väter milien ihrem Beispiel gefolgt, die allerdings weniger kostspielige Destinationen wie Kanada, Australien oder Neuseeland bevorzugen. Die Kinder - meist zu jung, um ohne Erziehungsberechtigten im Ausland zu leben – werden von den Müttern begleitet. Die Väter, die den mehrjährigen Bildungsaufenthalt von Frau und Kindern finanzieren müssen und ihre Familien nur selten zu Gesicht bekommen, bleiben allein in Korea zurück. Dieses gesellschaftliche Phänomen, das in dieser starken Ausprägung weltweit seinesgleichen sucht, ist in Korea inzwischen derart verbreitet, dass sich für die koreanischen Väter, die sich für die Bildung ihrer Kinder aufopfern, unterschiedliche Bezeichnungen herausgebildet haben - je nach ihren finanziellen Mitteln und der Möglichkeit, zu ihrer Familie im Ausland zu fliegen. Ganz oben in der Hierarchie steht der „Adler-Vater“ (독수리 아빠, Doksuri-Appa), benannt nach dem Adler, der zur Gattung der Greifvögel zählt und dank seines majestätischen, eindrucksvollen Aussehens sowohl in der griechischen Mythologie als auch auf vielen Wappen auftaucht. Der Adler hat eine durchschnittliche Fluggeschwindigkeit von 50 bis 60 km/h; im Sturzflug erreicht er sogar 250 bis 300 km/h. Der koreanische „Adler-Vater“ strahlt wie sein tierisches Pendant Macht aus und ist finanziell gut gestellt. Je nach Lust und Laune kann er ins Flugzeug steigen, wenn er Frau und Kinder vermisst, um sie an ihrem ausländischen Wohnort zu besuchen. Umgekehrt lässt er sie in den Schulferien zu sich nach Korea kommen. Die Wildgans kann pro Stunde ca. 60 km zurücklegen, unter Ausnutzung der Windgeschwindigkeit bringt sie es sogar auf bis zu 140 km/h. Sie ist ein Zugvogel, den es im Winter gewöhnlich in wärmere Gefilde zieht. Nach ihr ist der „Wildgänse-Vater“ (기러기 아빠, 9 Gireogi-Appa) benannt, der nicht so wohlhabend wie der Adler-Vater ist, es sich aber immerhin leisten kann, ein oder zwei Mal im Jahr an den Feiertagen zu seiner Familie im Ausland zu reisen, ähnlich wie die Wildgans, die saisonal in den Süden fliegt. Der „Pinguin-Vater“ (펭귄 아빠, Penguin-Appa) fristet dagegen ein trauriges Dasein, denn er hat nicht die finanziellen Mittel für ein Flugticket. Deshalb kann er sich nicht in die Lüfte erheben, genau wie sein flugunfähiges Vorbild aus dem Tierreich, dessen Flügel zu Flossen umgebildet sind. Aufgrund seiner besonderen Anatomie – kurze Oberschenkel, starres Kniegelenk und stark nach hinten versetzte Beine – macht der Pinguin eine etwas traurige Figur und bewegt sich an Land meist in einem unbeholfenen wirkenden, aufrechten Watschelgang voran. Der koreanische „Pinguin-Vater“ ist ebenfalls ein trauriger Vertreter seiner Gattung, der seine Familie zuweilen mehrere Jahre in Folge nicht sieht und den Kontakt nur über Internet und Telefon aufrechterhält. Seltener verwendet wird der Begriff des „Enten-Vaters“ (오리 아빠, Ori-Appa) dessen Kinder in Korea leben und der unter der Last steigender Kosten für private Nachhilfeinstitute und teure Oberschulen „quakt und kreischt“ wie eine Ente. Entsprechend lassen sich auch die im Ausland lebenden koreanischen Mütter je nach Finanzkraft des Ehemannes in „Adler-„, „Wildgänse-„ und „PinguinMütter“ einteilen. Die verwöhnte „AdlerMutter“ wohnt mit ihren Kindern nicht selten in einer vom Ehemann erworbenen Immobilie und fährt einen luxuriösen Oberklassewagen. Ihre Freizeit verbringt sie gern mit Golfspielen und Einkaufen, und sie kann engen Kontakt zum Ehemann halten. Am anderen Ende der Skala steht die „Pinguin-Mutter“, die sehr bescheiden lebt und mit wenig Geld auskommen muss. Sie sieht den eigenen Partner fast nie und ist bei der Betreuung der Kinder und in allen wichtigen Erziehungsfragen weitgehend auf sich allein gestellt. Visabestimmungen erlauben es meist nicht, dass die Frauen im Ausland eine Arbeit aufnehmen, so dass sie ausschließlich auf die finanzielle Unterstützung des Partners angewiesen sind. 2009 lebten rund 18.118 koreanische Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter im Ausland, um dort eine Schule zu besuchen (Korea National Statistical Office, KNSO). Auch die Situation der Pinguin-Mütter ist nicht einfach, aber es sind insbesondere die Pinguin-Väter, die unter ihrem Zustand leiden. Traditionell daran gewöhnt, von einer Ehefrau umsorgt zu werden, fällt den meisten dieser koreani- Illustration: Yun So-hee 10 schen Männer das plötzliche Alleinsein besonders schwer. Dong-hyeon Kim, ein typischer Pinguin-Vater, lebt in Seoul in einem Officetel, einem Gebäude mit kleinen Wohneinheiten, die als Apartments oder Büros genutzt werden können. Sein Zimmer ist nicht größer als sieben Pyeong (ca. 23qm). Obwohl er beruflich voll ausgelastet ist, übernimmt er noch zusätzliche Übersetzungsarbeiten, um ein wenig dazuzuverdienen für Ehefrau und Kinder im Ausland. Bald steht ein großer koreanischer Feiertag vor der Tür. Anders als andere Väter wird er eine einsame Zeit verbringen, da er seine Familie im fernen Australien wieder einmal nicht besuchen können wird. Eigentlich ist er zu einem Verwandtentreffen in Suwon eingeladen worden, aber für die Fahrt dorthin kann er keine Energie aufbringen. Seine Mutter macht sich große Sorgen um ihn, und seine Brüder kritisieren seine Lebensweise, fühlen sich aber hilflos angesichts der Situation. Dong-hyeon Kim steht für die vielen koreanischen Väter, die unter der dauerhaften Abwesenheit ihrer Familie leiden. Manche Väter sagen, dass sie sich kaum noch an die Gesichter von Ehefrau und Kindern erinnern können oder dass sie zeitweise sogar die Existenz ihrer Familie völlig vergessen. Viele dieser „Strohwitwer“ vernachlässigen ihre Ernährung und leben fast ausschließlich von westlichem Fastfood oder koreanischen Fertignudeln, um Zeit und Geld zu sparen. Andere nehmen an jedem erdenklichen geselligen Anlass teil und bekämpfen ihre Einsamkeit mit Alkohol. Wieder andere werden arbeitssüchtig und verbringen lange, solitäre Stunden im Büro, um möglichst viel Geld zu ihren Lieben in die Ferne schicken zu können. Die lange Trennung von der Ehefrau führt häufig zu Entfremdung und Affären eines oder beider Partner und endet nicht selten in der Scheidung. Die Rolle des Vaters, früher das Zentrum in einer konfuzianistisch geprägten traditionellen Gesellschaftsordnung, gerät mehr und mehr ins Wanken. Aufgrund dieser von den Betroffenen als extrem empfundenen Belastungen entwickeln manche Wildgänseund Pinguin-Väter physische Symptome wie Bluthochdruck, Diabetes, schwerwiegende Erschöpfungszustände und Herzinfarkt oder psychische Symptome wie Depressionen. Einigen fällt es zunehmend schwerer, den Sinn ihres Lebens zu erkennen. Selbstmord und plötzlicher Tod durch Herzstillstand sind in dieser Gruppe folglich häufig anzutreffen. Doch manche Gireogi- und PinguinVäter versuchen, sich aus der Isolation zu befreien. Inzwischen haben sich viele von ihnen in Internet-Foren zusammengeschlossen, und ein Großteil der Männer nimmt auch an den ein oder zwei Mal monatlich stattfindenden Mitgliederversammlungen dieser Foren teil. Vor rund einem Jahr machte eine so genannte „Date Bar“ für Gireogi- und Pinguin-Väter, die sich in einer beliebten Ausgehstraße im reichen Seouler Stadtteil Gangnam-gu befindet, auf sich aufmerksam. Dort können die Alleingelassenen für rund 100.000 Won (ca. 67 Euro) pro Stunde ihre Probleme vor einer verständnisvollen weiblichen Gesprächspartnerin ausbreiten. Auch wenn dies ein stolzer Preis ist, wird das Angebot dankbar angenommen – ein Indiz dafür, wie einsam sich diese Väter fühlen müssen. Einige machen die Mängel des koreanischen Bildungssystems für die Misere der getrennten Familien verantwortlich, andere das übertriebene Streben nach Status und Bildung in der koreanischen Gesellschaft. Insbesondere die Konservativen des Landes sehen die Frauen als treibende Kraft des „Gireogi-Phänomens“ und werfen ihnen übertriebenen Ehrgeiz vor, mit dem sie zugunsten der Ausbildung ihrer Kinder ihre Ehen zerstörten. Böse Zungen behaupten gar, dass viele koreanische Mütter den Weg ins Ausland wählen würden, um auf diese Weise der kontrollierenden Schwiegermutter zu entkommen. Um die Bildungsflucht weiterer Familien zu vermeiden, bemüht sich die jetzige Regierung um eine Reform des Schulwesens, die insbesondere auf die Verbesserung der Qualität des Englischunterrichts abzielt. Ein Wahlversprechen, nach dem bis 2010 alle Unterrichtsfächer in koreanischen Schulen auf Englisch unterrichtet werden sollten, wurde aufgrund des Protestes durch Eltern, Lehrer und Bildungsexperten nicht realisiert. Oft ist zu hören, dass die niedrigen Geburtenraten des Landes auf den erbarmungslosen koreanischen Bildungswettbewerb zurückzuführen seien, und angesichts des Schicksals der Adler-, Wildgänse- und Pinguin-Väter seufzt so mancher ledige Koreaner auf und sagt: „Ein Glück, dass ich Single bin“. Quellenauswahl: http://news.chosun.com/site/data/html_ dir/2007/05/30/2007053001048.html http://weekly.khan.co.kr/khnm.html?mode=vi ew&artid=13794&code=115 http://www.nytimes.com/2008/06/08/world/ asia/08geese.html http://www.koreatimes.co.kr/www/news/nation/2009/02/117_40060.html http://sports.hankooki.com/lpage/report/201009/sp20100903170140106190.htm http://en.wikipedia.org/wiki/Lee_Myung-bak 11 GESELLSCHAFT Scheiden tut weh Ehen in Auflösung Von Dr. Stefanie Grote B eginnen wir mit der guten Nachricht: Seit Südkorea im Jahr 2003 mit fast 167.000 Scheidungen den traurigen Rekord der gescheiterten Ehen bilanzieren musste, ist die Zahl tendenziell rückläufig. Die schlechte Nachricht ist, dass die aktuelle Scheidungsrate von 2,3 Prozent (Stand 2010)1 immer noch zu den höchsten der Welt gehört. Das ist umso erstaunlicher, als Scheidungen in Korea historisch betrachtet fast nicht existent waren und gesellschaftlich auch heute weiterhin verpönt sind. In Korea gilt die Hochzeit als wichtigstes Ereignis im Leben, und eine Scheidung wird von der Familie als Schande empfunden. Vorbehalte gegenüber Geschiedenen sind in der traditions- und familienorientierten koreanischen Gesellschaft tief verwurzelt, und Betroffene entscheiden sich nicht selten dafür, diesen Teil ihrer Vergangenheit zu verschweigen. Selbstredend hat die Moderne auch vor der Tradition nicht Halt gemacht. Südkorea hat in den letzten 40 Jahren einen vergleichbar drastischen gesellschaftlichen Wandel vollzogen, wie die Länder des Westens in Jahrhunderten. Dieser Prozess hat zur massiven Transformation traditioneller Familienwerte geführt, begleitet von einer sich rapide verändernden Einstellung zu Themen wie Heirat, Kinder und Scheidung, die nicht zuletzt in ersten signifikanten Scheidungszahlen der 1970er Jahre ihren Ausdruck fand – mit steigender Tendenz. Im Zeitraum von 1970 bis 1980 verdoppelte sich die Zahl der Scheidungen von knapp 12.000 auf knapp 24.000. Von 1980 bis 2000 weisen die Statistiken gar eine Verfünffachung der Zahlen von knapp 24.000 auf knapp 120.000 Scheidungen aus. Das durchschnittliche Heiratsalter von Frauen liegt heute bei 28,9 Jahren, von Männern bei 31,8 Jahren. Zum Zeitpunkt 12 der Scheidung sind Frauen durchschnittlich 41,1 Jahre und Männer 45 Jahre alt. Die Zahlen des Nationalen Statistikamtes Korea zeigen weiterhin, dass die Scheidungsrate unter jungen Paaren Anfang zwanzig extrem hoch ist. Wer früh heiratet, geht schneller auseinander als Paare mittleren Alters. Studien verweisen auch auf einen Zusammenhang zwischen Heiratsalter, Bildungsniveau und Scheidungsrate. Statistisch betrachtet heiraten weniger gebildete Paare jünger als Paare mit hohem Bildungsniveau. In dem Fall erhöhen beide Faktoren für sich genommen das Scheidungsrisiko – das Heiratsalter und das niedrige Bildungsniveau. Ein mittleres Heiratsalter und Höherqualifizierung erhöhen nachweislich die Stabilität einer Ehe. Interessanterweise ist das Scheidungsrisiko junger Paare vergleichbar hoch bei Paaren, die sich im hohen Alter für den Bund des Lebens entscheiden. Schließlich sind zunehmend auch bei lange verheirateten Paaren Auflösungstendenzen zu konstatieren. Die Zahl der Ehen, die nach mehr als 20 Jahren Dauer geschieden wurden, stieg im Zeitraum von 10 Jahren seit Mitte der 1990er Jahre fast um das 13-Fache. Wenngleich Erhebungen zwar grundsätzlich belegen, dass Paare mit Kindern ein erheblich geringeres Scheidungsrisiko haben als kinderlose Paare, schwächt sich die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Ehe offenbar mit der Selbstständigkeit der Kinder - mit deren Studien-/ Arbeitsbeginn oder mit deren Heirat - ab, wie Analysten vermuten. Auch mit der Auflösung der Großfamilie unter einem Dach minimierte sich der innerfamiliäre Druck, eine Ehe aufrechterhalten zu müssen. Mit der Modernisierung Südkoreas verließen immer mehr Menschen das Land und zogen in die Städte. Diese Entwicklung begünstigte die Erhöhung der Bildungschan- Zahl der Scheidungen pro Tausend 175 Grafik: Nationales Statistikamt Korea 150 125 100 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Statistische Erhebung zu Scheidungen cen für Frauen und deren Streben auf den Arbeitsmarkt. Aus dem neu gewonnenen Selbstbewusstsein leiteten Frauen zunehmend ein Recht auf persönliches Glück und den Wunsch nach einem selbstbestimmteren Leben ab, als es der Konfuzianismus für sie vorsah. Heute werden die meisten Ehen auf Initiative von Frauen hin geschieden. Mit 66,7 Prozent bilden sie eine deutliche Mehrheit gegenüber 30,6 Prozent Männern. Dieses Mehrheitsverhältnis ergibt sich jedoch auch aus der deutlichen Zunahme internationaler Ehen in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten, die aufgrund von kulturellen Differenzen oder in Ermangelung von Phasen des Kennenlernens als ‚Blitzhochzeiten‘ vielfach nicht von Dauer sind und oft von Frauen beendet werden.2 Das Nationale Statistikamt Korea bilanzierte für 2010, dass Ehen zwischen koreanischen Männern und ausländischen Frauen durchschnittlich nach 3,2 Jahren geschieden werden. Im umgekehrten Fall sind es 6 Jahre. Im Vergleich dazu betrug die durchschnittliche Dauer einer Ehe zwischen koreanischen Partnern im Scheidungsfall 13 Jahre. Auch die Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrise Asiens 1997/1998 hat ihren Beitrag zur Erhöhung der Scheidungsrate und zur Veränderung der Geschlechterrollen geleistet. Viele Ehen sind an finanziellen Problemen gescheitert, und die Position des Mannes innerhalb der Gesellschaft und der Familie wurde aufgrund von Arbeitslosigkeit erschüttert. Die Veränderung der Geschlechterrollen hat aber auch dazu geführt, dass Frauen immer weniger bereit sind, das Fehlverhalten ihrer Ehemänner zu tolerieren und dass sie ihre Konsequenzen aus ehelicher Untreue, Vernachlässigung der Familie oder gar häuslicher Gewalt ziehen, die - bis dahin ein Tabuthema - in den 1990er Jahren noch als Hauptscheidungsgrund angegeben wurde. Im Jahr 2008 wurden in 47,8 Prozent der Scheidungsfälle charakterliche Unterschiede als ausschlaggebender Grund genannt. Auch an diesem Umstand lässt sich die Bedeutung des Strebens nach persönlichem Glück ablesen, das sich nicht zuletzt auch in der zunehmenden Untreue von Frauen gegenüber ihren Ehemännern äußert. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt vielfältige Auflösungstendenzen der traditionellen Familienstrukturen. Südkorea ist eine Gesellschaft im Umbruch, welche die Politik vor die große Aufgabe stellt, neue Antworten auf veränderte Verhältnisse zu suchen – und zu finden. 1 Alle Angaben basieren auf Erhebungen des Nationalen Statistikamtes Korea (Korea National Statistical Office, KNSO). 2 Siehe dazu auch den Artikel „Ehe-Arrangements“ in dieser Ausgabe. Quellenauswahl: Gey, Peter (2004): „Südkorea: Herausforderungen für das 21. Jahrhundert“, Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung. http://world.kbs.co.kr/german/program/program_qna_detail.htm?No=325 http://www.nytimes.com/2003/09/21/world/ divorce-in-south-korea-striking-a-new-attitude. html http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/3011119. stm http://english.hani.co.kr/arti/english_edition/e_ international/352058.html http://klowf.kwdi.re.kr/ http://www.asienhaus.de/public/archiv/kalinowskicho-suedkorea.pdf 13 GESELLSCHAFT Die koreanische Familie: Aufbruch, Umbruch – und dann? Von Anneliese Stern-Ko 2011 1958 : „Du hast die Rettichwürfel mit Pflaumenextrakt und diesen ... Wacholderbeeren eingelegt?“ : „Husch, raus hier! Du weißt doch, dass dein Gochu [고추]1 abfällt, wenn du in die Küche kommst?!“ 1978 : „Um ordentlich zu studieren und in Deutschland nicht zu verhungern, bringe ich dir bei, wie man Reis kocht, Sojabohnenpastensuppe, ...“ Foto: Miriam Ko D Anneliese Stern-Ko ist verheiratet mit einem Koreaner und wohnt seit 1985 in Seoul. Sie ist Lektorin an der Graduate School of Interpretation and Translation der Hankuk University of Foreign Studies und übt verschiedene freiberufliche Tätigkeiten aus: Lehrbuchund Wörterbuchentwicklung für DaF, Mitarbeit bei EBS-TV und EBS-Radio, KBS World Radio (world. kbs.co.kr/german) und der Vierteljahreszeitschrift KOREANA (www.koreana.or.kr). 14 iese Äußerungen meiner 76-jährigen Schwiegermutter zu ihrem ältesten (!) Sohn stehen nicht nur für die allumfassende Fürsorge einer koreanischen Mutter, sondern auch für den Wandel der Familie im Wandel der Zeiten. 1958 war die Familien-Welt noch in Ordnung: Nach alter konfuzianistischer Vorstellung war die Küche das unangefochtene Reich der koreanischen Frau, in dem ein Mann nichts zu suchen hatte. Kochende Männer gab es nur in Form von „vor Wut kochen“, die Ehefrau war die Jib-saram (집사람 - die Person im Haus), der Ehemann der Bakkat-Yangban (바깥 양반 - der Herr, der außerhalb des Hauses tätig ist). Wie geschockt und gleichzeitig beeindruckt war meine Schwiegermutter - übrigens eine wahre Matriarchin - als sie vor fünfzehn Jahren bei einem Besuch meiner Eltern erlebte, dass mein Vater kochen konnte und den Abwasch machte! Nach dieser Reise brachte mein Schwiegervater dann als Zeichen seines guten Willens seine leere Kaffeetasse in die Küche... Aber natürlich wurde ihm beim Essen immer noch zuerst serviert, er bekam die größten Fleischstücke, danach der älteste Sohn, der zweite Sohn, der dritte Sohn, die Schwiegermutter, der älteste Enkelsohn, der zweitälteste Enkelsohn, ..., die älteste Schwiegertochter, die zweitälteste Schwiegertochter, ..., die älteste Enkelin, ... . Heiratete der Sohn, musste seine Frau damit rechnen, dass man ihr Sijib-sari [시집살이] beibrachte, eigentlich das Zusammenleben im Schwiegerelternhaushalt (시집, Sijib), allgemein das korrekte Verhalten gegenüber der Schwiegerfamilie. Heute sprechen meine koreanischen Freundinnen, deren Söhne jetzt heiraten, von Myeoneuri-sari [며느리살이]. Diese Wortneuschöpfung umfasst alles, was sich die Schwiegermutter heute von der Schwiegertochter „gefallen“ lassen muss. Aber vor fünfzig Jahren hatten die Dinge noch ihre Ordnung, wie sie Jahrhunderten von tradierten konfuzianistischen Vorstellungen entsprach. Rechtlich gesehen bedeutete das, dass nur der Mann die wichtige Position des gesetzlichen Familienoberhauptes innehaben konnte, die dann überging auf den ältesten Sohn, die weiteren Söhne, die älteste ledige Tochter und endlich die Ehefrau, die ja „von anderem Blut“ war. Ähnliche diskriminierende Gesetze galten im Erbrecht oder im Sorgerecht. 1978 war schon etwas Bewegung in die koreanischen Familienstrukturen geraten. Die Veränderungen hingen vor allem mit der wirtschaftlichen Entwicklung zusammen, die auf das Humankapital Frau nicht verzichten konnte. Dazu gehören Gesetze, die eine Schulbildung für Mädchen verpflichtend machten (1963), Frauen die Tür zur Berufsausbildung öffneten oder sie nach der Heirat weiterarbeiten ließen. Meilensteine waren auch die zu Beginn der 1970er Jahre gestartete Familienplanungspolitik der Regierung, die zusammen mit der Urbanisierung den Wandel von der Großfamilie zur Kernfamilie beförderte2, das Gesetz zur gleichberechtigten Beschäftigung (1987), das den Weg für mehr Gleichstellung im Beruf ebnete usw. Es ließen sich noch weitere Gesetze zur Gleichstellung der Geschlechter aufzählen, die für Umbruch in der Familie sorgten, das einschneidendste war aber wohl die Abschaffung des Familienoberhauptsystems (2005)3, der tragenden Säule des koreanischen Patriarchats. Trotzdem lag Südkorea, dessen Volkswirtschaft zu den zehn bis fünfzehn stärksten der Welt zählt, in Sachen Gender Empowerment Measure 2008 unter den über hundert gelisteten Ländern nur auf Platz 68.4 Es hat sich ungemein viel in ungemein kurzer Zeit getan, und das hat auch seinen Tribut von der Familie gefordert. Die koreanische Gesellschaft, die einst auf Ebene der Familie als ihrer kleinsten repräsentativen Einheit säuberlich in die zwei Hälften „außen“ (Mann) und „innen“ (Frau) mit exakt definierter Rollenverteilung geteilt war, hat keine starre „Mittellinie“ mehr, sondern eine durchlässige, was nicht wenige Probleme mit sich bringt. Meine Schwiegermutter hätte sich nie träumen lassen, dass sie mal mit ihrem ältesten Sohn Kochrezep- te diskutieren und stolz ihren Freundinnen erzählen würde, dass die Schwiegertochter ihr „Taschengeld“ zusteckt, das NICHT aus dem Familientopf stammt. Damit ist aber sicherlich leichter zu leben als mit der Frage, die sich der „Himmel“ (in Korea gilt der Mann als Himmel und die Frau als Erde) stellt, dem quasi plötzlich die „Erde“ auf den Kopf gefallen ist: Was ist meine Rolle? Traditionell hatten Koreaner strenge Väter und warmherzige Mütter: Der Vater hatte für den Unterhalt der Familie zu sorgen und war omnipotenter Entscheidungsträger. Die Mutter verkörperte die bedingungslose Liebe, fungierte als Brücke zwischen Vater und Kindern und war deren Ansprechpartner. Heute soll der Vater nicht nur Geld verdienen, sondern auch noch demokratische Verhaltensweisen an den Tag legen und zu den Kindern eine „echte“ Beziehung aufbauen, indem er quantitativ und qualitativ Zeit mit ihnen verbringt, d.h. er muss sich Liebe und Respekt, die vorher als a priori gegeben verstanden wurden, erst „verdienen“, was ihn aber nicht zum „Doppelverdiener“, sondern eher zum „doppelten Sklaven“ macht.5 Und auch die – meist vermittelte – Ehe, die früher aus geordneten Selbstverständlichkeiten bestand, verlangt plötzlich „Beziehungsarbeit“, was sich an der sprunghaft gewachsenen Zahl der Ehe- und Familienberatungen in Korea ablesen lässt. Während es den „neuen Mann“ und den „neuen Vater“ in Europa bereits gibt, schlüpft er in Korea jetzt erst aus der Schale. Es ist ein schmerzhaftes Schlüpfen mit gestutzten Flügeln. Gleichzeitig sinkt die Bindungswilligkeit beider Geschlechter: Ehe und Familie sind kein Schicksal mehr, sondern Optionen der Lebensgestaltung, die zudem unsicher geworden sind, was sich an der Zahl der bis 2003 stetig ansteigenden Scheidungen und einer extrem niedrigen Geburtenraten6 ablesen lässt. Manchmal scheint mir, dass der rasante Wandel zu einem Geschlechter-Schachmatt geführt hat: MANN fragt sich, wo der Vorteil der Heirat liegt, wenn er - OHNE die Vorteile der traditionellen Vormachtstellung - hauptsächlich Geld verdienen soll, um den Sprösslingen Bildungsvorsprung in den USA zu finanzieren (siehe: „Gireogi“-Väter), während er selbst von Luft und Ramen7 lebt; FRAU fragt sich, warum sie heiraten soll, die Karriere zurückfahren, um Kinder zu kriegen, um die sich dann die Oma nicht kümmern will (nach fünfzig Jahren Aufopferung fordert Oma jetzt ihr Recht auf Leben) und der Staat sich nicht hinreichend kümmert (das öffentliche Betreuungssystem ist unterentwickelt) UND sich auch noch dem Stress mit der Schwiegerfamilie aussetzen sollen. Ja, und dann? 1 Peperoni: „Kosename“ für das männliche Geschlechtsteil 2 1995 waren bereits zwei Drittel aller koreanischen Haushalte Zwei-GenerationenHaushalte. 3 http://world.kbs.co.kr/german/news/news_ Po_detail.htm?No=9633 4 http://ipsnews.net/news.asp?idnews=51994 5 Vgl.: Korean Women`s Development Institute (Hrsg.), Women`s Studies Forum, Vol. 12, 1996 6 http://www.indexmundi.com/g/g. aspx?v=31&c=ks&l=en 7 Ramen: koreanische Instantnudeln (Anm.d. Red.) 15 GESELLSCHAFT Wenn einer einen Partner sucht – Single sein in Südkorea Von Malte E. Kollenberg & Fabian Kretschmer Foto: privat Foto: Malte E. Kollenberg “Die meisten jungen Leute, die mein Sprachcafé besuchen, sind Singles”, Malte E. Kollenberg, aufgewachsen in Bonn und Gummersbach, hat in Bamberg und Seoul Politikund Kommunikationswissenschaft studiert. 2007 hat er zusammen mit einem Partner das Journalistenbüro KOLLENBECKER gegründet. Jetzt lebt und arbeitet er als Korrespondent in Seoul. sagt Jin-guk Kim. Im März 2010 hat der 34-Jährige in Seouls Studentenviertel Sinchon ein Café eröffnet. Die Gegend ist perfekt für die anvisierte Zielgruppe. Drei der besten Universitäten des Landes liegen in Laufdistanz. Fabian Kretschmer, Jahrgang 1986, Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Wien, Shanghai und Seoul. Seit 2006 als freier Journalist tätig, u.a. für den Standard, Zeit Online und China Daily. In Jin-guks Cafe treffen sich junge Leute in kleinen Gruppen, um Sprachen zu lernen. Und um hoffentlich bald nicht mehr Single zu sein. „Oft finden sich Pärchen durch die Sprachgruppe“, grinst Jin-guk. Das Konzept, sich beim Lernen kennenzulernen und zu verlieben, scheint aufzugehen. Jinguk beobachtet fast täglich: „Nach den Sprachgruppen gehen viele noch etwas trinken.“ Das Singleleben in Korea ist nicht einfach. Bei Frauen fangen ab Mitte 20 die Fragen der Eltern nach einem Partner fürs Leben an. Männer haben ein paar Jahre mehr Zeit. Sie müssen zur Armee und dann erst einmal Geld verdienen. Aber ab ca. 30 Jahren wird der Singlestatus bei beiden Geschlechtern als kritisch bewertet. Bei der Elterngeneration herrscht eine bestimmte Sichtweise vor: Verheiratet sollten junge Menschen am Ende ihrer Twen-Zeit sein. In einem Land, in dem beide Geschlechter Karriere machen wollen und in dem an einen Lebenspartner hohe Ansprüche gestellt werden, findet sich nicht so leicht ein Mann oder eine Frau fürs Leben. Sozialer Status und der Job des Lebenspartners sind vor allem bei Frauen ab 30 oft ein wichtiger Grund bei der Entscheidung für einen bestimmten Lebensgefährten. 16 Foto: Fabian Kretschmer Die meisten Paare trennen sich, während der Mann beim Militär ist. In Deutschland gerade komplett abgeschafft, müssen koreanische Männer nach wie vor rund zwei Jahre Wehrdienst ableisten. Wer anfängt, hat einen Streifen auf der Uniform. Der Streifen gibt den Rang des Soldaten an. Nach sechs Monaten werden daraus zwei – ein weiteres Jahr später sind es drei. Doch die lange Zeit bei der Armee hinterlässt Spuren. „Ich habe noch keinen Vorgesetzen mit drei Streifen gesehen, der noch die gleiche Freundin wie zu Beginn der Militärzeit hatte“, sagt Min-jay No. Der 20-Jährige ist seit drei Monaten bei der Armee. Er ist auch nicht sicher, ob seine Beziehung die kommenden 20 Monate überleben wird. Auf ihn wartet dann vielleicht, was das Denken so vieler junger Koreaner/innen bestimmt: Die Suche nach einer Partnerin/einem Partner. Im Sprachcafé, im Internet oder per Blind-Date. In einer Gesellschaft, in der oft der Job das gesamte Leben bestimmt, muss die Partnersuche speziell organisiert werden. Freunde oder sogar Agenturen verkuppeln die jungen Leute. Entweder treffen sie sich in einer größeren Gruppe oder gleich nur zu zweit. Gesehen haben sich die Blind Date-Teilnehmer vorher noch nie. Rund drei Stunden haben sie beim ersten Treffen Zeit, sich zu „beschnuppern“. Gefällt, was bestellt, läuft das Blind-Date auf ein weiteres Treffen hinaus. War es ein echter Blindgänger, muss weitergesucht werden. Zum Beispiel per Smartphone. Südkorea war 2005 das weltweit erste Land, in dem ein Dating-Alarm für Mobiltelefone angeboten wurde. War ein/e potenzielle/r Partner/in in der Nähe, signalisierte das Handy dies akustisch. In Zeiten, in denen jeder ein Smartphone hat, werden die Kuppeldienste ausgefeilter. Das Prinzip ist oft sehr einfach. Der in fast jedem Taschencomputer eingebaute GPS-Emfänger gibt einem Dienst wie ‚WhosHere’ oder ‚HiThere’ die eigene Position durch. Die Server der Anbieter gleichen die Daten mit anderen Nutzern ab, und angezeigt werden nur solche, die sich in einem vorgegebenen Radius befinden. Oft lassen sich auch noch bestimmte Eigenschaften mit angeben. Fast wie ein Blind Date also, nur eben viel besser in den eigenen digitalen Alltag integrierbar. Noch einen Schritt weiter geht die Smartphone-App „Honey it’s me!“ Dabei wird das Handy zur Freundin. Vier Mal am Tag meldet sich die virtuelle Freundin und will umgarnt werden oder „Gute Nacht“ sagen. Ein Beziehungs-Tamagotchi sozusagen. Die Softwareschmiede Nabix, die die Applikation programmiert hat, erklärt, dass ihr Produkt den Nutzern das Gefühl geben soll, dass jemand da ist, der sich um sie kümmert. Das Problem: „Kaum jemand gibt zu, dass er einsam ist“, sagt Min-jay No. Er ist sich aber sicher, dass es sehr viele der jungen koreanischen Singles sind. Smartphone Apps wie „Honey it’s me!“ scheinen das zu bestätigen. Soziale Dating-Dienste im Internet und auf dem Smartphone bilden weltweit einen riesigen Markt. „In Korea ist die ‚social dating’-Industrie noch am Anfang, aber sie wächst rasant“, sagte Park Hee-eun, Manager bei EUM, einer auf soziale Dienste spezialisierten Firma, Anfang April der koreanischen Zeitung Joong Ang Ilbo. Wer noch ganz traditionell jemanden kennenlernen möchte, der geht am besten in die Kirche. Denn die ist in Korea ein guter Ort, um Kontakte zu knüpfen. In Relation zur Gesamtbevölkerung betrachtet leben nach den Philippinen in Südkorea die meisten Christen. Rund 30 Prozent der Koreaner sind entweder Katholiken oder gehören einer protestantischen Glaubensrichtung an. So wie Su-yeon Seo. Die 25-jährige Praktikantin ist Protestantin und aktives Mitglied einer Kirchengemeinde in Seoul. „Ich will einen Freund finden, der auch an Gott glaubt. So wie ich denken viele bei uns“, sagt sie. Etliche Kirchengemeinden werben sogar ganz offen damit, dass sich in der Kirche ein guter Partner/eine gute Partnerin finden lässt. Und wenn es dort nicht klappt, ist nach dem Gottesdienst immer noch Zeit, um auf einen Green-Tea-Latte im Sprachcafé vorbeizuschauen. 17 KALEIDOSKO Liebe Grüße aus Pjöngjang Von Anne Schneppen Foto: privat P N Anne Schneppen lebte von 2005 bis 2007 mit ihrer Familie in Seoul und arbeitete von dort - wie schon zuvor aus Tokio - als FernostKorrespondentin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In Korea beschäftigte sie sich vor allem mit politischen, aber auch gesellschaftlichen Themen. 18 eulich fand sich eine ungewöhnliche Karte in unserem Briefkasten. Sie trug den Poststempel „Pyongyang“ [Pjöngjang]. Abgebildet war die koreanische Halbinsel in vereinigter Silhouette, versehen mit einigen mir unverständlichen Parolen. Unsere deutschen Freunde, die ihren Reisegruß aus Nordkorea vier Wochen zuvor auf den Weg nach Berlin geschickt hatten, lieferten die ungefähre Übersetzung mit: „Souveräne Vereinigung – Frieden gegen Krieg – Große nationale Geschlossenheit“. Darunter in schwungvoller Handschrift: „Liebe Grüße aus Pjöngjang!“ Die Karte machte nachdenklich. Unsere Familie hat im Sommer viele Ansichtskarten erhalten: aus Amerika, Singapur, Italien, Frankreich und Österreich. Lebenszeichen, kurze Grüße von Freunden und Verwandten, die für uns zur Ferienzeit selbstverständlich sind und denen wir meist wenig Beachtung schenken. Doch es gibt, auch heute noch, Orte und Menschen, die ohne Verbindung sind. Zwischen Nordkorea und Südkorea herrscht Stille und Schweigen, seit Jahrzehnten schon. Nicht nur ist es so gut wie unmöglich, sich gegenseitig zu besuchen, es ist auch nicht vorgesehen oder erlaubt, dass sich die Menschen anrufen oder schreiben. Die gewaltsame Teilung der koreanischen Halbinsel hat Millionen Familien auseinandergerissen und getrennt gehalten. Viele sind in den vergangenen Jahrzehnten verstorben, ohne zu erfahren, was aus ihren Eltern, Geschwistern oder Kindern auf der anderen Seite der verschlossenen Grenze geworden ist. Nur wenige Ausländer reisen nach Nordkorea. Visa werden restriktiv vergeben, Delegationen sind spärlich und die meisten Besuche nur wenige Tage lang. Eine Postkarte aus Pjöngjang ist so selten, dass sie als Erinnerung ins Album kommt. Oft wird die koreanische Halbinsel mit dem geteilten Deutschland verglichen. Doch tatsächlich waren die Jahre von 1949 bis 1990 für Deutsche in Ost und West keine sprachlose Zeit. Im Gegensatz zu Korea hatte die Mauer doch zahlreiche Öffnungen. Die „Berliner Zeitung“ hat unlängst unter Berufung auf das Museum für Kommunikation in Berlin berichtet, dass schätzungsweise 400 Millionen Briefe jedes Jahr die innerdeutsche Grenze überquerten. Fast jeder Ostdeutsche und viele Westdeutsche haben demnach zumindest hin und wieder „Post von drüben“ erhalten, so die Recherchen des Museums, das mehr als 6000 dieser Briefe archiviert hat. So war es möglich, dass Verwandte und Freunde trotz des Kalten Krieges und der politischen Differenzen in Kontakt blieben und sich nicht gänzlich aus den Augen verloren. Natürlich musste vieles ungesagt bleiben, die Staatssicherheit der DDR kontrollierte den Briefverkehr - und las mit. Doch es gab eine Verbindung, die Besuche der „Oma aus dem Westen“ und nicht zuletzt Zugang zu West-Fernsehen. In Seoul sprach ich einmal mit einem alten Mann, der überglücklich war, als er nach Jahren des Wartens an einer der seltenen „Familienbegegnungen“ zwischen Süd- und Nordkorea teilnehmen durfte. Hundert Südkoreaner waren in einer Art Lotterie unter der Regie des Roten Kreuzes ausgelost worden. Der alte Mann, der ursprünglich aus dem Norden stammte, hatte seine Familie als Kind in den Wirren des Koreakrieges verloren. Er musste Pjöngjang ohne sie verlassen, nicht ahnend, dass dies ein Abschied von Dauer war. Es gab kein Lebenszeichen mehr, weder in die eine, noch in die andere Richtung. Nun fuhr er nach mehr als einem halben Jahrhundert für wenige Stunden über den 38. Breitengrad zurück. Er wusste nicht, wen er dort noch antreffen würde, ob seine Geschwister überhaupt noch am Leben waren. Er selbst war schwer krank. Man kann es sich kaum vorstellen: Foto: Malte E. Kollenberg Unterwegs in Nordkorea: Autobahnen ohne Verkehr. Die Freude des Wiedersehens, gefolgt von einem zweiten Abschied. Kurz vereint und wieder verloren. Hunderttausende, vielleicht auch Millionen Koreaner sind zwischen 1945 und 1953 voneinander getrennt worden. Die ersten Gespräche der verfeindeten Staaten über mögliche Familientreffen verliefen im Sande. Erst 1985 kam es zu einer arrangierten Begegnung von 65 Familien. Im Juni 2000 dann, beim „historischen Gipfeltreffen“ der beiden koreanischen Staatschefs in Pjöngjang, eine Annäherung unter hoffnungsvollen Vorzeichen. Die beiden Rot-Kreuz-Gesellschaften nahmen die Verhandlungen auf. Seither hat es in unregelmäßigen Abständen und immer wieder unterbrochen von politischen Eiszeiten fast 20 Runden von Familientreffen gegeben. In den nordkoreanischen Diamantenbergen, an der malerischen Ostküste, wurde eigens ein Haus dafür gebaut. Es sind emotionale Begegnungen, getragen von Erwartungen, die nicht zu erfüllen sind. Zwei, drei kurze Treffen an einem „neutralen“ Ort, orchestriert, reglementiert und überwacht. Intimität kann es nicht geben. Manche „Treffen“ finden auch nur als Videokonferenzen statt, in klinisch anmutender Atmosphäre. Die Gespräche sind vorsichtig. Man will die Verwandten im Norden nicht in Verlegenheit und nicht in Gefahr bringen. Immer fließen Tränen. Das südkoreanische Fernsehen zeigt Bilder, die ans Herz gehen. Man spürt die Freude, die Trauer, den Schmerz, die Verwirrung, aber auch die Resignation. Viele Treffen werden vertagt oder abgesagt. Die Alten sind ein politisches Pfand. Was für Seoul ein humanitäres Anliegen ist, verbindet Pjöngjang oftmals mit Forderungen nach Öl, Nahrungslieferungen, Dünger, Konzessionen. Manche Menschen in Südkorea nehmen auf eigene Faust Kontakt zu Verwandten im Norden auf, sie verlassen sich dabei auf private Vermittler, die meist gegen Bezahlung und über China Briefe überbringen oder per Mobiltelefon Kontakt herstellen. Aber das ist nicht einfach und höchst riskant. Der alte Mann, den ich vor seiner Abreise in Seoul befragte, ist kurz nach dem einzigen Treffen mit seinen nordkoreanischen Geschwistern gestorben. 22.000 Südkoreaner haben nach Angaben des Roten Kreuzes bisher an „Familienbegegnungen“ teilgenommen. Rund 120.000 haben sich insgesamt angemeldet. Fast 47.000 von ihnen sind inzwischen verstorben. Die meisten der noch Wartenden sind über 80 Jahre alt. Die Zeit läuft aus. 19 Interview mit Jungyeol Kim, Direktor der Abteilung für multikulturelle Familien des Ministeriums für Frauen und Familie Wie viele Mitbürger mit ausländischem Pass leben in Korea, und welche Nationalitäten sind am stärksten vertreten? Foto: privat KALEIDOSKOP „Korea ist (…) das OECD-Land mit dem am schnellsten wachsenden Ausländeranteil“ Können Sie Ihre Institution einmal vorstellen? Welche Aufgaben erfüllt sie? Als Antwort auf den sprunghaften Anstieg internationaler Eheschließungen in Korea seit dem Jahr 2000 erfolgte im November 2007 innerhalb des Ministeriums für Frauen und Familien die Neugründung des so genannten „Familienintegrationsteams“ – einer Abteilung, die sich vorrangig mit den Problemen multikultureller Familien befasst. Später wurde das Team mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Unterstützung multikultureller Familien in „Abteilung für multikulturelle Familien“ umbenannt. Die Abteilung für multikulturelle Familien setzt sich in Anlehnung an das Gesetz zur Unterstützung multikultureller Familien für die Umsetzung einer Politik ein, die ein stabiles Familienleben sowie die gesellschaftliche Integration von Heiratsmigrantinnen1 und ihren Familien gewährleistet. Die Arbeit der Abteilung lässt sich in folgende vier Schwerpunkte einteilen: • Zusammenführung und Abstimmung der Politik für multikulturelle Familien • Planung, Durchführung und Bewertung aller politischen Strategien sowie aller Initiativen zur Unterstützung der Kindererziehung für multikulturelle Familien • Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der Stabilität von multikulturellen Ehen (Qualitätskontrolle von Heiratsagenturen etc.) • Aufklärung und Informationskampagnen, um innerhalb der koreanischen Gesellschaft das Verständnis für den Multikulturalismus zu fördern Die Folgen der Globalisierung machen sich auch zunehmend in der koreanischen Gesellschaft bemerkbar, die in den letzten Jahrzehnten einen verstärkten Zuzug von Menschen unterschiedlicher Nationalitäten zu verzeichnen hat. 20 Die Migration ist ein Phänomen, das weltweit zunimmt. Hierin bildet auch Korea keine Ausnahme. Verglichen mit westlichen Ländern, in denen der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund bei rund 10 Prozent liegt, ist die Zahl der in Korea lebenden Ausländer vergleichsweise niedrig. Korea ist jedoch das OECDLand mit dem am schnellsten wachsenden Ausländeranteil, und man geht davon aus, dass sich diese Entwicklung auch in Zukunft fortsetzen wird. Mehr als 10 Prozent aller Ehen in Korea werden mittlerweile zwischen einem koreanischen Staatsbürger und einer Person mit ausländischem Pass geschlossen – so steigt die Zahl der multikulturellen Familien Jahr für Jahr an. Man kann also sagen, dass sich die koreanische Gesellschaft auf der Schwelle zur multikulturellen Gesellschaft befindet. Die Zeit ist gekommen, in der sich Korea ernsthaft auf die Koexistenz verschiedener Kulturen vorbereitet. Statistiken des Justizministeriums zufolge lebten in Korea im Dezember 2010 insgesamt 1,26 Mio. Menschen mit ausländischem Pass (Gesamtbevölkerungszahl Südkoreas: ungefähr 50 Mio.), darunter 48,3 Prozent Chinesen (einschließlich in China geborener und aufgewachsener ethnischer Koreaner), 10,1 Prozent US-Amerikaner, 8,2 Prozent Vietnamesen, 4,9 Prozent Japaner und 3,7 Prozent Philippinen als größte Gruppen. Wie setzen sich die multikulturellen Familien in Korea zusammen? Das Gesetz zur Unterstützung multikultureller Familien definiert multikulturelle Familien als Familien, bei denen ein Partner Koreaner und ein Partner ausländischer Herkunft ist (z.B. Heiratsmigrantinnen oder naturalisierte Koreaner2). Darüber hinaus kommt es auch häufig vor, dass ethnische Koreaner/-innen aus dem Ausland Ehen mit in Korea lebenden Koreanern/-innen eingehen. Es gibt auch multikulturelle Familien mit Wohnsitz in Korea, bei denen keiner der beiden Partner koreanischer Abstammung ist, aber diese Familien sind noch nicht Bestandteil des Gesetzes zur Unterstützung multikultureller Familien. Wie gut sind die multikulturellen Familien in die koreanische Gesellschaft integriert? Laut einer „Nationalen Studie zur Situation multikultureller Familien“ (Ministerium für Frauen und Familie, Justizministerium, Ministerium für Gesundheit und Wohlfahrt, 2009) gaben 56,8 Prozent der in Korea lebenden Heiratsmigrantinnen an, dass sie mit ihrem Leben in Korea „zufrieden“ seien, und 36,4 Prozent antworteten, dass sie „mehr oder weniger zufrieden“ seien. Dies ist insgesamt ein sehr gutes Ergebnis. Wenn man darüber hinaus das Ergebnis einer Studie zum Kenntnisstand der koreanischen Bevölkerung über multikulturelle Familien (durchgeführt vom Ministerium für Frauen und Familien, dem Komitee für National Branding und der Zeitung Donga Ilbo, Oktober 2010) betrachtet, bewerteten 79,5 Prozent der Befragten die Zunahme von multikulturellen Familien als positiv. Da allerdings die Heiratsmigrantinnen aus einem anderen Kulturkreis kommen, bereitet vielen von ihnen das Leben in Korea aufgrund von Sprachbarrieren und unterschiedlichen Lebensgewohnheiten Schwierigkeiten. Wie bereits erwähnt, reagiert der Großteil der Koreaner positiv auf die Zunahme multikultureller Familien. Dennoch haben 76,3 Prozent der Befragten auf die Frage, ob die „koreanische Gesellschaft gegenüber multikulturellen Familien diskriminierend“ sei, mit „ja“ geantwortet, und 78,6 Prozent bejahten die Frage, „ob die koreanische Gesellschaft gegenüber den Herkunftsländern oder der ethnischen Zugehörigkeit der Mitglieder multikultureller Familien diskriminierend“ sei.3 Auf der einen Seite ist in Korea das Bewusstsein für den Erhalt einer rein koreanischen Blutlinie nach wie vor sehr stark ausgeprägt, auf der anderen Seite existiert der Gedanke, dass man multikulturelle Familien unterstützen müsse. Es ist notwendig, in unserer Gesellschaft das Denken zu verändern, indem wir Verständnis für unterschiedliche Kulturen und Toleranz wecken. Nur so können die multikulturellen Familien eine positive gesellschaftliche Rolle spielen. Wie reagiert die koreanische Gesellschaft auf Kinder, die aus den Ehen zwischen koreanischen und ausländischen Partnern hervorgehen? Viele der ausländischen Ehepartner beherrschen die koreanische Sprache nur unzureichend und haben aufgrund des unterschiedlichen Bildungssystems ihres Heimatlandes Probleme, das koreanische Schulwesen zu verstehen. Besonders in der Grundschulzeit kommt den Eltern eine wichtige Rolle zu. Hier empfinden es viele Heiratsmigrantinnen als sehr schwierig, ihre Kinder bei der Erfüllung der schulischen Anforderungen ausreichend zu unterstützen. Aufgrund dieser Sachlage haben Kinder aus multikulturellen Familien oftmals Schwierigkeiten, sich an den Schulalltag anzupassen: Zu ihren Problemen zählen Verzögerungen bei der sprachlichen Entwicklung, Lernschwierigkeiten und Mobbing durch Klassenkameraden. Auch im Verhältnis zu den koreanischen Verwandten kommt es zu Konflikten. Hierzu liegen jedoch noch keine konkreten Studien vor. Welche Probleme haben multikulturelle Paare im Alltag? Bikulturelle Paare haben mehr Probleme als Paare, bei denen beide Partner demselben Kulturkreis angehören. Typische Schwierigkeiten ergeben sich aus kulturellen Unterschieden (angefangen mit Problemen beim gedanklichen Austausch aufgrund des unterschiedlichen Sprachgebrauchs) und aus den Gefühlen von Einsamkeit und Isolation des nichtkoreanischen Partners/der nichtkoreanischen Partnerin. Bei einem Teil der koreanischen Männer, deren Ehe mit einer ausländischen Frau über eine Heiratsagentur zustandekommt, herrscht der Gedanke vor, dass sie sich aus einem armen Land „eine Frau mitbringen“. In solchen Fällen kommt es nicht selten zu schwerwiegender häuslicher Gewalt. Laut einer Studie des Ministeriums für Frauen und Familie aus dem Jahr 2010 ist der Prozentsatz der häuslichen Gewalt gegenüber Frauen in multikulturellen Familien jedoch niedriger als in rein koreanischen Familien. In den Fällen, in denen in multikulturellen Familien häusliche Gewalt ausgeübt wurde, war allerdings die Rate der schweren körperlichen Gewalt oder der wirtschaftlichen Ausbeutung besonders hoch. Mit welchen Familien haben Sie in Ihrem Arbeitsalltag zu tun? Können Sie uns ein konkretes Beispiel aus der Praxis nennen? Als Beispiel möchte ich gern die Familie einer Heiratsmigrantin anführen, die an einem Monitoring [Beobachtungssystem] für multikulturelle Familien teilnimmt. Das Monitoring gibt der koreanischen Regierung Aufschluss darüber, wie multikulturelle Familien politische Strategien und Projekte des Staates bewerten. O. aus Vietnam kam 1995 nach Korea und lernte bei ihrer Arbeit in einer Fabrik für Autoteile ihren jetzigen koreanischen Ehemann kennen, den sie im Jahr 2000 heiratete. Sie hat nun zwei Söhne und führt ein glückliches Familienleben. Bevor sich O. ausreichende koreanische Sprachkenntnisse aneignete, begegnete sie vielen Schwierigkeiten, sei es im Verhältnis zu Familie und Verwandtschaft, sei es im gesellschaftlichen Leben. Seitdem sich ihre sprachlichen Fähigkeiten verbessert haben, erlebt sie jedoch als Mitglied einer multikulturellen Familie in Korea keine gravierenderen Schwierigkeiten oder keine größere Diskriminierung. Es gibt allerdings immer noch Situationen, in denen sie das patriarchalische System innerhalb 21 der Familie, das in Korea weiterhin vorherrscht, nicht versteht. Da sie darüber hinaus mit dem koreanischen Schulsystem nicht sehr vertraut ist, fällt es ihr nicht leicht, ihre Söhne zu unterstützen, die nun die Grundschule besuchen. Welche staatlichen Programme gibt es für multikulturelle Familien? Das Ministerium für Frauen und Familien hat in ganz Korea 200 Zentren für multikulturelle Familien gegründet. Die Zentren bieten verschiedenste Dienste an. Familienberatungen, kulturelles Training, Aufklärung zum besseren Verständnis des Multikulturalismus, Dolmetscher- und Übersetzerdienste sowie Unterstützung bei der Kindererziehung sollen dazu beitragen, dass multikulturelle Familien in Korea ein ausgewogenes familiäres und gesellschaftliches Leben führen können. Darüber hinaus sind über das Ministerium das Internetportal „Danuri“ sowie die Zeitschrift „Rainbow Plus“ verfügbar. Diese beiden Medien ermöglichen es multikulturellen Familien, jederzeit inner- und außerhalb des Internets neueste Informationen zum Alltag in Korea und zur Regierungspolitik zu erhalten – Wissen, das sie für ein Leben in Korea benötigen. Das Ministerium unterstützt auch die Aufklärung und Beratung multikultureller Familien - insbesondere der koreanischen Ehepartner und deren Eltern - , um den Zusammenhalt innerhalb der Familien zu fördern. Zur Gewährleistung der finanziellen Unabhängigkeit werden den Heiratsmigrantinnen Praktika in regionalen Unternehmen angeboten, und sie erhalten berufliche Schulungen, Trainings und Starthilfen für den Berufseinstieg. Wie reagieren Politik und Gesellschaft auf die sozialen Veränderungen, die sich durch die Ankunft der neuen Mitbürger ergeben? Seitdem Korea im Jahr 2006 begonnen hat, eine Politik für multikulturelle Familien auf Regierungsebene voranzutreiben, wurde in einem relativ kurzen Zeitraum eine juristische und institutionelle Basis geschaffen und die Unterstützung für multikulturelle Familien kontinuierlich ausgebaut. Nicht nur die Regierung, sondern auch Bürgerinitiativen, Unternehmen und Privatpersonen zeigen Interesse und setzen sich dafür ein, multikulturelle Familien zu unterstützen und für ihre gesellschaftliche Integration zu sorgen. Die Zahl der multikulturellen Familien nimmt rapide zu. So ist in jüngster Zeit auch eine Zunahme gesellschaftlicher Konflikte zu verzeichnen, denn manche Menschen in der Bevölkerung reagieren angesichts dieser Entwicklung mit Misstrauen oder Feindseligkeit. Um die gesellschaftliche Integration multikultureller Familien zu gewährleisten, reicht es nicht aus, bei den jeweiligen Familien und ihren Kindern anzusetzen. Man muss auch einen Blick auf das gesellschaftliche Umfeld werfen und für einen Bewusstseinswandel innerhalb der Bevölkerung sorgen. 22 Durch Aufklärungskampagnen zum besseren Verständnis multikultureller Familien mittels verschiedenster Medien, Forschungen zur Akzeptanz multikultureller Familien innerhalb der koreanischen Gesellschaft und durch andere Initiativen plant die koreanische Regierung, die Basis für eine gesellschaftliche Atmosphäre zu schaffen, in der eine Integration multikultureller Familien erfolgreich gelingen kann. Welche Chancen ergeben sich aus der Zunahme multikultureller Familien in Korea? Die Zunahme multikultureller Familien bedeutet auch eine Zunahme von potenziellen Arbeitskräften sowie die Erhöhung von Vielfalt und Kreativität innerhalb der koreanischen Gesellschaft. Diese Faktoren tragen auch zur Erhöhung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit bei. Andererseits ergeben sich aus einer verzögerten Integration multikultureller Familien gesellschaftliche Konflikte und finanzielle Bürden. Eine Zunahme dieser Probleme kann sich als soziale Gefahr erweisen. Positiv ist, dass die Kinder von Heiratsmigrantinnen aufgrund ihrer Mehrsprachigkeit über besondere interkulturelle Kompetenzen verfügen, so dass sie sich später zu global orientierten Persönlichkeiten entwickeln können. Darüber hinaus tragen die Heiratsmigrantinnen und deren Kinder dazu bei, eine Brücke zwischen ihrem Herkunftsland und der koreanischen Gesellschaft zu schlagen. Zunächst muss jedoch ein gesellschaftliches System etabliert werden, das es den Heiratsmigrantinnen ermöglicht, sich eine stabile Lebensgrundlage in Korea aufzubauen und ihre Talente zu entfalten. Wir unternehmen vielerlei Anstrengungen, damit sie eine führende Rolle bei den positiven Veränderungen innerhalb unserer Gesellschaft spielen können. Durch den Einfluss verschiedener Kulturen wird die koreanische Kultur noch vielfältiger. Dies bietet auch die Chance, die traditionellen Werte der koreanischen Kultur neu zu entdecken. Das Interview führte Gesine Stoyke 1 Im Folgenden wird der Begriff in der femininen Form verwendet, da es sich bei den Heiratsmigranten meist um Frauen handelt (Anm. d. Red.). 2 Ausländer, die die koreanische Staatsbürgerschaft angenommen haben (Anm. d. Red.). 3 Umfrage zur Erhöhung der Akzeptanz multikultureller Familien innerhalb der koreanischen Gesellschaft, durchgeführt vom Ministerium für Frauen und Familien, dem Komitee für National Branding und der Tageszeitung Donga Ilbo vom 3. bis 5. Oktober 2010. „Bildungsurlaub“ vom koreanischen Schulstress KALEIDOSKOP Deutsch lernen in Familien auf Zeit Foto: Bodo Hartwig Von Bodo Hartwig Am Morgen danach. Abschied von neuen Freunden und von einer aufregenden Zeit im “Deutschen Dorf”. S ie sind gerade 17 und leben mit ihren Eltern in sogenannten Apartments (아파트) in den Hochhausvierteln Seouls. Sie lernen Deutsch als zweite Fremdsprache und haben sich dafür größtenteils europäisch klingende Namen ausgesucht. Rund fünfzig Schülerinnen und Schüler der ersten Oberstufe lädt der Seouler Deutschlehrer Verband (SDV) jährlich für eine Woche zum Deutschen Kultur- und Sprachcamp „Deutsches Dorf “ (독일문화체험캠프, Dogil Munhwa Cheheom Camp) in die Wälder Pyeongchangs ein. Für die meisten von ihnen ist es ein prägendes Erlebnis. Alltag eines Oberschülers Normalerweise steht Cheong-Uk Park (박 정욱) alias Luke um sieben Uhr auf, frühstückt mit der Mutter. Der Vater ist schon fort, zur Arbeit. Es gibt warmen Reis mit Beilagen, im Wohnzimmer läuft der Fernseher. Schnell noch die Hausaufgaben eingepackt, die neben dem Bett auf dem Schreibtisch liegen, Uniformjacke überziehen und los. So ähnlich beginnt der Wochentag für fast alle Schülerinnen und Schüler Südkoreas. Ein Tag, der oft viel zu lange dauert und doch viel zu kurz ist für das Pensum, das vor ihnen liegt. „Viele Lehrkräfte spulen ihr Programm nur noch routinemäßig an der Tafel ab“, sagt Frau Oh, die als Deutschlehrerin an einer Seouler Oberschule arbeitet und sich von ihren Schülern Rosa nennen lässt. „Stockschläge fürs Dösen auf der Schulbank gibt es zum Glück nicht mehr, aber im Gegensatz zu früher haben die normalen Schulen etwas an Effektivität verloren“. Die gesellschaftlichen Ansprüche an die Leistung der Schüler seien enorm gestiegen. Deswegen habe sich das Pauken nach der Schule eingebürgert, am Abend in den privaten Lehrinstituten, den Hagwons (학원). Und der Unterricht tagsüber in der Schule werde vernachlässigt. Wenn Luke gegen halb sechs die Schule verlässt, geht er meist zum Abendessen nach Hause. Um sieben beginnt dann der Nachhilfeunterricht im Hagwon. Montags Mathe, dienstags Englisch, mittwochs wieder Mathe usw., gelegentlich auch am Wochenende. Gebüffelt wird bis 22 Uhr, manchmal auch 23 Bodo Hartwig lebt in Berlin und arbeitet als freier Tonmeister und Autor für den Öffentlich Rechtlichen Rundfunk. Seit 2007 reist er regelmäßig zu Recherchezwecken und Tonaufnahmen nach Südkorea. 2010 und 2011 hat er auf Einladung des Seouler Deutschlehrer verbandes im Deutschen Kultur- und Sprachcamp mit internationalen Jugendlichen gear beitet und Radioworkshops gegeben. länger. Zu Hause setzt er sich dann noch zu den Eltern in den Fernsehsessel oder geht ins Internet. Das Bett, von der Mutter sorgfältig gemacht, muss indes noch eine Weile warten, denn es stehen weitere Hausaufgaben an: Englisch, Mathe, Physik, Sozialkunde. Bis ihm vor Müdigkeit die Augen zufallen. Nur drei bis vier Stunden Schlaf pro Tag sind für die meisten Jugendlichen normal. Kennenlernspiel die Namen der anderen Familienmitglieder eingeprägt. Dann kommen Helfer vorbei und sammeln die Mobiltelefone ein. Spätestens jetzt wird jedem klar, dass der Draht zum heimischen Universum erst einmal abgerissen ist, sich andererseits aber gerade eine völlig neue und spannende Welt auftut. Sommerferien. In Südkorea bedeutet das: In der Schule ist weniger los, endlich bleibt Zeit für Projekte, Theaterproben oder Sommerkurse in den Fremdsprachen. „Zeit zum Verreisen haben Familien mit Schulkindern freilich kaum“, sagt Rosa, die selbst einen zwölfjährigen Sohn hat. In den privaten Hagwons gehe der Unterricht sogar ungerührt weiter. Jeder zusätzliche Tag verspricht bessere schulische Leistungen. Und natürlich auch mehr Einnahmen. „Obwohl es befremdlich klingen mag: Kinder haben in den Familien den höchsten Stellenwert. Die Eltern stecken sehr viel Geld in deren Erziehung“, sagt sie und fügt hinzu: „Als kinderfreundlich würde ich die koreanische Gesellschaft dennoch nicht bezeichnen, weil sie ihre Kinder einem solchen Leistungsdruck aussetzt.“ Die Familien wachsen schnell zusammen, alle Aufgaben sind klar verteilt, die Zeit ist gut verplant. Der Tag beginnt mit dem Besuch der Bank und dem Einkauf von echten Lebensmitteln gegen falsche Euro. Auf Deutsch ist das eine kleine Herausforderung, aber die Jugendlichen lernen schnell dazu. Auch beim anschließenden gemeinsamen Frühstück gehen Sätze wie „Reichst du mir bitte mal die Butter rüber“ oder „Könnte ich noch etwas Müsli bekommen“ von Tag zu Tag leichter über die Lippen. Ein Brötchen aufzuschneiden und mit Marmelade zu bestreichen ist anfangs noch ungewohnt aber interessant zugleich. Die familiäre Atmosphäre vom Frühstück überträgt sich auf den anschließenden Deutsch unterricht. Dass die „Eltern“ jetzt die Rolle von Lehrern innehaben, fällt kaum auf. So ist auch die anfängliche Scheu, einen Muttersprachler auf Deutsch anzusprechen, spätestens nach dem zweiten Tag verflogen. Man schläft unter einem Dach, das schafft Vertrauen. Ankunft im Deutschen Dorf Der Bus mit den rund 50 Schülerinnen und Schülern aus Seoul kommt um die Mittagszeit auf dem Jugendfreizeitgelände in Pyeongchang an, einem großen Areal in bewaldeter Berglandschaft. Aus einem weiteren Bus steigen noch andere, vom Goethe-Institut eingeladene CampTeilnehmer aus Japan, China, Taiwan, der Mongolei und Indonesien. Die Luft ist gut, irgendwo im Tal ruft ein Kuckuck. Mit ihren Koffern und Taschen durchlaufen Luke und die anderen Jugendlichen zunächst eine Art Einreiseprozedur mit gespielter „Pass- und Zollkontrolle“. Fragen auf Deutsch werden gestellt, es wird verlegen gekichert und überlegt: „Wie heißt du“, „Wie alt bist du“, „Zu welcher Stadt gehörst du“. Geduldig nimmt das Camp-Team aus koreanischen Deutschlehrern, deutschen Muttersprachlern sowie einigen studentischen Helfern die Daten auf. Sieben Schülerinnen und Schüler beziehen dann mit einem deutsch-koreanischen „Elternpaar“ je ein Blockhaus. Luke ist in der „Familie Berlin“ gelandet und hat sich gerade bei einem 24 Alltag im Camp In den Hobbygruppen lösen sich die familiären Strukturen dann auf. Hier versammeln sich Leute mit ähnlichen Interessen, machen Workshops in Theater, Radio, Musik und Tanz. Betreut werden sie dabei von den jeweils anbietenden Lehrern, mit denen sie auch gemeinsam zum Mittagessen in die Mensa des Camps gehen. An den Nachmittagen finden Ball- und Gesellschaftsspiele statt, die Abende sind geprägt von täglich variierenden Veranstaltungen wie Musikabend, Talent- und Zungenbrecherwettbewerb oder Schnitzeljagd mit anschließendem Stockbrotbacken am Lagerfeuer. Bald werden neue Freundschaften geschlossen, die frischen Eindrücke miteinander geteilt. All die spannenden Momente lassen das Leben „in der Welt da draußen“ und die Zeit vergessen. Niemand mag jetzt gerne an das Ende dieser Woche denken. Vor der Nachtruhe sind die Familien dann in ihren Häusern noch ein we- Foto: privat Familie auf Zeit. Sieben Schülerinnen und Schüler wohnen mit einem deutschkoreanischen „Elternpaar“ in einem Blockhaus. nig unter sich. Die Erlebnisse des Tages werden zusammengefasst. Und während sich die einen in der Dusche die Klinke in die Hand geben, schreiben und gestalten die anderen im Wohnzimmer das Familientagebuch. Auf Deutsch, versteht sich. Zeit für den Abschied Den krönenden Abschluss bildet der Abend des letzten Tages. Hier werden im Rahmen einer Abschlusspräsentation die Arbeitsergebnisse der Workshops gezeigt. Als Deutscher kommt man immer wieder ins Staunen, welches Potenzial und welche Leidenschaft insbesondere koreanische Jugendliche haben. Vielleicht hängt es auch mit der ungezwungenen, aber konzentrierten Atmosphäre des Camps zusammen, die sie beflügelt und derart aus sich herausgehen lässt. Das Echo der Darbietungen verhallt kaum in den Köpfen, dann ist es auch schon vorüber, das Deutsche Kultur- und Sprachcamp. In einem großen Kreis stehen alle beieinander, die Leiter des Camp-Teams halten eine kurze Dankes- und Abschiedsrede. Plötzlich verzaubert ein Feuerwerk den Abendhimmel, Wunderkerzen erhellen die Gesichter. Jetzt beginnt die Verabschiedungszeremonie, bei der jeder jedem noch einmal persönlich die Hand geben kann, ein sehr emotionaler Moment, bei dem so manche Träne fließt. Die letzte Nacht ist sehr kurz. In den Familien bleibt man noch lange wach, Rundbriefe werden geschrieben. Die Sprachen wechseln sich ab, Deutsch, Englisch, Koreanisch. Worte des Dankes, des Respektes und der Zuneigung, alles, was einem in solch einem Moment eben einfällt. Natürlich dürfen auch die Email-Adressen nicht fehlen. Zurück in den normalen Alltag Über den Morgen der Abreise hat sich eine gewisse Traurigkeit gelegt. Die Häuser werden aufgeräumt, die Koffer gepackt. Hier und da tauscht man noch die Kontaktdaten aus. Dann bekommen alle ihre Mobiltelefone zurück. Schnell werden ein paar Abschiedsfotos mit den Lehrern geschossen und per MMS an Familie und Freunde geschickt, bevor der Bus kommt. Wieder in Seoul finden die Jugendlichen problemlos in ihr gewohntes Umfeld zurück. Und trotz Zeitmangels finden einige Nachtreffen statt. Den meisten wird ihre Familie auf Zeit, die kurze, aber intensive Woche im „Deutschen Dorf “ unvergesslich bleiben. „In den drei Jahren an der Oberschule könnte das ihr einziger Urlaub gewesen sein“ sagt Rosa. Ab jetzt heißt es Durchpauken für den Suneung-Test (수능시험), für die Bewerbung an der Uni. Wie Luke wollen die meisten weiter „fleißig Deutsch lernen“, damit sie eines Tages vielleicht in Deutschland studieren können. Sicher ist, dass ihre Begeisterung für alles Deutsche noch eine ganze Weile anhalten wird. 25 KALEIDOSKO “Shocking Family“/ „Anti-Family Documentary“ Von Dr. Stefanie Grote P 26 Foto: INDIESTORY W er könnte sich nicht daran erinnern, das Familienleben in jungen Jahren schon einmal nachgestellt und ‚Vater - Mutter - Kind‘ gespielt zu haben. Ein Blick auf Werbeplakate von Versicherungsunternehmen, Krankenkassen oder Reisebüros lässt keinen Zweifel an der Familienidylle in besagter Konstellation. Das ist in Deutschland nicht anders als in Korea oder in anderen Teilen der Welt. Der koreanische Film „Shocking Family“ (mit englischen Untertiteln) aus dem Jahr 2006 ist eine ‚Anti-Familien-Dokumentation‘ und damit gewissermaßen das Gegenbild zur Vater–Mutter– Kind-Idylle. Der Film fokussiert auf die Perspektive von Frauen; es handelt sich um eine Kompilation von Selbstporträts der Filmemacherinnen, welche die Institution Familie als fundamentale Einheit der koreanischen Gesellschaft durch alternative Lebensentwürfe kontrastieren oder zumindest anders definieren. Es ist ein Film über Individuen, die sich nicht aufgehoben fühlten in ihrer ‚herkömmlichen‘ Familie, deren Strukturen durch die hier kritisierte Überbetonung der Blutsverwandtschaft allzu oft nicht hinterfragt würden. Da lebt beispielsweise die über vierzigjährige Regisseurin Gyeong-su als alleinerziehende Mutter mit ihrer Tochter zusammen - Familie einmal anders. Da gibt es die Kamerafrau Se-young, eine SingleFrau in Ihren Zwanzigern oder die frisch geschiedene Fotografin Gyeong-eun. Sie und andere erzählen aus ihrem Leben, über schwierige Beziehungen zu ihren eigenen Müttern, zu geschiedenen Ehemännern und Schwiegermüttern, über problematische Strukturen in ‚ganz normalen‘ Familien, in denen Mütter Arbeit, Kinder und Haushalt vereinen und Väter mit ihrem Fernseher ‚verheiratet‘ sind oder in denen Ehemänner ihre Mütter zu Idealfiguren stilisieren, über lieblose Ehen, das System der gesetzlich fixierten Vorherrschaft des Mannes als Familienoberhaupt [Hoju –호주] und über dessen späte Abschaffung im Jahr 2005. Bei aller Problematik und persönlichen Betroffenheit mangelt es den Protagonistinnen nicht an Humor und Unbeschwertheit, was der Dokumentation Frische und einen amüsanten Unterton verleiht. Der Film erzählt von dem Bedürfnis der Frauen nach einem selbstbestimmten Leben und mag erinnern an lang ersehnte Freiheiten eines studentisches Lebens in den eigenen vier Wänden, in denen abseits familiärer Kontrolle geraucht, getanzt, gelacht, Musik gehört werden darf – seien die Frauen nun Mitte vierzig oder Mitte zwanzig, seien sie nun geschieden oder nicht, seien sie nun Mütter oder nicht. Sie haben sich Freiräume geschaffen, mit Konventionen gebrochen und sich für andere Lebensentwürfe entschieden. Kleiner Wegweiser durch den Dschungel koreanischer Verwandtschaftsbezeichnungen Von Gesine Stoyke K urz vor den großen koreanischen Feiertagen - dem Neujahrsfest Seollal (설날) und dem Erntedankfest Chuseok (추석) - tauchen sie vermehrt in koreanischen Tageszeitungen auf: redaktionelle Beiträge, die die Koreaner noch rasch über die korrekte Bezeichnung von entfernteren Onkeln und Tanten, Nichten und Neffen aufklären, bevor sie in ihre Heimatstädte reisen, um jene besonderen Feste im Idealfall mit der gesamten Großfamilie zu begehen. Denn seitdem das Zusammenleben in der Kernfamilie in Korea zur Regel und der Kontakt zur weitläufigeren Verwandtschaft sehr lose geworden ist, tun sich viele Koreaner mit der Zuordnung einzelner Verwandtschaftsgrade schwer. Dies wird einen Europäer nicht weiter überraschen, wenn er der schier unerschöpflichen Anzahl von Begriffen gegenübersteht, die die Koreaner verwenden, um die Beziehungen innerhalb der eigenen Sippe bis ins Detail zu beschreiben. „Schuld“ daran ist der Einfluss des Konfuzianismus während des vorangegangenen Joseon-Reiches (1392 – 1910), der eine Gesellschaft mit einer klaren hierarchischen Ordnung propagierte, in der jeder in Abhängigkeit von seinem Alter, seiner familiären Position und seinem sozialen Status einen bestimmten Platz einzunehmen hatte. Das Ergebnis: die Entwicklung einer für einen Ausländer recht unüberschaubaren Terminologie für verwandtschaftliche Beziehungen, deren Erklärung bei näherer Nachfrage selbst koreanische Muttersprachler ins Schwitzen bringt. Um nur einige Beispiel zu nennen: Für das, was man im Deutschen als „Onkel“ bezeichnen würde, gibt es im Koreanischen mindestens acht verschiedene Begriffe. Der unverheiratete Bruder des Vaters heißt Samchon (삼촌), und je nachdem, ob er älter oder jünger als der Vater ist, kann man noch weiter differenzieren zwischen Keun Samchon (큰삼촌, „großer Onkel“) und Jageun Samchon (작은삼촌, „kleiner Onkel“). Heiratet der Bruder des Vaters, wird er zum Keun Abeoji (큰아버지, „großer Vater“, älterer Bruder des Vaters) oder zum Jageun Abeoji (작은아버지 „kleiner Vater“, jüngerer Bruder des Vaters). Handelt es sich dagegen bei dem Onkel um den Ehemann der Schwester des Vaters, spricht man von Gomubu (고모부). Dieser ist aber nicht mit dem Ehemann der Schwester der Mutter zu verwechseln, denn der heißt Imbobu (이모부). Und der Bruder der Mutter, unabhängig davon, ob er verheiratet ist oder nicht, wird nicht etwa als Samchon (삼촌), sondern als Oesamchon (외삼촌 ) bezeichnet. Beim Ajeossi (아저씨, „Onkel“) schließlich muss es sich nicht um einen leiblichen Verwandten handeln, sondern dies kann auch der Zeitungsverkäufer an der Ecke oder der ältere Kollege in der Firma sein. In diesem Falle gibt die familiäre Bezeichnung dem Verhältnis zwischen zwei einander quasi fremden Menschen einen etwas freundlicheren Anstrich. Auch ist im Koreanischen „Schwester“ nicht gleich „Schwester“ und „Bruder“ nicht gleich „Bruder“. Ein Mann bezeichnet seine älteren Geschwister als Nuna (누나, ältere Schwester) und Hyeong (형, älterer Bruder), eine Frau hingegen spricht von Eonni (언니, ältere Schwester) und Oppa (오빠, älterer Bruder). Jüngere Geschwister werden dagegen als Dongsaeng (동생, jüngeres Geschwister, unabhängig davon, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelt) bezeichnet. Die Verwendung dieser Begriffe (Nuna, Hyeong, Eonni, Oppa und Dongsaeng) ist übrigens auch unter Freunden üblich. Wenn ein Mann eine Frau bittet, Oppa zu ihm zu sagen, bedeutet dies, dass er ein freundschaftlicheres Verhältnis zu ihr aufbauen möchte. Heute nennen jüngere koreanische Frauen altersmäßig über ihnen stehende männliche Bekannte, aber auch ihren Freund Oppa. Eine Gepflogenheit, die wohl zum Ausdruck bringen soll, dass ihnen ihre männlichen Bekannten oder zumindest der eigene Freund so nahe stehen wie der leibliche Bruder. Da viele Koreanerinnen immer noch einen Partner heiraten, der etwas älter als sie ist, 27 Verwandtschaftliche Beziehungen – ausgewählte Bezeichnungen: 아버지 (Abeoji) -아빠 (Appa, informelle Bezeichnung): Vater 어머니 (Eomeoni) - 엄마 (Eomma, informelle Bezeichnung): Mutter 부모님 (Bumonim, honorativ): Eltern 아들 (Adeul): Sohn 딸 (Ttal): Tochter 형 (Hyeong): älterer Bruder 누나 (Nuna): ältere Schwester (von Männern gebrauchte Anrede) 오빠 (Oppa): älterer Bruder (von Frauen gebrauchte Anrede) 언니 (Eonni): ältere Schwester (von Frauen gebrauchte Anrede) 남동생 (Namdongsaeng): jüngerer Bruder 여동생 (Yeodongsaeng): jüngere Schwester 할머니 (Halmeoni): Großmutter väterlicherseits 할아버지 (Harabeoji): Großvater väterlicherseits 외할아버지 (Oeharabeoji): Großvater mütterlicherseits 외할머니 (Oehalmeoni): Großmutter mütterlicherseits 손자 (Sonja): Enkel 손녀 (Sonnyeo): Enkelin 큰아버지 (Keun Abeoji): älterer verheirateter Bruder des Vaters 큰어머니 (Keun Eomeoni): Frau des älteren Bruders des Vaters 작은아버지 (Jageun Abeoji): jüngerer verheirateter Bruder des Vaters 작은어머니 (Jageun Eomeoni): Frau des jüngeren Bruders des Vaters bleibt der Ehemann auch nach der Hochzeit oft der Oppa für sie. Und es vergeht kaum ein koreanisches Popkonzert, bei dem der gut aussehende männliche Leadsänger nicht von weiblichen Fans im Teenageralter mit „Oppa, Oppa“-Rufen angehimmelt wird. Als Imo (이모, eigentlich Tante mütterlicherseits) lassen sich außerhalb des verwandtschaftlichen Rahmens auch enge Freundinnen der Eltern (meist der Mutter) oder weibliche Restaurantangestellte mittleren Alters bezeichnen, die in etwas altmodischen Gaststätten arbeiten. In einem Fünf-SterneRestaurant wäre ein solcher Beiname dagegen unangebracht. Indem die Gäste die Bedienung „Imo“ nennen, fordern sie sie praktisch auf, die Kunden als Teil der eigenen Verwandtschaft zu betrachten. So erhoffen sie sich eine größere Portion oder besseren Service, denn schließlich wäre einer Tante für ihre eigenen Nichten und Neffen auch nur das Beste gut genug. In der koreanischen Seifenoper Ban-jjak ban-jjak Bit-nan-eun (반짝반짝 빛나는, Twinkle Twinkle, 20111) zeigt sich die Protagonistin Jung Won verwundert darüber, dass ihr Begleiter Seung Joon entgegen seines üblichen Naturells die Bedienung als Imo bezeichnet; eigentlich gehört er nicht zu den extrovertierten Typen, die diese vertraute Anrede für Fremde wählen würden. Die Auflösung des Ganzen: Seung Joon zeigte nicht etwa einen unerwarteten Anflug von Lockerheit, sondern die Kellnerin war tatsächlich seine Tante mütterlicherseits. So bieten koreanische TV-Dramen einen interessanten Einblick in die koreanische Soziologie, und beim Verfolgen der Verwicklungen zwischen Großtante und Nichte, Neffe und Onkel 28 zweiten Grades lassen sich gleichzeitig ein paar koreanische Verwandtschaftsbezeichnungen aufschnappen. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Koreaner Mitglieder ihres Clans ansprechen möchten, denn die Anrede beim persönlichen Vornamen kann je nach familiärer Position ein absolutes Tabu darstellen. Die älteren Geschwister beispielsweise würde ein Koreaner niemals beim Vornamen nennen, sondern stets respektvoll als Hyeong (형, älterer Bruder) oder Nuna (누나, ältere Schwester) bezeichnen. Jüngere Geschwister darf er dagegen beim persönlichen Namen rufen - aber nur, bis sie erwachsen sind und/ oder eigene Kinder haben. Danach werden sie zu Dongsaeng (동생, jüngere Schwester/ jüngerer Bruder) oder „Mutter von…“/ „Vater von…“. Ebenfalls nicht beim Vornamen genannt werden dürfen Nichten und Neffen, die älter als die eigene Person sind oder Cousins des Vaters, selbst wenn sie jünger sind. So sollte man sich merken: Jemanden in Korea beim Vornamen anzureden bedeutet entweder, dass man in einem sehr engen Verhältnis zueinander steht oder dass man altersmäßig oder in der familiären Rangordnung eine höhere Position als die andere Person hat. Es gibt nur eine relativ kleine Anzahl von Menschen, die einen Koreaner beim Vornamen ansprechen dürfen, und das sind die Eltern, Großeltern, Onkel und Tanten, älteren Geschwister sowie die engen Freunde, die gleichaltrig oder älter sind. Darüber hinaus ist es gegenüber Dritten nicht üblich, den Verwandtschaftliche Beziehungen – ausgewählte Bezeichnungen: 삼촌 (Samchon): unverheirateter Bruder des Vaters 고모 (Gomo): Schwester des Vaters 고모부 (Gomobu): Mann der Schwester des Vaters 외삼촌 (Oesamchon): Bruder der Mutter 외숙모 (Oesukmo): Frau des Bruders der Mutter 조카 (Joka): Nichte/ Neffe 이모 (Imo): Schwester der Mutter 이모부 (Imobu): Mann der Schwester der Mutter 시어머니 (Si-eomeoni): Schwiegermutter (aus Sicht der Frau) 장모 (Jangmo): Schwiegermutter (aus Sicht des Mannes) 시아버지 (Si-Abeoji): Schwiegervater (aus Sicht der Frau) 장인 (Jangin): Schwiegervater (aus Sicht des Mannes) 며느리 (Myeoneuri): Schwiegertochter 사위 (Sawi): Schwiegersohn 사촌 (Sachon): Cousin/ Cousine 아주버님 (Ajubeonim): älterer Bruder des Ehemannes 형님 (Hyeongnim): Frau des älteren Bruders des Ehemannes/ ältere Schwester des Ehemannes 서방님 (Seobangnim): jüngerer Bruder des Ehemannes (verheiratet)/ Mann der jüngeren Schwester des Ehemannes 동서 (Dongseo): Frau des jüngeren Bruders des Ehemannes 도련님 (Doryeonnim): jüngerer Bruder des Ehemannes (ledig) Namen des eigenen Vaters direkt auszusprechen. Statt dessen werden alle Bestandteile des Namens einzeln genannt und jeweils mit der honorativen Endung „–ja“ (자) ergänzt. Wird ein Koreaner nach dem Namen seines Vaters gefragt und dieser heißt beispielsweise Hong Kil-dong, würde der Sohn folgendermaßen antworten: „Mein Vater heißt Hong-ja Kil-ja Dong-ja“. Bei vielen verwandtschaftlichen Bezeichnungen auf mütterlicher Seite lässt sich das Präfix „oe-“ (외, „entfernt“) finden: Oehalmeoni (외할머니, „entfernte Großmutter“ = Großmutter mütterlicherseits), Oeharabeoji (외할아버지, „entfernter Großvater“ = Großvater mütterlicherseits), Oesonja (외손 자 „entfernter Enkel“ = Sohn der Tochter) und Oesonnyeo (외손녀, „entfernte Enkelin“ = Tochter der Tochter). Bei verwandtschaftlichen Bezeichnungen auf väterlicher Seite wurde dagegen traditionell gern das Präfix „chin-„ (친, nahestehend) vorangesetzt: Chin Sonja (친손자, „nahestehender Enkel“ = Sohn des Sohnes), Chin Sonnyeo (친손녀, „nahestehende Enkelin“ = Tochter des Sohnes). Die Bezeichnung der Großeltern mütterlicherseits als „entfernte Großeltern“ und der Kinder der Tochter als „entfernte Enkel“ wird verständlich, wenn man bedenkt, dass im traditionellen Korea die Eltern kaum noch Kontakt zu ihrer Tochter und deren Nachwuchs hatten, nachdem die junge Frau einmal geheiratet und das Elternhaus verlassen hatte. Von da an wurde sie als Teil der Familie ihres Mannes betrachtet und hatte nur noch selten Gelegenheit, ihr Elternhaus zu besuchen. Heute wird jedoch meist nur noch von Sonja ( 손자, Enkel) und Sonnyeo (손녀, Enkelin) gesprochen. Denn den Großeltern ist es inzwischen ziemlich gleichgültig, ob es sich um die Kinder des Sohnes oder der Tochter handelt - umso mehr in Zeiten, in denen die Geburtenrate auch gerade in Korea einen Tiefpunkt erreicht hat und sich viele Eltern erwachsener Kinder darüber freuen mögen, dass sie überhaupt Enkel haben. Noch eine Anmerkung zum Schluss: Wer durch das Wirrwarr der koreanischen Verwandtschaftsbezeichnungen nicht mehr durchblickt, wird durch die überschaubare Anzahl der koreanischen Familiennamen entschädigt, denn in 45% aller Fälle trägt ein Koreaner den Nachnamen Kim, Lee oder Park,2 und insgesamt sind gegenwärtig nur etwa 250 Familiennamen in Umlauf.3 1 Eine Erfolgsgeschichte über eine Frau, die unverschuldet in Schwierigkeiten gerät und sich aus eigener Kraft daraus befreit. 2 Genaue Aufschlüsselung: Kim (21,6%), Lee (14,8%), Park (8,5%), Choi (4,7%), Jeong (4,4%). Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/ Korean_name 3 Eine Gruppe von Physikern von der Umeå-Universität in Schweden veröffentlichte vor einiger Zeit im New Journal of Physics eine Studie aus Korea, nach der bereits im Jahre 500 20% der auf der koreanischen Halbinsel lebenden Menschen den Familiennamen „Kim“ trugen, obwohl auch rund 150 andere Nachnamen verfügbar gewesen wären. Dieser Anteil sei bis heute relativ konstant geblieben. Diese Beständigkeit wird als Hinweis darauf gewertet, dass die koreanische Kultur trotz zahlreicher politischer, klimatischer und demographischer Einflüsse in den letzten 1500 Jahren eine große Stabilität bewahren konnte (Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wissen/ namensforschung-in-korea-zehntausend-kims-1.1125543). Quellenauswahl: http://blue1004.wordpress.com/2011/07/08/korean-language-andculture-series-aunty-are-you-there/ http://askakorean.blogspot.com/2008/11/how-dare-you-call-me-bymy-name.html 29 MENSCHEN „Gute Köchin, gute Schwiegertochter!“ Interview mit Sophie Bocquelet Illustrationen: Yun So-hee Foto: privat D Sophie Bocquelet ist Französin, wohnt in Deutschland und ist seit sieben Jahren mit einem Koreaner verheiratet. Sie erzählt von der Beziehung zu ihren beiden Schwiegermüttern, der leiblichen Mutter sowie der Stiefmutter1 ihres Mannes. 30 as Verhältnis zwischen Schwiegermüttern und –töchtern ist zuweilen bekanntlich ein prekäres. Welche Rolle spielt die Schwiegermutter in Südkorea, einem Land mit starken familiären Bindungen und Traditionen? Ihr Einfluss ist gemeinhin groß, und die Erwartungen an die Schwiegertochter sind hoch. Eine adäquate Frau soll es sein, die den ihr Angetrauten gut versorgt, sich pflichtbewusst um Kindererziehung und Haushalt kümmert, mit Geld umzugehen weiß und die Kontaktpflege zu den Schwiegereltern nicht vernachlässigt. Mit der zunehmenden Bedeutung und dem wachsenden Status von Mädchen in der koreanischen Gesellschaft haben in jüngster Zeit auch die Mütter der Töchter an Einfluss gewonnen. Nicht ohne Grund heißt es, dass ein Brautpaar nach der Hochzeit zwei Mütter und zwei Väter habe – eine Zuordnung, die sich auch im Sprachgebrauch ausdrückt, in der persönlichen Anrede „Mutter“/„Vater“ ihre Entsprechung findet, wenngleich die Schwiegereltern gemeint sind. 1 Frau Bocquelet wird die leibliche Mutter ihres Mannes nachfolgend auch als „1. Schwiegermutter“ und die Stiefmutter als „2. Schwiegermutter“ bezeichnen. Frau Bocquelet, wie intensiv ist der Kontakt zu Ihren Schwiegermüttern, und wie würden Sie das jeweilige Verhältnis beschreiben? Aufgrund meiner Berufstätigkeit kann ich nur höchstens drei Wochen pro Jahr nach Korea fliegen, was ich seit meiner Heirat auch fast jedes Jahr tue. Die Stiefmutter meines Mannes sehe ich nur zu diesem Anlass im Urlaub, sodass die Beziehung zu ihr etwas oberflächlich ist. Im Gegensatz dazu ist das Verhältnis zu der Mutter meines Mannes mittlerweile sehr eng, da sie uns fast jedes Jahr für ein paar Wochen in Berlin besucht und wir auf diese Weise viel Zeit miteinander verbringen. Worin unterscheiden sich Ihre Schwiegermütter im Wesentlichen, und wie verständigen Sie sich? Meine 1. Schwiegermutter ist ein aufgeschlossener Mensch und mir gegenüber kommunikativer. Sie spricht gebrochenes Englisch und verständigt sich auch unter Einsatz ihrer Körpersprache, weil ihr oft das passende Wort fehlt. Vielfach spricht sie mit mir auch Koreanisch, obwohl sie weiß, dass meine Koreanischkenntnisse nicht immer ausreichen, ein reibungsloses Gespräch mit ihr zu führen. Im Ergebnis meines ständigen Bemühens, sie zu verstehen und mich verständlich zu machen, habe ich mein Hörverstehen verbessert, und nun macht es mir Spaß, mit ihr zu kommunizieren. Meine 2. Schwiegermutter ist dagegen eher schweigsam und introvertiert. Im Gespräch mit mir lässt sie gern meinen Mann übersetzen. Meistens geht es um Gesundheitsfragen - Small Talk also. Welche Erwartungen bestehen an Sie als Schwiegertochter? Inwiefern ist Ihr Verhältnis durch unterschiedliche kulturelle Muster geprägt? So, wie die beiden Schwiegermütter charakterlich recht verschieden sind, unterscheiden sich ihre „Philosophien“ in puncto Familie und diesbezügliche Erwar- tungen. Meine 2. Schwiegermutter hält die traditionellen familiären Werte und die dazugehörigen Förmlichkeiten für sehr wichtig. Darin ist sie sich mit meinem Schwiegervater einig. Ein sehr wichtiger Bestandteil der koreanischen Förmlichkeit ist das Begrüßen durch Verbeugen (인사, „Insa“) und Niederknien (절, „Jeol“). Auf diese Weise zeigt man Höflichkeit und Respekt gegenüber Älteren. Jedenfalls erwarten sie das auch von mir jedes Mal zur Begrüßung und zum Abschied - „Jeol“ bei der jährlichen An-/Abreise, „Insa“ bei jeder täglichen Verabschiedung und Rückkehr. Der Besuch auf dem Friedhof ist bei Koreanern ein sehr übliches, familiäres Ritual. Bei jedem Korea-Besuch fahre ich mit meinen Schwiegereltern in die Berge, um den Friedhof zu besuchen, auf dem die Familienangehörigen beerdigt sind. Da knien wir vor dem Grab jedes verstorbenen Urgroßvaters und jeder Urgroßmutter zweieinhalb Mal nieder. Das Verbeugen war mir am Anfang unheimlich, mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt und finde es sogar witzig. Darüber hinaus gilt in Korea der Grundsatz: gute Köchin, gute Schwiegertochter! Meine 2. Schwiegemutter und mein Schwiegervater hätten mich gern mehr in der Küche gesehen, wenn sie von Verwandten oder Freunden besucht wurden, damit ich die traditionelle Pflicht aller Frauen erfülle. Sie erwarten das, obwohl ich keine Koreanerin bin. Ich bin der Meinung, dass Männer - hier sind natürlich auch und vor allem koreanische Männer gemeint - wenigstens Geschirr spülen können, wenn sie schon nicht kochen können/wollen. Ich betrachte diese Erwartung seitens meiner Schwiegereltern an mich somit als unannehmbare Forderung. Meine 1. Schwiegermutter hat solche Erwartungen nicht. Sie ist selbst berufstätig - meine 2. Schwiegermutter ist Hausfrau - kocht gern für uns, aber wenn sie müde ist oder keine Lust dazu hat, lässt sie das auch. Sie lebt allein und ist pragmatisch, weniger traditionell. Das Verhältnis zwischen einer koreanischen Schwiegermutter und einer nichtkoreanischen Schwiegertochter wird wohl auch maßgeblich dadurch bestimmt, wie viel oder wenig Offenheit und Akzeptanz beiderseits gegenüber kulturellen Unterschieden besteht. Welche Parallelen erkennen Sie in Bezug auf Familientraditionen in Frankreich? Trotz aller Unterschiede sehe ich auch viele Gemeinsamkeiten im Hinblick auf die Familientraditionen beider Kulturen. Auch in Frankreich bildet der Vater das Zentrum der Familie, Männer sind immer noch hauptverantwortlich für das Wohl der Familie. Von Frauen wird diesbezüglich eine gewisse Zurückhaltung erwartet, egal ob sie berufstätig sind oder nicht. Auch wenn es natürlich individuelle Unterschiede gibt, ist diese Tendenz in Frankreich noch deutlich erkennbar. Welche Erwartungen haben Sie an Ihre Schwiegermütter? Was würden Sie sich anders wünschen? Ich erwarte von meiner 2. Schwiegermutter, dass sie mich nicht nur als Frau eines Koreaners sieht, sondern auch als Französin. Ich bin gern bereit, mich verschiedenen kulturspezifischen Besonderheiten anzupassen - aus Respekt, und weil ich es auch genieße, aber ich könnte und würde nicht allen Erwartungen und Verpflichtungen nachkommen, die von einer koreanischen Frau erwartet werden. Von meiner 1. Schwiegermutter wünsche ich mir, dass sie uns noch öfter in Berlin besucht. Das Interview führte Dr. Stefanie Grote 31 Interview mit Ariane Fischer über ihre koreanisch-deutsche Familie Foto: Koreanisches Kulturzentrum MENSCHEN „Ich fühle mich in beiden Welten zu Hause“ Können Sie sich einmal selbst vorstellen? Ich heiße Ariane Fischer, bin Abiturientin aus BerlinReinickendorf und werde bald Architektur studieren. Meine Mutter stammt aus Südkorea, mein Vater aus Deutschland. Meine Mutter kam 1974 als Krankenschwester nach Berlin. Sie lernte meinen Vater, der Arzt ist, bei der Arbeit im Krankenhaus kennen. Haben Sie Geschwister? Nein, leider nicht. Ich hätte gern einen älteren Bruder gehabt. Wie sah das Familienleben bei Ihnen aus? Welche typisch koreanischen, welche typisch deutschen Rituale gab es? Das Jahr wird durch christlich-europäische Feiertage bestimmt. Über koreanische Traditionen und Feiertage sprechen wir, praktizieren sie aber nicht. 32 Gibt es bestimmte Merkmale oder Verhaltensweisen, die typisch für Ihre koreanische oder deutsche Verwandtschaft sind? Meine koreanische Verwandtschaft ist deutlich zahlreicher als meine deutsche Familie. Zwischen den deutschen und koreanischen Verwandten sehe ich keine Unterschiede im Verhalten oder im Umgang miteinander. Meine koreanischen Verwandten sind sehr liebenswürdig und großzügig. Als ich klein war, haben sie mich immer in Wange und Arm gekniffen, um mir zu zeigen, dass sie mich gern haben. Das war ich aus Deutschland nicht gewohnt. Außerdem laden sie uns häufig zum Essen ein, wenn wir in Korea sind. Ähnliches kann ich allerdings auch von deutschen Verwandten berichten. Meine koreanischen Verwandten sind aber – auch im hohen Alter – weitaus aktiver als meine deutschen Verwandten. Eine meiner Tanten unterrichtet, obwohl sie schon pensioniert ist, an einer Grundschule, eine andere Tante geht mehrmals die Woche zum Yoga und kümmert sich um meine Großmutter. Der Familienzusammenhalt ist sehr stark ausgeprägt in Korea. Welche Verwandten leben in Korea? Meine Großmutter, meine drei Tanten, mein Onkel und unzählige Cousins und Cousinen und deren Kinder. Eine Cousine lebt mit ihrer Familie in Florida/USA, und ein Cousin studierte für drei Jahre in Berlin. Haben Sie engen Kontakt zu ihnen? Ich wünschte, der Kontakt wäre enger. Da ich leider kaum Koreanisch spreche, ist es für mich schwierig, mit meinen Verwandten zu kommunizieren. Meine Mutter telefoniert häufig via Webcam mit ihren Geschwistern. Ich winke dann immer in die Kamera, sage ein paar Worte auf Koreanisch, und alle freuen sich. Ich war bereits sechs Mal in Korea. Jedes Mal haben wir bei meiner Großmutter, meinen Tanten oder meinem Onkel gewohnt und haben im Land Rundreisen gemacht. Als ich 2008 Korea besuchte, habe ich am Global Korean Youth Network teilgenommen. 200 Jugendliche aus der ganzen Welt mit koreanischen Wurzeln wurden von der koreanischen Regierung eingeladen, eine Woche die koreanische Kultur und Landschaft zu erkunden. Art zu verreisen als wir: Wichtig ist für sie, möglichst viele Ziele zu erreichen. Ein intensives Kennenlernen fremder Länder ist für sie von nicht so großer Bedeutung. Wie ist es für Sie, in zwei Kulturen zu leben? Was sind die Vorteile, was die Nachteile? Ich bin meinen Eltern dankbar, dass sie meinen Blick auch immer auf meine ferne koreanische Heimat gelenkt haben. Ich fühle mich in beiden Welten zu Hause. Die Reisen nach Korea haben meinen Horizont erweitert. Etwas anstrengend ist die durch die konfuzianische Tradition strenge Erziehungsweise meiner koreanischen Mutter. Vielleicht bin ich ihr später einmal dafür dankbar – im Augenblick habe ich diese Erleuchtung noch nicht. Da ich in Berlin geboren bin, einsprachig erzogen wurde und hier zur Schule gegangen bin, liegt mein Lebensmittelpunkt natürlich in Deutschland. Intellektuell und emotional fühle ich mich allerdings auch Korea sehr verbunden. Das Interview führte Gesine Stoyke Kommen Ihre koreanischen Verwandten öfter nach Deutschland? Seit einiger Zeit. Früher waren Reisen nach Europa unerschwinglich. Heute können sich unsere koreanischen Verwandten Fernreisen leisten. 2002 und 2010 waren sie hier bei uns. Wir sind mit ihnen durch Deutschland und durch einen Teil Europas gereist. Es war sehr schön, aber auch anstrengend, denn meine Verwandten haben eine ganz andere 33 FOTOSERIE Doljabee (돌잡이) Fotos von Felix Park In seinem Projekt „Doljabee“ präsentiert der Fotograf Felix Park Familien unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds, die im Rahmen des Projekts eine Tradition vollziehen, die in Korea am ersten Geburtstag üblich ist. „Doljabee“ bezeichnet einen Brauch, bei dem die Eigenschaften oder Neigungen eines Kindes spielerisch erkundet werden. Hierfür werden dem Kleinkind zum ersten Geburtstag Gegenstände präsentiert, aus denen es einen greifen soll. Jedes Objekt repräsentiert dabei entweder eine berufliche Richtung, Wohlstand oder ein langes, gesundes Leben. Je nach dem vom Kind ausgewählten Gegenstand werden Rückschlüsse auf dessen Zukunft gezogen. Für sein Projekt wählte Felix Park unterschiedlichste Familien aus, die in Berlin zu Hause sind, das mehr als 140 Nationen beherbergt. Die Themen Integration, Bildung und Chancengleichheit sind von hoher gesellschaftspolitischer Relevanz. Mit „Doljabee“ möchte der Fotograf auf künstlerische und dokumentarische Weise einen Beitrag zum allgemeinen Verständnis gegenwärtiger Wünsche und Zukunftssorgen frischgebackener Eltern leisten und Denkanstöße für staatliche bildungspolitische Förderprogramme geben. Noah posiert im Hanbok [한복, koreanische Nationaltracht] auf dem Sofa. 34 Johannes greift beim Doljbabee zum Golfball. Vielleicht wird er einmal Profisportler? 35 Anais entscheidet sich für den Geldschein, der Wohlstand symbolisieren soll. 36 Der einjährige Julian im Kreis seiner Familie mit Schwester Lena und Eltern Tobias und Michaela. 37 KULTUR Park Chan-wooks Rache-Trilogie im Kontext des modernen Kultfilms Von Alexandra Schulz Foto: Sun-Ok Yu Was definiert einen Kultfilm? Alexandra Schulz wurde 1981 als Tochter einer koreanischen Mutter und eines deutschen Vaters geboren. Sie studierte Drehbuch und Dramaturgie an der Filmhochschule Potsdam und lebt heute als freie Autorin in Berlin. Dort schreibt sie Kurzgeschichten, Drehbücher und Texte über Film und ist in allererster Linie ein Fan guter Unterhaltung. 38 Es gibt auf diese Frage keine klare Antwort, und allein das deutet auf eine gewisse Vielfalt hin. Ein Kultfilm muss keinem bestimmten Genre angehören. Er kann gut oder schlecht, teuer oder billig, erfolgreich oder ein ausgesprochener Flop sein. Ob ein Film Kultstatus erlangt oder nicht, entscheidet allein das Publikum. Es spielt sogar keine Rolle, ob ein Großteil der Zuschauer den Film hasst – so lange genug Menschen ihn lieben. Das ist das einzige Kriterium: die Leidenschaft, die der Film in seinen Betrachtern auslöst. Kurz nachdem ich Park Chan-wooks Oldboy zum ersten Mal gesehen hatte, wurde ich Zeuge einer lebhaften Diskussion um den Film. Die meisten Gesprächsteilnehmer waren begeistert, lobten die epische Wucht der Rachegeschichte und die Erbarmungslosigkeit der Darstellung. Ein Zuschauer aber hasste den Film geradezu mit Inbrunst. Er argumentierte, Oldboy sei unmoralisch, geradezu Gesellschaft zersetzend. Themen wie Inzest, Vergeltung und extreme Gewalt gehörten nicht in einer solchen Art und Weise dargestellt. Szenen wie die, in denen der Held Dae Su Oh nach 13 Jahren Gefangenschaft und Isolation gierig einen lebendigen Oktopus verschlingt, oder sich in einem Anfall von Wahnsinn die Zunge herausschneidet, seien unzumutbar. Dieser Zuschauer war offenbar durch den Film tief verstört worden und ließ sich darin auch nicht umstimmen. Die Erkenntnis, die ich aus dem Gespräch gewann, war diese: Ein Regisseur, der es vermag, eine so tiefe und heftige Reaktion bei seinen Zuschauern hervorzurufen, hat etwas Außerordentliches geschaffen. Unmoralisch, Gesellschaft zersetzend: Wie oft hört man diese Dinge im Zusammenhang gerade mit Filmen, die später als Bahn brechend oder besonders mutig gelten? Ein Film kann Kultstatus erlangen, weil er schockierende Bilder enthält wie das Auge, durch das langsam ein Messer gleitet in Luis Bunuels Der andalusische Hund. Er kann Ausdruck eines rebellischen Geistes sein, so wie in dem Fall des Anti-Haschisch-Filmes Reefer Madness von 1936, der in den 1970ern ausgerechnet von der Kifferszene ironisch zu einem Lieblingsfilm erklärt wurde. Er kann für eine florierende Subkultur stehen, wie die Rocky Horror Picture Show, die provokativ mit Sexualität und Gender-Identität spielt. Er kann Kontroversen auslösen wie die tiefschwarze Serienkiller-Komödie Mann Beißt Hund. Er kann Mutprobe sein und Übergangsritus – Tobe Hoopers Texas Chainsaw Massacre oder Takashi Miikes Audition gesehen zu haben, gilt als Auszeichnung, vor allem unter halbwüchsigen Zuschauern. Es sind Filme, die das gewisse Etwas haben. Die cool sind, charismatisch und ein bisschen gefährlich. Die Mischung eben, die auch Oldboy zu einem so beunruhigenden und faszinierenden Film macht. Der amerikanische Filmkritiker Scott Tobias rechnet Oldboy daher auch dem ‚Neuen Kult-Kanon‘1 zu, einer Reihe zeitgenössischer Filme, die in der kulturellen Topografie für das Außergewöhnliche, Abseitige und Aufregende im Kino stehen. Die anderen beiden Filme der Rache-Trilogie, Sympathy for Mr. Vengeance und Lady Vengeance, sind weniger bekannt, weisen aber ihrerseits Aspekte des Kultfilmes auf. Zudem haben sie etwas, das dem Kritikererfolg Oldboy schon fast wieder abhanden gekommen ist – die relative Obskurität, die ebenfalls zu den Charakteristiken eines Kultfilms zählt. Sympathy und Vengeance sind unter Filmfans heiß begehrt und auf dem westlichen Markt selten zu finden, wie in jener Zeit, als man ungewöhnliche Filme noch wie geheime Schätze auf ausgeleierten VHS-Kassetten untereinander tauschen musste. Es reizte mich, die Rache-Trilogie unter den Gesichtspunkten des Kultfilmes zu betrachten. Denn trotz der inhaltlichen und formellen Vielfalt gibt es Elemente, die viele Kultfilme gemeinsam haben: Dazu gehören die Überschreitung von Genregrenzen, der furchtlose Umgang mit gesellschaftlichen Tabus, und die bewusste Negierung von Zuschauererwartungen. Diese Dinge beherrscht Park Chan-wook meisterlich, und das macht seine Trilogie zu einem interessanten Beitrag für einen neuen Kult-Kanon. Sympathy for Mr. Vengeance und Lady Vengeance bedienen sich der Technik des Genrebruchs und das zu einem maximalen Effekt. Es ist interessant, dass Mr. Vengeance der erste der drei Filme ist. Denn wenn man Oldboy nicht kennt und nicht weiß, was einen erwartet, wiegt er den Zuschauer für eine ganze Weile in einem falschen Gefühl der Sicherheit. Mr. Vengeance beginnt allen Anzeichen nach als schwarze, aber launige Gangsterkomödie: der naiv-gutherzige, taubstumme Ryu möchte seiner kranken Schwester helfen und kündigt seinen Job, um mit der erhaltenen Abfindung auf dem Schwarzmarkt eine Niere für sie zu kaufen. Aber er gerät an die falschen Leute und wird sowohl um sein Geld, als auch um seine eigene Niere erleichtert. Seine Freundin, die Anarchistin Yeong Mi, schlägt ihm vor, die Tochter von Ryus ehemaligem Arbeitgeber Dongjin zu entführen. Sie setzen den Plan in die Tat um; aber immer noch scheint es so, als ob es sich bei ihnen eher um Entführer der harmlosen Sorte handelt. Es gibt leicht verstörende Szenen wie die, in der Ryu das weinende entführte Mädchen mit seiner Polaroidkamera durch seine Wohnung scheucht, oder sich ihre Puppe ausleiht, nur um diese später zerschlissen und mit falschem Blut beschmiert an den Vater zu schicken. Trotzdem kann man immer noch denken, man sähe eine schräge Komödie. Ryu will bloß das Leben seiner Schwester retten und ganz offensichtlich niemandem etwas zuleide tun. Ungefähr nach der Hälfte aber macht der Film eine der tückischsten 180 Grad-Wendungen, die es im zeitgenössischen Kino zu erleben gibt, und das mit einer vernichtenden Konsequenz. Als Ryus Schwester von der Entführung erfährt, nimmt sie sich aus lauter Scham das Leben. Überwältigt von Trauer, begräbt Ryu sie an einem Fluss. Dabei verliert er das kleine Mädchen aus den Augen, das ins Wasser stürzt und ertrinkt. Plötzlich wandert der Fokus des Films von dem tollpatschigen Entführer Ryu auf Dongjin und wird zur pechschwarzen Studie über einen trauernden Vater, der zu einem von Rache Getriebenen wird. Nach dem Tod des Mädchens verfällt der Film fast in so etwas wie eine Totenstarre, in Entsprechung zu dem lähmenden, unausweichlichen Horror, den der Familienvater lebt, bis klar wird, dass er gar keinen anderen Weg mehr einschlagen kann als den der Rache. Auch der Film Lady Vengeance (im Koreanischen sarkastisch betitelt „Die gutherzige Frau Geumja“) macht seinen Anfang als gallige schwarze Komödie. Geumja sitzt im Gefängnis; sie hat gestanden, einen kleinen Jungen ermordet zu haben, und ist die einzige, die weiß, dass der wahre Mörder noch auf freiem Fuß ist. Nach ihrer Entlassung setzt sie alles daran, den Verantwortlichen zur Strecke zu bringen. Zu diesem Zweck hat sie schon im Frauengefängnis angefangen, ein feines Netz aus Verbündeten zu spinnen. Sie wird von den anderen Insassinnen als Heldin gefeiert, weil sie eine besonders tyrannische Mitgefangene aus dem Weg räumt, erbt aber auch deren Spitznamen als ‚die Hexe‘. Diese Doppelbödigkeit zeichnet Geumja aus. Sie hat das Gesicht eines Engels und wird doch von schrecklicher Mordlust getrieben. Sie schneidet sich vor den Augen der Eltern des ermordeten Jungen einen Finger ab, um Vergebung zu erlangen, aber erschießt kaltblütig den kleinen Hund ihrer Tochter, um ihren neu angeschafften Revolver auszuprobieren. Geumja ist die irritierendste Heldin der Rache-Trilogie. Mit ihrer eiskalten Beherrschung wirkt sie weit weniger verzweifelt als die männlichen Helden in Sympathy for Mr. Vengeance und Oldboy. Aber dafür werden die Momente, in denen ihre Verzweiflung durchscheint, mit besonderer Zärtlichkeit gezeichnet. Wie Sympathy for Mr. Vengeance kippt auch Lady Vengeance endgültig von schwarzer Komödie in dunkelstes Drama, als sie ihre Rache an dem Kindermörder Baek vollzieht, in einer der verblüffendsten und beklemmendsten Filmszenen der letzten Jahre. Hier zeigt sich etwas, das alle drei Filme der Rache-Trilogie auszeichnet, und das zu den wichtigsten Charakteristika des Kultfilms gehört: Park Chan-wooks Auge für Tabus und sein 39 schonungsloser Umgang mit ihnen. Mr. Vengeance und Lady Vengeance brechen mit einem der größten erzählerischen Tabus überhaupt: dem gewaltsamen Tod von Kindern. Der Tod von Kindern spielt dabei auch eine Rolle im Umgang mit Zuschauererwartungen. Selbst erfahrene Kinogänger gehen in der Regel nicht davon aus, dass Kinder in Filmen zu Schaden kommen. Umso vernichtender ist der Stimmungsumschwung in Mr. Vengeance, wenn die Kamera scheinbar minutenlang die lautlose Obduktion des kleinen Mädchens begleitet und Dongjins bodenlose Trauer dokumentiert. Dies wird auf die Spitze getrieben in Lady Vengeance, wenn ein ganzer Raum voller Eltern gezwungen wird, die letzte Augenblicke ihrer ermordeten Kinder auf Tonband anzuhören. Es sind Momente ausgesuchter Grausamkeit, die fast dazu einladen, wegzusehen und sich zu distanzieren. Aber Park Chan-wooks immersive Regie macht es nahezu unmöglich; die Erlösung kommt nicht. Weder für den Zuschauer, noch für die Protagonisten. Das Tabu, das in Oldboy gebrochen wird, ist Inzest – und das auf zwei Ebenen (ein Bruder begehrt seine Schwester; ein Vater schläft, wenn auch unwissend, mit seiner Tochter, und beide Ereignisse sind untrennbar miteinander verknüpft). In allen drei Fällen ist der Tabubruch nicht nur dazu da, um zu schockieren, sondern ein integraler Bestandteil der Geschichte. Sympathy for Mr. Vengeance, Oldboy und Lady Vengeance sind keine herkömmlichen Rache-Filme. Der klassische Rache-Film – Der Hügel der blutigen Augen, Ein Mann sieht rot, Kill Bill – bietet dem Zuschauer ein kathartisches Erlebnis an. Die Protagonisten wirken gerechtfertig in ihrem Wunsch nach Rache, sodass man sich auf ihre Seite schlägt und ihren Feldzug als befriedigend erlebt. Die drei RevengeFilme von Park Chan-wook untergraben dieses Element oft auf tückische Weise. Sie drehen sich nicht ausschließlich um Vergeltung, sondern vor allem auch um Trauer. In allen drei Filmen tun die Hauptfiguren monströse Dinge, um ihren Schmerz zu betäuben. Dongjin in Mr. Vengeance tötet grausam die junge Yeong Mi, weil er mit dem Tod seiner Tochter nicht fertig wird. Aber er kann die bittere Tatsache, dass er sein Kind verloren hat, nicht auslöschen, bis er selber im blutigen Showdown des Films ausgelöscht wird. Woojin in Oldboy quält Dae Su Oh wie ein Insekt und macht ihn durch Manipulation und Hypnose zu einem Monster, kann aber letztendlich seine eigene Beteiligung am Selbstmord seiner Schwester nicht ungeschehen machen. Geumja in Lady Vengeance will den Kindermörder zur Strecke bringen, für dessen Verbrechen sie damals unter Zwang die Schuld auf sich nahm und ins Gefängnis ging. Aber nachdem sie den Tod des Mannes orchestriert hat, erscheint ihr der Geist des kleinen Jungen, den Baek ermor- 40 det hat, und schiebt ihr einen Knebel in den Mund. Weil sie geschwiegen hat, hat der Mörder weiter gewütet, hat noch mehr Kinder ermordet. So wie alle Helden in Parks RacheTrilogie findet sie keine Vergebung, keine Erlösung. Obwohl alle drei Filme Szenen ästhetisierter Gewalt enthalten – am berühmtesten wohl die Szene in Oldboy, in der es Dae Su Oh nur mit einem Hammer bewaffnet mit einem ganzen Korridor voller Schläger aufnimmt – kann man nicht behaupten, dass Gewalt in Parks Filmen glorifiziert wird. Denn in allen drei Fällen führt die Gewalt nur weiter eine Abwärtsspirale hinunter in eine schreckliche Leere, aus der es kein Entrinnen gibt – außer durch Tod, völliges Vergessen oder Wahnsinn. Der einprägsame visuelle Stil, die verschachtelten Stories und die Topografie der Gewalt würden wahrscheinlich schon ausreichen, um den drei Revenge-Filmen Kultstatus zu sichern. Aber Park geht einen Schritt weiter. Weil seine Filme die Idee des Rachefilmes dekonstruieren, weigern sie sich, versöhnlich zu sein, und hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Frei von der politischen Zensur, die den koreanischen Film noch in den 1980ern zurückhielt, hat sich in Korea eine Generation von Filmemachern etabliert, die ungewöhnliche Filme machen und sich weigern, im Untergrund zu bleiben. Die Tatsache, dass schwierige (und schwer verdauliche) Filme wie Lady Vengeance und Oldboy zu den erfolgreichsten koreanischen Filmen aller Zeiten gehören, zeigt vor allem auch, wie aufgeschlossen das koreanische Publikum ist, und dass es weit mehr von seiner Unterhaltung erwartet als nur leichte Kost. Was beeindruckend ist, wenn man etwa das amerikanische Blockbuster-Kino dagegenhält. Kultfilme sind dazu da, Grenzen zu überschreiten und einen neuen, kulturellen Kanon zu schaffen, der international Geltung besitzt. Durch Regisseure wie Park Chan-wook gestaltet der koreanische Film diese Bewegung aktiv mit und kann für Filmschaffende in aller Welt eine Inspiration sein. 1 http://www.avclub.com/features/the-new-cult-canon/ KULTUR B-Boying in Korea W Fotos: privat Axel Altmann wurde 1987 in Berlin geboren. 2003 kam er über Freunde zum B-Boying. Seitdem trainiert er fast täglich. Mit seiner Gruppe konnte er 2010 den dritten Platz bei der deutschen Breakdance-Meisterschaft erzielen. ettkämpfe sind in jeder Sportart wichtig. Nicht nur für den Zuschauer, sondern auch für den Sportler selbst. Durch den direkten Vergleich mit anderen Teilnehmern wird er gezwungen, seinen Leistungsstand abzurufen und diesen einzuschätzen. Daraus entsteht sportlicher Ehrgeiz und dadurch Entwicklung für den Sport selbst. Jedoch sind die Kriterien, an denen man sich misst, nicht so leicht zu definieren, und diese sind auch abhängig vom Sport selbst. Deshalb stellt sich die Frage, woran man sich misst. An einem früherem Leistungsstand? An einer höheren Maxime oder schlichtweg an den Besten? Beim B-Boying1 ist diese Frage ziemlich leicht zu beantworten: Am Beispiel Korea. Kein anderes Land der Welt hat sich in den vergangenen Jahren zu solcher Dominanz in diesem noch recht jungen, oft unverstan- Von Axel Altmann denen Sport entwickelt. Während sich in Deutschland das Bild von Breakdance, wie B-Boying bei uns noch genannt wird, in den letzten Jahren nicht geändert hat, hat Korea es geschafft, nicht nur dieses alte Verständnis des Tanzes aufzubrechen, sondern es gar neu zu entwickeln. Um das zu verstehen, muss zunächst erklärt werden, welches Bild hier in Deutschland und welches in Korea vorherrscht und wieso es überhaupt diesen Unterschied gibt. Dazu muss man sich zuerst die Entstehung und Entwicklung von B-Boying (Breakdance) anschauen. B-Boying ist in den 1970er Jahren in New York bzw. in der Bronx entstanden und war zunächst eine Mischung aus vielen einzelnen Tänzen und Einflüssen. B-Boying schuf eine Basis, die damals allen Ethnien und Altersgruppen zugänglich war, was auch die verschiedenen Einflüsse und die rasche Popularität erklärt. Der Tanz war eine 41 Foto: privat Axel Altmann bei einer Performance Mischung aus Capoeira, Electric Boogaloo, Good Foot Step und vielem mehr. Außerdem war er eine gesunde und willkommene Abwechslung zum Gang-Alltag vieler Bronx-Bewohner. Verbreitet wurde der Tanz dann durch amerikanische Soldaten, die in Deutschland, Frankreich und Korea stationiert waren. Während die Entwicklung in Deutschland sofort in den 1980er Jahren begann, blieb sie in Korea vorerst aus und setzte erst in den 1990er Jahren ein, als Deutschland den Zenit seiner Entwicklung erreichte. Danach hat Deutschland es versäumt, Nachhaltigkeit zu schaffen, weswegen der Nachwuchs ausblieb. Die Entwicklung blieb stehen und deshalb auch das nach außen getragene Bild in den Medien. Wer heutzutage an Breakdance denkt, hat zunächst das Bild von Drehungen auf dem Kopf oder Rücken oder unverständliche Schritte vor Augen. Und was unverständlich ist, gilt als Willkür. So scheint es, als ob Breakdancer nicht wirklich wissen, was sie tun. Dass es überhaupt eine mediale Präsenz gibt, liegt an der Kommerzialisierung in den 1980er Jahren. Man erkannte das wirtschaftliche Potenzial und verstärkte dadurch diese fragwürdige Darstellung des Tanzes. So wurde B-Boying in Breakdance umbenannt und der Tanz in eine bestimmte Richtung gedrängt. Dieser Prozess blieb in Korea aus, wodurch das Land etwas Essenzielles behielt: die Freiheit in der Entwicklung. Denn im Gegensatz zu anderen Sportarten oder Tänzen gibt es keine Richtlinien oder Zwänge beim B-Boying. D.h., es gibt keine bestimmte Abfolge, die einzuhalten ist oder eine B-Note oder bestimmte Bewegungen, die in einen Wettkampf einzubringen sind. Man wird nach simpleren Dingen bewertet: nach Schwierigkeit und nach Kreativität. Nach Stil und Dynamik. Nach Musikalität und Power. Der Tanz lebt von seiner Entwicklung an sich. Eine neu erdachte Bewegung 42 wird durch ihren Erschaffungsprozess immer als schwieriger eingestuft als Altes. Dadurch entwickelten sich viele verschiedene Stile und immer komplexere Schritte, und Korea wurde Sinnbild für technische Perfektion und freie Entfaltung. Diese Freiheit wurde international das erste Mal im Jahre 2001 wahrgenommen, als die Gruppe Visual Shock bei der inoffiziellen Weltmeisterschaft des Breakdance, Battle of the Year (BOTY)2, den Preis für die „Beste Show“ erhielt und den 4. Platz erreichte. Nur ein Jahr später gewann dann die Expression Crew als erste asiatische Gruppe den 1. Platz. In den Jahren darauf folgte der rapide und unaufhörliche Aufstieg an die Weltspitze. Korea gewann die Weltmeisterschaft danach noch weitere fünf Male: in den Jahren 2004, 2005, 2007, 2009 und 2010. Auch dieses Jahr gilt die koreanische Jinjo Crew beim Battle of the Year als Favorit. Ihren Status verdanken die Koreaner vor allem ihrer Homogenität. Keine Szene der Welt scheint sich so einig in ihren Zielen und Vorstellungen. Es geht darum, Korea durch den Tanz nach außen zu tragen und die Zeit, die den B-Boys zum Tanzen bleibt, zu nutzen. Da jeder Koreaner immer noch zwei Jahre Militärdienst ableisten muss und beim Militär das Tanzen verboten ist, werden junge koreanische Männer auf diese Weise gezwungen, ihre Ziele früher zu erreichen. Denn wer nicht trainiert, verliert seine Fähigkeiten. Aus diesem Grund trainieren viele hart – das Training umfasst viele Stunden täglich - und inspirieren durch ihre Leistungen Menschen auf der ganzen Welt. So bin ich durch eine koreanische Gruppe zum B-Boying gekommen, was mein Interesse an Korea geweckt hat. Seitdem riss meine Liebe für den Tanz und meine Faszination für das Land nie ab. Und ich erwarte auch in diesem Jahr mit Spannung die koreanischen Gruppen und wünsche ihnen viel Erfolg bei der Weltmeisterschaft am 19. November 2011 im französischen Montpellier. 1 B-Boying: eine andere Bezeichnung für „Breakdance“, eine populäre Form des Straßentanzes, die in den frühen 1970er Jahren als Teil der Hip-Hop-Kultur von jungen Afroamerikanern und Latinos in New York City entwickelt wurde (http://de.wikipedia. org/wiki/Breakdance) (Anm. d. Red.). 2 Battle of the Year: das größte internationale BreakdanceTurnier der Welt, deshalb wird es auch als „Weltmeisterschaft des Breakdance“ bezeichnet (http://de.wikipedia.org/wiki/Battle_of_the_Year). Nationale Vorentscheidungen münden in ein Finale, das in diesem Jahr in Montpellier, Frankreich, stattfindet (Anm. d. Red.). „Wir B-Boys reisen durch die ganze Welt, tragen die koreanische Flagge vor uns her und steigern das Prestige Koreas im internationalen Ausland“ Interview mit dem koreanischen B-Boy Spring Ich freue mich sehr, dass du dich zu einem Interview bereiterklärt hast. Könntest du dich selbst einmal kurz vorstellen? Foto: B-Boy Spring Hello everyone! Ich lebe in Südkorea und mein Künstlername ist B-Boy Spring. Ich trete in den beiden Breakdance-Gruppen T.I.P. Crew und Leadmos Crew auf. Die T.I.P. Crew ist 1996 aus der Gruppe B-Boy Virus hervorgegangen; sie ist eine der repräsentativen koreanischen Crews [Bezeichnung für eine Breakdance-Gruppe], die bis heute erfolgreich sind. Leadmos Crew ist ein Zusammenschluss von sehr starken koreanischen Breakdancern. Ich performe mit den Künstlern Kill, Beast, GreatMan, Flex, Sukist, Shorty Force, King und vielen anderen, die in der B-BoySzene sehr bekannt sind. Wann hast du mit dem Breakdance begonnen, und warum? Koreanische B-Boys beginnen in aller Regel im 1. oder 2. Jahr der Mittelschule mit dem Breakdance. Ich selbst bin aber erst sehr spät zum Tanz gekommen, erst im 2. Jahr der Oberschule. Dazu gibt es folgende Anekdote: Im unteren Jahrgang meiner Schule gab es einen Typen, der sich von niemandem etwas sagen ließ und immer Chaos um sich herum verbreitete. Der meinte eines Tages zu mir, dass er aktiver B-Boy sei. Ich habe insgeheim vor Lachen geprustet und gedacht: „Du doch nicht“. Damals habe ich ihn nicht ernst genommen. Ein, zwei Monate später hatte er jedoch in der Schule einen Showcase [Vorzeigeprojekt]. Seine Performance war wirklich cool! Es war für mich geradezu schockierend, zu sehen, wie sich dieser Schüler von der mir bekannten Person in einen völlig anderen Menschen verwandelte. Ich bekam regelrecht eine Gänsehaut. 43 Danach habe ich meinen Stolz überwunden und ihn gefragt, ob er mir Breakdance beibringen könne. Ab da habe ich das Tanzen von ihm gelernt. Das ist meine Geschichte. Ich bin jetzt seit sieben Jahren B-Boy, und ich liebe es! ich quasi seit sechs Monaten nur einen Arm benutzen kann. Deshalb sitze ich jetzt von 9.00 Uhr morgens bis 18.00 Uhr abends im Bezirksamt, um dort meinen Wehrdienst abzuleisten. Ich bin nun Zivildienstleistender… ha, ha. Könnest du uns einen Einblick in die koreanische B-Boy-Szene geben? Was gefällt dir, was nicht? Wegen der Wehrpflicht kann ich erst nach 18.00 Uhr Breakdance trainieren, und wenn ich [zu einem Wettbewerb] ins Ausland reisen will, muss ich erst die Genehmigung des Staates einholen. Ich denke, dass die koreanischen B-Boys wirklich großartig sind, und wenn man sich ihr Übungspensum anschaut, weiß man auch, warum. Die Jinjo Crew1 beispielsweise übt zwischen sieben und acht Stunden pro Tag. Ebenso intensiv wie die investierte Zeit ist ihre Liebe und Leidenschaft für den Tanz. Von den Jams2 koreanischer B-Boys bin ich allerdings sehr enttäuscht. Ich besuche oft die Performances anderer Tanzgenres wie Popping3, Locking4, Krumping5 und Hip-Hop. Die Art, wie die Künstler dieser Stilrichtungen agieren, ist sehr offen. Die Gefühlsäußerungen der B-Boys sind dagegen oft alles andere als offen. Wenn ich sehe, wie sie die Arme kreuzen und bei den einzelnen Bewegungen nicht viel Spaß zu haben scheinen, dann werde ich unmerklich zum Kritiker der B-Boys. Ich würde es begrüßen, wenn die koreanischen Breakdancer extrovertierter würden, wirklich gute Jams lieferten und die koreanische B-Boy-Szene noch dynamischer präsentieren würden. Was ist deiner Meinung nach der Grund für den Erfolg koreanischer B-Boys? Wie ich bereits oben erwähnt habe, hebt sich das Übungspensum koreanischer B-Boys deutlich von dem der Breakdancer anderer Länder ab. Sie trainieren viel mehr. Wenn koreanische B-Boys an internationalen Wettbewerben teilnehmen, verschmilzt die gesamte Crew zu einer Einheit. Für die Vorbereitung auf das jeweilige Event geben sie wirklich alles und lassen kein einziges Training bei Sonnenaufgang aus. Deshalb ist es für die Teams anderer Länder auch schwer, die koreanischen Crews zu schlagen. Ihre Energie und die Art, wie sie ihre Kräfte bündeln, sind tatsächlich einzigartig. Wie beeinträchtigt die Wehrpflicht6 die koreanischen B-Boys? Meiner Meinung nach ist die Wehrpflicht für die Existenz eines B-Boys lebensbedrohlich! Ich selbst bin auch gerade dabei, meinen Wehrdienst abzuleisten. Da ich mich aber beim B-BoyTraining verletzt habe, bin ich in der schwierigen Situation, dass 44 Die Militärzeit dauert in Korea insgesamt zwei Jahre; ich habe bereits ein Jahr und vier Monate absolviert. Dass ich in der Zeit, in der die anderen B-Boys trainieren, im Dienst sein muss, belastet mich sehr. Ständig vermisse ich das Training. Aber ich schätze mich glücklich, weil ich trotzdem, wenn auch in sehr eingeschränktem Maße, trainieren kann. Wenn ich Freunde sehe, die bereits ein Jahr und acht Monate ihres Wehrdienstes hinter sich haben, tut mir das im Herzen weh. Der Großteil der B-Boys fängt nach dem Militär wieder mit dem Breakdance an. Zu dem Zeitpunkt liegen ihre Fähigkeiten jedoch meist weit hinter dem zurück, was sie ursprünglich konnten. Viele erleben dann einen Einbruch und geben das Tanzen vollständig auf. Obwohl das B-Boying kein Sport, sondern ein Tanz ist, wäre es schön, wenn man uns als offizielle Repräsentanten unseres Landes anerkennen würde. Wenn es die koreanische Fußballnationalmannschaft bis ins Achtelfinale schafft, dann werden die Spieler, die Ersatzspieler und selbst die Reservespieler vom Militärdienst befreit. Wir B-Boys reisen durch die ganze Welt, tragen die koreanische Flagge vor uns her und steigern das Prestige Koreas im internationalen Ausland. Es ist wirklich traurig, dass dies in Korea noch nicht gebührend anerkannt wird. Was ist deine Motivation, mit dem Training fortzufahren? Es ist die Leidenschaft für das B-Boying… Wie ich bereits sagte, wird in Korea der Wert des Tanzes bislang noch nicht richtig anerkannt. Es ist schwer, davon zu leben. Deshalb arbeiten die B-Boys alle in anderen Berufen. Aber wir können durch das Tanzen unseren Traum verwirklichen. Es ist wirklich ein schöner Traum. Andere fragen uns immer: „Könnt Ihr von eurem Traum leben?“ Ich möchte ihnen entgegnen: „Wirst du es im Anblick deines Todes bereuen, nicht genug gegessen zu haben? Oder wirst du es bereuen, deinen Traum nicht verwirklicht zu haben?“ Was war dein erster Eindruck von Deutschland, und welche Unterschiede gibt es zwischen den B-Boy-Szenen beider Länder (Korea und Deutschland)? Deutschlands B-Boys sind immer eine große Inspiration für mich gewesen. Ich glaube, dass sie mich dazu motiviert haben, mich noch mehr anzustrengen. Besonders als ich jung war, mochte ich die Moves [Bewegungen] von Salajin der Crew Terror Bunch. Ich mag wirklich den Flavor [Aroma] und die Color [Nuance] deutscher B-Boys. Sie lernen fortwährend kreative Moves, die die übrigen nicht ausführen, und entwickeln diese weiter. Wenn ich heute die Moves von Crews wie Lil Amok und Airdit sehe, denke ich, dass ich noch weit hinter ihnen zurückliege. Mit deutschen B-Boys habe ich mir noch keinen Battle [Wettkampf] geliefert. Deshalb hoffe ich, dass bald der Tag kommen wird, an dem ich die Gelegenheit dazu haben werde. In welche Richtung wird sich deiner Einschätzung nach die weltweite B-Boy-Szene entwickeln? Die neue Generation wird die Welt umstürzen! Ich sage das vielleicht, weil ich selbst zur neuen Generation gehöre. Möchtest du den Lesern noch ein paar letzte Worte mit auf den Weg geben? Das Interview führte Axel Altmann Übersetzung aus dem Koreanischen: Gesine Stoyke Anmerkungen der Redaktion: 1 Siehe dazu auch den Artikel „B-Byoing in Korea“ in dieser Ausgabe. 2 Breakdance-Veranstaltung, den Wettkampf geht. bei der es eher um das Miteinander als um 3 Popping: eng mit Breakdance verbundener Tanz, bei dem es vor allem um Pops – Muskelkontraktionen zur Musik – geht. 4 Locking: einer der wichtigsten Hip-Hop-Tänze, der in enger Verbindung zum B-Boying steht und zu Funk Musik getanzt wird (http:// de.wikipedia.org/wiki/Locking_%28Tanz%29). 5 Krumping: aggressiver, extrovertierter Tanz mit vielen Armschwingungen. 6 Schätzungsweise vier von fünf aktiven koreanischen B-Boys zögern den Militärdienst so lange wie möglich hinaus, verletzen sich selbst oder täuschen eine psychische oder physische Erkrankung vor, um die Wehrpflicht zu umgehen (http://www.salon.com/entertainment/ feature/2008/06/26/korean_hiphop/print.htm). Elf Mitglieder der Crew Gamblers wurden 2010 festgenommen, nachdem sie versuchten, den Militärdienst zu vermeiden, indem sie ihre Schultern mit schweren Lautsprecherboxen auskugelten (http://killthebeat.com/gamblerz-crewarrested-for-dodging-military-service-2010/). Ebenso wurden 2010 neun Mitglieder der T.I.P. Crew arrestiert, die eine mentale Erkrankung vortäuschten (http://morethanastance.com/blog/2010/05/tip-membersarrested-in-seoul-for-evading-military-service/). Foto: B-Boy Spring Zunächst einmal möchte ich mich für dieses Interview bedanken. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, würde ich gern nach Deutschland kommen und mit dir Tanztechniken austauschen. Much love and respect! 45 PORTRÄT „Beim Theater und Film finde ich wichtig, dass alles Magie bleibt“ Interview mit Bonn Park Bonn Park wurde 1987 in Berlin geboren. Er begann bereits im Alter von 11 Jahren, Theaterstücke zu schreiben und selbst zu inszenieren. Während und nach seinem Abitur 2007 wirkte er als Nebendarsteller für die ARD-Serie „Die Stein“ sowie in diversen Kurzfilmen mit. Seit 2008 sammelte Bonn Park Erfahrungen als Regiehospitant und Kleindarsteller an der Volksbühne Berlin, u.a. bei Frank Castorf, Werner Schroeter und René Pollesch, inszenierte im dortigen Jugendtheater p 14 „Die Orestie“ sowie „Die Ratten“ und realisierte 2009 sein erstes Kurzfilmprojekt. „WALBURGA“, der letzte von mittlerweile fünf kurz- und mittellangen Filmen, hatte erst vor wenigen Wochen im Juni Premiere an der Volksbühne. 2010 nahm Bonn Park das Studium „Szenisches Schreiben“ an der Universität der Künste Berlin (UDK) auf und inszenierte dort die bislang zweiteilige Minidramen-Serie „< insert title here> - Based On A True Story“. Im Mai dieses Jahres wurde sein erstes abendfüllendes Theaterstück „DIE LEIDEN DES JUNGEN SUPER MARIO IN 2D“ mit dem in Höhe von 6.000 Euro dotierten Innovationspreis des Heidelberger Stückemarkts ausgezeichnet. Im Rahmen des 1. Karlsruher Dramatikerfestivals (01. – 03. Oktober 2011) ist eine Buchpublikation der Zeitschrift „Theater der Zeit“ zum Thema „Stadt der Zukunft“ geplant, die auch einen Text des Autors mit dem Titel „Karlsruhe 2289: Johnny Kilometà und die Beerdigung von Gott Faust – Ein Trailer“1 enthält. Diese Auseinandersetzung wird von einem befreundeten Regisseur inszeniert. Foto: Dr. Stefanie Grote 1 Streichung so im Original-Titel. 46 Herr Park, worum geht es in Ihrem Theaterstück „DIE LEIDEN DES JUNGEN SUPERMARIO IN 2D“, für das Sie den Innovationspreis erhalten haben? Super Mario kennt jeder. Er ist eine Spielfigur-Ikone der japanischen Computerspiele-Firma Nintendo, ein Klassiker, der erste Computerspiele-Held, den es gab.2 Super Mario bewegt sich zweidimensional und macht im Grunde immer das gleiche - er tötet kleine Monster und befreit eine Prinzessin. Er ist ein kleiner dickbäuchiger Italiener mit Schnurrbart und übt den Beruf des Klempners aus. Das Geschehen spielt aber nicht in Italien, sondern in irgendwelchen fiktiven Welten. Der Hauptgegner ist eine Riesenschildkröte mit stacheligem Panzer, die Super Mario töten muss, um die Prinzessin zu befreien – das ist seit ca. 20 Jahren immer die gleiche Geschichte. Der Gedanke war, dass jemand in einer zweidimensionalen Welt gefangen ist, dass er eine Ikone ist, Vorbild und Generationsbegleiter für Leute in meinem Alter. Es geht mir um die Reflektion der Frage, wie menschlich Super Mario ist, und was er tun würde, wenn er Mensch wäre. In meinem Stück hat er sich entschieden, nicht mehr Superheld zu sein und schafft es auch nicht, die Prinzessin zu befreien; das macht dann sein Bruder Luigi, der auch Klempner ist. Super Mario begeht am Ende Selbstmord und kommt an einen anderen Ort. Was war Ihre Intention, genau dieses Stück zu schreiben? Ich hatte die Idee vor mehr als zweieinhalb Jahren. Zunächst schoss mir der Titel durch den Kopf, den ich sehr mochte, weil viel darin steckt, was erzählenswert ist. Ich fand es spannend, eine Ikone der Pop-Kultur zu finden, die aber nicht als solche wahrgenommen wird, über die man in den BoulevardMedien nichts liest, weil Mario keine Interviews geben kann, weil es keine Paparazzi-Bilder von ihm gibt, weil nichts über seine Liebschaften zu berichten ist. Er kann sich nicht selbst erklären. Er ist nicht mündig. Mario ist eine Figur, die jeder kennt, die aber kein handelnder oder denkender Mensch ist und deshalb auch so nicht wahrgenommen werden kann. Es ging um die Ikone, die zwar kein Mensch ist, aber trotzdem so bekannt, so populär wie ein Mensch, wie beispielsweise Madonna in den Achtziger-/Neunzigerjahren. Im Unterschied dazu kann Madonna aber Interviews geben, heiraten, Kinder bekommen und adoptieren, für Afrika spenden und alles Mögliche für ihre Außendarstellung tun oder tun lassen. Mario erreicht diese Popularität, obwohl er gar nicht mal gut aussieht und lächerlich gezeichnet ist. Es wäre schön, wenn Andy Warhol ihn porträtieren würde, wenn er noch lebte. Ihr künstlerisches Repertoire reicht von Schauspielerfahrung über das Schreiben und Inszenieren von Theaterstücken bis hin zum Filmschaffen. Worin besteht für Sie persönlich der besondere Reiz jedes einzelnen Kreativbereiches? Anfangs wollte ich Schauspieler werden, habe das auch gemacht im Film und auf der Bühne, aber schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist, weil mich die Situation des Vorsprechens stresst und sich nicht gut anfühlt. Vom Jugendtheater habe ich mich sehr angesprochen gefühlt. Das Regieführen und das Schreiben haben mich dann mehr interessiert als das Schauspielern. So kam ich auch zu meinem jetzigen Studiengang „Szenisches Schreiben“. Welches ist Ihr größter Wunsch im Hinblick auf Ihre berufliche Entwicklung? Wahrscheinlich schreibe ich, weil ich ganz viel Narzissmus in mir habe. Selbstdarstellung, Beliebtheit und Ruhm sind wichtig. Ich möchte wahrgenommen werden. Ich will den Oscar gewinnen, aber wenn das nicht passiert, ist es auch nicht so schlimm. Ich glaube aber, dass ich noch suche und mich noch nicht entschieden habe, was ich wirklich mit meiner Arbeit will. Ich schreibe immer etwas völlig anderes und mache auch immer unterschiedliche Filme, die sich ästhetisch unterscheiden und ganz andere Geschichten erzählen und manchmal auch keine Geschichten erzählen. Ich empfinde den Input beim Theater kleiner, weil das deutsche Theater extrem inzestuös ist; es blickt leider oft und viel zu sehr nur auf sich, und ist meistens sehr dröge und einseitig – auf eine deutsche Art und Weise. Man schafft es kaum, in ein Nachbarland zu schauen, weiter weg eher noch weniger. Z.B. ist das Musical in den USA sehr etabliert und eine hochkulturelle Form, aber auch sehr populär. Die Wahrnehmung von Theater ist dort eine ganz andere, was ich großartig finde. In Deutschland ist das Musical eigentlich verpönt und eine Form, über die wenig nachgedacht wird, statt zu erkennen, dass das eine spannende Form ist, mit der man Themen verhandeln kann, die man im Theater nicht verhandeln kann oder nur auf eine andere Art und Weise. Vielleicht ist das eines meiner Ziele, dieses Denken ein wenig aufzubrechen. Sie sprechen fünf Sprachen, lernen derzeit Japanisch und hatten 2008 in Berlin mit einem Studium der Slawistik begonnen. Woher kommt dieses ausgeprägte Interesse für Serbo-Kroatisch? Mich hat die Kultur Ex-Jugoslawiens extrem interessiert, vor allem die Musik und die Filme, besonders Kusturica-Filme [Emir Kusturica]. Ich mochte die Direktheit, die Derbheit, aber auch den Humor und die Melancholie. Eigentlich blöde 47 Gründe, um Slawistik zu studieren (lacht), denn ich hatte überhaupt keine Beziehung zu dem Land. Im Vorfeld Ihrer diesjährigen Korea-Reise entstand die Idee eines mehrwöchigen Tempelaufenthaltes. Warum haben Sie gerade diesen Ort erwogen? Ich wurde zum 1. Karlsruher Dramatikerfestival eingeladen und sollte einen Text zum Thema „Stadt der Zukunft“ einreichen. Ich habe einen Trailer geschrieben, das Science-FictionStück „Karlsruhe 2289: Johnny Kilometà und die Beerdigung von Gott Faust …“ – die Langfassung ist im Tempel in Korea entstanden. Ein Tempel ist für mich ein Rückzugsgebiet. Ich bin eigentlich ziemlich faul, aber wenn ich arbeite, dann arbeite ich akribisch und stundenlang am Stück. „DIE LEIDEN DES JUNGEN SUPERMARIO …“ ist beispielsweise in drei Wochen entstanden, und ich habe etwa 6-8 Tage daran geschrieben. Wichtig für mich ist, dass die Idee in mir über sehr lange Zeit gereift ist, und ich Zeit hatte, mit ihr schwanger zu sein. Ein Tempel ist ein guter Ort, um sich wegzusperren und gegen die Langeweile mit Arbeit zu kämpfen. Aber auch, weil sich damit eine verklärte und zugleich schöne Romantik verbindet – Mönche, Berge, unbekannte Pflanzen, ein plätschernder Bach, Stille. Ihre Eltern sind Koreaner, aber Sie sind größtenteils in Deutschland aufgewachsen. Welchen persönlichen Bezug haben Sie heute zu Korea? Sind Sie in Ihrem künstlerischen Schaffen von koreanischen Autoren oder Filmschaffenden beeinflusst? Gibt es Vorbilder? Ich fahre heute mindestens ein Mal pro Jahr mit meiner Mutter nach Korea, die auch in Berlin lebt. Ein paar Mal war ich in diesem Theaterbezirk in Seoul. Da sind lauter kleine Theater und junge Menschen, die auf der Straße versuchen, Karten zu verkaufen. Die Bühnen sind immer klein und im Keller. Es war alles sehr schön und vielversprechend, die Stücke an sich dann aber eher enttäuschend. Jede Inszenierung ist eine Geschichte zwischen Mann und Frau, die sich verlieben, sich dann hassen und schließlich doch zusammenfinden. Das unterscheidet sich kaum von den Fernseh-Soaps in Korea, die ja in ganz Asien sehr beliebt sind, obwohl das alles Billigproduktionen sind, die wenig Inhalt und immer die gleichen Plot-Strukturen und Dramaturgien haben. Hier beschwere ich mich ja oft darüber, dass junge Dramatik nicht wahrgenommen wird, aber dort ist junge Dramatik reine Fließbandarbeit. Zumindest habe ich sie so kennengelernt. Beim Film ist das anders, da gibt es den Regisseur Park Chanwook3, dessen Filme ich sehr mag, z.B. „I’m a Cyborg, But That’s OK“, den ich 2006 im Rahmen der Berlinale gesehen 48 habe. Ich finde Fiktion sehr wichtig, mag Illusionstheater und Illusionsfilm. Da ist stets klar, dass es nicht die wirkliche Welt ist, es gibt immer Distanz – wenn es Fiktion ist, darf man alles machen. Sowohl Kusturica als auch Park Chan-wook orientieren sich daran, erzählen aber trotzdem Geschichten, die mit uns zu tun haben, und das finde ich sehr spannend, weil es schlau ist und rührend und immer magisch. Beim Theater und Film finde ich wichtig, dass alles Magie bleibt. Das Interview führte Dr. Stefanie Grote Anmerkungen der Redaktion: 2 Mit über 295 Millionen verkauften Spielen ist Super Mario nicht nur die erfolgreichste Nintendo-Reihe, sondern die bisher erfolgreichste Videospielreihe überhaupt. Super Mario gilt als bekannteste Videospielfigur der Welt (http://de.wikipedia.org/wiki/Super_Mario). 3 Zum Regisseur Park Chan-wook siehe auch den Beitrag „Park Chan-wooks Rache-Trilogie im Kontext des modernen Kultfilms“ in dieser Ausgabe. Die koreanische Sprache ist auf dem Vormarsch - und das nicht nur in Asien Von Alexander Stuber Foto: privat S Alexander Stuber hat in Konstanz und in Berlin Sprachen studiert. Während seines Studiums arbeitete er mehrere Jahre für die Lokalredaktionen verschiedener Tageszeitungen. Seit 2007 ist er zudem auch für das Internetreiseportal Holidaycheck tätig. Im vergangenen Jahr lebte er sieben Monate in Seoul und arbeitete zeitweise für das Goethe-Institut und die Firma CJs World, die derzeit die Vermarktung der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) in Korea übernimmt. prachen zu erlernen ist wichtiger denn je. Viele Menschen sprechen heutzutage fließend Englisch, und auch andere Sprachen wie vor allem Spanisch, Französisch, Italienisch sowie Chinesisch und Japanisch erfreuen sich weltweit großer Beliebtheit. Die koreanische Sprache gehört dagegen eher zu den Exoten, findet in den letzten Jahren jedoch weltweit immer mehr Anhänger. Die Motivation für deutsche Koreanisch-Lerner heißt vor allem Partner und Familie. Doch es gibt auch andere Gründe. „Viele unserer Sprachschüler aus Europa kommen nach Seoul, weil sie über koreanische Freunde oder den Lebenspartner Interesse an der Sprache gewonnen haben und etwas Neues ausprobieren möchten“, weiß Jay Chun, Managerin der KoreanischSprachschule GEOS im Stadtteil Myeongdong, Seoul, zu berichten. Bildung wird in Korea als äußerst wichtig angesehen, weshalb jährlich viele Koreaner zum Studium oder Erlernen einer Fremdsprache nach Europa oder Amerika kommen. Dort knüpfen sie nicht nur viele Freundschaften, sondern gehen auch nicht selten eine Beziehung mit einem ausländischen Partner ein. In der Regel haben diese ausländischen Partner zuvor nur wenige Informationen über Korea, lernen durch ihre Beziehung jedoch zuvor unbekannte, faszinierende Aspekte der koreanischen Kultur kennen, wie beispielsweise die markante und würzige Küche, das Kino mit seinen fesselnden Filmen oder die gefühlvolle Musik, die sie dazu veranlassen, mehr über Korea wissen zu wollen und sich für Sprachkurse zu entscheiden. Ein weiterer, vor allem in Deutschland wichtiger Grund für das KoreanischSprachstudium ist die Familie. So leben G KOREA IM ALLTA Zukunftschance Koreanisch nämlich heute in Deutschland über 30.000 Koreaner. Da ein Großteil von ihnen bereits in den 1960er bis 1970er Jahren nach Deutschland gekommen ist, haben viele mittlerweile Kinder im Jugend- bzw. Erwachsenenalter. Während größere Gruppen dieser Koreaner der zweiten Generation als Kinder die koreanische Sprache nicht oder nur bruchstückhaft erlernten, sind sie heutzutage, als Erwachsene, umso interessierter und motivierter, sich die Sprache ihrer Eltern anzueignen. Darüber hinaus gibt es aber noch viele weitere Gründe, warum immer mehr Menschen aus aller Welt Koreanisch lernen möchten. In den letzten 20 Jahren hat sich Südkorea zu einer politisch und wirtschaftlich starken, einflussreichen Nation entwickelt. Auf vielen Gebieten ist Korea mittlerweile auf dem Weg nach oben bzw. bereits in Spitzenpositionen vertreten. Im Bereich Sport wurden 1988 die Olympischen Sommerspiele in Seoul ausgerichtet, für 2018 hat man sich soeben die Winterspiele in Pyeongchang gesichert. Auch die Fußballweltmeisterschaft fand 2002 neben Japan auch in Korea statt, und diesen Sommer ist Daegu Ausrichter der Leichtathletik-Weltmeisterschaft. Zudem wurde auf politischer und wirtschaftlicher Ebene im vergangenen Jahr das Freihandelsabkommen mit Europa geschlossen, und aus der Wirtschaft sind viele koreanische Konzerne wie Samsung, LG, Kia und Hyundai kaum noch wegzudenken. Diese Firmen sind zudem weltweit mit Zweigstellen-Büros vertreten. All das führt zur steigenden Bedeutung und Wahrnehmung Koreas in der Weltöffentlichkeit und sorgt dafür, dass vor allem in Asien die koreanische Sprache immer wichtiger wird. „Viele unserer asiatischen Studenten erhoffen sich durch KoreanischSprachkurse bessere Chancen auf dem 49 asiatischen Markt“, so Jay Chun. Diese Aussage bestätigt eine aktuelle Umfrage unter den Sprachschülern von GEOS, in der 30 Prozent den Grund „Business“ für ihr Sprachstudium angaben. Aber auch außerhalb Asiens kann man durchaus von Koreanisch-Kenntnissen profitieren. So eröffnet zum Beispiel der Gedanke, dass Korea ein ständig einflussreicher werdendes Mitglied der UN ist, den Kennern der koreanischen Sprache darüber hinaus große Zukunftsmöglichkeiten. Während bereits viele Menschen die UN-Amtssprachen Englisch, Französisch, Russisch, Chinesisch, Arabisch und Spanisch beherrschen, sind Personen mit Koreanisch-Kenntnissen eher selten. Macht man in Korea einen Sprachkurs, findet man immer wieder Mitschüler – meist Politikstudenten – die sich diese Tatsache zu Nutzen machen möchten und deshalb Koreanisch lernen. Aber nicht nur auf wirtschaftlicher und politischer Ebene hat Korea einiges zu bieten. Auch kulturell zeigt sich der Tigerstaat von einer interessanten Seite. So genießen in ganz Ostasien die koreanischen Musik- und Filmproduktionen ein sehr hohes Ansehen. Koreanische Musikgruppen, Sänger und Sängerinnen, Dramas (koreanische Fernsehserien vergleichbar mit deutschen Soaps und Telenovelas) sowie qualitativ hochwertige Filme erfreuen sich großer Beliebtheit und finden mittlerweile auch in Europa und den USA einen relativ großen Absatzmarkt. Dabei begeistern die meist sehr jungen und hübschen Sängerinnen und Sänger nicht nur Teenager, sondern durchaus auch ältere Frauen und Männer im nichtkoreanischen Ausland. Des Öfteren sind aber auch direkte kulturelle Verbindungen ausschlaggebend für den Wunsch, Koreanisch zu erlernen. So ist zum Beispiel der koreanische Nationalsport 50 Taekwondo [태권도] weltbekannt. Viele Menschen aus aller Welt praktizieren ihn bereits seit dem Kindesalter und bekommen irgendwann Lust darauf, auch die dazugehörige Sprache zu erlernen. Dies führt teilweise sogar zum Koreanisch-Studium an der Universität und mündet möglicherweise eines Tages in eine große Karriere auf dem asiatischen Markt. Die Chancen stehen gut, und das Entwicklungspotenzial Koreas ist noch lange nicht ausgeschöpft. Wer Interesse hat, in die koreanische Sprache einzutauchen, kann dies in Berlin unter anderem in Sprachkursen am Koreanischen Kulturzentrum, im Rahmen des Studiengangs Koreastudien der Freien Universität Berlin oder an den so genannten HangeulHakgyos [한글학교]1 tun. In Seoul bieten koreanische Universitäten (zu bestimmten Zeiten des Jahres) sowie die Sprachschule GEOS (wöchentlich – das ganze Jahr) (http://www.geoskorea.co.kr/) Intensivsprachkurse (jeweils mit Unterkunftsmöglichkeiten) an. 1 Hangeul-Hakgyo: Diese Einrichtungen in privater Trägerschaft richten sich an Lerner im Kinder- und Jugendalter. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um die Kinder in Deutschland lebender Koreaner. Diese kommen gewöhnlich einmal in der Woche zusammen, um in einem mehrstündigen Koreanisch-Kurs die Sprache ihrer Eltern zu erlernen (Anm. d. Red.). Im Krankenhaus/ in der Apotheke 병원에서/ 약국에서 [Byeongwon-eseo/ Yakguk-eseo] 머리/배/이가 아파요. Ich habe Kopf-/Bauch-/ Zahnschmerzen. [Meori/bae/i-ga apayo] 손을/다리를 다쳤어요. Ich habe mir die Hand/ das Bein verletzt. [Son-eul/dari-reul dachyeosseoyo] 감기에 걸렸어요. Ich bin erkältet. [Gamgi-e geollyeosseoyo] 열이 나요. Ich habe Fieber. [Yeor-i nayo] 기침이 나요. Ich habe Husten. [Gichim-i nayo] 콧물이 나요. Die Nase läuft. [Konmur-i nayo] 코가 막혀요. Meine Nase ist verstopft. [Ko-ga makhyeoyo] 재채기가 나요. Ich muss niesen. [Jaechaegi-ga nayo] 목이 부었어요. Mein Hals ist angeschwollen. [Mog-i bueosseoyo] 어지러워요. Mir ist schwindlig. [Eojireowoyo] 소화가 안 돼요. Ich habe Verdauungsbeschwerden. [Sohwaga an dwaeyo] 설사를 해요. Ich habe Durchfall. [Seolsareul haeyo] 배탈이 났어요. Ich habe Magenbeschwerden. [Baetari nasseoyo] 피가 나요. Es blutet. [Piga nayo] 화상을 입었어요. Ich habe mich verbrannt. [Hwasang-eul ibeosseoyo] Körperteile 신체 부위 [sinche buwi] 머리 [meori] der Kopf 눈 [nun] das Auge 코 [ko] die Nase 입 [ip] der Mund 귀 [gwi] das Ohr 목 [mok] der Hals 어깨 [eokkae]die Schulter 가슴 [gaseum] die Brust 허리 [heori] die Taille 등 [deung] der Rücken 배 [bae] der Bauch 팔 [pal] der Arm 손 [son]die Hand 손가락 [songarak] der Finger 다리 [dari] das Bein 무릎 [mureup] das Knie 발목 [balmok] der Fußknöchel 발 [bal] der Fuß 발가락[balgarak] die Zehe G KOREA IM ALLTA Koreanischer Sprachführer Krankenhaus 병원 [byeongwon] 내과 [naegwa] Innere Medizin 외과 [oegwa] Chirurgie 치과 [chigwa] Zahnarztpraxis 정형외과 [jeonghyeong oegwa] Orthopädie 안과 [angwa] Augenklinik 정신과 [jeongsingwa] Psychiatrie 이비인후과 [ibiin hugwa] HNO 피부과 [pibugwa] Hautklinik 산부인과 [sanbuingwa] Gynäkologe 소아과 [soagwa] Kinderklinik 숨을 못 쉬겠어요. Ich bekomme keine Luft mehr. [Sum-eul mot swigesseoyo] 토할 거 같아요. Ich fühle mich, als müsste ich mich erbrechen. [Tohal-geo gatayo] 속이 메스꺼워요. Mir ist übel. [Sog-i meseukkeowoyo] 51 G KOREA IM ALLTA Rezept Bibimbap (비빔밥) Das koreanische Reisgericht Bibimbap1 gibt es in unzähligen Varianten. Hier stellen wir Ihnen eine davon zum Nachkochen vor. Zutaten: Foto: Toric Photo 2 Tassen Reis 2½ Tassen kaltes Wasser ½ Pfund Rinderhack 3 EL klein gehackte Frühlingszwiebeln ½ TL klein gehackter Knoblauch (oder Knoblauchpulver) ½ TL Pfeffer 3 TL pulverisierte Sesamkörner 3 TL Öl 2 EL Sojasauce 2 Tassen fein gehackte Brunnenkresse (Sellerie) 1 Karotte 1 Gurke 2 EL Sojasprossen 2 Eier 1 Birne Salz und Pfeffer Chilipaste (고추장, Gochujang) Zubereitung: 1. Den Reis gründlich waschen und mit 2½ Tassen kaltem Wasser zum Kochen bringen. Wärme reduzieren und 30-40 Min köcheln lassen. Den Topfdeckel während des Kochens nicht bewegen oder abheben. 2. Brunnenkresse waschen und in 2 cm lange Streifen schneiden. Mit Salz bestreuen und 10 Min. stehen lassen. Entstehendes Wasser auspressen und Brunnenkresse mit ½ TL Öl kurz anbraten. 3. Gurke waschen (nicht schälen) und in kurze Streifen schneiden. Mit Salz bestreuen und kurz stehen lassen. Entstehendes Wasser auspressen und Gurke anbraten. 4. Karotte waschen und schälen und in kurze Streifen schneiden. 3 Min. in kochendem Salzwasser garen. Abtropfen lassen. 5. Sojasprossen waschen und in Salzwasser kochen. Abtropfen lassen. Mit 2 EL Sojasauce, 1 klein gehackten Frühlingszwiebel, ½ TL klein gehacktem Knoblauch, 1 TL Öl und pulverisierten Sesamkörnern vermischen und anbraten, bis die Gewürze gut aufgenommen wurden. 6. Rindfleisch, Frühlingszwiebeln, Knoblauch, Pfeffer, Sesamkörner, Öl und Sojasauce gut durchmischen. Langsam braten, bis das Fleisch durchgebraten ist, fortwährend umrühren. 7. Eiweiß und Eigelb trennen, getrennt voneinander anbraten und in möglichst schmale Streifen schneiden. 8. Birne schälen und in schmale Streifen schneiden. 9. Die Zutaten auf einzelnen Portionen gekochten Reis anrichten und je nach gewünschtem Schärfegrad etwas Chilipaste hinzugeben. Warm servieren. 맛있게 드세요! Mas-ikke deuseyo! Guten Appetit! 1 Zu Bibimbap siehe auch den Betrag „Die Bibimbap Backpackers“ in der Rubrik „Veranstaltungen Koreanisches Kulturzentrum – Rückblick“ in dieser Ausgabe. 52 Musik koreanischer Volkstraditionen findet in Deutschland ihre Freunde Foto: Matthias R. Entreß Von Matthias R. Entreß I m Mai und Juli dieses Jahres gab es für das Berliner Publikum im Rahmen von zwei Mal zwei Konzerten die Gelegenheit, die Musik koreanischer Volkstraditionen, zusammengefasst im Begriff Minsok-ak [민속악], kennenzulernen. Aber es waren auch zwei verschiedene Vermittlungskonzepte, die sich der Herausforderung stellten, einem deutschen Publikum eine weitgehend fremde Musik zu präsentieren und näherzubringen. Ich selber hatte die Aufgabe, die beiden Programme im Mai mit einer zehnköpfigen Delegation der Folk Music Troupe des National Gugak Centers Seoul zu kuratieren. Die beiden Konzerte im Juli hingegen liefen unter eigener Regie des National Gugak Centers. Inhaltlich ergänzten sich die beiden Reihen in idealer Weise, aber aus deren Programmgestaltung ließen sich andere Einschätzungen der Musik und andere Erwartungen an ihre Wirkung herauslesen. Seit 2004 versuche ich neben meiner Arbeit als Musikkri- K RÜCKBLIC LTUNGEN NTRUMS VERANSTA KULTURZE ANISCHEN DES KORE Minsok-ak tiker, der koreanischen traditionellen Musik in Deutschland und Europa Gehör zu verschaffen. Die Maßstäbe, die ich dabei anlege, haben sich in dieser Zeit kaum verändert. Am Anfang stand bei mir die Kritik an der Darstellung dieser Musik durch koreanische Institutionen selber, deren Stolz auf den Reichtum des musikalischen Erbes mit einem weitgehenden Unverständnis für das Interesse und die Aufnahmebereitschaft des deutschen Publikums einherging: In revueartigen Musikbeispielprogrammen, in denen in 70 Minuten die ganze Fülle, von Gagok [가곡] bis Samulnori [사물놀이], also von Musik höchster Verfeinerung bis zu ekstatischer Trommelmusik, abgearbeitet wird, kann ein ernsthaft an Musik interessiertes Publikum keinen Gewinn erkennen. Zu Recht hat sich dafür der abfällige Begriff der „Touristischen Konzerte“ verbreitet. Sie halten das Publikum im Stadium des blutigen Anfängers und schaffen eine Distanz, die sicher nie das Ziel dieser Konzerte war. Vor den Kopf gestoßen fühlten sich die Hörer auch durch die gedankenlose Mischung von traditionellen und mo- 53 Foto: privat Matthias R. Entreß, geb.1957 in Hamburg, lebt und arbeitet in Berlin als freier Autor, Musikjournalist und -kurator. Er studierte Theaterwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte an der FU Berlin, kuratierte 2004 in Berlin und 2007 in Italien Festivals mit koreanischer Musik und initiierte 2005 die ersten deutschen Übersetzungen von Pansori [판소리, epische Gesänge], an denen er auch mitarbeitete. Musikjournalistische Schwerpunkte sind Neue Musik und Außereuropäische Musik. dernisierten Formen, sowie durch eine allgegenwärtige, den Klang verwischende und verzerrende elektrische Verstärkung – eine Respektlosigkeit gegenüber Menschen, die erleben möchten, wie die Musik wirklich klingt, wie auch gegenüber der Tradition, denn noch vor 100 Jahren gab es keine Verstärkeranlagen. Es braucht sie auch heute nicht. Mit einer Haltung, die Gehör, Hirn und Urteilsvermögen der Zuschauer so unterschätzt, kann kaum eine weiterführende Bekanntschaft erworben werden. Des Weiteren sprach aus solchen Programmen eine Unterschätzung der Schönheit und Tiefe der eigenen Musik – das Gespenst der Unvermittelbarkeit schreckt jeden koreanischen Manager. Aber diese Musik ist nicht unvermittelbar! Mein „Rezept“ ist ganz unkompliziert. Die Hörhaltung unseres Publikums findet in den Konventionen der klassischen Konzerte ihre Erfüllung. Es werden dort in guten Sälen ganze Werke in authentischer Klanggestalt gespielt. An einem Streichquartettabend z.B. hört man drei Werke gleicher Besetzung, die, oft durch epochenübergreifende Aspekte miteinander verbunden, gemeinsam ein stimmiges Programm ergeben. Nichts anderes wünsche ich für die koreanische Musik. Während die „Touristenkonzerte“ ernste Hörer abstoßen, wende ich mich an Hörer, die keine Angst vor dem Fremden haben und nach neuen Erfahrungen suchen: Klassik-, Neue-Musik-, Jazz-Hörer und natürlich Menschen, die die Tugenden außereuropäischer Kulturen zu schätzen wissen. Auf Veranlassung des Linden-Museums Stuttgart, welches eine (später abgesagte) Ausstellung koreanischer Kunst aus deutschen Museen plante und „mal etwas Lebhafteres“ wünschte, wollte ich meine Ansprüche diesmal auf die Musik der Volkstraditionen anwenden. Damit sich Vorbereitung und Anreise lohnten, organisierte ich, mit großzügiger Unterstützung des Kulturzentrums der Botschaft der Republik Korea, eine Tournee, die auch Hamburg, Berlin und Köln ansteuerte. Minsok-ak erstreckt sich von der Bauernmusik Nong-ak [농악] bis zu den kunstvollen Instrumentalsuiten Sanjo [산조]. Der größere Teil der Minsok-ak kann nicht „Volksmusik“ im Sinne geselligen Singens unter den Linden genannt werden, sondern ist bürgerliche Kunstmusik 54 – als Pendant zur Musik des Hofes und der aristokratischen Elite. Ich klammerte also die spektakulären Trommeltänze aus und skizzierte zwei kontrastierende Programme: ein Ensemblekonzert mit Liedern verschiedener Provinzen plus der schamanistischen Improvisationsmusik Sinawi, und ein Kammerkonzert mit Sanjos, Gayageum Byeongchang [가야금 병창] sowie eine Szene aus Pansori [판소리], den gesungenen Romanen Koreas, weil das Programm stilistisch letztlich im Pansori-Gesang kulminierte. Sanjos – wörtlich „zerstreute Melodien“ – sind eine Ende des 19.Jahrhunderts, erst spät in der Joseon-Ära [1392 - 1910] entstandene Form für ein Soloinstrument plus Trommel, welche Melodien und Rhythmen der Volksmusik in einfacher, gleichwohl kunstvoller Weise ordnet. Typisch für die Musik und den Musikgeschmack Koreas ist die Beschleunigung von ganz langsam bis rasch, also von tief nachdenklich bis zu leicht überfliegend. Die Lust an der Komplikation des melodischen Verlaufs macht sie zum Kunstereignis ersten Ranges. Gayageum Byeongchang ist musikalisch damit verwandt, aber die Spielerin singt gleichzeitig – und Pansori ist schließlich, was als musikalische Erzählung dieselben Elemente nutzt - nicht zu Unrecht wird Sanjo „instrumentales Pansori“ genannt. So bildete sich wie von allein ein perfektes Programm. Doch mein Plan, zwei große Sanjos in den beiden Konzerthälften mit jeweils einer der vokalen Formen zu kombinieren, drohte daran zu scheitern, dass die Musiker zu meiner größten Enttäuschung höchstens Sanjos von mittlerer Länge im Repertoire hatten, zu kurz fast für die ungeübten Hörer. Denn ungeübte Hörer – und Deutschland hat in Bezug auf koreanische Musik praktisch nur solche – brauchen Zeit, um ihre musikalische Wahrnehmung zu justieren. Es braucht Zeit, die fremden Klänge und Strukturen als Musik wahrzunehmen, dann bildet sich auch Erinnerung. Klar, dass bei mir die Alarmglocken schrillen und ich diese Tradition in Gefahr sehe, wenn die Praxis langer Sanjos verloren geht. Die Musiker dazu zu bringen, länger als nur eine Stunde Musik zu spielen, war auch die erhebliche Schwierigkeit beim Ensemblekonzert, das sich um Sinawi [시나위] drehte. Sinawi ist zwar einerseits schamanistische Zeremoniemusik, aber andererseits eine auf viele Gelegenheiten anwendbare Methode zur musikalischen Begleitung. Die „Lieder verschiedener Provinzen“ – Arbeitslieder, die auf echte Volksmusik zurückgehen, ein Arirang [아리랑] Medley im Stil der Gyeonggi-Provinz (Gegend um Seoul) und das südliche Yukjabaegi [육자배기], alle von Sinawi-artig sich verschlingenden melodischen Girlanden umrankt – bildeten so zusammen mit dem Höhe- und Ankerpunkt beider Konzerte, dem Sinawi selbst, eine volle Einheit im Sinne meiner vorher beschriebenen Idee. Jedoch, ach! Das Sinawi! Ich wünschte eine lange SinawiAufführung von 50 Minuten, nicht nur, um den „Einstieg“ zu gewährleisten, sondern auch, um das Erlebnis einer unvergleichlichen musikalischen Ekstase zu ermöglichen - aber angeboten wurden mir 25 Minuten! Sinawi ist eine Musik, in der sich aus einem tempolosen Beginn beschleunigende Rhythmen, hochexpressive Solos und chaotische, wie Riesenwellen über die Hörer schwappende Ensemblepassagen schälen, und in der eine konstant steigende Erregung die Hörer ergreift, wie sie im Westen allenfalls der Free Jazz kennt. Um jede einzelne Minute musste ich mit dem National Gugak Center feilschen, und viele Vorschläge zur Abänderung des Programms ablehnen: Warum konnte Pansori nicht in das Ensemble-Konzert eingefügt werden, wo doch Pansori und Sinawi so eng verwandt sind? Weil Pansori erzählerisch (wie Sanjo) ist, die Lieder und Sinawi aber strophisch sind! Warum akzeptierte ich keinen unbegleiteten Liedteil vor dem Sinawi? Weil es die Einheitlichkeit des Konzerts und des Hörens zerstört hätte! [시조] und Gasas [가사] der Musikpraxis der gelehrten Klasse; wie bei dieser bleibt die Spannung statisch, aber die rauhere Tongebung und der im Vergleich zu Sijo schnellere Rhythmus weist es als volkstümliche Tradition aus. Die Schönheit von Chun-hee Lees Stimme lag nicht in einer hellen Klarheit, sondern in ihrem brüchigen Timbre von verletzlicher Sensibilität, in der Erfahrung und Weisheit mitschwang. In den beiden recht ähnlichen Konzerten wurde dieser vermeintlich armen Musik nicht der Raum gewährt, in welchem sich ihre Fremdheit zu Vertrautheit und faszinierender Rätselhaftigkeit hätte wandeln können, sondern sie war in eine Folge lose verwandter, durchaus gewichtiger Musikformen wie instrumental begleiteter Minyos (민요, Lieder) und Kurz-Sanjos eingebunden. Hier wurde ein wissenschaftlich fundiertes Potpourri gegeben, ein musealer Einblick in die Geschichte; aber im Vorübereilen der verschiedenen Formen und Stile blieb das ästhetische Erlebnis auf der Strecke. Im ersten Konzert im Koreanischen Kulturzentrum gelang dabei immerhin eine elegant fließende Abfolge der Stücke, und die Hörer konnten sich glücklich schätzen, mit ihren eigenen Ohren hören zu dürfen. Welch interessante harmonische Reibungen ergaben sich zwischen Gesangsstimme und Instrumenten! Im zweiten Konzert im größeren Saal des Dahlemer Museums gebrach es Chun-hee Lee leider an Mut, ohne Lautsprecher aufzutreten. Das dumpfe Dröhnen der Stimme trennte sich hier von den Instrumenten - und wem sollte der künstliche Nachhall nutzen? Dass bei den Ensembleliedern in der Begleitung von nur drei Instrumenten faszinierende melodische Verschlingungen von glühender Intensität gelangen, dürfte den meisten Hörern in der Eile des Programms entgangen sein, denn als man glaubte, „drin“ zu sein – war schon Schluss. Schließlich spielte das Ensemble das Sinawi in Hamburg und Köln 33 Minuten, in Berlin und Stuttgart 27 Minuten, und ein überraschendes Ergebnis war, dass die Zuhörer in Hamburg und Köln regelrecht auf die Stühle stiegen, der Jubel nicht enden wollte und die Musiker bestürmt wurden: „Das war so toll! Wir hätten es noch eine Stunde länger hören wollen!“, während in Stuttgart und Berlin „bloß“ begeisterter Applaus aufkam. Nach 27 Minuten Sinawi also war man zwar begeistert, nach 33 Minuten aber süchtig! Die Musiker erlebten es, auch im Sanjo-Konzert: Die Anstrengung zahlt sich aus, koreanische Musik ist vermittelbar. Im Juli wohnte ich, nun als Kritiker, einem nur in Berlin stattfindenden Gastspiel mit zwei Konzerten einer weiteren, kleineren Delegation des National Gugak Centers mit der Sängerin Chun-hee Lee bei, die auf die Liedformen der Gyeonggi-Provinz spezialisiert ist. Die mir vorher unbekannte Liedform Japga [잡가], bei der die Sängerin nur von der Janggu-Trommel [장구] begleitet wird, ähnelt mit ihrem eng auf drei Töne begrenzten psalmodierenden Gesang den Sijos 55 Interview mit der Papierpuppenkünstlerin So Hee Kang Vom 8. bis 29. Juli präsentierte die in Prag lebende koreanische Künstlerin So Hee Kang ihre Papierpuppen im Koreanischen Kulturzentrum. In typischen Alltagsszenen aus dem traditionellen Korea beschwört die Künstlerin die Romantik einer noch „heilen Welt“. Aufgrund der positiven Resonanz der Besucher hat das Koreanische Kulturzentrum einzelne Exponate erworben, die nun in einer Dauerausstellung zu sehen sind. Fotos: Koreanisches Kulturzentrum VERANSTALTUNGEN K URZENTRUMS - RÜCKBLIC DES KOREANISCHEN KULT „Zur Zeit treffen sich die Familienmitglieder nicht mehr zu Hause, sondern im Internet“ Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Papierpuppen herzustellen? Schon als Kind hat es mir Spaß gemacht, mit den Händen zu arbeiten und Dinge herzustellen. Zunächst wollte ich Fashion Design studieren, deshalb habe ich eine Schule für Modedesign besucht. Aber meine Eltern waren überhaupt nicht mit meinem Berufswunsch einverstanden, sodass ich das Studium schließlich abgebrochen habe. Durch die Papierpuppen, denen ich schöne Kleider anziehen konnte, habe ich eine Methode gefunden, meinen Traum vom Fashion Design auf Umwegen zu realisieren. Ich beschäftige mich mit Papierpuppen, seit ich 22 Jahre alt bin. Anfänglich waren die Papierpuppen lediglich ein Hobby für mich, aber später sind sie zu einer richtigen Lei56 denschaft geworden. Obwohl die Menschen in meinem Umfeld dagegen waren und mir mangelnden Realitätssinn vorwarfen, habe ich mir irgendwann im Seouler Stadtteil Insa-dong ein eigenes Atelier eingerichtet. Meine erste Schülerin war eine katholische Nonne, und das erste Werk, das ich angefertigt habe, hieß „Das Leben“ (삶, Salm); ich habe es damals in meinem Atelier präsentiert, und es ist auch in der Ausstellung in Berlin zu sehen. Eines Tages wurde ich für ein koreanisch-englisches Magazin interviewt. So wurde die Frau des britischen Botschafters auf mich aufmerksam und kam in meine Werkstatt. Als sie meine Arbeiten sah, war sie tief berührt. Ich hätte niemals gedacht, dass ausländische Betrachter die Intention meiner Kunst verstehen können, aber sie hat mich eines Besseren belehrt. Sie war lange Zeit meine Schülerin. Welche Zeit stellen Sie in Ihren Arbeiten dar? In meinen Arbeiten gehe ich rund 60 Jahre zurück und stelle das Korea zur Zeit des Koreakriegs (1950 – 53) dar. Ich war noch ganz klein, habe aber viel von Eltern und Freunden gehört und mir auch später koreanische Filme über diese Zeit angeschaut. An einige Dinge kann ich mich noch persönlich erinnern. Obwohl Korea damals sehr arm war, waren die Menschen sehr warmherzig und haben sogar das Essen miteinander geteilt. In der heutigen Gesellschaft ist dieses Gefühl der Solidarität leider weitgehend verlorengegangen. Inwieweit sind autobiografische Begebenheiten in Ihre Werke eingeflossen? Man kann sagen, dass ich zu 50 Prozent Ereignisse aus meinem eigenen Leben und zu 50 Prozent Ereignisse aus dem Leben der Menschen meiner Nachbarschaft wiedergegeben habe, teilweise in abgewandelter Form. Um nur einige Beispiele zu nennen: Eine meiner Arbeiten trägt den Titel „Das Fahrrad des Vaters“. Mein Vater ist aber überhaupt nicht Fahrrad gefahren, sondern Motorrad. Damals gab es jedoch in den Dörfern gewöhnlich nur ein bis zwei Motorräder. Weil sie nicht so typisch für die damalige Zeit sind, habe ich lieber eine Szene mit einem Fahrrad gestaltet. Es gibt eine andere Arbeit von mir, die heißt „Ggongdari1 schmecken noch besser“. Meine Mutter konnte wirklich meisterhaft Kimbap2 zubereiten. Wenn ich einen Schulausflug machte, hat sie mir immer eine Portion für den Schuldirektor mitgegeben. Ein anderes Werk, „Weg zum Elternhaus meiner Mutter“ (외가집 가는 길, Oegajip ganeun gil), stellt meine Familie dar, wie sie zum Elternhaus meiner Mutter geht. Ich war die dritte Tochter, und wenn man damals nur Töchter hatte, war das nicht gut angesehen. Als nach mir ein Sohn geboren wurde, waren meine Eltern sehr glücklich. Welche Rolle spielten Ihre Eltern für Sie? Meine Eltern waren natürlich etwas ganz Besonders für mich, wie für alle Kinder. Besonders stolz war ich auf meinen Vater, denn am 14. Mai 1970 wurde er für eine seiner Erfindungen mit dem „Preis des Präsidenten“ ausgezeichnet. Seine Entdeckung war ein kleines Zubehörteil für Fahrräder - seinerzeit für die Fahrradherstellung in Korea eine sensationelle Neuentwicklung. Leider war die Erfindung nicht erfolgreich, weil die Bevölkerung nicht das Geld hatte, sie zu kaufen. Mein Vater war ein großartiger Mensch: Er hat ein Geschäft geführt, Erfindungen gemacht und vielen Bedürftigen geholfen. Die Mutter meines Vaters ist sehr früh gestorben, deswegen hat er all seine Liebe uns Kindern gegeben. Nachdem ich heiratete, bin ich aus meinem Elternhaus in ein Apartment umgezogen. Manchmal konnte es passieren, dass ich aus dem Fenster guckte und meinen Vater dort unten sitzen sah, wie er eine Zigarette rauchte und auf mich wartete. Er wollte mich begleiten, falls ich zum Markt gehe. Unser Verhältnis war außerordentlich gut. Meine Mutter war eine ausgezeichnete Köchin und konnte viele verschiedene Gerichte zubereiten. Deshalb bin ich so verwöhnt, dass ich selbst heute noch Schwierigkeiten habe, im Restaurant zu essen. Viele Menschen sagen mir, dass ich gut kochen könne, aber das Essen meiner Mutter ist immer noch das beste! Sehnen Sie sich manchmal nach der Zeit Ihrer Kindheit zurück? Manchmal sehne ich mich nach der Zeit meiner Kindheit zurück, aber selbstverständlich ist es angenehmer, in der heutigen Zeit zu leben. Ich würde vielleicht sogar dafür zahlen, wenn es die Möglichkeit gäbe, für eine Woche in die Vergangenheit zu reisen, aber dann würde ich gern wieder in die Gegenwart zurückkehren. Denn in meinem früheren Leben würde ich es vielleicht keine zehn Tage aushalten: Schließlich gab es keine Reiskocher, keine elektrische Heizung, keine Klimaanlage, kein Internet, keine Handys. Das Leben war sehr hart. In meinen Arbeiten habe ich alle Menschen versammelt, die ich vermisse: meine Eltern, meine Freunde… Wenn ich ein Werk gestalte, ist das für mich so, als würde ich in eine Zeitmaschine steigen, in die damalige Zeit zurückgehen und alle Menschen treffen, die mir heute fehlen. Wie empfinden Sie die Veränderungen der traditionellen Familienstrukturen? Ich finde, dass früher wirklich vieles besser war. Ehepartner sind heute generell sehr egoistisch und bringen keine Opfer mehr füreinander. Sie sind sehr selbstzentriert und weigern sich, Nachwuchs zu bekommen, und wenn sie welchen haben, dann höchstens ein oder zwei Kinder. So nehmen sie ihren Söhnen oder Töchtern die Möglichkeit, mit vielen Geschwistern aufzuwachsen und die emotionale Nähe zu erfahren, die in einer großen Familie herrscht. Zurzeit treffen sich die Familienmitglieder nicht mehr zu Hause, sondern im Internet. Viele Kinder machen Videospiele, anstatt ihre Freunde bei der Hand zu nehmen und draußen zu spielen. Früher sind die Familien zusammengekommen, um gemeinsam zu essen und sich zu unterhalten. Wenn ich mich beim Essen nicht gut benahm, wurde mir vorgehalten, dass ich keine Etikette hätte. Ich war sehr mäkelig und habe deshalb viel geweint, denn ich konnte zum Beispiel keine Lauchzwiebeln essen. Dennoch war es schön, mit der gesamten Familie zusammenzusitzen. Jetzt esse ich allein – ein Zustand, den ich wirklich hasse. Mir gefällt es, wenn mir jemand gegenübersitzt und mich auffordert, von dieser oder jener Beilage zu probieren. Heute sind wir zwar materiell reich, aber wir teilen nicht mehr. Das finde ich sehr traurig. In meinen Werken möchte ich die Warmherzigkeit und das Mitgefühl, die früher in Korea üblich waren, noch einmal aufleben lassen. Ich denke, dass die Botschaft des „Jeong“3 auch von den Besuchern meiner Ausstellung in Berlin verstanden wird, selbst wenn sie einen unterschiedlichen kulturellen Hintergrund haben. Das Interview führte Gesine Stoyke Ggongdari (꽁다리): die Reste an den Enden der Kimbap-Reisrolle, die abgeschnitten werden, um der Reisrolle ein schönes Aussehen zu geben. 2 Kimbap (김밥): mit Seetang umwickelte Reisrolle 3 Jeong (정): Gefühl der Zuneigung und Warmherzigkeit - eine Emotion, die die Koreaner als Teil ihres Volkscharakters ansehen. 1 57 VERANSTALTUNGEN DES KO RE AN IS C H EN KU LTURZENTRUMS RÜCKBLICK Die Bibimbap Backpackers Von Gesine Stoyke D ie Bibimbap Backpackers („Bibimbap-Rucksacktouristen“), das sind Kyu-Woon Chung (26), Sang-Kyun Kang (30), Myeoung-Sik Kim (30), Su-Chan Kim (25) und Hyun-Jin Park (20) - fünf junge Koreaner, die für fast zehn Monate aus ihrem Alltagsleben ausgestiegen sind, um auf einer Reise, die sie auf vier Kontinente und in über 30 Länder führt, für das koreanische Reisgericht Bibimbap (비빔밥) zu werben. In ihrem früheren Leben waren sie Mitarbeiter der koreanischen Telekom, Bankangestellte, Armeeangehörige und Universitätsstudenten. Jetzt schnipseln sie Tag für Tag Gemüse und Fleisch in feine Streifen und ordnen rohe und gekochte Zutaten sorgfältig in kleinen Schälchen mit Reis an, um Menschen auf der ganzen Welt die koreanische Esskultur schmackhaft zu machen. Zunächst waren sie nur zu dritt: Sang-Kyun, der spätere Leiter des Teams, Myeoung-Sik und Kyo-Woon waren Freunde, die sich regelmäßig im Café trafen, um über Gott und die Welt zu philosophieren und kreative Ideen zu entwickeln. Eines ihrer 58 beliebtesten Themen: die Globalisierung, ein Schlagwort, das auch in Korea zurzeit sehr häufig zu hören ist. Nach angeregten Diskussionen darüber, was der Begriff eigentlich bedeutet, kamen sie überein, dass damit jedenfalls nicht gemeint sei, dass alle Menschen gleich werden. „Globalisierung ist kein Schmelztiegel“, betont Kyo-Woon Chung, eine sympathisch wirkende Mittzwanzigerin, die bis vor kurzem in einer amerikanischen Bank arbeitete. Vielmehr sollten die Menschen unterschiedlicher Nationen miteinander kommunizieren und gegenseitiges Verständnis für die Kultur des jeweils anderen aufbringen. „Korea war sehr gut darin, beispielsweise die westliche Kultur anzunehmen, aber es war nicht so gut darin, seine eigene Kultur anderen Nationen vorzustellen. Die wirkliche Kommunikation besteht jedoch darin, dass man sich gegenseitig kennenlernt und nicht nur eine Seite die andere“, sagt sie. Bei Überlegungen, wie man bei Menschen anderer Nationen Neugier für die koreanische Kultur wecken könne, wurde das Bibimbap-Projekt geboren. Warum gerade Foto: Tobias Liefert Bibimbap? „Es gibt so viele Aspekte der koreanischen Kultur, die wir natürlich nicht alle vorstellen können. So mussten wir uns auf einen konzentrieren und entschieden uns für die koreanische Küche, weil Menschen gewöhnlich neuem Essen gegenüber sehr aufgeschlossen sind. Dann haben wir überlegt, welches koreanische Gericht wir präsentieren könnten und haben uns auf Bibimbap geeinigt, denn es schmeckt fast jedem und ist deshalb ideal, um einen ersten Eindruck von der koreanischen Esskultur zu erhalten.“ Die Logik dahinter: Wenn die Menschen Bibimbap mögen, entwickeln sie ein Interesse an der koreanischen Küche und dadurch vielleicht auch ein Interesse an der koreanischen Kultur. Ausgehend von dieser Idee machten sich die Freunde daran, die Gruppe für eine Reise zusammenzustellen, die sie von April bis Dezember dieses Jahres von Asien nach Europa, von Nord- nach Südamerika führen sollte. Als die fünf Koreaner Anfang Juli in Berlin ankamen, hatten sie bereits in China, Thailand, Indien, Schweden, Spanien, Frankreich und Großbritannien Station gemacht und in Deutschland auch die Hansestadt Hamburg besucht. Nach Berlin sollte es weitergehen nach Prag, Wien und Rom in Europa, Seattle, San Francisco, Los Angeles, New York, Boston und Washington D.C. in den USA, Vancouver in Kanada und nach Brasilien, Argentinien, Bolivien, Peru und vielleicht noch ein paar weitere Länder in Südamerika. Am Abend des 7. Juli 2011 bauten die Bibimbap Backpackers ihre mobile Küche in der Galerie Korea des Koreanischen Kulturzentrums auf und bewirteten die Gäste einer Vernissage kostenlos mit diesem Gericht, serviert in kleinen Pappschalen mit Einwegstäbchen – fast wie das Essen in einem FastfoodRestaurant. Auf diese Weise konnten sich die Anwesenden persönlich von den Vorzügen des Gerichts überzeugen, denn „das Großartige an Bibimbap ist, dass die Auswahl der Zutaten variabel ist und dem individuellen Geschmack unterschiedlicher Kulturen angepasst werden kann. Während man für andere koreanische Gerichte weitere Schalen mit Reis und Beilagen benötigt, hat Bibimbap den Vorteil, dass alles, was man für eine gesunde Ernährung braucht, in einer Schüssel enthalten ist: gewöhnlich Rindfleisch, Eier, frisches Gemüse, Kräuter und Reis mit einem Schuss Chilipaste. Deshalb finden wir, dass Bibimbap ideal für Menschen in unserer modernen Zeit ist, die sonst kaum Zeit finden, sich ausgewogen zu ernähren“, so Kyo-Woon Chung. In Berlin ging das Rezept jedenfalls auf: Zwei Gäste konnten sich sogar durchaus vorstellen, dass eine Fastfood-Kette, die Bibimbap anbietet, in Deutschland Erfolg haben könnte. Der finanzielle und organisatorische Aufwand für das Projekt ist nicht zu unterschätzen. Wie gelingt es den fünf jungen Menschen, das alles allein auf die Beine zu stellen? Zwei Drittel der Kosten bestreiten die Bibmbap Backpackers aus eigenen Ersparnissen, ein Drittel übernimmt die koreanische Regierung. Eine Unterabteilung des koreanischen Landwirtschaftsministeriums und ein koreanischer Lebensmittelkonzern stellen Zutaten wie Gochujang (고추장, Chilipaste), Sesamöl, Reis usw. zur Verfügung. Die koreanischen Kulturzentren vor Ort nehmen die Lebensmittellieferungen aus Korea entgegen und kommen auch für die Zölle auf. Manchmal erhält das Team an den jeweiligen Destinationen Unterstützung von dort lebenden Koreanern, die ihm billige Unterkünfte besorgen oder Schlafmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Um Geld zu sparen, hat sich die Gruppe für ihre Rundreise in Europa einen Mietwagen genommen und übernachtet meist in Jugendherbergen oder preiswerten Hotels. Wenn die fünf Freunde in ein neues Land oder eine neue Stadt kommen, lassen sie es sich nicht nehmen, mindestens einmal ein einheimisches Restaurant zu besuchen, um die lokalen Spezialitäten kennenzulernen. „Da die Restaurantbesuche in Europa aber so teuer sind, bestellt jeder von uns ein anderes Gericht, und wir lassen die anderen dann probieren“, erzählt Kyo-Woon Chung. Gewöhnlich halten sich die Bibimbap Backpackers ein bis zwei Wochen in den einzelnen Ländern auf, um geeignete Orte für ihr Anliegen zu finden, lokale Märkte aufzusuchen und die frischen Zutaten zu kaufen. Vor ihrer Ankunft in einer Stadt kontaktieren sie zunächst die koreanische Gemeinschaft und bitten sie um Mithilfe. Manchmal sind die Landsleute in der Lage, ihnen einen geeigneten Platz für ihren Stand zu organisieren, manchmal muss die Gruppe selbst danach suchen. Bei der Hälfte ihrer Aktionen werden die fünf Volontäre von Organisationen und Vereinen unterstützt, bei der andere Hälfte begeben sie sich einfach auf die Straße zu einer Touristenattraktion und teilen unter den Passanten ihr kostenloses Essen aus. Dazu befragt, welche Begebenheit auf ihrer Reise ihr bislang am nachhaltigsten in Erinnerung geblieben sei, berichtet Kyo-Woon Chung: „In Thailand besuchten wir ein sehr armes Dorf und boten Erwachsenen und Kindern Bibimbap an. In thailändischen Städten kennen die Menschen Korea, nicht aber in den verarmten Regionen auf dem Lande. Die Bevölkerung dort hat nicht einmal gehört, dass ein Land namens Korea existiert. Als wir die Dankbarkeit der Menschen sahen, waren wir froh, dass wir die ersten waren, die dort die koreanische Esskultur vorstellen konnten. Das war ein sehr bewegender Moment für uns.“ Überrascht sei die Gruppe über die Aufgeschlossenheit der Europäer gewesen, sich auf die koreanische Küche einzulassen, denn gerade in Europa habe sie eher mit Zurückhaltung gegenüber dem fremdartigen Essen gerechnet. „Wo immer wir unseren Stand errichteten, war das Publikum sehr interessiert und wollte kosten. Einige sind sogar zum zweiten Mal gekommen, um sich einen Nachschlag zu holen. Manche meinten aber auch, dass ihnen das Essen zu scharf sei.“ In Indien mussten die Bibimbap Backpackers die Zutaten leicht variieren, da Hindus kein Rindfleisch essen und Muslime kein Schweinefleisch. Darüber hinaus waren noch die Veganer zu berücksichtigen, die den Konsum jeglicher tierischer Produkte wie Eier ablehnen. So servierten sie in Indien eine vegane Variante des Gerichts, bei der sie das Fleisch wegließen und die Eier durch gelbe Paprikastreifen ersetzten. „Gerade 59 in Indien hatten viele Menschen aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen Bedenken, unser Angebot zu probieren. Die Inder achten sehr bewusst darauf, was sie essen.“ Das Team plant, in der ersten Dezemberwoche zurück in Korea zu sein. Was danach kommt, weiß Kyo-Woon Chung noch nicht, aber eins ist sicher: dass die Gruppe ihre Reiserlebnisse auf irgendeine Weise aufbereiten wird. So könnte sie sich vorstellen, entweder ein Buch darüber zu schreiben oder einen Dokumentarfilm zusammenzustellen. Auch würden die Bibimbap Backpackers gern eine neue Gruppe Freiwilliger auf den Weg schicken, die ihr Projekt fortführt und im Rahmen einer Weltreise ebenfalls einen Aspekt der koreanischen Kultur präsentiert. „Das muss ja nicht unbedingt wieder Bibimbap sein“, sagt die ehemalige Bankangestellte. Gern würden die fünf Koreaner ihren Nachfolgern hilfreich zur Seite stehen und ihr gesammeltes Know-how an sie weitergeben. Einige Teammitglieder könnten sich sogar vorstellen, mit der zweiten Gruppe noch einmal um die Welt zu reisen. Bis die Freunde sich jedoch ernsthaft Gedanken darüber machen müssen, wie ihr Leben in Korea weitergeht, warten auf sie noch viele spannende Erlebnisse und Unmengen Gemüse, Chilipaste und Reis, die zu Bibimbap verarbeitet werden wollen. Von Esther Klung Fotos: Hyun Myung Jang VERANSTALTUNGEN DES KO RE AN IS C H EN KU LTURZENTRUMS RÜCKBLICK Erste deutsche K-Pop-Nacht Foto: privat Esther Klung lebt in Berlin und beschäftigt sich seit 2007 mit der Kultur und Popkultur Südkoreas. Das anfängliche Hobby ist zu einer lebensfüllenden Leidenschaft geworden: Seit Juni 2010 gibt sie das Onlinemagazin „K-Colors Of Korea“ (www.k-magazin.com) heraus. Darin geht es um koreanische Kultur und Popkultur. 60 B einahe unbemerkt steigt seit einiger Zeit die Zahl der deutschen K-Pop-Fans – der Fans koreanischer Popmusik - stetig an. Obwohl sie nicht so laut und auffällig sind wie zum Beispiel Fans in Frankreich, die regelmäßig Flashmobs1 veranstalten, vernetzen sie sich untereinander immer besser. Viele kennen sich aus den wenigen deutschen Foren, die es gibt, einige davon seit Jahren. Einige pflegen auch privat Kontakt miteinander, treffen sich regelmäßig und veranstalten größere Treffen, zu denen Fans aus allen Teilen Deutschlands, Österreich und der Schweiz anreisen. Das erste wirklich große Event, das K-Pop-Fans von überall her anlockte, fand am 20. August im Koreanischen Kulturzentrum in Berlin statt. Die erste deutsche K-Pop-Nacht war die Antwort auf den Wunsch der Fangemeinde, koreanische Musik auch hierzulande populärer zu machen. Fast 400 Fans hatten sich angemeldet, doch aufgrund der begrenzten Räumlichkeiten schafften es nur 170 auf die Gästeliste. Viele reisten für diesen einen Abend an, nahmen Strecken von mehreren hundert Kilometern in Kauf. Geboten wurde ihnen einiges. Die größten K-Pop-Hits waren auf der großen Leinwand zu sehen, bei einem Quiz gab es CDs und Poster zu gewinnen, und wer mutig war, griff später beim Karaoke zum Mikro. Applaus bekam jeder, egal ob Koreaner, von denen einige an diesem Abend anwesend waren, oder Deutsche, die bewiesen, dass Musikhören nicht nur passiv ist, sondern auch zum Erwerb einer Sprache beitragen kann. Die meisten Fans können Hangeul [한글, die koreanische Schrift] lesen, und viele von ihnen besuchen später Sprachkurse, um irgendwann einmal nach Korea gehen zu können. Durch die K-Pop-Nacht führte ein junges Team - selbst K-Pop Fans, die mit Liebe zum Detail vorgingen. So gab es Aufsteller mit den Gesichtern von Idols (koreanische Popstars), die auf das Programm hinwiesen, für Karaoke und das Quiz warben. Um den Verkauf von Alkohol zu regeln, gab es für Minderjährige Getränkemarken, auf denen die Gesichter ihrer Stars abgebildet waren. Diese kamen so gut an, dass sich manch Erwachsener Einige Teilnehmer/innen der ersten deutschen K-Pop-Nacht wünschte, er wäre noch einmal 16. Am Ende entschieden sich viele Jugendliche gegen alkoholische Getränke, um diese Marken behalten zu können. Zwei Höhepunkte brachte der Abend mit dem Auftritt einer Berliner Coverbandgruppe, die ein Remix, unter anderem mit Liedern von Super Junior (seit 2005 aktive 15-köpfige Boygroup), 2NE1 (vierköpfige Girlgroup, siehe letzte Ausgabe unseres Magazins) und Teen Top (Boygroup, die vor allem für ihre synchrone Choreographie bekannt ist), zum Besten gaben und der Videobotschaft von JYJ (dreiköpfige koreanische Boygroup), die versprachen, bald ein Konzert in Europa zu geben. Diese Botschaft sorgte für einige Aufregung und war eine Entschädigung für die Minderjährigen, für die die K-Pop-Nacht früher endete, die jedoch dafür ein Poster mit nach Hause nehmen durften. Für alle anderen endete der Abend kurz nach Mitternacht, bis dahin wurde gefeiert, getanzt, man unterhielt sich und machte gemeinsame Fotos. So fanden sich Fans, die T-Shirts der gleichen Band trugen, und so stellte sich heraus, dass zwei Block-B-Fans (Fans einer am Hip-Hop orientierten koreanischen Boygroup) sogar aus Italien angereist waren. Am Ende waren sich alle einig: Die erste deutsche K-Pop-Nacht war ein Erfolg und sollte wiederholt werden. Der Zusammenhalt der Fans wurde gestärkt und zukünftige Pläne geschmiedet, um zu zeigen, wie beliebt K-Pop in Deutschland bereits ist und wie groß das Potenzial für die Zukunft. Als ein Zeichen unterschrieb der Großteil der Anwesenden ein großes Stoffbanner mit Nachrichten an ihre Idole, das nach Korea geschickt wird. Obwohl die K-Pop-Nacht nun schon eine Weile zurückliegt, klingt sie noch nach. Die nächste ist in Planung, und insgeheim hoffen die Fans, dass sie irgendwann nicht nur ihre Stars feiern, sondern mit ihnen feiern können. 1 Flashmob für K-Pop: spontan wirkendes Zusammentreffen von Fans, um z.B. durch Tanzen auf K-Pop aufmerksam zu machen. 61 VERANSTALTUNG EN DES KOREANISCH EN K U LT U RZ EN TRUMS - VORSCH AU Kurse Veranstaltungsort für alle Kurse: Koreanisches Kulturzentrum Leipziger Platz 3, 10117 Berlin (ab 17.00 Uhr Eingang über Erna-Berger-Str. 1) Kontakt: Tel. 030/ 26952-0 Musikkurse Gayageum (가야금, zwölfsaitige Zither) für Fortgeschrittene Dozentin: Frau Kim Montag, 16.30-18.00 Uhr Zeit: 10.10.-05.12.11 Derzeit ist ein Neueinstieg in den Kurs nicht möglich, da alle Plätze belegt sind. Kursgebühr: 30,00 Euro pro Quartal Kurs für Danso (단소, kleine Bambusflöte) und Daegeum (대 금, große Bambusflöte) Dozent: Herr Hong Yoo Zeit: 11.10.-06.12.11 Dienstag, 19.00-20.30 Uhr Ein Einstieg in den Kurs ist jederzeit möglich. Kursgebühr: 30,00 Euro pro Quartal Die Instrumente können im Koreanischen Kulturzentrum käuflich erworben werden. Danso: 5,00 Euro (aus Kunststoff) Daegeum: ca. 15,00 Euro Kalligrafie-Kurs Dozent: Zen-Meister Byong Oh Sunim Mittwoch, 18.00-20.00 Uhr Ein Einstieg in den Kurs ist jederzeit möglich. Kursgebühr: 30,00 Euro pro Monat; bei Teilnehmern, die sich für eine dreimonatige Teilnahme am Kurs entscheiden, reduziert sich die Kursgebühr für drei Monate auf 80,00 Euro. Sprachkurse Koreanisch Grundstufe 1A (Absoluter Anfängerkurs) Dozentin: Frau Hyunjung Kim Freitag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 14.10.-16.12.11 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A Grundstufe 1B (2. Quartal) Dozentin: Frau Hyunjung Kim Montag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 10.10.-12.12.11 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1B Grundstufe 1A (3. Quartal) Dozentin: Frau Hyunjung Kim Dienstag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 11.10.-13.12.11 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A Grundstufe 1B (3. Quartal) Dozentin: Frau Paek-Un Chong Mittwoch, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 12.10.-14.12.11 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1B Grundstufe 1B (1. Quartal) Dozentin: Frau Paek-Un Chong Donnerstag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 13.10.-15.12.11 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1B Grundstufe 2A (2. Quartal) Dozentin: Frau Hyunjung Kim Donnerstag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 13.10.-15.12.11 Kursbuch: Sogang Korean New Series 2A Mittelstufe 3A (2. Quartal) Dozentin: Frau Paek-Un Chong Freitag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 14.10.-16.12.11 Kursbuch: Sogang Korean New Series 3A Grundstufe 1A (2. Quartal) Dozentin: Frau Paek-Un Chong Dienstag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 10.10.-12.12.11 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A Gebühr für alle Sprachkurse: 40,00 Euro pro Quartal Mindestteilnehmerzahl für die einzelnen Kurse: 6 Anmeldung direkt bei den Kursleiterinnen per E-Mail vor Kursbeginn Weitere Informationen zu den Kursen erfragen Sie bitte per E-Mail bei Frau Kim ([email protected]) bzw. Frau Chong ([email protected]). Die Lehrbücher können die Kursteilnehmer bei www.koreanbook.de oder www.seoulselection.com erwerben. Koreanisches Yoga Dozentin: Seohee Jang Wochentag ZeitProgrammSprache Montag 19.00 – 20.00 Uhr Figur-Yoga Mittwoch 18.00 - 19.00 Uhr Balance-Yoga 19.20 - 20.20 Uhr Figur-Yoga Deutsch & Koreanisch Samstag Deutsch & Koreanisch Deutsch & Koreanisch 11.00 - 12.00 Uhr 12.20 - 13.20 Uhr Balance-Yoga Figur-Yoga Programm 1. Balance-Yoga: für jeden geeignet/ Ausbalancierung des Körpers 2. Figur-Yoga: figurformend/ Stärkung der Muskulatur Kursgebühr 1 Mal/ Woche 2 Mal/ Woche 3 Mal/ Woche 1 Monat 20,00 Euro 30,00 Euro 40,00 Euro 3 Monate 50,00 Euro 70,00 Euro 90,00 Euro Der Einstieg in alle Kurse ist jederzeit möglich. Mitzubringen: eine Yogamatte und bequeme Kleidung Kontakt: Tel. 030/7680-4759 (Seohee Jang) 62 Deutsch & Koreanisch Deutsch & Koreanisch Ausstellungen Koreanisches Kulturzentrum Leipziger Platz 3, 10117 Berlin change/exchange (만남) Vernissage: Donnerstag, 29.09.11 um 19.00 Uhr Ausstellung: 30.09. - 10.10.11 Ein Deutsch-Koreanisches Ausstellungsprojekt zwischen dem Verein Berliner Künstler und dem koreanischen Künstlerverein Yang Pyeong unter der Schirmherrschaft von Hartmut Koschyk, MdB und Präsident der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft e.V. 후원: 하르트뭍 코식, 독한 협회 회장 Gerda Berger • Chang Dae Il • Conrad Brockstedt • Hwang Saerobom • Marianne Gielen • Keum Dong Won • Claudia Hartwig • Kim Dong Hee • Sibylle Hoessler • Kim Ho Soon • Ralf Kleine • Kim Sung Il • Susanne Knaack • Kim Yoon Soon • Matthias Koeppel • Ko Bong Ok • Vera Krickhahn • Lee Bong Im • Ina Lindemann • Lee Hwa Jin • Louis • Lee Jeong Soo • Siegrid Müller-Holtz • Lee Young Hee • Helga Ntephe • Mo Jee Sun • Michael Otto • Park Gyeong In • Frank Rödel • Ryu Min Ja • Inge H. Schmidt • Yoo Young Nam • Sabine Schneider • Yoon Hyun Kyung • Ursula Schwirtzer • Evelyn Sommerhoff • SOOKI Unser schönes Hangeul (아름다운 우리 한글전) Kalligrafieausstellung Vernissage: Donnerstag, 12.10.11 um 18.00 Uhr Ausstellung: 13.10. - 04.11.11 Veranstalter: Koreanisches Kulturzentrum, Korea Calligraphy Association Workshops: Kalligrafie und Darstellung von Sagunja (,,Vier anmutige Blumen”) Mittwoch, 12.10.11 um 13.00 Uhr Muninhwa (Malerei) Mittwoch, 12.10.11 um 18.00 Uhr 63 Ah! Dokdo VI Lee Jeong Jae Einzelausstellung Malerei und Acrylgravur Vernissage: Donnerstag, 06.10.11 um 18.00 Uhr Ausstellung: 07.10. - 22.10.11 Share of Time Gruppenausstellung Yeongchan Byeon, Eunyoung Kim, Kwangho Shin, Martin Fuerbringer, Peter Wendl, Phillip Moll, Andrea Sohler, Herwig Hoffmann, Birthe Zimmermann, Daniel Bischoff Vernissage: Freitag, 09.12.11 um 18.00 Uhr Ausstellung: 10.12. - 29.12.11 Moon Tides - Jeju Island Grannies of the Sea Fotoausstellung Ausstellung: 24.10. - 28.10.11 Buchpräsentation: 27.10. um 18.00 Uhr, „Moon Tides - Jeju Island Grannies of the Sea” Die Autorin Brenda Sunoo ist bei der Präsentation anwesend. 64 Moo Chang Han Einzelausstellung Vernissage: Freitag, 09.12.11 um 18.00 Uhr Ausstellung: 10.12. - 29.12.11 Konzerte, Kino, Sonstiges Koreanisches Kulturzentrum Leipziger Platz 3, 10117 Berlin Kontakt: Tel. 030/ 26952-0 KONZERTE 1. NOVEMBER Gala-Konzert „Korea meets Classic“ 2011 Kammermusiksaal, Berliner Philharmonie Zeit: 20.00 Uhr 10. NOVEMBER Mi-kyung Kim Gayageum (koreanische Wölbbrettzither) und Streichquartett Koreanisches Kulturzentrum Zeit: 19.00 Uhr SONSTIGES 18. OKTOBER Lesung Yi Munyol: Der Dichter (Suhrkamp 2010) Choi Seung-Ho: Autobiographie aus Eis. Gedichte (Wallstein 2011) Bae Su-Ahn Sonntag: Sukiyaki-Restaurant 3. DEZEMBER Hyundai Music Prizes Audition (Probespiel) Koreanisches Kulturzentrum Die Uhrzeit entnehmen Sie bitte der Interseite des Koreanischen Kulturzentrums (www.kulturkorea.de) Änderungen vorbehalten 8. DEZEMBER Hyundai Music Prizes Preisverleihung und Preisträgerkonzert Koreanisches Kulturzentrum Zeit: 19.00 Uhr Änderungen vorbehalten KINO 26. OKTOBER Guns and Talks (킬러들의 수다, Killerdeuri suda) Republik Korea 2001, Actionkomödie Regie: Jang Jin Länge: 121 Minuten Koreanisch mit englischen Untertiteln Zeit: 19.00 Uhr Jang Jins Film über vier philosophierende Auftragskiller gehörte in Korea zu den erfolgreichsten cineastischen Produktionen des Jahres 2001. Bereits der koreanische Titel (Killerdeurui suda/wörtl. Übers.: „Das Geplauder der Killer“) lässt vermuten, dass es sich hierbei um eine abgewandelte Version des altbekannten Killer-Genres handelt. Die Kaltherzigkeit des „Jobs“ und die allzu menschlichen Schwächen der Vierergruppe stehen im selbstironischen Widerspruch lässt immer wieder Raum für aberwitzige Situationen. 30. NOVEMBER Righteous Ties (거룩한 계보, Georukhan Gyebo) Republik Korea 2006, Drama/ Komödie Regie: Jang Jin Länge: 126 Minuten Koreanisch mit englischen Untertiteln Zeit: 19.00 Uhr Um seinen Boss zu decken, geht der Gangster Chi-sung Dong an dessen Stelle ins Gefängnis. Doch seine Loyalität wird nicht erwidert: Im Auftrag des eigenen Chefs soll er innerhalb der Knastmauern ermordet werden. Chi-sung Dong plant daraufhin seinen Ausbruch und seine Rache. Die Männerfreundschaft, die in Korea so gern beschworen und in zahlreichen Filmen ins Heroische hochstilisiert wird, ist einmal mehr tragendes Element einer Geschichte. Es geht um Treue, Aufopferung und Verrat. Wobei Dramatik und Slapstick in einer überraschenden Mischung aufeinandertreffen. 28. DEZEMBER A Day With My Son (아들, Adeul) Republik Korea 2007, Familiendrama Regie: Jang Jin Länge: 109 Minuten Koreanisch mit englischen Untertiteln Zeit: 19.00 Uhr Jang Jin fokussiert seine Vorliebe für ungewöhnliche Persönlichkeiten und deren Beziehungen auf das besondere Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Die Situation, in der sich beide befinden, dramatisiert diese Verbindung auf drastische Weise. Kang-sik Lee, der Vater, ist ein verurteilter Mörder, der nach 15 Jahren Haft zum ersten Mal die Gelegenheit erhält, seinen Sohn zu treffen. Dafür wird ihm ein Tag in Freiheit gewährt. 65 23. OKTOBER Siegburg Chorgemeinschaft Germania mit dem Koreanischen Frauenchor Köln Zeit: 17.00 Uhr Ort: Rhein-Sieg-Halle Bachstr. 1, 53721 Siegburg Ticket-Hotline: Tel. 02241/ 23919319 17. OKTOBER Detmold Soloabend Konzertexamen: Jieun Cho (Violine) Klasse Prof. Thomas Christian Zeit: 19.30 Uhr Ort: Konzerthaus der Hochschule für Musik Detmold Mozartstr. 17, 32756 Detmold Eintritt: EUR 7,50 (Studierende und Schüler frei) 28. OKTOBER Kassel Eröffnungskonzert der Kassler Musiktage: Hyeyoon Park (Violine) Zeit: 19.00 Uhr Ort: Kongress Palais - Stadthalle, Festsaal, Holger-BörnerPlatz 1,34119 Kassel Eintritt: EUR 15-35 Ticket-Hotline: Tel. 05613164500 22. OKTOBER München Liszt-Festival Mit Sojin Kim (Klavier) Zeit: 15.00 Uhr Ort: Gasteig – kleiner Konzertsaal, Rosenheimer Str. 5 81667 München Eintritt: EUR 18,00 München Ticket GmbH: Tel. 0180/ 54 81 81 81 Kontakt: Tel. 030/2612399 Zeit: bis 10.10.11 Ort: Koreanisches Kulturzentrum Leipziger Platz 3, 10117 Berlin Kontakt: Tel. 030/26952124 SONSTIGES 13. OKTOBER Detmold Künstlerische Diplomprüfung: Sumi Lee (Klavier) Klasse Prof. Bob Versteegh Zeit: 19.30 Uhr Ort: Konzerthaus der Hochschule für Musik Detmold Mozartstr. 17, 32756 Detmold Eintritt frei KUNST MUSIK BUNDESWEITE VE RANSTALTUNGEN OKTOBER 22. OKTOBER Berlin Vortrag: Der Komponist Isang Yun – Koordinaten und Kontexte Vortrag 2 der Reihe „Korea lesen“ Walter-Wolfgang Sparrer, Berlin Mit N. N. (Flöte) Zeit: 17.00 Uhr Ort: Yun-Haus, Sakrower Kirchweg 47, 14089 Berlin Bis 09./10. OKTOBER Berlin Ausstellung change/exchange (만남) Teilung und Verbindung Zeit: bis 09.10.11 Ort: Galerie Verein Berliner Künstler Schöneberger Ufer 57, 10785 Berlin MUSIK NOVEMBER 66 1. NOVEMBER München Prüfungskonzert Meisterklasse Gitarre Mit Mi-Yae Hwang (Klasse Matthias Kläger) Zeit: 18.00 Uhr Ort: Arcisstraße, Großer Konzertsaal, Hochschule für Musik und Theater München Eintritt frei 13. NOVEMBER Berlin MusikSalon Berlin – focused IV Mit dem AsianArt Ensemble: Hong Yoo, Naoko Kikuchi, Il-Ryun Chung, Matthias Leupold, Chang-Yun Yoo, Sohyun Sung Im Fokus: Geomungo, die koreanische Wölbbrettzither Zeit: 15.00 - 17.00 Uhr Ort: Museum für Asiatische Kunst, Museen Dahlem, Lansstr. 8, 14195 Berlin Kontakt: Tel. 030/ 8301 438 17. NOVEMBER Detmold Soloabend Konzertexamen: Joo Ort: LEE Galerie Berlin Brunnenstraße 172, 10119 Berlin Kontakt: Tel. 030/ 417 179 73 Young Kang (Violine) Klasse Prof. Koh Gabriel Kameda Zeit: 19.30 Uhr Ort: Konzerthaus der Hochschule für Musik Detmold, Mozartstr. 17, 32756 Detmold Eintritt: EUR 7,50 (Studierende und Schüler frei) BIS 04. NOVEMBER Berlin Ausstellung: Paik Nam-Jun Drawings and Installations Zeit: bis 04.11.11, Di – Sa 12.00 – 18.00 Uhr Ort: LEE Galerie Berlin Brunnenstraße 172, 10119 Berlin Kontakt: Tel. 030/ 417 179 73 BIS 27. NOVEMBER Erfurt Ausstellung: Min Oh Zeit: bis 27.11.2011 Ort: Kunsthalle Erfurt, Fischmarkt 7, 99084 Erfurt Kontakt: Tel. 0361/655 5660 SONSTIGES KUNST 13. NOVEMBER Überlingen 6. Konzert - Trio con Brio Kopenhagen Zeit: 20.00 Uhr Ort: Kursaal am See, Christophstr. 2b, 88662 Überlingen Soo-Jin Hong (Violine), SooKyung Hong (Violoncello), ViJens Elvekjaer (Klavier) Programm: Klaviertrio B-Dur op.99 und Klaviertrio Es-Dur op.100 von Schubert Gegründet in Wien im Jahr 1999 hat sich das Trio con Brio Kopenhagen mit den koreanischen Schwestern Soo-Jin Hong und Soo-Kyung Hong sowie dem dänischen Pianisten Jens Elvekjaer in kurzer Zeit in die Riege der namhaften internationalen Kammermusikensembles eingeordnet. 11. NOVEMBER Berlin Einzelausstellung Ji Suk-Chol Vernissage: 11.11.11, 18.00 Uhr Zeit: 12.11. – 10.12.11, Di – Sa 12.00 – 18.00 Uhr 19. NOVEMBER Berlin Vortrag: Koreanische Paradoxien Entfremdung und Annäherung auf der koreanischen Halbinsel (1953 - 2000) Vortrag 3 der Reihe „Korea lesen“ Dr. Rainer Werning, Bonn Zeit: 16.00 Uhr Ort: Yun-Haus, Sakrower Kirchweg 47, 14089 Berlin 13. DEZEMBER Detmold Soloabend Konzertexamen: Ju-Yong Lee (Klavier) Klasse Prof. Hartmut Schneider Zeit: 19.30 Uhr Ort: Konzerthaus der Hochschule für Musik Detmold, Mozartstr. 17, 32756 Detmold Eintritt: EUR 7,50 (Studierende und Schüler frei) 15. DEZEMBER Detmold Künstlerische Masterprüfungen: mit Hyeryun Park (Kammermusik Violine) Klasse Ulrike-Anima Mathé Zeit: 19.30 Uhr Ort: Brahms-Saal der Hochschule für Musik Detmold, Neustadt 22, 32756 Detmold Eintritt frei KUNST MUSIK DEZEMBER 16. DEZEMBER Berlin Einzelausstellung Hye-Ja Vernissage: 16.12.11, 18 Uhr Zeit: 16.12.11 – 21.01.12, Di-Sa 12.00 – 18.00 Uhr Ort: LEE Galerie Berlin Brunnenstraße 172, 10119 Berlin Kontakt: Tel. 030/ 417 179 73 67 IMPRESSUM HERAUSGEBER Koreanisches Kulturzentrum Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea Leipziger Platz 3 10117 Berlin www.kulturkorea.de Leiter: Gesandter-Botschaftsrat Byung Koo Kang REDAKTION Gesine Stoyke Dr. Stefanie Grote GESTALTUNG Setbyol Oh Das neue Logo des Koreanischen Kulturzentrums Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, dass das Koreanische Kulturzentrum ein neues Logo hat. Dieses wird zukünftig von allen Koreanischen Kulturzentren weltweit verwendet. Die drei farbigen Bestandteile des Logos sind die kalligrafische Darstellung der Symbole für Himmel , Mensch , Erde , welche die Grundelemente der koreanischen Schrift Hangeul (한글) bilden. Der Himmel symbolisiert die Originalität der koreanischen Kultur, die Erde die Fortführung kultureller Traditionen und der Mensch die harmonische Entwicklung der Kultur. Die Farben Rot, Blau und Gelb stehen für kulturelle Vielfalt. Die Pinselstriche, die an traditionelle Kalligrafien erinnern, betonen in Verbindung mit dem modernen Schriftsatz die Dynamik der koreanischen Kultur. MITARBEIT Jongmin Lee KONTAKT Tel. (030) 269 52-0 Fax: (030) 269 52-134 E-Mail: [email protected] Auflage: 3.500 Exemplare DRUCK Pinguin Druck GmbH, Berlin VERTRIEB Koreanisches Kulturzentrum Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea Kultur Korea erscheint vierteljährlich als Print-, Digital- (PDF-Datei) und Online-Ausgabe unter http://magazin.kulturkorea.de Bezug gratis über den Herausgeber. Sämtliche, von Redaktionsseite erfolgten Übersetzungen sind durch eckige Klammern kenntlich gemacht. 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