Klinische Untersuchung bei patellofemoralen Problemen

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Klinische Untersuchung bei patellofemoralen Problemen
Leitthema
Orthopäde 2008 · 37:890–903
DOI 10.1007/s00132-008-1296-3
Online publiziert: 23. August 2008
© Springer Medizin Verlag 2008
G.I. Pagenstert1 · M. Bachmann2
1 Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinik Bonn
2 Klinik für Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Liestal
Klinische Untersuchung bei
patellofemoralen Problemen
Die Analyse patellofemoraler Schmerzen und Instabilität bereiten offensichtlich Mühe. Sammeldiagnosen
wie „patellofemorales Schmerzsyndrom“, „vorderer Knieschmerz“ oder
„Chondromalazie“ zeigen die Schwierigkeit in diesen Fällen eine Diagnose
zu definieren. Die Ursache liegt, zumindest partiell, in den unterschiedlichen klinischen Zeichen und Funktionstests, welche z. T. nicht quantifiziert werden und zweideutig interpretiert werden können. Das vorliegende Manuskript fasst daher die bekannten Zeichen und Funktionstests
zusammen, beurteilt sie anhand der
Literatur und ordnet sie in ein praktisches Untersuchungsschema.
Methode
Basierend auf folgenden Schlüsselworten
wurde eine Literatursuche durchgeführt:
„anterior knee pain, chondromalacia, extensor mechanism disorder, patellofemoral, patella, patellar, pain, compression, instability, crepitus, tilt, displacement, glide,
retinaculm, apprehension, tracking, alta,
baja, infera, forces, Q angle, muscle flexibility, tibial rotation, femoral rotation,
patellar rotation“. Dabei wurden bis Mai
2008 Artikel via Medline und spezielle
Lehrbücher berücksichtigt. Studien, welche die klinische Untersuchung von Patientin mit patellofemoralen Schmerzen
(PFS) oder patellofemoraler Instabilität
(PFI) beschrieben, wurden gesammelt. In
den entsprechenden Studien wurden die
verwendeten klinischen Tests analysiert
und, wo möglich, die Definition von pathologischen und Normwerten erfasst.
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Der Orthopäde 9 · 2008
Klinische Untersuchung
Die gesamte untere Extremität muss untersucht werden und der Patient dazu entkleidet sein. Für ein praktikables und reproduzierbares Vorgehen wird die Untersuchung in 5 Abschnitte aufgeteilt: Stehen,
Sitzen, Rücken-, Seiten- und Bauchlage.
Vorab wird die Messung des Q-Winkels
beschrieben, da Uneinigkeit besteht, in
welcher Körperposition er korrekterweise gemessen werden sollte [1, 32, 42, 44].
Q-Winkel
Der Quadrizeps- (Q-)Winkel ist eine Beschreibung des Valguskraftvektors, der bei
Kontraktion des Quadrizeps auf die Patella wirkt. Der Winkel wird geformt von einer Linie zwischen Spina iliaca anterior superior und dem Zentrum der Patella und einer Linie zwischen Zentrum der
Patella und der Mitte der tibialen Tuberositas (. Abb. 1) [1].
Je größer der Q-Winkel, desto größer ist die lateralisierende Kraft und konsekutiv die Druckbelastung im lateralen
Patellofemoralgelenk (PFG) mit potentieller Subluxation [3]. Bei voller Extension
ist der Q-Winkel am größten, da die Tibia bei terminaler Extension eine Außenrotation durchführt und dabei die Tuberositas nach lateral rotiert. Daher haben Aglietti et al. [1] vorgeschlagen, den
Winkel mit dem Patienten in Rückenlage, den Knien gestreckt und die Muskeln
entspannt zu messen. In ihrer Studie von
150 Normalpatienten (63 Patienten mit
PFS und 37 Patienten mit PFI) wurden
folgende Werte definiert: Normwert für
Männer 14±3°, für Frauen 17±3°, pathologische Werte >20°, welche signifikant mit
PFS korrelieren. Der Q-Winkel zeigte kei-
ne Verbindung zu PFI, was logisch ist, da
bei PFI die Patella nach lateral subluxiert
und damit den Q-Winkel verkleinert.
Dass ein Q-Winkel, in beschriebener
Art gemessen, kein Maß für eine zugrunde liegende skelettale Deformität sein
kann, konnte durch eine Vergleichstudie zwischen Q-Winkel in Extension und
Patellaposition in der Computertomographie (CT) bestätigt werden [9]. Fithian et al. [16] haben daher den Q-Winkel
bei 30° Flexion mit Reposition der Patella in die Trochleagrube durch dorsal gerichteten Druck gemessen. Die Normwerte betrugen für Männer 11,2° und für
Frauen 13,4°. Mit dieser Methode konnte
auch eine Korrelation eines vergrößerten
Q-Winkels (Mittelwert 19,2°) mit PFI gefunden werden.
In anderen Studien wurde jedoch kein
Unterschied zwischen gesunden Personen
und Patienten mit PFS oder PFI gefunden
[13, 53]. Diese Diskrepanz könnte durch
eine fehlende Standardisierung der Messung verursacht sein. Die Q-Winkel-Messung ist äußerst fehleranfällig, weil sie auf
der genauen Festlegung der Linien basiert,
die sich im Zentrum der Patella kreuzen.
France u. Nester [17] zeigten, dass das
Zentrum der Patella mit einer Genauigkeit von <2 mm bestimmt werden muss,
damit der Q-Winkel in einer Messbreite
von <5° liegt. Die Patella muss während
dieser Messung ebenfalls in der Trochlea zentriert sein, um eine Aussage über
die ossäre Ausrichtung machen zu können. Eine laterale Verschiebung von 3 mm
führt zu einer Verringerung des Q-Winkels von 4,3° [25]. Der Untersucher muss
ebenfalls darauf achten, dass das Bein des
Patienten in einer neutralen Rotation gehalten wird. Rotiert der Patient den Fuß
Zusammenfassung · Abstract
nach außen, kommt es durch die Drehung
der tibialen Tuberositas nach lateral zu einer Erhöhung des Q-Winkels. Rotiert der
Fuß nach innen, kommt es dementsprechend zu einer Verringerung des Q-Winkels.
Gleichzeitig ist man sich nicht einig, ob
der Q-Winkel zwischen den Geschlechtern variiert. Die oben angegebenen Studien haben einen signifikanten Unterschied gefunden, welcher jedoch von anderen Berichten nicht bestätigt werden
konnte [23, 35].
E Der Q-Winkel ist ein Befund, der
bei >20° für eine ungünstige
Biomechanik im PFG spricht, ohne
dass man bei Werten <20° eine
Pathologie ausschließen kann.
Untersuchung im Stehen
Die Beurteilung beginnt mit der Inspektion des Patienten im Stehen mit den Füßen parallel noch vorn. Ein breites „gynäkoides“ Becken erhöht den Q-Winkel.
Eine Hyperlordose der Lendenwirbelsäule kann bei Flexionskontraktur der Hüfte
bei verkürztem Quadrizeps mit konsekutiver chronischer patellofemoraler Hyperkompression erkannt werden [31, 56].
Weiter distal wird das proximale Femur inspiziert. Eine Quantifizierung der
Rotation in diesem Bereich wird erst in
Bauchlage durchgeführt, jedoch kann indirekt durch die sichtbare Ausrichtung der
Patella auf eine übermäßige Antetorsion
des Femurs geschlossen werden. Normalerweise zeigen die Patellae bei paralleler
Fußposition nach vorne in Richtung der
sagittalen Lokomotion. Im Fall einer vermehrten femoralen Antetorsion, einer Insuffizienz der außenrotierenden Hüftmuskeln oder einer Kontraktur der Innenrotatoren kommt es zu einer vermehrten Innenrotationsstellung des Femurs. Daraus
resultieren nach innen gerichtete Patellae,
welche als „squinting“ (schielende) Patellae (. Abb. 2) bezeichnet werden [48].
Durch die nach innen gerichteten Kniegelenke kommt es zu einer funktionellen
Vergrößerung des Q-Winkels mit signifikanter Vergrößerung der Kräfte auf das laterale Retinaculum und das laterale PFG
[34]. „Squinting Patellae“ können auch
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Klinische Untersuchung bei patellofemoralen Problemen
Zusammenfassung
Patellofemorale Schmerzen und Instabilität sind mit über 25% aller sportassoziierten Beschwerden am Kniegelenk ein häufiges Krankheitsbild [4]. Trotzdem bereitet die
Analyse dieser Probleme offensichtlich Mühe. Sammeldiagnosen wie „patellofemorales
Schmerzsyndrom“, „vorderer Knieschmerz“
oder „Chondromalazie“ sind nicht selten [22].
Die Schwierigkeit liegt zum einen in der komplexen Pathomechanik des Patellofemoralgelenk, da die Patella im Extensorenapparat zwischen Becken, Femur und Tibia integriert ist und damit Einflüssen von Hüfte bis
Fuß ausgesetzt ist. Zum anderen werden unterschiedliche klinische Zeichen und Funktionstests verwendet mit z. T. fehlender Quantifizierbarkeit und zweideutiger Interpretationsmöglichkeit. Das vorliegende Manus­kript
fasst daher die bekannten Zeichen und Funktionstests zusammen, beurteilt sie anhand
der Literatur und ordnet sie in ein praktisches
Untersuchungsschema ein. Dazu wurde die
Literatur über Medline und spezielle Lehrbücher betreffend patellofemoraler Erkrankungen herangezogen. Es konnten 43 Zeichen und Tests ausfindig gemacht werden.
Der Untersucher kann ohne spezielle Hilfsmittel 18 davon auf einer Nominal- und 15
auf einer Ordinalskala quantifizieren. Damit
liefert dieses Manuskript dem Leser ein standardisiertes Untersuchungsschema mit einer
Sammlung von quantifizierbaren Befunden,
welche immer wichtiger werden, um eine adäquate Diagnostik und Therapie zu rechtfertigen.
Schlüsselwörter
Patellofemorales Schmerzsyndrom ·
Vorderer Knieschmerz · Patellainstabilität ·
Klinische Untersuchung
Clinical examination for patellofemoral problems
Abstract
Patellofemoral pain and instability account
for 25% of all sports-related knee problems.
However, definitive analysis seems to be
difficult. Descriptive findings like “anterior
knee pain”, “patellofemoral pain syndrome”,
or “chondromalacia” are used instead of diagnosis. One reason may be the complex
pathomechanics of the patellofemoral joint
which is suspended between the pelvis, the
femur, and the tibia and subsequently is influenced by the whole lower extremity from
the hip down to the foot. On the other hand,
different signs and functional tests are in use
with at times lack of quantification and ambiguous interpretation. The current manuscript reviews the commonly used signs and
functional tests, analyzes them based on the
current literature, and arranges them in a
practical manner for physical examination. A
MEDLINE literature search and special textbooks regarding patellofemoral disorders
were used; 43 signs and tests were found.
The examiner can quantify 18 of these findings on a nominal and 15 on an ordinal scale.
Thus, this manuscript provides a standardized
algorithm for physical examination with a
collection of quantifiable findings, which are
of growing importance to justify adequate diagnostics and treatment.
Keywords
Patellofemoral pain syndrome · Anterior knee
pain · Patellar instability · Physical
examination
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Leitthema
Abb. 1 8 Der Quadrizepswinkel (Q-Winkel) wird
aus der Linie zwischen Patellazentrum und Spina iliaca anterior superior und der Linie zwischen Patellazentrum und Tuberculum tibiae
gebildet
Abb. 2 8 Die Oberflächen der Patellae zeigen
nach innen bei parallel ausgerichteten Füßen
und erinnern an schielende Augen. Es besteht
eine Knick-Senkfuss-Stellung sowie eine varische Beinachse
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nur funktionell (muskulär) vorliegen und
im Stehen nicht sichtbar sein. Daher achtet man nochmals auf die Ausrichtung der
Kniegelenke beim Gehen und Laufen.
Weiter distal wird die Stellung der Kniegelenke analysiert. Eine Valgusstellung erhöht den Q-Winkel direkt und ist häufiger mit patellofemoralen Problemen assoziiert als ein Genu varum. Zur Quantifizierung wird beim Varus der Abstand
zwischen den Femurkondylen bei zusammengeführten Sprunggelenken und beim
Valgus der Abstand zwischen den Sprunggelenken bei zusammengeführten Kniegelenken gemessen. Ein Genu recurvatum kann aufgrund einer generalisierten
Bandlaxität oder sekundär nach vorderer
und/oder hinterer Kreuzbandruptur vorliegen. Besonders die generalisierte Bandlaxität ist dabei mit einer Patella alta und
PFI assoziiert [2, 56]. Das andere Extrem
ist eine Genu antecurvatum bei Kontraktur der ischiokruralen Muskulatur, welche durch eine Extensionsstellung in der
Hüfte mit einer Steilstellung der Lendenwirbelsäule kompensiert wird. Solche Patienten haben eher PFS [31]. Re- und Antekurvatum werden mittels Goniometer
quantifiziert.
Die generelle Gelenklaxität kann durch
eine Serie von einfachen Tests gemessen
werden. Beighton et al. [5] schlugen vor,
jedem Patienten einen numerischen Wert
zwischen 0 und 9 zu geben. Die Fähigkeit,
einer der folgenden Bewegungen durchzuführen, wird mit je einem Punkt bewertet:
passive Dorsalflexion des kleinen Fingers
>90°; passive Anführung des Daumens zu
den Flexoren des Vorderarms; Hyperextension des Ellenbogens >10°; Hyperextension der Knie >10°; Vorwärtsbeugung
des Rumpfes mit den Knien in Extension
und die Handflächen auf den Boden (Test
1–4 wurden für beide Seiten gezählt und
Test 5 nur einfach). Es ist nicht klar, ob eine systemische Hypermobilität mit PFS
assoziiert ist, jedoch kommt eine Patelladislokation 6-mal häufiger als in altersentsprechenden Kontrollen vor [15, 56].
Die Beurteilung der tibialen Rotation
ist durch einen Vergleich der Ausrichtung
der Füße mit der Tuberositas tibiae möglich. Zeigen die Füße vermehrt nach außen, so liegt eine übermäßige tibiale Außentorsion oder eine Pes-abductus-Fehlstellung vor. Zum physiologischen Abrol-
len muss der Patient seine Füße in die Sagittalrichtung drehen, was zu einer vermehrten Innenrotation im Kniegelenk
mit einwärts gedrehten „squinting“ Patellae und den oben genannten biomechanischen Folgen für das PFG führen kann
[34].
Am Schluss werden die Füße und die
Sprunggelenke inspiziert. Eine Varusstellung im Kniegelenk wird z. T. durch eine
vermehrte Pronation im unteren Sprunggelenk (USG) kompensiert. Eine Pronation im USG ist zwanghaft mit einer Innenrotation des Unterschenkels gekoppelt und
führt wieder zu einem einwärts gedrehten
Knie [28]. Dabei scheint die exzessive Pronationsstellung im USG das Problem zu
sein, egal ob sie zum Ausgleich einer Tibia vara oder primär vorliegt. Quantifizieren lässt sich der Einfluss der Mittel- und
Vorfußdeformität auf das Knie durch unterlegen von Brettchen einer bestimmter
Dicke (cm) unter das Großzehengrundgelenk. Lassen sich damit die „squinting“
Patellae (Innenrotationsstellung des Kniegelenks) voll korrigieren, liegt die Ursache
der Patellafehlführung maßgeblich im Bereich des Fußes.
Die Pronation im USG kann primär
funktionell vorliegen (Hyperpronation
des Läufers) oder strukturell als Pes planovalgus et abductus. Die Pes-planovalgus-Fehlstellung durchläuft typische Stadien von Funktionsverlust der Tibialisposterior-Sehnen über eine korrigierbare
Plattfußdeformität bis zur Einsteifung. Eine praktische klinisch-funktionelle Quantifizierung kann nach Johnson u. Strom
[29] erfolgen:
F Grad 1: schmerzhafte Funktion der
Tibialis-posterior-Sehne, ohne Fußdeformität,
F Grad 2: flexible Deformität, fehlende
Varisierung der Ferse im Zehenstand,
einbeiniger Zehenstand erschwert,
F Grad 3: fixierte Deformität.
Der Terminus „miserable malalignment
syndrom“ wurde von James et al. [28] verwendet und beschreibt die ungünstige Koinzidenz von einigen der oben genannten Fehlstellungen und damit eine besonders starke Anfälligkeit für patellofemorale Probleme: Pes planovalgus et abductus, vermehrte tibiale Außenrotation, Ti-
bia vara und vermehrte femorale Innenrotation.
Nun lässt man den Patienten aus dem
Stand in die tiefe Kniebeuge und wieder
zurück gehen und achtet auf einen hörbaren Krepitus mit evtl. sichtbarem holprigem Gleiten der Patella. Der peripatellare Krepitus ist ein häufiges Zeichen von
Patienten mit PFS und kann durch eine
hypertrophe Plika oder einen Knorpeldefekt ausgelöst werden. Der Grad der Flexion beim Auftreten des Krepitus wird
für die anschließende Untersuchung im
Sitzen vermerkt. Jedoch ist der Krepitus
nicht per se pathologisch und es gibt keine generelle Korrelation zwischen Krepitus und Schmerz. In einer klinischen Untersuchung von unauffälligen Kniegelenken fanden Johnson et al. [30] in 94% aller gesunden Frauen und 45% aller gesunden Männer einen hörbaren patellofemoralen Krepitus.
Eine Korrelation von Quadrizepsmuskelschwäche (Maximalkraft) mit PFS und
konsekutiver Muskelatrophie (Umfangmessung) wurde beschrieben [54, 56]. Jedoch konnten andere Studien diese Befunde nicht bestätigen [12, 31]. Milgrom
et al. [54] fanden sogar das Gegenteil. In
einer prospektiven Studie von Infanteriesoldaten konnten Rekruten, welche im
Beobachtungszeitraum PFS entwickelten, eine größere isometrische Quadrizepskraft aufbringen als Rekruten, welche keine PFS entwickelten. Jedoch ist
die manuelle Untersuchung von Muskelkraftdefiziten in der Praxis schwierig zu
quantifizieren. Daher müsste ein funktionelles Testen durchgeführt werden. Eine funktionelle Testung simuliert die Anforderung während der Aktivität am Knie
und der gesamten unteren Extremität in
kinetischer Kette. Loudon et al. [36] haben daher vorgeschlagen, Patienten mit
patellofemoralen Problemen mit 5 verschiedenen funktionellen Tests im Vergleich zur symptomatischen Gegenseite zu beurteilten (Anzahl der Wiederholungen in 30 s): Ausfallschritt, Stufe hinunter steigen, einseitige Beinpresse, bilaterale Kniebeuge, einbeinige Balanceübung.
Alle 5 Tests zeigten eine hohe Beobachterzuverlässigkeit und korrelierten mit den
angegebenen Werten auf einer Schmerzskala.
Abb. 5 8 Distal der proximalisierten Patellakontur bildet der Fettkörper einen 2. Hügel. Diese
Doppelhügelkontur erinnert an einen Kamelrücken
Abb. 3 8 Die Oberflächen der Patellae zeigen
nach oben und außen und erinnern an die Augen eines Grashüpfers oder Frosches
Abb. 6 8 Bei der dynamischen Lateralisierung
wird die Patella durch die Quadrizepskontraktion nicht nur nach proximal sondern auch nach
lateral gezogen
Abb. 4 8 Der TSW wird zwischen der senkrechten Linie zur epikondylären Achse und der Linie zwischen Patellazentrum und Tuberositas tibiae gebildet
E Die klinische Beurteilung von
patellofemoralen Schmerzen
beinhaltet immer eine
Untersuchung im Stehen.
Untersuchung im Sitzen
Der Patient sitzt am Rand der Untersuchungsliege mit 90° flektierten Kniegelenken und hängenden Unterschenkeln.
In dieser Position können die verschie-
denen Muskelgruppen beurteilt werden.
Der Vastus medialis obliquus (VMO) inseriert normalerweise am oberen Drittel bis oberer Hälfte des medialen Patellarandes, tiefer als der Vastus lateralis.
Bei 90° Beugung ist der VMO als prominenter Hügel sichtbar. Eine Atrophie des
VMO führt bei Quadrizepskontraktion
zu einer vermehrten Lateralisierung der
Patella mit Hyperkompression und möglicher Subluxation [49]. Eine Atrophie des
Quadrizeps wird 10 und 15 cm oberhalb
der Patella im Seitenvergleich gemessen.
Normalerweise zeigt die Patella in sitzender Position nach vorne zum Untersucher. Bei einer Patella alta wird die Patella
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Leitthema
Abb. 7 8 Bei dem passiven Patella-Tilt-Test versucht der Untersucher den lateralen Patellarand
vom Femurkondylus abzuheben. Als Referenzlinie dient die horizontale epikondyläre Achse
Abb. 9 8 Apprehension-Test
Linie zwischen dem Zentrum der Patella
und der Tuberositas tibiae und der senkrechten Linie zur epikondylären Achse
gebildet. Ein normaler Winkel beträgt 0°,
während 10° als pathologisch gelten. Post
u. Fulkerson [43] haben eine Modifikation
mit einem Bleilot vorgeschlagen. Der Faden wird ins Zentrum der Patella gehalten
und das Lot nach unten gehängt. Der Faden sollte die Tuberositas halbieren. Der
Abstand des Tuberositaszentrums zum
Faden wird in cm gemessen und steht
für eine laterale oder eine (meist iatrogene) mediale Transposition der Tuberositas. Eine laterale Transposition der Tuberositas steht für eine Vergrößerung des
Q-Winkels mit den möglichen negativen
biomechanischen Folgen. Eine mediale
Transposition entspricht einer Überkorrektur mit möglichen medialen PFS und
sollte vermieden werden [6].
E Die Untersuchung im Sitzen
ist für die Beurteilung der
Position der Tuberositas tibiae
in Flexion notwendig.
Abb. 10 8 Relokationstest
Abb. 8 8 Quadranteneinteilung der Patella zur
Quantifizierung der mediolateralen Patellaverschieblichkeit
weniger tief in die Trochlea gezogen, liegt
auf dem Femur und zeigt gegen die Zimmerdecke. In dieser Position hat die Patella zu Beginn der Knieflexion eine ungenügende femorale Führung, da die Trochlea
erst weiter distal beginnt. Die Verbindung
von Patella alta und Patellainstabilität ist
allgemein akzeptiert [39]. Ein weiteres
Zeichen für Patella alta und Lateralisation ist das „Grashüpfer-“ oder „Froschau-
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genzeichen“ (. Abb. 3) [26]. Die Patellae
liegen bei 90° Flexion außen und oben an
den Kniegelenken und ähneln Grashüpfer- oder Froschaugen. Sonstige Auffälligkeiten wie eine prominente Tuberositas tibiae weisen auf eine distale Patellasehnenaffektion bzw. auf einen Morbus OsgoodSchlatter hin.
Der Q-Winkel wird jetzt in sitzender
Position nochmals gemessen. Die Tibia
rotiert bei Flexion nach innen, die Tuberositas dreht sich nach medial und die
Patella ist in der Trochlea zentriert. Kolowich et al. [32] gehen davon aus, dass
bei 90° Flexion vom Patellazentrum auf
die Trochleagrube geschlossen werden
kann und haben daher ihre Messung Tuberkulum-Sulkus-Winkel (TSW) genannt
(. Abb. 4). Der TSW wird durch eine
Jetzt fordert man den Patienten auf, das
Knie langsam aus der 90°-Position voll zu
strecken. Dieser dynamische Patellatest ist
ein Maß der Patellainstabilität. Während
dieser Untersuchung beobachtet man die
Gleitbewegung der Kniescheibe von vorne. Normalerweise bewegt sich die Kniescheibe gerade nach proximal. Ein pathologisches Gleiten liegt vor, wenn die Patella plötzlich, nahe terminaler Extension, nach lateral abgleitet, um damit einen umgekehrten J-förmigen Weg zu beschreiben. Der Grund für dieses J-Zeichen kann in einer Vastus-medialis-obliquus- (VMO-)Insuffizienz, Trochleadysplasie, Patella alta oder an einer fehlenden Balance zwischen medialer und lateraler Weichteilzügelung liegen [19]. Auch
wenn es noch nicht gelungen ist, dieses JZeichen zu quantifizieren, ist die Assoziation zur PFI allgemein akzeptiert. Johnson et al. [30] untersuchten 210 Erwachsene mit gesunden Kniegelenken. Ein J-Zeichen wurde bei keinem dieser Personen
gefunden.
Ein aktives Extensionsdefizit wird mittels Goniometer festgehalten und kann
durch eine ischiokrurale Muskelkontraktur oder einem eingeschlagenen Menis-
kus verursacht werden. Ist die Ursache ein
Kraftdefizit oder eine schmerzhafte Hemmung des Quadrizeps (z. B. bei patellofemoraler Hyperkompression oder Arthrose), kann das Knie passiv voll gestreckt
werden, bei einer Einklemmung nicht.
Ein Krepitus aus der stehenden Untersuchung wird mit auflegen der Hand auf die
Patella und passiver Kniestreckung im Sitzen nachvollzogen. Durch Palpation der
Weichteile, der Kondylen und Druck der
Patella in die Trochlea bei verschiedenen
Flexionsgraden kann eine hypertrophe
Plika oder ein Knorpeldefekt an der Patella oder Kondylus lokalisiert werden.
Im Sitzen kann nun auch die exponierte
Patellaspitze gut palpiert werden. Punktförmige lokale Schmerzen deuten auf eine proximale Sehnentendinose der Patellarsehne hin.
Abb. 11 7 Ober-Test
Untersuchung in Rückenlage
Viele der Beobachtungen in stehender
und sitzender Position können nochmals
in Rückenlage bei Knieextension wiederholt werden (Q-Winkel, Umfangmessung). Bei der Inspektion von der Seite
achtet man auf das Kamelrückenzeichen
[26], welches bei ca. 30° Knieflexion und
Patella alta gesehen wird (. Abb. 5). Der
2. distale Hügel neben der Kontur der Femurkondylen ist der prominente HoffaFettkörper. Bei der Inspektion von vorn
achtet man auf eine Abkippung der Patella von der Horizontalebene. Der Untersucher legt Daumen und Zeigefinger
auf den medialen und lateralen Rand der
Patella. Beide Finger sollten auf der gleichen Höhe sein. Eine vermehrte laterale
Abkippung (Tilt) der Patella führt zu einer eingeschränkten medialen patellaren
Verschieblichkeit und einem abnormalen
Druckanstieg zwischen lateraler Patellafacette und Trochlea mit Schmerzen [6, 10,
21, 37].
Nun lässt man den Patienten den Quadrizeps in die volle Extension kontrahieren und beobachtet die Bewegung der Patella. Als „dynamische Lateralisierung“ bezeichnet Biedert [6] die sichtbare Bewegung der Patella nach lateral unter Kontraktion (. Abb. 6). Diesem Zeichen
können eine Insuffizienz des VMO, eine
Trochleadyplasie oder eine Patella alta zugrunde liegen. Das Gegenteil ist die „dy-
Abb. 12 7 Gravitations-SubluxationsTest
Abb. 13 7Die Hüftaußenrotation wird zwischen der Achse des
Unterschenkels und
der Senkrechten zur
Horizontalen gemessen
Abb. 14 7 Die Hüftinnenrotation wird
zwischen der Achse des Unterschenkels
und der Senkrechten
zur Horizontalen gemessen
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namische Zentrierung“. Bei Quadrizepskontraktion wird eine lateralisierte und
abgekippte Patella ins Zentrum des Kniegelenks reponiert und horizontal eingestellt. Dieses Phänomen wird typischerweise durch eine hypertrophe Synoviaplikatur im superomedialen Knierezessus
verursacht, welche in Ruhe die Patella aus
dem Sulkus verdrängt [6].
E Die maximale Quadrizepsanspannung
in Extension kann eine pathologische
Patellabewegung aufzeigen, die
nur dynamisch auslösbar ist.
Als nächster Schritt folgt die Palpation
der peripatellaren Weichteile. Fulkerson
et al. [19] studierten den Entstehungsort der Schmerzen mit selektiver Palpation. In voller Extension wird die Kniescheibe nach medial und lateral verschoben, um alle Portionen der peripatellaren
Weichteile zu belasten. Jede anatomische
Struktur wird selektiv abgetastet. Neben
Schmerzorten werden Plikaturen sowie
Knorpeldefekte der Patellafacette und des
Femurkondylus lokalisiert. Für eine selektive Palpation der Retinacula wird die Patella auf die Seite geschoben, wo das Retinaculum palpiert werden soll. Damit
kommt das Retinaculum unter Stress und
wird gleichzeitig von den darunter liegenden Strukturen abgehoben. Einige Studien
konnten Nervenschädigungen und übermäßige Innervationen in den periartikulären Weichteile und der Synovia von Patienten mit patellofemoraler Fehlführung
und PFI nachweisen [8, 47].
Bei dem passiven Patella-Tilt-Test [32]
versucht der Untersucher den lateralen
Rand der Patella vom lateralen Kondylus anzuheben (. Abb. 7). Eine pathologische, übermäßig straffe laterale Patellaführung wird durch einen neutralen oder
negativen Winkel zur horizontalen Ebene demonstriert. Tomsich et al. [55] gebrauchten für diese Evaluation ein Goniometer und berichten über eine erhöhte
Beobachterzuverlässigkeit und dass sich
die Patella von Männern lateral 5° weniger anheben lässt als bei Frauen.
Der mediolaterale Patellaverschiebetest
oder Mobilitätstest ist ein anderes Maß für
die ligamentäre patellofemorale Führung.
Der Test wird mit relaxiertem Quadrizeps und dem Knie in 0° und in 20° Beu-
Abb. 15 7 Der OFW
wird von der Linie zwischen der 2. Zehe und
dem Zentrum der Ferse sowie der Linie zwischen den Zentren von
Kniekehle und Hüftrotation gemessen
Abb. 16 7 Der OSW
wird von der Linie zwischen den beiden
Malleoli sowie der Linie zwischen den Zentren von Kniekehle
und Hüftrotation gemessen
gung durchgeführt. Der Untersucher benutzt sein Knie oder ein Kissen zur Unterlage für das Patientenknie. Die Patella
wird in 4 longitudinale Quadranten unterteilt (. Abb. 8) [32]. Anschließend
wird die Patella maximal nach medial und
nach lateral verschoben. Nach Kolowich
et al. [32] ist eine laterale Verschieblichkeit von 3 Quadranten und mehr suggestiv für eine inkompetente mediale Patellazügelung (v. a. des medialen patellofemoralen Ligaments, MPFL). Zum anderen ist
eine mediale Verschieblichkeit von einem
Quadranten und weniger mit einem pathologisch kontrakten lateralen Retinaculum verbunden. Andere Autoren haben versucht, den Test in cm zu quantifizieren. Skalley et al. [50] gebrauchten ein
Gerät zur Messung der Verschiebung der
Patella mit definierter Kraft. Sie fanden eine mittlere mediale Patellaverschieblichkeit von 9,3 (4–15) mm und eine laterale
Patellaverschieblichkeit von 5,3 (4–11) mm
bei Normalpatienten, was im Grunde der
Quadrantenmethode von Kolowich entspricht.
In voller Knieextension wird nun der
laterale Femurkondylus getastet und mit
der Höhe der tastbaren Patellaspitze verglichen. Normalerweise muss eine Über-
lappung von ca. ein Fünftel vorliegen, damit die Patella bei Beginn der Beugung
korrekt geführt werden kann. Ansonsten
liegt eine Patella alta mit PFI vor [7].
Als direkter Nachweis für eine symptomatische PFI kommt der Patella-Apprehension-Test zur Anwendung (. Abb. 9),
der initial bereits vor >60 Jahren von Fairbank beschrieben wurde [14]. Fairbank
wurde auf die ausgesprochene Angst dieser Patienten aufmerksam, sobald der Untersucher die Kniescheibe nach lateral verschieben wollte. Hughston [26] beschrieb
den Apprehension-Test wie folgt: Der Test
wird bei 30° Knieflexion und entspanntem Quadrizeps mit lateral gerichtetem
Druck gegen die Patella durchgeführt.
Der Patient empfindet die Untersuchung
als äußerst unangenehm und kontrahiert
den Quadrizeps, sobald die Kniescheibe
in die Nähe der Luxation kommt. Durch
Kontraktion wird die Kniescheibe zurück
in eine relativ normale Position gezogen.
Dieser Test ist pathognomonisch für eine
PFI. Eine Korrelation zu PFS allein liegt
nicht vor [33].
Zum Nachweis einer medialen PFI
wird der Relokationstest nach Fulkerson
[18] verwendet (. Abb. 10). Dazu wird
das gestreckte Bein vom Untersucher geDer Orthopäde 9 · 2008
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Patellainstabilität
Bei vollständiger Kniebeuge
Ausfallschritt, Stufe hinab
steigen, Kniebeuge, Beinpresse, Balanceübung
Dorsalextension Kleinfinger >90°, Daumen an Unterarm, Hyperextension Ellenbogen, Knie >10°, Rumpfflexion mit Handflächen auf dem
Boden
Krepitus
Funktionstest nach Loudon
Generelle Hyperlaxität
Kein Krepitus
Seitengleiche Anzahl von
Wiederholungen in 30 s, keine
Schmerzen
Weniger Bewegungsvermögen
Flexionskontraktur in Winkelgrad
Genu antecurvatum
Neutral
Direkte Q-Winkel-Vergrößerung
Generelle Hyperlaxität, Patella alta, Patella Instabilität
Flexionskontraktur der ischiokruralen Muskulatur, intraartikuläre Blockade
Plikasyndrom, Knorpeldefekt
Verminderte patellofemorale Belastbarkeit mit
Schmerzen
Abstand in cm zwischen den Malleolen
Hyperextension in Winkelgrad
Kombination dieser ersten 3 Befunde
Genu valgum
Genu recurvatum
Kein Abstand
Neutral
Potentielle Kompensation durch subtalare Pronation mit tibiofemoraler Innenrotation
James miserables Malalignmentsyndrom
Kein Abstand
1° fehlende Varisierung der Ferse im Zehenstand; 2° einbeiniger
Zehenstand nicht möglich, flexible Fußdeformität; 3° fixierte Fußdeformität
Abstand in cm zwischen den Kniegelenken
Pes pronatus (Pes planovalgus et
abductus bei Tibialis-posterior-Sehnen-Insuffizienz)
Genu varum
Varisierung der Ferse im einbeinigen Zehenstand
Ausgleichen in cm mit unterlegen von Brettchen unter das Großzehen Grundgelenk bis Patella wieder nach vorn zeigt
„Schielende“ Patellae bei Pes planovalgus et abductus
Patellae zeigen nach vorn
Vermehrte femorale Antetorsion, muskuläre
Schwäche der Hüftaußenrotation, vermehrte
tibiale Außentorsion
Pes planovalgus et abductus (subtalare pronation) mit konsekutiver tibiofemoraler Innenrotation
Konsekutive tibiofemorale Innenrotation des
Kniegelenks
Patellae zeigen beide nach innen
„Schielende“ Patellae
Patellae zeigen nach vorn
Variable/Testbeschreibung
Befund
Patienten
Position
Stehend
mit
parallelen
Füßen
Tab. 1
Assoziation von klinischen Variablen mit patellofemoraler Pathomechanik
Normalwert
Beurteilung
Leitthema
Der Orthopäde 9 · 2008
halten und versucht die Patella nach medial zu luxieren. Nun wird das Kniegelenk
passiv zunehmend flektiert. Dabei kommt
es bei medialer Instabilität zur vollständigen Luxation oder zu einer schmerzhaften
ruckartigen Reposition der Patella.
Der Patellakompressionstest (ZohlenZeichen) wird mit dem Patienten im Liegen und gestreckten Knien durchgeführt.
Der Untersucher bewegt die Kniescheibe
von superior nach inferior während die
Kniescheibe gegen die femorale Trochlea
gepresst wird. Dann soll der Patient­ den
Quadrizeps kontrahieren. Wenn dabei
Schmerzen entstehen ist dieser Test positiv und deutet auf eine patellofemorale
Arthrose, Knorpeldefekt oder schmerzhafte suprapatellare Synoviaplikaturen
hin. Hand et al. [24] bemerkten, dass Patienten mit patellofemoralen Schmerzen häufig einen positiven Patellakompressionstest zeigten, jedoch nicht nur
für das schmerzhafte, sondern auch für
das asymptomatische Knie. Dieses stellt
die Spezifität und die Nützlichkeit dieses
Tests in Frage.
Ein intraartikulärer Erguss kann viele
Ursachen haben. Quantifiziert wird er
mittels Ausstreichen des Recessus suprapatellaris und Druck auf die Patella.
Schwebt die Patella und wird erst durch
den Druck spürbar gegen das Femur gepresst, nennt man den Befund „tanzende
Patella“ und es liegt Erguss von ca. 50 ml
vor. Bei weniger Erguss, zwischen 20 und
50 ml wird der Ausstreichversuch verwendet. Dabei wird der mediale Rezessus
nach proximal ausgestrichen. Der gesammelte Erguss wird dann mit einer Handbewegung in Richtung medialer Rezessus
zurückgestrichen, was als eine Welle sichtbar wird. Ein Erguss ist prinzipiell Ausdruck eines akuten Hämatoms oder einer chronischen Reizung und spricht damit für eine relevante intraartikuläre Irritation. Kein Erguss schließt ein PFS oder
PFI nicht aus.
Nun wird noch die Muskelkraft der
Hüftaußenrotatoren evaluiert. Dazu stellt
der Patient in Rückenlage seine Füße auf
die Liege und die Kniegelenke sind flektiert. Gegen den manuellen Druck des Untersuchers versucht der Patient die Kniegelenke nach außen zu rotieren. Eine Seitendifferenz oder eine beidseitige Schwäche
kann bemerkt werden. Ireland et al. [27]
Manueller Druck der Patella nach medial in gehaltener Knieextension. Anschließend kommt es durch zunehmende Flexion zu einer
plötzlichen schmerzhaften Relokation
Negativ
Untersuchung in Seitenlage
Relokationstest
Volle Streckung
Extensionsdefizit
J-Zeichen
Bei zunehmender Kniestreckung beschreibt die Patella ein umgekehrtes „J“ mit extensionsnaher plötzlicher Lateralisierung
Unvollständige aktive Streckung
Die Patella läuft in der Mitte
Proximale Ansatztendinitis/-tendinosepatellasehne
Laterale Patellainstabilität, Trochleadysplasie,
laterale Hyperkompression, VMO-Insuffizienz
Patellofemorale Arthrose, laterale Hyperkompression, Patellatendinitis, Patellainstabilität
mit drohender extensionsnaher Luxation,
Trochleadysplasie, partielle Quadrizepsruptur,
Flexionskontraktur
Mediale Patellainstabilität, generalisierte Hyperlaxität
Lokale Druckdolenz an der Patellaspitze
Patellae zeigen nach lateral und oben
„Grashüpfer-“ oder „Froschaugenpatellae“
Druckschmerz Patellaspitze
Schmerzfrei
Laterale Patellainstabilität, Trochleadysplasie
Tibiale Außentorsion, laterale Tuberositastransposition
Zentrum Tuberositias zum Zentrum Patella in cm oder Winkelgrad
Distaler „Q-Winkel“, Tuberositas-Sulkus-Winkel
Patella alta, Patellainstabilität
VMO-Insuffizienz, laterale Patellainstabilität,
laterale Hyperkompression
Patella zeigt zum Untersucher
Prominenter Muskelbauch am
medialen Patellaoberpol, Insertion ca. ein Drittel bis ein halb des
medialen Patellarandes, tiefer
als Vastus lateralis
Lot vom Zentrum der Patella
sollte die Tuberositas tibiae halbieren, Winkel <10°
Patellae zeigen nach vorn
Patella zeigt zur Decke
Fehlender Muskelbauch am medialen Patellaoberpol
Hoch stehende Patella
Vastus-medialis-obliquus- (VMO)Dystrophie
Beurteilung
Normalwert
Variable/Testbeschreibung
Befund
Patienten
Position
Sitzend,
90° Knieflexion
und hängenden
Unterschenkeln
Assoziation von klinischen Variablen mit patellofemoraler Pathomechanik – Fortsetzung
Tab. 1
zeigten mit einer isometrischen Kraftmessung von 15 Patienten mit PFS und einer
Kontrollgruppe, dass die Hüftabduktion
im Durchschnitt 26% und die Hüftaußenrotation 36% schwächer war als bei den
Kontrollen. Diese Befunde konnten von
Powers et al. [45] bestätigt werden, welche kinematische MRT-Untersuchung bei
6 Patienten mit PFS und lateraler Subluxation verwendeten. Ein Kontrollverlust
der femoralen Abduktion und Außenrotation durch schwache Hüftmuskulatur
führte unter Belastung zu einer Femurrotation unter der Patella nach Innen. Damit kann eine muskuläre Schwäche an der
Hüfte eine primäre patellare Fehlführung
auslösen.
Nun legt sich der Patient in Seitenlage auf
das gesunde Bein. Wegen der Verbindung
zwischen Tractus iliotibialis (TIT) zum
oberflächlichen schrägen lateralen Retinaculum führt eine Verkürzung des TIT
folglich zu einer horizontalen Verkürzung
des lateralen Retinaculums der Patella mit
Hyperkompression und/oder Subluxation. Der Test nach Ober [41] wurde als ein
Maß für die TIT-Kontraktur beschrieben:
Die Patientenhüfte wird durch den Körper des Untersuchers stabilisiert, der hinter dem Patienten an der Liege steht. Beide Beine sind in Hüfte und Knie flektiert,
um eine lumbale Lordose zu verhindern.
Nun fasst der Untersucher Ober- und Unterschenkel des symptomatischen oberen
Beins und führt es bei gleichbleibender
Knieflexion in zunehmende Hüftextension (. Abb. 11). Es wurden zwar Methoden mittels Goniometer [41, 46] oder
In­klinometer [38] beschrieben, die eine
Kontraktur des TIT auf einer Ordinalskala messen, jedoch ist es klinisch praktikabler, eine TIT-Verkürzung in die 3 Stufen nach Gose u. Schweizer [20] zu unterteilen:
1.keine TIT-Kontraktur: Bein bleibt
bei vollständiger Hüftextension in
Hüftadduktion,
2.bei Hüftextension kommt es zu einer
zwangsläufigen Hüftabduktion bis
zur Horizontalen,
3.es kommt zur Hüftabduktion über die
Horizontale hinaus (. Abb. 11).
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Der Orthopäde 9 · 2008
Schwache Hüftaußenrotation
Patella-Apprehension-Test
Passiver Patellatilttest
Patellagleittest
Intraartikulärer Erguss
Patellakompression
Schmerzhaftes laterales Patellaretinaculum
Schmerzhafter lateraler Patellarand/-facette und Femurkondylus
Schmerzhaftes mediales patellofemorales Ligament (MPFL)
Schmerzhafter medialer Patellarand/-facette und Femurkondylus
Zohlen-Zeichen
Dynamische Lateralisierung
Dynamische Zentrierung
Schmerzfrei
Schmerzfrei
Direkte Palpation, evtl. mit tastbarem Gewebestrang
Druck auf die Patella nach distal in die Trochlea in Extension, anschließend Quadrizepskontraktion, welche Schmerzen verursacht
Kompression der Patella in den Sulkus bei verschiedenen Flexionsgraden zur Lokalisation von Knorpeldefekten
Ausstreichversuch (ca. 20–50 ml), tanzende Patella (>50 ml)
Mediolaterale Patellaverschieblichkeit bei 0 und 30° Knieflexion: mediale Verschieblichkeit <1 Quadrant (10 mm) = lateral kurzes Retinaculum, laterale Verschieblichkeit >3 Quadranten = laterale Instabilität
0° Knieflexion, manuelles Anheben des lateralen Patellarandes vom
Femurkondylus: Anheben nicht möglich, bzw. nur bis neutral (parallel
zur Epikondylenachse) = lateral kurzes Retinaculum
Reaktive Quadrizepskontraktion zur Rezentrierung der Patella bei
endgradigem Patellagleittest (>3 Quadranten) bei 20° Flexion
Außenrotation gegen manuellen Wiederstand bei 90° Knieflexion
und abgestellten Füßen
Schmerzfrei
Patella wird nach medial gedrückt und das MPFL palpiert
Seitengleich
Negativ
Anheben über Neutral möglich
1–2 Quadranten mit festem
Endpunkt
Kein Erguss
Schmerzfrei
Muskuläre Haltungsinsuffizienz mit konsekutiver Innenrotation des Femurs und „schielender“
Patella
Patellainstabilität, Trochleadysplasie
Laterale Patellahyperkompression
Laterale Patellainstabilität, Plikasyndrom, patellofemorale Arthrose/Knorpeldefekt
Patellainstabilität, Trochleadysplasie, VMO-Insuffizienz, laterale Hyperkompression
Plikasyndrom, mediale patellofemorale Arthrose/Knorpeldefekt
Patellofemorale Arthrose/Knorpeldefekt, Plica
suprapatellaris bei Patella alta
Patellofemorale Arthrose/Knorpeldefekt
Plikasyndrom, laterale patellofemorale Arthrose/Knorpeldefekt, Patella Hyperkompression
Laterale Patellainstabilität
Patella bleibt zentriert
Patella zeigt gerade nach oben
Laterale Patellainstabilität, Trochleadysplasie,
laterale Hyperkompression
VMO, MPFL-Insuffizienz, Trochleadysplasie
Hypertrophe Plica suprapatellaris
Schmerzfrei
Patellatilt
Patella alta, Patellainstabilität
Laterale Patellahyperkompression
Patellaunterpol steht auf Höhe des tastbaren lateralen Kondylus
Hochstehende Patella
Abfallende Kontur zur Tuberositas
Patellaunterpol steht unterhalb
des Kondylus
Patella zeigt gerade nach oben
Gynäkoides breites Becken, Genu valgum,
tibiale Außentorsion, femorale Antetorsion, Pes
planovalgus et abductus mit konsekutiver tibiofemoralen Innenrotation
Patella alta, Patellainstabilität
VMO-Insuffizienz
Beurteilung
Schmerzfrei
Prominenter Hoffa-Fettkörper distal des Femurkondylenhügels
„Kamelrückenzeichen“
Pathologisch bei >20°, Werte
<20° schießen eine Pathologie
nicht aus
Keine Differenz
Normalwert
Patella zeigt nach lateral bei entspanntem Quadrizeps und Kniegelenk in 0–30° Beugung
Bei Quadrizepskontraktion bewegt sich die Patella nach lateral
Patella zeigt nach lateral bei entspanntem Quadrizeps und Kniegelenk in 0–30° Beugung, bei Kontraktion zeigt sie nach oben
Patella wird nach lateral gedrückt und das laterale Retinaculum palpiert
Direkte Palpation, evtl. mit tastbarem Gewebestrang
10 cm oberhalb der Patella gemessen bei Kontraktion durch Anheben des gestreckten Beins
Winkel zwischen der Linie zwischen Spina iliaca anterior superior und
Patellazentrum und der Linie zwischen Patellazentrum und Tuberositas tibiae bei entspanntem Quadrizeps
Umfangdifferenz Quadrizeps
„Q-Winkel“
Variable/Testbeschreibung
Befund
Assoziation von klinischen Variablen mit patellofemoraler Pathomechanik – Fortsetzung
Patienten
Position
Rückenlage
Tab. 1
Leitthema
Bauchlage
Patellahyperkompression, patellofemorale Arthrose/Knorpeldefekt
Kein Abstand
Quadrizepskontraktur
Vermehrte tibiale Außentorsion, Pes planovalgus et abductus
10° (−5–30°) Außenrotation
Vermehrte Oberschenkel-Sprunggelenk-Winkel
Vermehrter Oberschenkel-FußWinkel
Vermehrte Hüftgelenkinnenrotation
Außenrotation 30° mehr als
Innenrotation
20° (0–40°) Außenrotation
Vermehrte tibiale Außentorsion
Manueller Druck der Patella nach medial führt zur Sub-/Luxation
(>3 Quadranten). Aktive Reposition durch Q-Kontraktion nicht möglich
Außen- und Innenrotation in Winkelgrad bei 90° Knieflexion: pathologisch: Innenrotation >65°, Außenrotation <25°
Winkelgrad zwischen transmalleolare Linie und Linie zwischen Mitte
Kniekehle zum Zentrum der Hüftrotation
90° Knieflexion: Winkelgrad der Linie zwischen Mitte Kniekehle zum
Zentrum der Hüftrotation und der Linie zwischen Mitte Ferse und 2.
Zehe
Fersen-Gesäß-Abstand in cm
Gravitations-Subluxations-Test
Vermehrte femorale Antetorsion
Kontraktur Tractus iliotibialis, laterale Patellahyperkompression
Negativ. Hüftabduktion bis
zur Horizontalen = moderate
Kontraktur, Hüftabduktion bis
über die Horizontale = starke
Kontraktur
Negativ
Knie in 90° Flexion und Hüfte in Flexion und Adduktion: Bei zunehmender Hüftextension und gleichbleibender Knieflexion kommt es
zur unwillkürlichen Hüftabduktion
Ober-Test
Mediale Patellainstabilität
Beurteilung
Normalwert
Variable/Testbeschreibung
Befund
Patienten
Position
Seitenlage
Assoziation von klinischen Variablen mit patellofemoraler Pathomechanik – Fortsetzung
Tab. 1
Eine Korrelation von TIT-Verkürzung
und PFS konnte in mehreren Studien gefunden werden [20, 41, 46].
In Seitenlage wird auch der Gravitations-Subluxations-Test nach Nonweiler
u. DeLee [40] durchgeführt (. Abb. 12).
Das Bein wird ganz gestreckt und die Patella vom Untersucher nach medial zur
Patientenliege gedrückt und versucht zu
luxieren. Nun soll der Patient durch anspannen des Quadrizeps die Patella reponieren. Gelingt dies nicht, ist der Test positiv. Der Gravitations-Subluxations-Test
ist ein Maß für die seltenere mediale PFI,
welche in der Regel iatrogen durch ein laterales Retinaculumrelease mit oder ohne medialisierende Tuberositasosteotomie
ausgelöst wird.
Untersuchung in Bauchlage
Als letztes wird der Patient auf den Bauch
gedreht. Jetzt wird ein möglicher Rotationsfehler der unteren Extremität quantifiziert. Drei klinische Messungen werden
bei 90° Knieflexion mit Hilfe eines Gonio­
meters durchgeführt:
FMaximale Hüftinnen- und -außenrotation (. Abb. 13, 14),
FOberschenkel-Fuß-Winkel (OFW,
. Abb. 15),
FOberschenkel-Sprunggelenk-Winkel
(OSW, . Abb. 16).
Normwerte wurden von Staheli et al. [51]
anhand von 1000 gesunden Probanden
verschiedener Altersgruppen publiziert:
Hüftinnenrotation für den Mann 50° (Bereich 25–65°), für die Frau 40° (Bereich 15–
60°); Hüftaußenrotation 45° (Bereich 25–
65°) unabhängig vom Geschlecht; OFW
10° (Bereich −5–30°), OSW 20° (Bereich
0–40°). Vergleiche mit CT-Messungen
konnten die Gültigkeit und Korrelation
dieser klinischen Messungen mit einer zugrunde liegenden ossären Rotation bestätigen [52]. Pathologische Werte liegen außerhalb der angegebenen Bereiche.
Eine Verbindung von Rotationsfehlstellung zur PFS und PFI wurde bereits im
Abschnitt „Stehende Untersuchung“ beschrieben [34]. Bruce u. Stevens [11] haben
27 Beine von Patienten mit PFS bei „miserablem Malalignmentsyndrom“ mit Multilevelderotationsosteotomien behandelt.
Der Orthopäde 9 · 2008
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Leitthema
Keiner der Patienten hatte nach 2–12 Jahren Nachkontrolle erneute PFS oder PFI.
E Die klinische Erfassung
von Rotationsfehlern der
unteren Extremität ist v. a.
in Bauchlage möglich.
Zudem kann in Bauchlage das Ausmaß
einer Quadrizepskontraktur praktikabel
durch den Fersen-Gesäß-Abstand in cm
oder „Fingerbreite“ gemessen werden. Im
Normalfall soll die Ferse das Gesäß berühren. Mehrere Studien haben eine Verbindung zwischen einer Quadrizepskon­
traktur und PFS gefunden [31, 56].
Fazit für die Praxis
In der heutigen Zeit hat die klinische Untersuchung trotz moderner apparativer
Diagnostik nicht an Wertschätzung verloren, da die finanziellen Ressourcen oft
knapp sind und Diagnostik und Therapie gerechtfertigt werden müssen. Gerade bei Patienten mit patellofemoralen
Problemen ist dabei eine richtungweisende klinische Untersuchung sehr wichtig, da das gesamte Bein an der Pathologie ursächlich beteiligt sein kann. Das
vorliegende Manuskript umfasst die bekannten Zeichen und Funktionstests mit
Normwerten, ein praktisches Untersuchungsschema und eine handliche Tabelle (. Tab. 1). Bei Anwendung des Schemas kann der Leser die Ursache der patellofemoralen Schmerzen in der Regel
definieren und eine adäquate Diagnostik
und Therapie einleiten.
Korrespondenzadresse
Dr. G.I. Pagenstert
Klinik für Orthopädie
und Unfallchirurgie,
Universitätsklinik Bonn
Siegmund-Freud-Straße 25,
53127 Bonn
[email protected]
Interessenskonflikt. Der korrespondierende Autor
gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
902 |
Der Orthopäde 9 · 2008
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Lichtblick bei starken
Rückenschmerzen
Von einer multidisziplinären Therapie ihrer
Beschwerden profitieren auch "Rückenpatienten", die an besonders langwierigen und
schweren chronischen Schmerzen leiden.
Das hat eine Pilotstudie der Orthopädischen
Universitätsklinik Heidelberg ergeben.
Bisher galt der ganzheitliche Ansatz nur für
Patienten mit relativ leichten chronischen
Rückenschmerzen als Erfolg versprechend. Er
umfasst neben übenden Verfahren (Krankengymnastik, Rückentraining, Arbeitstherapie)
auch Gruppen- und Einzelpsychotherapie.
Medikamente werden, soweit möglich,
reduziert. Die Patienten werden einem dreiwöchigen Ganztagesprogramm unterzogen,
das sie befähigen soll, durch biopsychosoziale Unterstützung aktiv und positiv mit
ihrer Krankheit umzugehen, die durch zunehmende Hilflosigkeit zu fortschreitenden
körperlichen sowie psychischen und sozialen
Funktionsverlusten führt.
An der Studie nahmen insgesamt 387 Patienten teil, die allesamt schon länger als drei
Monate an chronischen Rückenschmerzen
litten, deshalb schon mindestens sechs
Wochen lang krank geschrieben waren und
auf Standardtherapien nicht angesprochen
hatten.
Patienten, bei denen die Ursache der Rückenschmerzen eindeutig diagnostizierbar war,
sei es wegen eines Tumors, einer Fraktur oder
einer bakteriellen Entzündung, waren von
der Teilnahme an der Studie ausgeschlossen.
Nach dreiwöchiger multidisziplinärer Therapie wurden die Studienteilnehmer ohne
weitere Behandlung aus der Klinik entlassen.
Erst sechs Monate nach Beginn der Therapie
wurde deren Erfolg mit fünf standardisierten
Schmerzskalen und Fragebögen abschließend gemessen. Dabei zeigte sich ein signifikanter Nutzen dieses Therapiekonzeptes
hinsichtlich der fünf Erfolgskriterien Arbeitsfähigkeit, Schmerzintensität, Zufriedenheit
mit der Behandlung, gesundheitsbezogene
Lebensqualität und Verbesserung der Rückenfunktion.
Insgesamt waren sechs Monate nach Behandlungsbeginn zwei Drittel der Patienten
wieder arbeitsfähig - und zwar unabhängig
vom ursprünglichen Schweregrad ihrer
Schmerzen. Die biopsychosoziale Behandlung ist kostspielig, zahlt sich aber bei allen
Schweregraden aus.
Originalpublikation:
Buchner M, Neubauer E, Zahlten-Hinguranage A, Schiltenwolf M (2007) The Influence
of the Grade of Chronicity on the Outcome
of Multidisciplinary Therapy for Chronic Low
Back Pain. Spine. Vol 32, Nr. 26, S. 3060–3066
Quelle: Orthopädische Universitätsklinik
Heidelberg
www.orthopaedie.uni-hd.de
Der Orthopäde 9 · 2008
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