klasse musik 200701 - Schott Musikpädagogik

Transcription

klasse musik 200701 - Schott Musikpädagogik
Karaoke-Singen und die Playstation
SingStar – zwei Sing-Varianten, die
gerade bei Jugendlichen boomen.
Warum nicht die Begeisterung am
Singen auch in den Musikunterricht
integrieren? Auch die größten Sing-
te!
Lis
der
von
ich
gd
sin
Ich
muffel werden begeistert ins Mikrofon schmettern!
Singstar und Karaoke
– Jugendliche wollen singen lernen
Michael Fromm
Sowohl Karaoke als auch die Playstation
SingStar beruhen im Grunde genommen
auf einem alten System: Wie früher
schon bei Dieter Thomas Heck in der Hitparade singt der Sänger statt zu einer Live-Begleitung zu Musik vom Band. Der
Unterschied zur „Hitparade“ liegt darin,
dass dem Singenden auf einem Monitor
(in der Regel ein Fernsehgerät) der Liedtext angezeigt wird. Diese Anzeige erfolgt dynamisch animiert, d. h. die gerade zu singenden Silben bzw. Worte werden dem Rhythmus entsprechend farbig
unterlegt. Dadurch ist eine gewisse
Orientierung auch bei Titeln, die nur
wenig bekannt sind, möglich.
Die Playstation SingStar ist noch
etwas anders konzipiert, denn
SingStar ist ein Spiel: Ein oder
zwei SängerInnen singen in
je ein Mikrofon, die Töne
werden analysiert und
mit denen des Originalinterpreten hinsichtlich der Parameter Tonhöhe und Tondauer verglichen.
klasse musik
SchülerInnen wollen singen!
Dieser Vergleich geschieht unmittelbar
und wird grafisch dargestellt. Je genauer
der Ton in seiner Höhe getroffen und je
präziser er in der Tondauer gehalten wird,
desto mehr Punkte erhält der Sänger.
Was man auch singt bzw. spielt, man
kann nahezu unglaubliche Ergebnisse erzielen: Plötzlich sieht man sich Siebt-,
Acht- und Neuntklässlern gegenüber, die
sich darum reißen, alleine zu singen, die
wissen wollen, „wie das mit den langen
Tönen da geht“, die sich für Stimmbildung interessieren („Wie kriegt man
denn den Ton?“), die Liedtexte üben und
nach sauberer Intonation streben –
natürlich alles mit dem Ziel, die maximale Punktzahl zu erreichen ...
Anschaffungen
Ob Karaoke oder SingStar, für beides
muss die technische Ausstattung an der
Schule vorhanden sein. Es ist jedoch
sehr wahrscheinlich, dass ein oder mehrere SchülerInnen die entsprechenden
Geräte zu Hause haben.
Karaoke
Was noch in den 90er-Jahren mit sehr
großem technischen Aufwand verbunden
war, lässt sich mittlerweile mit einfachsten Mitteln umsetzen. Im Internet finden
sich zahlreiche (oft auch äußerst dubiose) Programme, mit welchen sich Halbplaybacks selbst herstellen lassen. Der
Einsatz von Programmen wie MyVoice
oder MAGIX music maker, die die Gesangsstimme mit technischen Effekten
nur nahezu ausblenden, gestaltet sich allerdings meist äußerst zeitintensiv: Jeder
Titel muss einzeln konvertiert bzw. bearbeitet, Texte müssen recherchiert und
anschließend eingesetzt werden und erst
dann erfolgt die Darstellung auf einem
Computermonitor. Darüber hinaus muss
eine Gesangsanlage mit Verstärker, Boxen und Mikrofonen aufgebaut, verkabelt und angeschlossen werden.
Programme wie KaraFun oder vanBasco’s Karaoke Player (um nur zwei zu nennen) spielen so genannte „Karaoke-Files“ ab. Dies sind General-MIDI-Files,
welche neben den Musikdateien noch
zusätzlich mit der Melodie synchronisierte Textinformationen enthalten.
Eine für Schulen praktikable Lösung bietet sich mit dem Keyboard von Casio an
(siehe unten stehenden Kasten).
Zusätzliche Songs können als MIDI-File
geladen werden. Doch Vorsicht: Fast alle
MIDI-Files im Internet sind illegal. Jedes
File, das verwendet wird, muss auch bei
Herstellern (wie beispielsweise dem HAGE-Musikverlag) gekauft werden. Durchschnittlich kostet ein Song vier bis acht
Euro, mittlerweile sind aber alle Files mit
dem Karaoke-Text versehen.
Singstar
SingStar wird in der Grundausstattung
mit dem USB-Adapter, zwei Mikrofonen
und einer von neun verschiedenen DVDs
ausgeliefert. Die Preisspanne hierfür beginnt etwa bei 130 Euro. Sonst wird nur
noch ein Fernseher benötigt. Interessant
für eine Anschaffung in der Schule ist,
dass die Playstation auch als normaler
DVD-Rekorder genutzt werden kann.
Weitere Folgen sind geplant bzw. werden
mit der im Frühjahr erscheinenden PlayStation 3 zum Einzel-Titel-Kauf online angeboten – eine äußerst sinnvolle Entscheidung, da zwar auf jeder DVD mit je
30 Titeln meist etwas für jeden Geschmack dabei ist, auf der anderen Seite
allerdings auch immer wieder Titel mitgekauft werden, die nicht gebraucht werden.
Karaoke im Unterricht
Karaoke kann im Unterricht auf unterschiedlichste Arten genutzt werden,
z. B. um:
• eine Liederarbeitung zu bereichern, abzuschließen bzw. auch einmal, um ein
neues Lied einzuführen,
• Intonation und Artikulation von SolistInnen oder kleinen Solochören gezielt
zu üben bzw. zu kontrollieren,
• weitere Strophen zu erarbeiten,
• kleine Wettbewerbe durchzuführen,
• Klassenhitparaden zu gestalten,
• Aufnahmen (SängerIn mit „Band“) zu
erstellen (gerade um die Weihnachtszeit,
zu Ostern oder vor dem Muttertag immer
wieder beliebt),
• die Arrangements mit weiteren Instrumenten im Sinne des offenen Klassenmusizierens ergänzend zu instrumentieren bzw. mitzuspielen,
• einfach nur zu singen,
• bei einer schulischen Veranstaltung zu
spielen – vor allem dann, wenn auch LehrerInnen und/oder Eltern mitmachen.
Ein Fall für Karaoke
Will man mit seiner Klasse Karaoke
singen und denkt ohnehin gerade
über die Neuanschaffung eines Keyboards nach, lohnt es sich, einen
Blick auf das CASIO LK-300TV zu werfen. Zum einen ist es ein vollwertiges
Entertainer-Keyboard mit 514 guten Sounds, über 100 Styles und dem
äußerst interessanten Drei-Stufen-Leuchttasten-Lernsystem; zum anderen ist der Karaoke-Spaß hier ab Werk integriert: Das Keyboard lässt sich
mittels Video-Kabel mit dem Fernseher verbinden, auf welchem der Text –
mit Bildern! – dargestellt wird. Der Text erscheint farbig unterlegt, damit
sich die SängerInnen orientieren können.
Ein kleines Mikrofon wird mitgeliefert und ist für „Karaoke im Kleinen“
ausreichend – es werden die keyboardeigenen Boxen benutzt. Über den
USB-Port lässt sich das Gerät an den Computer anschließen, so dass MIDIFiles direkt ins Keyboard geladen werden können. Alternativ dazu sind
SD-Cards einsetzbar. Integriert sind 50 amerikanische Karaoke-Folksongs
von When the Saints über Jingle Bells bis zu House of the rising sun, welche zum Ausprobieren zunächst völlig ausreichen.
17
Der Gesang und die Freude am musikalischen Ausdruck mit der Stimme sollten
stehts im Vordergrund stehen. Geschieht
dies zielgerichtet in Verbindung mit gewissen „Regeln“ (saubere Intonation, gute
Artikulation, gutes Timing, Timbre etc.),
kann man rein spielerisch sehr hohe Ziele des Singens in der Schule erreichen.
Jury-Spiel
Eine interessante Spielvariante ist das
Jury-Spiel. Hierbei erhält eine „ExpertenJury“ (oder auch die ganze Klasse) einen
Beobachtungsbogen (siehe Arbeitsblatt
S. 20), mithilfe dessen Punkte für den
Vortrag gegeben werden. Um die Tendenz zur Mitte bei der Evaluation zu vermeiden, wurde ein Vier-Sterne-System
erstellt. Die Jury vergibt die Punkte (in
diesem Fall Sterne) und am Ende wird
ein „Superstar“ gewählt. Hierbei kommt
nicht selten eine Atmosphäre wie bei
Deutschland sucht den Superstar oder
Popstars auf, die allerdings vom Lehrer
ein wenig gesteuert werden sollte, denn
Verletzungen oder Kränkungen dürfen
hier in keinem Fall ausgesprochen werden. Deshalb ist es oft sinnvoll, die Jury
„stumm“ arbeiten zu lassen.
Einen besonderen Reiz stellt eine Spielvariante dar, die dem Vorspielen bei ProfiOrchestermusikerInnen entspricht: Die
Jury sitzt mit dem Rücken zum Interpreten und weiß nicht, wer singt. Hierdurch
wird Sympathie oder Antipathie entgegengewirkt und dem Interpreten die
Angst genommen.
Leseförderung
Die hier vorgestellte Form des Singens
ist auch unbewusste Leseförderung – und
Material-Kompass
Arbeitsblätter
▲ ▲
„Jury-Spiel“ – S. 20
„Melodie lesen“ – S. 21
▲
Arbeitsblätter S. 20-21 als PDF-Datei
usikpaedagogik-online.de
18
dies auf sehr hoher Ebene, denn das
flüssige „vom-Blatt-Lesen“ ist quasi die
Eintrittskarte für jedes Karaoke-Singen.
Gerade im Hauptschulbereich sieht man
sich immer wieder dem Problem gegenüber, dass das Lesen abgelehnt wird –
meist ein Resultat aus mangelnder Lesekompetenz. Beim Karaoke-Singen hingegen gehört es schon fast zur Grundspieltechnik, dass im Liedtext geholpert wird,
dass man Probleme mit schnellen Passagen hat und dass manche Textphrasen
ausgelassen werden (müssen), da das
Lied einfach zu schnell weitergeht. Hier
bietet es sich an, anfangs wenige Songs
mehrfach singen zu lassen, so dass sich
der Text einschleift – eine Leseförderung,
welche sich mit Sicherheit auch gut in
den Englischunterricht integrieren lässt.
„SingStar“ im Unterricht
Völlig verblüffende Ergebnisse, die oft in
einem nicht mehr enden wollenden Singtrieb enden, erreicht man mit der PlayStation 2, einer äußerst beliebten Spielekonsole von Sony, und dem Spiel SingStar. Das Prinzip von SingStar ist nebenstehend auf Seite 19 erläutert.
Spielformen
Zu Beginn wird der Spielmodus (leicht/
mittel/schwer) gewählt, dem die Auswahl des Spiels folgt. Die Modi „messen“ ihrer Stufe entsprechend genau: Je
schwerer der Modus, desto genauer die
Messung – und umso schwieriger wird es
zu punkten. Bei den Spielen gibt es
zunächst die zwei Grundspiele „Solo“
und „Party“ (Gruppe), von denen das
Gruppenspiel nochmals unterteilt ist: in
„Duett“ (zwei SängerInnen bzw. Gruppen singen miteinander), „Duell“ (zwei
SängerInnen bzw. Gruppen singen gegeneinander), „Gib-das-Mikro-weiter“ (in
der Schule sehr beliebt) und „Sing Song“
(das gute alte Tennis-Tele-Spiel, nun mit
der Stimme; hoher Ton führt die SpielerInnen nach oben, tiefer Ton nach unten), welches für Stimmbildungsübungen prädestiniert ist.
Der richtige Song
Zu Anfang gilt es, den richtigen Song zu
finden. Hier eignen sich vor allem die
DVDs Deutsch Rock-Pop und ’80s, welche sich mittlerweile auch in vielen Videotheken gegen Gebühr ausleihen lassen. Auch Party und Rocks! enthalten
sehr beliebte Titel. Alle Titel lassen sich
kurz anhören, was sehr sinnvoll ist, da
vielen SchülerInnen zwar der Song bekannt ist, Titel und/oder Interpret für sie
allerdings weniger aussagekräftig sind.
Duell
Bei den SchülerInnen besonders beliebt
ist das Duell, hat es doch aufgrund der
„Battle-Ähnlichkeit“ einen gewissen „HipHop-Charakter“. Duelle lassen sich zu
zweit oder in zwei Gruppen spielen, derart, dass immer zwei Sänger oder zwei
Gruppen gegeneinander singen. Dies
kann entweder durch gleichzeitiges Singen oder durch Weitergabe des Mikrofons geschehen.
Der musikpädagogische Reiz liegt neben
der Lust zum Singen natürlich vor allem
darin, dass auch „richtig“ gesungen werden muss (siehe Beschreibung S. 19).
Melodien lesen
Aufgrund der „relativen Notation“ von
SingStar lässt sich ein weiterer Nebeneffekt erzielen: das Erkennen und Lesen
einer (eindeutigen) grafischen Notation.
SingStar stellt die Noten auf einer 10Stufen-Skala dar, sodass die Tonhöhe
relativ einfach erkannt werden kann. Die
Tondauer wird in entsprechender Länge
gezeigt. Hiervon ausgehend kann man
gewisse Liedpassagen, die erlesen werden sollen, über das Grafische verständlich machen. Leicht können die SchülerInnen „vom-Blatt-Lesen“ lernen bzw.
aufgrund dieser Darstellung Einsicht in
die Notenkonvention bekommen:
Auf dem Arbeitsblatt „Melodie lesen“, S.
21 finden Sie drei Liedpassagen aus 99
Luftballons von Nena, die von den SchülerInnen erraten werden sollen. Ein Spiel,
das beliebig auf andere Lieder erweitert
werden kann. Hier die Lösung:
...mehr erfahren Sie in
Heft 1/2007!