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"Fremde Welt"
Versorgung von Menschen mit Demenz im Krankenhaus
Junge Pflege Kongress 2014 in Dortmund
15.05.2014
/ Dr. Bernhard Holle, DZNE e.V. Witten
DZNE e. V. – Standort Witten/ AG Versorgungsstrukturen
Seite 1
Foto: Ebene 8 by Petra B Fritz (CC BY-ND 2.0)
Die Situation von älteren Menschen und
Menschen mit Demenz (MmD) im Krankenhaus
ca. 50% der Patienten im Krankenhaus sind > 60 Jahre (RKI, 2010)
Das Risiko, an Demenz zu erkranken, steigt mit zunehmendem Lebensalter:
ca. 20% bei 85-89 Jährigen (Weyerer 2009)
MmD im Krankenhaus (2 deutsche Studien)
• 12 % auf chirurgischen und internistischen Stationen (Lübeck, Arolt et al. 1997)
• 29 % in der Geriatrie (PAOLA-Studie Darmstadt, Trauschke et al. 2009)
MmD im KH in internationalen Studien
• Prävalenz zwischen 3.9 % und 43.3 % (Pinkert, Holle; 2012)
Demenz ist selten der Einweisungsgrund
• Demenz als Hauptdiagnose in 0,15 % (RKI, 2010)
DZNE e. V. – Standort Witten/ AG Versorgungsstrukturen
Foto: le vent nous portera by HELYphotography (CC BY-NC-ND 2.0)
Seite 3
Der Mensch mit Demenz trifft
auf das „System Krankenhaus“
Struktur von Krankenhäusern ist oftmals an medizinischen Disziplinen
(Chirurgie, Innere Medizin,….) ausgerichtet
alte und an Demenz erkrankte Menschen leiden aber zumeist an
Multimorbidität
Behandlungsabläufe im Krankenhaus sind straff organisiert
anpassungsfähige, kooperationsbereite Patienten sind gefordert, genau das
fällt Menschen mit Demenz schwer
räumliche Gestaltung und hektische, laute Atmosphäre
widerspricht Bedürfnis von Menschen mit Demenz nach Ruhe, Ordnung
und Vertrautheit
Ärzte und Pflegende sind vor allem an somatischer Akutversorgung
orientiert
Überforderung bei Menschen mit Demenz
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Seite 4
Unzureichende „Identifizierung“ von
kognitiv eingeschränkten Patienten
Die Demenz und der kognitive Status werden erst
wahrgenommen bei "Problemen"
• Standardisiertes Screening von älteren Patienten ist nicht üblich
• Fremde Umgebung trägt zum Verlust von Selbstständigkeit bei
Eine Diagnose liegt oftmals nicht vor, trotz vorhandener oder im Umfeld
bekannter Demenz. Mangelnde Abgrenzung von: Demenz/Delir/Depression
Kommunikationsbrüche verhindern die Informationsweitergabe über eine
mögliche Demenz oder kognitive Einschränkung
• Vor allem an Schnittstellen (extern und intern)
Fehlende Identifizierung/Diagnostik problematisch
• Keine Info über Einwilligungsfähigkeit
• Auswahl geeigneter Behandlungsmöglichkeiten erschwert
• keine Ausgangsbeurteilung zur Einschätzung von Verschlechterungen
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Foto: Gesundheit! 82_365 by Skley (CC BY-ND 2.0):
Seite 5
Das Liebe Geld….
Personalintensiver Mehraufwand wird nicht refinanziert
• Erlösrelevant sind nur „Alzheimer Demenz“ und „Vaskuläre Demenz“ wenn
eine Diagnose/Befund dazu vorliegt
• bei ca. 1/3 der Patienten liegt kein abgesicherter Befund vor
• Geriatrische Komplexbehandlung in der Regel nur in der Geriatrie (beinhaltet
täglich zu erbringende Leistungsmerkmale wie Assessments,
Teambesprechungen usw.)
• PKMS (Pflegekomplexmaßnahmen-Score) bildet die aufwendige Pflege von
Menschen mit Demenz nicht ab
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Seite 6
Foto: Die Gesundheit aufs Spiel setzen by Skley (CC BY-ND 2.0)
Konsequenzen
Krankenhausbehandlung kann für MmD negative Folgen haben
− Entwicklung herausfordernder Verhaltensweisen (Kirchen-Peters; 2009)
− Höheres Mortalitätsrisiko (Laditka et al.; 2005, Sampson et al.; 2009 )
− Entwicklung eines Delirs (Margiotta et al; 2006)
− Verzögerung der Entlassungsfähigkeit (Friedrich 2002)
− Abnahme der physisch funktionalen Fähigkeiten (Pedone et al.; 2005)
− Höheres Risiko, nach dem Krankenhausaufenthalt in ein
Altenheim entlassen zu werden (Mukadam et al.; 2010)
• Aus der Perspektive der MmD (Cowdell, 2010; Edvardsson et al.; 2007)
•
•
•
•
Fühlen sich im Krankenhaus ignoriert oder wenig wertgeschätzt
Erleben Unsicherheit
Fühlen sich an eine fremde Umgebung gefesselt
Empfinden Langeweile
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Seite 7
Was macht das Krankenhaus für die
Menschen mit Demenz zu einer
„Fremden Welt“?
Fehlende
oder
schwierige
Orientierung
Fremde
Umgebung
Unbekannte
Menschen
(Pflegepersonen,
Ärzte,Personal)
Keine
Rückzugsmöglichkeit
Ungewohnte
„Utensilien“
mangelhafte,
da schwierige
Aufklärung
über
Behandlung
DZNE e. V. – Standort Witten/ AG Versorgungsstrukturen
Abweichende Alltagsroutine
Foto:49 261 31 Hospital by Melissa Maples (CC BY-NC 2.0)
Seite 8
Das riecht nicht nach leckerem Essen !
Das sieht nicht nach leckerem Essen aus!
Was soll das…..?
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Seite 9
Was macht das Krankenhaus für die
Menschen mit Demenz zu einer
„Fremden Welt“?
Fehlende
oder
schwierige
Orientierung
Fremde
Umgebung
Unbekannte
Menschen
(Pflegepersonen,
Ärzte,Personal)
Keine
Rückzugsmöglichkeit
Stress/Angst
Ungewohnte
„Utensilien“
mangelhafte,
da schwierige
Aufklärung
über
Behandlung
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Abweichende Alltagsroutine
Foto:49 261 31 Hospital by Melissa Maples (CC BY-NC 2.0)
„herausfordernde
Verhaltens
-weisen“
Seite 10
Verbesserungsansätze
Strukturebene
In der Geriatrie: Schwerpunktstationen
− Aktuell ca. 30 Spezialstationen für Menschen mit kognitiven
Einschränkungen in Deutschland
Im Allgemeinkrankenhaus: Aufbau von Beratungsstrukturen
− Monoprofessionelle oder interdisziplinäre Beraterteams
− Multiplikatoren (Pflege)
− Interdisziplinäre Schwerpunktstationen
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Foto: AKH#1 by viZZZual.com (CC BY 2.0)
Seite 11
Empfehlungen
− Fortbildungen/Schulungen
− Strukturelle Maßnahmen
− Veränderung von Prozessen und Abläufen
− Krankenhausinterne Leitlinien
http://www.bestellen.bayern.de
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Seite 12
Empfehlungen
− Sensibilität fördern
− Demenzbeauftragte benennen
− Angehörigeneinbezug stärken
− Ehrenamt ausbauen
− Bildungsmaßnahmen verstärken
− Umgang mit Psychopharmaka kritisch
reflektieren
− Netzwerk schaffen oder bestehende
ausbauen
http://www.dip.de
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Seite 13
Aber was können Sie
konkret im pflegerischen
Alltag tun…?
1. Demenz erkennen und verstehen
2. Medizinische Versorgung und
Kommunikation von und mit Menschen
mit Demenz im Krankenhaus
http://www.health.vic.gov.au
3. Umgang mit psychologischen und
verhaltensbedingten Symptomen der
Demenz (z.B. Agitation, Apathie)
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Seite 14
Aber was können Sie
konkret im pflegerischen
Alltag tun…?
1. Demenz erkennen und verstehen
2. Medizinische Versorgung und
Kommunikation von und mit Menschen
mit Demenz im Krankenhaus
http://www.health.vic.gov.au
3. Umgang mit psychologischen und
verhaltensbedingten Symptomen der
Demenz (z.B. Agitation, Apathie)
DZNE e. V. – Standort Witten/ AG Versorgungsstrukturen
Seite 15
9 Kernaspekte der Kommunikation
mit Menschen mit Demenz im
Krankenhaus
1. Sich selbst vorstellen:
Langsame Annäherung von vorne
Störungen vermeiden
Hörgerät/Brille?
Name und Aufgabe bzw. geplantes Vorhaben
2. Augenkontakt halten
3. Ruhig und sachlich sprechen
Auf eigene nonverbale Signale achten (Gesichtsausdruck, Körpersprache)
4. Einbinden von Pflegepersonen/Angehörigen
Erfragen von Gewohnheiten des MmD
Vergewissern von Kommunikationsgewohnheiten des MmD
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Seite 16
9 Kernaspekte der Kommunikation
mit Menschen mit Demenz im
Krankenhaus
5. Einfache und kurze Sätze verwenden:
vertraute, gebräuchliche Worte
Komplexe Inhalte in kürzere und einfachere Sätze bringen (keine Kindersprache)
Pausen zwischen den Sätzen / Reaktion erfassen
6. Nur eine Information/Erklärung/Aufforderung zu einer Zeit
Genug Zeit einräumen um die Aufforderung umsetzen zu können.
Ggf. gestische Unterstützung
7. Genug Zeit für Antworten geben
8. Wiederholen Sie sich bei Bedarf
9. Schränken Sie die Antwortmöglichkeiten ein / ggf. Überforderung
Z.B. durch geschlossene Fragen (Ja/Nein)
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Seite 17
Aber was können Sie
konkret im pflegerischen
Alltag tun…?
denken Sie über mögliche Gründe für problematisches
Verhalten des Menschen mit Demenz nach: z.B. Schmerz,
Hunger, Umgebungsfaktoren
ermutigen Sie Kollegen (Pflegende, Ärzte) sich mit der Situation
von „problematischen“ Patienten zu befassen.
werden Sie zu Anwältinnen und Anwälten der Menschen mit
Demenz im Krankenhaus – Diese brauchen Ihre Kompetenz!
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Seite 18
Fragen?!
Dr. Bernhard Holle, MScN
DZNE e.V. Standort Witten
AG Versorgungsstrukturen
[email protected]
Weitere Informationen online:
www.blickwechseldemenz.de
www.deutsche-alzheimer.de
Dank: Christiane Pinkert, MScN
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Foto:Thank you by mandiberg (CC BY-SA 2.0):
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