PDF 10 MB - Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft

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PDF 10 MB - Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft
1
Hochwasserschutzdeiche
an Fließgewässern
und ihre Durchsickerung
von
Ronald Haselsteiner
Dr.-Ing. Ronald Haselsteiner, Lehrstuhl und Versuchsanstalt für Wasserbau
und Wasserwirtschaft der Technischen Universität München
.
3
„Mach mich zum Wächter deiner Weiten,
mach mich zum Horchenden am Stein,
gieb mir die Augen auszubreiten
auf deiner Meere Einsamsein;
laß mich der Flüsse Gang begleiten
aus dem Geschrei zu beiden Seiten
weit in den Klang der Nacht hinein.“
(Rainer Maria Rilke, Das Stundenbuch, 1903)
5
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher
Assistent am Lehrstuhl und der Versuchsanstalt für Wasserbau und Wasserwirtschaft der Technischen Universität München.
Das in den Jahren 2003 bis 2005 von mir bearbeitete Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „Deichsanierung“ (Haselsteiner u. Strobl 2005), das von der bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung finanziert und in Zusammenarbeit mit dem
Bayerischen Landesamt für Wasserwirtschaft und zahlreichen Wasserwirtschaftsämtern durchgeführt wurde, bildet den Grundstock für die hier enthaltenen Ausführungen. Innerhalb dieses Vorhabens wurde auch der Modelldeich in Obernach errichtet, an dem die umfangreichen Versuche zur Durchsickerung von Deichen
durchgeführt wurden. Darüber hinaus ermöglichte das genannte Vorhaben einen
ausgiebigen Blick in die Baupraxis. Deswegen konnten hier zahlreiche Fragestellungen vornehmlich zur Durchsickerung von Deichen aufgegriffen und Hinweise
erarbeitet werden, die für die Planung, Ausführung und Überwachung von Deichen
hilfreich sein können.
Die Arbeit befasst sich ausführlich mit Hochwasserschutzdeichen an Fließgewässern und deren stationäre und instationäre Durchsickerung. Im Hinterkopf hatte ich
dabei immer die bayerischen Verhältnisse, lang andauernde Hochwasser an der Donau sowie kurz auftretende Ereignisse an den voralpinen Gewässern, wie z. B. der
Mangfall. Dabei habe ich versucht, die Arbeit möglichst rund zu gestalten und im
Zuge dessen, das Notwendigste aus den unterschiedlichen Fachdisziplinen, wie
z. B. aus der Geohydraulik, wissenschaftlich reflektiert für den Leser aufzubereiten.
Damit beabsichtigte ich auch, dem wissbegierigen Ingenieur eine Hilfestellung für
das Verständnis für die Durchsickerung von Deichen zu geben.
Die behandelte Thematik ist sehr weitläufig und es besteht noch erheblicher Forschungsbedarf in den einzelnen Themengebieten. Diese Arbeit greift deshalb gezielt
auf Beispiele zurück, um Sachverhalte erklären. Und sie gibt somit eine Vielzahl
von Anregungen für weitere Forschungstätigkeiten und praktische Umsetzungen.
München, im Januar 2007
Ronald Haselsteiner
7
Zusammenfassung
Bei der Bemessung von Hochwasserschutzdeichen werden häufig stationäre Verhältnisse angesetzt. Dies ist zwar regelkonform, unter gewissen Randbedingungen
unter Beibehaltung des Sicherheitsniveaus kann aber davon abgewichen und instationäre Verhältnisse für die Bemessung angenommen werden. Dazu müssen die hydraulischen (instationären) Einwirkungen, der Zustand bestehender Deiche und die
geohydraulischen Bodenkennwerte ausreichend genau abgeschätzt werden.
Deshalb beinhaltet diese Arbeit sowohl allgemeine Grundlagen aus der Geohydraulik als auch eine Übersicht zur historischen Entwicklung und zu den technischen
Anforderungen an Deiche. Im Vorfeld von Berechnungen werden charakteristische
Wasserstands- und Niederschlagsganglinien aus Messdaten hergeleitet und die geohydraulischen Kenngrößen charakteristischer Deichböden sowie das Saugspannungsverhalten von unterschiedlichen Bodenmaterialien abgeschätzt. Das verwendete numerische Grundwassermodell wurde an den Ergebnissen von maßstäblichen
Modellversuchen kalibriert und verifiziert. Im Zuge der Untersuchung der stationären sowie instationären Durchsickerung werden u. a. Deiche mit Dichtungen mit
und ohne Fehlstellen sowie Vorwellen- und Vorregenereignisse betrachtet.
Summary
For design load of flood protection levees often steady state seepage is taken. This
conforms to technical specifications, but in case of the occurrence of certain constraints unsteady state conditions may be respected for design simultaneously keeping the same security level. For that purpose hydraulic (unsteady) impacts, conditions of existing levees and geohydraulic soil parameters have to be estimated sufficiently accurate.
Therefore this work contains both general basics of geohydraulics and an overview
of historical development and technical specifications for levees. Before the conduction of calculations characteristic water level and precipitation hydrographs are
derived from measured data as well as geohydraulic parameters and the suction
power behaviour of different typical soil materials are estimated. The applied numerical groundwater model was calibrated and verified by the results gained from
full scale model tests. For considerations about steady and unsteady seepage flow
amongst others levees with sealing elements with and without voids as well as pre
flood and pre precipitation incidents were examined.
9
Übersicht
Vorwort....................................................................................................................... 5
Übersicht..................................................................................................................... 9
Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................... 10
1 Einleitung ............................................................................................................ 15
2 Grundlagen der Geohydraulik............................................................................. 19
3 Hochwasserschutzdeiche an Fließgewässern ...................................................... 70
4 Hydraulische Beanspruchung und Randbedingungen ...................................... 129
5 Untersuchungen am physikalischen Modell ..................................................... 186
6 Stationäre Durchsickerung von Deichen........................................................... 212
7 Instationäre Durchsickerung von Deichen ........................................................ 255
8 Zusammenfassung und Ausblick ...................................................................... 292
Literaturverzeichnis ................................................................................................ 298
Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................... 333
Verzeichnis der verwendeten Symbole und Formelzeichen .................................. 335
Firmenverzeichnis .................................................................................................. 346
Anhang.................................................................................................................... 347
Danksagung ............................................................................................................ 373
10
Inhaltsverzeichnis
Vorwort....................................................................................................................... 5
Übersicht..................................................................................................................... 9
Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................... 10
1 Einleitung ............................................................................................................ 15
1.1 Einführung in das Thema ........................................................................... 15
1.2 Gliederung der Arbeit................................................................................. 16
2 Grundlagen der Geohydraulik............................................................................. 19
2.1 Wichtige Bodenkennwerte ......................................................................... 19
2.1.1 Ungleichförmigkeitszahl ................................................................ 19
2.1.2 Krümmungszahl ............................................................................. 19
2.1.3 Porosität / Porenanteil .................................................................... 19
2.1.4 Porenzahl ........................................................................................ 20
2.1.5 Wassergehalt .................................................................................. 20
2.1.6 Sättigung......................................................................................... 21
2.1.7 Reynoldszahl des Korns ................................................................. 21
2.2 Boden und Wasser ...................................................................................... 22
2.2.1 Bodengefüge / Bodenstruktur......................................................... 22
2.2.2 Ursachen und Auswirkungen von Bodengefügeänderungen ......... 23
2.2.3 Formen von Bodenwasser .............................................................. 24
2.2.4 Potentialkonzept ............................................................................. 27
2.3 Saugspannungsverhalten von Böden.......................................................... 29
2.3.1 Saugspannungskurven.................................................................... 29
2.3.2 Hysterese von Saugspannungskurven ............................................ 32
2.3.3 Mathematische Modelle zur Beschreibung der
Saugspannungsbeziehung........................................................................... 34
2.4 Durchlässigkeit ........................................................................................... 41
2.4.1 Allgemeines.................................................................................... 41
2.4.2 Versuchstechnische Ermittlung der Durchlässigkeit von Böden... 42
2.4.3 Durchlässigkeit des gesättigten Bodens ......................................... 43
2.4.4 Ungesättigte Durchlässigkeit.......................................................... 51
2.4.5 Anisotropie ..................................................................................... 54
2.5 Wasserbewegung im Boden ....................................................................... 55
2.5.1 Allgemeines.................................................................................... 55
11
2.5.2 Gesetz von Darcy ........................................................................... 56
2.5.3 Eindimensionale, horizontale Strömungsausbreitung.................... 60
2.5.4 Rohrströmung / Gesetz von HAGEN-POISEUILLE..................... 61
2.5.5 Mathematische Beschreibung der Strömung im Boden................. 62
2.6 Infiltration von Regen- und Oberflächenwasser (Bodenwasserhaushalt) .. 63
2.6.1 Allgemeines.................................................................................... 63
2.6.2 Komponenten des Wasserhaushalts ............................................... 64
2.6.3 Niederschlag................................................................................... 65
2.6.4 Tatsächliche Evapotranspiration .................................................... 65
2.6.5 Oberflächiger Abfluss .................................................................... 67
2.6.6 Infiltrationsrate und unterirdischer Abfluss ................................... 68
3 Hochwasserschutzdeiche an Fließgewässern ...................................................... 70
3.1 Historische Entwicklung von Hochwasserschutzdeichen .......................... 70
3.2 Definition und existierende Regelwerke .................................................... 75
3.3 Anforderungen an Deichquerschnitt / -aufbau ........................................... 77
3.3.1 Allgemeines.................................................................................... 77
3.3.2 Anforderungen an den Deichquerschnitt ....................................... 78
3.3.3 Dräns und Entwässerungsgräben ................................................... 82
3.3.4 Dichtungen in Deichen................................................................... 83
3.4 Deichaufbau / -baustoffe / Untergrundbeschaffenheit ............................... 88
3.4.1 Historisch gewachsene „Altdeiche“ ............................................... 88
3.4.2 Deichstandorte mit Auenböden...................................................... 91
3.4.3 Deichbaustoffe und Untergrundbeschaffenheit in Bayern............. 94
3.5 Bewuchs auf Deichen ................................................................................. 96
3.5.1 Allgemeines.................................................................................... 96
3.5.2 Wurzeln im Boden ......................................................................... 97
3.5.3 Wurzelausbreitung in Flussdeichen ............................................. 103
3.5.4 Zulässiger Gehölzbewuchs auf Deichen ...................................... 107
3.5.5 Grasbewachsene Oberböden ........................................................ 113
3.6 Wühltiere und Deiche............................................................................... 127
3.6.1 Allgemeines.................................................................................. 127
3.6.2 Ausbreitung von Wühltieren in Deichen...................................... 128
4 Hydraulische Beanspruchung und Randbedingungen ...................................... 129
4.1 Wasserstandsganglinien ........................................................................... 129
4.1.1 Allgemeines.................................................................................. 129
4.1.2 Wasserstand und Abfluss ............................................................. 129
4.1.3 Wasserstandsganglinien an bayrischen Gewässern ..................... 131
12
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.1.4 Auswertung von gemessenen Wasserstandsganglinien ............... 135
4.1.5 Charakteristische „Einzel- / Hauptwellenereignisse“ .................. 142
4.1.6 Charakteristische Vor- und Nacheinstaunereignisse.................... 147
4.1.7 Wasserstandsänderungen infolge von Deichbrüchen................... 150
Regenereignisse ........................................................................................ 157
4.2.1 Allgemeines.................................................................................. 157
4.2.2 Niederschläge in Bayern und ihre Jährlichkeiten......................... 157
4.2.3 Charakteristische Niederschlagsereignisse .................................. 160
Hydraulische Bemessungszustände für Deiche........................................ 162
4.3.1 Allgemeines.................................................................................. 162
4.3.2 Lastfälle ........................................................................................ 163
Hydraulische Randbedingungen typischer Deichsysteme ....................... 167
4.4.1 Unterscheidung von hydraulischen Deichsystemen..................... 167
4.4.2 Hydraulische Randbedingungen von Deichsystemen.................. 168
4.4.3 Anfangsbedingungen für instationäre Strömungsprozesse .......... 170
Geohydraulische und bodenmechanische Eigenschaften charakteristischer
Deichmaterialien..................................................................................... 171
4.5.1 Charakteristische Deichböden...................................................... 171
4.5.2 Bodenmechanische Kenngrößen und geohydraulische Parameter
von Deichböden........................................................................................ 172
4.5.3 Geohydraulische Kenngrößen von Vegetationsdecken ............... 177
4.5.4 Geohydraulische Kenngrößen von hydraulisch gebundenen
Innendichtungen ....................................................................................... 178
Infiltration in Deichen aufgrund von Niederschlägen.............................. 181
4.6.1 Allgemeines.................................................................................. 181
4.6.2 Infiltrationsgrößen........................................................................ 182
Zusammenfassung .................................................................................... 184
5 Untersuchungen am physikalischen Modell ..................................................... 186
5.1 Allgemeines .............................................................................................. 186
5.2 Der Versuchsdeich – Aufbau und Materialien ......................................... 186
5.3 Messgrößen, -aufbau und –instrumentierung des Modelldeichs.............. 190
5.4 Numerisches Modell (FeFlow)................................................................. 192
5.5 Durchgeführte Untersuchungen am Versuchsdeich ................................. 193
5.5.1 Versuchsübersicht, Versuchsum- und aufbauten und
Untersuchungsparameter .......................................................................... 193
5.5.2 Versuchsdurchführung und Ganglinien der Messgrößen............. 196
5.6 Untersuchungsergebnisse ......................................................................... 199
5.6.1 Einfluss von Hochwasserwellen................................................... 199
13
5.6.2 Einfluss von Vorwellen................................................................ 203
5.6.3 Einfluss von Regenereignissen..................................................... 204
5.6.4 Einfluss einer Grasnarbe .............................................................. 209
5.7 Zusammenfassung .................................................................................... 210
6 Stationäre Durchsickerung von Deichen........................................................... 212
6.1 Allgemeines .............................................................................................. 212
6.2 Übersicht der gängigsten analytischen Verfahren.................................... 215
6.3 Einfluss der Anisotropie ........................................................................... 218
6.4 Homogener Deich auf dichtem Untergrund ............................................. 221
6.4.1 Analytische Berechnungsansätze im Vergleich ........................... 221
6.4.2 Einfluss der geometrischen und hydraulischen Kenngrößen auf die
stationären Durchsickerungsverhältnisse ................................................. 224
6.4.3 Flächenvergleich der Sickerlinien nach KOZENY-CASAGRANDE
und numerischen Berechnungen............................................................... 228
6.4.4 Einfluss von Regenereignissen..................................................... 229
6.5 Homogener Deich auf durchlässigem Untergrund................................... 231
6.5.1 Allgemeines.................................................................................. 231
6.5.2 Einfluss der Untergrundmächtigkeit auf die Durchströmung ...... 232
6.6 Deich mit Dichtung .................................................................................. 233
6.6.1 Vollkommene Dichtungen ........................................................... 233
6.6.2 Dichtende Wirkung von Vegetationsdecken................................ 238
6.6.3 Unvollkommene Dichtungen ....................................................... 239
6.6.4 Fehlstellen in vollkommenen Innendichtungen (2D)................... 241
6.6.5 Fehlstellen in vollkommenen Innendichtungen (3D)................... 245
6.7 Deich mit Drän ......................................................................................... 249
6.7.1 Allgemeines.................................................................................. 249
6.7.2 Auswirkungen von Dräns............................................................. 249
6.8 Zusammenfassung .................................................................................... 251
7 Instationäre Durchsickerung von Deichen ........................................................ 255
7.1 Allgemeines .............................................................................................. 255
7.2 Steigender Wasserstand – Belastung der landseitigen Böschung homogener
Deiche ..................................................................................................... 256
7.2.1 Analytische Ansätze..................................................................... 256
7.2.2 Zeitbedarf zum Erreichen stationärer Verhältnisse...................... 260
7.2.3 κ-Abschätzung zur Beurteilung der Durchsickerung von
homogenen Deichen während des steigenden Astes der
Wasserstandsganglinie ............................................................................. 266
7.2.4 Ausbreitung der Durchsickerung in homogenen Deichen ........... 269
14
7.3
7.4
7.5
7.6
7.7
7.2.5 Zeitpunkt der maximalen oder stationären Durchsickerung von
homogenen Deichen ................................................................................. 272
Durchsickerung von homogenen Deichen bei fallendem Wasserstand ... 275
7.3.1 Allgemeines.................................................................................. 275
7.3.2 Analytische Ansätze..................................................................... 276
7.3.3 Numerische Berechnungen der Durchsickerung von homogenen
Deichen bei fallendem Wasserstand......................................................... 278
Auswirkung von Voreinstauereignissen auf die Durchsickerung von
homogenen Deichen ............................................................................... 282
7.4.1 Allgemeines.................................................................................. 282
7.4.2 Einfluss von Voreinstauereignisse auf die zeitliche und maximale
Durchsickerung von homogenen Deichen ............................................... 283
Instationäre Durchsickerung von Deichen mit Innendichtung und Fehlstelle
................................................................................................................. 284
7.5.1 Allgemeines.................................................................................. 284
7.5.2 Beispiel der instationären Durchsickerung eines Deiches mit
Dichtung und Fehlstelle............................................................................ 285
Einfluss von Regenereignissen auf die Durchsickerung eines homogenen
Deiches.................................................................................................... 286
7.6.1 Allgemeines.................................................................................. 286
7.6.2 Wirkung von Vorregenereignissen auf die Durchsickerung eines
homogenen Deiches auf undurchlässiger Deckschicht ............................ 287
Zusammenfassung .................................................................................... 289
8 Zusammenfassung und Ausblick ...................................................................... 292
Literaturverzeichnis ................................................................................................ 298
Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................... 333
Verzeichnis der verwendeten Symbole und Formelzeichen .................................. 335
Firmenverzeichnis .................................................................................................. 346
Anhang.................................................................................................................... 347
Danksagung ............................................................................................................ 373
15
1
Einleitung
1.1
Einführung in das Thema
Hochwasserschutzdeiche an Fließgewässern stellen nicht zuletzt aufgrund der Existenz von ca. 7.500 km Deichstrecke deutschlandweit ein Standbein des technischen
Hochwasserschutzes dar (LAWA 1995). Da Deiche aber i. d. R. sich linienhaft
erstreckende, relativ kleine Erdbauwerke darstellen, sind sie für Schäden oder andere Einwirkungen besonders empfindlich. Deshalb muss dem Unterhalt, der Überwachung und im Falle einer Gefährdung der Standsicherheit der Ertüchtigung große
Aufmerksamkeit gewidmet werden (Haselsteiner u. Strobl 2005).
Dass große Strecken der bestehenden Deiche nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) entsprechen, deckten die Schäden an Deichen und
die z. T. durch Deichbrüche hervorgerufenen Überschwemmungen während der
letzten Hochwasserereignisse auf. In Bayern traten innerhalb von sechs Jahren, in
den Jahren 1999, 2002 und 2005, größere Hochwasser auf, die in Bayern insgesamt
einen volkwirtschaftlichen Schaden von fast 600 Mio. € verursachten (Mechler
2000, DTK 2003, StUVG BY 2005). Blickt man alleine in Ostdeutschland auf die
Schadenssumme nach dem Augusthochwasser 2002 von etwa 9 Mrd. € (Münchener
Rück 2002) – davon fielen über 6 Mrd. € dem Freistaat Sachsen zu (SMUL 2003) –
wird die Bedeutung des Hochwasserschutzes unmissverständlich untermauert.
Die Beurteilung der Standsicherheit sowohl von bestehenden als auch von neu zu
bauenden Deichen hängt maßgeblich von deren geohydraulischer Belastung ab. Dabei stellt sich immer die Frage, inwiefern instationäre Betrachtungen zulässig sind
und unter welchen Umständen die Annahme stationärer Verhältnisse gerechtfertigt
ist. Dabei muss stets unter Wahrung des Sicherheitsniveaus die Wirtschaftlichkeit
im Auge behalten werden.
Der Einfluss eines heute nicht mehr bestreitbaren Klimawandels und die daraus resultierenden veränderten Abflüsse und Wasserstände kann eine „Veränderung der
Höhe, Dauer und Häufigkeit von Hochwasser“ (Zimmermann et al. 2004) herbeiführen. Die Temperaturerhöhung, die im letzten Jahrhundert 0,7°C betrug, kann zu
einer Zunahme der Niederschläge beitragen (Zimmermann et al. 2004). Auch wenn
exakte Aussagen weder durch statistische Ansätze noch durch mathematische Modellierung getroffen werden können (Straub 2000, Schumann et al. 2000), muss
man in einem ersten Schritt abschätzen, inwiefern Deiche, die auf Basis anderer,
16
ggf. veralteter hydrologischer Randbedingungen dimensioniert wurden, den veränderten Einwirkungen standhalten können. Das Umweltbundesamt (UBA 2006) stellt
in diesem Zusammenhang fest, dass man sich „in Deutschland infolge des Klimawandels häufiger auf Hochwasser einstellen“ muss (KLIWA 2006). Die anhand
unterschiedlicher Modelle und Methoden ermittelten Prognosen der Abflussentwicklung am Neckar ergeben, dass „von einer Erhöhung mittlerer [winterlicher]
Hochwasser auszugehen“ (Zimmermann et al. 2004) ist. Dies bestätigt Dietzer
(2000) auch für ganz Baden-Württemberg. Ähnlich verhält es sich bei Untersuchungen am Oberen Main. Interessant wäre zu wissen, inwiefern die letzten Hochwasser seit 1999 in Bayern auf eine Temperaturerhöhung zurückzuführen sind,
sprich ob sich Wetterlagen, ähnlich der Vb-Wetterlage, häufiger und mit größeren
Regenintensitäten einstellen können. Besonders das Augusthochwasser 2002 brachte im Einzugsgebiet der Elbe und im Osten Deutschlands gebietsweise extreme
Niederschläge, die noch nie zuvor beobachtet wurden. Die bayerische Wasserwirtschaftsverwaltung reagierte auf die Ergebnisse der Klimaforscher und erhöhte die
Bemessungsabflüsse an bayerischen Gewässern um einen pauschalen Anteil von
15% (StUGV BY 2006), was natürlich auch bedeutet, dass die bisherigen, alten
Bemessungshochwasserstände z. T. nicht dem neuen Sicherheitsniveau entsprechen.
Die mögliche Änderung der hydraulischen Beanspruchung infolge eines nicht quantifizier- und evtl. auch nicht beweisbaren Klimawandels und auch der enorme Tätigkeitsbedarf zur Instandhaltung, Ertüchtigung und Beurteilung von bestehenden
Deichen zeigen deutlich, wie wichtig es ist, über die Durchsickerung von Erdbauwerken – stationär sowie instationär – insoweit Bescheid zu wissen, um eine technische und wirtschaftliche Bemessung dieser oft kleinen und jedenfalls komplizierten
Ingenieurbauwerke durchführen zu können.
1.2
Gliederung der Arbeit
Diese Arbeit wurde nicht mit dem Anspruch an Vollständigkeit verfasst, aber mit
dem Wunsch nach einer übersichtlichen und weit gefächerten Darstellung sowohl
der Grundlagen von physikalischen Sachverhalten und erdbautechnischen Anforderungen als auch der Analyse der Grundlagen und Synthese zur praktischen Umsetzung der gefundenen neuen Erkenntnisse im Bereich des Deichbaus selbst und der
bodenphysikalischen Randbedingungen. Auch in den theoretischen Ausführungen
wird stets versucht, den Bogen zu praktischen Anwendung zu spannen und Hinweise und Anregungen für weitere Forschungs- oder Entwicklungsmöglichkeiten zu
geben.
17
Die Arbeit beginnt nach der Einführung mit den geohydraulischen Grundlagen, in
denen sowohl generell Böden selbst und das dort vorkommende Wasser als auch
speziell die Durchlässigkeit von Böden und deren Saugspannungsverhalten beschrieben werden (Kap. 2).
Dem folgt die Beschreibung der Grundlagen zu Hochwasserschutzdeichen mit einer
ausführlichen Betrachtung der Auswirkungen von Bewuchs in Form von Gehölzen
und grasbewachsenen Vegetationsdecken. An dieser Stelle werden die aktuellen
technischen Anforderungen an Flussdeiche und an die im Deichbau verwendeten
Dichtungselemente ebenso aufgegriffen wie die Geschichte des Deichbaus und die
daraus für bestehende Deichbauwerke erwachsenen Konsequenzen (Kap. 3).
Anschließend werden die hydrologischen sowie hydraulischen Randbedingungen
zur Abschätzung der stationären und instationären Durchsickerung erläutert. Dazu
werden charakteristische Bemessungshochwasserganglinien abgeschätzt und darüber hinaus untersucht, welche Niederschläge in Bayern gleichzeitig während
Hochwasserereignissen auftreten können, um auch die Veränderung der Vorfeuchte
eines Deiches als resultierende Größe des Wasserhaushaltes in die Betrachtungen
zur Durchsickerung miteinbeziehen zu können. Des Weiteren werden die bodenmechanischen und geohydraulischen Parameter von typischen, im Deichbau verwendeten Böden, Dichtungen und Vegetationsdecken abgeschätzt. Neben den geohydraulischen Randbedingungen zur Beschreibung eines Grundwassermodells werden
auch Hinweise zur zu erwartenden Infiltration gegeben (Kap. 4).
Das Kapitel 5 beinhaltet die physikalischen Versuche zur Durchsickerung von Deichen, die Beschreibung des Deichmodells und die geohydraulischen Parameter der
verwendeten Bodenmaterialien, die Auswertung und die Interpretation der Ergebnisse inklusive der numerischen Nachrechnung der Versuche. Das Deichmodell und
die Versuche übernehmen hierbei die Aufgabe, das numerische Modell zu kalibrieren und die Wirkung von einzelnen, besonderen Einflüssen, wie z. B. die Infiltration
infolge von Regenereignissen, zu quantifizieren, um diese dann in der numerischen
Berechnung näher untersuchen zu können.
Nicht zuletzt, um für instationäre Durchsickerungszustände eine Vergleichsmöglichkeit zu schaffen, werden die möglichen stationären Durchsickerungszustände in
unterschiedlich aufgebauten Deichen anhand analytischer Berechnungsverfahren
und eigenen numerischen Berechnungen ermittelt. Dabei wird der Einfluss von Innendichtungen, Oberflächendichtungen und Vegetationsdecken auf die Durchsicke-
18
rung ebenso untersucht wie homogene Deiche und Deiche mit Dräns. Mögliche
Fehlstellen in Dichtungen spielen besonders bei der Festsetzung von möglichen Belastungsszenarien (Lastfälle) eine Rolle, weshalb diese und auch die daraus resultierende dreidimensionale Durchströmung des landseitigen Deichkörpers hinter der
Dichtung mit Fehlstelle erläutert werden (Kap. 6).
Den Abschluss der Untersuchungen bilden, bevor die schriftliche Arbeit mit einer
Zusammenfassung und einem Ausblick endet (Kap. 8), die instationären Durchsickerungszustände (Kap. 7). Dabei werden sowohl analytische Ansätze im Vergleich
zu eigenen Berechnungen erläutert als auch für die Praxis interessante Sachverhalte
behandelt, wie z. B. maximal auftretende instationäre Durchsickerungszustände im
Zusammenspiel mit Bodenparametern und Wasserstandsganglinien sowie die zum
Erreichen von stationären Verhältnissen notwendige Zeit. In beiden Kapiteln 6 und
7 wird u. a. auf den Einfluss von Niederschlagsereignissen, die in Verbindung mit
Hochwassern auftreten können, eingegangen.
19
2
Grundlagen der Geohydraulik
2.1
Wichtige Bodenkennwerte
2.1.1
Ungleichförmigkeitszahl
Die Ungleichförmigkeit U [-] ist ein Indiz für die Verdichtbarkeit von Erdstoffen.
Böden mit größerer Ungleichförmigkeit lassen sich bei gleichem Porenvolumen
besser verdichten als solche mit kleinerer Ungleichförmigkeit:
U=
d 60
d 10
Glg. 2-1
Korndurchmesser bei X% Siebdurchgang [mm]
dX
Böden mit U < 5 werden als gleichförmig, mit 5 < U < 15 als ungleichförmig, mit
U > 15 als sehr ungleichförmig bezeichnet (Striegler u. Werner 1973). Die Ungleichförmigkeitszahl dient häufig zur Angabe von Anwendungsbereichen einiger
Abschätzungsformeln zur Durchlässigkeitsberechnung (vgl. Abschnitt 2.4).
2.1.2
Krümmungszahl
Die Krümmungszahl C [-], auch Abstufungsgrad oder Gleichförmigkeitszahl genannt, gibt Aufschlüsse, wie auch die Ungleichförmigkeitszahl U, über die Verdichtbarkeit von Böden:
C=
(d 30 )2
d 60 ⋅ d10
Glg. 2-2
Böden mit C < 1 werden als mäßig oder intermittierend abgestuft und solche mit
1 < C < 3 als gut abgestuft bezeichnet. Nicht bis schwach bindige Böden mit U > 15
und 1 < C < 3 sind i. Allg. gut zu verdichten (Striegler u. Werner 1973, Simmer
1994). Die Krümmungszahl C wird ebenfalls wie die Ungleichförmigkeitszahl U
u. a. bei der Abschätzung der Durchlässigkeit aus Korngrößenverteilungen herangezogen (vgl. Abschnitt 2.4).
2.1.3
Porosität / Porenanteil
Da Einzelkörner aufgrund ihrer Form oder aufgrund physikalischer Kräfte nie voll-
20
ständig einen Volumenkörper ausfüllen können, bilden sich Poren, deren Form und
Größe für unterschiedliche Böden variiert. Der Anteil wasser- und/oder luftgefüllter
Hohlräume am gesamten Bodenvolumen wird als Porenanteil n [-], Porosität ε [-]
oder in der Bodenkunde als Porenvolumen PV [-] bezeichnet:
n = ε = PV =
VP
Vges
VP
Volumen der Poren [m³]
Vges
Gesamtvolumen [m³]
Glg. 2-3
Während Tone einen hohen Porenanteil bis n = 0,90 haben können, weisen körnige
Böden i. d. R. weniger Poren auf, wie dies z. B. bei Sanden und Kiesen mit n = 0,20
bis 0,30 der Fall ist (Simmer 1994, Scheffer et al. 1984).
Die effektive Porosität ne bzw. die speichernutzbare Porosität bezeichnet den Porenanteil, der für die Aufnahme und Abgabe von Wasser unter den in der Praxis
vorzufindenden Randbedingungen, wie z. B. die Ausgangsfeuchte, zur Verfügung
steht. Im Extremfall, wenn ein Boden komplett ausgetrocknet ist, kann die effektive
Porosität gleich dem Porenanteil werden, wenn gleichzeitig kein wesentlicher Lufteinschluss bei der Bewässerung zu erwarten ist. Werte für den speichernutzbaren
Hohlraumanteil sind z. B. in Mull u. Holländer (2002) enthalten.
2.1.4
Porenzahl
Die Porenzahl e [-] kann aus der Porosität n ermittelt werden:
e=
n
(1 − n )
Glg. 2-4
Für die Porenzahl gelten folglich die gleichen Aussagen wie für den Porenanteil. Sie
wird z. B. für Setzungsberechnungen und für die Abschätzung der Durchlässigkeit
von Böden verwendet (Simmer 1994).
2.1.5
Wassergehalt
Der Wassergehalt w [-] oder θ [-] eines Bodens ist das Verhältnis von der Masse
des Porenwassers mw [kg] zur Trockenmasse des Bodens md [kg] (DIN 18121-
21
1/1998):
w=θ=
mw
md
Glg. 2-5
In der Natur stellt sich bei gleich bleibenden Randbedingungen ein Restwassergehalt ein. Dieser Restwassergehalt wird auch als die Feldkapazität (FK) bezeichnet
(vgl. Abschnitt 2.2). Der Boden hält in diesem Zustand sein Porenwasser gegen
Gravitationskräfte. Der Restwassergehalt kann bei Sanden und Kiesen 0,02 bis 0,05
und bei Lehmen und Tonen auch über 0,20 betragen (Simmer 1994). Der
(Rest)Wassergehalt beeinflusst maßgebend die ungesättigte Wasserleitfähigkeit und
somit den instationären Durchfeuchtungsprozess.
2.1.6
Sättigung
Die Sättigung S [-] ist der Quotient von Porenwasser VW [m³] und dem gesamten
Porenvolumen VP [m³]:
S=
VW
VP
Glg. 2-6
In natürlichen Verhältnissen sind hohe Sättigungen S ≈ 1 aufgrund von Lufteinschlüssen und anderen instationären Einflüssen, wie z. B. der Verdunstung, selten
anzutreffen. Eine vollständige Austrocknung von Böden mit S = 0 findet auf natürlichem Wege i. Allg. auch nicht statt. Ausnahme sind extreme Trockenstandorte wie
Wüsten (Richwien 2003).
2.1.7
Reynoldszahl des Korns
Die Reynoldszahl des Korns Re [-] ist ein Kennzeichen für den Strömungszustand
in porösen Medien. Hohe Reynoldszahlen bezeichnen turbulente Strömungen, niedrige hingegen laminare Zustände. Die Reynoldszahl wird in der Grundwasserhydraulik auf einen repräsentativen Korndurchmesser bezogen:
Re =
vF ⋅ d
ν
vF
Filtergeschwindigkeit [m/s]
d
repräsentativer Korndurchmesser [m]
Glg. 2-7
22
ν
kinematische Zähigkeit [m²/s] (ν = 1,30·10-6 m²/s für T = 10°C)
Die Reynoldszahl Re wird u. a. in der Grundwasserhydraulik zur Beschreibung der
Gültigkeitsgrenzen des Darcy’schen Gesetzes herangezogen (vgl. Bear 1979).
2.2
Boden und Wasser
2.2.1
Bodengefüge / Bodenstruktur
Die Gefügeformen von Böden sind unterteilt in Einzelkorn-, Kohärent- und Aggregatgefüge. Einzelkornstrukturen mit losen und unabhängig voneinander liegenden
Bodenteilchen und Kohärentböden mit einer verklebten homogenen Masse bilden
bei fortschreitender Bodenentwicklung Aggregatstrukturen1 aus, die mehr oder minder Kohärenz oder die Eigenschaften von Einzelkorngefügen aufweisen können.
Aggregate haben i. d. R. einen heterogeneren Aufbau als die Ausgangsstrukturen.
Der Übergang von den kohärenten oder einzelkörnigen Gefügen zu Aggregatstrukturen ist fließend (Scheffer et al. 1984, Kuntze et al. 1994).
Böden mit Einzelkorngefüge sind Sande und Kiese. Durch die Bildung von Wassermenisken zwischen den Körnern entsteht Kohäsion2 (Scheffer et al. 1984). In der
Geotechnik wird bei nichtbindigen bzw. körnigen Böden diese Art der Kohäsion, da
sie sich in den Kapillaren bildet, die Kapillarkohäsion oder scheinbare Kohäsion
bezeichnet. Die ursächlichen Kräfte entspringen dabei nicht einer stabilen, durch
den Boden erzeugte Kohäsion, sondern hohen Grenzflächenspannungen bei Teilbenetzung der Oberfläche, sprich der Bildung von Menisken zwischen den Körnern
(Kuntze et al. 1994). Diese Art der Kohäsion verschwindet bei Austrocknung oder
bei Sättigung des Bodens (Simmer 1994).
Für bautechnische Zwecke kann nach E DIN 1055/2003 für Sande und Kiessande
eine Kapillarkohäsion von cc,k < 8,0 kN/m² angesetzt werden, sofern der Boden eine
Sättigung 5 < S < 60 % aufweist. Eine Austrocknung sowie eine Überflutung des
Bodens muss in diesem Fall ausgeschlossen werden. Bei Deichen ist beides i. d. R.
nicht auszuschließen.
Schluffe, Lehme und Tone weisen ein Kohärentgefüge auf. Die Bodenbestandteile
_________________________
1
Aggregatgefüge müssen von den drei Grundgefügen Einzel-, Kohärent- und Kittgefüge unterschieden werden.
2
Als Kohäsion wird der Zusammenhalt eines Stoffes durch zwischenmolekulare Kräfte bezeichnet (Scheffer et al. 1984).
23
werden durch Kohäsionskräfte zusammengehalten, da die Körner so klein sind, dass
sie zwischen einander starke Bindungen aufbauen können. Aggregatstrukturen treten z. B. als Schicht- bzw. Plattengefüge in Sedimentböden mit horizontalen Wasserleitbahnen in Erscheinung. Aggregatgefüge können in zahlreiche Strukturen, wie
z. B. Krümelgefüge, Wurmlosungsgefüge, u.v.m. untergliedert werden. Besonders
im Bereich von Oberböden können rundliche, lose miteinander verbundene Ballungen von Bodenteilchen zum Krümelgefüge mit hoher Porosität führen.
Die unterschiedliche Lage der Bodenbestandteile zueinander, die aufgrund ihrer
unregelmäßigen Kornform, Größe und Lagerung Hohlräume bilden, bestimmt das
Porensystem des Bodens. Dieses Hohlraumgefüge ist mit Wasser, Luft, Wurzeln
und Bodenorganismen gefüllt. Für die Eigenschaften von Böden, besonders für ihre
Wasserleitfähigkeit, spielen die Porengrößen- und die Porenengstellenverteilung
eine tragende Rolle. Zahlreiche geohydraulischen Ansätze z. B. zur Beschreibung
der Durchlässigkeit basieren deshalb auf den Charakteristika von Korngrößenverteilungen bzw. Sieblinien und Porenengstellenverteilungen (Hartge u. Horn 1999,
Kuntze et al. 1994, Scheffer et al. 1984).
2.2.2
Ursachen und Auswirkungen von Bodengefügeänderungen
Durch Pedoturbation3 ausgelöste biologische Vorgänge, Austrocknung und Entwässerung können nach Aggregatsbildung oder Homogenisierung4 die Ausbildung der
jeweiligen Ausgangszustände und –bodeneigenschaften verhindern. Das Bodengefüge hat demnach abhängig von Klima- und Witterungsauswirkungen und den weiteren o. g. Einflussfaktoren veränderliche Eigenschaften. Kurzfristige zyklische
Veränderungen durch Jahreszeitenwechsel, Durchfeuchtung, Vegetation, u. a. haben
i. d. R. eine begrenzte Wirkung reduziert auf oberflächennahe Schichten. Die beste
Gefügeausprägung bzw. Gefügestabilität5 weisen Böden am Ende des Winters auf.
Feinsande und Schluffe besitzen i. d. R. geringe Gefügestabilität. Diese Böden verändern z. B. bei Wasserzutritt ihre Erscheinungsform (Hartge u. Horn 1999, Kuntze
_________________________
3
Als Pedoturbation wird ein Mischvorgang bezeichnet, bei dem sich Bodenmaterial eines oder verschiedener Horizonte
vermischt und Horizontgrenzen damit verwischen. (Scheffer et al. 1984).
4
Hier: Rückbildung einer heterogenen Aggregatsstruktur zu der homogeneren Ausgangsstruktur eines Kohärent- oder
Einzelkorngefüges (Kuntze et al. 1994).
5
Als Gefügestabilität wird die Fähigkeit von Böden verstanden, ihre physikalischen Eigenschaften trotz Wasser-, Luft-
Wärmeeinwirkungen beizubehalten (Kuntze et al. 1994).
24
et al. 1994).
Durch Austrocknung von Böden können bevorzugt an Schwachstellen oder an der
Oberfläche Schwundrisse entstehen, welche bei Wiederbefeuchtung nur z. T. reversibel sind. Boden kann sich beim Quellen abhängig von den Randbedingungen in
horizontale Richtung ausdehnen, außer es handelt sich um sehr dicht gelagerte Böden, die sich auch vertikal ausdehnen können. Feinkörnige, locker gelagerte Böden
schrumpfen stärker als grobkörnige, dicht gelagerte Böden. Häufige QuellSchrumpf-Beanspruchung erhöht den Porengehalt sowie die Durchlässigkeit und
wird als „self-mulching-effect“ bezeichnet (Kuntze et al. 1994). Die Volumenzunahme infolge Quellen künstlich verdichteter Böden, wie z. B. natürliche Oberflächendichtung in Deichen, ist trotz einer vertikal gerichteten Ausbreitung vernachlässigbar. Anders ist dies bei Schrumpf- oder Schwundprozessen. Die Austrocknung entsprechender natürlicher Dichtungen kann deshalb meist nur durch konstruktive Maßnahmen vermieden werden (vgl. Abschnitt 3.3.4.2).
Chemische Prozesse im Boden können die Entstehung abgegrenzter Mineralkörper
zur Folge haben oder durch Verkittung von einzelnen Bodenteilchen Aggregate
ausbilden. Beides führt zu einer Vergröberung der Kornverteilung. Die Bildung von
Pseudosanden und –kiesen ist ein Resultat dieses Effekts (Kuntze et al. 1994).
Wenn Adhäsionskräfte6 an Phasengrenzflächen die Kohäsionskräfte übertreffen,
spricht man vom Verkleben von Substanzen. Dies tritt besonders bei organischen
Substanzen und auch, wie bereits erwähnt, bei Einzelkorngefügen wie Sanden und
Kiesen auf. Die organischen Bestandteile von Böden, die im Deichbau Verwendung
finden, sind auf ein unbedenkliches Maß begrenzt, um die daraus resultierende Setzungen oder Veränderungen der Scherparameter zu verhindern (vgl. Abschnitt
3.4.3). Ausnahme bildet hier die Vegetationsdecke, die i. d. R. reich an organischen
Bestandteilen ist.
2.2.3
Formen von Bodenwasser
Wasser in Böden kann unterteilt werden in Grund-, Stau-, Sink- und Sickerwasser
sowie Haftwasser. Letzteres besteht aus Absorptions- und Kapillarwasser (Kuntze
et al. 1994).
_________________________
6
Adhäsion ist in der Bodenkunde der Begriff, der das Haften verschiedener Stoffe durch molekulare Anziehungskräfte an
ihren Phasengrenzflächen bezeichnet (Scheffer et al. 1984).
25
Das direkt an einem Feststoff haftende Wasser wird Film- bzw. Adsorptionswasser
genannt. Es wird durch van der Waalssche Kräfte, Wasserstoffbindungen zwischen
den Sauerstoffatomen der festen Oberfläche und den Wassermolekülen und die vom
elektrostatischen Feld erzeugten Kräfte gebunden (Abb. 2-1). Das direkt an der
Feststoffoberfläche sehr stark gebundene Wasser wird als Schwarmwasser bezeichnet und bleibt meist auch bei hoher Saugspannung und niedrigem Wassergehalt an
den Körnern haften. Die darauf folgende Schicht wird hygroskopisch gebundenes
Wasser genannt. Beide bilden das Adsorptionswasser (Abb. 2-1).
Zum Haftwasser zählt neben dem Adsorptionswasser ein Teil des Kapillarwassers.
Kapillarwasser wird sowohl durch Adsorptions- als auch Kapillarkräfte beeinflusst.
Es bildet sich in den Hohlräumen zwischen Einzelkörnern, welche als Kapillaren
bezeichnet werden (Abb. 2-1). Die Grenze zwischen reinem Haftwasser und Kapillarwasser wird beim Übergang vom geschlossenen zum offenen Kapillarsaum gezogen (Abb. 2-2).
Film-,
Adsorptionswasser
1. Schwarmwasser: ψm≈ -4·105 hPa
2. Hygrokopisch geb. Wasser: ψm≈ -5·104 hPa
Manschetten-,
Porenwinkelwasser
Filmwasser
Filmwasser
Porenwinkelwasser
Kapillarwasser
Bodenkorn
Abb. 2-1: Bindungsformen von Bodenwasser (nach Kuntze et al. 1994)
Luft, Wasser und Feststoff (Bodenpartikel) haben unterschiedliche Oberflächenbzw. Grenzflächenspannungen. Wasser bildet deshalb in der Luft Kugeln bzw.
Tropfen aus und minimiert die eigene Fläche bei angrenzender Luftphase mit geringer Grenzflächenspannung. Feststoffe haben i. d. R. große Grenzflächenspannungen, sind in ihrer Lage jedoch fest, so dass die Feststoffoberfläche wegen der größten Grenzflächenspannung im Luft-Wasser-Feststoff-Kontaktbereich ihre Fläche zu
verkleinern versucht. Praktisch bildet sich ein Wasserfilm an der Feststoffoberfläche, also der Feststoff-, Poren- oder Kapillarberandung aus. Dadurch wird der ernergieärmste Zustand erreicht. Benetzt die Flüssigkeit den gesamten Feststoff, dann
stellt sich ein Randwinkel bzw. Benetzungswinkel von α = 0° (cos α = 1) ein. Der
Randwinkel zwischen Feststoff und der Neigung des Wasser kann gemessen wer-
26
den, wenn der Feststoff nicht vollständig benetzt wird und sich Randwinkel von
α > 0° einstellen (Abb. 2-2).
Die beschriebenen Zusammenhänge stellen die Ursache für den Kapillaraufstieg
von Wasser in den Poren von Böden dar. Die kapillare Steighöhe hk [m] errechnet
sich mit folgender Formel (siehe z. B. Schick 2003a):
hk =
2 ⋅ σW
⋅ cos(α )
rk ⋅ ρ W ⋅ g
σW
Grenzflächenspannung des Wassers [N/m²]
rK
Radius der Kapillare [m]
ρW
Dichte des Wassers [kg/m³]
g
Erdbeschleunigung [m/s²]
Glg. 2-8
Die kapillare Steighöhe hk ist, wie man an Glg. 2-8 sehen kann, vom Randwinkel α,
der Grenzflächenspannung des Wassers σW und dem Radius der Kapillarpore rk abhängig. Die Grenzflächenspannung (= Oberflächenspannung) des Wassers wird bei
zunehmenden Temperaturen kleiner. Für reale Porensysteme haben die Rauhigkeit
der Berandung sowie die Netzstruktur der Poren eine gewichtige Rolle bei der Ausbildung der Wasserbenetzung. Bei kleinen Kapillarradien, wie Schluffe und Tone
sie haben, sind die kapillaren Steighöhen relativ größer als bei Sanden oder Kiesen.
Dies liegt daran, dass bei kleinen Radien die Anziehungskräfte der Berandung größer sind als bei großen Radien. Im Gegensatz zu Kiesen mit einer kapillaren Steighöhe von hk ≈ 0,03 ÷ 0,05 m und Sanden mit hk ≈ 0,20 ÷ 0,80 m können feinporige
Böden höhere Steighöhen aufweisen, wie z. B. Lehm mit hk > 1,0 ÷ 5,0 m und Ton
bis hk ≈ 100 m (Simmer 1994, Soos 1990). Bear (1979) enthält weitere Ansätze zur
Abschätzung der kapillaren Steighöhe hk, die die Porosität n und bestimmte Korngrößendurchmesser verwenden. Die kapillare Steighöhe ist auch dem in den folgenden Abschnitten erläuterten Hysterese-Effekt unterworfen, so dass auch hier für Beund Entwässerung unterschiedliche Steighöhen auftreten (Schick 2003a).
Grund- oder Stauwasserbereiche weisen i. Allg. Sättigungen auf, die aufgrund von
Lufteinschlüssen Werte von 0,9 < S < 1,0 annehmen können. Darüber bildet sich
der Kapillarsaum aus, der eine geschlossene Wasserphase aufweist und deshalb
auch als geschlossener Kapillarraum bezeichnet wird. Dieser Bereich weist Sätti-
27
gungen von ca. 0,8 < S < 0,9 auf (vgl. Scheuermann 2005). Simmer (1994) geht
davon aus, dass bereits bei niedrigerer Sättigung (0,6 < S < 0,8) eine geschlossene
Wasserphase auftreten kann. Der Kapillarsaum ist die Grenze zum offenen Kapillarraum. Dort findet kein kapillarer Aufstieg mehr statt und es ist nur noch Adsorptions- und Porenwinkelwasser vorhanden. Der ungesättigte Bereich weist mehr oder
weniger ausgeprägt Haftwasser auf (Abb. 2-2). Während im Grund- bzw. Stauwasserbereich und im geschlossenen Kapillarraum i. d. R. nur wenige Lufteinschlüsse
auftreten, können im offenen Kapillarraum und oberhalb des kapillaren Aufstiegs
größere Luftzusammenschlüsse auftreten. In Abhängigkeit der Bodenart und –
zusammensetzung wird dieser Zusammenhang mit dem Saugspannungsverhalten
beschrieben (vgl. Abschnitt 2.3).
Bodenlamelle
mit Standrohr
Standrohr
2·rk
α
ungesättigt
α
Druckhöhe (+)
Kapillaraufstieg
Korn
Porenwinkelwasser
Luft
Adsorptions-,
Porenwinkelwasser
(S < 80 %)
Haftwasser
Offen
(80% < S < 90%)
Kapillarwasser
Geschlossen
(S > 90%)
gesättigt
r
Saugspannung (-)
r
Adsorptions.wasser
Wasser
eingeschlossene
Luftblasen
Körner
Grundwasser
Stauwasser
Undurchlässiger Untergrund
Abb. 2-2: Bodenwasser, Erscheinungsformen und Einteilung (vgl. Busch et al.
1993, Scheuermann 2005)
2.2.4
Potentialkonzept
Als Potential ist die Arbeitsmenge definiert, „die notwendig ist, um eine Einheitsmenge (Volumen, Masse oder Gewicht) Wasser von einem gegebenen Punkt eines
Kraftfeldes zu einem Bezugspunkt zu transportieren“ (Scheffer et al. 1984). Das
Wasser bewegt sich von Orten höheren Potentials zu denen niedrigeren Potentials.
Das Potential kann in Meter Wassersäule (mWS) oder Druck (hPa = cmWS) ange-
28
geben werden, wenn als Bezugsgröße das Kraftfeld der Erde verwendet wird:
ψ=h
Glg. 2-9
„Das Gesamtpotential ist definitionsgemäß die Summe aller durch die verschiedenen im Boden auftretenden Kräfte hervorgerufenen Teilpotentiale.“ (Scheffer et al.
1984) Zur Beschreibung der Potentiale eines Systems ist die Festlegung eines Bezugsniveaus notwendig ( ψ = 0 ).
Vernachlässigt man das durch Konzentrationsunterschiede verursachte osmotische
Potential und das Gaspotential, so kann als Annäherung das hydraulische Potential
Ψh [mWS] verwendet werden, das durch das Matrixpotential und das Gravitationspotential gebildet wird:
ψh = ψm + ψg
ψm
Matrixpotential [mWS] [kPa]
ψg
Gravitationspotential [mWS] [kPa]
Glg. 2-10
Das Gravitationspotential ψg kann als Ortshöhe z angegeben werden und wird deshalb auch als geodätisches Potential bezeichnet. Das Matrixpotential ψm, auch Kapillarpotential oder Saugspannung bezeichnet, ist ein Maß für den Einfluss der Matrix7 auf den Bodenwasserhaushalt. Das Matrixpotential wirkt dem Gravitationspotential entgegen und wird umso größer, je trockener und feinporiger ein Boden ist.
Trockene Böden fördern aufgrund ihrer Saugspannung (vgl. Abschnitt 2.3) Wasser
von Grund- bzw. Stauwasserhorizonten je nach Bodentextur gegen die Schwerkraft
aufwärts (Abb. 2-2, vgl. Haimerl 2004, Scheffer et al. 1984, Schick 2003a, Scheuermann 2005).
_________________________
7
Als Matrix wird die Phase eines Bodens bezeichnet, in dessen fester Masse das Porensystem als Hohlform eingelagert
ist (vgl. Hartge u. Horn 1999).
29
2.3
Saugspannungsverhalten von Böden
2.3.1
Saugspannungskurven
Das Saugspannungsverhalten von Böden wird durch pF-Kurven8 bzw. Wasser- oder
Saugspannungskurven ausgedrückt. Einem Bodenwassergehalt θ oder einer Sättigung S wird eine Saugspannung ψ, auch Matrixpotential ψm [hPa = cmWS] genannt, zugeordnet. Beispiele für charakteristische Saugspannungskurven einiger
Böden sind in Abb. 2-3 gegeben. Die unterschiedlichen Kurvenverläufe lassen sich
anhand der kapillaren Steighöhe und der Porengrößenverteilung von Böden erklären. Während der Porenraum von Sanden (PV9 = 42 ± 7%) und Kiesen (PV = 25 ±
10%) zum Großteil aus Grobporen (dP > 10 mm) besteht, sind bei Schluff- (PV = 45
± 8%) und Tonböden (PV = 53 ± 8%) vornehmlich Mittelporen (dP = 0,2 - 10 mm)
und Feinporen (dP < 0,2 mm) anzutreffen (Scheffer et al. 1984).
1.0E+03
Feldkapazität
(FK)
Sand
1.0E+02
1.0
1.0E+00
0
10
20
30
40
50
60
70
Wassergehalt θ [Vol.-%]
80
90
fest
halbfest
Ausrollgrenze
3.0
2.0
Kies
1.0E+01
4.0
3.0
FK (pF = 2,5)
FK (pF = 1,8)
Fließgrenze
0.0
100
wirksame
Kräfte
2.0
Matrixspannung pF = log(|Ψm|) [-]
nutzbare
Feldkapazität
(nFK)
PWP (pF = 4,2)
4.0
steif
Schluff
Lehm
5.0
weich
1.0E+04
5.0
6.0
breiig
Permanenter
Welkepunkt
Ton
nach
Kuntze et al. (1994)
1.0
flüssig
1.0E+05
6.0
Adhäsion
1.0E+06
7.0
bindige
Böden
Kohäsion
7.0
nach Scheffer et al. (1984)
nach Kuntze et al. (1994)
nach Haimerl (2004)
pflanzen- nichtpflanzenverfügbares verfügbares
Wasser
Wasser
Matrixspannung |Ψm| [cmWS bzw. hPa]
1.0E+07
0.0
100.00 10.00
1.00
0.10
0.01
Porengröße [µm]
Abb. 2-3: Beziehung zwischen Wasserspannung und Wassergehalt (pF-Kurven)
Grobporen entwässern bereits bei geringen Saugspannungen (pF < 1,8 - 2,5). Dieser
_________________________
8
pF steht in der Praxis für den negative Logarithmus der Wasserspannung [cmWS] (siehe z. B. Schick 2003a). Der Aus-
druck „pF“ ist dabei auf Schofield (1935) zurückzuführen, wobei F für freie Energie steht und p für Logarithmus verewendet wurde (aus Scheffer et al. 1984).
9
Das in der Bodenkunde verwendete Porenvolumen PV entspricht dem Porenanteil bzw. der Porosität.
30
Bereich pF = 1,8 - 2,5 wird als Feldkapazität10 bezeichnet. Mittelporen geben ihr
Wasser vor Erreichen des permanenten Welkepunkts11 im Bereich der nutzbaren
Feldkapazität (pF = 2,5 - 4,2) ab und Feinporen bei pF > 4,2 (Kuntze et al. 1994).
Dass Grobporen eher entwässern als Feinporen, liegt daran, dass die vom Boden
erzeugte Saugspannung bzw. der Kapillardruck sich indirekt proportional zum Porenradius verhält (vgl. Abschnitt 2.2.3). Kiese und Sande geben aufgrund ihrer Porenstruktur, die überwiegenden aus Grobporen besteht, bereits unter pF = 2,5 den
Großteil ihres Wassers ab. Tone hingegen halten ein Großteil des Wassers aufgrund
ihres feinporigen Porenvolumens auch bei hohen Saugspannungen über dem permanenten Welkepunkt (pF = 4,2). Da sich der Porenraum von Schluffen und Lehmen relativ gleichmäßig in Fein-, Mittel- und Grobporen aufteilen, verlaufen deren
Saugspannungskurven i. d. R. zwischen denen von Sanden und Tonen (vgl. Abb.
2-3).
Gemessene Saugspannungskurven können von den hier in Beispielen gezeigten,
theoretisch möglichen Kurven erheblich abweichen (Abb. 2-4). Dabei können physikalisch-chemisch Einflüsse des Boden und des Porenwassers sowie die Temperatur (Horton et al. 2002) und der pH-Wert (Hartge u. Horn 1999) eine Rolle spielen.
Der Einfluss der Kornzusammensetzung von Böden auf ihr Saugspannungsverhalten ist z. B. in Bear (1979) erläutert. Demnach weisen Böden mit einer stetig steigenden Körnungslinie ohne Ausfallkörnungen bei einer geringeren Porenraumspanne eher die in Lehrbüchern beschriebenen Saugspannungsverläufe auf, als Böden
mit Ausfallkörnungen und zu eng oder zu weit gestuften Körnungen, die bei großer
Porenraumspanne bodenuntypisch schnell entwässern. Ähnlich verhält es sich bei
künstlich verdichteten im Vergleich zu natürlich stark aggregierten Böden (Hillel
1980).
Die messtechnische Ermittlung von Saugspannungskurven kann mittels unterschiedlicher Verfahren durchgeführt werden, die mehr oder minder aufwendig und
je nach Verfahren nur für bestimmte Saugspannungshöhen anwendbar sind (vgl.
_________________________
10
Als Feldkapazität wird der Wassergehalt bezeichnet, den ein natürlich gelagerter Boden gegen die Schwerkraft halten
kann. Sie liegt zwischen Saugspannungen von pF = 1,5 – 2,5. (Kuntze et al. 1994, Scheffer et al. 1984)
11
Als permanenter Welkepunkt wird der Wassergehalt bezeichnet, bei dem Pflanzen irreversibel welken, da die Pflan-
zensaugspannung das im Boden vorhandene Wasser nicht mehr aufnehmen können (Schulte 1988, DVWK 238/1996).
31
Abschnitt 2.3.3, Mangels 2000, Scheuermann 2005). Für geotechnische und geohydraulische Aspekte sind meist nur die Verläufe der Kurven unterhalb des PWP
interessant, weshalb häufig nur die Bereiche von pF = 1 ÷ 4,2 ermittelt werden (vgl.
Ton in Abb. 2-4). Saugspannungen oberhalb des PWP werden unter natürlichen
Voraussetzungen i. d. R. nicht erreicht. Kurven unterhalb pF = 1 nehmen nicht selten einen relativ senkrechten Verlauf hin zur Vollsättigung S = 1,0.
1)
Cornelis et al. (2001)
Powers u. Hwang (2003)
3)
TAW (1996)
4)
Scheffer et al. (1984) (theor.)
1.E+06
Saugspannung [cmWS]
7
2)
Sandiger
1)
Lehm
1.E+05
5
Schluff
1.E+04
6
4)
Ton
3)
Ton
4)
4
1.E+03
3
gemessen
1.E+02
1.E+01
Sand
1
4)
Sand
1.E+00
0.0
2
0.1
Saugspannung [pF]
1.E+07
2)
0.2
0.3
Wassergehalt [-]
0
0.4
0.5
Abb. 2-4: Gemessene Saugspannungskurven unterschiedlicher Böden
Für die Praxis ist es u. U. hilfreich zum Zweck der Verifizierung die Saugspannungskurven ähnlicher Böden zur Verfügung zu haben. In Tab. 2-1 sind deshalb
Literaturstellen angegeben, die gemessene Saugspannungskurven unterschiedlicher
Böden enthalten.
Bei Betrachtung von Messwerten und bei der Übertragung von Laborwerten auf insitu Verhältnisse müssen neben den messtechnisch möglichen Abweichungen auch
die unterschiedlichen Randbedingungen, z. B. aufgrund eines instationären Wasserhaushaltes in der Natur, berücksichtigt werden. Pachepsky et al. (2001) zeigen anhand der Gegenüberstellung von Feld- und Labormessungen von Bodenwassergehalten, dass in der Bodenphysik erhebliche Abweichungen bei der Messung gleicher Kenngrößen auftreten können, die nicht selten 100% übersteigen (vgl. auch
Cornelis 2001, Schaap u. Leij 2000). Ähnlich verhält es sich bei der Messung der
gesättigten Durchlässigkeit anhand von Bodenproben, was auch durch die analytischen Betrachtung in Abschnitt 2.4 verdeutlicht wird.
32
Tab. 2-1: Fundstellen gemessener Saugspannungskurven unterschiedlicher Böden
Boden
Kies sandiger Kies
Ton
Schluff
Sand
Sand
Literatur / Fundstelle
Bemerkung
A)
Simms u. Yanful (2002)
A)1)
1)
Young et al. (2002) , Goncalves et al. (1997) , Powers u.
1)
Hwang (2003) , Horton et al. (2002), Fredlund et al. (1997),
B)
Mecke et al. (2002) , Pham et al. (2003), Weißmann (2003),
B)
Parkin et al. (2000), Viaene et al. (1994) , Zou (2004)
Schluffiger Sand
Tonig-schluffiger Sand
Toniger Sand
Lehm
Sandiger Lehm
Wildenschild et al. (2001) , Parkin et al. (2000)
Schluffiger Lehm
Payne u. Chen (2001) , Powers u. Hwang (2003) ,
Fredlund et al. (1997)
Toniger Schluff-Lehm
Schluff
Schluff-Ton
Sandiger Ton
Schluffiger Ton
Ton
Vereecken et al. (1988)
1)
2.3.2
A)
verdichtete Böden
A)
Feinsand
Grobsand
B)
1)
1)
Wildenschild et al. (2001)
Goncalves et al. (1997)1), Weißmann (2003)
A)
Simms u. Yanful (2002) , Powers u. Hwang (2003)
1)
1)
A)
verdichtete Böden
A)
verdichtete Böden
A)
Künstlich gemischte Böden
A)
Künstlich gemischte Böden
1)
Young et al. (2002) , Powers u. Hwang (2003) ,
Cornelis et al. (2001)
1)
1)
Pham et al. (2003)
A)
Simms u. Yanful (2002)
1)
A)1)
Goncalves et al. (1997) , Chiu u. Shackelford (1998)
Cunningham et al. (2003)
1)
Powers u. Hwang (2003) , Schick (2003b)
1)A)
, TAW (1991)
Beinhaltet auch KR-Beziehungen.
Hysterese von Saugspannungskurven
Die Saugspannungskurven von Böden weisen bei Be- und Entwässerung einen unterschiedlichen Verlauf auf, was als Hysterese bezeichnet wird (Abb. 2-5, Richwien
2003). Die verzögerte Entwässerung von Böden liegt zum einen an dem „Flaschenhalseffekt“ (engl. inkbottle-effect) und dem Einfluss eines veränderlichen Randwinkels und dem damit verbundenen unterschiedlichen Kapillarauf- und –abstieg. Bei
Entwässerung stellt sich ein kleinerer Randwinkel ein, was eine höhere kapillare
Steighöhe zur Folge hat (vgl. Glg. 2-8). In den Poren eingeschlossene Luft, aber
auch das Schrumpfen oder Schwellen bindiger Böden, können diesen Effekt beeinflussen und ggf. verstärken (Scheuermann 2005).
In realen Verhältnissen bewegen sich die Be- und Entwässerungskurven zwischen
den theoretisch möglichen primären Be- und Entwässerungskurven und können je
nach Be- und Entwässerungszeitpunkt bzw. –vorgang unterschiedliche Formen annehmen (Zou 2003, 2004). Die Unterschiede zwischen den beiden Hauptkurven
sind z. B. in Pham et al. (2003) beschrieben. Die Hauptsaugspannungskurven können für ähnliche Böden in Form und Verlauf unterschiedlich sein.
33
Matrixspannung ψm [hPa]
MDC main drainage curve
Hauptentwässerungskurve
PDC primary drainage curve
Grenzkurve der Entwässerung
MDC
MWC main wetting curve
Hauptbewässerungskurve
PWC primary wetting curve
Grenzkurve der Bewässerung
PDC
PWC
θL
MWC
ψAEV
ψWEV
Luftanteil
θR
Restwassergehalt
θW
Wassergehalt nach einer
Bewässerung
θS
Wassergehalt bei Vollsättigung
ψAEV Lufteintrittspunkt
Wendepunkt
ψWEV Wassereintrittspunkt
θR
θ
θS - θR -θL
θS = θW + θL
θW
θL
θS
volumetrischer Wassergehalt θ [Vol.-%]
Abb. 2-5: Hysterese von Saugspannungskurven (vgl. Busch et al. 1993)
Böden können ohne künstliches Zutun aufgrund der Gravitationskräfte bis zur Restfeuchte θR austrocknen. Als Anhaltswert für die Größe der Restfeuchte, welche mit
dem Gehalt von Schlämmkorn zunimmt, kann nach Busch et al. (1993) die Feldkapazität (FK) angesetzt werden (vgl. Abschnitt 4.5). Wie bereits erwähnt, können
Böden aufgrund der Saugwirkung von Pflanzen definitionsgemäß bis zum permanenten Welkepunkt (PWP) austrocknen. Auch bei extremer Sonneneinstrahlung
können Böden hohe Saugspannungen aufbauen.
Bei Wasserzutritt verbleiben i. d. R. Lufteinschlüsse im Boden. Dieser Luftanteil θL
kann bis zu 50% der Restfeuchte θR betragen (Busch et al. 1993). Bei grobporigen
Böden, aber auch bei schneller Durchfeuchtung, wenn die im Boden vorhandene
Luft nicht entweichen kann, wird dieser Effekt nach Scheuermann (2005) möglicherweise verstärkt (Scheuermann u. Bieberstein 2006). Neben dem Auftreten von
turbulenter Strömung ist das eine Ursache dafür, warum Brauns u. Raju (1993) eine
fünffache Überbemessung von Dränelementen empfehlen, da die Leistungsfähigkeit
der Entwässerungsvorrichtungen aufgrund von Lufteinschlüssen stark vermindert
sein kann. Beachtet man zusätzlich die natürlich Schwankung von Deichböden, ist
die in DIN 19712/1997 und anderen Regelwerken, wie z. B. DVWK 210/1986, geforderte Sicherheit von η = 2 für die Leistungsfähigkeit von Dräns mehr als in Frage zu stellen (siehe Abschnitt 6.7).
34
Die Messung von Hysterese-Verläufen bedarf einer exakten Messapparatur und
dementsprechend eines großen Aufwandes. Bereits geringe Veränderungen der Lagerungen oder Bodentextur können erheblichen Einfluss auf den pF-Verlauf bzw.
auf die Ausbildung der Hysterese haben, wie z. B. am Beispiel der von Schulte
(1988) untersuchten Schluffe mit dichter und lockerer Lagerung zu sehen ist (Abb.
2-6).
Für gewöhnlich werden für praktische Anwendungen, falls der Hysterese-Effekt
vernachlässigt wird, die Entwässerungskurven (Desorptionskurven) verwendet, weil
diese einfacher und schneller zu ermitteln sind (Hartge u. Horn 1999, Pham et al.
2003).
Saugspannung [cmWS]
2
1)
Schulte (1988)
Pham et al. (2003)
3)
Wang u. Benson (1996)
Bewässerung
5
2)
Entwässerung
1.E+04
4
Ton3)
1.E+03
3
Sand2)
1.E+02
2
1
2
1
2
1
1
2
2
1.E+01
1
Schluff
1)
Schluff
(dicht gelagert)
1.E+00
0.0
0.1
0.2
1)
(locker gelagert)
0.3
0.4
Saugspannung [pF]
1
1.E+05
0.5
0
0.6
Wassergehalt [-]
Abb. 2-6: Beispiele für Hysteresen von gemessenen Saugspannungskurven
2.3.3
Mathematische Modelle zur Beschreibung der Saugspannungsbeziehung
Die direkte Messung von Saugspannungsbeziehungen von Böden ist aufwendig.
Geringste Messungenauigkeiten oder Wasserverluste während der Versuchsdurchführung können zu gravierenden Abweichungen der pF-Kurve führen. Das in den
Poren gebundene Wasser kann in Verbindung mit reinem Wasser als Testmedium
ein osmotisches Potential ausbilden. Bei fallendem Wassergehalt kann der Boden
schrumpfen und den Entwässerungsvorgang verfälschen. Nicht zuletzt aufgrund
35
dieser möglichen Fehlerquellen werden häufig Pedotransferfunktionen12 (PTF) verwendet, um, wie es auch in dieser Arbeit im Folgenden der Fall sein wird, mittels
analytischer Gleichungen durch Einsetzen bekannter Boden- oder daraus ableitbarer
Funktionsparameter einen Zusammenhang zwischen Sättigung und Saugspannung
abschätzen zu können (Leong u. Rahardjo 1997). Nicht selten wird der Ansatz von
van Genuchten (1980) verwendet:
S = SR +
SS − S R
[1 + (α ⋅ ψ ) ] (
n
1− 1
n
)
Glg. 2-11
m
S
Sättigung [-]
SR
residuale Sättigung [-] (entspricht in etwa der Sättigung bei PWP)
SS
Vollsättigung [-]
α
van-Genuchten-Parameter [1/cm]
ψm
Matrixpotential [mWS]
n
van-Genuchten-Parameter [-]
Angemerkt werden muss, dass hier bereits eine vereinfachte Form der vanGenuchten-Beziehung angegeben wird, in der der van-Genuchten-Parameter m [-]
durch folgenden Ausdruck ersetzt wurde:
 1
m = 1 − 
 n
Glg. 2-12
Ein weiterer weit verbreiteter Ansatz ist der von Haverkamp u. Parlange (1986).
Dieser wird hier zusätzlich angegeben, um beim folgenden Vergleich zu zeigen,
dass es nicht unbedingt wichtig ist, welche mathematische Beschreibung der Saugspannungskurve verwendet wird:
_________________________
12
Pedotransferfunktionen (PTF) sind meist analytische Verfahren, um bodenhydraulische Eigenschaften anhand einfa-
cher Bodenparameter abzuleiten.
36
S = SR +
α, β
α ⋅ (SS − S R )
α + ψm
β
Glg. 2-13
Haverkamp-Parameter [-]
Diese relativ einfachen Ansätze bedürfen einer Anpassung mittels Stellparametern
und sollten i. d. R. für den weiteren Gebrauch anhand von versuchstechnisch gemessenen Kurven oder Beispielen aus der Literatur (siehe Tab. 2-1) kalibriert werden. Dies gilt für Be- und Entwässerungskurven.
Es existieren zahlreiche weitere Modellfunktionen zur Beschreibung der Bodenwassercharakteristik, wie z. B. die von Brooks u. Corey (1964) oder Fredlund u. Xing
(1994) (vgl. Leij et al. 1997). Fredlund u. Xing (1994) verwenden charakteristische
Parameter der Korngrößenverteilung, um die Saugspannungsbeziehungen zu ermitteln und stützen sich hierbei auf eine Datenbasis von über 6.000 Böden (vgl. Fredlund et al. 1997).
Die Eingangsparameter der Gleichung von van Genuchten (1980) α, der die Lage
des Lufteintrittspunkts13 innerhalb von Kurven bestimmt, und n, der die Porengrößenverteilung charakterisieren soll, streuen stark. Deshalb wurde in der Vergangenheit verstärkt versucht, geeignete, bodentypische van Genuchten-Parameter zu ermitteln (Vereecken et al. 1988, Nemes et al. 2001, 2003). Die Streuung der Stellparameter resultiert aber nicht allein aus der Änderung der Bodenwassercharakteristik
gleicher Böden, die in jedem Fall auftritt, sondern auch aus den Verfahren, mit denen die Kurven mittels der Stellparameter an die Messdaten angepasst werden. Dabei werden physikalische Zusammenhänge teilweise nicht mehr ausreichend berücksichtigt. Bei der Durchführung von Best-Fit-Analysen basierend auf großen
Datenbanken werden mathematisch formulierte über gemessene Saugspannungskurven gelegt und ein Abweichungskriterium zur Beurteilung der Saugspannungsfunktion herangezogen. Je höher die Anzahl der Stellparameter ist, desto größer
werden die Streubereiche. Die Streuung der van-Genuchten-Parameter wurde im
_________________________
13
Als Lufteintrittspunkt ΨAEV [cmWS] (Air-Entry-Value) wird die Matrixspannung bezeichnet, ab der eine (deutliche)
Abnahme der Sättigung und gleichzeitig eine Luftzunahme eintreten. Bei Saugspannungskurven liegt er im Schnittpunkt
der Wendepunktstangente mit der Achse mit S = 1,0 (siehe z. B. Schick 2003a). Gegenstück dazu bildet der Wassereintrittspunkt ΨWEV [cmWS] (Water-Entry-Value). Dieser kann als Wendepunkt der Hauptbewässerungskurve abgeschätzt
werden (siehe Abb. 2-5, vgl. Scheuermann 2005).
37
Zuge der Ermittlung von Saugspannungsverhalten von Böden oder der Infiltrationseigenschaften in der Literatur in umfangreichen Arbeiten untersucht (Bruckler
2002, Mecke et al. 2002, Startsev u. McNabb 2001, Schaap u. Leij 2000).
Der Stellparameter n, der die Neigung bzw. Steilheit der Kurven festlegt, kann Werte von 1 für feinkörnige bis 10 für grobkörnige Böden annehmen (Mangels 2000).
Die Werte für α [cm-1], die das Saugspannungsniveau der Kurven bestimmen, reichen von 0,005 für tonreiche Böden bis zu 0,35 für sandige und kiesige Böden
(Hartge u. Horn 1999, Haimerl 2004). Eine vergleichende Bewertung unterschiedlicher Ansätze zur analytischen Beschreibung der Saugspannungsbeziehung enthält
z. B. Cornelis et al. (2001).
Die in Gleichung 2-11 einzusetzende Sättigung bei der Restfeuchte Sr, der sich die
Funktion der Saugspannung asymptotisch annähert, kann bei pF = 107 hPa zu Null
angenommen werden. Es ist auch möglich, den Wassergehalt am permanenten Welkepunkt (PWP) mit pF = 4,2 für Sr zu verwenden. Die Werte für Sr und für SS können in Abhängigkeit der Gefügestruktur und der Körnung erheblich streuen (vgl.
Scheffer et al. 1984). Schulte (1988) ermittelte für Grobschluff einen Residualwassergehalt von ca. θ = 0,14, was einer Residualsättigung von ca. SR = 37% entspricht.
Diese Werte stimmen mit den Werten für den PWP nach Kuntze et al. (1994) überein. Demnach liegt der PWP bei mitteldicht bis dicht gelagerten Schluffen bei ca. w
= 11 ÷ 16%. Dies entspricht einer residualen Sättigung bei PWP von Sr,PWP = 30 ÷
35%.
Beispiele für Saugspannungskurven nach van Genuchten (1980) und Haverkamp u.
Parlange (1986) inklusive der gewählten Stellparameter der unterschiedlichen Modelle sind in Abb. 2-7 dargestellt. Die durch die zwei Modelle generierten Saugspannungskurven sind an die Kurven nach Scheffer et al. 1984 (vgl. Abb. 2-1) angepasst. Zur Vervollständigung sind auch die Durchlässigkeits-SättigungsBeziehungen (Mualem 1976) mit dargestellt (vgl. Abschnitt 2.4.4).
Mit zunehmendem Feinporenanteil nehmen die van-Genuchten-Parameter nG, αG
und mG unterschiedlich stark ab. Die Parameter des Haverkamp-Modells αH und AH
nehmen mit steigenden Feinporenanteil zu, wogegen βH und BH abnehmen. Die Beeinflussung des van Genuchten-Mualem-Modells durch die unterschiedlichen Stellparameter wird z. B. in Mangels (2000) und in Scheuermann (2005) systematisch
beschrieben.
38
1.0
Parameterverhalten:
mvG-M,G > mvG-M,S > mvG-M,U > mvG-M,T
AHav,G > AHav,S > AHav,U > AHav,T
BHav,G < BHav,S < BHav,U < BHav,T
0.9
relative Durchlässigkeit KR [-]
0.8
van Genuchten-Mualem
Haverkamp
Ton (T)
0.7
0.6
Kies (G)
Schluff (U)
Sand (S)
Sand (S)
Schluff (U)
Kies (G)
0.5
0.4
Ton (T)
0.3
0.2
0.1
0.0
1.E+07
0.0
0.2
1.E+06
Matrixspannung |ψm| [hPa]
0.4
0.6
0.8
1.0
1.E+00 1.E+01 1.E+02 1.E+03 1.E+04 1.E+05 1.E+06 1.E+07
Matrixspannung |ψm| [hPa]
Parameterverhalten:
nvG-M,G > nvG-M,S > nvG-M,U > nvG-M,T
αvG-M,G > αvG-M,S > αvG-M,U > αvG-M,T
αHav,G < αHav,S < αHav,U < αHav,T
βHav,G > βHav,S > βHav,U > βHav,T
Parameter-Tabelle:
1.E+05
SS1)
SR2)
Ton (T)
1.E+04
nG
αG
1.E+03
mG
Schluff (U)
1.E+02
Sand (S)
1.E+01
Kies (G)
1.E+00
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
Sand
1
Kies
1
[-]
0
0
0
0
van Genuchten-Mualem-Modell (vG-M)
[-]
1.35
1.50
2.00
3.00
[m-1]
0.06
1.00
9.00 30.00
[-]
αH
[-]
βH
[-]
AH
BH
0.26
0.33
0.50
0.67
Haverkamp-Modell (Hav)
100
4
0.150 0.002
1
1.1
1.4
2
[-]
21
0.45
0.015
4E-05
[-]
1.4
1.5
2
3
S(ψm)
KR (S)
S(ψm)
KR (S)
1)
Unberücksichtigt sind Lufteinschlüsse und andere Faktoren für Smax < 1,0.
2)
Vereinfachend angenommen. Stimmt i. d. R. nur für sehr durchlässige Kiesböden.
mG = 1-(1/nG)
3)
0.0
3)
[-]
Böden
Ton Schluff
1
1
Sättigung S [-]
Abb. 2-7: Saugspannungs- und Durchlässigkeitsbeziehung nach Mualem (1976)/van
Genuchten (1980) und Haverkamp u. Parlange (1986) für unterschiedliche Böden
Die beschriebenen Verfahren zur Modellierung der Saugspannungskurve beruhen
auf physikalisch nicht begründbaren empirischen Stellparametern (Zou 2003). Eine
Weiterentwicklung von auf physikalischen Grundlagen basierenden Modellen ist
beispielsweise für bindige Böden in Schick (2003a, b) und für granulare Böden in
Zou (2003, 2004) zu finden. Der Einschluss von Luftblasen, der zu einer unvollständigen Sättigung des Bodens führt, kann durch die Anpassung der maximal möglichen Sättigung (S < 1) berücksichtigt werden (vgl. Zou 2004).
39
Für die mathematische Beschreibung von Hysteresekurven wird häufig angenommen, dass die Hauptsaugspannungskurven die gleiche Steigung aufweisen, was bedeutet, dass der van-Genuchten-Parameter n für beide Kurven gleich gewählt wird.
Da n für die Porengrößenverteilung des Bodens steht, ist dies zwar physikalisch
begründet, entspricht aber nicht zwingend realen Verhältnissen, was darin liegen
mag, dass die Umlagerung von eingeschlossenen Luftporen ein anderes Porensystem für Be- und Entwässerung bedingt (Scheuermann 2005).
Zur Anpassung der Hysteresis-Kurven nach van Genuchten (1980) gibt Busch et al.
(1993) an, dass der Stellparameter αd [-] (d: drying) zur Entwässerung die Hälfte
von αw [-] (w: wetting) bei Bewässerung betragen kann:
α d = 0,5 ⋅ α w
Glg. 2-14
In Abb. 2-8 sind für typische Böden und Saugspannungskurven Hysteresekurven
aus Scheffer et al. 1984 (vgl. Abb. 2-7) mittels Glg. 2-11 nach van Genuchten
(1980) dargestellt. Ausgehend von der Bewässerungskurve wurde der vanGenuchten-Parameter αG der Entwässerungskurve mittels Glg. 2-14 angepasst. Eine
pauschale Anwendung von Glg. 2-14 ist aber nicht ratsam, da Beispiele gemessener
Hysteresen andere Verläufe zeigten und zahlreiche physikalische Einflussfaktoren
den Verlauf der Hysterese verändern können (Schulte 1988, Cornelis 2001). Mangels (2000) und Scheuermann (2005) erläutern die Auswirkungen der Eingangsgrößen des van-Genuchten-Modells (Glg. 2-11) ausführlich und veranschaulichen dies
systematisch an zahlreichen theoretischen Saugspannungskurven. Da diese Arbeit
eine für die Praxis anwendbare Herangehensweise verfolgt, wird hier auf die Beschreibung des Einflusses veränderter Stellparameter des van-Genuchten-Modells
verzichtet.
Viaene et al. (1994) vergleicht sechs unterschiedliche Modelle zur Abbildung von
Saugspannungskurven-Hysteresen und betont, dass eine Vernachlässigung der physikalischen Grundlagen zu erheblichen Fehlern führen kann (vgl. Abschnitt 2.3.2).
Eine relativ einfache Ermittlung von Hysterese-Kurven auf Basis der vanGenuchten-Beziehung wird z. B. in Braddock et al. (2001) untersucht. Pham et al.
(2003) beinhaltet einen auf aus der Literatur gesammelten Böden basierenden Ansatz zur Ermittlung von Saugspannungshysteresen (vgl. Kachanoski u. Si 2000).
Resultierend aus der Betrachtung der Literatur und der Möglichkeiten zur Anpassung des van-Genuchten-Modells (vG-Modell) durch die flexible Variation der
40
Stellparameter wird in den folgenden Kapiteln dieser Arbeit das vG-Modell verwendet, wobei eine Ausrichtung der Saugspannungskurven an den drei Kennwerten
n, FK und PWP erfolgt. Dies ist ein praktischer Ansatz, um aus bekannten Bodenkennwerten eine mathematisch formulierte Saugspannungskurve abzuleiten. Oftmals werden bei der Erstellung der Saugspannungskurven „nur“ die obere und untere Grenze der Saugspannung bei SS und Sr = SPWP verwendet. Die Verwendung einer dritten Größe, hier SFK, ermöglicht es, den Verlauf bei niedrigen Saugspannungen etwas genauer abzuschätzen. Dies ist unter dem Aspekt besonders wünschenswert, dass sich der Wasserhaushalt von Deichböden zum Großteil zwischen Vollsättigung und Restfeuchte bewegt. Ausnahmen können natürlich auftreten, wenn Hitzeperioden oberflächennahe Bereiche austrocknen, wodurch Sättigungen kleiner als
SFK bis nahe SPWP erreicht werden können.
1.E+07
vG-M-Modell
Bewässerung
Entwässerung
1.E+06
Matrixspannung |ψm| [hPa]
Vergleich aus Scheffer
et al. (1984)
1.E+05
Ton (T)
1.E+04
Schluff (U)
1.E+03
Sand (S)
1.E+02
Kies (G)
1.E+01
1.E+00
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
Sättigung S [-]
Abb. 2-8: Beispiele der Hysteresen theoretischer Saugspannungskurven (vanGenuchten -Modell)
41
2.4
Durchlässigkeit
2.4.1
Allgemeines
Die Durchlässigkeit k von Böden ist definiert als „Verhältniswert zwischen der Filtergeschwindigkeit v und dem hydraulischen Gefälle i bei gleichmäßiger, linearer
Durchströmung eines wassergesättigten Bodens“ (DIN 18130-1/1996).
Unterschieden werden muss in gesättigte und ungesättigte Durchlässigkeit. Während in gesättigten Böden durch die zusammenhängende Wasserphase im Vergleich
zur ungesättigten Durchlässigkeit hohe Durchlässigkeitswerte auftreten und große
Wassermengen durch die Poren transportiert werden können, nimmt mit fallendem
Wassergehalt und zunehmendem Luftporenanteil die Durchlässigkeit in ungesättigten Böden entsprechend bis zu theoretisch ku = 0 m/s ab. Praktisch bewegt sich die
vom Wassergehalt abhängige Durchlässigkeit zwischen den korrespondierenden
Durchlässigkeiten der Restfeuchte bzw. Feldkapazität und der maximal möglichen
Sättigung (vgl. Abschnitt 2.3).
Bei horizontal geschichteten Böden kann die resultierende vertikal bzw. horizontal
gerichtete Durchlässigkeiten kv und kh mittels folgender Formeln ermittelt werden
(Soos 1990, Dachler 1936):
kv =
kh =
d ges
d1 d 2
d
+
+ ... + n
k1 k 2
kn
d 1 ⋅ k 1 + d 2 ⋅ k 2 + ... + d n ⋅ k n
d ges
di
Dicke der i-ten Schicht [m]
ki
Durchlässigkeit der i-ten Schicht [m/s]
dges
Summe aller Schichtdicken [m]
n
Anzahl der Schichten [-]
Glg. 2-15
Glg. 2-16
Da sowohl bei natürlich gewachsenen als auch künstlich hergestellten Böden eine
schichtweise Unterscheidung i. Allg. schwierig ist, wird häufig ein pauschaler Ani-
42
sotropiefaktor zur Berücksichtigung der verminderten vertikalen Durchlässigkeit
verwendet (vgl. Abschnitt 2.4.5).
Für Vergleichszwecke, um z. B. die Leistungsfähigkeit verschiedener Dichtungen
miteinander zu vergleichen, kann die Permittivität ψ [1/s] herangezogen, die sich
folgendermaßen aus der gesättigten Durchlässigkeit kS ermitteln lässt:
ψ=
DD
kS
DD
Glg. 2-17
Dicke der Dichtung [m]
Mehr zu dieser Thematik und weitere Hinweise zur Strömung in porösen Böden ist
in Abschnitt 2.5 zu finden.
2.4.2
Versuchstechnische Ermittlung der Durchlässigkeit von Böden
Die Durchlässigkeit kann durch Versuche mit konstanter oder variabler Druckhöhe
ermittelt werden. Für realistische Randbedingungen im Hinblick auf einen dreidimensionalen Spannungszustand sowie bei geringer Durchlässigkeit k < 10-6 m/s
empfiehlt es sich, die Durchlässigkeit mittels Triaxialzellen zu ermitteln (vgl.
DIN 18130-1/1998). Lowery et al. (2005) entwickelten einen Versuchsstand mit
fallender Druckhöhe und automatischer Druckaufzeichnung. Dabei wurden Proben
mit Durchlässigkeiten von k < 10-6 m/s ohne Verwendung von Triaxialzellen untersucht. Die Ergebnisse waren trotz des vereinfachten Versuchsaufbaus plausibel.
Bei Versuchen mit fallender Druckhöhe kann nach DIN 18130-1/1998 die Durchlässigkeit kF14 [m/s] mit folgender Gleichung berechnet werden (vgl. Abschnitt 3.5.5.4):
kF =
ASt
A St ⋅ l 0 h 1
ln
A Pr ⋅ t h 2
Glg. 2-18
Querschnittsfläche des Standrohres [m²]
_________________________
14
Die Durchlässigkeit wird bei den sogenannten Filterversuchen durch Bestimmung der Filtergeschwindigkeit vF [m/s]
ermittelt. In diesem Zusammenhang wird die Durchlässigkeit auch mit kF bezeichnet. Im Folgenden wird auf eine Differenzierung verzichtet und i. d. R. die gesättigte Durchlässigkeit kS verwendet.
43
l0
Länge bzw. Höhe des Probekörpers [m]
APr
Querschnittsfläche des Probeköpers [m²]
t
Versuchszeit [s]
h1
Wasserhöhe im Standrohr bei Versuchsbeginn [m]
h2
Wasserhöhe im Standrohr bei Versuchsende [m]
Für die in Abschnitt 3.5.5.4 beschriebenen Versuche zur Bestimmung der Durchlässigkeit von Grasnarben wurde ein Versuchsstand mit drei Durchströmzellen (mit
fallendem Wasserstand) errichtet. Bei der vorhandenen Versuchsvorrichtung sind
Durchlässigkeiten von etwa kF = 10-6 ÷ 10-2 m/s ermittelbar (vgl. Abb. 3-18).
Die Durchlässigkeit ist von der Viskosität des Wassers abhängig. Deshalb bezieht
man sich aufgrund der Vergleichbarkeit i. Allg. auf die Durchlässigkeit k10 bei einer
Temperatur von 10°C. Die Umrechnung erfolgt nach der Gleichung von
POISEUILLE-CHARDABELLAS (DIN 18130-1/1998):
k 10 =
2.4.3
1,359
⋅k
1 + 0,0337 ⋅ T + 0,00022 ⋅ T 2
k10
Durchlässigkeitsbeiwert (bei T = 10°C) [m/s]
T
Temperatur [°C]
Glg. 2-19
Durchlässigkeit des gesättigten Bodens
Im Folgenden werden einige Ansätze vorgestellt, die unter Zuhilfenahme von Charakteristiken der Korngrößenverteilung von Böden eine Abschätzung der Durchlässigkeit des gesättigten Bodens ks ermöglichen.
Die Herleitung einer Beziehung zwischen Bodenkennwerten und der Durchlässigkeit kann mittels numerisch-statistischer Analysen oder der physikalischen Beschreibung des Strömungsvorgangs in den Poren erfolgen. Das Widerstandsverhalten von Böden nach KOZENY-CARMAN und das Fließgesetz in Porenstrukturen
nach HAGEN-POISEUILLE sind zwei physikalische Ansätze, auf denen zahlreiche
Arbeiten zur Bestimmung der Durchlässigkeit beruhen (vgl. Kammerer u.
Loiskandl 2005). Eine Übersicht über gängige Verfahren zur Ermittlung der hydrau-
44
lischen Durchlässigkeit anhand der Porengrößenverteilung ist z. B. in Vukovic u.
Soro (1992) gegeben (vgl. Bear 1979).
Für praktische Belange kann es i. d. R. ausreichend sein, eine repräsentative mittlere
Durchlässigkeit abschätzen zu können. Dafür sind die folgenden Ansätze in ihren
jeweiligen Anwendungsgrenzen geeignet. Die Inhomogenität von Deichen und dem
Untergrund, das horizontal bzw. vertikal anisotrope Verhalten, die chemische Bodenbeschaffenheit und natürliche oder künstliche Verdichtung können Streuungen
von Mess- sowie Rechenwerten zur Folge haben, die bei der Durchlässigkeit größer
als das Hundertfache sein können (vgl. Reddi 2003), was auch die unterschiedlichen
Angaben zur Durchlässigkeit für charakteristische Bodenarten aus der Literatur bestätigen (Tab. 2-1).
Tab. 2-2: Böden und ihre gesättigte Durchlässigkeit ks
Bodenart
gesättigte Durchlässigkeit
ks [m/s]
Scheffer et al. Hartge u. Horn
(1984)
(1999)
-
1)
Steine
Kies
-
-2
Sand
4·10 ÷ 4·10
-3
Schluff
4·10 ÷ 5·10
-3
Lehm
4·10 ÷ 1·10
-3
Ton
4·10 ÷ 1·10
1)
2)
-
-5
-7
-7
-9
-3
4·10 ÷ 4·10
-3
4·10 ÷ 4·10
-3
4·10 ÷ 4·10
-3
4·10 ÷ 4·10
-5
-7
-9
-8
Bodenart
Türke
(1999)
2)
Steingeröll
0
10
Grobkies, steiniger Kies
-1
10
Mittelkies
-2
10
Feinkies, sandiger Kies
-6
-8
10 ÷ 10
schluffig(, toniger) Kies
-3
10
Grobsand
-3
10
kiesiger Sand
mittlerer Sand / Mittelsand
-4
10
Feinsand
-6
-9
10
÷
10
schluffig(, toniger) Sand
sandiger Schluff
-8
10
toniger Schluff
Lehm
Löß
schluffiger Ton
-9
-10
10 ÷ 10
Ton-Schluff
Grobe Unterteilung der Bodenarten
Berücksichtigung wichtiger Beimengungen
3)
4)
gesättigte Durchlässigkeit
ks [m/s]
Busch et al.
Graßhoff et al. (1982)
3)
4)
(1993)
-
-
-3
-4
1·10 ÷ 2·10
-4
4·10 ÷ 1·10
-4
-4
-5
2·10 ÷ 1·10
-5
5·10 ÷ 1·10
-6
5·10 ÷ 1·10
bis 5
-2
10 ÷ 1
-
-
-2
-4
10 ÷ 10
-2
-3
2·10 ÷ 3·10
-
-2
-5
10 ÷ 10
-3
-4
10 ÷ 10
-3
-6
10 ÷ 10
10
-4
-6
-4
-7
-5
-9
-5
-10
10 ÷ 10
-5
-10
10 ÷ 10
-8
-12
10 ÷ 10
10 ÷ 10
-3
-5
10 ÷ 10
-3
10 ÷ 10
-2
1·10 ÷ 5·10
-4
-3
1·10 ÷ 3·10
-3
-6
10
-
-6
-8
10 ÷ 10
10 ÷ 10
-6
-10
10 ÷ 10
≈ 1·10
Simmer
(1994)
-7
-9
-8
-10
-9
-12
-
10 ÷ 10
1·10-6 ÷ 1·10-7
-8
-
10 ÷ 10
-8
-11
2·10 ÷ 2·10
Grenzbereiche
Mittelwerte
Ein relativ einfacher, empirischer Ansatz für grobkörnige Böden (Sande) stammt
von Hazen (1892):
k s = c ⋅ d 10
ks
2
Glg. 2-20
gesättigte Durchlässigkeit15 (bei T = 10°C) [m/s]
_________________________
15
Die Durchlässigkeit des gesättigten Bodens ks wird in dieser Arbeit einfacher Weise auch als gesärttigte Durchlässig-
keit bezeichnet.
45
c
empirischer Bodenbeiwert [-] (c = 45 für Schluff, c = 140 für Sand)
d10
Korndurchmesser bei 10% Siebdurchgang [cm]
Obwohl Glg. 2-20 streng genommen nur für Sande gilt, liefert sie auch für grobkörnige bis hin zu leicht schluffigen Böden z. T. plausible Werte (vgl. Kammerer u.
Loiskandl 2005). Für Sande mit U < 5 wird in der Literatur c = 100 verwendet (Cedergren 1977).
Während Hazen (1892) mit seinem Ansatz annimmt, dass die Durchlässigkeit ausschließlich von d10 bestimmt wird, d. h. von den feineren Körnern des Bodens berücksichtigt Beyer (1964) zusätzlich die Ungleichförmigkeitszahl U und somit die
Bodenzusammensetzung. Weit gestufte Böden haben i. d. R. eine dichtere Lagerung
und somit auch eine geringere Durchlässigkeit als vergleichbare, eng gestufte Böden. Die angegebene Gleichung nach Beyer (1964) gilt für 0,06 < d10 < 0,6 mm und
1 < U < 20. Für Sande und Kiese erarbeiteten Beyer u. Schweiger (1969) für Glg.
2-21 empirische Faktoren C**, welche darüber hinaus die Lagerung berücksichtigen.
 A
 2
2
+ C  ⋅ d 10
ks = 
= C ** ⋅ d 10
U+B

Glg. 2-21
ks
gesättigte Durchlässigkeit [m/s]
A, B, C
Konstanten aus Tab. 2-3 [-]
U
Ungleichförmigkeitszahl nach Glg. 2-1 [-]
d10
Korndurchmesser bei 10% Siebdurchgang [cm]
C**
Beiwert aus Tab. 2-3 [1/(ms)]
Tab. 2-3: Beiwerte A, B, C und C** (Glg. 2-21, Glg. 2-22)
D
locker
mitteldicht
dicht
Beiwerte1)
A
B
3,49
4,40
2,68
3,40
2,34
3,10
C
0,80
0,55
0,39
U=1
1,50
1,20
1,00
Beiwert 104 · C** 2)
U = 3 U = 5 U = 10
1,25 1,15 1,05
0,95 0,85 0,75
0,75 0,65 0,55
U = 30
0,90
0,60
0,45
1)
Beyer (1964)
2)
Beyer u. Schweiger (1969)
Vukovic u. Soro (1992) geben die Formel nach Beyer u. Schweiger (1969) mit be-
46
reinigten Dimensionen an (vgl. Kammerer u. Loiskandl 2005). Der Gültigkeitsbereich dieser Formel wurde auf 0,06 < d10 < 3,0 mm erweitert und eine Abhängigkeit
des Beiwerts CB* von der Ungleichförmigkeit U gefunden:
ks =
Glg. 2-22
g *
2
⋅ C B ⋅ d 10
ν
ks
gesättigte Durchlässigkeit [m/s]
CB*
Dimensionsloser Beiwert nach Glg. 2-23 [-]
d10
Korndurchmesser bei 10% Siebdurchgang [m]
g
Erdbeschleunigung [m/s²] (g = 9,81 m/s²)
ν
kinematische Zähigkeit [m²/s]
(ν = 1,3·10-6 m²/s für T = 10°C)
Für den dimensionslosen Beiwert CB* gilt folgender Zusammenhang:
 500 
C *B = 6 ⋅ 10 −3 ⋅ log

 U 
Glg. 2-23
Kozeny (1953) hat einen auf der CARMAN-Gleichung (siehe Glg. 2-24) basierenden Ansatz entwickelt, der die Lagerung bzw. die Dichte des Bodens über den Porengehalt n berücksichtigt (Glg. 2-26, KOZENY-CARMAN-Gleichung).
κ = CK ⋅
n3
⋅ d 2w
(1 − n ) 2
κ
Permeabilität [m²]
CK
dimensionsloser Beiwert [-]
dw
wirksamer Korndurchmesser (siehe Glg. 2-28) [m]
n
Porengehalt bzw. Porenanteil [-]
Glg. 2-24
Über die folgende Beziehung zwischen der Permeabilität κ und der Durchlässigkeit
des gesättigten Bodens kS
47
kS =
g
⋅κ
ν
Glg. 2-25
erhält man aus Glg. 2-24 schließlich folgende Form der KOZENY-CARMANGleichung:
kS =
g
n3
⋅ CK ⋅
⋅ d 2w
ν
(1 − n ) 2
Glg. 2-26
Der dimensionslose Beiwert Ck wird nach Empfehlung von Vukovic u. Soro (1992)
mit Ck = 8,3·10-3 angenommen.
Wird der empirische Faktor CK ersetzt durch 1/C’, erhält man eine weit verbreitete
Schreibweise oben gezeigter Gleichung (Glg. 2-27), die zahlreich verwendet und
modifiziert wurde (vgl. Busch et al. 1993). Die Gleichung basiert auf dem Gesetz
nach KOZENY-CARMAN, es wird i. Allg. der dimensionslose Parameter C’ angepasst. In Busch et al. (1993) ist für C’ eine Spanne von 180 bis 296 angegeben. Der
Originalvorschlag von CARMAN lautet C’ = 180. Ein weiterer Unterschied zu den
angeführten empirischen Ansätzen besteht darin, dass als maßgebender Korndurchmesser nicht vereinfachend z. B. d10 o. ä. angesetzt wird, sondern ein invers
gewichteter Durchmesser, der wirksame Korndurchmesser dw, verwendet wird (Glg.
2-28).
3
 1  n ⋅ γW
kS =   ⋅
⋅ d 2W
2
 C´  (1 − n ) ⋅ η
kS
gesättigte Durchlässigkeit [m/s]
C´
dimensionsloser Beiwert [-]
dw
wirksamer Korndurchmesser(siehe Glg. 2-28) [m]
η
dynamische Viskosität von Wasser [kg/(m·s)]
(η = 1,3·10-3 kg/(m·s) für T = 10°C)
γw
Wichte von Wasser [kN/m³] (γw ≈ 10 kN/m³)
Glg. 2-27
Bei der Ermittlung des wirksamen Korndurchmessers dw werden die Korndurchmesser indirekt proportional zu ihrem Durchmesser gewichtet (vgl. Muckenthaler
1989). D. h., dass kleine Kornfraktionen, welche die Durchlässigkeit maßgebend
48
beeinflussen, den wirksamen Korndurchmesser stärker bestimmen und die Durchmesser gröberer Kornfraktionen relativ wenig Einfluss auf die Größe von dW [m]
ausüben.
m
dW =
∑ ∆p
i =1
m
∑
i =1
m ,i
∆p m ,i
Glg. 2-28
di
∆pm,i
Massenprozente der jeweiligen Kornklasse i [%]
1/di
harmonisches Mittel aus den Grenzen der jeweiligen Kornklasse [1/m]
Richwien u. Rizkallah (1998) entwickelten einen Ansatz, mit dem die Durchlässigkeit gesättigter Böden unter Verwendung der durch einen Kompressionsversuch
gewonnenen Daten – dem Steifemodel ES [kN/m²] und dem Konsolidierungsbeiwert
cV [m²/s] – ermittelt werden kann. Carrier u. Beckmann (1984) ziehen zur Ermittlung der Durchlässigkeit ks die Porenzahl e, die Plastizitätszahl Ip und die Ausrollgrenze wp heran. Weitere Ansätze speziell aus dem angloamerikanischen Raum sind
z. B. in Reddi (2003) enthalten.
Die Vorhersage der gesättigten Durchlässigkeit mittels mathematischer Ansätze wie
auch die messtechnische Ermittlung der gesättigten Durchlässigkeit können enorme
Streubereiche aufweisen. Die Untersuchungen von Timlin et al. (1999) zeigen, dass
trotz auf großen Datenmengen basierender Optimierung von Vorhersagemodellen
Streuungen auftreten, die für einen gleichen Boden den Faktor 100 annehmen können.
Die Anwendung der angefügten Ansätze auf unterschiedliche sehr feinkörnige bis
extrem grobkörnige Bodenarten, die exemplarisch durch ihre Korngrößenverteilung
in Abb. 2-9 dargestellt sind, zeigt ebenfalls große Streuungen der Durchlässigkeitswerte (Abb. 2-10). Die in Abhängigkeit des wirksamen Korndurchmessers dw nach
Glg. 2-28 dargestellten Graphen zeigen, dass der Ansatz von Hazen (1892) die
größten Durchlässigkeiten und der Ansatz nach Beyer (1964) die kleinsten erzeugt.
Beyer u. Schweiger (1969) haben für den Ansatz von Beyer (1964) zur Erleichterung der Anwendung einen dimensionslosen Beiwert entwickelt, woraus resultiert,
dass beide Kurvenverläufe sich in etwa entsprechen. Kozeny (1953) sowie Busch et
al. (1993) beruhen beide auf den gleichen physikalischen Ansätzen nach KOZENYCARMAN und unterscheiden sich nur dadurch, dass abweichende empirische Bei-
49
werte gewählt wurden.
Ton
Schluff
fein
100
mittel
Sand
fein
grob
Kies
mittel
grob
fein
Steine
mittel
Blöcke
grob
90
U, T
U, s
70
6
60
Auelehm
U, s
50
S, u
S, g
5
St, g
40
4
Flusskies
3
30
2
G, s
20
1
Boden-Nr.
10
630
1000
200
100
63
dm,1
20
dm,2
10
dW,1
6.3
dm,3
2.0
1.0
dm,4
0.63
0.2
0.1
dW,3
0.063
dm,5
dW,4
0.02
0.01
dm,6
dW,5
0.006
0.002
0
0.001
dW,6 = 0.0003 mm
G
dW,2
Siebdurchgang [%]
80
Korngröße in mm
Abb. 2-9: Korngrößenverteilungen von sechs zur Abschätzung der Durchlässigkeit
betrachteten Böden
Der von Vukovic u. Soro (1992) in Glg. 2-23 verwendete Ansatz liegt i. Allg. nahe
am ermittelten Mittelwert der Durchlässigkeiten, der in etwa auch durch die Berechnung nach Kozeny (1953) und Busch et al. (1993) erhalten wird (Abb. 2-10).
Die Streubereiche der unterschiedlichen Bodenarten weisen Abweichungsfaktoren
von 65 bis 280 auf. Vergleicht man Durchlässigkeiten der Streubereiche mit den
Durchlässigkeitsbereichen aus Tab. 2-2, so erkennt man ähnliche Streubereiche, so
dass prinzipiell einer Anwendung aller betrachteten Ansätze nicht widersprochen
werden kann. Der teilweise sehr große Streubereich beruht sicherlich z. T. auf der
Vernachlässigung der Anwendungsbereiche der einzelnen Ansätze.
50
Busch et al. (1993)
65
1.E-10
10
8
6
4
2
0
1.E-12
100
100
6
Beyer
(1964)
Beyer u.
Beyer u.
Schweiger Schweiger
(1969)
(1969)*
Kozeny
(1953)
Busch et
al. (1993)
-6
-8
5
Hazen
(1892)
-4
log(ks)
3
4
1.E-08
-2
Mittel
mitteldichte Lagerung
1.E-06
0
Bey.u. Schw. (1969) modifiziert
durch Vukovic u. Soro (1992)
Kozeny (1953)
195
2
1
Beyer u. Schweiger (1969)
Schluff-Ton (S, T)
1.E-04
195
Kiese (G)
1.E-02
205
Steine, kiesig (St, g)
gesättigte Durchlässigkeit ks [m/s]
1.E+00
Beyer (1964)
sandiger
Schluff (U, s)
280
2
Hazen (1892)
schluffiger Sand (S, u)
Abweichungsfaktor
kiesiger Sand (S, g)
1.E+02
-10
Boden-Nr.
-12
10
1
0.1
0.01
0.001
0.0001
wirksamer Korndurchmesser dW [mm]
Abb. 2-10: Abschätzung der gesättigten Durchlässigkeit unterschiedlicher Böden
(Körnungslinien siehe Abb. 2-9)
Fokussiert man die absoluten Werte der Durchlässigkeit, z. B. beim betrachteten
kiesigen Sand ks,max = 6·10-3 m/s und ks,min = 3·10-5 m/s, erkennt man, dass beide
Werte plausibel sind (vgl. Tab. 2-2) und dass das unterschiedliche Durchlässigkeitsverhalten von Böden impliziert in den jeweiligen Ansätzen berücksichtigt ist.
Als physikalisch begründete Verfahren sind die Ansätze nach KOZENY-CARMAN
i. Allg. besser geeignet, um durchschnittliche Durchlässigkeitsbeiwerte von Böden
zu bestimmen. Dies bestätigt das verwendete Abweichungskriterium, das bei Hazen
(1892) und Beyer (1964) größer ausfällt als bei den anderen Ansätzen (Abb. 2-10).
Dies beruht auch darauf, dass Hazen (1892) für körnige, relativ grobe Böden seine
Abschätzungsformeln aufgestellt hat und empirisch bestätigte. Diese zum Filtern
und Dränieren verwendeten Böden haben i. d. R. eine eng gestufte Körnungslinie
und deshalb einen relativ hohen Porenanteil, was zu hohen Durchlässigkeiten führt.
Bei den hier betrachteten Böden handelt es sich durchwegs um weit gestufte Böden,
so dass Hazen (1892) naturgemäß zu hoch liegen muss.
51
2.4.4
Ungesättigte Durchlässigkeit
Die ungesättigte Durchlässigkeit kU [m/s] bezeichnet die Durchlässigkeit bei Bodensättigungen S < Smax, die, vereinfachend gesehen, durch einen Luftporenanteil
reduziert ist. Das Verhältnis von ungesättigter zu gesättigter Durchlässigkeit wird
als relative Durchlässigkeit KR [-] (Glg. 2-29) bezeichnet. Bei geringer Abnahme
der Sättigung wird die Durchlässigkeit überproportional abgemindert, und es stellen
sich die in Abb. 2-7 typischen Beziehungen zwischen der relativen Durchlässigkeit
KR und der Matrixspannung ψ bzw. der Sättigung S oder dem Wassergehalt θ ein
(vgl. Abb. 2-11, Busch et al. 1993).
Für teilgesättigte Böden gilt immer ku< kS. Mit abnehmender Sättigung nimmt auch
die Durchlässigkeit ab, theoretisch bei S = 0 bis zu ku = 0 m/s. Aufgrund eingeschlossener Luftporen im Boden und einer sich praktisch einstellenden Bodenrestfeuchte bewegen sich die Durchlässigkeiten zwischen ku(SR) und ku(1-SL).
rel. Durchlässigkeit KR [-]
1)
1)
2)
2)
Leong u. Rahardjo (1997)
Concalves et al. (1997)
3)
Mualem (1976) (theor.)
1.0
Ayra at al. (1999)
Mualem (1976) (theor.)
Lehm
1)
0.8
Sand
0.6
Lehm
2)
Sand
2)
(n=0.25)
Schluff
0.4
2)
3)
Ton
Sand
1)
1)
Schluff
Ton
0.2
Ton3)
Sand
0.0
0.1
1
2)
(n=0.45)
1)
Ton
3)
2)
(n=0.55)
10
100
1000
10000 100000
Matrixpotential ψm [hPa]
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
Wassergehalt θ [-]
Abb. 2-11: Beispiele der Beziehung zwischen relativer Durchlässigkeit KR und dem
Wassergehalt und dem Matrixpotential für unterschiedliche Böden
Die ungesättigte Durchlässigkeit ku kann in Abhängigkeit der Matrixspannung ψ
oder der Sättigung S dargestellt werden und wird i. Allg. folgendermaßen berechnet:
k u = K R (ψ; S) ⋅ k s
Glg. 2-29
Für die Funktion KR (ψ oder S) existieren zahlreiche Ansätze (vgl. z. B. Bear 1979,
Hillel 1980, Busch et al. 1993). Weite Verbreitung hat der Ansatz von Mualem
(1976) in Verbindung mit der Saugspannungsbeziehung nach van Genuchten (1980)
52
(siehe Glg. 2-11) gefunden. Zum Vergleich wird hier zusätzlich der geschlossene
Ansatz von HAVERKAMP betrachtet (siehe Glg. 2-32). Der Zusammenhang zwischen Sättigung S, Matrixspannung ψ und relativer Durchlässigkeit KR wurde bereits in Abb. 2-7 dargestellt (Abschnitt 2.3.3).
Nach Mualem (1976) gilt folgender Ansatz:
1 m
 

L
m
K R = S ⋅ 1 − 1 − S  
 
 

Glg. 2-30
2
KR
relative Durchlässigkeit [-]
L
Mualem-Parameter [-] (vereinfachend: L = 0,50)
m
van-Genuchten-Parameter [-]
Der von Mualem (1976) entwickelte Ansatz wird häufig mit van Genuchten (1980)
kombiniert, wobei die vereinfachte Beziehung in Glg. 2-12 verwendet wird. Dadurch ist eine geschlossene Schreibweise für die relative Durchlässigkeit möglich:
1− 1 
 
n
n


K R = S L ⋅ 1 − 1 − S n −1 
 




2
Glg. 2-31
Haverkamp u. Parlange (1986) entwickelten folgenden Ansatz:
KR =
A, B
A
A + ψm
B
Glg. 2-32
Haverkamp-Parameter [-]
Die Eingangsparameter L und n für Glg. 2-31 streuen in den einzelnen Untersuchungen erheblich. Mualem (1976) hat anhand von 45 Bodenproben ermittelt, dass
L = 0,50 angenommen werden kann. Andere Untersuchungen zeigten, dass L zwischen -8.73 und 100 streuen kann (, Yates et al. 1992, Schuh u. Cline 1990). Schaap
u. Leij (2000) nehmen u. a. diese Streuung zum Anlass, um anhand der Daten von
235 Bodenproben, die Stellgrößen des van-Genuchten-Mualem-Modells α, L und n
für unterschiedliche Bodenarten zu untersuchen. Eine theoretische Anwendung der
53
Durchlässigkeits-Sättigungs-Beziehung ist in Abb. 2-7 gegeben.
Die ungesättigte Durchlässigkeit eines Sandes mit unterschiedlichen Ton-SchluffAnteilen wird z. B. in Chiu u. Shackelford (1998) untersucht. Sie widmen sich neben der Bestimmung der ungesättigten Wasserleitfähigkeit auch ausführlich der Kalibrierung der Saugspannungsfunktion nach van Genuchten (1980) anhand gemessener Werte.
Leong u. Rahardjo (1997) geben eine Übersicht über existierende Ansätze zur Beschreibung der Sättigungsdurchlässigkeitsbeziehung und entwickeln eine auf der
Gleichung nach Fredlund u. Xing (1994) für Saugspannungskurven basierende Pedotransferfunktion (PTF). Gleichzeitig zeigen sie, dass ihr Ansatz für die untersuchten, von Sand bis Ton reichenden Böden im Vergleich zu den Messdaten gute Werte erzeugt.
Für weitere Betrachtungen und nicht zuletzt der Notwendigkeit einer Zuordnung
von festen Parametern für die Berechnungen mittels eines mathematischnumerischen Modells wird aus bereits genannten Gründen (vgl. Abschnitt 2.3.3) das
weit verbreitete und im verwendeten numerischen Strömungsmodell implementierte
van-Genuchten-Mualem-Modell verwendet und den Anforderungen entsprechend
folgendermaßen vereinfacht und modifiziert:
-
-
L = 0,50: Vereinfachend wird angenommen, zumal die Stellparameter der
van-Genuchten-Gleichung anhand mehrerer für die betrachteten Böden charakteristischer Werte für den Wassergehalt und die damit verbundene Saugspannung (θR, θS, θFK) kalibriert wurden (vgl. 4.5), dass die Streuung für L
wesentlich geringer ausfällt, als teilweise in der Literatur belegt ist.
Bezugswert für die relative Durchlässigkeit stellt die gesättigte Durchlässigkeit dar. Etwaige Lufteinschlüsse werden berücksichtigt, so dass stets S < 1,0
gilt, außer es handelt sich um körnige, eng gestufte, sehr durchlässige Böden,
die z. B. als Dränelemente Verwendung finden, wo bei langsamer Beaufschlagung derartige Lufteinschlüsse nicht zu erwarten sind, jedoch zum Teil
Turbulenzen, wenn der Drän relativ viel Sickerwasser abführen muss.
Scheuermann u. Bieberstein (2006) beobachteten unterhalb der Sickerlinie
einen nicht mit Wasser gefüllten Porenraum von bis zu 15%. Wie bereits in
Abschnitt 2.3.2 erwähnt, kann für die Größe eines möglichen Lufteinschlusses angenommen werden, dass sie in etwa die Hälfte der Restfeuchte ent-
54
spricht.
-
Ausgehend von Matrixspannung bzw. Bodensättigung werden die Durchlässigkeiten abgeschätzt. Die Hysterese wird im Folgenden sowohl bei den
Saugspannungskurven und als auch bei den ungesättigten Durchlässigkeitsbeziehungen berücksichtigt.
Praktisch anwendbare Saugspannungskurven sowie die weiteren geohydraulischen
Parameter mehrerer charakteristischer Bodenarten sind in Abschnitt 4.5 enthalten.
2.4.5
Anisotropie
Natürlich entstandene Böden und künstlich hergestellte Erdbauwerke weisen i. d. R.
eine höhere horizontale als vertikale Durchlässigkeit auf (Werner u. Striegler 1973,
Terzaghi 1925). Ausgedrückt wird die Anisotropie16 der Durchlässigkeit durch den
Anisotropiefaktor A [-], der durch das Verhältnis von horizontaler zu vertikaler
Durchlässigkeit gebildet wird:
A=
kh
kv
Glg. 2-33
Eine anisotrope Bodenschichtung entsteht dadurch, dass bei natürlicher Ablagerung
von Schichten schon eine gering mächtige, relativ undurchlässige Schicht großen
Einfluss auf die vertikale Durchlässigkeit hat. Horizontal bestimmen dagegen die
durchlässigeren Schichten das Wassertransportvermögen. Bei der Verdichtung von
Böden werden durch Entmischung oder ungleichmäßiger Verdichtung horizontal
verlaufende Schichten gebildet.
Der Anisotropiefaktor kann nach Busch et al. (1993) Werte zwischen 2 und 10 annehmen (vgl. Kutzner 1996). Prinz (1997) gibt eine Spanne zwischen 2 und 30 an,
Richwien (2001) bis zu 100. Besonders ausgeprägt ist das anisotrope Verhalten bei
feinschichtigen Sedimenten und beim Vorhandensein von tonigen Zwischenschichten, die sich in einem natürlichen Ablagerungsprozess bilden können.
Der Anisotropiefaktor A (Glg. 2-33) kann mittels der Gleichungen für die vertikale
_________________________
16
Als Anisotropie wird i. Allg. die Richtungsabhängigkeit einer Eigenschaft bezeichnet. Innerhalb dieser Arbeit wird mit
Anisotropie durchwegs die Richtungsabhängigkeit der Durchlässigkeit bezeichnet (vgl. Prinz 1997).
55
und horizontale Durchlässigkeit (Glg. 2-15, Glg. 2-16) abgeschätzt werden. Beispielhaft ist dies in Abb. 2-12 für einen zweischichtigen Boden gezeigt. Hohe Anisotropiewerte sind für dieses Beispiel nur bei großen Durchlässigkeitsunterschieden
der Schichten erreichbar (vgl. Abschnitt 4.5.2).
30
d1/d2
1,00
25
Anisotropiefaktor A [-]
Skizze:
0,25
k1
d1
k2
d2
20
0,10
15
0,05
A = 10
10
obere Grenze nach
Busch et al. (1993)
5
A=1
0
1
10
100
1000
Verhältnis k1/k2 [-]
Abb. 2-12: Abschätzung des Anisotropiefaktors A eines zweischichtigen Bodens für
unterschiedliche Quotienten der Durchlässigkeiten und Schichtdicken
Anzumerken verbleibt, dass bei hohen Anisotropiefaktoren A > 100 nicht mehr von
einem anisotropen Boden ausgegangen werden kann, sondern von einem geschichteten Boden. Die Abschätzung der Durchsickerung erfolgt dann nicht mehr über den
Anisotropiefaktor A, sondern über die separate Berücksichtigung und ggf. Modellierung der jeweiligen Schichten.
2.5
Wasserbewegung im Boden
2.5.1
Allgemeines
Wasserbewegung im Boden wird durch das Potentialgefälle ψH bzw. den hydraulischen Gradienten i verursacht. Verändern sich der Wassergehalt w, die Druckhöhe
H oder die Sättigung S im betrachteten Bereich nicht, spricht man von stationären
Verhältnissen, sonst von instationären Verhältnissen. Stationäre Verhältnisse und
auch Verhältnisse, die in etwa stationären Verhältnissen entsprechen – im Folgen-
56
den als quasi-stationär bezeichnet – sind in der Deichbaupraxis selten anzutreffen.
Ausnahmen sind große, ständig eingestaute Dammbauwerke, bei denen sich ändernde Randbedingungen, wie z. B. Regen, keinen Einfluss auf die Durchsickerungsverhältnisse ausüben. Auch Grundwasserbewegungen über lange Beobachtungszeiten können stationär sein (Scheffer et al. 1984). Spricht man bei Deichen
von stationären Verhältnissen sind i. d. R. quasi-stationäre Verhältnisse gemeint.
Für Vergleichszwecke ist es zur Festlegung von quasi-stationären Zuständen notwendig, ein Grenzkriterium in Form einer maximalen Veränderung in einem bestimmten Zeitintervall einzuführen.
So betrachtet, weisen temporär beanspruchte Hochwasserschutzdeiche stets instationäre Verhältnisse auf, da Evaporation, Wasseraufnahme durch Pflanzenwurzeln,
Niederschlag, Versickerung und kapillaren Aufstieg die Wassergehalts- und Durchsickerungsverhältnisse im Deich ständig beeinflussen und verändern.
2.5.2
Gesetz von Darcy
Das Gesetz von DARCY sagt aus, dass in einem isotropen, porösen Medium die
Filtergeschwindigkeit17 vF proportional zum negativen Gradienten der Piezometerhöhe ist (Glg. 2-34, vgl. z. B. DIN 18130-1, Kinzelbach u. Rausch 1995):
kF =
vF
oder v F = k F ⋅ i
i
vF
Filtergeschwindigkeit [m/s]
i
hydraulischer Gradient [-]
Glg. 2-34
In vektorieller Schreibweise stellt sich das Gesetz von DARCY folgendermaßen
dar:
v = − k ⋅ grad ( h ) = − k ⋅ grad (ψ )
Glg. 2-35
Den Durchfluss Q [m³/s] durch ein Kontrollvolumen erhält man aus Glg. 2-34 durch
_________________________
17
Die Filtergeschwindigkeit stellt eine mittlere Fließgeschwindigkeit dar. Davon zu unterscheiden ist die Porenge-
schwindigkeit als Abstandsgeschwindigkeit, welche die tatsächlich in den Poren auftretende Fließgeschwindigkeit darstellt (siehe Glg. 2-41).
57
die Multiplikation der durchströmten Fläche A [m²]:
Q = v⋅ A = k ⋅i ⋅ A
Glg. 2-36
Die Proportionalitätskonstante wird als Durchlässigkeitsbeiwert (kF-Wert bzw. kSWert) bezeichnet. Das Gesetz nach DARCY, sprich die lineare Abhängigkeit von
Gefälle und Geschwindigkeit, unterliegt festen Gültigkeitsbedingungen (vgl. Busch
et al. 1993, David 1998). Neben den Strömungsbedingungen hat auch die Viskosität
des Wassers, also auch die Temperatur, Einfluss auf den k-Wert (David 1998).
Das Darcy-Gesetz gilt streng genommen nur in einem linearen Bereich, in dem der
hydraulische Gradient und der Durchfluss voneinander linear abhängig sind und die
Durchlässigkeit kF konstant ist. Sobald Trägheits- und turbulente Reibungskräfte
überhand nehmen, ist der postlineare Bereich erreicht. Das prälineare Stadium vor
dem proportionalen Bereich ist gekennzeichnet durch die Dominanz von Haftkräften. Dadurch verliert Wasser seine Newton’schen Eigenschaften und es bedarf eines
Anfangspotentialunterschieds ∆ψ > 0, um Wasser zu bewegen (Abb. 2-13) (vgl.
Bear 1979, Hillel 1980, Busch et al. 1993). Bear (1979) gibt als Gültigkeitsintervall
des Darcy’schen Gesetzes eine Spanne der Reynoldszahl von Re = 1 ÷ 10 an.
USBR (1986) ordnet Re < 1 dem laminaren und Re > 12 dem turbulenten Strömungsbereich zu. Dazwischen liegt der Übergangsbereich. Nagy u. Karadi (1961)
fanden in ihren Untersuchungen einen anderen Zusammenhang. Danach tritt der
laminare Strömungsbereich bei Re < 5, der Übergangsbereich in der Spanne 5 < Re
< 200 und der Turbulenzbereich bei Re > 200 auf (Müller 2006).
Fand et al. (1987) untersuchte Gültigkeitsgrenzen für unterschiedliche Strömungsbereiche ebenfalls anhand der Reynoldszahl Re. Für den oberen Bereich, d. h. für
durchlässigere Böden mit teil- oder vollturbulenter Strömung gibt er eine Grenze
von Re = 2,3 ÷ 5, David (1998) wiederum (vgl. Bear 1979) die Spanne von Re = 1
÷ 10. Die einzelnen Strömungsbereiche sind verbunden durch kontinuierliche Übergangsbereiche, was dadurch unterstrichen wird, dass Fand et al. (1987) im Gegensatz zu den üblichen Unterscheidungen der Strömungsbereiche zusätzlich den Übergang zwischen linear und postlinear bzw. postlinear und (voll)turbulent eigens
als Übergangsbereiche bezeichnet.
Der postlineare Bereich kann z. B. durch das Widerstandsverhalten nach Forchheimer (1901) beschrieben werden. Dabei wird in Abhängigkeit der Filtergeschwindigkeit vF der hydraulische Gradient i verkleinert:
58
i = a ⋅ vF + b ⋅ vF
a, b
Glg. 2-37
2
Anpassungsparameter [-]
Die weitere Bestimmung der Faktoren a und b nach Forchheimer (1901) ist z. B. in
Dachler (1936) und Wang (2001) beschrieben.
prälinear
Ton/Schluff
< 0,06 mm
Bodenart5)
d [mm]
grober Kies/Steine
> 2,0 mm
Darcy-Gesetz
Forchheimer3)
k*4)
vGrenz
i-k-Beziehung
(nach Busch et al. 1993)
kmax
kGrenz
Re-v-Beziehung
(nach David 1999)
ea
Lin
r
10-5
80 – 1201)
2,3 - 5
1 – 102)
Gültigkeitsbereiche (Fand et al. 1987)
Obere Grenze (z. B. David 1998)
Reynoldszahl
3) Inklusive Übergangsbereich
4) Abminderung der Durchlässigkeit nach Häfner et al. (1985)
5)
nach Matthess (1983)
2)
turbulent
Hydraulischer Gradient i [-]
k*4)
1)
postlinear
Schluff/Sand/Kies
0,02 - 2,0 mm
ia
Durchlässigkeit k [m/s]
linear
Geschwindigkeit v [m/s]
strömungslos
Re [-]
ia: Anfangsgradient [-]
Abb. 2-13: Strömungsbereiche und Gültigkeit des Darcy-Gesetzes
Eine andere Darstellung des Gültigkeitsbereiches des Gesetzes von DARCY ist
z. B. in Simmer (1994) (vgl. Mangels 2000) enthalten. Sie sagt aus, dass sich in
Abhängigkeit der mittleren Korngröße und des hydraulischen Gradienten Ton im
prälaminaren und Kies im postlinearen Bereich befinden, während Schluffe und
Sande weitgehend einen linearen Zusammenhang aufweisen.
Eine indirekte Art, die Abnahme der Filtergeschwindigkeit im prälinearen und postlinearen sowie turbulenten Bereich zu berücksichtigen, ist, eine abgeminderte
59
Durchlässigkeit k* anzusetzen. Dies entspricht einer Verminderung der Filtergeschwindigkeit vF und ist in einigen praktischen Anwendungen, wenn die tatsächlichen Kräfte und Fließgeschwindigkeiten in den Poren keine Rolle spielen, anwendbar.
Luckner u. Schestakow (1976) schlagen folgenden Ansatz für den prälinearen Bereich vor:
k* =
Glg. 2-38
1
⋅k
1+ α ⋅ vF
Der Faktor α errechnet sich zu:
α=
Glg. 2-39
0,3
k
⋅
2
ν⋅g
n
Für den prälaminaren Bereich kann auf Vorschlag von Busch et al. (1993) folgender
Ansatz nach Häfner et al. (1985) verwendet werden, der durch Anpassung der αWerte auch alle anderen Strömungsbereiche abdeckt:
k * = k ⋅ grad( h )
α
α −1
Glg. 2-40
Strömungsfaktor: α < 1 (prälinear); α = 1 (linear); 0,5 < α < 1,0
(postlinearer); α = 0,5 (turbulent)
Ein einfacher Richtwert zur Beurteilung, ob Darcy an der oberen Grenze noch gültig ist, gibt z. B. Rössert (1999) durch Angabe einer Grenzfiltergeschwindigkeit von
vF, grenz < 3,0·10-3 m/s. Weitere Ansätze zur Berücksichtigung der Turbulenz und der
daraus notwendigen Abminderung des Durchlässigkeitsbeiwertes sind z. B. in Bear
(1979) oder USBR (1987) enthalten.
Als Abstandsgeschwindigkeit va [m/s] oder Porengeschwindigkeit wird die tatsächliche Geschwindigkeit des Wassers in den Poren bezeichnet. Der Zusammenhang
zwischen Filtergeschwindigkeit und Abstandsgeschwindigkeit wird über die effektive Porosität ne [-] erhalten:
va =
vF
ne
Glg. 2-41
60
Sie kann u. U. wichtig sein, um die tatsächlichen Strömungskräfte auf die Bodenmatrix zu ermitteln, um daraus Aussagen über mögliche hydrodynamische Bodendeformationsvorgänge treffen zu können. Vernachlässigt wird in dieser Arbeit die
Gewundenheit der Poren- bzw. Fließkanäle, die sog. Tortuosität T* [-]:
L 
T* =  P 
 x 
2
LP
Länge des Porenkanals [m]
x
Abstand bzw. horizontale Fließlänge [m]
Glg. 2-42
Über die Tortuosität kann die in den Porenkanälen tatsächlich auftretende Fließgeschwindigkeit abgeschätzt werden. Busch et al. (1993) verweisen auf einen von
CARMAN angegebenen Wert von T* = 2. Bei Erosionsvorgängen spielt die tatsächliche Geschwindigkeit und die dadurch hervorgerufene Schubspannung eine
Rolle. Im Gegensatz dazu ist bei der Betrachtung von Durchsickerungsvorgängen i.
Allg. lediglich die Abstandsgeschwindigkeit va [m/s] (Glg. 2-41) von Interesse.
2.5.3
Eindimensionale, horizontale Strömungsausbreitung
Besitzt das Darcy-Gesetz Gültigkeit, kann unter Annahme von DUPUIT, dass das
hydraulische Gefälle i in einem horizontal durchsickerten Erdkörper dem Quotienten dh/dx entspricht, folgende Gleichung für die Strömungsgeschwindigkeit des
Wassers angegeben werden:
va =
kS ⋅ i
ne
Glg. 2-43
Die Ableitung des Weges nach der Zeit ist bekanntlich die Geschwindigkeit, woraus
mit dem hydraulischen Gradienten
i=
h
x
durch Integration über Weg und Zeit
Glg. 2-44
61
xdx k S
1⋅ x 2 k S
∫ ∫ dt = n e ⋅ h → 2 ⋅ t = n e ⋅ h
dx dt
Glg. 2-45
schließlich eine implizite Formel für die eindimensionale Ausbreitung der Durchsickerungsfront angeben werden kann:
x (t) = 2 ⋅
kS
⋅h⋅t
ne
x
horizontale Sickerwegstrecke [m]
kS
gesättigte Durchlässigkeit [m/s]
ne
effektive Porosität [-]
h
Druckhöhe [mWS]
t
Zeit [s]
Glg. 2-46
Die Dauer t, in der die Durchsickerungsstrecke x zurückgelegt wird, lässt sich durch
einfache Umformung der Glg. 2-46 angeben:
ne ⋅ x2
t(x) =
2⋅k ⋅h
2.5.4
Glg. 2-47
Rohrströmung / Gesetz von HAGEN-POISEUILLE
Eine Besonderheit bei der Durchsickerung von Deichen stellen röhrenförmige Fehlstellen in Dichtungen oder generell in Böden dar. Wie in Abschnitt 2.4 erwähnt
wurde, basiert ein Teil der theoretischen Ansätze zur mathematischen Bestimmung
der Durchlässigkeit von Böden auf dem Gesetz von HAGEN-POISEUILLE, welches in folgender Gleichung angegeben ist und den Durchfluss durch eine zylinderförmige Säule beschreibt:
Q=
Q
π ⋅g ⋅ d4 ⋅ I
128 ⋅ ν
Durchfluss [m³/s]
Glg. 2-48
62
d
Durchmesser des Zylinders [m]
I
Gefälle des Gesamtpotenzials [-]
ν
kinematische Zähigkeit [m²/s] (ν = 1,3·10-6 m²/s für T = 10°C)
Das Gesetz von HAGEN-POISEUILLE kann somit auch zur Simulation der erhöhten Durchsickerung von röhrenförmigen Hohlräumen, wie z. B. Fehlstellen durch
Wurzeln oder Wühltiere, im Deich Verwendung finden (vgl. Abschnitt 3.5 und 3.6).
2.5.5
Mathematische Beschreibung der Strömung im Boden
Die Kontinuitätsgleichung für instationäre Strömungen sagt aus, dass in einem definierten Kontrollvolumen bei inkompressiblen Flüssigkeiten die Summe aller Geschwindigkeitsveränderungen gleich der Änderung des Wassergehaltes in der Zeiteinheit t ist (vgl. Scheffer et al. 1984):
∂v x ∂v y ∂v z ∂θ
+
+
=
∂x
∂y
∂z
∂t
Glg. 2-49
Aus der Kontinuitätsbedingung und dem Darcy-Gesetz wurde von Richards (1931)
folgende Differentialgleichung für instationäre Strömungsvorgänge formuliert, die
isotrope homogene Verhältnisse betrachtet (kxx = kyy = kzz; kh = kv):
∂  ∂h  ∂  ∂h  ∂  ∂h  ∂θ
k ⋅  + k ⋅  + k ⋅  =
∂x  ∂x  ∂y  ∂y  ∂z  ∂z  ∂t
Glg. 2-50
Für die gesättigte Zone (Sättigung S ≈ 1) und eine richtungsunabhängige, einheitliche Durchlässigkeit k sowie stationäre Verhältnisse wird Glg. 2-50 zu der Differentialgleichung nach LAPLACE (vgl. z. B. Dachler 1936):
∂ 2h ∂ 2h ∂ 2h
+
+
= ∇∇h = 0
∂x 2 ∂y 2 ∂z 2
Glg. 2-51
Diese Differentialgleichung kann unter Vernachlässigung der ungesättigten Zone
zur Abschätzung der Durchsickerungsverhältnisse in Deichen bei stationären Verhältnissen herangezogen werden.
Laut Bear (1979) kann bei der Behandlung von durchströmten Erdbauwerken die
63
Kompressibilität des Wassers κW [kN/m² bzw. Pa] vernachlässigt werden, so dass
im Folgenden Wasser als ein inkompressibles Medium betrachtet wird.
2.6
Infiltration von Regen- und Oberflächenwasser (Bodenwasserhaushalt)
2.6.1
Allgemeines
Der Wasserhaushalt von Deichen hängt von vielen Parametern ab. In dieser Arbeit
werden in erster Linie die Niederschläge und der Einstau betrachtet. Der zeitliche
Fokus ist hierbei auf das Hochwasser selbst und die Wochen davor gerichtet. Da
auch Niederschläge und die damit verbundenen Hochwasser und deren Abfolge
zeitlich nicht exakt festgelegt werden können, handelt es ich im Rahmen dieser Arbeit um eine grobe Abschätzung (vgl. Abschnitt 4.2).
Die Sättigung des Deichkörpers wie auch das Infiltrationsverhalten ist im Winter
und Sommer bzw. Frühjahr unterschiedlich. Bei einer ausreichend mächtigen
Schneedecke im Winter werden Vorregenereignisse oberflächig in die Vorfluter
geleitet, während im Sommer die Niederschläge infiltrieren oder teilweise nach
Schmierschichtbildung an der Oberfläche abfließen. Bei geneigten Flächen tritt zu
den üblichen Komponenten der Wasserbilanz noch der Oberflächenabfluss auf
(Frinken 2003).
Die Oberflächen von Deichböschungen bestehen i. d. R. aus Vegetationsdecken, die
eine mit dem entsprechenden Bewuchs durchwurzelte Oberbodenschicht darstellt.
Außer bei Magerrasenflächen, die eher auf der Landseite zum Einsatz kommen,
unterscheidet sich das Bodenmaterial der Vegetationsdecke von dem des Deichkörpers (siehe Abschnitt 3.5.5). Die Krone und der dort befindliche Wegaufbau können
unterschiedlich ausgebildet sein. Je nach Nutzung des Kronenwegs können gebundene Asphaltdecken für Straßen des öffentlichen Verkehrs ebenso zum Einsatz
kommen wie z. B. hydraulische gebundene Tragschichten aus Kies für Deichwege
mit geringen Nutzungsansprüchen (vgl. Abschnitt 3.3.2.1 und 3.3.2.3). Dementsprechend müssten bei der Betrachtung der Infiltration von Regenwasser in den
Deich Böschungen mit großen Neigungen und flache Bereiche wie Kronen- oder
Bermenwege unterschieden werden.
Durch Infiltration von Regenwasser verändern sich die Sättigungsverhältnisse im
Deich. Wird das Regenereignis durch ein Hochwasserereignis mit Einstau des Deiches überlagert, wird die Durchsickerung des Deiches i. Allg. verstärkt. Eine quantitative Aussage, inwiefern Regenereignisse vor dem Hochwasser oder während des
64
Hochwassers den Durchsickerungsverlauf beeinflussen, hängt von vielerlei Faktoren ab. Wesentlichen Einfluss haben dabei die Intensität des Regenereignisses, die
Durchlässigkeit und Ausgangssättigung des Deiches, der Deichaufbau und die Beschaffenheit der Deichoberfläche. Bewuchs kann die Infiltration verstärken, während unbewachsene, brach liegende Deichböschungen verschlämmen können, was
die Infiltration entscheidend behindern kann. Eine gleichmäßige Infiltration ist nach
Kuntze et al. (1994) nur auf bewachsenen Böden möglich.
2.6.2
Komponenten des Wasserhaushalts
Für ebene Flächen gilt folgende Wasserhaushaltsgleichung (vgl. DVWK 238/1996,
DGGT GDA E 2-30/2003):
N = V + A = ETa + A
N
Niederschlag [mm]
V
Verdunstung [mm]
A
Abfluss [mm]
ETa
tatsächliche Evapotranspiration18 [mm]
Glg. 2-52
Der Abfluss bei geneigten Flächen kann unterteilt werden in den unterirdischen Abfluss Au [mm] und oberflächigen Abfluss Ao [mm], was die Wasserhaushaltsgleichung aus Glg. 2-52 in folgender Weise verändert:
N = ETa + A o + A u
Glg. 2-53
Falls kein Bewuchs vorhanden ist, wie an Deichwegen, tritt anstelle der realen bzw.
tatsächlichen Evapotranspiration die reale Evaporation Ea [mm]:
N = Ea + Ao + Au
Glg. 2-54
Vereinfachend werden im Folgenden nur noch Glg. 2-53 bzw. Glg. 2-54 näher betrachtet.
_________________________
18
Summe von Evaporation und Transpiration, d. h. von Bodenverdunstung, Interzeptionsverdunstung und Transpiration
65
2.6.3
Niederschlag
Dominierende Eingangsgröße für Wasserhaushaltsmodelle ist der Niederschlag. Die
Größe und Dauer der für die weiteren Berechnungen verwendeten Niederschläge
sind in Abschnitt 4.2 erläutert.
2.6.4
Tatsächliche Evapotranspiration
Die Evapotranspiration ist die Summe unterschiedlicher Verdunstungsprozesse und
kann durch folgende Gleichung beschrieben werden (DVWK 238/1996):
ETa = E a + E i + Ta
ETa
tatsächliche Evapotranspiration [mm]
Ea
Evaporation19 [mm]
Ei
Interzeptionsverdunstung20 [mm]
Ta
Transpiration21 [mm]
Glg. 2-55
In DIN 19685/1997 sind das PENMAN-MONTEITH-Verfahren sowie das Verfahren nach HAUDE zur Berechnung der realen Evapotranspiration beschrieben (vgl.
DVWK 238/1996). Die potentielle Evapotranspiration ETp oder Referenzverdunstung ETr nach PENMAN-MONTEITH muss aufgrund der standortspezifischen Bodenfeuchte und Verdunstungswiderstände in die reale, tatsächliche Evapotranspiration ETa [mm] umgerechnet werden (vgl. DIN 19685/1997). Die Gleichungen zur
Ermittlung von ETa können den jeweiligen Literaturstellen entnommen werden. Auf
eine ausführliche Beschreibung wird in dieser Arbeit verzichtet.
Wendet man beide eben erwähnten Verfahren von PENMAN-MONETEITH und
_________________________
19
Mit Evaporation werden die Verdunstung auf der unbewachsenen Erdoberfläche (Bodenverdunstung, Schneeverduns-
tung, Eisverdunstung) und der auf den Pflanzenoberflächen zurückgehaltene Niederschlag bezeichnet (DVWK
238/1996).
20
Als Interzeptionsverdunstung wird der Teil der Verdunstung bezeichnet, der auf Pflanzen zurückgehalten wird und auf
diesen wieder verdunstet (DVWK 238/1996)
21
Mit Transpiration wird die Verdunstung von Pflanzenoberflächen aufgrund biotischer Prozesse bezeichnet (s. o.).
66
HAUDE auf bayerische Verhältnisse an, so ergeben sich für die Hochwasser gefährdeten Monate die in Abb. 2-14 dargestellten realen Evapotranspirationsraten
ETa [mm/d]. Die Werte für die tägliche, reale Evapotranspiration ETa bewegen sich
zwischen 2,7 mm/d im August und 1,0 mm/d im Januar und Dezember. Vergleichende Betrachtungen von Beispielen aus DVWK 238/1996 zeigen eine zufrieden
stellende Genauigkeit der berechneten Werte, so dass auf die Anwendung aufwendigerer Verfahren verzichtet werden kann.
4.0
HAUDE (U=45%)
PENMAN & MONETEITH
HAUDE (U=45%,1:1)
PENMAN & MONETEITH (1:1)
HAUDE (U=45%,1:2)
PENMAN & MONETEITH (1:2)
HAUDE (U=45%,1:3)
PENMAN & MONETEITH (1:3)
3.5
ETa [mm/d]
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
Jan/Dez
Apr/Mai
August
Abb. 2-14: Evapotranspirationsrate ETa [mm/d] von mit Gras bewachsenen Flächen für bayerische Verhältnisse für unterschiedliche Neigungen und
Jahreszeiten
Für geneigte Flächen erhöht sich ETa aufgrund der geometrischen Verhältnisse folgendermaßen:
ETa ,Hang = ETp ⋅
1
cos(α )
Glg. 2-56
Auch für den annähernd horizontalen, unbewachsenen Kronenweg wird vereinfachend eine mittlere Evapotranspiration von ETa = 2,5 mm/d angesetzt, da bei den
betrachteten, teilweise starken Niederschlägen ETa > 100 mm/d einen sehr geringen
Anteil < 5 % der Niederschlagshöhe einnimmt und deshalb die Auswirkungen auf
den Wasserhaushalt im Deich gering sein werden.
Vereinfachend wurden für bayerische Verhältnisse die in folgender Tab. 2-4 zusammengefassten Klimadaten zur Berechnung von ETa verwendet:
67
Tab. 2-4: Verwendete Klimadaten für bayerische Verhältnisse
Relative Luftfeuchte U [%]
Mittlere Temperatur Tm [°C]
Sonnenstunden S [h/d]
2.6.5
Dez/Jan
85
0
2
Apr/Mai
75
10
6
Aug
70
20
8
Oberflächiger Abfluss
Die ermittelten Niederschlagsintensitäten (siehe Abschnitt 2.6.6) sind i. Allg. viel
geringer als die Durchlässigkeit einer Grasnarbe (siehe Abschnitt 3.5). Die in der
Literatur oftmals erwähnte Verschlämmung (vgl. Scheuermann 2005) trägt beispielsweise dadurch zum Oberflächenabfluss bei, dass die aggregierend wirkenden
Wassermenisken an der Oberfläche bei Sättigung verschwinden und sich ein Boden-Wasser-Film an der Oberfläche einstellt (Scheffer et al. 1984). Bei bewachsenen Flächen ist dieser Effekt durch die Wirkungsweise der vorherrschenden BodenWurzelmatrix nicht so stark ausgeprägt, als dies bei brach liegenden Bodenflächen
der Fall ist. Weingart (2006) schlägt vor, bei begrünten Flächen einen Abflusskoeffizienten von ψ = 0,5 anzunehmen. Für Deichwege mit Oberbau kann mit einer Reduktion des für den Wassertransport verfügbaren Porenraumes aufgrund von Lufteinschlüssen von 50% gerechnet werden.
Reddi (2003) gibt für große Gefälle und für mit Gras bewachsene Flächen einen
Abflusskoeffizienten von ψ = 0,3 an. Für schwach geneigte Flächen (I < 2%) ohne
nennenswerte Vegetation ist nach Reddi (2003) der Abflusskoeffizient ψ = 0,6.
Brechtel u. Hammes (1985) geben eine Spanne für den Oberflächenabfluss von ca.
5% bis 80% der Beregnungsmenge an. Der oberflächige Abfluss nimmt von mit
Mischwald bewachsenen Böden bis hin zu Anbruchflächen ohne Vegetation zu.
Eine weitere Möglichkeit der Bestimmung des Oberflächenabfluss ist das CurveNumber-Modell, das vom Soil-Conservation-Sevice in den USA entwickelt wurde.
Dieses Verfahren ist als SCS-Verfahren in Deutschland bekannt und in DVWK
113/1984 beschrieben. Eine Abschätzung mit einem CN-Wert = 58 bzw. 71 für
Dauerwiesen auf relativ durchlässigen und undurchlässigen Böden zeigt, dass in
etwa ähnliche Ergebnisse erreicht werden, wie bei konstantem Abflussbeiwert (vgl.
Abb. 2-15).
Vereinfachend wird aufgrund der betrachteten Größen des Oberflächenabfluss angenommen, dass er 50% der Niederschlagsmenge abzüglich der Evapotranspiration
beträgt.
68
2.6.6
Infiltrationsrate und unterirdischer Abfluss
Für den betrachteten Fall der Infiltration von Deichen an Fließgewässern wird nicht
unterschieden in Zwischenabfluss und unterirdischen Abfluss. Die Infiltration wird
mit einer pauschalen Evapotranspirationsrate von ETa = 2,5 mm/d angesetzt. Dabei
wird angenommen, dass 50% des Niederschlags abzüglich der Evapotranspiration
in den Deichkörper infiltriert. 50% des Niederschlags wird an den mit Gras bewachsenen Böschungen (Neigungen von 1:1 bis 1:3) oberflächig abgeleitet. Die aus diesen Betrachtungen resultierende Infiltration kann nachstehender Abb. 2-15 entnommen werden.
1,5E-06
125
1:3
1:2
Böschungsneigungen
100
1:1
1,0E-06
Infiltration I
75
Evapotranspirationsverlust (2,5 mm/d)
50
5,0E-07
Böschungsneigungen
0,0E+00
0
25
50
75
100
1:3
1:2
1:∞ (unbewachsen)
1:1
125
Infiltration [mm/d]
Infiltration [m/s]
150
Oberflächenabfluss + Infiltation
Ao + I
ir = iN
25
0
150
Niederschlag [mm/d]
Abb. 2-15: Infiltration [m/s] und [mm/d] für bewachsene Deichflächen
Anhaltswerte für die Infiltrationskapazität unterschiedlicher Böden sind in Brechtel
u. Hammes (1985) zu finden. Danach erhöht sich die Infiltration von 1 mm/h bei
Tonen bis zu 12 mm/h bei Sanden ohne Berücksichtigung der Vegetation.
Im Zuge der Durchführung eigener Durchsickerungs- und Infiltrationsversuche an
einem Modelldeich, der in Kapitel 5 genauer beschrieben wird, wurde darauf geachtet, dass keine direkte Sonneneinstrahlung auftritt. Deshalb und da die abgeschätzten Evapotranspirationsraten sehr gering sind, wird im Folgenden auf eine Berücksichtigung von ETa verzichtet. Weiter konnte anhand der Ergebnisse der Modellversuche nicht erfasst werden, welcher Anteil oberflächig auf der Deichböschung abfloss und welcher infiltrierte. Es konnte jedoch ermittelt werden, dass beim betrachteten Deichsystem in etwa 20% der Gesamtniederschlagsmenge im Deich verblei-
69
ben und somit zur Erhöhung der Sättigung beitragen (siehe Abschnitt 5.6.3).
Weitere Überlegungen zur Infiltration von Regenwasser in Deichen sind in Abschnitt 4.6 enthalten.
70
3
Hochwasserschutzdeiche an Fließgewässern
3.1
Historische Entwicklung von Hochwasserschutzdeichen
Nachdem sich die ersten Siedlungen auf den Anhöhen in den Flussniederungen nahe zum Gewässer niedergelassen hatten, begannen die Menschen, die nährstoffreichen Talauen als Weide- und Ackerland zu nutzen. Durch die Errichtung von einfachen Erdwällen schützten sie Ernte und Vieh vor Hochwassern. Die Bauwerkssicherheit war aufgrund der mangelnden Bautechnik mit den heutigen Richtlinien
nicht zu vergleichen. Dies und fehlende Werkzeuge zur hydrologischen und hydraulischen Abschätzung von Abflüssen hatten ein häufiges Brechen der Deiche zur
Folge. Als Bemessungshochwasserstand diente häufig das größte bekannte Hochwasser (HHW) oder ein gerade eingetretenes Hochwasser (HW). Deichbruchstellen
wurden nicht selten mittels neuer Deiche geschlossen, die der Einfachheit halber
entlang der entstandenen Kolke geführt wurden, was unregelmäßige Deichlinien zur
Folge hatte.
Hochwasserschutz an Flüssen durch Deichbau lässt sich bis in das frühe Mittelalter
zurückführen. Erste Deichbauten, meist Ringdeiche bzw. Erdverwallung für den
Schutz einzelner Objekte, errichteten holländische Siedler in Deutschland am Niederrhein vereinzelt seit dem 9. Jahrhundert und verstärkt im 12. Jahrhundert an der
Elbe (Schmidt 2000). Größere, zusammenhängende Deichanlagen waren fortan am
Unterlauf des Rheins und der Maas in Holland sowie seit dem 13. Jahrhundert im
Weichseldelta zu finden (Ehlers u. Winkel 1947). An der Oder z. B. in der Nähe
von Frankfurt waren im Jahre 1348 Deiche nachweislich vorhanden. Der älteste
Banndeich (Haupt-/Volldeich) stammt aus dem Jahr 1350 und liegt am Niederrhein
zwischen Kleve und Nijmegen (Schmidt 2000). In den folgenden Jahrhunderten
fanden u. a. an Elbe, Rhein und Oder größere Bauaktivitäten statt. Zugleich bildeten
sich an besagten Gewässern Deichverbände als Selbsthilfegemeinschaften, da die
damalige Obrigkeit dem Hochwasserschutz nicht immer die notwendige Aufmerksamkeit schenkte. Die ersten Deichverbände entstanden in Niedersachsen im 15.
Jahrhundert. Im preußischen Deichamtsgesetz wurden die Deichverbände erstmals
1860 rechtlich verankert. Die Wichtigkeit des Deichbaus für den Hochwasserschutz
wird auch dadurch dokumentiert, dass noch vor der Bildung der Deichverbände erste Deichregelements bzw. Deichordnungen wahrscheinlich bereits im 14. Jahrhundert und nachweislich seit 1436 bestanden haben und bis heute immer wieder erneuert wurden (Schmidt 2000).
71
In diesen Deichordnungen sind Hinweise zur baulichen Gestaltung der Deiche enthalten. So auch in der „Teich- und Uferordnung für die Lebusische Niederung an
der Oder“ von M. F. Creutz aus dem Jahre 1717. In dieser Zeit entstanden ebenfalls
bemerkenswerte Fachbücher zum Wasserbau mit Ausarbeitungen zum Deichbau.
So erschien z. B. im Jahre 1724 ein Buch mit dem Titel „Schau-Platz der WasserBau-Kunst“ von Jacob Leupold, einem Naturwissenschaftler, das den Bau, die Unterhaltung und die Ertüchtigung von Flussdeichen behandelte (Weiß 2003).
Im Kielwasser des Aufschwungs der Naturwissenschaften nach dem Mittelalter und
angetrieben durch das Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert erlebte der Wasserbau und auch der Deichbau eine Blütezeit. Die flussbaulichen Maßnahmen
Deutschlands und auch der Deichbau erreichten ihren historischen Höhepunkt in der
Rheinkorrektur, welche zum Großteil von J. G. Tulla (1770 – 1828) auf den Weg
gebracht wurde. Der Deichbau wurde seitdem zunehmend ausgedehnt. Hauptaugenmerk wurde im 20. Jahrhundert auf den Schutz besiedelter Bereiche gelegt. Die
Schaffung von Nutzflächen trat in den Hintergrund. Bestehende Deichanlagen wurden bis heute durch entsprechende Maßnahmen immer wieder an die aktuellen
technischen Richtlinien bzw. einen höheren Wasserstand angepasst, wie HahnWeißhaupt u. Trömel (2003) an einem Oderdeich feststellen konnten. Nicht zuletzt
aufgrund der Schäden an den Deichen während vergangener Hochwasserereignisse
in Deutschland und der rechtlichen Vorgaben, natürlichen Retentionsraum zu erhalten oder zu schaffen, werden zurzeit weniger Deiche neu gebaut als ertüchtigt.
Die ersten Deichbauten glichen aufgrund ihrer Bauweise, bei der u. a. Flechtzäune
verwendet wurden, und der dadurch möglichen, steilen Böschungen mit Erde gefüllten Mauern. Das Erdmaterial für diese Verwallungen wurde deichnah gefördert.
Dementsprechend konnten Deiche aus dem Frühmittelalter aus verschiedensten Materialien aufgebaut sein. Die Erfahrungen der unzähligen Deichbrüche und der anschließend notwendigen Anpassungsmaßnahmen, die meist aufgrund des Auftretens
eines Hochwassers mit höherem Wasserstand Aufhöhungen darstellten, schlugen
sich in der technischen Gestaltung des Deichquerschnitts der jeweiligen Zeitalter
nieder (Abb. 3-1).
72
bis 1400
Krone1)
(skizziert, nach Schmidt 2000)
: 1 1)
1)
:1
<1
2) oder natürliche Befestigungen
wie z. B. Rauwehr
<1
Deichnahes
Baumaterial
1575
1)
(nach der Deichordnung für den Niederrhein aus dem
Jahre 1575; nach Schmidt 2000)
16 Fuß = 4,65 m
i. Allg. natürlicher Reibungswinkel (hier: Kies mit ϕ = 35°)
einzelne Baumreihen zugelassen.
4) 2 Fuß ≈ 0,60 m
2)
3)
Krone1)
16 Fuß
5)
HW
2
Fuß4)
i. Allg. natürliche Verbauten wie z. B. Rauwehr
≈
Deichnahes
Baumaterial
2)
≈
Bäume2)
1
:
1) Objektabhängige Gestaltung
und Anpassung
Flechtzaun2)
HW
3
1,
1
Bäume2)
:1
,3 2
)
Böschungsbefestigung5)
1717
(konstruiert nach der „Teich- und Uferordnung für die
Lebusische Niederung an der Oder“ von M. F. Creutz aus
dem Jahre 1717; in Hahn-Weißhaupt u. Trömel 2003)
Krone1)
12 Fuß
1)
2)
12 Fuß ≈ 3,76 m
keine Bäume am und auf dem Deich erlaubt.
HW
Sicherheitsabstand
Bäume2)
≈1
12 Fuß
,5
:1
Reine Erde aus dem Vorland
ohne Gehölzreste
1921
Linienführung4)
:1
Sicherheitsabstand
Bäume2)
,5
12 Fuß
Kronenhöhe: Überschüttung aufgrund von Setzungen
Schutzstreifen: nur Wiese oder Weide erlaubt
3) Lehmböden mit 15 ÷ 20% Sandgehalt / bei durchlässigen
Sanden Tonkern oder undurchlässige Außenböschung /
Vermeidung von Gartenerde wegen Mauwurfbefalls
4) parallel zum Stromstrich / ausreichende Vorlandbreite
1)
2)
(nach Engels 1921)
Krone1)
2,5 ÷ 4 m
HHW
0,60 m
Schutzstreifenx)
5 ÷ 10 m
,5 ÷
1:2
1:
Deichmaterial
und Deichaufbau3)
4,0
1947
Krone1)
2÷4m
Rasendecke3)
1:
2
In 20 ÷ 30 cm Lagen
gestampfter oder gewalzter
Deichkörper bevorzugt aus
tonigem Bodenmaterial4)
1,20 m
1:3
1:8
2
1:3
Schutzstreifenx)
4÷6m
2,5 ÷ 4,0 m bei größeren Flüssen
2,0 ÷ 2,5 m bei kleineren Flüssen
2) bei Deichen höher als 4,0 m
3) auf etwa 30 cm mächtigen Mutterbodenschicht
4) empfohlen werden i. d. R. homogene Deiche aus gering
durchlässigem Material oder Deiche mit natürlichen Dichtungen
1)
(nach Ehlers u. Winkel 1947)
HHW
≈1
Kronenbreite:
1:3
1:4
Bankett2)
4÷5m
1:5
Bei durchlässigem Untergrund:
1 ÷ 2 m tief reichender mit tonigem
Boden verfüllter (gestampfter) Graben
1÷2m
1997
1) Weiteres,
(nach DIN 19712/1997)1)
2)
wie z. B. Schutzstreifen, enthält DIN 19712/1997
Kronenbreite > 2 m für Deiche mit einer Höhe kleiner 2 m
Oberbodenschicht: bis zu 25 cm wasserseitig mit Grasnarbe
bis zu 5 cm landseitig mit Magerrasen
4) möglich sind homogene Deiche oder Deiche mit Dichtungen
und/oder Dräns.
Deichverteidigungsweg
≈1:3
>3m
Lagenweise, nach Proctor
1:3
verdichtetes, geeignetes
Drän
Erdmaterial
3)
BHW
Vegetationsdecke3)
min. 0,50 m
1:3
Kronenweg2)
>3m
Dichtung4)
Abb. 3-1: Deichbauten vom Mittelalter bis heute
73
Im Laufe der Entwicklung wurde ein Mindestmaß der Kronenbreite vorgeschrieben.
Die Deichböschungen wurden mit der Zeit flacher angelegt. Gehölzbewuchs wurde
hingegen der Anfänge ab dem 18. Jahrhundert mehr und mehr eingeschränkt. War
anfangs noch die unmittelbare Nähe des Deichmaterials entscheidend, wurde später
erkannt, dass die Wahl und schließlich auch der Einbau mit entsprechender Verdichtungsarbeit für die Deichstandsicherheit wesentlich sind. Deshalb wurden mit
der laufenden Fortentwicklung des Erdbaus und der Verdichtungstechnik auch die
dahingehenden Spezifikationen in den Regelwerken aufgenommen.
Waren bis vor wenigen Jahrzehnten Deiche grundsätzlich aus natürlichen Böden
geschüttete Erdbauwerke, finden heutzutage immer mehr künstliche Baumaterialien
Anwendung. Dichtungen, wie z. B. Spund- oder Erdbetonwände, oder Geokunststoffe, wie z. B. Geogitter oder Vliese, werden immer häufiger zur Erhöhung der
Bauwerkssicherheit eingesetzt.
Der Deichbau in Bayern entwickelte sich anders und später als im Rest Deutschlands, obwohl die Donau zu den von Hochwasser am häufigsten frequentierten
Flüssen Europas zählt und zählte. Berichte von „katastrophalen“ Hochwasserereignissen existieren bereits aus dem Jahr 1012 (LfW BY 1998). Deichbauaktivitäten
fanden vor 1850 praktisch nicht statt (Abb. 3-2). Gemeinschaftliche Zusammenschlüsse zu Deichverbänden gab es ebenfalls nie.
Das hatte, sieht man von den Schäden und zahlreichen Todesopfer infolge Hochwassers seit Anfang der Hochwasserdokumentation ab, auch positive Aspekte für
die bayrischen Deiche. Die nun teilweise schon 100 Jahre alten Deiche wurden nach
relativ modernen Deichbaurichtlinien errichtet. Die Deichhöhe konnte bereits anhand zahlreicher dokumentierter Hochwasserereignisse relativ hoch abgeschätzt
werden. Kritisch unterdimensionierte, mittelalterliche Erdverwallungen sind in
Bayern i. d. R. nicht aufzufinden. Diese „Altdeiche“ erfüllen in Bayern u. U. bei
kleineren Hochwasserereignissen immer noch ihren Zweck, auch wenn sie nach
Norm nicht standsicher sind. Die Anpassung an die allgemein anerkannten Regeln
der Technik (a .a. R. d. T.) ist, wenn auch ein bestimmtes Schadenspotential vorhanden ist, dringend notwendig.
74
Datenquelle:
Deichzustandserhebung.
Gew. 1. u. 2. Ordnung in Bayern.
(siehe Haselsteiner u. Strobl 2005)
20%
Neu gebaute Deiche [%]
Sanierte Deiche [%]
Summe Bau [km]
Summe Sanierung [km]
15%
Deichbau
Sanierung
Mangfall
Iller
Amper ...
1250
Donau
Isar
Iller
Salzach
Zusam ...
Ammer
Bogenbach
Heng. Ohe
Lech
Kößnach ...
Paar
Salzach
Stoegermühlbach Alz
Tiroler Ache ... Kößnach
Laber ...
Laber
Lech
Schmutter ...
Alz
Loisach
Paar ...
Inn
Isen
Rott
Schmutter
Vils ...
1000
750
Ammer
Tiroler Ache ...
Günz
Rodach ...
Salzach
Zusam ...
10%
500
Isar
Donau
5%
T
nd
re
g
un
er
i
n
Sa
250
0%
0
1850- 1861- 1871- 1881- 1891- 1901- 1911- 1921- 1931- 1941- 1951- 1961- 1971- 1981- 1991- 20011860 1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2002
k.A.
Zeitraum
Abb. 3-2: Deichbau- und Deichsanierungstätigkeit in Bayern
Heute bestehende Hochwasserschutzdeiche in Bayern an Gewässern 1. und 2. Ordnung sind
Mitte des 19. Jahrhunderts nachweislich an der Isar im Stadtbereich Münchens und an der Donau in der Nähe von Ingolstadt
und etwas später bei Deggendorf
errichtet worden. Die Baumaßnahmen vor 1850 an der Donau,
vor allem Durchstiche, hatten
vielmehr den Zweck die Donau
als Schifffahrtsstraße auszubauen
(Schmidt 2000). Verstärkt setzte
der Bau von Deichen Anfang des
20. Jahrhunderts im Süden Bayerns ein (Abb. 3-2). Am Main
fanden flussbauliche Maßnahmen
sowie Deichbau nur in geringem
Maße statt (LfW BY 1998). Die
Gesamtdeichstrecke*: 1.191 km (Gew. 1. u. 2. Ordnung)
Mangfall
4%
Iller
5%
Ammer
4%
Vils
3%
Lech
3%
Amper
5%
Loisach
3%
TirolerAche
3%
Zusam
3%
Main
3%
Isar
15%
Schmutter
2%
Salzach
2%
Heng. Ohe
1%
Paar
1%
Donau
22%
Sonstige
20%
Isen
1%
* Stand: Dezember 2002
Abb. 3-3: Prozentuale Verteilung der Deichstrecken auf die größeren bayrischen Gewässer
Gebaute bzw. sanierte Deiche [km]
Prozentualer Anteil an Gesamtstrecke [-]
25%
75
Erweiterung der Deichstrecken wurde kontinuierlich bis heute fortgeführt. Die Verteilung der Deichstrecken auf die größeren Gewässer in Bayern ist in Abb. 3-3 dargestellt. Knapp 50% der 1.191 km Deichstrecken an o. g. Gewässern in Bayern sind
bereits in der Vergangenheit saniert worden. Sanierungsaktivitäten setzten Anfang
des 20. Jahrhundert ein und nehmen bis heute stetig zu, was zum einen am mangelhaften Zustand der Deiche und zum anderen an den fortentwickelten Baurichtlinien
liegt.
Die bayerische Wasserwirtschaftverwaltung startete bereits vor einigen Jahren das
Aktionsprogramm 2020 (StMLU BY 2002), infolge dessen der Großteil bayrischer
sanierungsbedürftiger Deiche den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend ertüchtigt werden sollen. Im Mittelpunkt dieser Aktivitäten werden weiterhin aufgrund der vorhandenen Deichstrecken vor allem Donau und Isar stehen.
Deiche werden aufgrund ihrer oft geringen Ausmaße und großen Längserstreckung
von den vielen Umwelteinflüssen, wie z. B. Sonne, Frost, Regen, Tiere und anthropogener Tätigkeit, in höherem Maße beeinflusst als große Talsperrendämme, die
zudem einer ständigen lückenlosen Überwachung unterliegen und regelmäßig sicherheitstechnisch überprüft werden. Die stetige Alterung der Deiche und begrenzte
Finanzmittel lassen den Schluss zu, dass es sich beim Bau von Deichen und deren
Ertüchtigung sowie Unterhaltung um eine Sisyphosarbeit handelt. Derartige Aufgaben sollte man natürlich positiv gestimmt angehen, so wie auch A. Camus in „Le
Mythe de Sisyphe““ mit einem positiven Resümee schließt: „Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“ (Camus 1942)
3.2
Definition und existierende Regelwerke
Hochwasserschutzdeiche sind „Dämme aus Erd- und Baustoffen an Fließgewässern
zum Schutz des Hinterlandes gegen Hochwasser, die im Gegensatz zu Stauhaltungsdämmen nur bei Hochwasser beansprucht werden.“ (DIN 19712/1997)
DIN 19712/1997 „gilt für Neubau, Sanierung, Unterhaltung, Überwachung und
Verteidigung von Flussdeichen ohne Tideeinfluss.“ Folgende Ausführungen behandeln ausschließlich Hochwasserschutzdeiche nach DIN 19712. Aufgrund der Ähnlichkeiten zu Stauhaltungsdämmen (vgl. DIN 19700-13/2004) und Hochwasserrückhaltebecken (vgl. DIN 19700-12/2004) aber auch generell zu Dammbauten, die
zu den Talsperren nach DIN 19700-11/2004 zählen, ist die Übertragbarkeit von Erkenntnissen in andere Anwendungsbereiche selbstverständlich möglich.
76
Die Existenz eines normatives Regelwerks speziell für Deiche, die
DIN 19712/1997, unterstreicht die besondere Stellung von Hochwasserschutzdeichen in Deutschland und zeigt, dass trotz zahlreicher, existierender Normen zum
Damm- und Erdbau, eine zu Talsperren (DIN 19700/2004) oder ähnlichen Hochwasserschutzbauwerken, wie z. B. zu Küstendünen (vgl. DIN 19657/1973), analoge
Bemessung anhand ähnlicher Betrachtungsweisen nicht zur Gänze möglich ist.
Vielmehr das Gegenteil ist der Fall, dass andere Normen, siehe z. B. DIN 1970013/2004, und Regelwerke, siehe z. B. BAW MSD (2005), mit Vorliebe auf
DIN 19712/1997 verweisen, da dort technische Fragestellungen geregelt werden,
deren Gültigkeit über den Deichbereich hinausreicht.
Bereits in den 70er Jahren des 20. Jahrhundert führte die Notwendigkeit, Regeln
speziell für den Deichbau zu erlassen, dazu, dass die damalige Deutsche Demokratische Republik die technische Normenreihe TGL 28721 Teil 1 bis 5 für Flussdeiche
einführte. Einige Jahre zuvor, im Jahre 1971, hatte der Deutsche Verband für Wasserwirtschaft e. V. (ehemals: Deutscher Verband für Wasserwirtschaft und Kulturbau (DVWK); heute: Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und
Abfall (DWA)), in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Erd- und
Grundbau e. V. (DGEG) und der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) bereits „Empfehlungen für Flussdeiche“ herausgegeben (DVWW 1971).
Aus diesen Empfehlungen entstand 1986 das Merkblatt „Flussdeiche“ des DVWKVerbandes (DVWK 210/1986), das einige Jahre später als Basisdokument für die
DIN 19712/1997 fungierte. Zum Großteil finden sich die Inhalte der TGL 28721 in
DIN 19712/1997 wieder. Einige bis heute noch kontrovers diskutierte Punkte hingegen waren in den TGL fest integriert und wurden in DIN 19712 nur am Rande
behandelt, wie z. B. der Einsatz von geophysikalischen Methoden bei der Erkundung von Deich und Untergrund. Beide Regelwerke, die DIN 19712 und das
DVWK-Merkblatt 210, befinden sich zurzeit in Überarbeitung.
Weitere Regelwerke sind außerhalb des deutschsprachigen Raumes zu finden. Neben den technischen Richtlinien für Flussdeiche in Holland (TAW22 1991) sei hier
noch das entsprechende Regelwerk aus den Vereinigten Staaten (USACE23 EM
2000a) und weitere technische Regelwerke und Fachbücher wie z. B. Kutzner
_________________________
22
TAW: Technical Advisory Committee for Flood Defence (Holland)
23
USACE: United States Army Corps of Engineers
77
(1996), Pilarczyk (1998) und USBR24 (1987) erwähnt. Aus Großbritannien ist dem
Autor jedoch kein entsprechendes normatives Regelwerk innerhalb der „British
Standards“ bekannt, das sich mit speziell mit Flussdeichen beschäftigt. Es existieren
jedoch einige technische Berichte zu diesem Thema, wie z. B. EA25 W35 (1996).
3.3
Anforderungen an Deichquerschnitt / -aufbau
3.3.1
Allgemeines
„Die Standsicherheit kann mit einem Deich aus homogenem Material erreicht werden.“ (DIN 19712/1997) Daraus wird klar, dass Deiche durchaus homogen aufgebaut sein können. Sie können aber auch mit Drän und/oder mit Dichtung ausgebildet werden. Das Sicherheitsdenken bei allen vier Formen des Deichquerschnittes
(Abb. 3-3) ist dasselbe. Der Deich muss den Bemessungsbelastungen dauerhaft ohne Schaden standhalten.
Aufgrund ständig wechselnder Randbedingungen wie z. B. der Untergrundverhältnisse oder anstehender Bebauung muss der Deich durch Veränderungen in der Trassierung und am Querschnitt abschnittsweise entsprechend angepasst werden. Deshalb ist eine Angabe eines einheitlichen Regelprofils i. Allg. schwierig
(DIN 19712/1997, Schneider et al. 1997).
a
Stk
U
D
D
D
D
c
Stk
U
b
Stk
Dr
U
d
Stk
Dr
U
Stk Stützkörper
U
Untergrund
Dr
Drän
D
Dichtung
Abb. 3-3: Mögliche Deichquerschnitte: Homogener Deich (a), 2-Zonen-Deich mit
Drän (b), 2-Zonen-Deich mit Dichtung (c) und 3-Zonen-Deich mit Dichtung und Drän (d)
In der Vergangenheit insbesondere nach Hochwasserereignissen wurden dennoch
Deichquerschnitte im Sinne von bautechnischen Empfehlungen u. a. für die Donau
_________________________
24
USBR: United States Bureau of Reclamation
25
EA: Environmental Agency
78
(Weiß 1997) oder für den Rhein (Kast u. Brauns 2003, Schulze 2003) entwickelt.
Diese „Regelprofile“ weichen je nach Randbedingungen von einem durch die normativen Vorschriften geforderten Mindestquerschnitt in Abhängigkeit der unterschiedlichen Randbedingungen mehr oder weniger ab.
3.3.2
Anforderungen an den Deichquerschnitt
3.3.2.1 Deichkrone
Die Festlegung einer Mindestkronenbreite unterliegt in erster Linie sicherheitstechnischen Überlegungen. Sowohl bei Überströmung als auch bei lokalem oder globalem Versagen der Böschungen sorgt eine breite Deichkrone für mehr Sicherheit. Im
Falle der Deichverteidigung und Deichüberwachung im Hochwasserfall kann sie für
Hilfskräfte und Maßnahmen auf der Krone ausreichend Platz bieten. Aspekte der
Unterhaltung sowie der Begeh- und/oder Befahrbarkeit im Rahmen von Sekundärnutzungen, wie z. B. als Fahrradweg etc., können ebenfalls Einfluss auf die Wahl
der Kronenbreite haben.
„Die Kronenbreite sollte mindestens 3,0 m betragen. Zur Entwässerung sollte sie
entweder schwach gewölbt sein oder eine Neigung von mindestens 2 % zur Wasserseite aufweisen.“ Nicht befahrbaren Kronen von Deichen unter 2 m Höhe reicht
eine Breite von 2,0 m aus. (DIN 19712/1997)
Für Stauhaltungsdämme empfiehlt DIN 19700-13/2004 eine Mindestkronenbreite
von 3,5 m. Schneider et al. (1997) empfehlen für hohe Deiche am Rhein eine Kronenbreite von 5,0 m. Die amerikanische Praxis bewegt sich im Deichbau bei Kronenbreiten von 3,05 – 3,66 m (USACE EM 2000a).
3.3.2.2 Deichböschungen
Wie die Kronenbreite hängt auch die Wahl der Böschungsneigungen vor allem von
Aspekten der Standsicherheit ab. Globale und lokale Standsicherheitsnachweise
haben als Eingangsparameter stets die Scherparameter des Bodens sowie dessen
Wichte. Weiter spielen der Deichaufbau und mögliche Durchsickerungszustände im
Rahmen der zu berücksichtigenden Lastfälle (vgl. Abschnitt 4.3.2) die entscheidende Rolle (DIN V 4084-100/1996). Darüber hinaus können die Einbindung in das
Landschaftsbild, Möglichkeiten der Deichunterhaltung und Eigentumsverhältnisse
berücksichtigt werden (DIN 19712/1997). Je flacher eine Böschung ist, desto standsicherer wird sie.
79
Deichböschungen sollten nach DIN 19712/1997 Neigungen von 1:3 und flacher
aufweisen. Als obere Grenze von Böschungsneigungen wird von USACE EM
(2000a) die Neigung von 1:2 angegeben. Bei austretendem Sickerwasser an der Böschung sollte auf 1:5 abgeflacht werden (USACE EM 2000a). Schneider et al.
(1997) empfehlen Böschungsneigungen von 1:3,5 mit Abflachungen bis zu 1:5 im
unteren Drittel der Böschung, wo Sickerwasser austreten kann. Eine den Beanspruchungen angepasste Gestaltung der Böschungsneigungen wurde bereits in Ehlers u.
Winkel (1947) propagiert (vgl. BAW MSD 2005).
Eine Abflachung auf 1:5 bis 1:6 im Bereich der austretenden Sickerlinie (Hangquelle) gewährleistet primär die lokale Standsicherheit. Bei Vorhandensein von Dräns
zur Entwässerung an den Deichfüßen oder von entsprechend geeignetem, grobem
und durchlässigem Schüttmaterial kann auf eine lokale Abflachung verzichtet werden, sofern die globale Standsicherheit gegeben ist.
Steilere Böschungen, vor allem auf der Landseite, sind dann möglich, wenn eine
Durchströmung mittels Dichtung und/oder Drän verhindert wird. Ohne auftretende
Strömungsbelastung wird die i. Allg. die lokale Standsicherheit maßgebend, so dass
auch steilere Neigungen als 1:2 möglich sind.
Böschungsneigungen von 1:10 bis 1:20 und flacher mit intakter Vegetationsdecke
können einer definierten Überströmung widerstehen. Erfahrungen haben gezeigt,
dass Böschungen von 1:15 Überströmungshöhen von bis zu 0,24 m schadlos überstanden haben (Baumgarten u. Thies 1983). Weitere Ausführungen zur Überströmungssicherung von Erdbauwerken sind in Bossard (1991); LfU BW (2004) und in
Haselsteiner et al. (2007) zu finden.
3.3.2.3 Bermen
Bermen können die Standsicherheit erhöhen, die Unterhaltung, Überwachung und
ggf. die Deichverteidigung erleichtern, sofern sie in Kombination mit einem
Deichweg auftreten. Üblicherweise werden Bermen landseitig angeordnet. Wasserseitige Bermen sind seltener und dienen der Unterhaltung.
„Befahrbare Bermen sollten mindestens 3,0 m, alle anderen Bermen mindestens
1,0 m breit sein“ (DIN 19712/1997). Wasserseitige Bermen sollten mindestens
0,5 m über dem Mittelwasserstand angeordnet werden. Landseitige Bermen sollen
in der Regel mindestens 0,5 m über dem maximalen Wasserstand im Polder liegen
(DIN 19712/1997).
80
3.3.2.4 Deichwege
Deichwege werden i. d. R. für die Deichverteidigung und –unterhaltung angelegt.
„Der Deichweg sollte landseitig auf der Berme angelegt werden. Die Deichkrone
sollte nur im Ausnahmefall zur Anlage eines solchen Weges genutzt werden, weil
die Fahrsicherheit hier bei Sturm und Hochwasser stark beeinträchtigt ist“ (DIN
19712/1997).
Die Mindestbreite von Deichwegen kann aus ihrer Nutzung bzw. der Mindestkronen- oder Mindestbermenbreite oder den erforderlichen Breiten für öffentliche Straßen oder Wege abgeleitet werden. Lagerungsmöglichkeiten für Deichverteidigungsmittel aber auch das Anlegen von Wendeplätzen oder Ausweichstellen können bereichsweise zu deutlich größeren Wegbreiten führen (vgl. Reincke 1980).
Ausweichstellen haben nach USACE EM (2000a) beispielsweise eine Breite von
etwa 7,31 m und Wendeplätze von etwa 12,20 m bei einer Länge von über 30 m.
3.3.2.5 Rasen und wiesenähnliche Flächen auf der Deichoberfläche
Nach DIN 19712/1997 ist der „wirtschaftlichste und natürlichste Schutz für den
Deichkörper … eine stark verwurzelte und geschlossene Grasnarbe“. Die Dicke der
Vegetationsschicht beträgt in der Regel 10 bis 25 cm. Intensiv gepflegter Rasen bildet eine geschlossene, deckende Grasnarbe. Magerrasen hingegen schützt den Deich
v. a. durch ein dichtes, unterirdisches Wurzelgeflecht. Er gedeiht auf nährstoffarmen, grobkörnigen Böden auch bei geringer Aussaatdichte ohne Humusauftrag
(Boser 1999). Neben Rasen und Magerrasen können auch extensiv gepflegte Wiesengesellschaften, Hochstaudenfluren und bei Gewässernähe auch Fluss- und Bachröhrichte auf Deichböschungen auftreten. Die Artenvielfalt bzw. die ökologische
Wertigkeit spielen bei der Auswahl der Vegetationsformen ebenfalls eine wesentliche Rolle (DVWK 226/1993, DIN 19657/1973, LfW BY 1984, Hiller 1974, 1999).
Die Erosionsschutzwirkung einer Vegetationsdecke hängt in hohem Maße von den
Standortgegebenheiten und der Pflege ab und kann zu markanten Erscheinungsunterschieden führen, wie am Vergleich von Deichen an der Isar (Büring 1999) und
am Rhein (Husicka 2003) deutlich wird.
Die Durchlässigkeit von Vegetationsdecken sowie der Einfluss der Durchwurzelung
wird in Abschnitt 3.5 näher behandelt.
81
3.3.2.6 Mindestquerschnitt
Als Minimallösung kann nach Regelwerk ein homogener Deich ohne Berme und
relativen steilen Böschungen von 1:2 ausgeführt werden (Abb. 3-4,
DIN 19712/1997, USACE EM 2000a, vgl. BAW MSD 2005). Bei durchlässigen
Deichen wird sich jedoch ein Durchsickerungszustand einstellen, der die Standsicherheit einer derartigen Minimallösung gefährdet. Sie ist deshalb i. d. R. nur dann
in Betracht zu ziehen, wenn keine übermäßige hydraulische Belastung zu erwarten
ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Hochwasserereignisse schnell auftreten und der
Deich gleichzeitig relativ undurchlässig ist. Mit dem Thema der instationären
Durchsickerung von Deichen beschäftigt sich Kapitel 7.
Aspekten der Deichverteidigung oder Unterhaltung kann durch Betriebsvorschriften
begegnet werden. Ist das Schadenspotenzial sehr gering, kann im Einzelfall generell
von umfangreichen Deichverteidigungs- oder Katastrophenschutzmaßnahmen abgesehen und somit auf Deichverteidigungswege verzichtet werden. Reibungsbegabte
Böden lassen steilere Böschungen zu. Der Austritt der Sickerlinie an der Deichoberfläche kann im Einzelfall zugelassen werden, wenn der Boden der geohydraulischen
Beanspruchung nachweislich standhält, sprich Suffosion und Erosion nicht auftreten können. Die bautechnische Ausführung und Gestaltung sowie die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit entsprechen unter Beachtung von günstigen Randbedingungen den technischen Vorschriften nach DIN 19712/1997.
Deichkrone
3,0 m
BHW
2%
0,50 m
2
1
1
Homogener
Deichkörper
1 Grasnarbe auf Oberboden
(10 cm)
2 Magerrasen auf Oberboden
(3 cm)
2
2
1
Abb. 3-4: Mindestquerschnitt für Flussdeiche nach DIN 19712/1997
Trotz der regelkonformen Bemessung muss man sich im Klaren sein, dass bei Ausreizung der Sicherheiten bei solchen Bauwerken die Sicherheitsreserven gegen nicht
vorhersehbare Einwirkungen, wie z. B. Wühltiergängen oder sukzessive
Gehölzausbildung, schwinden. Bei hohen Schadenspotenzialen und anderen ungünstigen Randbedingungen können Deiche über die in DIN 19712/1997 enthaltenen Forderungen hinaus ähnlich wie Talsperrendämme nach DIN 19700/2004 ausgebildet werden. Eine Übersicht der Anforderungen aus DIN 19712/1997 samt
82
Deichquerschnitt mit landseitiger Berme ist in Abb. 3-5 enthalten.
Freibord f
(min. 0,5 m)
BHW
VegetationsdeckeJ
SicherheitsabstandG
ggf.
Deichdichtung
(DD)
3C
1
2%
Möglicher MindestquerschnittE
DeichbermenwegI
> 3,0 m
3C
Mindestquerschnitt 1
kDB
1 kDD
C
F
ρ
=
0,97
ρPrF x
ρDD = 0,95 ρPr
D
B
xC
Empfehlung nach DIN 19712
DeichkroneI
> 3,0 mA
1
2%
kDrB
ggf.
Drän (Dr)H
VegetationsdeckeJ
Sicherheits3C
abstandG
1
ggf. bindige Deckschicht (DS) kDS
ggf.
Untergrunddichtung
(UD)
Dichter UntergrundD (DU)
UntergrundD (U)
kU
unvollkommen
vollkommen
Hinweise:
A b > 2,0 m bei H < 2,0 m + keine Befahrbarkeit Æ i. d. R. Notwendigkeit
K
D
eines Deichbermenweg
B i. A. Durchlässigkeiten: k
DU < kDD ≈ kUD ≈ kDS << kD << kDr
C Primär Festlegung unter Berücksichtigung der Böschungsstandsicherheit
nach DIN 4084 (min. x = 2,0 nach USACE 2000)
D Untergrund u. U. geschichtet und heterogen
E Minimallösung i. d. R. in Verbindung mit zusätzlichen Maßnahmen und/oder
besonderen Randbedingungen
F Einbaudichte nach Proctor (DIN 18127) / Einbaulagen i. d. R. 0,20 bis 0,40 m
unterschiedlich für bindige und nichtbindige Erdbaustoffe (vgl. FGSV 2003)
G Schutzstreifen i. d. R. 5 m / Abstand von Bäumen 10 m (30 m Pappeln)
H Mindestdicke 0,25 m (Stufenfilter) bis 0,50 m (Mischfilter)
I ggf. frostsicherer Fahrbahnaufbau für schwere Fahrzeuge nach DIN 1072
notwendig
J wasserseitig: i. d. R. Grasnarbe auf 10 – 25 cm Oberboden
landseitig: Magerrasen auf dünner Oberbodenschicht möglich
kDUB
Abb. 3-5: Querschnittsanforderungen an Flussdeiche nach DIN 19712/1997
3.3.3
Dräns und Entwässerungsgräben
Dräns bestehen in der Regel aus körnigem Material, wie z. B. Sand, Kies, Splitt,
Schotter, oder aus Geokunststoffen (DIN 19712/1997).
Natürliche Dräns sollten eine Mindestdicke von 0,50 m aufweisen (Weiß 1997).
Dräns sind so zu bemessen, dass sie das zu erwartende zufließende Sickerwasser
mit mindestens zweifacher Sicherheit abführen können. Falls ein Drän für die
Standsicherheit eines Deiches erforderlich ist, sollte er kontrollierbar und regenerierbar sein, sonst muss die Standsicherheit ohne Drän im Lastfall 3 nachgewiesen
werden (DIN 19712/1997). Brauns u. Raju (1993) fordern, dass der Sickerwasserabfluss aufgrund der mit dem hydraulischen Gradienten überproportional ansteigenden Fließwiderstände mit fünffacher Sicherheit bemessen wird (vgl. Abschnitte
2.3.2 und 2.5.2). Die Durchlässigkeit des Dräns sollte 100fach größer sein, als das
zu dränierende Bodenmaterial (Brauns u. Raju 1993). Im Einzelfall können Dräns
bis zu 0,6·H ausgeführt werden, wenn Gründe der Standsicherheit dafür sprechen
(Schmidbauer u. Erb 1958, Abb. 3-6).
83
h
0,6*h
B
A
C
A Dränteppich
B Fußdrän
C Auflastdrän
D Dränberme
D
E Sickerschacht
F Offener Graben
F
E
Abb. 3-6: Möglichkeiten von Entwässerungseinrichtungen bei Flussdeichen
Die Anschüttung eines Dränkörpers an einen bestehenden Altdeich ist i. d. R. ein
effektives Mittel der Deichertüchtigung, um das Sickerwasser aus dem Deich sicher
abzuführen und ggf. gespanntes Untergrundwasser ableiten zu können (Haselsteiner
u. Strobl 2005).
Geokunststoffe wie z. B. Vliesstoffe können eine kostengünstige Alternative zu den
Bauweisen mit natürlichen Baustoffen darstellen. Hinweise zur Dimensionierung
sind z. B. in DVWK 221/1992 oder BAW MAG (1993) zu finden.
Deichgräben können, sofern dies die Nutzung des Hinterlandes, wie z. B. intensive
Landwirtschaft oder Bebauung, notwendig macht, in einem Abstand von mindestens 2,5 m vom Deichfuß angeordnet werden. Da solche Gräben die Strömung unter
und im Deich verstärken und erhöhte hydraulische Gradienten auftreten können,
kann ein größerer Abstand von mehr als 5,0 m notwendig werden. Es sollte geprüft
werden, ob die Wasserableitung im Deichhinterland ohne spezielle Gräben am
Deich und die dann erforderlichen Schöpfwerke ggf. unter der Inkaufnahme eines
Polderwasserstandes bewerkstelligt werden können.
3.3.4
Dichtungen in Deichen
3.3.4.1 Allgemeines
In Abhängigkeit vom Untergrundaufbau, dem Vorhandensein einer undurchlässigen, oberflächennahen Bodenschicht aus Hochwasserablagerungen oder von in weite Tiefen reichenden Flusskiesen, können „Dichtungen ... den Sickerwasserdurchfluss“ verringern. „Je nach Lage im Querschnitt werden sie als Oberflächendichtungen (Außendichtung, Böschungsdichtung) oder als Innendichtung bezeichnet. ...
Nach Möglichkeit ist die Dichtung an eine geringdurchlässige Untergrundschicht
anzuschließen. ... Hierbei ist der Einfluss auf die Grundwasserströmung und ...
[der] Austausch zwischen Gewässer und Grundwasser ... zu beachten.“
84
(DIN 19712/1997)
Dichtungen in Deichen erhöhen i. d. R. die Standsicherheit des Bauwerks durch
Verminderung der Durchsickerung des Stützkörpers und durch Verhinderung von
hydrodynamischen Bodendeformationsprozessen im Dichtungsquerschnitt. Sofern
ihre hydraulische Wirkungsweise in den Hintergrund tritt, spricht man auch von
Erosionssperren. Der Durchlässigkeitswert kS des Dichtungsmaterials sollte mindestens zwei Zehnerpotenzen kleiner als der des Stützkörpermaterials sein (DWA
2005). Diese Forderung rührt von der Betrachtung der Wirksamkeit von Dichtungen
unter Anbetracht des Verhältnisses der Durchlässigkeiten des Deichkörpers und der
Dichtung her. Dieser Zusammenhang ist in Abschnitt 6.6 erläutert.
Je nach Randbedingungen werden vollkommene oder unvollkommene Dichtungen
ausgeführt (Abb. 3-7). Vollkommene Dichtungen binden in eine undurchlässige
Untergrundschicht ein. Unvollkommene Dichtungen können je nach Einbindetiefe
nur geringen Einfluss auf die Durchsickerungsverhältnisse im landseitigen Stützkörper haben. Sie verlängern den Sickerweg, was u. U. zu einer Erhöhung der Sicherheit gegen hydraulischen Grundbruch am landseitigen Böschungsfuß führen
kann, und verhindern bereichsweise Erosion und Suffosion (DWA 2005).
Vollkommene Dichtungen
OD
Unvollkommene Dichtungen
ID
ID
OD
DT
DT
DS
OD Oberflächendichtung
U
DT Dichtungsteppich
ID
Untergrund (undurchlässig)
Innendichtung
U
OD
ID
OD
ID
UD
UD
U
U
Abb. 3-7: Anordnung von Dichtungen in Deichen
3.3.4.2 Oberflächendichtungen
Als Oberflächendichtungen werden im Deichbau die mineralische Dichtungsmaterialien und die geosynthetische Tondichtungsbahn verwendet (vgl. BAW EAO 2002,
DVWK 215/1990, Haselsteiner u. Strobl 2005).
85
Nach DVWK 215 (1990) muss der Durchlässigkeitsbeiwert k326 < 10-7 m/s bei einem hydraulischen Gradienten i = 10 bei einer natürlichen Dichtung mindestens
gegeben sein. Mineralische Dichtungen bestehen aus natürlichen oder künstlichen
gering durchlässigen Böden. Die Dicke der Dichtung sollte i. d. R. mindestens
1,0 m betragen, wobei sie zusätzlich durch eine Deckschicht inklusive Vegetationsschicht (D > 0,80 m) gegen mechanische Angriffe gesichert sein sollte. In Berücksichtigung von Frost- und Taueinwirkungen sowie Trocknungsrissen sollte die Dicke der natürlichen Dichtung, der Deckschicht und der Vegetationsdecke ausreichend bemessen werden (DWA 2005). Praktische Anhaltswerte für die Bemessung
und Anwendung von natürlichen Oberflächendichtungen sind in Tab. 3-1 gegeben
(vgl. DWA 2005, Kleber-Lerchbaumer 2006) Bei der Festlegung des Durchlässigkeitsbeiwerts k für die Bemessung sollte berücksichtigt werden, dass die Durchlässigkeit durch Frost-Tau-Wechsel sich wesentlich erhöhen kann (Quandt 1998).
Tab. 3-1: Anhaltswerte für natürliche Oberflächendichtungen
-7
< 10
Systemdurchlässigkeit k [m/s]
<5
Hydraulischer Gradient imax [-]:
Setzungsunterschiede ∆s/l [-]
< 0,05
>1
Dicke d [m]:
Schüttlagenhöhe hSL [m]: 0,20 - 0,40
> 95 %
Verdichtungsgrad DPr [-]:
Geosynthetische Tondichtungsbahnen (GTD) bestehen aus zwei Geotextillagen mit
dazwischen liegender Bentonitschicht. Im Allgemeinen kann von einer Langzeitdurchlässigkeit der GTD von k < 5·10-9 m/s ausgegangen werden, wenn eine ausreichende Auflast sichergestellt ist (Heerten et al. 1997). Egloffstein u. Burkhard
(2001) bestätigen dies und geben an, dass bei ausreichender Überdeckung bzw.
Normalspannungen von 15 bis 20 kN/m² die mittleren Enddurchlässigkeiten von
Bentonitmatten weniger als k = 1·10-9 m/s betragen können. Die GTD sollte zum
Schutz vor Austrocknung, vor Frost und Tau sowie vor mechanischen Einwirkungen mindestens eine Überdeckung inklusive der Vegetationsschicht von d > 80 cm
aufweisen (vgl. Tab. 3-2, DWA 2005, Heerten u. Saathoff 2005, Plank 2006).
_________________________
26
Die Durchlässigkeit k3 wird laut DVWK 215/1990 für Erddichtungen bei einem hydraulischen Gradienten von i = 10
im Labor an Bodenproben ermittelt, die aus verschiedenen Stellen der Dichtung entnommen werden.
86
Tab. 3-2: Anhaltswerte für geosynthetische Tondichtungsbahnen
Systemdurchlässigkeit k [m/s]
Dicke [cm]:
Deckschicht [m]:
Überlappung [m]:
Benonitmenge [g/m²]:
Böschungsneigungen bis:
-9
≈ 10
≈ 1,0
> 0,80
> 0,30
> 4.500 (Na)
> 8.000 (Ca)
≈ 1:2,0
Zum Vergleich der zwei hier genannten Dichtungen kann anstelle der Durchlässigkeit die Permittivität ψ [1/s] (Glg. 2-18) verwendet werden. Eine Oberflächendichtung der Dicke DOD = 1,0 m mit k = 5·10-8 m/s hat somit die gleiche Permittivität ψ
= 5·10-8 m/s wie eine geosynthetische Tondichtungsbahn der Dicke DGTD = 0,01 m
mit k = 5·10-10 m/s (DWA 2005).
3.3.4.3 Innendichtungen
Im Deichbau werden zur Herstellung von Innendichtungen vornehmlich Stahlspundwände, Einphasenschlitzwände, Schmalwände und Bodenvermörtelungsverfahren verwendet (DWA 2005, DWVK 215/1990, Haselsteiner u. Strobl 2005).
Stahlspundwände werden im Deichbau sowohl als Dichtungen für Deich und Untergrund als auch als Gründungsbauwerke verwendet. Die Durchlässigkeit von
Spundwänden ist stark abhängig von der Abdichtung der Schlösser, welche künstlich und natürlich erfolgen kann. Im Allgemeinen wird bei Spundwänden eine
Dichtwirkung von k < 10-8 m/s und undurchlässiger angenommen. Die maximal
erreichbare Tiefe beträgt 33 m. Die Wandstärke der Profile beträgt 4 bis 24 mm.
Die Wahl der Wandstärke und der Stahlsorte hängen u. a. von der statischen Beanspruchung ab (vgl. Tab. 3-3, Schulze 2003, Breitenstein 2006).
Tab. 3-3: Anhaltswerte für Stahlspundwanddichtungen
Systemdurchlässigkeit k [m/s]
Maximale Tiefe t [m]
Wandstärken t [mm]:
Abrostungsrate [mm/a]:
1
Einbauabweichungen [%]:
1
-8
< 10
33
4 - 24
> 0,01
> 1,0
Rammgenauigkeit abhängig von der Tiefe
Die Einphasenschlitzwand besteht aus einer selbsterhärtenden Suspension. Die Suspension dient gleichzeitig zur Stützung des ausgehobenen Schlitzes. Der Durchlässigkeitsbeiwert kann mit k < 10-8 m/s angenommen werden. Mit der Einphasenschlitzwand können Dichtungen mit Tiefen bis zu 50 m hergestellt werden. Die Di-
87
cke der Wand hängt vom Fördergerät ab und beträgt 0,4 bis 2,0 m (vgl. Tab. 3-4,
DVWK 215/1990).
Die Schmalwandsuspension wird beim Ziehen eines eingerüttelten Stahlprofils z. B.
eines Doppel-T-Trägers in den Boden injiziert und erhärtet anschließend. Die System-Durchlässigkeit der Schmalwand beträgt ca. k < 10-8 ÷ 10-7 m/s. Mit den gängigen Geräten sind Schmalwände bis in Tiefen von ca. 25 m herzustellen. Die Dicke
der erhärtenden Schmalwand beträgt je nach Bodenart bis zu 0,2 m bei Kiesen. (vgl.
Tab. 3-4, Kleist 1999, DVWK 1986, Zwach u. Kutzner 2003, Sondermann u. Pandera 2003).
Unter dem Begriff der Bodenvermörtelung werden Verfahren zusammengefasst, bei
denen das Korngefüge des Bodens in-situ vollständig zerstört und mit einer Suspension versetzt wird, so dass ein Boden-Bindemittel-Gemisch entsteht, das anschließend abbindet. Die Suspension besteht aus einem Wasser-Bindemittelgemisch ggf.
mit einem Anteil an Bentonit und/oder Füllern. Die Durchlässigkeit liegt i. d. R. bei
k < 10-8 m/s. Je nach Verfahren können Wände mit 9 bis 25 m Tiefe hergestellt
werden. Die Dicke der hergestellten Wand variiert je nach Verfahren von 0,35 bis
1,0 m (vgl. Tab. 3-4, DWA 2005, Topolnicki 2003, Düser u. Ulrich 2003, Menk
2006, Kirner 2006).
Suspension
(vor Erhärtung)
Dichtung
(nach Erhärtung)
Tab. 3-4: Anhaltswerte für hydraulisch gebundenen Innendichtungen
Bentonit [kg/m³]:
Kalksteinmehl [kg/m³]:
Bindemittel [kg/m³]:
Wasser [kg/m³]:
Systemdurchlässigkeit k [m/s]
Einax. Druckfest. qu,28 [MN/m²]
Maximale Tiefe t [m]
Dicke [m]:
1)
SchmalBodenvermörtelung
1)A)
2)B)
3)
MIP
FMI
wand
50
14.1
300
804.5
300
230
164
780
ca. 230
643.1
-8
-8
-7
< 10
< 10
< 10
> 0,30
> 5,0
0,11 - 0,70
25
9.5
25
< 0,20
0,35 - 0,88 0,35 - 1,0
Einphasen4)
schlitzwand
25 - 40
170 - 250
900
-8
< 10
> 0,30
50
0,4 - 2,0
aus Wildner et al. (1999)
A)
Verfahren Fa. Bauer Spezialtiefbau
2)
aus B-A-E (2000)
B)
Verfahren Fa. Sidla & Schönberger
3)
aus Kleist (1999) nach DVWK (1986)
4)
vgl. DVWK 215/1990
Dichtungen sollen soweit als technisch möglich an die Krone herangeführt werden
und in jedem Fall über den Bemessungshochwasserstand reichen. Häufig reicht jedoch die Frosteindringtiefe bis unter den Bemessungshochwasserstand (BHW),
wenn der Freibord kleiner ist als die Frosteindringtiefe. Scholz u. Schulz (2002)
88
bestätigen, dass Dichtwandmassen keine Gefrierbeständigkeit aufweisen. Hohe
Druckfestigkeiten wirken sich günstig aus. Selbst Bentonitanteile in einer Dichtwandzusammensetzung bewirken durch ihre Quellfähigkeit keine Selbstheilung.
Bei den Versuchen von Scholz u. Schulz (2002) wurde vor allem das Auftreten von
horizontalen Rissen festgestellt. DIN 1045/2001 verlangt als Nachweis der Gefrierbeständigkeit für Beton eine Mindestdruckfestigkeit von 5 N/mm². In Scholz u.
Schulz (2002) wird eine Quelle zitiert, die für den Ausschluss von Eislinsenbildung
eine Mindestzugfestigkeit von 0,1 N/mm² ansetzt. Gegen Gefrieren empfindliche
Dichtwandmassen können folglich nur durch eine ausreichend tiefen Lage frostsicher gebaut werden. Im frostgefährdeten Bereich müssen Dichtungsbaustoffe verwendet werden, die den Frostwirkungen standhalten können. Für den Anschluss von
Dichtungen an die Deichkrone unter Sicherstellung der Frostsicherheit sollten deshalb konstruktive Lösungen ggf. unter Verwendung anderer Baumaterialien gefunden werden.
3.4
Deichaufbau / -baustoffe / Untergrundbeschaffenheit
3.4.1
Historisch gewachsene „Altdeiche“
Aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte (siehe Abschnitt 3.1) wurden teilweise Deiche von anfangs relativ einfachen Erdverwallungen zu technisch ausgereiften Erdbauwerken ausgebaut. Die bestehenden Deiche blieben z. T. erhalten und wurden
unter Zuhilfenahme entsprechender Verfahren verstärkt, meistens dabei an ein
Schadensereignis mit höherem Wasserstand angepasst, sprich erhöht. Die so entstandenen Deichaufbauten sind teilweise aus heutiger Sicht als sehr ungünstig zu
bezeichnen. Dichte Bodenschichten wurden nicht selten landseitig angebracht (Pohl
2000).
Die verwendeten Deichbaumaterialien waren oft ungeeignet. Organische Böden
kamen ebenso zum Einsatz wie Böden mit großen Findlingen. Bereichsweise wurden nicht tragfähige, organische Böden gebaut, was bei Deichen an der Oder u. a.
eine Ursache dafür war, dass sie während des Hochwassers 1997 versagten (Dahlke
et al. 1999c).
Darüber hinaus können solche „gewachsenen“ Altdeiche neben einer zu geringen
Deichhöhe keine oder unzureichende Deichwege, Gehölzbewuchs wasser- wie
landseitig, steile Böschungsneigungen, fehlende Entwässerungseinrichtungen, u. v.
m. aufweisen (Dahlke et al. 1999b), was die Standsicherheit des Deiches entschei-
89
dend herabsetzen und Schäden bis hin zu Deichbrüchen verursachen kann
(Armbruster-Veneti 1999).
Nicht selten treten Mängel in Kombination auf. Der in Abb. 3-8 gezeigte, aufgegrabene Deich wies steile Böschungen von Neigungen bis zu 1:1,5 auf und war bereichsweise aus locker gelagertem Kiesboden mit eingelagerten großen Findlingen
aufgebaut (vgl. Abb. 3-9 Beispiel a).
Am dargestellten Beispiel lässt sich auch gut zeigen, dass ein anfangs bestehender
Deichkern aus Kiesen mit Findlingen beidseitig bei Baumaßnahmen mit dichterem,
vermutlich schwach bindigem Boden verstärkt wurde. Anhand der Schichtung und
der Bodenlagerung können Rückschlüsse auf die angewendeten Verdichtungstechniken gezogen werden. An diesem Beispiel können bis zu drei unterschiedliche Ertüchtigungshorizonte festgestellt werden (Abb. 3-8, Abb. 3-9 Beispiel a).
Häufig werden zur Verringerung der Durchsickerung dichte, bindige Baustoffe auf
der Wasserseite eingebaut. Dies und die Erhöhung des Deichs wurden am Donaudeich in Abb. 3-9 (Beispiel b) durchgeführt (vgl. Schweitzer u. Wildner 2004).
Findlinge
Abb. 3-8: Aufgegrabener Deich an der Mangfall (Quelle: WWA Rosenheim)
Mindestens vier Mal und ohne besondere Auswahl des Deichbaumaterials oder der
Einbautechnik wurde der in Abb. 3-9 (Beispiel c) gezeigte Oderdeich schichtweise
erhöht. Im Deich waren auch Rundhölzer zu finden, welche wahrscheinlich für die
90
Begeh- und Befahrbarkeit der jeweiligen älteren Deichkronen auf diesen platziert
und anschließend im Deich belassen wurden (Hahn-Weißhaupt u. Trömel 2003).
a
(siehe Haselsteiner u. Strobl 2005)
Bestehender Deichweg aus
günstig gestuften kiesigem, gut
verdichtetem Material
Vegetation auf Oberbodenschicht (i. Allg.
lose auf die Deichböschung aufgetragen)
4
Feines, gut verdichtetes Material,
evtl. früherer Wegaufbau
2
5
Erhöhung des Deiches mit sandig-kiesigem, schwach
schluffigem Material über gesamten Altdeich (verdichtet)
1
Ältester Deichkörper aus kiesigem Material mit
Findlingen (schlecht verdichtet)
3. Bauphase
2. Bauphase
H<2m
b
3
≈ 1,5
≈ 1,5 1. Bauphase
1
1
(siehe Schweitzer u. Wildner 2004)
Später aufgebrachte Deichkrone aus
kiesigem, gut verdichtetem Material
3
Wasserseitige Deichverstärkung
aus verdichteten Schluffböden
4
Alte Deichkrone aus
feinkörnigem Material
2
Vegetation auf ca. 25 cm Oberbodenschicht
(i. Allg. lose auf die Deichböschung aufgetragen)
5
1
Alter Deichkörper aus kiesigem
Material (schlecht verdichtet)
H≈4m
3. Bauphase
c
≈ 2,0
1
1
1. Bauphase
(siehe Hahn-Weißhaupt u. Trömel 2003)
Anschüttung auch landseitig
Oberste Bodenschicht /
Bestehende Deichkrone
Rundhölzer
H = 2,7 m
2. Bauphase
≈ 2,0
≈ 2,0
1
6
5
4
3 Alte Deichkrone mit Steinen
2
Alte Deichkronen mit
eingelagerten Rundhölzern
1
Äußerst heterogene Untergrundschicht
aus Sanden und Lehm
≈ 3,0
1
4. Bauphase
3. Bauphase
2. Bauphase
1. Bauphase
Abb. 3-9: Skizzierte Beispiele „historisch gewachsener“ Deiche: Deich an der
Mangfall (a) (vgl. Abb. 3-8), an der Donau (b) und an der Oder (c)
Die Abschätzung des hydraulischen Verhaltens oder der Stabilität von Deichen bei
derart inhomogenen Querschnitten mit ungünstigem Aufbau und locker, gelagerten,
durch Störungseinflüsse veränderten Böden ist schwierig bis unmöglich zu bewerkstelligen (Pohl 2000). Auch verstärkte Erkundungsmaßnahmen können nur beschränkten Einblick in die vorhandenen Verhältnisse geben, so dass im Zuge von
Ertüchtigungsmaßnahmen entweder der Deichkörper komplett abgetragen und wiederaufgebaut werden muss oder die Ertüchtigungsmaßnahmen so zu planen sind,
91
dass die Unsicherheit im Aufbau die Standsicherheit nicht beeinträchtigt. Nicht selten kommen deswegen statisch wirksame Innendichtungen zur Anwendung (vgl.
z. B. Haselsteiner u. Strobl 2006a, b; Haselsteiner 2006). Ohne den Einsatz von
künstlichen Dichtungen wurden zahlreiche, höchst inhomogene Oderdeiche ohne
den Einsatz von künstlichen Dichtungen ertüchtigt (Dahlke et al. 1999a).
Weitere Beispiele von „Altdeichen“ sind in der Literatur häufig im Zusammenhang
mit der Beschreibung durchgeführter Ertüchtigungsmaßnahmen (Ling et al. 1997,
Lobnik u. Rolff 1994, Sondermann u. Pandera 2003, Tönnis et al. 2003, Topolnicki
2003), technischen Hinweisen zur Durchführung von Deichertüchtigungsmaßnahmen (Brandl u. Blovsky 2003, Horlacher 2003, Haselsteiner 2006, Haselsteiner u.
Strobl 2005, Schneider et al. 1997) oder bei Schriftstücken mit Hinweisen zur
Deichverteidigung (LfW BY 2003c, Müller 2006) zu finden.
3.4.2
Deichstandorte mit Auenböden
In Bayern werden beinahe zwei Drittel der Deiche an Gewässern 1. und 2. Ordnung
von semiterrestrischen Auen-27 und Gleyböden28 unterlagert (Haselsteiner u. Strobl
2005). Diese bindige Deckschicht wird häufig als Auenlehm bezeichnet. Lehm wird
jedoch genau genommen aus gleichstarken Fraktionen von Ton, Schluff und Sand
gebildet. Die Zusammensetzung der an Deichen anzutreffenden bindigen Deckschichten ist abhängig von Entstehungsgeschichte und je nach Ablagerungsort sehr
unterschiedlich, was an den Sieblinien in Abb. 3-10 gezeigt wird. Wenn also von
Auenlehm gesprochen wird, handelt es sich nicht nur um reine Lehmböden, sondern
um Schluffe und Sande mit unterschiedlich starken Beimengungen.
_________________________
27
Auenböden beziehen ihren Namen aufgrund ihrer Verbreitung in den Auen. (Fluss-)Auen sind durch Niedrig- und
Hochwasser geprägte entlang von Bächen und Flüssen verlaufende Niederungen. Auenböden können auch als
Schwemmlandböden oder alluviale Böden bezeichnet werden (Kuntze et al. 1994, Scheffer et al. 1984).
28
Davon unterschieden werden müssen Stagnogleye, welche zu den terrestrischen Böden zählen und sich aufgrund der
Vernässung durch die Unterlagerung von dichten Schichten bilden (Scheffer et al. 1984).
92
Abb. 3-10: Unterschiedliche Bodenarten der bindigen Deckschicht unter Deichen in
Bayern
Der grundwasserleitende Bodenkörper wird i. d. R. durch einen fluvial oder glazial
abgelagerten Kies gebildet, der auf einem relativ wenig durchlässigen Geschiebemergel oder Tonen gelagert ist. Da diese im Vergleich zu den Flusskiesen eine geringe Durchlässigkeit aufweisen, können sie als Stauhorizonte bei der Beurteilung
von Durchsickerungsprozessen von Deich und Untergrund verwendet werden. Die
unter den Schwemmböden anstehenden Kiese können sandige und tonige Anteile
bzw. Bodenlinsen aufweisen (Abb. 3-11).
Die Auenböden bilden sich vorwiegend aus unverwittertem, zerkleinertem Gesteinsmaterial, das während Hochwasser als Geschwemmsel aus dem in Bayern alpinen bis voralpinen Einzugsgebiet bis zum Mittel- und Unterlauf transportiert und
in den überschwemmten Bereichen abgelagert wird. Typische Auenböden bilden
sich i. d. R. aufgrund großer Grundwasserschwankungen bei Vorhandensein von
sauerstoffreichem Wasser. Gleyböden entstehen durch die Beanspruchung von
Schwemmböden durch hoch stehende, wenig schwankende Grundwasserhorizonte.
Durch sauerstoffarmes Wasser können in lehmig, tonigen Auenablagerungen chemische Prozesse die Bildung von Gleystandorten zur Folge haben. Der Übergang
vom Auenboden zum Gley ist fließend. Eine Mischung aus beiden Böden stellt der
Auengley dar. Auenböden sind im Gegensatz zu Gleyen nicht hydromorph29 (Kunt_________________________
29
Böden, die ihre Eigenschaften (Morphologie) durch regelmäßige Überflutung aus Grund- oder Stauwasser, verändern,
werden als hydromorph bezeichnet.
93
ze et al. 1994, Scheffer et al. 1984).
Haus eines
Emeriten
Darstellungen überhöht gezeichnet!
Überschwemmungsgefährdetes Dorf
A
Deich
HW
GW
Deich
GW
MW
Grundwasserstand (GW)
bei Hochwasserstand (HW)
bei Mittelwasserstand (MW)
Auenböden
z. B. Tschernitza
(AT)
Deichkies
Sandschicht
Bodenlinsen /
-bänder
Kiese
Grundwasserstauer
Ah
Ah
(> 40 cm)
(aC)
Go
Gleyböden
z. B. Gley
(GG)
GW
Go
GW
Gor
Untergrundkies
Gor
Undurchlässiger
Untergrund
Gr
Gr
Bodenprofiltypen abhängig vom Grundwasserstand!
40 – 80 cm
Untergrundkies
Aueböden
Bodenkundl. Erklärungen:
Bodenprofil A - A
Bindige Deckschicht
A
Ah: Mineralischer Oberbodenhorizont mit
bis 15% Humus und organischen
Anteilen (> 0,6 %)
aC: Mineralischer Untergrundhorizont mit
unregelmäßigem Grundwassereinfluss
G: Mineralbodenhorizont mit
Grundwassereinfluss und hydromorphen
Merkmalen
Go: G oxidiert im
Grundwasserschwankungsbereich
(> 10% Rostflecken)
Gor: G (Go) auch außerhalb
Wurzelbahnen (< 5% Rostflecken)
Gr: G reduziert im Nassbereich an über
300 Tagen (< 5 % Rostflecken)
Abb. 3-11: Typischer Querschnitt durch eine eingedeichte Flusstallandschaft mitgeotechnischen und bodenkundlichen Bodenprofilen (nach Kuntze et al.
1999)
Durch die Eindeichung von Gebieten, in denen Auen- und Gleyböden vorhanden
sind, treten dort Überschwemmungen seltener auf und die Ablagerung von Bodenfeinteilen bzw. die Bildung „junger“ Auenbodenschichten wird verhindert. Verändern sich auch Grundwasserstände und bleiben Überflutungen durch Qualmwasser
aus, können sich aus semiterrestrischen Bodengesellschaften terrestrische Braunerdeböden bilden (Scheffer et al. 1984).
Im Unterallgäu sind Auenböden mit der Bezeichnung „Tschernitza“ anzutreffen.
Oberbayern weist auch welche mit Bezeichnung „Auenpararendzina“ auf. Beide
Auenbödenarten entwickeln sich aus Kalkschotter. In Bereichen des Hügellandes an
Isar und Donau mit hohen Grundwasserständen ist Pseudogley-Gley zu finden, der
sich aus Hochuferlehm gebildet hat. Die Pseudogleye sind den terrestrischen Böden
zugeordnet. Aufgrund der fließenden Übergänge zu Gley oder anderen Typen wie
94
Auen(pseudo)gley kann auf eine Unterscheidung für geotechnische Betrachtungen
weitgehend verzichtet werden (Kuntze et al. 1994).
In Abhängigkeit vom Grundwasserleiter und dessen Mächtigkeit werden sich bei
tief liegenden dichten Untergrundschichten und mächtigen Grundwasserleitern,
wenn dadurch der Grundwasserstand mehrere Meter unter der alluvialen
Schwemmbodenschicht liegt, eher Auenböden entwickeln können, im entgegen gesetzten Fall eher Gley. Die Auswirkungen der Eindeichung auf Auenböden werden
z. B. von Schwartz et al. (1999) am Vergleich eines nicht eingedeichten und eingedeichten Bodenstandortes an der Mittelelbe beschrieben. Bei Eindeichung wird der
Standort naturgemäß trockener, was allerdings nicht unbedingt negative Auswirkung auf die Eignung für agrar- oder forstwirtschaftliche Nutzung hat.
3.4.3
Deichbaustoffe und Untergrundbeschaffenheit in Bayern
Als Deichbaustoffe sind natürliche und künstliche Baustoffe geeignet, sofern sie die
Anforderungen an Durchlässigkeit, Verdichtungsfähigkeit, Scherfestigkeit und Filtereigenschaften erfüllen. Neben Steinen mit Kantenlängen bis zu 15 cm kann u. a.
recycelter Bauschutt verwendet werden. Ausschlusskriterium ist i. Allg. ein zu hoher Anteil an organischen Bestandteilen (> 4 %). Der Untergrund ist i. d. R. natürlich gewachsen und wird ggf. von einer bindigen Deckschicht überlagert
(DIN 19712/1997).
Über 70% der bayrischen Deiche an Gewässer 1. und 2. Ordnung sind aus Kiesen
aufgebaut. Davon sind ein Großteil Einheitsdeiche. Bei knapp 15% wurden im
Deichkörper überwiegend Schluffe aus bindigen Deckschichten verbaut. Fast zwei
Drittel aller Deiche werden, wie im vorigen Abschnitt erwähnt, von einer bindigen
Deckschicht, welche meist aus tonigen, sandigen oder kiesigen Schluffen – bezeichnet als Auenböden oder Gleye – besteht, unterlagert (Haselsteiner u. Strobl
2005). In Baugrundgutachten einiger Deichstandorte an bayrischen Gewässern wiesen die bindigen Deckschichten bereichsweise am gleichen Standort eine Variation
ihrer Mächtigkeit von 0,0 bis 2,0 m auf. Beim überwiegenden Rest der Deiche stehen direkt unterm Deichlager Kiese an. Diese Kiesablagerungen sind sehr durchlässig, haben eine Mindestschichtdicke von mehreren Metern und werden i. d. R. von
undurchlässigeren Schichten, Mergel oder Tonen, unterlagert. Unter dem Deich
bzw. der Auelehmschicht sind ebenfalls Sande oder Schluffe anzutreffen, welche
die Form von Sandbändern und/oder Schlufflinsen annehmen können. Der Untergrund von Deichen kann u. U. derart inhomogene Strukturen aufweisen und mit
95
organischen Böden durchsetzt sein, dass im Zuge von Ertüchtigungsmaßnahmen ein
Bodenaustausch durchgeführt werden muss (Dahlke et al. 1999a, Pohl et al. 1999).
Die Auswertung der Baugrundgutachten durchgeführter Deichertüchtigungsmaßnahmen ermöglichte es, die in Abb. 3-12 gezeigten Körnungsbänder der vorkommenden Bodenarten zu erstellen. Die Kiese, die als Deichbaumaterial verwendet
werden, entsprechen in etwa den Kiesen im Untergrund. Auenlehme stellen i. d. R.
sandige Schluffe dar (siehe Abschnitt 3.4.2), welche bevorzugt als Dichtungsmaterial für natürliche Oberflächendichtungen verwendet werden.
Abb. 3-12: Körnungsbänder typischer Deichböden in Bayern
Den unterschiedlichen Böden i. Allg. entsprechende, in Baugrundlaboren ermittelte
Bodenparameter sind in Tab. 3-5 angegeben (vgl. Anhang 1, S. 349).
Tab. 3-5: Bodenparameter für Deichbaustoffen und Deichuntergrund
BodenNr.
1
2
3
4
Bodenparameter
ϕ'
γ'
Vorkommen /
c'
γ
3)
Verwendung
Bez. [kN/m³] [kN/m³] [°] [kN/m²]
Stützkörperkies
G, s
19.5
11.0 33.5
0.0
Auelehm (Schluffe)1) U, s
19.5
10.0 25.0
3.0
2)
Mischsande
S, u , g 20.0
11.0 29.0
2.5
Untergrundkies
G, s
20.5
11.5 33.0
0.0
1)
Entspricht dem Bodenstoff für natürliche
Oberflächendichtungen.
2)
Äußerst selten als Untergrundmaterial oder
Deichbaustoff anzutreffen.
3)
Bezeichnung nach DIN 4020.
Skizze:
2
1
+
3
4
+
3
kS
[m/s]
4.E-03
4.E-07
5.E-04
5.E-03
96
3.5
Bewuchs auf Deichen
3.5.1
Allgemeines
Bewuchs, vor allem große Gehölze, und Wühltiere können den Deich durch die
Bildung von Hohlräumen, die Sickerwegigkeiten darstellen, in seiner Funktion beeinträchtigen. Aus diesem Grund sind bereits zahlreiche Abhandlungen und Regelwerke erarbeitet worden, die primär die Sicherstellung der Standsicherheit von
Flussdeichen im Auge haben und die Zulässigkeit von Bewuchs eben von dieser
abhängig machen und erst nachgestellt den ökologischen oder landschaftsästhetischen Aspekten Beachtung schenken (DIN 19712/1997, DVWK 226/1993, DVWK
247/1997).
Bewuchs wird nach DIN 19712/1997 und DVWK 226/1993 in
-
Rasen,
-
Magerrasen, Wiesengesellschaften und Hochstaudenfluren und
-
Gehölze (Büsche und Bäume)
unterschieden.
Während gut ausgebildete Grasnarben aus Rasen oder Magerrasen auf den Deichböschungen sich auf die Standsicherheit günstig auswirken, beinhalten Gehölze
stets Gefährdungspotential, wobei Büsche weniger kritisch zu beäugen sind als
Bäume (Winski 2004). Die Unterscheidung zwischen Baum und Busch kann sich
im Einzelfall jedoch schwierig gestalten (siehe z. B. Aas u. Riedmiller 1987). Der
Gehölzbewuchs ist auf und an Deichen deshalb nur sehr restriktiv oder aufgrund
durchgeführter Sicherungsmaßnahmen bzw. Vorkehrungen zugelassen (Haselsteiner u. Strobl 2004, 2005, 2006a, 2007, siehe auch Abschnitt 3.5.2).
Die Ausbildung und Entwicklung von Bewuchs hängt im Wesentlichen von den
Standortbedingungen sowie von den Pflegemaßnahmen ab (DVWK 226/1993). Für
die Standsicherheit des Deiches spielen in erster Linie die Wurzeln von Gräsern,
Kräutern, Wiesengesellschaften, etc. und Gehölzen eine wichtige Rolle, die zur
Versorgung der Pflanze mit Wasser und Nährstoffen genutzt werden und zur statischen Verankerung des Sprosses in den Boden dienen. Deshalb ist es von gesteiger-
97
tem Interesse, welche Formen Wurzeln im Boden allgemein und speziell in Deichen
annehmen können.
3.5.2
Wurzeln im Boden
3.5.2.1 Einteilung von Wurzeln
In dieser Arbeit wird differenziert in Gehölzwurzeln und die Wurzeln von Rasen
und Wiesengesellschaft, wobei zu beachten ist, dass die Vegetationsdecken aufgrund ihrer Eigenschaften bei Deichen eine besondere Rolle spielen. Deshalb wird
im Folgenden auch verstärkt auf die Vegetationsdecken (Grasnarben) eingegangen
(siehe Abschnitt 3.5.5).
Artspezifisch können nach Köstler et al. (1968) Bäume drei unterschiedliche Wurzelsysteme ausbilden (DVWK 226/1993, Winski 2004, LfU BY 1990):
-
Herzwurzelsystem (z. B. Lärche, Douglasie, Birke, Linde, Ahorn)
-
Pfahlwurzelsystem (z. B. Kiefer, Tanne, Eiche, Ulme)
-
Senkerwurzelsystem (z. B. Fichte, Strobe, Esche, Schwarzerle, Eberesche)
Nach Köstler et al. (1968) können Wurzeln nach ihrem Durchmesser in Fein- und
Grobwurzeln unterteilt werden (Tab. 3-6).
Tab. 3-6: Wurzeleinteilung (nach Köstler et al. 1968)
Feinwurzeln
Ø < 5,0 mm
Grobwurzeln
Ø > 5,0 mm
Feinstwurzeln
Feinwurzeln im engeren Sinn
Schwachwurzeln
Grobwurzeln im engeren Sinn
Derbwurzeln
Starkwurzeln
Ø < 1 mm
1 mm < Ø < 2 mm
2 mm < Ø < 5 mm
5 mm < Ø < 20 mm
20 mm < Ø < 50 mm
Ø > 50 mm
Die Intensität der Durchwurzelung kann in extensiv, intensiv und kombiniert unterschieden werden. Intensivwurzler, wie z. B. unterschiedliche Gräser und Kräuter,
haben kurze, stark verzweigte und dicht beieinander liegende Wurzeln. Extensivwurzler haben hingegen ein weitstreichendes und meist auch tiefgehendes Wurzelsystem (Schiechtl 1985).
Die Beispiele in Abb. 3-13 zeigen jedoch, dass die Ausbreitung bzw. die Ausbil-
98
dung von Wurzeln bei besonderen Standortbedingungen nicht abschätzbar ist.
3.5.2.2 Allgemeine Standortbedingungen für Wurzelausbreitung und Wurzelwachstum - Wasserhaushalt, Sauerstoff und Nährstoffangebot
Das Wurzelwachstum ist wesentlich von dem im Boden gespeicherten oder in einem Grundwasserleiter geführten Wasser abhängig. Bei Deichen, die aus kiesigen
Böden geschüttet sind, stellt die organische Deckschicht, auch als Oberboden30 oder
Mutterboden bezeichnet, oft die einzige Wasserquelle dar, da das Wasser in Kiesen
aufgrund der grobporigen Struktur nur in sehr geringem Maße gespeichert werden
kann. Dort treten deshalb vorzugsweise bei Bäumen Flachwurzelsysteme auf (Abb.
3-13). Marks u. Tschantz (2002) geben einen Wassergehalt von mindestens
w = 12% an, den eine Wurzel i. Allg. im Boden als Lebensgrundlage benötigt. Ein
steinig, sandiger Boden hemmt die Wurzelausbreitung ebenso wie Tone, da diese
aufgrund ihrer feinporigen Struktur bei Austrocknung große Wasserbindungskräfte
aufweisen31.
Treten tiefer liegende wasserführende Schichten auf, können vor allem Gehölze, die
zu Pfahlwurzelsystemen neigen, auch kiesige Schichten durchdringen (hydrotropischer Reiz). Der erhöhte mechanische Widerstand von grobkörnigen Böden verursacht i. d. R. auch ein verlangsamtes Wachstum (Polomski u. Kuhn 1998). Beispiele
sind in LfW BY (1990) enthalten (Abb. 3-13, E).
Standorte mit dauerndem Überschuss an Wasser, sog. Stagnogleye, welche beim
Vorhandensein von Stauwasserhorizonte auftreten, stellen sehr ungünstige Bedingungen dar. Das Wurzelwachstum bleibt an solchen Bereichen durchweg auf die
oberen, nicht durchnässten Bodenhorizonte beschränkt (LfW BY 1990). In einzelnen Fällen können sich besondere Wurzelbilder, wie z. B. die Luftwurzeln der
Mangrove, ausbilden (negativer Geotropismus). Nach oben gerichtetes Wurzelwachstum konnte auch bei Fichten in Waldböden festgestellt werden (Polomski u.
Kuhn 1998).
_________________________
30
Als Oberboden wird die oberste Schicht des durch physikalische, chemische und biologische Vorgänge entstandenen
belebten Bodens verstanden. Er ist für vegetationstechnische Zwecke besonders geeignet und enthält Wurzeln und Samen
von standorttypischen Pflanzen. (DIN 18915/2002)
31
Der Wasseranteil in Böden, der nicht von Pflanzen genutzt werden kann, wird auch als Totwasser bezeichnet (Büring
1999). Der pflanzenunwirksame Porenanteil liegt über Porenanteil beim permanenten Welkepunkt (siehe Abschnitt 2.3).
99
Die Luftkapazität und somit der Sauerstoffvorrat von bindigen Böden ist geringer
und somit ungünstiger für das Wurzelwachstum als von körnigen Böden. Gräser
sind bzgl. Sauerstoffvorkommen anspruchsloser als Bäume. Sauerstoff- und Wasservorkommen werden durch Reduktion des Porenvolumens, besonders der Grobporen, durch z. B. Verdichtungsarbeit beeinträchtigt (Büring 1999). Die Durchwurzelung selbst sorgt für eine Auflockerung des Bodens, was die Luftkapazität wiederum erhöht (Lichtenegger 1985). Die Luftkapazität von durchwurzelten Oberböden am Niederrhein beträgt nach Husicka (2003) in etwa 10 bis 12%. Diese Werte
bestätigen auch umfangreiche Untersuchungen an sächsischen Deichen (LfL SA
2005).
Ist Grundwasser erreichbar, können manche Gehölzarten in den Grundwasserhorizont hineinwachsen insbesondere Erlen, Weiden und Ulmen. Stehendes, sauerstoffarmes Wasser wird von Gehölzen gemieden. Das Wurzelwerk reagiert dann häufig
mit vermindertem Tiefenwachstum und der Ausbildung von flachen Wurzeltellern.
Schwankende Wasserhorizonte im Boden können Wurzeln, insbesondere die der
älteren Gehölze, zum Absterben zwingen, da entweder bei Wasserentzug durch
Grundwassersenkung der Wasserhaushalt nicht mehr sichergestellt ist, oder bei Überstauung der Wurzeln die Sauerstoffzufuhr zum Erliegen kommt.
In Bereichen mit hohem Nährstoffangebot nimmt die Durchwurzelungsintensität zu
(LfW BY 1990). Das Nährstoffangebot wird vor allem durch die Stickstoff (N)
beinhaltenden organischen Oberbodenschichten gedeckt. Dort bilden Gehölze bevorzugt Feinwurzeln aus (Büring 1999). Anhand von C/N-Werten und den Mengen
an Phosphor (P), Kalium (K) und Magnesium (Mg) kann eine Bewertung des Nährstoffangebots vorgenommen werden. Die C/N-Verhältnisse sind i. d. R. bei normal
humosen Böden im Bereich von C/N = 10 – 12 (Husicka 2003, Schwartz et al.
1999). Nährstoffmängel wurden bei untersuchten Grasnarben am Rhein und in
Sachsen sehr selten festgestellt (Husicka 2003, LfL SA 2005). Wesentlich für die
Bodenentwicklung und besonders für das Nährstoffangebot sind das Edaphon32 und
die Wurzeln höherer Pflanzen. Umso mehr Bodenlebewesen vorhanden sind, desto
mehr sind Umwandlungs- und Verlagerungsprozesse sichergestellt (Scheffer et al.
1984). Bodentierchen zerkleinern abgestorbene Pflanzenreste und Tierleichen und
fördern die Zersetzung durch Mikroorganismen. In kalkreichen Auenwäldern sind
Schnecken und Regenwürmer dominierend, in nassen Böden Schnakenlarven
_________________________
32
Edaphon bezeichnet die Bodenflora und -fauna (Scheffer et al. 1984).
100
(Scheffer et al. 1984). Da der Großteil des Edaphons zum Überleben Sauerstoff benötigt, spielen wiederum Luft- und Wasserkapazität eine wesentliche Rolle.
Die Intensität der Durchwurzelung dieser Bereiche steigt deshalb mit ausreichender
Belüftung und dem Wassergehalt, was z. B. durch die Wurmtätigkeit und das Verrotten abgestorbener Wurzeln begünstigt wird.
Zu niedriger Kalkgehalt führt zu einem eingeschränkten Wurzelwachstum, während
zu hoher Kalkgehalt und zu hohe Konzentration von Nährsalzen das Wurzelwachstum völlig stilllegen können. Negativ wirken sich ferner die Bodenversauerung und
freies Aluminium oder Mangan aus, welches die Bäume i. d. R. durch Wurzelwachstum in günstigere Bodenbereiche kompensieren können (Köstler et al. 1968).
Der pH-Wert von durchwurzelbaren Böden sollte größer als pH = 5,5 sein (Büring
1999). Erfahrungswerte bei untersuchten Grasnarben zeigten zum Großteil dementsprechende pH-Werte im schwach bis mäßig sauren Bereich (Husicka 2003, LfL
SA 2005, Schwartz et al. 1999).
3.5.2.3 Mechanische Widerstände von Böden gegen Durchwurzelung
Mit zunehmender Korngröße sind die wachsenden Wurzelspitzen nicht mehr in der
Lage die Körner beiseite zu schieben. Sie sind deshalb zur Richtungsänderung oder
zum Wachstumsstopp gezwungen. Eine Ausbreitung von Bodenwurzeln durch
selbst erzeugte Druckkräfte, die Bodenpartikel verdrängen können, ist aufgrund der
geringen, von der Wurzel selbst erzeugbaren Drücke in vernachlässigbarem Ausmaß möglich (Haselsteiner u. Strobl 2006a, Kuntze et al. 1994). Die Wurzel sucht
sich seinen Weg demnach nach dem „Prinzip des geringsten Widerstandes“. Bei
Deichen, die zum Großteil aus gut verdichtetem Kies bestehen, werden der Durchwurzelung in hohem Maße Widerstände entgegengesetzt. Lediglich in einer locker
gelagerten Oberbodenschicht ist aus diesem Grund in größerem Umfang eine
Durchwurzelung möglich.
Wesentlichen Einfluss auf die Bildung von Hohlräumen für die Durchwurzelung hat
die wühlende Markofauna (vgl. Abschnitt 3.6) und Risse, die z. B. durch Verformungen, durch Frost, Austrocknung bzw. Schrumpfen und Quellen, Setzungen und
Senkungen hervorgerufen werden.
Im Allgemeinen beruht die schädigende Wirkung von Frost auf der beim Phasenübergang von Wasser zu Eis auftretenden Volumenausdehnung um ca. 9,1%. Bei
mehreren Frosttauwechseln kann dies zur irreversiblen Zerstörung des vorhandenen
101
Gefüges führen. Risse, Spalten und die Bildung von Frostlinsen sind das Resultat,
was sowohl zu einer Abnahme der Festigkeit und der Stabilität als auch einer Erhöhung der Durchlässigkeit führen kann. Wesentlich für die Betrachtung von Frost an
Deichen ist die Frosteindringtiefe, die z. B. nach Brown (1964) abgeschätzt werden
kann. In der Praxis wird in Bayern häufig mit einer Frosteindringtiefe von 0,8 bis
1,2 m gerechnet. Kiese der Klassifizierung GW, GI und GE sowie Sande SW, SI
und SE sind frostsicher (FGSV 1997). Gefährdet sind nach Scheffer et al. (1984)
Böden mit Schluff- und Tongehalten von über 5% bei schneller Wassernachlieferung, sprich hoher Durchlässigkeit, und einem langsamen Gefrierungsprozess, wodurch größere Eislinsen entstehen können. Weitere Hinweise zu Frost im Baugrund
sind z. B. in Jessberger (1990) zu finden. Demnach sind bindige Deckschichten als
Vegetationsdecken besonders gefährdet.
Hartge (1985) beschreibt den Durchwurzelungsvorgang von Tonböden und führt die
mögliche Durchwurzelung hauptsächlich auf Rissbildung zurück. Diese entstünden
in erster Linie durch Schwundrisse infolge Austrocknens nach ggf. eingetretenem
Quellen. Verstärkt wird der Effekt des Schrumpfens durch den Wasserentzug, den
eindringende Wurzeln ausüben. Überkonsolidierte bzw. stark verdichtete Tonböden
werden hingegen als nicht durchwurzelbar bezeichnet.
Hartge (1985) beschreibt ebenfalls die Entwicklung von Wurzeln in Sandböden und
geht davon aus, dass „bei Sandböden mit zunehmender Durchwurzelung eine Vergrößerung des Porenanteils bei gleichzeitiger Anhebung der Bodenoberfläche“ erfolgt, da „die Wurzeln sich Platz schaffen“. Dabei wächst die Wurzel zuerst in vorhandene oder durch Bewegung des Bodens (Frost- und Austrocknungsrisse) neu
entstandene Hohlräume hinein und verdrängt so Boden. Aktiv können Wurzeln
durch Übertragung von Windkräften den Boden lockern und anschließend in den
Hohlraum einwachsen (Haselsteiner u. Strobl 2006a).
Falls dennoch z. B. ein hydrotropischer Reiz ausgelöst wird, durchörtern einzelne so
genannte Pionierwurzeln auch dicht gelagerte Böden. Dichte Bodenschichten können auch dafür verantwortlich sein, dass Gehölze stark gestauchte Wurzelbilder
entwickeln, wenn die Wurzel sich leichter in eine andere Richtung ausbreiten kann.
Wie in Abb. 3-13 zu sehen, bildete eine Grauerle mit spezifischem Herzwurzelsystem in hohem Maße Flachwurzeln aus. Oberflächliche Bodenverdichtungsmaßnahmen sorgen dafür, dass junge Gehölze zuerst flache Wurzeln ausbilden und sich erst
mit zunehmendem Alter und Nährstoff- sowie Sauerstoffbedarf in die Tiefe ausbreiten (LfW BY 1990).
102
Begemann u. Schiechtl (1986) geben einen optimalen Bereich der Kornverteilung
für Durchwurzelung an. Reine Kiese und sandige Kiese werden demnach auch mit
zunehmendem Verdichtungsgrad bzw. zunehmender Lagerungsdichte von Wurzeln
gemieden (Abb. 3-16).
Flühler (in Gisi 1997) fand einen Zusammenhang zwischen der Dichte, der Porosität und der Durchwurzelbarkeit von Feinerde. Sehr stark verdichtete Böden mit
Dichten größer 1,80 g/cm³ sind demnach nur extrem schwer zu durchwurzeln. Locker gelagerte Oberbodenschichten mit Dichten von ρ = 1,1 bis 1,5 g/cm³ (vgl. Husicka 2003) werden als „gut durchwurzelbar“ eingestuft. Coder (1998) gibt für die
maximal durchwurzelbare Dichte für verschiedene Bodenarten Grenzdichten an, die
zwischen ρmax = 1,40 g/cm³ für Tone und ρmax = 1,80 g/cm³ für Sande liegen.
Pauschale Wurzelreichweiten anzugeben ist, wie schon erwähnt, aufgrund der variierenden Randbedingungen bei Deichen nicht möglich. Auch die von Cutler u. Richardson (1991) oder Balder (1998) ermittelten Reichweiten bei durch Wurzeln
verursachten Schäden sind kein Maß zur Abschätzung der Wurzelausbreitung, da
sie erstens nur Maximalwerte berücksichtigen und zweitens nicht auf die besonderen Standortfaktoren von Flussdeichen eingehen.
3.5.2.4 Sonstige Einflussfaktoren auf das Wurzelwachstum
Lichtintensive Standorte bewirken ein verstärktes und intensiveres Wurzelwachstum (Köstler et al. 1968). Nach Polomski u. Kuhn (1998) sind besonders Buche,
Roteiche, Birke, Erle und Robinie sehr schattenempfindlich und schränken bei
Lichtmangel ihr Wurzelwachstum markant ein. Hartmann (1952) hat festgestellt,
dass bei Lichtmangel vor allem das Wachstum von Fein- und Seitenwurzeln schwächer ausgebildet wird, während die Haupt- und Pfahlwurzeln eher kräftiger sind.
In Relation zur Umgebungstemperatur hohe Bodentemperaturen verstärken das
Wurzelwachstum, während hohe Umgebungstemperaturen generell das Wachstum
von Spross und Wurzeln verstärken (Hellmers 1963). Niedrige Temperaturen verringern die Tendenz zur Aufzweigung und vermindern das Längenwachstum, was
zu Flachwurzelsystemen führen kann (Nambiar 1983). Im Herbst vollzieht sich
i. d. R. ab gewissen Bodentemperaturen ein Wachstumsstopp, der im Frühjahr ab
entsprechenden Bodentemperaturen wieder aufgehoben wird (Ladefoged 1939).
Wachstum erfolgt i. Allg. ab Bodentemperaturen von 0°C und nimmt merklich ab
4°C zu (Winski 2004).
103
Aufgrund der hohen Windbelastung ist der Baum bestrebt, sich durch sein Wurzelwachstum im Boden zu verankern. Mit zunehmendem Alter und etlichen Vegetationsperioden wird die Standsicherheit von Bäumen i. d. R. größer. Bei flachwurzelnden Gehölzen werden häufig zusätzlich stützende Seitenwurzeln ausgebildet
(Köstler et al. 1968). Gehölze bilden die beanspruchten Bereiche, z. B. die Zugbereiche auf der windabgewandten Seite, stärker aus. Stark vom Wind beanspruchte
Bäume reagieren generell mit einem verstärkten Wurzelwachstum, um ihre Standsicherheit sicherzustellen. Deshalb sind vor allem junge Bäume, die in dichten Pflanzungen stehen, standsicherheitsgefährdet, da sie mit verstärktem Höhenwachstum
versuchen, den besten Sonnenplatz einzunehmen und dabei das Wurzelwachstum
vernachlässigen (Mattheck u. Bethge 1999). Die Windeinwirkung und die dadurch
hervorgerufene Bewegung der Wurzeln, die eine Lockerung des Bodens verursachen kann, begünstigt hierbei das weitere Wurzelwachstum (Hartge 1985).
3.5.3
Wurzelausbreitung in Flussdeichen
3.5.3.1 Allgemeines
Wie schon die Behandlung der allgemeinen Standortbedingungen für Wurzeln im
Boden unter Punkt 3.5.2 zeigt, hängt die Wurzelausbreitung von vielen Faktoren ab.
Deiche stellen in Abhängigkeit u. a. vom Deichaufbau, Deichmaterial und Wasserhaushalt sowie den klimatischen Randbedingungen ein für Gräser, Wiesengesellschaften und Gehölze mehr oder minder geeigneten Standort dar. Weichen die Eigenschaften vorhandener Böden stark von den Anforderungen an für die Durchwurzelung der Grasnarbe gedachten Oberbodenschichten ab, können Maßnahmen, wie
z. B. die Zugabe von mineralischem Kolloidmaterial oder Mull, getroffen werden,
um das Wachstum des Böschungsbewuchses und somit die Durchwurzelung der
Oberbodenschicht zu verstärken (Büring 1999).
Homogene Rasendecken bilden als artenarme Bestände Wurzeln mit einem Wurzelhorizont von 5 – 10 cm aus, während artenreiche Pflanzengesellschaften mit
Wurzelhorizonten von 35 bis 175 cm weitaus tiefer wurzeln können
(DVWK 226/1993).
Neben den Wurzelaufgrabungen des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft (LfW BY 1990) gibt auch Winski (2004) und die darin enthaltende Literatur
Hinweise zu der auf Deichen möglichen Ausbreitung von Gehölzwurzeln. Winski
(2004) beschreibt das Verhalten von Wurzeln unter natürlichen Bedingungen sowie
104
auf Deichen, dabei stützt sich Winski (2004) insbesondere auf Ehlers (1986),
Köstler et al. (1968), Kutschera at al. (1997), Kutschera u. Lichtenegger (2002),
Schlüter (1990) und Balder (1998). Nach Winski (2004) spielen die Wurzeln von
Sträuchern und die Sträucher selbst bei der Gefährdung der Standsicherheit nur eine
untergeordnete Rolle, weil sie erstens „schwach ausgebildet sind“ und zweitens
„weit weniger statische Problem als Bäume“ haben. Schwierig ist diese Unterscheidung nach Winski (2004) bei Strauch- bzw. Baumarten, die keiner der beiden
Arten eindeutig zugeordnet werden können. Deshalb werden hier prinzipiell Sträucher mitbehandelt, wobei im Einzelfall je nach Strauchart keine unmittelbaren statischen und geohydraulischen Gefahren von einem kleinwüchsigen Strauch zu erwarten sind. Grasbewachsene Oberbodenschichten werden in Abschnitt 3.5.5 eingehender behandelt.
3.5.3.2 Standortbedingungen an Flussdeichen
Je nach Gewässer und Standort können Vorland und Deiche regelmäßig eingestaut
werden, was dazu führt, dass im Vorland und an der wasserseitigen Deichböschung
sich die typischen Weichholz- und Hartholzauen ausbilden können. In diesen Bereichen werden sich mittelfristig die gegen Überflutung und ggf. Staunässe resistenten
Gehölzarten niederlassen (vgl. Gehölzeigenschaften, Anhang 3 bis Anhang 9, S.
351 und 357).
Aufgrund der Nähe zum Gewässer steht i. d. R. unter Flussdeichen Grundwasser an.
Reicht die Wasserversorgung nicht aus, können Gehölze tief liegende Wasserspeicher und Grundwasserhorizonte erreichen, wobei Schichten durchwurzelt werden
können (z. B. Kiesschichten), die unter normalen Umständen für Wurzelwachstum
nicht geeignet sind (vgl. Abschnitt 3.5.2.3). Bei Schardeichen kann davon ausgegangen werden, dass der Grundwasserstand in etwa dem Wasserstand im Fluss entspricht. Bei hohen Grundwasserständen, z. B. durch stauende Untergrundschichten,
kann Staunässe auftreten. Staunässe führt bei den empfindlichen Gehölzen (vgl.
Gehölzeigenschaften, Anhang 3 bis Anhang 9, S. 351 und 357) zu besonderen Wurzelformen, zur Wachstumsbehinderung oder zum Absterben des Baumes. Besonders beim Neubau von Deichen oder Flutpoldern sollte der Einfluss der Veränderung des Wasserhaushaltes auf den Gehölzbewuchs berücksichtigt werden.
In den i. d. R. auf Deichen vorkommenden Oberbodenschichten, die als Durchwurzelungs- und Nährschicht für die üblicherweise als Rasen bzw. Magerrasen ausgeführte Vegetationsdecke dient, befinden sich i. Allg. auch gute Standortbedingun-
105
gen für eine Durchwurzelung durch Gehölzwurzeln, was u. a. die zahlreichen Aufgrabungen an bayerischen Deichen untersteichen (LfW BY 1990, vgl. Abschnitt 3.5.2).
Aufgrund der Böschungsneigungen können Bäume sowohl einen schiefen Spross
ausbilden als auch mit einseitigem Wurzelwachstum reagieren (Winski 2004). Gut
verdichtete Deichstützkörper aus Kiesen sind i. Allg. wurzelhemmend. Falls der
Baum jedoch keine anderen Bereiche außer dem Kies vorfindet, um sich auszubreiten, werden auch reine Kiese bis zu einem gewissen Grad durchwurzelt, vornehmlich durch einzelne Pfahlwurzeln, was Winski (2004) bestätigt (vgl. Abb. 3-13).
Deiche, die nicht aus grobem Substrat bestehen, sondern z. B. aus Sand oder bindigen Mischböden, setzen der Durchwurzelung weniger Widerstand entgegen. In humusreichen Mineralböden reicht die Austrocknung bis zu einem Wassergehalt nahe
der Feldkapazität bereits aus, um eine Wiederbenetzung von Schwundrissen und ein
Schließen der Risse zu erschweren. Wurzeln dringen bevorzugt in diese Schwundrisse ein (Kuntze et al. 1994).
Insbesondere kann die ohnehin schon sehr locker gelagerte Oberbodenschicht durch
Frost zusätzlich gelockert werden. Gleiches gilt für Oberflächendichtungen ohne
ausreichende Überdeckung. Der Frosteinfluss bewirkt zum einen eine Zunahme der
Durchlässigkeit und zum anderen eine Dichteveränderung sowie die Abnahme von
Zug- und Druckfestigkeit (Quandt 1998). Für Innendichtungen gilt ähnliches (vgl.
Abschnitt 3.3.4.3).
„Schluffige Deiche sind weitgehend durchwurzelt“ (Winski 2004). Dies kann auch
für Kiesdeiche gelten, die bei ihrer Errichtung, die teilweise schon einige Jahrzehnte
her ist, nicht richtig verdichtet wurden, wie Abb. 3-13 zeigt. Ob beim angegebenen
Beispiel das intensive Tiefenwachstum im stammnahen Bereich durch lockeren
Kies unterstützt wurde, bleibt zu vermuten.
3.5.3.3 Beispiele zur Wurzelausbreitung von Gehölzen in Deichen und Dämmen
Einige bereits in Abschnitt 3.5.3.2 erwähnte Fälle von Wurzelausbreitungen in Deichen sind in Abb. 3-13 skizziert. Aus den Darstellungen lässt sich resultierend zusammenfassen, dass die Durchwurzelung in erster Linie in der Oberbodenschicht
stattfindet (vgl. Abb. 3-13, A – C), aber auch ungünstige Böden durch vereinzelte
Wurzeln durchdrungen werden. Bäume bilden gegen ihr genetisch vorprogrammier-
106
tes Wurzelsystem i. d. R. flachere Wurzelsysteme aus und können sowohl ungünstige Kiese (vgl. Abb. 3-13, E) und Dichtungen durchdringen.
A
Schwarzpappel
Deich am Lech
HB = 16 m
DB = 1,0 m
B
≈2m
≈4m
Humoser
Oberboden
0,30 m
Weide
Deich an der Loisach
HB = 13 m
DB = 0,37 m
Humoser
Oberboden
0,30 m
+ Lehm 0,1 m
Kies
Kies, steinig, sandig
Bemerkung:
Die Wurzeln haben sich verstärkt im
Bereich des Oberbodens ausgebreitet und
den Kies vertikal durchdrungen.
Grauerle
Deich an der Loisach
HB = 16,5 m
DB = 0,23 m (x2, zweistämmig)
Humoser
Oberboden
0,20 m
+ Lehm 0,1 m
D
Esche
Deich am Lech
HB = 9,5 m
DB = 0,30 m
Humoser
Oberboden
>3m
≈ 1,5 m
C
Bemerkung:
Weide bildet intensive Pfahlwurzeln und
verstärkt kräftige Seitenwurzeln aus.
Kies
(1,3 m)
Überschüttung
Kies + Grobkies
Bemerkung:
Eine Grauerle mit spezifischem
Herzwurzelsystem bildet Flachwurzeln aus.
E
Ahorn
Deich an der Donau
HB = 9 m
DB = 0,5 m
Lehm
Kies (humos)
Bemerkung:
Ausbildung eines Senkerwurzelsystems,
resistent gegen massive Überschüttung
Humoser
Oberboden
0,30 – 0,70 m
≈3m
Oberflächendichtung
Kies
Auenboden
Bemerkung:
Ahornwurzeln breiten sich in der Oberbodenschicht bis zur Wasserseite aus.
Pionierwurzeln durchörtern ungünstige Kiesschicht bis in den Auenboden.
Abb. 3-13: Skizzierte Beispiele zur Durchwurzelung von Deichen infolge Gehölzbewuchs (nach LfW BY 1990)
Kunz (2001) berichtet von einer Durchwurzelung einer Tonoberflächendichtung in
einem Damm am Mittellandkanal bei Haldensleben, der vorwiegend mit Pappeln
bewachsen war. Die Wurzeln in der Dichtung erreichten Durchmesser von bis zu
107
3 cm und durchdrangen die Dichtung komplett. Seethaler (1999) bestätigt, dass
Wurzeln natürliche Dichtungen durchwurzeln können. Einige Baumarten können
auch Überschüttungen standhalten (vgl. Gehölzeigenschaften, Anhang 5, S. 353,
rechte Spalte) und breiten je nach Untergrundbedingungen ihr Wurzelwerk weiterhin aus (vgl. Abb. 3-13, D).
Ähnlich wie in Abb. 3-13 (Beispiel E) gibt Seethaler (1999) ein Beispiel einer Pappel auf einem Hochwasserschutzdeich an der Donau an. Die Pappel durchwurzelte
den Deichstützkörper, obwohl dieser aus Kies besteht, und dringt in die feuchte Auenlehmschicht ein. Gleichzeitig breiten sich starke Seitenwurzeln innerhalb der Oberbodenschicht über die Deichkrone bis zur wasserseitigen Böschung in die dort
befindliche Dichtung aus.
Es wird darauf hingewiesen, dass im Bereich von Rohren, insbesondere Wasserleitungen, und befestigter Fahrbahnen auf und an Deichen Gehölze Schäden hervorrufen können. In Balder (1998) sind Beispiele aus dem städtischen Bereich zu finden.
Zum einen können oberflächliche Schäden an Gehwegen und Fahrbahnen auftreten
und zum anderen im Untergrund verlaufende Leitungen und Rohre beschädigt werden.
3.5.4
Zulässiger Gehölzbewuchs auf Deichen
3.5.4.1 Allgemeines
In DIN 19712/1997, DVWK 210/1986 und DVWK 226/1993 sind die bestehenden
Regelungen, die den Bewuchs festlegen, enthalten. In Haselsteiner u. Strobl (2004,
2005, 2006a, 2007) werden weitere Möglichkeiten aufgezeigt, wie und unter welchen Rahmenbedingungen regelkonform mit Bewuchs auf Deichen auch im Rahmen von Ertüchtigungsmaßnahmen verfahren werden kann.
3.5.4.2 Auswirkungen von Gehölzen auf die Standsicherheit von Deichen
Von Seiten der Ingenieurbiologie werden folgende auf die Standsicherheit des Deiches positiv wirkende Einwirkungen angeführt:
-
Wurzeln können sowohl die lokale als auch globale Standsicherheit erhöhen,
weil sie ungünstige Gleitkreise oder Rutschflächen durchörtern. Man spricht
von einem Verdübelungseffekt (Seethaler 1999). Dies bewirkt eine Bodenstabilisierung (Schiechtl 1985). Die Erhöhung der lokalen Standsicherheit
108
wird z. B. von BAW MSD (2005) durch den Ansatz einer Wurzelkohäsion
herangezogen. Beim Nachweis der globalen Standsicherheit wird diese
i. d. R. nicht berücksichtigt.
-
-
Bei homogenen Deichen aus bindigen Schüttmaterialien können Gehölzwurzeln zur Bodenentwässerung, was eine Bodenverfestigung zur Folge haben
kann, beitragen und durch ihren Wasserbedarf als Drän wirken (vgl. Döscher
u. Armbruster 1999, Marks u. Tschantz 2002, Seethaler 1999).
Gehölze, besonders wurzelintensive Büsche, können zum Schutz vor Oberflächenerosion beitragen.
Die Beeinträchtigung der Standsicherheit durch Gehölz nach DIN 19712/1997 lassen sich wie folgt zusammenfassen (vgl. Haselsteiner u. Strobl 2004, 2006a):
-
-
-
-
Lockerung des Bodens durch Baumwurzeln vor allem bei Sturm
Umstürzende Bäume reißen Löcher in den Deich (Windwurf) (vgl. LfW BY
1990)
Begünstigung von Oberflächenerosion hervorgerufen durch Strömung und
Wellenschlag
Bildung von Hohlräumen und Sickerwegen durch
a.
Wurzelfraß von Wühltieren
b.
Verrottende Wurzeln
-
Erschwernis bei Überwachung, Deichverteidigung und Unterhalt
-
Beeinflussung des Graswuchses bzw. der Grasnarbe durch Beschattung
-
Durchwurzelung von Böden und Dichtungen (Erhöhung der Durchlässigkeit
und der Erosionsanfälligkeit)
-
Gefährdung von Entwässerungsvorrichtungen durch Wurzelwachstum
-
Ggf. Begünstigung des Auftretens von Wühltieren
109
-
Zusätzliche statische Belastung der Böschung (übertragbares Windmoment)
-
Beschädigung von Bauwerken im Deich (Marks u. Tschantz 2004)
Hartge (1985) unterstreicht die überwiegend auftretende lockernde Wirkung von
mehrjährigen Wurzeln im Boden. Zudem werden häufig oberflächennahe Bodenschichten angehoben und gelockert und anschließend durch Oberflächenerosion
abtransportiert. Die negativen Auswirkungen von Wurzeln in Deichen sind z. B.
durch die Wurzelaufgrabungen in LfW BY (1990) und die Zusammenstellung in
Winski (2004) belegt.
Primär dient die Durchwurzelung zur Stabilisierung des Baumes und Nährstoffsowie Wasserversorgung, womit eine Lockerung des Bodens einhergeht. Zusätzlich
wird die Standsicherheit indirekt dadurch herabgesetzt, dass die Deichüberwachung
und somit die Früherkennung von schädigenden Prozessen, wie z. B. Erosionstrichter, erheblich eingeschränkt sein kann (Marks u. Tschantz 2002).
Versagensmechanismen zu durch Gehölz verursachten Schäden an Deichen und
dazugehörige Beispiele sind in Haselsteiner u. Strobl (2005) zusammengestellt.
3.5.4.3 Bestehende Regelungen zu Gehölzen auf Deichen
Regeln zu Gehölzen auf Deichen sind in DIN 19712/1997 bzw. DVWK 226/1993
enthalten und können in folgenden Punkten zusammengefasst werden (aus Haselsteiner u. Strobl 2004, Abb. 3-14):
-
-
-
-
Kein Gehölzbewuchs auf nicht überdimensionierten Deichen, die aus Bodenarten bestehen, die eine Durchwurzelung begünstigen
Kein Gehölzbewuchs auf wasserseitigen Böschungen und Bermen, im Bereich der Deichkrone, an Überlaufstrecken und überströmbaren Teilschutzdeichen
Keine Ausbreitung der Wurzeln in den erdstatisch erforderlichen Deichquerschnitt
Kein Gehölzbewuchs im unteren Drittel der landseitigen Böschung aufgrund
Sickerwasserbeobachtung und Deichverteidigung
110
-
Bepflanzung nur in Gruppen unter Beachtung der Belange des Unterhalts
-
Sicherheitsabstand vom Deichfuß wegen Kolk- und Durchwurzelungsgefahr
-
Beachtung der Gehölze im Vorland im Bezug auf Hochwasserabfluss
-
-
Entfernung von Gehölzen im Falle einer Beeinträchtigung der Standsicherheit
Entfernung von abgestorbenen Wurzeln nach spätestens zwei Jahren
Die Forderungen einer Überhöhung bei mit Gehölzen bewachsenen Deichabschnitten, wie sie in DVWK 226/1993 und DVWK 210/1986 zu finden ist, fehlt in den
Ausführungen der DIN 19712/1997. Beispiele zur normgerechten Bepflanzung eines Deiches sind in Haselsteiner u. Strobl (2004, 2005, 2006a) zu finden. Von einer
analogen Anwendung der Bewuchsregelung für Dämme an Bundeswasserstraßen
nach BAW MSD (2005) sollte abgesehen werden (Haselsteiner u. Strobl 2004).
Weiterführende Hinweise zu dieser Thematik kann auch der internationalen Dammund Deichbaupraxis entnommen werden (USACE EM 2000b, TAW 1991, Marks u.
Tschantz 2002, EA W133 1998).
Landseitige Böschung
(Magerrasen)
3m
3
Überdimensionierter
Bereich
3m
1
1
Berme
3
Rasen auf 10 – 25 cm
Oberboden
Fahrbahnaufbau
(intensive Pflege)
Kein
Gehölz
Kein
Gehölz
Sträucher1)
(Wurzeln dürfen nicht
in dem erdstatischen
Querschnitt eindringen.)
< H/3
(befahrbar)
FahrbahnAufbau /
Kein
Gehölz
1m
Wasserstand
(bei Hochwasser)
Krone
(befahrbar)
3m
Wasserseitige Böschung
(Rasen)
Kein
Gehölz
Magerrasen
(extensive Pflege)
Abb. 3-14: Zulässiger Bewuchs auf Deichen (nach DIN 19712/1997 bzw. DVWK
226/1993, vgl. Anhang 2, S. 350)
3.5.4.4 Weitere Empfehlungen und Hinweise zu Gehölzen auf Deichen
Folgende Hinweise können über die in DIN 19712/1997 festgelegten Regeln hinaus
noch beachtet werden. Sie beruhen auf Untersuchungen zur Standsicherheit von
111
Bäumen (Haselsteiner 2002, Haselsteiner u. Strobl 2005). Hierbei wurden sowohl
Windwurf als auch Materialbruch untersucht (Mattheck 2002, Mattheck u. Bethge
1999, Norgard Nielson 1990, Sinn 2002, Weber u. Mattheck 2001, Wessolly u. Erb
1998).
-
-
-
-
-
-
Gesunde Bäume sollten ein H/D-Verhältnis (H: Höhe, D: Durchmesser) von
höchstens 50 aufweisen, um statisch und mechanisch standsicher zu sein. Im
Rahmen der Unterhaltung sollten deshalb Bäume auf dieses Verhältnis zugeschnitten werden. Die Standsicherheit von Jungbäumen ist i. d. R. eher gefährdet als die von alten Bäumen. Junge Bäume können jedoch aufgrund ihrer Vorspannung auch bei größeren H/D-Werten standsicher sein.
Bei der Belassung und/oder Pflanzung von Bäumen in Gruppen sollte darauf
geachtet werden, dass die einzelnen Bäume genügend Platz haben, um ein
überproportionales Höhenwachstum im Konkurrenzkampf mit anderen Artgenossen zu verhindern, was ungünstige H/D-Verhältnisse und damit geringe
Standsicherheiten der Einzelbäume zur Folge hat.
Die Durchsickerung oder Sättigung des Wurzelballens von Bäumen kann die
Scherwiderstandskräfte des Bodens und durch Erosionsvorgänge auch die
Verankerung der Wurzel im Boden maßgebend herabsetzen, so dass i. Allg.
eine Durchsickerung mittels baulicher Maßnahmen (Ringdrän o. ä.) ausgeschlossen werden soll.
Bei der Sicherung von Deichen mittels statisch wirksamen Innendichtungen
beim Vorhandensein von Gehölzen muss sichergestellt werden, dass die
Dichtung erstens nicht durchwurzelt wird (siehe Haselsteiner u. Strobl
2006a) und zweitens ggf. auftretende Momente aufgrund von Böschungsrutschungen nach Versagen des Baumes (Windwurf) aufnehmen kann.
Durchwurzelungshemmschichten können einerseits aus festen Baustoffen
wie Stahl, Kunststoffen o. ä. bestehen und anderseits aus grobkörnigem
Kiesmaterial und sind stets dort anzubringen, wo eine Durchwurzelung
nachteilige Auswirkungen auf die Standsicherheit mit sich bringt, besonders
im Bereich von Oberflächendichtung und Dräns am Deichfuß.
Wurzeln von Gehölzen müssen bei Gehölzfreistellungen restlos entfernt und
der Wurzelkrater mit entsprechendem Bodenmaterial verfüllt und verdichtet
werden. Hinweise hierzu sind in Marks u. Tschantz (2002) zu finden (vgl.
112
Haselsteiner u. Strobl 2005, 2006a).
Die Auswahl von standortgerechtem Gehölz und Pflegemaßnahmen können die
Form und Art des Gehölzbewuchses, wie bereits erwähnt, prägen. Deshalb spielen
im Wesentlichen für die Beurteilung der Zulässigkeit von Gehölzen die standortbedingten Einflüssen und die in Tab. 3-7 genannten Faktoren eine gewichtige Rolle.
Tab. 3-7: Standortspezifische und sonstige Faktoren für die Zulässigkeit von Gehölz
Nr.
1
2
3
4
5
6
7
Standortspezifisch
Wasserhaushalt
Nährstoffangebot
Sauerstoffversorgung
Licht
Temperatur
Wind
Boden
Nr.
Sonstige
1 Deichquerschnitt (Überprofil)
2 Sicherungsmaßnahmen
(wurzelfeste Sperren …)
3 Lage des Gehölzes am Deich
4 Größe und Wurzelbildung
des Gehölzes
5 Aufwand für Unterhaltung
Gehölze können ähnlich wie in LfU BW (1994) oder BAW MSD (2005) bezüglich
ihres Größenwachstums oder ihrer Wurzelausbreitung eingeteilt werden. Dadurch
kann artspezifisch die Zulässigkeit auf Deichen abgeschätzt werden. Durch eine
Aufgliederung von Deichen in wasserseitige Bereiche, W1 bis W5, in eine Kronenzone, und in landseitige Bereiche, L1 bis L6, wie in Abb. 3-15 zu sehen ist und wie
es z. B. in BAW MSD (2005) für Dämme an Bundeswasserstraßen entwickelt wurde, können auch unter Berücksichtigung und Bewertung o. g. Faktoren (Tab. 3-7)
von den Regeln in DIN 19712/1997 abweichende Formen des Bewuchses zugelassen werden, wenn die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit sichergestellt sind.
Die Deichkrone sowie das untere Drittel der landseitigen Böschungen bleiben
i. d. R. gehölzfrei. Falls jedoch die Deichüberwachung auf anderem Wege gesichert
und/oder besondere Sicherungsmaßnahmen durchführt wurden, kann auch von dieser Regel abgewichen werden. Näheres zu diesem Konzept kann Haselsteiner u.
Strobl (2004, 2005, 2006a) entnommen werden. Eine Übersicht eines Bewuchskonzepts, das u. a. Sicherungsmaßnahmen berücksichtigt und Gehölze in Abhängigkeit
von ihrer Höhe bzw. Einteilung in Gefahrenklassen (GeK) ist in (Anhang 10,
S. 358) gegeben. Die Einteilung ausgewählter Gehölze in vier Gefahrenklassen ist
in Anhang 11 (S. 359) angefügt.
Bauliche Sicherungsmaßnahmen wie Wurzelhemmschichten oder statisch wirksame
Dichtwände sind einfache aber teure Mittel zur Gewährleistung der Standsicherheit
von mit Gehölzen bewachsenen Deichen (vgl. Haselsteiner u. Strobl 2006a, Londong 1999, Seethaler 1999).
113
Vorland
Deichschutzstreifen
Wasserseitige Böschung
Krone
Landseitige Böschung
> H/3
Wasserstand
(bei Hochwasser)
5m
10 m
10 m
30 m
Zone
W5
Zone
W4
Zone
W3
Hinterland
< H/3
Berme
5m
Deichschutzstreifen
30 m
Zone
W2
Zone
W1
Zone
0
Zone
L1
Zone
L2
Zone
L3
Zone
L4
Zone
L5
Zone
L6
Abb. 3-15: Zoneneinteilung von Deichen zur Beurteilung der Zulässigkeit von Gehölzen (aus Haselsteiner u. Strobl 2005, 2006a, vgl. Anhang 10)
3.5.5
Grasbewachsene Oberböden
3.5.5.1 Allgemeines
Grundlegendes zu Grasnarben auf Deichböschungen ist bereits in Abschnitt 3.3.2.5
behandelt worden. Die hydraulische und erosionshemmende Wirkung von Vegetationsdecken hängt i. Allg. von den gleichen standortspezifischen Faktoren ab, wie
es für Gehölze der Fall ist (vgl. Tab. 3-7) und in besonderem Maße von der Pflege
und dem Saatgut selbst. Diese Wirkung der Vegetationsdecken kann anhand von
Einflussgrößen, wie z. B. Bewuchsdichte, Fehlstellen, Tiefe der Hauptwurzelzone,
Wurzelmasse, abgeschätzt werden (Bielitz u. Carstensen 2002, LfL SA 2005). Beispiele verwendeter Oberbodenkörnungen sowie einen für Durchwurzelbarkeit optimalen Bereich für Oberböden ist in Abb. 3-16 gegeben.
Da die Vegetationsdecke auf Deichen in erster Linie dem Schutz vor Oberflächenerosion dient, wird in der einschlägigen Fachliteratur auf die Bewertung der Erosionsfestigkeit besonderen Wert gelegt (Husicka 2003, Bielitz u. Carstensen 2002,
LfL SA 2005). Anhaltswerte für die von Böschungsaufbauten aufnehmbaren Belastungen können dem Fachgebiet „Böschungssicherungen“ entnommen werden (Tab.
3-8).
Ein Indiz der Erosionsfestigkeit ist die Fehlstellengröße [cm²] pro Vergleichsfläche.
Sofern diese unter 25 cm² beträgt, ist die Grasnarbendichte nach Husicka (2003) als
ausreichend dicht und dementsprechend erosionssicher anzusehen. Andere Quellen
stellen höhere Anforderungen an die Fehlstellengröße und setzen den Schwellenwert für eine gute Grasnarbendichte auf 5 cm² herab (Liebrand 1999). Von regelmäßigen Pflegemaßnahmen begleitete Deiche in Sachsen entsprechen zum Großteil
dem Kriterium nach Husicka (2003), wobei die Fehlstellengröße jahreszeitlich
114
schwankt und in der Vegetationsperiode (April – August) geringere Werte angetroffen werden. Untersuchungen an Rheindeichen brachten ähnliche Ergebnisse. Bestände mit Beweidung und/intensiver Pflege zeigten i. Allg. höhere Grasnarbendichten (Husicka 2003).
Tab. 3-8: Von Böschungssicherungen aufnehmbare Schubspannungen und Fließgeschwindigkeiten (erweitert aus Haselsteiner 2006)
Ufersicherung
Rasen
Pflanzung
gesicherte
Pflanzung
Buschmatratze
Verpflockte
Steinberollung
Lebender
Steinsatz
Ufersicherung
Schotterrasen /
Rasen
Totfaschinen
Faschinenwalzen
Weidenstecklinge
mit Steinwurf
großer
Steinwurf
max.
SchubA)
spannung
τmax
[N/m²]
30
> 30
1
120
300
250
Ufersicherung
Gras
Schotterrasen
Faschinenwalzen
Weidenstecklinge
Steinwurf
mit Rauhpack
max.
GeschwinB)
digkeit
vmax
[m/s]
1,8
3,7
3,5
3,5
4,0
1)
nach mehreren Vegetationsperioden
A)
Begemann u. Schiechtl (1986)
B)
LfU BW (1991)
C)
Hammann de Salazar et al. (1994)
D)
Dittrich (1998)
> 350
max.
max.
GeschwinSchubC)
C)
digkeit
spannung
τmax
vmax
1
[m/s]
[N/m²]
< 1,5
< 30
2,5 - 3,0
60 - 70
3,0 - 3,5
100 - 150
3,0 - 3,5
100 - 150
> 3,5
> 150
max.
max.
SchubGeschwinD)
D)
spannung
digkeit
Ufersicherung
Rasen, kurz
überflutet
Röhrichtwalze
Weidenfaschine
Weidenstecklinge
mit Steinwurf
großer Steinwurf
vmax
[m/s]
τmax
[N/m²]
1,8 - 2,0
20 - 50
2,0
50
2,5 - 3,0
60 - 80
3,0 - 3,5
100 - 150
4,0 - 6,0
200 - 240
3.5.5.2 Zusammensetzung von Grasnarben und Eigenschaften
Unter Grünland reicht nach Scheffer et al. (1984) die intensive Durchwurzelung bis
zu 7 cm in den Boden hinein. Extensivere Durchwurzelung durchdringt i. Allg. Bodenschichten von wenigen Dezimetern bis Metern. Dabei wurzeln artenarme Rasenkulturen weniger tief als artenreiche Wiesengesellschaften (DVWK 226/1993).
Untersuchte Proben aus Deichen in Sachsen zeigten zum Großteil eine Tiefe der
115
dichten Wurzelschicht von über 8 cm. Einzelwurzeln wurzeln teilweise bis über
30 cm tief (LfL SA 2005). Scharff (1999) lokalisierte den stark durchwurzelten Bereich bis zu einer Tiefe von 10 cm. Die Intensität der Durchwurzelung wird häufig
mit der Wurzelmasse angegeben (LfL SA 2005).
Feine Haarwurzeln verkleben und verflechten Bodenteilchen (Kuntze et al. 1994).
Lebendorganismen verkitten die Bodenteilchen durch Schleimbildung. So entsteht
ein stabiles, krümeliges Bodengefüge. Trotz der lockernden Wirkung und der dadurch erhöhten Durchlässigkeit wird dadurch eine erosionshindernde Bodenschicht
gebildet (Lichtenegger 1985).
Für Oberböden der wasserseitigen und landseitigen Böschung werden schluffige
und kiesige Sande, sandige Schluffe und Lehme mit einem ausreichenden Anteil an
organischen Bestandteilen (3 bis 8%, mittel humos bis stark humos) verwendet
(Abb. 3-16). Sperber (1990) rät dazu, die Oberboden- sowie Saatgutzusammensetzung nach Exposition, Deichböschung und den natürlich vorkommenden Verhältnissen auszurichten. In der Praxis werden Idealverhältnisse nur selten angetroffen
(Büring 1999). Die Mächtigkeit der Oberbodenschicht variiert an Deichen am Rhein
zwischen 10 und 45 cm, nimmt aber in den meisten Fällen einen Bereich von 10 –
20 cm ein (Husicka 2003), was den Vorgaben der DIN 19712/1997 entspricht und
eigene Untersuchungen an Vegetationsdecken von Deichen an der Mangfall bestätigen (vgl. Abschnitte 3.3.2.5 und 3.5.5.4)
Abb. 3-16: Beispiele für Oberböden und des für Durchwurzelung optimalen Sieblinienbereiches
116
Landseitige Böschungen weisen nicht selten den gleichen Oberbodenaufbau wie die
Wasserseite auf, werden aber in letzter Zeit verstärkt als Halbtrockenstandorte genutzt und dementsprechend mit Magerrasenmischungen versehen. Dabei kann
i. d. R. auf eine Andeckung mit humosem Oberboden verzichtet werden. Ggf. sollten temporäre Erosionsschutzmaßnahmen für den Fall von Starkniederschlägen oder
binnenseitigem Einstau getroffen werden.
Rasen33 oder Magerrasen (vgl. Abschnitt 3.3.2.5) entfalten erst nach entsprechender
Saatgutauswahl ihre Wirkung. Dabei sind einige Gräser- und Kräuterarten aufgrund
ihrer biologischen Eigenschaften zu empfehlen. Ausgewählte Gras- und Kräutersorten und ihre Eigenschaften, die bei der Zusammenstellung der Saatgutmischung
berücksichtigt werden sollten, sind zu diesem Zweck in Anhang 12 (S. 360) angegeben. Die hier behandelten Vegetationsdecken entsprechen in etwa dem in DIN
18917/2002 bezeichneten Landschafts- bzw. Extensivrasen, welcher die in
DIN 18919/2002 beschriebenen Pflegemaßnahmen bedarf. Je nach Standortbedingungen beinhalten Saatgutmischungen nicht über 10 Arten (DVWK 226/1993). Intensiv gepflegte wasserseitige Grasnarben, die einen hohen Erosionswiderstand
aufweisen sollen, bedürfen einer anderen Zusammensetzung als extensiv gepflegte
Magerrasendecken. An feuchten Standorten gedeihen Gräser mit oberirdischen Ausläufern besser, auf trockenen Böden Gräser mit unterirdischen Ausläufern (Lichtenegger 1985). Magerrasen wird nach Boser (1999) auf wasserdurchlässigem Material ohne Humusauftrag und bei Zulassen der natürlichen Sukzession angelegt, was
auch Sperber (1990) bestätigt, der darüber hinaus die natürliche Sukzession als die
„beste Lösung“ bezeichnet.
Für die Erosionsfestigkeit ist die Dichte des Bewuchses von Interesse, die Festigkeit
des durchwurzelten Oberbodens hängt von der Intensität und Tiefe der Durchwurzelung ab. Schnell wachsende Gräser und Kräuter entwickeln häufig nicht die Intensität wie sich langsam entwickelnde Sorten. Die Ansaatmischungen sind deshalb so
auf den Standort abzustimmen, dass der Erosionsschutz so rasch wie möglich einsetzt, sich aber auch ein tief reichendes Wurzelsystem entwickeln kann und dauerhaft bei geringer Pflege (wenig Dünger und Mahden) Bestand hat (Lichtenegger
_________________________
33
Rasen ist eine durch Wurzeln und Ausläufer mit der Vegetationstragschicht fest verwachsene Pflanzendecke aus Grä-
sern, die im Regelfall keiner landwirtschaftlichen Nutzung unterliegt. Entsprechend dem Verwendungszweck können
Leguminosen und sonstige Kräuter enthalten sein (DIN 18917/2002). Leguminosen sind Hülsenfrüchtler, wie z. B. Erbsen, Bohnen, Erdnüsse, Linsen, Lupinen, Luzernen, u.v.m. .
117
1985, Büring 1999, Hiller 1999).
Es existieren die von Hiller (1999) so genannten „artenreiche Sicherheitsmischungen“, die eine große Anzahl von Gräser- und Kräuterarten beinhalten, oder Mischungen mit wenigen standortgerechten Pionierarten, welche laut Hiller (1999)
erfahrungsgemäß ihre biotechnischen Eigenschaften durch gegenseitige Ergänzung
besser entfalten und zusätzlich infolge natürlicher Sukzession durch standortansässige Pflanzenarten ergänzt werden (Tab. 3-9).
Einige Gräser und Kräuter von Sicherheitsmischungen werden i. Allg. von ortsansässigen und/oder standortgerechten Arten verdrängt und können deshalb eingespart
werden, was Hiller (1974) an einigen Deichstandorten nachgewiesen hat. Aufgrund
der Artenanzahl der in FLL RSM (2006) befindlichen Saatgutmischungen für Rasen
sind diese eher zu den Sicherheitsmischungen zu zählen, was ihre Verwendung bei
gewünschter natürlicher Sukzession in Frage stellt. Vor der Verdrängung von lokalen Pflanzenarten, die „normierte, einheitliche Regel-Saatgutmischungen“ hervorrufen können, warnen Bloemer et al. (2005).
Auf Deichen häufig vorkommende Gras- und Krautarten sind Glatthafer, Gemeine
Quecke, Knaulgras, Rot-Schwingel, Großer Sauerampfer und das Wiesen-Labkraut
(LfL SA 2005, Husicka 2003, Bloemer et al. 2005).
Magerrasenzusammensetzungen sollten nach DVWK 226/1993 keine aggressiven
Pionierpflanzen wie Deutsches Weidelgras, Rot-Schwingel, Straußgras und Quecke
beinhalten. Geeignet sind laut DVWK 226/1993 Aufrechte Trespe, SchafSchwingel etc. in geringer Aussaatmenge.
Die Aussaatmenge pro Quadratmeter bewegt sich je nach Autor in einem Rahmen
von 15 g/m² (Hiller 1974), 17 – 20 g/m² (Bielitz u. Carstensen 2002) bis zu 30 g/m²
(Patt et al. 1998). Die für Deichstandorte entsprechenden Landschaftsrasenarten
nach Regel-Saatgut-Mischungen (RSM) (FLL RSM 2006) haben eine Regelaussaatmenge von 20 g/m². Bei Verwendung bereits Samen tragender Oberböden sind
i. Allg. geringere Aussaatmengen kleiner 5 g/m² wirkungsvoll, um die vorhandenen
Keimlinge nicht zu verdrängen (vgl. Husicka 2003). Die Aussaatmenge von Magerrasenmischungen sollten 6 g/m² Gräser und zusätzlich 1 bis 2 g/m² Kräuter nicht
überschreiten (Patt et al. 1998). DVWK 210/1986 gibt eine Menge von 5 g/m² für
Magerrasen an. Um die Erosionsbeständigkeit zu erhöhen, können der Saatgutmischung auch geringe Beimengungen, wie z. B. Einjähriges Weidelgras (1 g/m²) oder
118
Grünschnittroggen, beigefügt werden (FLL RSM 2006).
Tab. 3-9: Beispiele für Ansaatmischungen von Rasen auf Deichböschungen
Beispiel A (aus Büring 1999)
Isardeich 1984, Fl-km 110,2 - 109,7
Beispiel B (aus Hiller 1974, 1999)
Ansaatmischung für Flussdeiche
Andeckung: 5 cm lehmiger Oberboden
Gras- / Kräutersorte
Name (botanisch)
Nr. Name (deutsch)
Mischung: 25 g/m² (zzgl. Zuschlagstoffe1)
Gras- / Kräutersorte
Name (botanisch)
Nr. Name (deutsch)
Überschwemmungsdauer > 30 d (Weichholzaue)
Anteil
1
Kriechende Quecke
Agropyron repens
2
Flechtstraußgras
Agrostis stolonifera
1
Flechtstraußgras
Agrostis stolonifera
10%
2
Rotes Straußgras
Agrostis tenuis
10%
3
Deutsches Weidelgras
Lolium perenne
3
Aufrechte Trespe
Bromus erectus
10%
4
Gewöhnliches Rispengras
Poa trivialis
4
Schaf-Schwingel
Festuca ovina
5%
5
Weißklee
Trifolium repens
5
Wiesen-Schwingel
Festuca pratensis
5%
6
Rot-Schwingel
Festuca rubra
10%
1
Rot-Schwingel
Festuca rubra
7
Deutsches Weidelgras
Lolium perenne
10%
2
Deutsches Weidelgras
Lolium perenne
8
Einjahrs-Rispegras
Poa annua
5%
3
Wiesen-Rispengras
Poa pratensis
9
Platthalm-Rispengras
Poa compressa
10%
4
Wiesen-Schafgarbe
Achillea millefolium
10
Wiesen-Rispengras
Poa pratensis
5%
11
schmalblättriges W.-Risp.
Poa prat. angustifolia
15%
1
Kammgras
Cynosurus cristatus
10%
12
Hornklee
Lotus corniculatus
5%
2
Rot-Schwingel
Festuca rubra
20%
100%
3
Deutsches Weidelgras
Lolium perenne
20%
4
Zwiebel-Lieschgras
Phleum nodosum
5%
5
Wiesenrispe
Poa pratensis
40%
6
Wiesen-Schafgarbe
Achillea millefolium
Σ
1
Zuschlagstoffe: Agrosil, Hüls, Zellulose, Humus, Mull
Überschwemmungsdauer < 30 d (Hartholzaue)
Flussdeiche bei Oldenburg
Anteil
5%
Σ
100%
3.5.5.3 Durchlässigkeit von Vegetationsdecken - Literaturstudie
Wenn man Erosionsprozesse vernachlässigt, bilden sich Röhren in Deichböden in
erster Linie durch die Aktivität von Wurzeln und Wühltieren aus. Somit wird die
hydraulische Durchlässigkeit der Böden durch Hohlraumbildung erhöht (Abb.
3-17). Daneben spielen andere biologische, chemische oder physikalische Vorgänge, wie z. B. Verwitterung, Auswaschungen, Austrocknung mit Rissbildung oder
Frosthebungen, eine Rolle.
Haselsteiner u. Strobl (2004) haben die Veränderung von Böden infolge Durchwurzelung oder Wühltiertätigkeit (Abb. 3-17) als Anlass genommen, um den Einfluss
auf die Durchsickerung von Deichen an einfachen Beispielen zu illustrieren.
Dringt eine gesunde Wurzel in den Boden ein, hängt die Auswirkung auf die Durchlässigkeit im Wesentlichen von der Größe und Anzahl der Wurzeln und der Bodenart ab. Tendenziell wird sich die Durchlässigkeit, auch bei gesunden, nicht abgestorbenen Wurzeln, erhöhen, obwohl sie vornehmlich in vorhandene Hohlräume
wachsen (Abb. 3-17, A). Werden z. B. Bäume durch Wind bewegt und bewegen
sich auch die Wurzeln mit, können um den Wurzelstrang selbst, sofern die Wurzel
ausreichend steif und/oder zugfest ist, um die Bewegung zu übertragen, verstärkt
Hohlräume auftreten, welche eine örtlich konzentrierte Durchströmung begünstigen
119
können (Abb. 3-17, B). Verrottet die Wurzel restlos oder graben Wühltiere Gänge
oder Bauten in den Boden, können auch röhrenförmige Tunnel auftreten (Abb.
3-17, C), die u. U. auch einbrechen und einen Bereich höherer Durchlässigkeit hinterlassen können (Abb. 3-17, D).
A
B
Ausgangszustand
der Wurzel
im Boden
Durch Bewegung
der Wurzel
entstandener Hohlraum
C
D
Vollkommen verrottete Zusammengebrochener
Wurzel oder stehender
Hohlraum mit
Wühltiergang
erhöhter Durchlässigkeit
Abb. 3-17: Durch Wurzeln und Wühltiere verursachte Hohlräume im Boden (aus
Haselsteiner u. Strobl 2004)
Nach DVWK 226/1993 können besonders abgestorbene, verrottende Wurzeln von
Gehölzen zu einer Erhöhung der Durchlässigkeit beitragen. Die Untersuchungen
von Franke u. Bruhm (1989a, 1989b) zeigen zum einen, dass die abgestorbenen,
verrottenden Wurzeln von Gehölzen die Durchlässigkeit eines sandigen Kieses (k =
10-3 ÷ 10-4 m/s) annehmen können und zum anderen, dass die Wurzeln von Lupinen
eine Erhöhung der Durchlässigkeit von Schluff um den Faktor 30 bis 287 und von
Sand um 9 bis 550 verursachten.
Husicka (2003) fand heraus, dass die Lockerung des Bodens mit zunehmender Tiefe
abnimmt. Demnach haben untersuchte Grasnarben am Niederrhein im oberen Bodenhorizont von 0 ÷ 5 cm eine mittlere Dichte von 1,1 g/cm³, wohingegen in einer
Tiefe von 20 ÷ 30 cm dieser Wert auf etwa 1,45 g/cm³ ansteigt. Dies deutet auf eine
mit der Tiefe abnehmende Durchlässigkeit hin, was in den Betrachtungen zur Abschätzung der Durchlässigkeit berücksichtigt wurde (Abschnitt 3.5.5.5). Entsprechende Durchlässigkeiten wurden im Bereich des Bodenhorizontes von 0 ÷ 10 cm
ermittelt und bewegen sich zwischen k = 1·10-4 ÷ 3·10-5 m/s.
Prettyman u. McCoy (2003) geben für die Durchwurzelungszone von Rasen Durchlässigkeiten von k = 1 ÷ 2·10-3 m/s an. Anderson et al. (2004) stellten fest, dass der
stark durchwurzelte, oberflächennahe Bereich von mit Hecken bewachsenen schluffigen Lehmen eine um ca. das 40fache erhöhte Durchlässigkeit (k = 8·10-5 m/s) aufweist. Weitere Untersuchungen zu durchwurzelten schluffigen Böden sind in Gabr
120
et al. (1995) enthalten. Auf weitere Literaturstellen und u. a. auf Husicka (2003)
wird anschließend bei den eigenen Untersuchungen eingegangen.
3.5.5.4 Durchlässigkeit von Vegetationsdecken – Eigene Untersuchungen
Der an der Versuchsanstalt für Wasserbau errichtete Versuchsstand für die Ermittlung der Durchlässigkeit von Bodenproben bzw. Grasnarben bei fallender Druckhöhe (Abb. 3-18, vgl. DIN 18130 und Abschnitt 2.4.2) kann drei Durchströmzellen
gleichzeitig fassen. Der Durchströmzellen und somit auch die Proben hatten einen
Durchmesser von DPr = 15 cm. Die Proben der Grasnarben wurden vor Ort mit einem rechteckigen Stechzylinder der Maße 25 cm x 25 cm ausgestochen, zum Versuchsstand transportiert und anschließend mittels eines runden Stechzylinders auf
die richtige Größe zurecht gestutzt. Die Proben wurden kopfüber in die Durchströmzellen eingebaut, wobei zuvor der vorhandene Gras- und Krautbewuchs auf
wenige Zentimeter abgeschnitten wurde. Randbereiche wurden mittels Bentonit
abgedichtet, um eine erhöhte Durchlässigkeiten an den Randbereichen zu verhindern.
Vorratsbehälter
Standrohrzylinder
(Fläche a)
Klemmleiste
OW-Stand
∆t
∆h1
Ventile
l
Zelle 3
UW-Stand
Zelle 2
Abb. 3-18: Systemskizze des
verwendeten Versuchsaufbaus zur
Ermittlung der
Durchlässigkeit
von Grasnarben
h2
Zelle 1
∆h2
h1
Bodenprobe
Schlauch
Auffangbehälter
Durchströmzelle
(Fläche A)
Das Versuchswasser wurde durch Erhitzung auf 80°C entlüftet. Die Proben wurden
sehr langsam bei geöffnetem Deckel und geöffnetem Entlüftungsventil von unten
nach oben mit Wasser gesättigt. Dadurch wurden mögliche Lufteinschlüsse minimiert bzw. eliminiert. Zur Gewährleistung der geohydraulischen Stabilität der Probe
wurde am Ausströmrand eine Sinterplatte eingelegt.
121
Im November 2003 wurden an Mangfalldeichen 24 Proben aus der obersten bewachsenen Schicht (Grasnarbe) entnommen. An sechs verschiedenen Standorten
(Anhang 13, S. 361) wurden Proben sowohl aus der wasserseitigen als auch der
landseitigen Böschung entnommen. Den allgemeinen Zustand der Deiche, der Böschungen und des Gehölzbestandes im Hinterland an den Standorten 4, 5 und 6 gibt
Abb. 3-19 wieder. An den Standorten 1, 2 und 5 waren wasserseitig deckende, einheitliche Grasnarben vorhanden, was bei den Standorten 3, 4 und 6 („Altdeiche“)
nicht der Fall war. An den Standorten 2 und 5 war die landseitige Böschung als
Magerrasen ausgebildet. Eine deckende Grasnarbe war dort nicht vorhanden, was
einer Probennahme entgegensprach. An den Standorten 5 und 6 reichten landseitig
Stauden und Gehölze bis an die Deichkrone heran, weshalb auch dort keine Proben
entnommen wurden. Die ermittelten Durchlässigkeiten reichten, wie bereits erwähnt, von k = 4·10-5 ÷ 1,5·10-3 m/s. Die Streuung nahm einen Faktor von knapp 40
an.
Abb. 3-19: Deiche bei Götting (Landkreis Rosenheim) mit variierendem Bewuchs
auf der wasserseitigen Böschung und Gehölzbeständen auf der Landseite
(links: Abschnitt vor Sanierung / rechts: Abschnitt nach Sanierung 1985)
Die Durchlässigkeiten der Proben der Versuchsreihe II (Standort 7) wurden im Zuge der flächigen Entnahme einer wasserseitigen Vegetationsdecke ermittelt, deren
hydraulische Wirkung auf die Durchsickerung von Deichen am Deichmodell weiter
untersucht wurde (Abschnitt 5.6.4).
122
1.E-04
1.E-05
1)
Lage:
Standort 1 bis 6: Versuchsreihe I
Standort 7: Versuchsreihe II
(Standort 7 entspricht Standort 5)
wasserseitig
landseitig
1.E-06
0
1
2
DIN 18130 Teil 1 (1996)
stark durchlässig
1.E-03
durchlässig
Durchlässigkeit k10 [m/s]
1.E-02
3
4
5
6
7
Sanierung
Sanierung
Altdeich
Sanierung
Sanierung
Altdeich
Sanierung
Bew.: 3 Jahre Bew.: 1 Jahr Bew.: 80 Jahre Bew.: 18 Jahre Bew.: 1 Jahre Bew.: 70 Jahre Bew.: 1 Jahre
Standort-Nr. 1)
Abb. 3-20: Durchlässigkeiten der untersuchten Grasnarben an den unterschiedlichen Deichstandorten
Versuche an Vegetationsdecken in den Niederlanden haben gezeigt, dass an dortigen Deichen angebrachte Tonschichten infolge von Durchwurzelung eine Durchlässigkeit von k = 3·10-5 m/s hatten, was über das 100- bis 1.000-fache des vorhandenen Bodenmaterials entspricht. Nennenswert ist auch, dass sich die Erhöhung der
Durchlässigkeit einer 1,2 m mächtigen Tonschicht um das 100-fache innerhalb eines Sommers vollzog (Kruse 1998).
3.5.5.5 Abschätzung der Durchlässigkeit von Vegetationsdecken
Für weitere Betrachtungen zur Abschätzung der Durchlässigkeit von Grasnarben im
folgenden Abschnitt 3.5.5.5 werden folgende Grasnarbencharakteristika verwendet
(Tab. 3-10).
Tab. 3-10: Mittlere Grasnarbenkennwerte nach Husicka (2003) und ermittelt anhand eigener Versuche
Kennwerte
Husicka (2003) Eigene Versuche
Dicke der Grasnarbe
dges [cm]
25
Ausgangsdurchlässigkeit
ka [m/s]
5·10
Vorhandene Durchlässigkeit*
kDW [m/s]
7·10
* nach erfolgter Durchwurzelgung (DW)
12.5
-7
1·10
-7
-5
7·10
-4
123
Die Durchwurzelung von bewachsenen Böden kann mittels folgender Gleichung
aus Gisi (1997) abgeschätzt werden.
DG = 100% − 100% ⋅ (1 − e − f ⋅z )
Glg. 3-1
DG
Durchwurzelungsgrad [%]
z
Durchwurzelungstiefe [cm]
f
Faktor der Wurzelabnahme [-]
Nach Gisi (1997) kann für Fettwiesen f = 0,2 und für ungedüngte Wiesen f = 0,02
verwendet werden. Ermittelte Durchwurzelungsgrade aus Hähne (1991) zeigen jedoch, dass Werte für f für extensive Rasenflächen mit f = 0,15 angesetzt werden
können. Udawatta u. Henderson (2003) untersuchten von Eichen durchwurzelte Böden und fanden auch einen zu Glg. 3-1 ähnlichen Zusammenhang (Abb. 3-21).
Durchwurzelungsgrad DG [%]
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
0
f = 0,05
f = 0,10
Bodentiefe [cm]
25
f = 0,15
f = 0,20
50
Junges Gehölz
(aus Hähne 1991)
75
Extensivrasen
(aus Hähne 1991)
3 Beispiele der Durchwurzelung unter Eichen
(aus Udawatta u. Henderson 2003)
DG = 100 − 100 ⋅ (1 − e − f ⋅z )
100
Abb. 3-21: Zusammenhang von Durchwurzelungsgrad DG und Bodentiefe für Extensivrasen
Die Durchlässigkeit von Vegetationsschichten hängt ab von der Durchwurzelungsintensität und somit auch von der Dicke der durchwurzelten Schicht, da mit zuneh-
124
mender Tiefe die Durchwurzelung abnimmt (Husicka 2003). Die Durchwurzelungsintensität hängt weiter von der Art des Bewuchses, der Bodenbeschaffenheit und
einer Menge anderer Standortbedingungen ab, wie z. B. Wasserhaushalt, Stickstoffangebot, Belichtungsdauer, u.v.m. (vgl. Abschnitte 3.5.2 und 3.5.3.).
Der Oberboden wird in parallele Schichten unterteilt, denen einzeln mittels Glg. 3-1
ein entsprechender, mittlerer Durchwurzelungsgrad (DG) zugeteilt werden kann.
Mit bekanntem DG kann mittels in der Literatur vorhandener Daten, wenn die Gesamtdicke, Bewuchsart (Extensivrasen) und die Durchlässigkeit bekannt ist, durch
Kalibrierung eine Gleichung ermittelt werden, welche die Durchlässigkeitszunahme
in Abhängigkeit vom Durchwurzelungsgrad beschreibt. Als Ausgangsboden bzw.
Oberboden wird vereinfachend ein sandiger Schluffboden angenommen. Ähnlicher
Boden ist z. B. in Büring (1999) enthalten.
Mit einer charakteristischen Vegetationsdecke nach Husicka (2003) und aus eigenen
Versuchen (siehe Tab. 3-10) wird unter Zuhilfenahme von Glg. 2-15 und Glg. 3-1
eine Funktion abgeleitet, mit deren Hilfe die Zunahme der Durchlässigkeit in Abhängigkeit vom Durchwurzelungsgrad abgeschätzt werden kann. Das Vorgehen ist
in Abb. 3-22 skizziert.
Aufteilung in
Schichten
Durchwurzelungsgrad nach Gisi
(1997) und Hähne (1991)
Schicht 2
k2=f(DG)
2
3
DG
Schicht n
kn=f(DG)
d
d1 d 2 d 3
d
+ + + ... + n
k1 k 2 k 3
kn
Kalibrierungsdaten
Husicka (2003) Eigene Versuche
Gesamtdicke dges [cm]:
dges
d3
Schicht 3
k3=f(DG)
dn
4
kv =
25
12,5
Ausgangsdurchlässigkeit kA [m/s]:
5·10-7
1·10-7
Vorhand. Durchlässigkeit kDW [m/s]:
7·10-5
7·10-4
Funktion f(DG)
5
kDW/kA
d1
Schicht 1
k1=f(DG)
d2
1
Vertikale Durchlässigkeit kv
(aus Soos 1990)
(Erhöhung der
Ausgangsdurchlässigkeit)
DG
Abb. 3-22: Vorgehen zur Ermittlung einer Funktion der Durchlässigkeit in Abhängigkeit zum Durchwurzelungsgrad (DG)
Die auf diese Weise ermittelte Funktion lautet:
125
k DW
3
2
= 0,001 ⋅ (DG ) − 0,3 ⋅ (DG ) + 30 ⋅ (DG )
ka
DG
Durchwurzelungsgrad [%]
kDW
Durchlässigkeit mit Wurzeln [m/s]
ka
Ausgangsdurchlässigkeit [m/s]
Glg. 3-2
Die ermittelte Funktion lässt eine maximale Erhöhung der Ausgangsdurchlässigkeit
ka mit dem Faktor 1.000 zu. Dies ist zwar ein theoretischer Wert und die Begrenzung ist physikalisch nicht begründbar, aber gibt in etwa die Werte aus der Fachliteratur (vgl. Abschnitt 3.5.5.3) wieder.
Mit Glg. 2-15, Glg. 3-1 und Glg. 3-2 kann die Zunahme der Durchlässigkeit für unterschiedliche Grasnarbendicken und Oberbodenmaterialien bzw. Ausgangsdurchlässigkeiten abgeschätzt werden.
1000
kDW/ka [-]
800
600
400
200
y = 0,001x3 - 0,3x2 + 30x
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Durchwurzelungsgrad DG [%]
Abb. 3-23: Verhältnis kDW/ka in Abhängigkeit vom Durchwurzelungsgrad DG
Wie in Abb. 3-24 zu sehen ist, nehmen Grasnarben geringer Dicke hohe Durchlässigkeiten an, während dickere Vegetationsdecken trotz erfolgter Durchwurzelung
aufgrund der Abnahme der Durchwurzelung mit steigender Bodentiefe geringere
Durchlässigkeiten annehmen. Wesentlich dabei ist die theoretische Ausgangsdurchlässigkeit des Bodens. Lockerungsprozesse, Wühltieraktivitäten oder Erosionsvorgänge nehmen zusätzlich Einfluss auf die Durchlässigkeit, was hier jedoch nicht
berücksichtigt wurde.
126
Durchlässigkeit kDW [m/s]
1.E+00
1.E-01
1.E-02
1.E-03
1.E-04
ka = 10-4 m/s
ka = 10-5 m/s
ka = 10-6 m/s
ka = 10-7 m/s
1.E-05
1.E-06
0.05
0.10
0.15
0.20
0.25
0.30
0.35
0.40
Grasnarbendicke dges [m]
Abb. 3-24: Durchlässigkeit kDW des durchwurzelten Oberbodens in Abhängigkeit
der Grasnarbendicke dges und der Ausgangsdurchlässigkeit ka des Oberbodens
3.5.5.6 Saugspannungsverhalten von Vegetationsdecken
Die mit Gräsern und Kräutern bewachsenen Oberböden (Grasnarben) besitzen ein
von den Wurzeln im Boden geprägtes Saugspannungsverhalten. Dies resultiert in
erster Linie auf dem Wasserbedarf der Pflanze und den hohen, bis zu 4,2 pF großen
Saugspannungen, die Wurzeln erzeugen können (DVWK 238/1996).
Dies zeigen auch Untersuchungen von Parkin et al. (2000), in welchen das geohydraulische Verhalten von geschichtetem Boden unter einer Grasdecke untersucht
wurde. Die Grasaussaat wurde auf einer 2 cm dicken organischen Humusschicht
aufgebracht, unter der drei Schichten Lehme und Sande mit einer Mächtigkeit von
mindestens 25 cm angebracht waren. Die Durchlässigkeiten der zum Teil durchwurzelten Schichten betrugen zwischen kDW = 3·10-5 ÷ 4·10-3 m/s. Das Saugspannungsverhalten ist vergleichbar mit einem Schluff nach Scheffer et al. (1984) (vgl.
Abb. 2-3).
Die geohydraulischen Eigenschaften von mit Gras bewachsenen Oberböden und
insbesondere das Saugspannungsverhalten, wie sie für Berechnungen in dieser Arbeit verwendet werden, sind in Abschnitt 4.5.3 näher beschrieben.
127
3.6
Wühltiere und Deiche
3.6.1
Allgemeines
Wühltiere, in Scheffer et al. (1984) als wühlende Makrofauna bezeichnet, verursachen eine Lockerung des Bodens. Als Wühltiere müssten neben den in
DVWK 247/1997 erwähnten Säugetieren Bisam, Biber und Nutria und anderen
kleineren in Deutschland vorkommenden Tieren, wie z. B. Wanderratte, Wühlmaus,
Fuchs, Wildkaninchen, Maulwurf u.v.m. (DVWK 226/1993, DVWK 247/1997,
TAW 1991) noch Regenwürmer, Ameisen, Käfer u. ä. erwähnt werden (Scheffer et
al. 1984). Auf die Auswirkungen von Kleinwühltieren, wie den Würmern und Käfern, wird nicht näher eingegangen, da der Verfasser der Auffassung ist, dass deren
Einflüsse bei der Abschätzung der geohydraulischen Eigenschaften von Böden
durch die Berücksichtigung im Porengefüge einbezogen werden können. Außerdem
kann davon ausgegangen werden, dass bei der Bestimmung der Durchlässigkeit von
Bodenproben die Auswirkungen von Würmern, Käfern etc. bereits berücksichtigt
sind.
(Wühl-)Tiere können durch ihre Grab- und Bautätigkeit aber auch aufgrund ihrer
Fressgewohnheiten die Ausbildung einer dichten Vegetationsdecke stören
(DVWK 247/1997). Grobes Substrat, flache Böschungen, und ein großer Abstand
zu Gewässern – DIN 19712/1997 gibt hierfür einen Wert von 30 m an – können
Wühltiertätigkeiten reduzieren oder verhindern (vgl. DVWK 210/1986, DVWK
247/1997). Der Einbau von vertikalen Sperren, Hemmschichten oder das Versteinen
oder der Einbau von gebundenen Deckwerken (DVWK 107/1981) auf Ufern oder
Böschungen sind bauliche Mittel, um Flussdeiche vor dem Zugriff von Wühltieren
zu schützen. Neben technischen Baumaßnahmen kann auch die Beeinflussung des
Lebensraums von Wühltieren zur Vergrämung34 führen. Eine standortgerechte Gestaltung von Uferbereichen (Habitatumgestaltung) oder Umsiedlung bzw. die Anlegung von Kunstbauten kann ebenfalls dazu führen, dass sich Wühltiere von kritischen Bereichen zurückziehen bzw. fernhalten. Gezielte Jagd oder die Unterstützung natürlicher Feinde, z. B. durch Aufstellen von Greifvogelstangen, können dazu
dienen, Überbestände zu regulieren (DVWK 226/1993, DVWK 247/1997).
_________________________
34
Vergrämung (aus der Jägersprache, Wortherkunft von "Gram") bezeichnet das dauerhafte Vertreiben oder Fernhalten
von Wild - entweder unfreiwillig (z. B. durch Lärmen im Revier) oder als gewollte, möglichst nichttötliche Methode zur
entsprechenden Verhaltensänderung bei Wildtieren durch Lerneffekte.
128
3.6.2
Ausbreitung von Wühltieren in Deichen
Wühltiertätigkeiten führen i. Allg. zu Hohlräumen in Deichen in Form von Gangsystemen, Einzelröhren und Bauen. Wühlgänge können bis zu mehrere Meter tief
reichen. Oft enden diese Gänge blind und werden so angelegt, dass bei Mittelwasserstand kein Wasser eindringen kann (Scheffer et al. 1984). Je nach Wühltierart
sind die Durchmesser der Gänge bzw. Röhren und die Verzweigung des Systems
sowie die Größe der Baue unterschiedlich (Tab. 3-11, DVWK 226/1993, DVWK
247/1997).
Tab. 3-11: Wühltiere und ihre erdbaulichen Charakteristiken
Wühltier(art)
Röhren Ausdehnung
Ø [cm]
[m]
≈ 30
Biber
Bisam
10 - 15
≈ 3,5
Feldmaus
≈6
Maulwurf
≈ 40
Fuchs / Dachs
≈ 20
10 - 20
> 50
-
Röhren- /
Gangsystem
verzweigt
sehr verzweigt
sehr verzweigt
sehr verzweigt
mehrere Einzelgänge
Wühltiere legen i. d. R. ein sehr verzweigtes Röhren- bzw. Gangsystem an. Die Gesamtlänge oder Ausdehnung dieses Systems kann beim Maulwurf bis zu 50 m
betragen. Während kleinere Wühltiere i. Allg. sich oberflächennah über einem Meter Bodentiefe ausbreiten, können größere Tiere weit in den Deich graben und dort
größere Baue anlegen (DVWK 226/1993, DVWK 247/1997).
Röhren- und sonstige gegrabene Hohlräume können bei Wasserzutritt einstürzen
und zu Senkungen an der Deichoberfläche führen, was an zahlreichen Einbrüchen
während der letzten Hochwasserereignisse dokumentiert ist (Haselsteiner u. Strobl
2005). Die Auswirkungen von Wühltierbauten oder –gängen kann mittels hydraulischer Ansätze aus der Geohydraulik oder Rohrhydraulik simuliert werden (vgl. Abschnitt 2.5.4).
129
4
Hydraulische Beanspruchung und Randbedingungen
4.1
Wasserstandsganglinien
4.1.1
Allgemeines
Für instationäre Betrachtungen der Deichdurchsickerung ist neben dem absoluten
Wasserstand der Verlauf der Wasserstandsganglinie notwendig. Bevor man sich
jedoch mit Wasserstandsganglinien beschäftigen kann, müssen Abflüsse und deren
Entstehung betrachtet werden. Für den Abfluss sind in erster Linie Niederschläge,
Schnee und Regen, und ggf. die Schneeschmelze verantwortlich.
Während Abflussganglinien von kleineren Flüssen mit kleinen Einzugsgebieten und
kurzer Konzentrationszeit35 unmittelbar die Niederschlagsintensität oder die
Schneeschmelze widerspiegeln, steigen die Ganglinien der Flüsse mit großen Einzugsgebieten und langen Konzentrationszeiten nur bei Auftreten von relativ hohen
und lang andauernden Niederschlägen. Je größer dabei der mittlere Abfluss des
Vorfluters ist, desto weniger wird dadurch seine Ganglinie von den Zuflüssen einzelner, kleinerer Gewässer beeinflusst. Um an einem Gewässer wie der Donau ein
Hochwasser zu verursachen, müssen mehrere große Zuflüsse erhöhte Abflüsse
zugeben. Wie sich die Zuflussganglinien mit der Vorfluterganglinie überlagern,
hängt vom Wettergeschehen und den einzelnen Fließzeiten der Gewässer ab. Nach
LfW BY (1998) läuft z. B. der Hochwasserscheitel des Inns i. d. R. dem der Donau
voraus (vgl. Abschnitt 4.1.3).
4.1.2
Wasserstand und Abfluss
Die am Deich auftretenden Wasserstände hängen in erster Linie von der Größe des
Abflusses und des Weiteren vom Gewässerverlauf, dem Sohlgefälle, der Sohlbeschaffenheit, dem Abflussquerschnitt und dem Bewuchs ab. Bauwerke im Gewässer, wie z. B. Brücken und Sohlrampen, können einen Rückstau bewirken. Das Abflussregime an Gewässern kann auch durch staugeregelte Flusssperren oder die Bewirtschaftung von im Oberlauf befindlichen Speichern beeinflusst werden. Für instationäre Betrachtungen interessieren neben dem höchsten Wasserstand besonders
die Einstaudauer bzw. die Dauer von hohen Wasserständen, da diese für die Durch_________________________
35
Die Konzentrationszeit ist die Zeit, die das Wasser braucht, um vom entferntesten Punkt des Einzugsgebietes bis zum
Pegel zu fließen. Sie hängt von der Länge und dem Gefälle des Fließweges ab. (LfW BY 1998)
130
sickerung oder Standsicherheit von Deichen maßgebend sein können.
Der Zusammenhang zwischen Wasserstand und Abfluss wird durch die Wasserstands-Abfluss-Beziehung beschrieben (Abb. 4-1). Abflussquerschnitte mit Deichen
ohne Vorländer, so genannten Schardeichen, haben i. d. R. für gleiche Abflüsse höhere Wasserstandsanstiegsgeschwindigkeiten als solche mit Vorländern, da die WQ-Beziehung bei breiten Vorländern mit steigendem Wasserstand weniger stark
zunimmt (Abb. 4-1). Der Bewuchs der Vorländer hat erheblichen Einfluss auf die
Leistungsfähigkeit des Gesamtquerschnitts. Untersuchungen für die Donau haben
gezeigt, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen eine erhebliche Rauhigkeitserhöhung im Vorland, besonders kurz vor der Ernte, bewirken, wie z. B. Hartlieb (2006)
für Mais gezeigt hat. Dadurch kann lokal eine Erhöhung des Wasserstands im Vergleich zum zugrunde gelegten Bemessungshochwasserstand von bis zu einem Meter
an den untersuchten Gewässerstrecken an der Donau auftreten (Haimerl u. Ebner
2006). Bewuchsstrukturen und die damit verbundene hydraulische Rauhigkeit bilden sich saisonal unterschiedlich aus. Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind
i. Allg. während der Vegetationsperiode im Sommer rauer, als im Winter. Die hydraulische Leistungsfähigkeit von Abflussquerschnitten mit bewaldeten Vorländern
kann der eines Gewässers mit nur einem Abflussschlauch entsprechen (vgl. Abb.
4-1; Fall A), wenn der Bewuchs sehr dicht bzw. durch Verklausung abflussunwirksam geworden ist und dort Fließgeschwindigkeit v ≈ 0 m/s auftreten (Indlekofer
2004, DVWK 220/1991).
W
A
h2
B
Schardeich: Deich direkt am Gewässer
A
dQ A dQ B dQ C
>
>
dh
dh
dh
h2
C
h1
B
h1
C
Q1
QA
QB
QC
Q
Abb. 4-1: Idealisierte W-Q-Beziehungen für unterschiedliche Abflussquerschnitte
Weitere Unsicherheiten bei der Zuordnung von Wasserständen zu Abflüssen werden u. a. durch die sich während Hochwasser eintiefende Sohle, Erosions- und Anlandungsprozesse und technische Schwierigkeiten bei der Abfluss- und Wasserstandsmessung verursacht.
131
Deshalb wird im Folgenden ein Verfahren beschrieben, das gemessene Ganglinien
dazu verwendet, eine Abschätzung von Wasserstandsganglinien zur instationären
Betrachtung von Durchsickerungsprozessen an Deichen zu ermöglichen. Unsicherheiten bei der genauen Festlegung von Hochwasser- oder Hochwasserscheiteldauern sowie bei der Messung von Abflüssen und Wasserständen spielen bei der gewählten Herangehensweise keine entscheidende Rolle, da anhand von zahlreichen
aufgetretenen Wasserstandsganglinien lediglich die Form, sprich die Anstiegs- und
Abstiegsgeschwindigkeit sowie die Scheitel- und Hochwasserdauer, abgeschätzt
wird. Absolute Wasserstände resultieren aus den anzusetzenden Lastfällen als Bemessungshochwasserstand oder Kronenstau (vgl. Abschnitt 4.3).
4.1.3
Wasserstandsganglinien an bayrischen Gewässern
Abfluss / Wasserstand
Hochwasserganglinien können unterschiedliche Verläufe annehmen. Hauptaugenmerk wird i. d. R. auf den Abfluss mit dem maximalen Scheitel, die „Hauptwelle“,
gelegt. Je nach Wettergeschehen können neben einer „Einzelwelle“ (Abb. 4-2, A)
ebenso direkt im Zusammenhang mit dem Hauptereignis auch „Vorwellen“ (Abb.
4-2, B und D) und „Nachwellen“ auftreten (Abb. 4-2, C und D).
A
„Einzelwelle“
B
„Vorwelle(n)“
C
„Nachwelle(n)“
D
„Vor- und Nachwelle(n)“
Zeit
Abb. 4-2: Unterschiedliche Abfluss- / Wasserstandsganglinien
Einige ausgewählte Wasserstandsganglinien an bayrischen Flüssen während der
letzten Hochwasserereignisse sind in Abb. 4-3 dargestellt. Während Hochwasserereignisse an Gewässern im voralpinem Raum, wie z. B. der Mangfall und der Salzach, zu kurz andauernden Hochwasserspitzen von einigen Stunden bis wenigen Tagen führen können, treten bei Gewässern im Flachland, wie der Donau und dem
Main, abhängig von der zeitlichen Abfolge der in den Vorfluter mündenden Zuflüsse Hochwasserspitzen von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen auf.
Am Main treten eher Hochwasser aufgrund von flächigen Niederschlägen und
Schneeschmelze im Winter oder Frühjahr auf. Die Donau ist aufgrund ihres sehr
132
heterogenen Einzugsgebietes generell schwieriger abzuschätzen. Während im Winter die nördlichen Zuflüsse Altmühl, Naab, Regen etc. Hochwasser verursachen
können, spenden die südlichen Zuflüsse Iller, Lech, Isar, Inn etc. bei starken Sommerniederschlägen große Abflussmengen, die während einer so genannten VbWetterlage36 (Hannweber 2006) besonders ergiebig sein können (LfW BY 1998).
In den Jahren 1988, 1999, 2002 und 2005 traten in Bayern Hochwasser auf, die neben der Schmelzschmelze und mäßigen Vorregenereignissen hauptsächlich auf lang
andauernde Starkniederschläge zurückzuführen sind. Während der Hochwasser
2002 und 2005 trat eine Vb-Wetterlage auf. Niederschläge von lokal 150 bis zu 245
mm in 72 Stunden und 24 h-Maxima von 100 bis über 200 mm verursachten bereichsweise Abflüsse mit Wiederkehrzeiten T > 100 a (Hannweber 2006, LfW BY
1998, 2002, 2003b).
Als Beispiel für ein extrem langes Hochwasser kann das Ereignis an der Donau im
März bis April 1988 (Pegel Hofkirchen, Abb. 4-3) herangezogen werden. Im März
1988 war viel Wasser flächig über das gesamte Einzugsgebiet in der Schneedecke
gespeichert. Einem mittleren Regenereignis und einsetzendem Tauwetter, was einen
erhöhten Wasserstand und die Sättigung des Bodens zur Folge hatte, folgte ein starker, flächiger Niederschlag mit Niederschlagssummen von 60 bis 150 mm und anhaltendes Tauwetter. Durch die eintretenden Starkniederschläge folgte dem ersten
Scheitel ein zweiter, so dass dieses Ereignis hier auch als Beispiel eines Vorwellenereignisses Eingang findet (Abb. 4-4, LfW BY 1998).
Das Pfingsthochwasser im Mai 1999 war in Entstehung und Auswirkungen vergleichbar mit den Hochwassern der Jahre 1940 und 1954. Regenfälle und Schneeschmelze sorgten in der ersten Maihälfte für eine flächige Sättigung des Bodens.
Das Einzugsgebiet der Isar wurde 48 h überregnet, was flächenhaft eine Niederschlagssumme von ca. 160 mm zur Folge hatte (Overhoff u. Winner 2000). Die
Einzugsgebiete von Inn und Iller wiesen dagegen nur 24 h lang hohe Niederschläge
_________________________
36
Als Vb-Wetterlage wird eine Zugbahn eines atlantischen Tiefdruckgebietes nach einer Klassifizierung des niederländi-
schen Meteorologen J. W. van Bebber (1841 – 1905) bezeichnet (Hannweber 2006). Bebber unterscheidet in seiner Analyse der Tiefdruckgebiete fünf Hauptzugbahnen. Starkniederschläge treten infolge der Vb-Wetterlage erst dann auf, wenn
die feuchten Luftmassen aus dem Mittelmeerraum in einer „Tiefdruckrinne“ nach Norden transportiert werden und dort
auf kühlere Luft treffen. Verstärkt wird dieser Effekt für Bayern, wenn dieses Wettergeschehen an der Alpenfront festgehalten und gleichzeitig die warmen, feuchten Luftmassen an der Alpenfront durch Windströmungen gehoben werden
(LfW BY 1999).
133
auf, wobei lokal trotzdem große Niederschlagssummen von ΣN > 200 mm auftraten. Iller, Lech, Ammer und Isar führten Abflüsse mit Jährlichkeiten zwischen T >
20 – 200. Der lang anhaltende Scheitelabfluss der Isar überlagerte sich in der Donau
mit den erhöhten Abflüssen aus Iller und Lech. Da allerdings die nördlichen Zuflüsse Naab und Regen keine nennenswerten Zuflüsse brachten, war die Lage an der
Donau ab Regensburg bis zur Isarmündung weniger kritisch. Beispielhaft wird hier
die Wasserstandsganglinie des Pegels Donauwörth vor der Einmündung des Lech in
die Donau gezeigt (Abb. 4-3). Ein erhöhter Zufluss des Inns lief 1999 dem Donauscheitel vor und erzeugte im Bereich von Passau ein Vorwellenereignis (Pegel Achleiten 1999, Abb. 4-4). Auch an der Isar trat ein Vorwellenereignis auf. Eine Rückhaltung durch die Steuerung des Sylvensteinspeichers wurde während dieses Vorereignisses nicht durchgeführt (Isar 1999, Abb. 4-4) (LfW BY 2003b).
Im August 2002 trat ein Hochwasser auf, dessen Schäden in Bayern im Vergleich
zu den Schäden im Osten Deutschlands, in Tschechien und in Österreich relativ gering ausfielen (LUA BB 2002). Tagelangen Niederschlägen Anfang August 2002
mit Niederschlagssummen von bereichsweise 100 mm in 48 h (06. bis 08.08.2002)
folgten starke Niederschläge mit 116 mm in 24 h im Bereich der Einzugsgebiete
von Inn und Salzach (T ≈ 100 a), die flächig in geringer Intensität vom 10. bis
13.08.2002 anhielten. Während die südlichen Zuflüsse Iller, Lech und Isar mittlere
Abflüsse verzeichneten (T ≈ 10 – 20 a), sorgte eine Verlagerung des Niederschlagsgebietes in den Nordosten von Bayern dazu, dass am Fluss Regen ein hundertjährlicher Abfluss auftrat und an der Donau zwischen Regensburg und der Isarmündung
der Abfluss Jährlichkeiten von T = 20 – 50 a erreichte (vgl. Pegel Freising 2002,
Abb. 4-3). Der Vorscheitel der Donau bei Passau resultiert aus den Abflüssen, die
die Salzach bzw. der Inn abführten (Pegel Achleiten 2002, Pegel Burghausen 2002,
Abb. 4-4) (LfW BY 2002).
Aus hydrologischer Sicht ist das Ereignis August 2005 mit dem Hochwasser 1999
aber auch mit dem Ereignis vom August 2002 vergleichbar (Rudolf et al. 2005). Die
Niederschlagssummen fielen 2005 mit ΣN > 150 mm in 72 h im Vergleich zu
Pfingsten 1999 deutlich geringer aus, was zur Folge hatte, dass die Donau 2005
niedrigere Abflüsse mit entsprechend geringen Jährlichkeiten führte (Pegel Hofkirchen 2005, Abb. 4-3). Dagegen traten 2002 entlang der Oberläufe von Isar, Loisach
und Iller Wiederkehrintervalle von ca. T = 100 a mit wesentlich größeren Abflüssen
als 2005 auf (Pegel München, Abb. 4-3). Schäden konnten u. a. durch die Speicherbewirtschaftung des Sylvensteinspeichers und des Forggensees vermieden werden
(LfW BY 2005).
134
900
Salzach 2002
Pegel Burghausen
Qmax ≈ 3000 m³/s
T ≈ 50 a
Wasserstand [cm]
800
Donau 1988
Pegel Hofkirchen
Qmax ≈ 3020 m³/s
Donau 2005
Pegel Hofkirchen
Qmax ≈ 2730 m³/s
T ≈ 10 a
T ≈ 10 - 20 a
700
Jahrlichkeit T bezogen auf den
maximalen Scheitelabfluss des
Hauptereignisses.
Donau 1999
Pegel Donauwörth
Qmax ≈ 1060 m³/s
T ≈ 10 - 20 a
600
500
400
300
200
100
0
0
0
200
10
400
20
600
Inn 2005
Pegel Oberaudorf
Qmax ≈ 2220 m³/s
T ≈ 100 a
Isar 2005
Pegel München
Qmax ≈ 990 m³/s
T ≈ 50 - 100 a
Isar 2002
Pegel Freising
Qmax ≈ 550 m³/s
T ≈ 10 - 20 a
800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 [h]
30
40
50
60
70
80
90
100 [d]
Zeit
Abb. 4-3: Wasserstandsganglinien von bayerischen Flüssen während Hochwasserereignissen
Auf die jeweiligen Gewässer begrenzte Hochwasserereignisse traten beispielsweise
in den Jahren 1985 am Inn und 2003 am Main auf. Das vor allem am unteren Main
2003 aufgetretene Hochwasser resultierte aus einem Aufeinandertreffen von polaren
und subtropischen Luftmassen über Nordbayern, was zu lang anhaltenden mäßigen
Niederschlägen mit darauf folgenden Starkniederschlägen (ΣN > 76 mm in 24 h,
T > 100 a) führte. Dieses Hochwasserereignis war von kurzer Dauer und erzeugte
am Main trotz der relativ hohen Niederschläge lediglich Abflüsse mit Jährlichkeiten
T < 20 a. Lokal traten jedoch auch größere Abflüsse, wie z. B. an der Fränkischen
Saale, mit Jährlichkeiten von T ≈ 200 a auf (LfW BY 2003a). Im August 1985 führten am Inn Starkniederschläge mit T = 100 a zu schnell ansteigenden Pegel, denen
nach Günther u. Schmidtke (1985) eine Anstiegsgeschwindigkeit von
vAN = 40 cm/h zueigen war. Mit einem maximalen Scheitelabfluss am Pegel Oberaudorf von Qmax = 2220 m³/s entsprach dies dem größten Hochwasserereignis am
Inn seit 1844 (Pegel Oberaudorf 1985, Abb. 4-3).
135
900
Donau 2002
Pegel Achleiten
Qmax ≈ 7700 m³/s
T ≈ 50 - 100 a
Wasserstand [cm]
800
Salzach 2002
Pegel Burghausen
Qmax ≈ 3000 m³/s
T ≈ 50 a
Donau 1999
Pegel Hofkirchen
Qmax ≈ 3300 m³/s
T ≈ 20 - 50 a
700
600
500
400
300
200
Isar 1999
Pegel München
Qmax ≈ 830 m³/s
T ≈ 20 - 50 a
100
Jahrlichkeit T bezogen auf den
maximalen Scheitelabfluss des
Hauptereignisses.
0
0
200
0
10
400
20
600
800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 [h]
30
40
50
60
70
80
90
100 [d]
Zeit
Abb. 4-4: Ausgewählte Hochwasserereignisse mit „Vorwellen“
4.1.4
Auswertung von gemessenen Wasserstandsganglinien
Eine Charakterisierung von Hochwasserstandsganglinien kann anhand der Anstiegsgeschwindigkeit vAN, der Abstiegsgeschwindigkeit vAB, der Scheiteldauer TSch
und der gesamten Hochwasserdauer TG erfolgen (Abb. 4-5). Mit diesem Vorgehen
werden i. d. R. Ganglinien abgeschätzt, welche die Dauer der hohen Wasserstände
auf der sicheren Seite liegend etwas überschätzen. Während des fallenden Astes der
Hochwasserganglinie wird i. Allg. auch ein etwas ungünstigerer Verlauf angenommen (Abb. 4-5).
Für die An- und Abstiegsgeschwindigkeiten, vAN und vAB, können bei Deichen, die
i. d. R. im Vergleich zu Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken kleinere Höhen
besitzen, gemittelte Werte angesetzt werden, da sich auftretende Geschwindigkeitsspitzen nur lokal auswirken können. Die Zeit, ab der ein hoher Wasserstand nahe
dem maximalen Wasserstand überschritten wird, wird als Scheiteldauer TSch bezeichnet.
136
Wasserstand
[cm]
synthetische Ganglinie
TSch
HSch = X *W max
WA
vAN [cm/h]
HAN
WE
vAB [cm/h]
Wmax
HAB = Y * HAN
reale Ganglinie
TG
tA
tSch,A tmax
Legende:
W max maximaler Wasserstand [cm]
WE
Wasserstand zum Zeitpunkt tE [cm]
Wasserstand zum Zeitpunkt tA [cm]
WA
HAN Anstiegshöhe des Wst. [cm]
HAB Abstiegshöhe des Wst. [cm]
HSch Scheitelwasserstand [cm]
X, Y An-, Abstiegsfaktor [-]
tSch,E
tE
vAN
vAB
TSch
TG
tA
tE
tSch,A
tSch,E
tmax
Zeit [h]
Anstiegsgeschwindigkeit des Wst. [cm/h]
Abstiegsgeschwindigkeit des Wst. [cm/h]
Scheiteldauer [h]
Gesamtdauer [h]
Zeit zum Hochwasserbeginn [h]
Zeit zum Hochwasserende [h]
Zeit zum Scheitelbeginn [h]
Zeit zum Scheitelende [h]
Zeit bei W max [h]
Abb. 4-5: Parametrisierung einer Hochwasserstandsganglinie
Die Dauer des gesamten Hochwasserereignisses TG wird durch den Beginn des ersten markanten Anstiegs des Wasserstandes bis zum Rückgang in etwa auf den Mittelwasserstand festgelegt. Diese Festlegung ist nötig, da den Hochwasserereignissen
nicht selten Trockenperioden und somit extrem niedrige Wasserstände vorangehen,
die beim Rückgang nicht mehr erreicht werden, wie es z. B. während des Donauhochwassers 1988 der Fall war.
Die Scheitelhöhe HSch [m] wird als Anteil X [-] des maximalen Wasserstandes Wmax
[m] festgelegt:
H Sch = X ⋅ Wmax
Glg. 4-1
Zu dem Zeitpunkt tE, wenn ein Anteil Y [-] der Anstiegshöhe HAN [-] wieder unterschritten wird, gilt das Ereignis als beendet. Daraus resultiert die Abstiegshöhe HAB
[m] (vgl. Abb. 4-5):
137
H AB = Y ⋅ H AN
Glg. 4-2
Die verwendeten Werte X = 0,90 und Y = 0,80 haben sich bewährt, da damit alle
betrachteten Ganglinienereignisse charakterisiert werden konnten.
Es werden 94 Wasserstandsganglinien an 24 Pegel von bayerischen Flüssen während verschiedener Hochwasserereignisse der letzten Jahrzehnte betrachtet (siehe
Anhang 14; S. 362). Erwähnenswert sind die Hochwasser der Jahre 1988, 1995,
1999, 2002 und 2005, die mehrere Gewässer betrafen. Kleinere, nur an einzelnen
Gewässer ablaufende Hochwasser traten z. B. in den Jahren 1993 am Main und
1997 am Lech auf (Tab. 4-1, vgl. Anhang 15 und Anhang 16, S. 363 und S. 364).
Tab. 4-1: Ausgewertete Wasserstandsganglinien von 24 Pegeln an 12 bayrischen
Gewässern
Nr.
1
Gewässer:
Donau
Ausgew. Pegelanzahl:
6
88/94/99/02/05
Ausgew. Ereignisse:
EO [km²]: 15092 - 76660
Mittleres Gefälle [-]: 2.E-04 - 8.E-04
MHW/MW [-]: 2.0 3.4
MHQ/MQ [-]: 5.2 7.2
2
Main
4
93/95/03
2419
3.E-04
2.6
9.6
7
Nr.
6
5
Gewässer: Salzach Iller Ostrach
1
Pegelanzahl:
1
1
00/02/05
99/02
Ausgew. Ereignisse: 95/02
EO [km²]: 6649
955
127
6.E-03
Mittleres Gefälle [-]: 1.E-03 3.E-03
4.6
MHW/MW [-]:
3.7
4.7
29.8
MHQ/MQ [-]: 12.5
18.0
-
27142
9.E-04
4.4
25.5
8
Mangfall
1
99/05
756
4.E-03
5.4
34.8
3
Inn
3
4
Isar
3
85/91/99/02
99/02/05
9715
8.E-04
3.0
5.9
- 12278 1403
- 1.E-03 2.E-03
6.9
3.2
7.4
12.8
3038
4.E-03
5.0
30.1
12
Baunach
1
99/00/02/05 99/00
97/99/02/05
93
2287
32
165
314
2.E-03
9.E-04
2.E-03 6.E-03
4.3
2.4
2.9
2.2
31.1
44.0
14.0
14.7
9
Günz
1
10
Illach
1
-
11
Lech
1
Über einen charakteristischen Gebietsfaktor FG,char. [km²] (Glg. 4-3) sind in Abb. 4-6
die Anstiegs- sowie Abstiegsgeschwindigkeiten aufgetragen. Die Werte für den
mittleren Hochwasserstand (MHW) und den mittleren Mittelwasserstand (MW)
sind aus dem hydrologischen Jahrbuch entnommen worden, ebenso wie die Einzugsgebietsgrößen EO [km²] (LfW BY 2000). Das mittlere Sohlgefälle wurde aus
den bekannten Pegelhöhen und Fließstrecken ermittelt oder anhand entsprechender
Höhenkarten abgeschätzt. Sowohl für FG,char. [km²] als auch für seine bildenden
Größen waren die Abhängigkeiten von den betrachteten Anstiegs- bzw. Abstiegsgeschwindigkeiten nicht stark ausgeprägt (Abb. 4-6).
138
FG ,char. = E O ⋅ I1.5 ⋅
MHW
MW
Glg. 4-3
EO
Einzugsgebiet des Oberflächenwassers [km²]
I
mittleres Sohlgefälle [-]
MHW mittlerer Hochwasserstand [m]
MW
mittlerer Mittelwasserstand [m]
Die Gebietsfaktoren nehmen Werte zwischen FG,char.= 0,0 ÷ 1,0 an. Randabschätzungen zeigen eine Spannweite von mittleren Anstiegsgeschwindigkeiten bis zu
vAN = 20 cm/h und Abstiegsgeschwindigkeiten von bis zu vAB = 12 cm/h.
Gebietsfaktor FG,char. [km²]
0.1
0.2
0.3
vAN [cm/h]
Anstiegsgeschwindigkeit
Abstiegsgeschwindigkeit
Obere Grenze
Untere Grenze
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1
20
Grenzgerade:
vAN = 20·FG,char.
15
Linear (Anstiegsgeschwindigkeit)
Linear (Abstiegsgeschwindigkeit)
10
y = 5.4x
5
0
vAB [cm/h]
y = -3.0x
-5
vAN und vAB [cm/h]
0
-10
Grenzgerade:
vAB = -12·FG,char.
-15
Abb. 4-6: Diagramm zur Abschätzung von vAN und vAB in Abhängigkeit vom Gebietsfaktor FG,char.
Das liegt daran, dass an ein und demselben Gewässer sehr unterschiedlich geformte
Wasserstandsganglinien auftreten können. Das hat für die Bemessung zur Folge,
dass es nicht nur eine Bemessungsganglinie geben kann, sondern dass für unterschiedliche Belastungsszenarien auch unterschiedliche Bemessungsganglinien angewendet werden sollten. Diese können für Gewässerabschnitte und Lastfälle ge-
139
sondert bestimmt oder festgelegt werden.
Vergleicht man die maximalen, stündlichen An- und Abstiegsgeschwindigkeiten
mit den mittleren, ist zu erkennen, dass die stündlichen Werte weitaus größer sein
können, als die gemittelten (Abb. 4-7). Für ein Ereignis am Inn 1985 entsprechen
die maximalen Werte in etwa dem von Günther u. Schmidtke (1985) angegebenen
Wert von vAN = 40 cm/h. Wie bereits dargelegt wurde, sind aber örtliche wie zeitliche Spitzen für die Form der Wasserstandsganglinie für Durchsickerungsabschätzungen nicht maßgebend.
Anstiegsgeschwindigkeit vAN [cm/h]
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
55
Abstiegsgeschwindigkeit vAB [cm/h]
0
Mittelwerte
Maximalwerte
-5
Linear (Mittelwerte)
-10
Linear (Maximalwerte)
-15
y = -0.50x
R2 = 0.38
-20
y = -0.56x
R2 = 0.76
-25
-30
Abb. 4-7: Zusammenhang zwischen maximalen und mittleren An- und Abstiegsgeschwindigkeit
Wie in Abb. 4-8 zu sehen ist, kann vereinfachend angesetzt werden, dass die Abstiegsgeschwindigkeit im Mittel etwa der halben Anstiegsgeschwindigkeit entspricht (Glg. 4-4).
v AB ≈
1
⋅ v AN
2
Glg. 4-4
Für die Generierung von typischen Hochwasserwasserstandsganglinien wird dieser
Zusammenhang als charakteristisch angesehen, auch wenn für spezielle Fragestellungen der instationären Deichdurchsickerung andere Ganglinien auch untersucht
140
werden können. Diese Festlegung hat für die Form der betrachteten Wasserstandsganglinien entsprechende Auswirkungen (Abb. 4-11).
Anstiegsgeschwindigkeit vAN [cm/h]
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
-2
y = -0,25·x
-4
-6
y = -0.50x
2
R = 0.38
v AN
-8
=
v AB
Abstiegsgeschwindigkeit vAB [cm/h]
0
y = -1,4·x
-10
Abb. 4-8: Zusammenhang zwischen den mittleren An- und Abstiegsgeschwindigkeiten
Die breite Streuung von vAB = -(0,25 ÷ 1,40)·vAN zeigt allerdings, dass auch Hochwasserganglinien auftreten können, deren fallender Ast schneller fällt, als der steigende Ast steigt.
Werden die Gesamt- sowie die Scheiteldauer der Hochwasser über das Produkt der
An- und Abstiegsgeschwindigkeit des Wasserstandes (Glg. 4-5) aufgetragen, erhält
man den in Abb. 4-9 dargestellten Zusammenhang.
v AN ⋅ v AB ≈
1
2
⋅ v AN
2
Glg. 4-5
Das Diagramm in Abb. 4-9 gilt streng genommen nur für An- und Abstiegsgeschwindigkeiten kleiner 10 cm/h. Die für die Festlegung der Berechnungsganglinien
gewählten Scheiteldauern liegen zwischen 2 h und 672 h (28 d).
141
Gesamtdauer TG und Scheiteldauer TSch [h]
10000
1000
Gesamtdauer
Scheiteldauer
Untere Grenze Scheiteldauer
Untere Grenze Gesamtdauer
Potenziell (Gesamtdauer)
Potenziell (Scheiteldauer)
Gesamtdauer TG
y = 399.89x-0.35
R2 = 0.43
100
10
Scheiteldauer TSch
y = 98.33x-0.42
R2 = 0.40
Untergrenzen
1
0
5
10
15
20
25
30
vAN*vAB [cm²/h²]
35
40
45
50
Abb. 4-9: Zusammenhang zwischen Scheiteldauer TSch und Gesamtdauer TG und
dem Produkt von An- und Abstiegsgeschwindigkeit
Die Gesamtdauer des Hochwassers beträgt dabei:
TG = Z ⋅ TSch
Z
Glg. 4-6
Vielfaches der Scheiteldauer [-]
Anhand der Betrachtung der 94 Hochwasserereignisse konnte eine Spanne von
Z = 1,0 – 7,0 ermittelt werden. Vereinfachend kann im Mittel Z = 3,17 verwendet
werden (Abb. 4-10).
142
4000
Gesamtdauer TG [h]
3500
(O
3000
2500
=7
*
T Sc
re
be
G
z
ren
e)
y = 3.17x
R2 = 0.60
h
TG
2000
TG = 2
1500
1000
TG = TSch
* T S ch
(Untere Grenze)
500
0
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1000
Scheiteldauer TSch [h]
Abb. 4-10: Zusammenhang zwischen Scheiteldauer TSch und Gesamtdauer TG der
betrachteten Hochwasserereignisse
4.1.5
Charakteristische „Einzel- / Hauptwellenereignisse“
Aus den in Abschnitt 4.1.4 ermittelten Parametern werden Ganglinien abgeleitet,
die in Kapitel 7 bei der Betrachtung der instationären Durchsickerung von Deichen
herangezogen werden.
Die Form des Abflussquerschnitts und die vorhandene Deichhöhe bestimmen bei
gegebener Wasserstandsganglinie die Einstaudauer. Betrachtet werden Zustände, in
denen der Deich bis BHW oder bis zur Deichkrone eingestaut wird. An gleichen
Gewässerabschnitten werden folglich Deiche mit geringerer Höhe kürzer eingestaut
(Abb. 4-11).
Ausgehend von der Anstiegsgeschwindigkeit vAN können alle anderen Ganglinienparameter mittels der zuvor geschilderten Zusammenhänge abgeschätzt werden.
Gewählt werden Anstiegsgeschwindigkeiten von 0,05 bis 40 cm/h. Die eigenen
Auswertungen haben mittlere Anstiegsgeschwindigkeiten von maximal 10 cm/h
ergeben (vgl. Abb. 4-8). Ruppert (1985) gibt Anstiegsgeschwindigkeiten von 7 bis
250 cm/h und Abstiegsgeschwindigkeiten von 3 bis 50 cm/h entsprechend für die
Gewässer Emscher, Lippe und Berne an. Schuch (2003) wertet einige Pegel an der
Mulde während des Hochwassers 2005 aus und erhält Anstiegsgeschwindigkeiten
143
bis 20 cm/h. Auch wenn die eigenen Untersuchungen sehr schnelle vAN > 10 cm/h
An- und Abstiegsgeschwindigkeiten für bayrische Gewässer nicht bestätigen, werden dennoch Anstiegsgeschwindigkeiten von bis zu 40 cm/h und entsprechende Abstiegsgeschwindigkeiten bis zu 20 cm/h untersucht. Die Scheiteldauern betragen
TSch = 2 – 672 h. Die zugehörigen Hochwasserdauern wurden nach Abb. 4-10 zwischen TG = 2 ÷ 6·TSch für kurze Ereignisse und TG = 7·TSch für lange Ereignisse gewählt (vgl. Tab. 4-2).
Wasserstand
[cm]
synthetische
Ganglinie
Wmax
BHW
W VL,1
=
WA+E
HES,1 [m]
vAN [cm/h]
vAB [cm/h]
W VL,2
Freibord
HES,2 [m]
TSch
Deich
(stark überhöht
dargestellt)
2
TG = TES,2
1
TG=TES,1
tA,1 tA,2
tSch,A
tSch,E
Legende:
W max maximaler Wasserstand [cm]
Wasserstand zum Zeitpunkt tE [cm]
WE
Wasserstand zum Zeitpunkt tA [cm]
WA
HVL Wasserstand in Höhe des Vorlandes [cm]
HES Einstauhöhe [cm]
vAN Anstiegsgeschwindigkeit des Wst. [cm]
vAB Abstiegsgeschwindigkeit des Wst. [cm]
tE,2
TSch
TG
TES
tA
tE
tSch,A
tSch,E
tE,1
1
Vorland bzw.
Wasserstand Deich 1
2
Vorland bzw.
Wasserstand Deich 2
Zeit [h]
Scheiteldauer [h]
Gesamtdauer [h]
Einstaudauer [h]
Zeit zum Hochwasserbeginn [h]
Zeit zum Hochwasserende [h]
Zeit zum Scheitelbeginn [h]
Zeit zum Scheitelende [h]
Abb. 4-11: Einstaudauer abhängig von Deichlage und –höhe
Der Zusammenhang zwischen Anstiegs- und Abstiegsgeschwindigkeit und der Gesamt- bzw. Scheiteldauer hat gezeigt, dass lang andauernde Hochwasserereignisse
aufgrund ihrer langsamen Anstiegsgeschwindigkeit und ihrer begrenzten Dauer geringe Beaufschlagungshöhen besitzen können. Dies hat zur Folge, dass große Deiche nur bei kurzen Hochwasserwellen mit hohen An- und Abstiegsgeschwindigkeiten über ihre gesamte Höhe ein- und abgestaut werden. Treten an größeren Deichen
lange Einstauzeiten auf, sattelt der instationäre Verlauf (An- und Abstieg eines
Scheitels) i. Allg. auf einen bereits erhöhten Wasserstand auf.
Für variierende Deichhöhen HD [m] ergeben sich die in Tab. 4-2 dargestellten
Ganglinienparameter. Die Grenzdauern in der letzten Spalte zeigen, dass bei höheren Deichen aufgrund der Zusammenhänge der Ganglinienparameter und einer be-
144
grenzten Hochwasserdauer der An- und Abstieg sich nur in einem begrenzten Bereich bewegt (vgl. Abb. 4-13).
Tab. 4-2: Ganglinienparameter in Abhängigkeit der Deichhöhe
Kürzere Ereignisse
HD [m]
v
v
TSch
GangAN
AB
linie [cm/h] [cm/h] [h]
0,5 1,0
2,0
3,0
4,0
TES
[h]
5,0
6,0
Grenze
7,0*TSch
[h]
I
0,10
0,05
672 1980 3480 6480 9480 12480 15480 18480
4704
II
0,50
0,25
240 540
840 1440 2040 2640
3240
3840
1680
III
1,0
0,5
72
222
372
672
972
1272
1572
1872
504
IV
2,5
1,25
48
108
168
288
408
528
648
768
336
V
10
5
24
39
54
84
114
144
174
204
168
VI
20
10
12
19,5
27
42
57
72
87
102
84
VII
40
20
6
9,75 13,5
21
28,5
36
43,5
51
42
Aus den geschilderten Zusammenhängen können für die betrachteten Hochwasserganglinien I – VII (Tab. 4-2) entsprechende potentielle Anstiegshöhen Han* abgeleitet werden:
 v AB
H *AN = 
 v AB + v AN

 ⋅ (TG −T Sch ) ⋅ v AN

Glg. 4-7
Unter Berücksichtigung von Glg. 4-4 und Glg. 4-6 vereinfacht sich Glg. 4-7 zu:
1
H *AN = ⋅ ((Z − 1) ⋅ TSch ) ⋅ v AN
3
Glg. 4-8
Dieser Zusammenhang ist in Abb. 4-12 dargestellt. Für Hochwasserganglinien mit
den entsprechenden maximalen Hochwasserzeiten (vgl. Abb. 4-10 und Glg. 4-6)
ergeben sich folglich hohe Werte bis zu maximal HAN*,min = 4,80 m. Die langsam
ansteigenden Ganglinien haben entsprechend kleinere potentielle Anstiegshöhen bis
zu HAN*,min = 0,43 m.
145
*
pot. Anstiegshöhen HAN [cm]
500
y = 2x
Z = 2 bis 3
Z=2
400
Z=3
Z=7
300
Linear (Z = 2)
Linear (Z = 3)
Linear (Z = 7)
200
y = 0.67x
100
y = 0.33x
0
0
50
100
150
200
250
TSch * vAN [h*cm]
Abb. 4-12: Potentielle Anstiegshöhen HAN* über dem Produkt aus Scheiteldauer TSch
und Anstiegsgeschwindigkeit vAN
Für den Fall, dass die betrachtete Deichhöhe HD größer ist als der potentielle instationäre Anstieg HAN*, kann ein stationärer Einstau bei einem über das Deichlager
bzw. über die Vorlandhöhe reichenden Wasserstand Hstat. angenommen werden:
H *AN ≥ H D : H AN = H D
*
H *AN < H D : H AN = H *AN → ( H stat . = H D − H AN )
Glg. 4-9
Die potentiellen Anstiegshöhen HAN* in Abhängigkeit von der instationärer
Einstaudauer TES,inst. für die Hochwasserganglinien I bis VII sind in Abb. 4-13 dargestellt.
Abschließend können nun die wesentlichen Ganglinienparameter unter Beachtung
o. g. Annahmen festgelegt werden. Den Hochwasserganglinien I bis VII werden
nach Festsetzung von vAN [cm/h] und TSch [h] verschieden lange Hochwassergesamtdauern TG,a/b [h] und Anstiegshöhen HAN,a/b [cm] zugewiesen (Tab. 4-3).
146
*
Potentielle Anstiegshöhe HAN [m]
6
vAN
vAB TSch
Ganglinie [cm/h] [cm/h] [h]
5
VII
IV
VI
4
II
V
I
III
3
2
I
0,10
0,05
672
II
0,50
0,25
240
III
1,0
0,5
72
IV
2,5
1,25
48
V
10
5
24
VI
20
10
12
VII
40
20
6
1
0
1
10
100
1000
10000
100000
Instationäre Einstauzeit TES,inst. [h]
Abb. 4-13: Zusammenhang zwischen instationärer Einstauzeit TES,inst. und potentieller Anstiegshöhe HAN*
Tab. 4-3: Ganglinienparameter für „Einzel- bzw. Hauptwellen“
v AB
TSch [h]
Gang- v AN
HAN [cm]
TG [h]
linie [cm/h] [cm/h] a (kurz) b (lang) a (kurz) b (lang) a (kurz) b (lang)
I
II
III
IV
V
VI
VII
0.10
0.50
1.0
2.5
10
20
40
0.05
0.25
0.5
1.25
5
10
20
672
240
72
48
24
6
2
12
6
1980
540
240
120
48
24
12
4704 43.6 134.4
1680
50
240
504
56
144
336
60
240
168
80
480
84
120
480
42
133
480
Die Ganglinien I bis VII werden in Anhang 17 mit einigen realen Ganglinien verglichen und in Tab. 4-4 realen Ereignissen zugewiesen.
Bis auf die sehr lang andauernde und langsam ansteigende Ganglinie I konnten in
der Literatur und aus dem eigenen Datenfundus für alle synthetischen Ganglinien II
bis VII reale Vergleichsereignisse gefunden werden.
147
Tab. 4-4: Theoretische Ganglinien und Vergleichsereignisse
Nr. Bez.
Reales Vergleichsereignis
1
I
k. A.
1
2
II Schwabelweis 1988, Frankfurt/Oder 1997
3
III Engen 1999a & Freising 2002
4
IV Lauben 1999
5
V Feldolling 1995a & Burghausen 1985
2
6
VI Mulde 2002
3
7 VII Emscher 1981
4.1.6
1
2
3
aus IKSO (1999)
aus Schuch (2005)
aus Ruppert (1985)
Charakteristische Vor- und Nacheinstaunereignisse
Aus Sicht der Durchsickerung von Deichen sind Vor- und Nacheinstauereignisse
keine eigenständigen Einzelereignisse, wenn die Sättigungsverhältnisse im Deich
durch den Erst- bzw. Wiedereinstau so verändert werden, dass dies Auswirkungen
auf die Durchsickerungsverhältnisse im Deich hat. Dieser Einfluss hängt neben der
Abfolge der Wasserstandsscheitel auch vom Deichsystem selbst ab. Durchlässige,
homogene Deiche können schon nach geringer Zeit wieder bis zu ihrem Ausgangszustand entwässern, sodass ein direkt anschließendes Hochwasser ein neues Ereignis darstellen kann. Vorereignisse ohne weitgehenden Rückgang des Abflusses
bzw. des Wasserstands haben i. d. R. Auswirkungen auf die Durchsickerung von
Deichen. Dies gilt i. Allg. auch für Deiche, bei denen während dem Abklingen einer
Hauptwelle ein Nachereignis folgt.
Unterschieden werden können Flüsse mit dominierenden Vorfluteigenschaften und
Flüsse, die direkt vom Einzugsgebiet gespeist werden. Erstere hängen von der zeitlichen Aneinanderreihung der Zuflüsse und den jeweiligen Fließgeschwindigkeiten
der Hochwasserscheitel im Vorfluter sowie in den Zubringerflüssen ab. Vor- sowie
Nacheinstauereignisse für den zweiten Fall hängen von den Eigenschaften des Einzugsgebiets und der Intensität sowie der Dauer der Niederschläge ab. Zu bedenken
gilt es noch, dass Nachwellenereignisse im Gegensatz zu Vorwellen- oder Hauptwellenereignissen auf ein gesättigtes Einzugsgebiet treffen und deshalb u. U. geringere Niederschläge zu einem größeren Abfluss führen können.
Für Vor- sowie Nachereignisse müssen jeweils nur die An- und Abstiegshöhen HAN
und HAB festgelegt werden, wenn man davon ausgeht, dass der Ganglinienverlauf
dem des Hauptereignisses ähnlich ist. Dazu wird erneut ein Faktor XH (Glg. 4-10)
eingeführt, der aufgrund der Festlegungen in Abb. 4-14 Werte zwischen 0 und 1
annehmen kann.
148
H AN / AB,Vor / Nach = X H ,AN / AB,Vor / Nach ⋅ H AN ,Haupt
Glg. 4-10
H
Wasserstand [m]
XH
Anpassungsfaktor des Wasserstands [-]
WVor,max
WNach,min
WVor,min
WA+E
TSch,Nach
HAN,Haupt
WNach,max
HAN,Vor =
XH,AN,Vor·HAN,Haupt
Wmax
TSch,Haupt
HAB,Vor =
XH,AB,Vor·Han,Haupt
TSch,Vor
HAB,Nach =
XH,AB,Nach·Han,Haupt
Wasserstand
[cm]
HAN,Nach =
XH,AN,Nach·Han,Haupt
Die in Abschnitt 4.1.5 verwendeten Ganglinien weisen zu einem Viertel Vorwellen
auf. Von den 94 Einzelwellen wurden 16 Vorwellen mit darauf folgenden Hauptwellen, die bereits als voneinander unabhängige Ereignisse in Abschnitt 4.1.5 herangezogen wurden, betrachtet. Sechs Vorwellen mit anschließenden Hauptwellen
wurden nicht als Einzelereignisse behandelt, sondern ausschließlich als Vorwellen
Die Ganglinienparameter der ausgewerteten Ereignisse für die Vor- und Nachereignisse sind in Anhang 18 (S. 366) zu finden.
Vorereignis
Hauptereignis
Nachereignis
TVor
THaupt
TNach
TG
tA
tA,Haupt
Legende:
W max maximaler Wasserstand [cm]
Wasserstand zum Zeitpunkt tE [cm]
WE
WA
Wasserstand zum Zeitpunkt tA [cm]
Anstiegshöhe des Wst. [cm]
HAN
HAB
Abstiegshöhe des Wst. [cm]
HSch Scheitelwasserstand [cm]
X, Y An-, Abstiegsfaktor [-]
tE,Haupt
tE
Zeit [h]
vAN
Anstiegsgeschwindigkeit des Wst. [cm/h]
Abstiegsgeschwindigkeit des Wst. [cm/h]
vAB
TSch Scheiteldauer [h]
Gesamtdauer [h]
TG
tA
Zeit zum Hochwasserbeginn [h]
tE
Zeit zum Hochwasserende [h]
Nach Index für Nachereignis
Vor
Index für Vorereignis
Haupt Index für Hauptereignis
Abb. 4-14: Parameter zur Abschätzung der Ganglinien mit Vor-, Haupt- und Nachereignis
Zusätzlich wurde ein weiteres Ereignis am Pegel Feldolling in die Auswertung auf-
149
genommen, so dass schließlich 23 Vorwellen zur Ermittlung der Faktoren
XH,AN,Vor [-] und XH,AB,Vor [-] (vgl. Abb. 4-14) betrachtet wurden. Dabei konnte festgestellt werden, dass ausgeprägte Vorwellenereignisse primär an Flüssen mit kleinen und mittleren Einzugsgebieten auftreten. Die Quotienten beider zu bestimmenden Faktoren betragen in guter Abschätzung 0,93 (vgl. Abb. 4-15).
X H ,AB,Vor = 0,93 ⋅ X H ,AN ,Vor
Glg. 4-11
Im Folgenden wird angenommen, dass die Annahme für Vor- und Nachereignisse
XH,AN = XH,AB die Zusammenhänge mit ausreichender Genauigkeit widerspiegelt.
Es wird eine Abstufung von Vor- und Nachereignissen mit XH = 0,25/0,50/0,75
verwendet. Die Scheiteldauern der Vor- sowie Nachereignisse werden dabei mit
dem gleichen Faktor XH = XT multipliziert:
TSch ,Vor / Nach = X T ,Vor / Nach ⋅ TSch ,Haupt
Glg. 4-12
TSch
Scheiteldauer [m]
XT
Anpassungsfaktor der Scheiteldauer [-]
Zwar konnte diese Annahme nicht bestätigt werden, doch liegen die Mittelwerte des
Verhältnisses der Scheiteldauern zwischen 0,5 und 0,72, was zeigt, dass aufgrund
der geringeren Dauer der Vor- und Nachereignisse auch ihre Scheiteldauern i. Allg.
kürzer als die Scheiteldauer des Hauptereignisses sind.
Ganglinien mit Vorwellen
1.0
0.9
XAB.Vor und XAN,Nach [-]
0.8
0.7
0.6
100%
y = 1,0x
75%
50%
y = 0,8x
25%
0%
< 1000
1000 > 10000
10000
Einzugsgebiet EO [km²]
0.5
0.4
y = 0.9322x
2
R = 0.9485
0.3
Vorwellen
Grenzkurve I
Grenzkurve II
Ausreißer Vorw.
Nachwellen
Linear (Vorwellen)
0.2
0.1
0.0
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
XAN,Vor und XAB,Nach [-]
Abb. 4-15: Parameter zur Abschätzung der GL mit Vor- und Nachereignissen
1.0
150
4.1.7
Wasserstandsänderungen infolge von Deichbrüchen
Die Wasserstandsänderungen infolge von Deichbrüchen hängen in erster Linie von
der Höhe und der Länge des erodierten Deiches ab. Dadurch wird, wie bei einem
ungesteuerten Hochwasserrückhaltebecken, Wasser in einen Polder ausgeleitet, was
im Unterwasser i. d. R. zu einer Reduktion des Wasserstands führt.
Optimal gesteuerte Hochwasserrückhaltebecken kappen die Abflussspitze und sorgen unterstrom für einen konstant bleibenden Wasserstand. Die Qualität der Vorhersage und die technischen Möglichkeiten der Steuerung sowie die Leistungsfähigkeit der Ein- und Auslassorgane und die Größe des Speichervolumens, wirken
sich auf die Steuerung unterschiedlich stark aus (Fischer et al. 2005). Bei Deichen
bzw. Deichbrüchen, die, wie bereits erwähnt, eine ähnliche Wirkung wie ungesteuerte Hochwasserrückhaltebecken haben können, spielen natürlich andere Faktoren,
wie z. B. die Poldergröße, eine Rolle. Zudem kann es positiv sein, dass Deiche erst
bei Überströmung, d. h. bei bereits relativ hohen Wasserständen, brechen und Retentionsraum schaffen, was unterstrom erst bei kritisch hohen Wasserständen sich
positiv auswirkt.
Beispiele einiger während der letzten Hochwasser aufgetretener Wasserstandsänderungen infolge von Deichbrüchen zeigen die begrenzten Auswirkungen der Wasserstandsänderung im unterstromigen Bereich37. Der Deichbruch 1999 bei Neustadt an
der Donau reduzierte den Wasserstand im Unterliegerbereich am Pegel Kelheim um
0,24 m im Vergleich zum berechneten Wasserstand ohne Deichbruch. Dies entspricht einer berechneten Abflussreduktion von etwa 300 m³/s und einem Gesamtabfluss von Q = 2.300 m³/s. Disse et al. (2003) berechneten für die Hochwasser
1993 und 1995 am Rhein an zwei Orten Wasserstandsreduktionen von ca. 0,10 bis
0,20 m infolge von Deichbrüchen mit Breschenbreiten von 50 bis 175 m. Bei erhöhten Abflüssen erreichten die berechneten Wasserstandsreduktionen mehr als 0,70 m.
Die Abschätzung der Abstiegsgeschwindigkeit des Wasserstandes am Pegel Kelheim infolge des Deichbruches bei Neustadt an der Donau zeigt, dass der Wasserstand um etwa 12 cm in 10,5 h absank, was einer Abstiegsgeschwindigkeit von vAB
_________________________
37
Hier wird lediglich die Auswirkung des fallenden Wasserspiegels auf die Standsicherheit der wasserseitigen Böschung
betrachtet. Deichbrüche und gesteuerte oder ungesteuerte Retentionsmaßnahmen können im Einzelfall auch bei geringer
Wasserstandsabsenkung einen sehr großen Einfluss auf ein Hochwassergeschehen haben, wenn diese Wasserstandsabsenkung ein Überströmen eines Hochwasserschutzbauwerkes verhindert.
151
= 1,1 cm/h entspricht und im Vergleich zu den in den vorigen Abschnitten betrachteten natürlichen Abstiegsgeschwindigkeiten keine nennenswerte Belastung darstellt (Abb. 4-16, vgl. Anhang 15 (S. 363) und Anhang 16 (S. 364)).
Die Überlegungen zu den Auswirkungen von Deichbrüchen gelten in ähnlicher
Weise für die gezielte Flutung von Poldern. Ein Beispiel zur Auswirkung einer
Flutpoldersteuerung an der Havel während des Hochwassers 2002 an der Elbe zeigt,
dass die theoretische Wasserstandssenkung der Elbe von 0,66 m am Pegel Wittenberg eine tatsächliche Wasserstandssenkung von ∆hreal = 0,30 m in 24 h bewirkt hat.
Dies verursachte eine Abstiegsgeschwindigkeit vAB = 1,25 cm/h, was an der Elbe
im Vergleich zu natürlichen Ereignissen keine übermäßige Belastung für etwaige
Deichbauwerke darstellt (LUA BA 2002).
2500
∆hreal ≈ 0,12 m
berechnet
LfW BY (2003b)
Wasserstandsreduktion
∆h = 0,24 m
2000
Abfluss Q [m³/s]
1
gemessen
Donau Mai 1999
1
Pegel Ingolstadt
Qmax ≈ 2270 m³/s
∆t = 10,5 h
1500
Donau Mai 1999
1
Pegel Kelheim
Qmax ≈ 2140 m³/s
1000
500
0
0
50
100
150
200
250
300
350
Zeit [h]
Abb. 4-16: Wasserstandsreduktion im Unterwasser infolge des Deichbruchs an der
Donau bei Neustadt dargestellt an den Pegeln Ingolstadt und Kelheim
(LfW BY 2003b)
Broich (2003) diskutiert verschiedene Ansätze zur Berechnung und speziell zur
Vorhersage der Deichbreschenbildung und des Abflusses aus Deichbreschen. Neben
empirischen und numerischen Methoden werden vor allem Parametermodelle zur
Vorhersage empfohlen. Die Abschätzung von Deichbruchzeiten und der Breschenausbildung weisen sehr große Unsicherheiten auf. Für die praktische Anwendung
152
sind deshalb Annahmen zu treffen, die den schlimmsten Fall berücksichtigen. Im
Gegensatz zum gesteuerten Einsatz von Hochwasserrückhaltebecken tritt ein
Deichbruch häufig an unbekannter Stelle auf, so dass ein Polder mit unbekannten
Eigenschaften gefüllt wird. Kleine Polder mit großen Einzugsgebieten sind i. d. R.
schnell gefüllt, so dass hier die Retentionswirkung relativ gering ist.
In Abb. 4-17 ist die Überfallcharakteristik eines Deiches, abgeschätzt als breitkroniges Wehr, dargestellt. Wesentlichen Einfluss hat, wie erwähnt, die Länge der Bresche, die erfahrungsgemäß bis zu mehrere hundert Metern lang werden kann. Die
Länge der Bresche infolge des Deichbruchs bei Neustadt a. d. Donau während des
Hochwassers 1999 war z. B. 100 m lang. Das Volumen des über den Deich geströmten Wassers belief sich auf über 20 Mio. m³ (Scheuermann 2000). Niesche u.
Krüger (1998) geben ein Beispiel für die Ausbreitung einer Deichbresche von 20 m
Breite auf 100 m in wenigen Stunden während des Hochwassers 1997 an der Oder
an. Die Verbreiterung auf über 200 m erfolgte innerhalb weniger Tage.
5
10 m
25 m
50 m
100 m
150 m
hÜ,Bresche [m]
4
200 m
3
Breschenlängen LBresche
(10 bis 200 m)
2
1
3
2
QÜ,Bresche = ⋅ µ ⋅ LBresche 2 ⋅ g ⋅ h ü,2 Bresche
3
0
0
500
1000
1500
2000
2500
QÜ,Bresche [m³/s]
Abb. 4-17: Abflüsse eines überströmten Deiches (breitkroniges Wehr)
In Disse et al. (2003) wird eine auf Basis der POLENI-Überfallformel modifizierte
Deichbruchformel vorgestellt, mit deren Hilfe man abschätzen kann, welcher Abfluss sich ins Hinterland bei entsprechender Deichbresche einstellt. Die vereinfachten Betrachtungen in Abb. 4-17 auf Basis der POLENI-Überfallformel mit einem
konstanten Überfallbeiwert von µ = 0,577 reichen aber für die gewünschte Genau-
153
igkeit der Aussagen hier bei weitem aus, da die Kenngrößen zur genaueren Beschreibung einer Deichbresche i. d. R. auch nur vage Abschätzungen darstellen
(Broich 2003).
Die Wasserstandsreduktion im Unterwasser ergibt sich vereinfachend aus der Differenz des Abflusses Q und des Ausflusses über bzw. durch die Deichbresche QÜ,Bresche. Gleichzeitig senkt das durch die Wasserspiegeldifferenz zwischen Oberwasser
und Unterwasser erhöhte Gefälle den Wasserspiegel zusätzlich ab. Für den Abfluss
Q in einem Querschnitt sind nach MANNING-STRICKLER die Rauhigkeit und die
Querschnittsgeometrie maßgebend. Im Folgenden werden an drei realitätsnahen
Querschnitten (Abb. 4-18) unterschiedliche Deichbrüche und ihre Auswirkungen
auf den Wasserstand untersucht. Vorausgesetzt wird, dass der Abflussquerschnitt
und das Energieliniengefälle im Falle eines Deichbruches gleich bleiben.
12,0 m
3
9,0 m
3,0 m
6,0 m
1
4,0 m
2,0 m
0,0 m
50 m
8,0 m
50 m
2
50 m
100 m
5,0 m
3,0 m
0,0 m
100 m
100 m
200 m
Vorländer kSt = 15 m1/3/s
Hauptgerinne kSt = 35 m1/3/s
Sohlgefälle IS = 0,1%
Neigungen Deiche 1:2
Neigungen Ufer 1:1
Wasserstand h W [m]
14
Sonstige Annahmen:
Q-h-Beziehung
12
10
3
8
1
6
2
4
2
0
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000
Abfluss Q [m³/s]
Abb. 4-18: Betrachtete Abflussquerschnitte mit Abfluss-Wasserstand-Beziehungen
Fischer et al. (2005) untersuchten den Einfluss einer Polderflutung, deren Effekt in
etwa mit dem eines Deichbruchs verglichen werden kann, auf das Energielinienge-
154
fälle und stellte fest, dass im Oberwasser sich ein höheres Gefälle einstellt und somit sich dort der Abfluss erhöht bzw. die Fließgeschwindigkeiten zunehmen. Die
Annahme eines konstant bleibenden Abflusses bzw. Energieliniengefälles im OW
stellt somit einer Vereinfachung dar, was jedoch auf die später angeführten Schlussfolgerungen keinen entscheidenden Einfluss ausübt.
Für die Bruchberechnungen werden stationäre Verhältnisse angesetzt, d. h. der Zufluss im Gewässer ist konstant. Die Berechnungen der Wasserstandsänderungen im
Unterwasser berücksichtigen keine zwei- oder dreidimensionalen Effekte. Die Abschätzungen sind zum einen mit konstantem Wasserstand über die gesamte Breschenlänge und zum anderen mit linearem Abfall des Wasserstands im Bereich der
Deichbresche durchgeführt worden (Abb. 4-19). Im zweiten Fall wurde die Wasserstandsänderung im Unterwasser ∆HUW iterativ ermittelt. Die Wasserstände wurden
an den Profilen mit Hilfe der Fließformel zur Bestimmung der Normalwassertiefe
von MANNING-STRICKLER ermittelt. Die Berechnung der Wasserstände in den
gegliederten Querschnitten erfolgte nach DVWK 220/1991.
Wst.OW (Beginn der Deichbruchstelle)
Wst.UW (Ende der Deichbruchstelle)
Gebrochener
Deich
∆HUW
Legende:
Wasserstand vor der Bresche [m]
Wst.OW
Wasserstand nach der Bresche [m]
Wst.UW
Wst.Polder Wasserstand im Polder [m]
hgr,OW
hgr,UW
WstPolder
∆HUW
hgr,OW
hgr,UW
Wasserstandsreduktion [m]
Grenztiefe im Oberwasser [m]
Grenztiefe im Unterwasser [m]
Abb. 4-19: Überströmung eines vollständig gebrochenen Deiches mit abgesenktem
Wasserstand im Unterwasser bzw. am Ende der Deichbruchstelle
Ausgehend von einem Wasserstand auf der Sohle des Hinterlandes zeigt Abb. 4-20
unter den vereinfachten Annahmen eines vollkommenen Abflusses und eines konstanten Überfallbeiwertes bei einem Deichbruch mit vollständiger Erosion bei Kronenstau, dass mit steigender Deichbreschenlänge bei konstantem Wasserstand vor
dem Deich die Abflussleistung in den Polder über den Deich QÜ,Deich logischerweise
linear zunimmt. Für die Annahme des linearen Abfalls des Wasserstandes entlang
der Deichbresche verringert sich QÜ,Bresche für die gezeigten Beispiele erheblich.
Selbiger Zusammenhang spiegelt sich wider, wenn man die Wasserstandsänderung
155
im Unterwasser ∆HUW [m] in Abhängigkeit von der Länge der Bresche betrachtet
(Abb. 4-21). Bei konstanten Wasserständen vor dem Deich ist bei Beispiel 1 theoretisch eine Absenkung des Wasserspiegels um die gesamte Überströmhöhe bzw.
Deichhöhe möglich. Bei linearer Abnahme des Wasserstands sind die Wasserstandsänderungen deutlich reduziert. Unberücksichtigt bleibt, dass eine reduzierte
Überströmhöhe eine verminderte erosive Wirkung auf den Deichköper hat und evtl.
keine vollständige Erosion des Deichkörpers auftreten kann.
2000
Q von H = 2 m
Q von H = 3 m
Q/ H=2m/Bsp.1/Korr. A
Q/ H=3m/Bsp.2/Korr. A
Q/ H=3m/Bsp.3/Korr. A
1800
QÜ,Bresche [m³/s]
1600
Annahme:
Wasserstand konstant:
Linearer Zusammenhang
1400
1200
Annahme:
Wasserstand linear
abnehmend (Korr. A):
Polynomischer
Zusammenhang
1000
800
600
400
200
0
0
25
50
75
100
125
150
175
200
LBresche [m]
Abb. 4-20: Abflüsse ins Hinterland infolge eines Deichbruches bei Kronenstau (3
Beispielfälle)
Der minimale Wasserstand im Unterwasser von Beispielquerschnitt 1 wird bereits
bei einer Deichbreschenlänge von LBresche = 93 m erreicht. Die anderen beiden Querschnitte erreichen bei der maximalen Breschenlänge von 200 m ungefähr eine Wasserstandsänderung von ∆HUW = 2,0 m. Dies sind die ungünstigsten Verhältnisse der
betrachteten Beispiele, da vom sofortigen Deichbruch und einer maximalen gleichmäßigen hydraulischen Beaufschlagung, sprich von konstant hohen Wasserständen
über die gesamte Breschenlänge ausgegangen wird (Abb. 4-21). Bei Annahme einer
linearen Abnahme des Wasserstandes vor der Deichbresche (korr. A, Abb. 4-21)
nehmen die verursachten Wasserstandsänderungen wesentlich kleinerer Werte an,
als bei Annahme eines konstanten Wasserstands.
156
2.5
Bsp.1
Bsp.2
Bsp.3
HUW-Bsp.1/korr. A
HUW-Bsp.2/korr. A
HUW-Bsp.3/korr. A
∆HUW [m]
2.0
1.5
max. Absenkhöhe Bsp. 1 (HD = 2,0 m)
1.0
0.5
0.0
0
25
50
75
100
125
150
175
200
LBresche [m]
Abb. 4-21: Absenkung des Unterwasserstandes infolge von Deichbrüchen (3 Beispielfälle; eindim., stat. Betrachtung)
Trotz der vereinfachten Annahmen wird abgeschätzt, dass bei den hier betrachteten
Fällen die Wasserstandsänderungen bei Deichbrüchen auf der sicheren Seite liegen,
da Einflussfaktoren, wie z. B. der allmähliche Bruch eines Deiches und das Speichervolumen [m³] des dahinter liegenden Polder mit dem sich bei der Flutung einstellenden Wasserstand im Unterwasser (UW), vernachlässigt und somit gleichzeitig ungünstig angenommen wurden. Je nach Größe des gefluteten Polders (!) und
des zeitlichen Verlaufs der Flutung bzw. des Deichbruchs kann eine Wasserstandsabsenkung u. U. nur sehr begrenzt auftreten. Bei kleinen Abflussquerschnitten mit
relativ hohen Deichen kann sich ein Deichbruch u. U. stärker auf den Unterwasserspiegel auswirken.
Beobachtungen aus der Praxis und Berechnungen mit hydrodynamischen Modellen
haben gezeigt, dass die Wasserstandsänderungen i. Allg. geringer ausfallen (Disse
et al. 2003), als hier für ungünstige Verhältnisse abgeschätzt. Auf eine genauere
Analyse des Bruchvorgang und der Ausbildung einer Deichbresche wird in dieser
Arbeit verzichtet. Der Leser wird hierbei auf einschlägige Fachkreise und die damit
verbundenen Veröffentlichungen verwiesen (Broich 2003, Wahl 1998, Morris
2000).
Die Wasserstandsänderungen infolge von Deichbrüchen wird in dieser Arbeit nicht
weiter untersucht, da schnell fallende Wasserstandsganglinien infolge eines natürlichen Rückgangs des Hochwassers in etwa die Belastung infolge von Deichbrüchen
157
wiedergeben oder sogar auf der sicheren Seite liegen können, wie z. B. das Beispiel
des Deichbruchs in Neustadt an der Donau zeigt. Eine Überlagerung von Deichbrüchen und fallenden Wasserständen wird dagegen die Belastung vergrößern. Es ist
jedoch abzuschätzen, inwiefern im Rahmen einer Deichbemessung ein derartiges
Szenario wahrscheinlich ist und infolge dessen betrachtet werden müsste.
4.2
Regenereignisse
4.2.1
Allgemeines
Regenereignisse werden in dieser Arbeit nicht nur als Ursache für Hochwasser,
sondern auch als zusätzliche Belastung für Deiche während Hochwasser betrachtet.
Große Regengebiete können sich über das alpine Einzugsgebiet bis hin zu eingedeichten Flussstrecken in den Tälern erstrecken (Hannweber 2006). Bei großen
Flachlandflüssen, wie z. B. der Donau, können die Regenereignisse über den Einzugsgebieten der Zuflüsse Hochwasser verursachen, wohingegen an Flüssen mit
kleineren Einzugsgebieten es eher wahrscheinlich ist, dass die Hochwasser verursachenden Regenereignisse aufgrund der örtlichen Nähe sich ggf. auch über eine eingedeichte Flussstrecke ergießen. Im zweiten Fall ist die Konzentrationszeit sehr
kurz (LfW BY 1998). Bei lang andauernden Hochwasserereignissen, welche vor
allem im Flachland auftreten, ist dagegen die Wahrscheinlichkeit, dass während der
Einstaudauer ein Regenereignis eintritt wiederum höher, die Intensität fällt dort
i. d. R. geringer aus.
Das hat zur Folge, dass bei den kleinen alpinen Flüssen seltene Hochwasserereignisse und seltene Regenereignisse zusammenfallen können, während bei großen
Flachlandflüssen, wie z. B. der Donau, welche die Abflüsse aus einem großen Einzugsgebiet mit langen Konzentrationszeiten beziehen, die starken Niederschlagsereignisse i. d. R. weit entfernt vom Vorfluter auftreten.
4.2.2
Niederschläge in Bayern und ihre Jährlichkeiten
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat die Starkniederschlagshöhen für Deutschland (KOSTRA) auf Basis von langjährigen Niederschlagsmessungen statistisch
untersucht und regionalisiert, so dass seit 1997 für das gesamte Gebiet Deutschlands
für unterschiedliche Dauerstufen D [min] oder [h] Niederschlagshöhen hN [mm]
vorliegen. Diese Niederschlagshöhen können gleichzeitig einer Jährlichkeit T zugeordnet werden (DWD KOSTRA 1997).
158
Abb. 4-22 zeigt den Zusammenhang zwischen 72-stündigen Niederschlagssummen
und ihren Jährlichkeiten nach DWD KOSTRA (1997). Dargestellt sind einige gemessene Niederschlagssummen, die zu den Hochwassern 1999 und 2005 führten.
Die Niederschlagssummen und entsprechend auch ihre Jährlichkeiten nehmen von
Süden nach Norden ab. Die 3-Tagesniederschläge in Lenggries hN,72h,1999 = 150 mm
und hN,72h,2005 = 220 mm hatten Jährlichkeiten von T1999 = 4 a und T2005 = 40 a. Weitere Niederschlagsdaten in den Gebieten von München, Rosenheim, Kempten und
Ingolstadt sollen die regionale Verteilung zeigen. Die 3-Tage-Niederschlagskarten
der Hochwasser 1999 und 2005 sind in Anhang 19 (S. 367) angefügt. Dort sind die
gemessenen 72-stündigen Niederschlagssummen (vgl. Abb. 4-22) während des
Hochwassers vom August 2005 vom 21. bis zum 24.08.2005 und während des
Pfingsthochwassers 1999 vom 20. bis zum 22.05.1999 abgebildet (vgl. Hannweber
2006).
300
Hochwasser 1999
Hochwasser 2005
Niederschlagshöhen hN [mm]
250
Lenggries [72h]
(Alpines Gebiet)
Wallgau 2005
Lenggries 1999
200
München / Rosenheim [72h]
(Süden)
150
Lenggries 2005
Rosenheim 1999
München 1999
100
Kempten 2005
Kempten 1999
Ingolstadt [72h] (Mitte)
Würzburg [72h] (Norden)
Rosenheim 2005
München 2005
50
Ingolstadt 2005
0
1
10
100
Wiederkehrintervall T [a]
Abb. 4-22: 72-stündige Niederschlagssummen inklusive Jährlichkeiten nach DWD
KOSTRA (1997) mit Messdaten der Hochwasser 1999 und 2005
In Abb. 4-23 sind, ähnlich zu Abb. 4-22, nach DWD KOSTRA (1997) die Niederschlagsummen für 24-stündige Regendauern und deren Jährlichkeiten an einigen
bayerischen Standorten dargestellt (vgl. Anhang 20, S. 368). Eingetragen sind zusätzlich Vorregen- und Simultanregenereignisse an ausgewählten Gewässern bzw.
in ausgewählten Gebieten während verschiedener Hochwasserereignisse der letzten
Jahrzehnte. In den südlichen Teilen Bayerns traten, wie anhand der Niederschlags-
159
messungen in München und Freising an der Isar dargelegt ist, während der letzten
Hochwasserereignisse 1999, 2002 und 2005 relativ starke Niederschläge sowohl vor
als auch während der Hochwasser auf. Die Jährlichkeiten dieser Vor- sowie Simultanregenereignisse überstiegen jedoch an der Isar im Bereich München und Freising
eine Jährlichkeit von T = 5 a nicht.
140
Landsberg/Garmisch [24h]
(Alpin/Süden)
München/Freising/Passau [24h]
120
Regensburg/Straubing [24h]
Niederschlagshöhen hN [mm]
Bamberg [24h]
(Süden/Mitte)
Würzburg [24h]
100
max. Vorregen [24h]
(Mitte/Norden)
max. Simultanregen [24h]
80
(Norden)
60
40
20
0
0.1
1
10
100
Wiederkehrintervall T [a]
Abb. 4-23: Tagesniederschlagssummen mit entsprechender Jährlichkeiten nach
DWD KOSTRA (1997) mit Vorregen- und Simultanregenereignissen
Die Auswertungen der Hochwasser am Lech im Bereich von Landsberg ergaben die
gleichen Resultate. Dagegen treten im alpinen Raum, hier am Beispiel von Garmisch-Partenkirchen beispielhaft dargelegt, die Niederschläge mit großer Intensität
oft gleichzeitig mit dem Hochwasser auf. Die betrachteten Niederschläge erreichten
Jährlichkeiten T > 25 a. Anders stellt sich die Situation in der Mitte Bayerns im Bereich der Donau dar. Dort waren während der betrachteten Hochwasserereignisse in
Regensburg, Straubing und Passau nur sehr schwache Niederschläge zu verzeichnen. Geringfügig anders verhält sich dies bei Frühjahrshochwassern und Winterhochwassern an der Donau. Die betrachteten Ereignisse 1993 und 1994 zeigen, dass
außer kleinere Simultanniederschläge mit Jährlichkeiten T < 1 a so gut wie keine
Vorregenereignisse auftraten. Im Norden Bayerns, hier am Beispiel des Mains erläutert, traten in den betrachteten Gebieten während der Hochwasser 1993, 1995
160
und 2003 am Main keine nennenswerten Vorregenereignisse auf, aber dafür Simultanniederschläge mit einer Jährlichkeit von bis zu T = 10 a (Abb. 4-23).
Einen großen Einfluss besonders auf die Frühjahrshochwasser und die Winterhochwasser in Tauperioden hat die Schneeschmelze. Je nach Art der Schneedecke –
Alt- oder Neuschnee – können dort unterschiedliche Wassermengen gespeichert und
bei Tauwetter wieder freigegeben werden (LfW BY 1998).
4.2.3
Charakteristische Niederschlagsereignisse
Den Ausführungen der Abschnitte 4.2.1, 4.2.2 und 4.1.3 zufolge kann eine Aufteilung von zu betrachteten Niederschlägen nach der geographischen Lage in Bayern
erfolgen.
Die Dauer des Vorregens des Hochwassers 2002 betrug im Mittel in etwa sieben
Tage. 2005 und 1999 waren längere Ereignisse von bis zu knapp zwei Wochen bei
geringerer Intensität zu verzeichnen. Simultanregenereignisse während der drei
Hochwasserereignisse 1999, 2002 und 2005 dauerten drei bis fünf Tage beim Anstieg des Hauptscheitels an. Während der Hochwasser 1993, 1995 und 2003 am
Main waren keine signifikanten Vorregenereignisse zu erkennen. Dagegen trat während dieser Hochwasser am Main Dauerregen als Simultanereignis auf, der in etwa
eine Woche mit variabler Intensität anhielt und eine Jährlichkeit von T < 10 a erreichte. Die Winterhochwasser an der Donau und ihren Zuflüssen fallen ähnlich wie
die Frühjahrs- und Sommerhochwasser aus, nur dass keine größeren Vorregenereignisse während der betrachteten Hochwasser zu verzeichnen sind (T < 0,5 a). In
alpinen Einzugsgebieten fallen die Niederschlagshöhen naturgemäß höher aus. Aufgrund der kurzen Konzentrationszeiten treten hier allerdings verstärkt und dauerhaft
Simultanereignisse bis zu einer Jährlichkeit von T = 25 a auf, denen mäßige, lang
anhaltende Niederschläge mit einer Jährlichkeit von T < 1 a vorausgehen (vgl.
Anhang 21, S. 369, und Anhang 22, S. 370).
Die vor und während der betrachteten Hochwasserereignisse aufgetretenen Niederschläge lassen sich regional und nach Jahreszeit unterteilen (Tab. 4-5). Die zeitlichen Dauern der Regenereignisse wurden überschlägig mit einer Woche angenommen. Für weitere Betrachtungen zur instationären Durchsickerung von Deichen
werden folgende, in Tab. 4-5 dargestellten Ereignisse bzw. daraus abgeleitete mittlere Niederschlagsintensitäten iN,m [mm/h] verwendet.
Die zeitliche Abfolge von Vor- und Simultanregen unter Berücksichtigung der
161
Hochwasserganglinien sind im Einzelfall unterschiedlich und werden hier dementsprechend vereinfachend betrachtet. Für die Vorsättigung des Deiches durch Vorregen spielt die Intensität und Dauer des Vorregenereignisses, aber auch der Zeitraum
zwischen den beiden Regenereignissen, der bis zu wenigen Tagen betragen kann,
eine Rolle. In dieser Zeit hat ein relativ durchlässiger Deich die Möglichkeit zu
entwässern.
Tab. 4-5: Betrachtete regionalisierte Regenereignisse (vgl. Abb. 4-24)
Vorregen
Kategorie
1)
A
1)
S
M
2)
N
Region
Alpine Gegend
Südbayern
1)
a
2) Mittelbayern
b
Nordbayern
Dvor
[d]
7
7
7
-
Tvor,24h
[a]
0.5
5
0.5
-
hN,Vor,max,24h
[mm]
45
70
30
-
Tvor,72h
[a]
10
20
2
-
hN,Vor,max,72h
iN,m
[mm]
[mm/h]
0.72
90
1.13
140
0.48
60
-
Simultanregen
Kategorie
1)
Alpine Gegend
Südbayern
A
1)
S
1)
M
2)
N
Region
a Mittelbayern
2)
b
Nordbayern
1)
2)
Dsim
[d]
7
7
Tsim,24h
[a]
25
5
7
2
40
20
80
0.64
7
10
55
50
82.5
0.72
hN,sim,max,24h Tsim,72h hN,sim,max,72h
iN,m
[mm]
[a]
[mm]
[mm/h]
1.77
110
100
220
1.13
70
20
140
Frühjahrs- und Sommerhochwasser
Winterhochwasser
Das Simultanregenereignis kann, sofern die Niederschläge auch noch bei hohen
Wasserständen auftreten, sowohl eine Vorsättigung mit einhergehender Beschleunigung der Durchsickerung als auch eine Verstärkung der Durchsickerung – sprich
eine Erhöhung der Sickerlinie – verursachen. Deshalb ist es von Bedeutung, wie
Vor- und Simultanregen mit der Hochwasserganglinie überlagert werden. Starke
Niederschläge treten, wie beobachtet (vgl. Anhang 21, S. 369, und Anhang 22,
S. 370), eine gute Woche vor dem Hochwasser auf, aber auch verstärkt während des
ansteigenden Astes bis hin zum Scheitel des Hauptereignisses (Abb. 4-24).
Für die weiteren Betrachtungen wird angenommen, dass Vor- und Simultanregen
unmittelbar aneinander anschließen. Die Spitze des Niederschlags kann mit der
Hochwasserspitze zusammentreffen, oder aber früher eintreten. Näheres zu dieser
162
Thematik und den Auswirkungen von Regenereignissen auf die Durchsickerung
von Deichen kann den Abschnitten 5.6.3 und 7.6 entnommen werden.
Zeit [d]
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
hN [mm]
hN [mm]
0
20
21
22
23
24
Kategorie S
Kategorie A
40
60
80
100
120
0
20
Vorregen Kategorie Ma
40
Kategorie Ma & Mb
60
Kategorie N
0 - X Tage
80
100
7 Tage Vorregen
7 Tage Simultanregen
120
500
W [cm]
400
300
200
3 d später
100
0d
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
2 d später
1 d später
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
Zeit [d]
Abb. 4-24: Zeitliche Entwicklung von Niederschlägen mit Bezug auf Hochwasserganglinien bei 7-tägigen Ereignissen
4.3
Hydraulische Bemessungszustände für Deiche
4.3.1
Allgemeines
Für die Nachweise der Stand- bzw. Tragsicherheit ist neben den Bodenparametern,
dem Deichaufbau und der Deichgeometrie vor allem die hydraulische Beanspruchung maßgebend.
Aus den anzusetzenden (Bemessungs-)Abflüssen (BHQ) werden über eine Wasserstands-Abfluss-Beziehung ein (Bemessungs-)Wasserstand (BHW) oder eine Wasserstandsganglinie ermittelt, mit Hilfe der die instationäre Durchsickerung für Bemessungszwecke abgeschätzt werden kann. In der Vergangenheit wurden Messreihen zur Generierung von Bemessungsabflüssen herangezogen. Dazu wurden in erster Linie probabilistische Verfahren auf Basis unterschiedlicher Verteilungsfunktio-
163
nen verwendet (DVWK 209/1989). Bei langen Messreihen und zahlreichen Pegeln,
wie es an größeren bayrischen Gewässern der Fall ist, ist auf diese Art und Weise
eine Abschätzung von Abflüssen bestimmter Jährlichkeit mit ausreichender Genauigkeit möglich. Bedarf es der Ermittlung von selteneren, größeren Abflüssen, bei
denen räumliche Einflüsse, wie z. B. eine flächige Retention im Einzugsgebiet, berücksichtigt werden sollen, müssen Niederschlag-Abfluss-Modelle (N-A-Modelle)
und hydrodynamisch-numerische Strömungsmodelle (HN-Modelle) erstellt werden
(LfU BW 2005). Da diese mathematischen Modelle die parameterreichen und komplexen realen, dreidimensionalen Abläufe z. T. stark vereinfachen, kann auf Kalibrierung, Validierung und Verifizierung an gemessenen Regen- und Abfluss- bzw.
Wasserstandsdaten nicht verzichtet werden. Die Ermittlung von zuverlässigen Bemessungswasserständen und -ganglinien und Maximalabflüssen ist auf diesem Wege aufwendig und erst durch den Vergleich mit Messdaten vertrauenswürdig (vgl. z.
B. Forkel 2004).
Für die zu gewährleistende Bauwerkssicherheit des Deiches sind letztendlich lediglich der Wasserstand und dessen Verlauf von Interesse. Auf ihn beziehen sich die
im Folgenden erläuterten Lastfälle.
4.3.2
Lastfälle
Aus der Überlagerung von Einwirkungen und Sicherheitsklassen, welche die Bauwerkszustände berücksichtigen, können Lastfälle speziell für Hochwasserschutzbauwerke wie Deiche abgeleitet werden (vgl. DIN 1054/2005). Eine ausführliche
Übersicht möglicher Lastfälle ist in Anhang 23 (S. 371) gegeben.
Unabhängig davon, ob das globale Sicherheitskonzept oder das Sicherheitskonzept
mit Teilsicherheitsbeiwerten38 angewendet wird, wird stets die Eintretenswahrscheinlichkeit einer Situation betrachtet, um anschließend die notwendigen Sicherheits(bei)werte festzulegen. Die Umstellung der Nachweisverfahren stellte sich
in der Vergangenheit als etwas schwieriger heraus, so dass z. B. im Jahr 2005
DIN 1054/1976 und DIN 1054/2005 gleichzeitig Gültigkeit besaßen und beide Sicherheitskonzepte anwendbar waren. Die Umstellung der geotechnischen Normung
auf europäische Verhältnisse mit EC 7 (EC: Eurocode) soll voraussichtlich im Jahr
_________________________
38
Ausführungen zum Konzept mit Teilsicherheiten sind in Franke (1990), Weißenbach (1991), Simmer (1998) und
Schmidt (2006) enthalten.
164
2010 abgeschlossen sein. Dies führte auch bei der Bemessung von Deichen zu Unsicherheiten, da DIN 19712/1997 genau in der Umbruchphase von deutscher zu europäischer Normung erstellt wurde und einige Forderungen in Anbetracht fehlender
normativer Regelungen in der Geotechnik formuliert werden mussten39. Deswegen
werden nicht selten die Berechnungen sowohl auf Basis des alten als auch des neuen Sicherheitskonzepts durchgeführt und Vergleiche angestellt.
Der Bemessungshochwasserstand wird i. d. R. in Abstimmung mit dem Bau- und
Unterhaltungspflichtigen festgelegt. Die Deichkrone befindet sich häufig aufgrund
eines pauschal festgelegten Freibords40 auf 1,0 m über Bemessungshochwasserstand
(BHW). Da der Freibord jedoch nach DIN 19712/1997 lediglich Windstau, Wellenauflauf und ggf. Zuschläge erfasst und nicht Unsicherheiten bei der Ermittlung des
BHW „auffangen“ soll, kann eine pauschale Festlegung des Freibords im Einzelfall
große (Un)Sicherheiten beinhalten. Eine Festlegung unter Berücksichtigung der
örtlichen Gegebenheiten kann ggf. die daraus erwachsenden Unsicherheiten reduzieren.
Für die sich einstellenden hydraulischen Randbedingungen aus Einstau (Bemessungshochwasserstand) und einem durch zurückgehenden Abfluss oder Absenkung
geringen Wasserstand, was z. B. durch Abklingen der Hochwasserwelle oder Polderbewirtschaftung verursacht wird, können die entsprechenden Durchsickerungszustände bzw. hydraulischen Strömungskräfte im und am Deich ermittelt werden. In
DIN 19712/1997 ist als Empfehlung ein Rückgang vom Bemessungshochwasserstand zu einem Drittel der Deichhöhe angegeben. In der Praxis wird aufgrund fehlender Daten auf der sicheren Seite liegend häufig der Fall „plötzlicher Wasserspiegelabsunk“ von Deichkrone bis Kote Vorland angesetzt (vgl. Abschnitt 7.3).
An Überlaufstrecken können Wasserstände über die Krone hinaus auftreten, auf die
der Deich, insbesondere die Krone und die landseitige Böschung, konstruktiv bemessen werden können. Dies ist jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit. Auf etwaige Baustellenzustände wird in dieser Arbeit ebenfalls nicht näher eingegangen.
_________________________
39
Das neue Konzept mit Teilsicherheitsbeiwerten wird in DIN 19712/1997 zur Ermittlung der globalen Standsicherheit
vorgeschrieben und entsprechend auf DIN V 4084-100/1996 verwiesen. Die entsprechende, gültige Norm DIN
4084/1981 hingegen verwendet globale Sicherheiten.
40
Der Freibord ist der vertikale Abstand zwischen der Deichkrone und dem Bemessungshochwasserstand (DIN
19712/1997). Weiteres zum Thema „Freibord an Flussdeichen“ beinhaltet Haselsteiner u. Strobl (2006b)
165
Die Randbedingungen, der festzulegende Schutzgrad und das angestrebte Sicherheitsniveau des Erdbauwerks bei speziellen Belastungen, wie z. B. im Rahmen von
Deichverteidigungsmaßnahmen auftreten können, üben Einfluss auf Anzahl der
Lastfälle und die anzusetzenden Einwirkungen und Widerstände aus (z. B. Haselsteiner et al. 2002, Haselsteiner 2003, DWA 2005).
Für praktische Belange, z. B. für den Nachweis der Böschungsstabilität oder für
Nachweise der hydrodynamischen Bodendeformation41, spielen zum einen der gesättigte und durchströmte Bereich und zum anderen die auftretenden Fließ- und Porengeschwindigkeiten bzw. hydraulischen Gradienten eine Rolle.
4.3.2.1 Lastfall 1
Nach DIN 1054/2005 wird Lastfall 1 durch die Überlagerung von Einwirkungskombination 1 (EK 1) und Sicherheitsklasse 1 (SK 1) gebildet. Dieser „gewöhnliche“ Lastfall 1 ist bei Deichen i. Allg. nicht maßgebend, da der Einstau nur im
Hochwasserfall stattfindet. Sind auf dem Deich sonstige Bauten, wie z. B. Straßen
o. ä., angeordnet, müssen die dadurch auftretenden Verkehrslasten natürlich berücksichtigt werden. In der Regel ist trotzdem ein Lastfall, bei dem Einstau auftritt,
maßgebend (DWA 2005, DIN 1054/2005, DIN 19712/1997). Eine Durchsickerung
des Deiches erfolgt bei Lastfall 1 höchstens infolge eines Niederschlagsereignisses,
was i. Allg. für die Standsicherheit nicht maßgebend ist (vgl. Anhang 7, S. 371).
4.3.2.2 Lastfall 2
Lastfall 2 kann durch die Überlagerung der Einwirkungskombinationen EK 2
und/oder EK 1 und den Sicherheitsklassen SK 1 und SK 2 gebildet werden
(DIN 1054/2005, Anhang 23, S. 371).
Im Lastfall 2 wird der Einstau in Höhe des Bemessungshochwasserstandes als regelmäßig wiederkehrende Einwirkung berücksichtigt. Der Bemessungshochwasserstand wird in besiedelten Gebieten und Industriestandorten i. d. R. bei einem Abfluss mit einem Wiederkehrintervall von T > 100 a ermittelt (DVWK 202/1992,
Bobbe 2005).
_________________________
41
Hydrodynamische Bodendeformation bezeichnet jegliche Art von Bodenbewegung, die durch ein strömendes Medium
hervorgerufen wird (Perzlmaier u. Haselsteiner 2006a, b). Der Begriff subsumiert Vorgänge wie innere Erosion, Suffosion und hydraulischer Grundbruch (Ziems 1969, Saucke 2006).
166
Gleichsam zählt zu Lastfall 2 die Belastung aus fallendem Wasserspiegel bei Rückgang des Hochwasserstandes. Zusätzlich kann unterschieden werden in einen Lastfall „Fallender Wasserspiegel“ infolge der natürlichen Abstiegsgeschwindigkeit der
Hochwasserwelle und „Fallender Wasserspiegel“ infolge eines Deichbruches oder
der Steuerung von Hochwasserrückhalteräumen. Absenkungen infolge von Deichbrüchen haben bei großen Abflüssen, wie z. B. an der Donau, sehr begrenzte Auswirkungen. In kleineren Gewässern kann eine Überflutung ggf. größere Auswirkungen haben (vgl. Abschnitt 4.1.7).
4.3.2.3 Lastfall 3
Lastfall 3 steht für außergewöhnliche Kombinationen der Einwirkungskombination
EK 2 und EK 3 und den Sicherheitsklassen SK 1 bis SK 3 (DIN 1054/2005, Anhang
23, S. 371). Die Überlagerung von EK 3 und SK 3 wird in DIN 1054/2005 als Extremfall bezeichnet und ist dementsprechend in der Zusammenstellung in Anhang 7
(S. 371) als Lastfall 3a bezeichnet42. Die Notwendigkeit der Berücksichtigung kann,
wie bereits beschrieben, im Einzelfall abgeklärt werden.
„Auch bei über den Bemessungshochwasserstand hinaus reichenden Wasserständen soll der Deich noch standsicher sein.“ (DIN 19712/1997) Deiche werden im
Lastfall 3 deshalb für Wasserstände bis zur Krone bemessen. Es bleibt anzumerken,
dass der Abfluss bei Kronenstau, besonders wenn das Freibordmaß pauschal bzw.
ohne Berücksichtigung des Schutzgrades festgelegt wird, einer Jährlichkeit
T >> 100 a entsprechen kann, was unter Berücksichtigung des Schadenspotentials
im Hinterland bewertet werden sollte. Dann kann es auch sachgerecht sein, Deiche
im Lastfall 3 auf einen niedrigeren Wasserstand zwischen BHW und Krone zu bemessen.
Laut DIN 19712/1997 müssen ggf. auch der Ausfall einer eventuell vorhandenen
Dichtung und/oder eines Dräns berücksichtigt werden. DWA (2005) schlägt zusätzlich vor, dass die Lastfälle „Sackungen“ und „Windwurf“ Berücksichtigung finden
können. Bei der Annahme des Ausfalls von Dichtung und/oder Drän sollte abgeschätzt werden, ob ein flächiges Versagen des jeweiligen Elementes praktisch möglich ist und inwiefern ein Ausfall der Dichtung die Entwässerungsvorrichtung über_________________________
42
Die Bundesanstalt für Wasserbau berücksichtigt diesen Lastfall mit sehr geringer Auftretenswahrscheinlich als Lastfall
4 (BAW MSD 2005).
167
lastet. Hierfür sind die Fehlstellenanfälligkeit von Dichtungen und u. a. die Durchwurzelbarkeit zu bewerten. Hinweise dazu sind z. B. in BAW MSD (2005) und Haselsteiner u. Strobl (2006a) enthalten. Brauns u. Saucke (2005, 2006) widmen sich
ausführlich dem Lastfall „Leck in Dichtung“ bzw. „Ausfall der Dichtung“ in Talsperrendämmen anlässlich der Überarbeitung der neuen Talsperrennorm DIN
19700/2004. Die dort durchgeführte Fallstudie war jedoch in ihren Ergebnissen von
Vornherein klar, da z. B. ein Leck mit der Fläche 1 m² oder ein Spalt angenommen
wird, der eine Öffnungsweite von über 2 mm aufweist. Die angenommene Schwächung der Dichtung erzeugt in etwa die stationäre Durchsickerung von Dämmen
(vgl. Abschnitte 6.6.4, 6.6.5 und 7.5).
Hinweise zur Abschätzung der Möglichkeit des vollständigen, flächigen Ausfalls
von Dichtungen können auch die Untersuchungen in Abschnitt 6.6 geben.
4.4
Hydraulische Randbedingungen typischer Deichsysteme
4.4.1
Unterscheidung von hydraulischen Deichsystemen
In Anbetracht der Durchsickerung von Deich und Untergrund sind der Aufbau des
Deichs und des Untergrunds, ggf. das Vorhandensein von Dichtungen, Dräns und
Schichtungen, und die erhöhte Durchlässigkeiten von lokal begrenzten Bereichen,
wie z. B. Fehlstellen, sowie das Verhältnis der Durchlässigkeit von benachbarten
Bodenschichten mit besonderem Augenmerk zu betrachten. Das ganzheitliche Gebilde Deichbauwerk mit Untergrund wird im Folgenden als Deichsystem bezeichnet
(vgl. Tab. 4-6).
Eine Zusammenstellung einfacher Deichsysteme und deren Variationskenngrößen
ohne Berücksichtigung weiterer von den Bodenverhältnissen abhängiger Parameter
wie Porenanteil oder Anisotropie und ohne durchwurzelte Oberbodenschicht ist in
Tab. 4-6 dargestellt.
Aus der Zusammenstellung ist erkenntlich, dass Deichsysteme mit Dichtung
und/oder Drän zahlreiche Untersuchungsgrößen aufweisen. Dies macht eine systematische Auswertung sehr aufwendig. Deshalb werden im Verlauf dieser Arbeit
lediglich die generellen Zusammenhänge erläutert und tiefer reichende Betrachtungen auf ausgewählte Beispiele beschränkt.
Beim Vorhandensein einer bindigen Deckschicht kann die Durchsickerung von
Deich und Untergrund getrennt betrachtet werden, sofern nicht Schwach- oder Fehl-
168
stellen in der Deckschicht oder Deichhinter- bzw. Deichseitengräben eine gegenseitige Beeinflussung hervorrufen (Deichsysteme II, Tab. 4-6, rechte Spalte).
Tab. 4-6: Deichsysteme mit unterschiedlichen Deichquerschnitten und Untergrund
tUD
kDS
kUD
dU
dU
II Untergrund mit Deckschicht
dDS
Homogener Untergrund
tUD
I
kU
kUD
kÆ0
A
IA
Homogener Deich
BK
1
HD
m
08 Parameter:
m
kD
1
kU
kÆ0
II A
HD, BK, dU, kD, kU,
kUD, m, (tUD)
10 Parameter:
HD, BK, dDS, dU, kD,
kDS, kU, kUD, m, (tUD)
Hydraulische Trennung !
B
IB
Deich mit Drän
BK
1
HD
m
10 Parameter:
kD
kDr
m
1
II B
HD, aDr, BK, kD, dDS,
dU, kDr, kU, kUD, (tUD)
12 Parameter:
aDr
C
Hydraulische Trennung !
IC
Deich mit Dichtung
BK
1
HD
HD, aDr, BK, dDS, dU,
kD, kDS, kDr, kU, kUD,
m, (tUD)
09 Parameter:
m
m
kD
1
II C
HD, BK, dU, kD, kDD,
kU, kUD, m, tUD
11 Parameter:
HD, BK, dDS, dU, kD,
kDD, kDS, kU, kUD, m,
tUD
kDD
Hydraulische Trennung !
D
Deich mit Dichtung und Drän
HD
BK
1
ID
11 Parameter:
m
kD
kDr
m
1
II D
HD, aDr, BK, dU, kD,
kDD, kDr, kU, kUD, m,
tUD
13 Parameter:
HD, aDr, BK, dDS, dU,
kD, kDD, kDS, kDr, kU,
kUD, m, tUD
kDD
aDr
Hydraulische Trennung !
Abkürzungen:
1:m: Neigung der Böschungen
aDr: Abstand des Dräns vom wasserseitigen Deichfuß [m]
HD: Deichhöhe [m]
BK: Breite der Deichkrone [m]
dDS: Dicke der Deckschicht [m]
dU: Mächtigkeit der durchlässigen Untergrundschicht [m]
kD: Durchlässigkeit des Deichschüttkörpers [m/s]
4.4.2
kDr: Durchlässigkeit des Dränkörpers [m/s]
kDD: Durchlässigkeit der Dichtung im Deich [m/s]
kDS: Durchlässigkeit der Deckschicht [m/s]
kU: Durchlässigkeit des Untergrundes [m/s]
kUD: Durchlässigkeit der Untergrundabdichtung [m/s]
tUD: Einbindetiefe der Untergrundabdichtung [m]
Hydraulische Randbedingungen von Deichsystemen
Zur mathematischen Modellierung der Strömung in Deichsystemen müssen die
Randbedingungen bzw. der Ausgangszustand, die das Strömungsverhalten an den
Rändern und im Deich widerspiegeln, festgelegt und mathematisch beschrieben
169
werden. Die Randbedingungen werden in vier Typen unterschieden (Busch et al.
1993):
-
-
-
-
Festlegung der Standrohrspiegelhöhe bzw. des hydraulischen Potentials
(Randbedingung der 1. Art, DIRICHLET)
Festlegung von Zu- und Abflüssen bzw. des Potentialgradienten (Randbedingung der 2. Art, NEUMANN)
Festlegung eines hydraulischen Potentials und/oder eines hydraulischen Gradienten43 (Randbedingung der 3. Art, CAUCHY)
Freie Sickeroberflächen oder Sickerflächen bzw. Hangquellen sind dadurch
festgelegt, dass der Druck an der Oberfläche dem Atmosphärendruck entspricht (druckloser Abfluss).
Für die meisten Deichsysteme mit und ohne undurchlässige Deckschicht stellt sich
die Festlegung der soeben aufgezählten hydraulischen Randbedingungen, wie in
Abb. 4-25 dargestellt wird, dar.
z
ψH,o
Sickerwasseroberfläche
Oberwasserstand
3
1
vn
ψH,u
1
1
vn
Deich
vn
1
2
3
4
5
ψ H [m]
ψ H ,o
vn [m/s]
ψH
z
z
ψ H ,u
vn = 0
Sickerwasseraustritt
vn
4
vn
Unterwasserstand
2
(undurchlässige Deckschicht)
vn ≠ 0
5
durchlässiger Untergrund
vn = 0
vn
vn > 0
vn ≠ 0
x
vn
2
undurchlässiger Untergrund
Abb. 4-25: Randbedingungen eines typischen Deichsystems bei Einstau
Für das Auftreten von Quellen, Senken und/oder Rissen (Fehlstellen) in Bodenschichten, wie z. B. im Auenboden oder in einer natürlichen Oberflächendichtung,
_________________________
43
Die Randbedingung der 3. Art ist eine Kombination der Randbedingungen 1. und 2. Art. Sie tritt in der Grundwasser-
hydraulik nur selten auf (David 1999).
170
müssen ggf. die Randbedingungen entsprechend lokal angepasst werden oder mit
zusätzlichen hydraulischen Ansätzen der Rohrhydraulik kombiniert werden (vgl.
Abschnitt 2.5.4). Auch Niederschläge können auf diesem Wege simuliert werden.
4.4.3
Anfangsbedingungen für instationäre Strömungsprozesse
Die Anfangsbedingungen sind i. d. R. lediglich bei instationären Durchsickerungsprozessen wichtig. Ein zum Großteil gesättigter Deich wird schneller durchsickert
als ein relativ trockener Deich.
Auch in relativ feuchten Klimazonen, wie dies in weiten Teilen Südbayerns der Fall
ist, können gering mächtige Oberflächenschichten nach langer Trockenheit und extremer Sonneneinstrahlung austrocknen und einen Wassergehalt annehmen, der unter den PWP sinkt. Die hat zur Folge, dass die Saugspannung Werte kleiner als pF =
6,0 bis 6,2 annimmt. Durchwurzeltem Boden wird das Wasser bis hin zum PWP (pF
= 4,2) durch den Wasserbedarf der Pflanzen entzogen. In den von der Evapotranspiration nicht betroffenen Bodenschichten kann sich die Restfeuchte bzw. Feldkapazität einstellen, die einer Wasserspannung von pF = 1,8 bis 2,5 entspricht (Scheffer et
al. 1984).
Deshalb empfiehlt Scheuermann (2005) zur Abschätzung der Ausgangssättigung
die Feldkapazität FK bzw. die natürliche Restfeuchte zu verwenden. Dabei wird der
spezielle Aufbau des Deiches mit Vegetationsdecke vernachlässigt. Für einen Deich
mit Vegetationsdecke kann beispielhaft der in Abb. 4-26 angeüfhrte Ausgangssättigungszustand vereinfachend angenommen werden. Oberflächige Austrocknung
wird hier vernachlässigt.
Durchwurzelte
Oberbodenschichten
SPW P
SPWP
(pF = 4,2)
(pF = 4,2)
Deichkörper
SFK
(pF = 1,8 – 2,5)
GW
SFK
(pF = 1,8 – 2,5)
Untergrund
Ss
Grundwasser
(pF = 0)
Abb. 4-26: Ausgangssättigungszustand eines Deiches mit Oberbodenschicht (Ausgangsgröße: Sättigung (pF))
171
Unter realen Bedingungen wird sich der in Abb. 4-26 gezeigte Zustand allerdings
nicht einstellen, da in Natura ein ständiger Wechsel der Randbedingungen, wie z. B.
der Sättigung im Deich, auftritt.
Die Ausgangssättigungsverhältnisse des Deiches, der für eigene Versuche verwendet wurde, werden in Kapitel 5 erläutert. In Scheuermann et al. (2002) ist der gemessene Ausgangszustand eines Modelldeiches angegeben. Der Sättigungsgrad des
restfeuchten, sandigen Deichkörpers bewegt sich in etwa bei S = 20 ÷ 25%. Verglichen mit dem eigenen Modelldeich, der auf einer gesättigten Untergrundschicht
aufliegt und flächig Sättigungen im Bereich von S = 13 ÷ 23% aufweist (vgl. Abb.
5-6), entsprechen diese Werte in etwa den eigenen Messungen, nicht zuletzt, da es
sich um ähnliche Sandböden handelt (vgl. Abschnitt 5.2).
4.5
Geohydraulische und bodenmechanische Eigenschaften charakteristischer Deichmaterialien
4.5.1
Charakteristische Deichböden
Ausgehend von den ermittelten Kornverteilungen verwendeter Böden im Deichbau
in Bayern (vgl. Abschnitt 3.4) werden ein Ablagerungsboden (undurchlässige
Deckschicht / natürliche Oberflächendichtung), mehrere Kiese (Deichbaustoff / Untergrundkies / Dränkörper) und ein Sand (Deichbaustoff) exemplarisch ausgewählt
und die Bodenparameter einschließlich Saugspannungskurven und Durchlässigkeiten unter Verwendung typischer Kennwerte aus der Literatur festgelegt. Zum Vergleich mit künstlichen Innendichtungen werden in Abschnitt 4.5.4 zusätzlich die
geohydraulischen Parameter eines Tones angefügt. Die geohydraulischen Parameter
einer Vegetationsdecke sind in Abschnitt 4.5.3 beschrieben. Die mittleren Korngrößenverteilungen bzw. Sieblinien der meisten, hier betrachteten Böden sind in Abb.
4-27 dargestellt. Der verwendete Auenboden entspricht etwa einem typischen Lehm
nach Simmer (1994). Der gewählte Kiesboden ist weitgestuft und verläuft ungefähr
entlang der Fuller-Kurve aus Striegler u. Werner (1973), was bedeutet, dass der Boden eine dichte bis sehr dichte Lagerung besitzen kann. Der Sand enthält geringe
Anteile an Schluff und Kies. Der Dränkies hingegen weist eine sehr eng gestufte
Körnungslinie und eine daraus resultierende hohe Durchlässigkeit auf. Der hier betrachtete Deichkörperkies unterscheidet sich aufgrund der Einbautechnik und der
damit verbundenen Aufbereitung und Verdichtung geringfügig von dem natürlich
gewachsenen Untergrundkies. Die Scherparameter und die Lagerungsdichte sowie
die Wichte sind beim verdichteten Boden entsprechend verändert. Dies gilt auch für
172
den als Oberflächendichtung aufbereiteten Auenboden (vgl. Tab. 4-7). Dränkies
wird speziell gesiebt und hat demzufolge größere Reibungswinkel und Elastizitätsmoduln.
Es wird davon ausgegangen, dass für den Deichbau standortspezifische Böden verwendet werden, so dass der gewählte Auenboden auch als natürliche Oberflächendichtung und der Untergrundkies als Stützkörpermaterial des Deiches eingesetzt
werden.
Abb. 4-27: Sieblinien für den Deichbau verwendeter Böden mit charakteristischen
Korngrößenverteilungen und Sieblinien anderer Böden zum Vergleich
4.5.2
Bodenmechanische Kenngrößen und geohydraulische Parameter von
Deichböden
Die bodenmechanischen und geohydraulischen Kenngrößen folgender acht Böden,
inklusive Vegetationsdecke und Ton, und der hydraulisch gebundenen Innendichtung sind zwar für viele praktische Fragestellungen hinreichend genau, können aber
nicht verallgemeinert angesetzt werden, da sich bereits sehr geringe Änderungen der
Bodenzusammensetzung und –lagerung stark auf das Saugspannungsverhalten auswirken können. Im Einzelfall sollten deshalb die notwendigen (geohydraulischen)
Kenngrößen versuchstechnisch ermittelt werden.
Sehr durchlässige Kiese weisen i. Allg. ein Saugspannungsverhalten auf, das in den
relevanten Sättigungsbereichen so schwach ausgeprägt ist, dass eine pauschale Fest-
173
setzung, z. B. nach DIN 4220/2005, gerechtfertigt werden kann. Gleichzeitig muss
man sich im Klaren sein, dass auch gemessene geohydraulische Kenngrößen einer
starken Streuung unterworfen sind, was bei Anwendungen im Deichbau sicherlich
z. T. auch eine vereinfachte Abschätzung der Saugspannungsverläufe rechtfertigt.
Nicht zuletzt ist das Saugspannungsverhalten aufgrund der starken Streuung des
maßgebenden Parameters, der Durchlässigkeit vom gesättigten Boden kS, im
Deichbau oft nur von zweitrangigem Interesse. Bei Deponienabdichtungen, Bauwerken mit Kapillarsperren, flächigen Infiltrationsvorgängen sowie Bewässerungsvorrichtungen und Dichtungen kann ein erhöhter Aufwand zur Bestimmung des
Saugspannungsverhaltens allerdings durchaus gerechtfertigt sein.
Die gesättigte Durchlässigkeit ks der betrachteten Böden beträgt für die Kiese 5·10-4
< ks < 10-3 m/s, wobei für den nicht verdichteten Untergrund eine höhere Durchlässigkeit und eine höhere Anisotropie angenommen werden. Der Dränkies weist naturgemäß mit kS = 2·10-2 m/s die größte Durchlässigkeit auf. Die Deichdichtung und
die Auenbodenschicht haben Durchlässigkeiten von 10-7 < ks < 10-6 m/s. Der Auenboden wurde aufgrund seiner natürlichen Entstehung als etwas durchlässiger angenommen. Die Durchlässigkeit des Sandes liegt zwischen den Kiesen und dem
Schluff. Die Schichtung der Böden wurde durch einen Anisotropiefaktor von 2 bis
10 berücksichtigt. Die Porosität der betrachteten Böden wurden anhand von Literaturangaben festgelegt, wobei die Porosität der natürlich gelagerten Böden etwas
höher angenommen wurde (vgl. Tab. 4-8).
Simmer (1994)
Haselsteiner u. Strobl (2005)
1)
2)
Literatur:
Ungleichförmigkeitszahl
Abstufungsgrad
Lagerungsdichte
7)
Steifemodul
Korndurchmesser bei
x% Massendurchgang
(vgl. Sieblinien 1)2)3))
Wichte1)4)7)
4)7)
Wichte unter Auftrieb
4)
dränierter Scherparamater
4)
Kohäsion
Fließgrenze1)3)
Ausrollgrenze1)
1)
Plastizitätszahl
wirksamer Korndurchmesser
4)
3)
[kN/m²]
[-]
[-]
[-]
c
wL
wP
IP
DIN 1055 (1976)
Striegler u. Werner (1973)
[MN/m²]
Es
300
1.5
1.3
mitteldicht
0,40
100
d100
[-]
[-]
[-]
28
U
C
D
25
d90
16
d50
d85
12
d30
18
7.5
d15
d60
6.3
9.6
-
-
0.0
40.0
d10
[mm]
[°]
dW
11
[kN/m³]
γ'
ϕ'
GE
19
Kies, eng gest.
G, st
Bez.
6)
Bez.
[kN/m³]
γ
5)
Dränkies
6)
5)
Untergrundkies
dicht
DIN 18196
DIN 4020
200
0,50
-
-
-
0.0
35.0
12.0
20.0
7)
150
mitteldicht
0,35
-
Türke (1999)
63
45
2.2
20
19.5
9
6
2
0.6
0.2
0.39
-
-
0.0
32.5
11.0
19.0
Kies, sandig, schwach schluffig
G, s, u
GI oder GW
Stützkörperkies
Tab. 4-7: Allgemeine geotechnische Bodenkenngrößen der betrachteten Böden
80
4.00
5
1.3
dicht
0,50
0.63
0.50
0.30
0.25
0.15
0.09
0.06
0.11
0.00
0.20
0.20
0.0
32.5
10.0
18.0
Sand, kiesig, schluffig
S, g, u
SE oder SU
Sand
A)
A)
Auelehm
0.6
35
1.0
-
0.2
0.15
0.035
0.02
0.006
0.002
0.001
0.006
0.1
0.25
0.35
leicht- bis mittelplastisch
100
5.0
22.5
10.5
20.5
80
3.0
22.5
9,5
19.5
Schluff, sandig, schwach tonig
U, s, t
UM
OberflächendichtungA)
174
θa
θs
ks
Luftporenanteil (0,1 - 0,5 θr,FK)4)
Sättigungswassergehalt
Gesättigte Durchlässigkeit7)8)
14)
Entwässerung
Bewässerung
2)
Simmer (1994)
Scheffer et al. (1984)
3)
Striegler u. Werner (1973)
4)
Busch et al. (1993)
1)
Literatur:
Mualem Parameter
van Genuchten
Parameter13)
kapillare Steighöhe5)
Anisotropiefaktor
6)
9)
10)
0,05
-2
-3
10
-4 4)7)
-7 4)7)
(0.26 - 1.03)12)
2,5
0,60
0,030
(1,5 - 10)4)16)
2,5
(0,005 - 0,035)8)
0,060
(0,20 - 0,40)1)
0,30
(2 - 30)4)17)
2
(1·10 - 5·10 )
-5
van Genuchten (1980)
Mualem (1976)
15)
Kuntze et al. (1994)
16)
Mangels (2000)
14)
13)
(0.26 - 1.03)12)
2,5
0,80
0,060
(1,5 - 10)4)16)
5,0
(0,005 - 0,035)8)
0,070
(< 0,20)5)
0,10
(2 - 30)4)17)
5
-3
2·10
(SS = 0,90)
0,315
(SS = 0,87)
0,035
0,26
(0,03 - 0,16)5)
(Sr,PWP = 0,14)
(0.15 - 0.28)5)
(Sr,FK = 0,50)
0,175
(0,30 - 0,38)4)
0,35
S, g, u
SE oder SU
Sand, kiesig, schluffig
Sand
0,040
(Sr,PWP = 0,00)
0,00
(0.05 - 0.15)6)
(Sr,FK = 0,27)
0,08
(0,25 - 0,35)1)
(1·10 - 5·10 )
DIN 4020
DIN 18196
11)
Schulte (1988)
12)
Schaap u. Leij (2000)
(0.26 - 1.03)12)
(0.26 - 1.03)12)
[-]
2,5
0,80
4,0
0,75
[-]
L
0,040
0,150
[1/cm]
αd
nd
5,0
(1,5 - 10)4)16)
4,0
0,050
(0,005 - 0,035)8)
0,200
(0,005 - 0,035)8)
(1,5 - 10)4)16)
0,05
(< 0,20)5)
0,03
(2 - 30)4)17)
(2 - 30)4)17)
(0,03 - 0,05)1)5)
2
Soos (1990)
Haimerl (2004)
7)
Türke (1999)
8)
Hartge u. Horn (1999)
5)
-4 4)7)
(1·10 - 5·10 )
-4
1
(1·10 - 1·10 )
-2
[-]
[1/cm]
αw
2·10
5·10
(SS = 0,90)
(SS = 0,975)
-3 1)7)
0,225
0,195
-2
0,025
0,005
(Sr,PWP = 0,00)
(Sr,PWP = 0,00)
(0.03 - 0.06)5)
(Sr,FK = 0,20)
0,05
(0,15 - 0,32)3)
0,00
-0
Untergrundkies
Kies, sandig, schwach schluffig
G, s, u
GI oder GW
0,25
0,30
0,00
(< 0,03)5)
(Sr,FK = 0,05)
0,01
(0,15 - 0,32)3)
Kies, eng gestuft
G, st
GE
0,20
Stützkörperkies
nw
[m]
[-]
[m/s]
[-]
[-]
[-]
[-]
[-]
hk
kh/kv
θr
Residualer Wassergehalt /
Permanenter Welkepunkt
4)6)
θr,FK
n
Restfeuchte / Feldkapazität
Porenanteil / Porosität
9)
Bez.
10)
Bez.
Dränkies
Tab. 4-8: Geohydraulische Parameter der betrachteten Böden
17)
Auelehm
-7
-8 3)
-6
10
Prinz (1997)
(0.26 - 1.03)12)
2,0
0,50
0,010
(0.26 - 1.03)12)
2,0
0,50
0,020
(1,5 - 10)4)16)
2,0
(1,5 - 10)4)16)
2,0
0,060
(0,005 - 0,035)8)
(0,005 - 0,035)8)
0,050
2,00
(1,00 - 5.00)1)5)
4,00
(1,00 - 5.00)1)5)
(2 - 30)4)17)
10
(10 - 10-6)1)11)
-5
(SS = 0,91)
0,30
0,040
(2 - 30)4)17)
2
(10 - 10 )
-7
10
(SS = 0,93)
0,325
0,025
(0.03 - 0.06)5)
(Sr,PWP = 0,20)
0,05
(0.03 - 0.06)5)
(Sr,PWP = 0,20)
0,05
0,30
(0.25 - 0.40)4)11)
(Sr,FK = 0,67)
(0,39 - 0,56)2)8)
(0.25 - 0.40)4)11)
(Sr,FK = 0,71)
0,25
(0,28 - 0,37)3)
Schluff, sandig, tonig
U, s, t
UM
0,35
0,45
Oberflächendichtung
175
176
Das Saugspannungsverhalten und die daraus abgeleitete ungesättigte Durchlässigkeit werden, wie in Abschnitt 2.3.3 dargelegt, unter Verwendung des vanGenuchten-Mualem-Modells beschrieben. Die gewählten Modellparameter sind in
Tab. 4-8 enthalten und die entsprechenden Saugspannungskurven und SättigungsDurchlässigkeits-Beziehungen in Abb. 4-28 dargestellt. Die Festlegung der Kurven
wurde folgendermaßen durchgeführt:
-
-
-
Die Hauptbewässerungskurve wird anhand der Eichpunkte residualer Wassergehalt, Restfeuchte und Vollsättigung bzw. Porenanteil durch Anpassung
von in der Literatur empfohlenen Parameterwerten festgelegt.
Die Hysterese bzw. die Hauptentwässerungskurve wird nicht durch die empfohlene Anpassung der α-Werte erstellt (vgl. Glg. 2-14), sondern dem Verlauf der Hauptbewässerungskurve angeglichen, wobei die Kurven zusätzlich
mit den Kurven entsprechender Böden aus der Literatur verglichen werden
(siehe Abschnitt 2.3.2).
Bei Beibehaltung der n-Parameter für Be- und Entwässerungshauptkurve
gibt es pro Boden nur eine Sättigung-Durchlässigkeit-Beziehung nach Mualem (1976). Für die Untergrundkiese wurden jedoch unterschiedliche nParameter für die Be- und Entwässerung verwendet.
S = SR +
0.8
1.0
4,2 pF
0.9
2,5 pF
1,8 pF
1.0
Smax
0.9
SS − S R
[1 + (α ⋅ ψ ) ]
1

n  1− n 


0.7
0.7
Sättigung S [-]
m = 0,20
0.8
m = 1,00
Bewässerung
Entwässerung
0.6
0.6
Sand
Auelehm
0.5
0.5
Oberflächendichtung
0.4
0.3
Kiese
0.4
Dränkies
Sr,PWP,Schluff
0.3
Auelehm
0.2
Sand
Untergrundkies
0.1
Dränkies
0.0
1.0E+00
KR = S
0.2
0.1
1.0E+02
1.0E+03
1.0E+04
Saugspannung ψm [cmWS]
1.0E+05
0 ,5
m
1
 
 
⋅ 1 − 1 − S m  
 
 

2
1
Stützkörperkies
Sr,PWP,Kies = 0
0.0
1.0E+01
1
0.0
0.2
gilt auch für die
Oberflächendichtung
0.4
0.6
0.8
relative Durchlässigkeit Kr [-]
Abb. 4-28: Saugspannungskurven und relative Durchlässigkeit von Deichböden
1.0
177
4.5.3
Geohydraulische Kenngrößen von Vegetationsdecken
Das Auftreten und der Nutzen mit Gras bewachsener Oberböden wurde bereits in
Abschnitt 3.5.5 eingehend beschrieben. Die geohydraulische Wirkung bzw. das
Saugspannungsverhalten dieser Art von Vegetationsdecken kann häufig vernachlässigt werden, besonders wenn es sich um Schichten sehr geringer Mächtigkeit handelt. Das Saugspannungsverhalten entspricht dem eines Schluff-Tones, was die versuchstechnisch ermittelten Saugspannungskurven von Fank (1999) und Roy et al.
(2000) zeigen (Abb. 4-29).
1.0
Sandiger Lehm
1.0
(aus Roy et al. 2000)
m = 0,100
0.9
0.9
0.8
0.8
m = 0,167
0.7
Lehmiger Sand
Gewählter Oberboden:
Sättigung S [-]
(aus Fank 1999)
Bewässerung
Entwässerung
0.6
Oberboden
0.7
m = 0,375
0.6
0.5
0.5
Lehmiger Sand
0.4
(theor. nach v. Genuchten)
Lehmiger Sand
0.4
Lehmiger Sand
0.3
0.2
(aus Fredlund 1997)
0.3
Schluff
(nach Scheffer et al. 1984)
0.2
m = 1,00
0.1
4,2 pF
2,5 pF
0.0
1.0E+00
1,8 pF
0.1
0.0
1.0E+01
1.0E+02
1.0E+03
1.0E+04
Saugspannung ψm [cmWS]
1.0E+05
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
relative Durchlässigkeit Kr [-]
Abb. 4-29: Saugspannungskurven und relative Durchlässigkeit für die durchwurzelte Oberbodenschicht
Die Zusammensetzung des untersuchten Bodens von Fank (1999) entspricht einem
lehmigen Sand, Roy et al. (2000) haben einen sandigen Lehm untersucht. Das ermittelte Saugspannungsverhalten weicht jedoch von den in der Literatur ermittelten
typischen sandigen Lehmen bzw. lehmigen Sanden ab. Hierzu wurde als Vergleich
die theoretische Saugspannungskurve eines Schluffes nach Scheffer et al. (1984)
und eine gemessene Kennlinie aus Fredlund et al. (1997) eingefügt, um diese Abweichung zu verdeutlichen (Abb. 4-29). Der mit Wurzeln durchsetzte Boden
„täuscht“ einen saugfähigeren tonigen Schluff oder schluffigen Ton vor. Dies ist auf
die vom Bewuchs verursachte Saugwirkung zurückzuführen. Die Durchlässigkeitsbeziehung wird als die des „vorgetäuschten“ dichten Bodens angenommen.
178
Die Wurzeln sorgen für eine erhöhte Durchlässigkeit, die nach eigenen Versuchen
und Versuchen von Husicka (2003) bei kS = 10-4 m/s liegen kann (vgl. Abschnitt
3.5.5.4). Aufgrund der vertikalen Durchörterung durch die Wurzeln wird angenommen, dass der Anisotropiefaktor etwa A = 1 ist und nicht, wie bei natürlich gewachsenen oder künstlich verdichteten Mineralböden, größer.
Der Porenanteil eines locker aufgebrachten Oberbodens, der in seiner Zusammensetzung häufig einen sandigen Schluff darstellt, wurde mit n = 0,50 hoch angesetzt,
um auch die ggf. auftretende auflockernde Wirkung des Bewuchses zu berücksichtigen (Tab. 4-9).
Tab. 4-9: Geohydraulische Parameter einer durchwurzelten Oberbodenschicht
Oberboden
(durchwurzelt)
Porenanteil / Porosität
n
[-]
0,50
Literatur:
1)
2)
θr,FK
Restfeuchte / Feldkapazität
Residualer Wassergehalt /
Permanenter Welkepunkt
Luftporenanteil (0,1 - 0,5 θr)
θr
1)
4.5.4
(Sr,PWP = 0,30)
θs
[-]
ks
[m/s]
kh/kv
[-]
Bewässerung
αw
[1/cm]
nw
[-]
1,2
Entwässerung
αd
nd
[1/cm]
0,0175
[-]
L
[-]
1,2
0,5
Anisotropiefaktor
Mualem Parameter
0,15
[-]
Gesättigte Durchlässigkeit
8)
[-]
0,325
(Sr,FK = 0,65)
θa
Sättigungswassergehalt
van Genuchten
7)
Parameter
[-]
2)3)
1)5)
0,04
Busch et al. (1993)
Türke (1999)
3)
Hartge u. Horn (1999)
4)
Husicka (2003)
5)
Haimerl (2004)
6)
Schaap u. Leij (2000)
7)
van Genuchten (1980)
8)
Mualem (1976)
0,46
(SS = 0,92)
-4
10
(10-3 - 10-5)4)
1
0,035
(0,005 - 0,035)3)
(0,26 - 1,03)6)
Geohydraulische Kenngrößen von hydraulisch gebundenen Innendichtungen
Die im Deichbau i. Allg. verwendeten Dichtungen sind in Abschnitt 3.3.4 näher
beschrieben. Hier werden die für die Belange der numerischen Modellierung notwendigen geohydraulischen Parameter abgeschätzt. Zu diesen Kennwerten gehören
geometrische Größen wie Dicke und Tiefe (Abschnitt 3.3.4), und geohydraulische
Parameter, wie Porengehalt, Durchlässigkeit und Saugspannungsverhalten (Abb.
4-30).
179
Dichtwandmassen, speziell von Einphasendichtwänden, weisen aufgrund ihrer großen W/B-Werte44 von > 3,0 wesentlich größere Hohlräume auf als Beton. Durch
innere Schrumpfung beim Erhärtungsprozess entstehen Gelporen, die Durchmesser
von 10-9 bis 10-8 m aufweisen, und Kapillarporen mit Größen von 10-8 bis 10-5 m.
Die Gesamtporosität n von Dichtwänden kann n > 80% betragen (Schulz 2002).
Geil (1989) stellte fest, dass aufgrund des in Dichtwandmassen i. d. R. beigemengten Bentonits ein Teil des in den Kapillaren vorkommenden Wassers nicht frei verfügbar ist. Kayser (1995) belegt, dass der Porenanteil einer Dichtwand auf Basis
von Natriumbentonit zu 90% aus Kapillarporen mit einem Durchmesser von 0,004
bis 5 µm besteht. Geil (1989) setzt einen Kapillarporenanteil von mindestens 25%
voraus, damit sich ein zusammenhängendes Kapillarporensystem bildet. Deshalb
kann i. Allg. davon ausgegangen werden, dass sich ein wasserdurchlässiges Porensystem ausbildet. Gesättigte Durchlässigkeitsbeiwerte von Dichtungen sind u. a.
abhängig vom Hauptporenradius. Nach Hermanns (1993) haben Dichtwandmassen
mit einem Hauptporenradius von r = 10-7 m (= 0,001 µm) eine Durchlässigkeit von
etwa 10-8 m/s.
Die Durchlässigkeitsentwicklung und der Wert einer zuverlässig anzusetzenden
maximalen Durchlässigkeit hängen von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. So
nimmt z. B. mit zunehmender Erhärtungszeit die Durchlässigkeit ab (Schulz 2002).
Die in Abschnitt 3.3.4 für unterschiedliche Dichtungen angegebenen Durchlässigkeitsbeiwerte sind i. Allg. obere Grenzwerte, die bei Bemessungsaufgaben angesetzt
werden können, wenn die in den einschlägigen Regelwerken festgelegten Grundsätze, wie z. B. das zulässige hydraulische Gefälle, eingehalten werden (vgl.
DVWK 215/1990 und DWA 2005).
In zahlreichen Anwendungen wird aufgrund des hohen Durchlässigkeitsunterschieds zwischen Dichtung und angrenzendem Boden für die Dichtung vereinfachend eine Randbedingung der zweiten Art (q = 0) angesetzt. Für instationäre Berechnungen kann dies angemessen sein, wenn die Einstaudauern i. d. R. kurz sind.
Für stationäre Betrachtungen spielen indes die geohydraulischen Parameter der
Dichtung, vor allem die wirksame Porosität und die Durchlässigkeit, eine Rolle.
_________________________
44
Der W/B-Wert ist das Verhältnis von Wasser zu Bindemittel. Er entspricht dem W/Z-Wert (Wasser-Zement-Wert aus
der Betontechnologie).
180
Für die folgenden Berechnungen wird von einem Porengehalt von 80% und von
einem Kapillarporenanteil von 50% ausgegangen. Es wird angenommen, dass die
Kapillarporen miteinander verknüpft sind und sich somit ein effektiver Porengehalt
von ne = 0,40 einstellt. Vergleicht man die Matrix der Dichtwand mit der eines Tones, so zeigt sich, dass Dichtwände weitaus kleinere Porengrößen aufweisen als
Ton, was wiederum Rückschlüsse auf das Saugspannungsverhalten von Dichtwänden zulässt. Als maximaler Sättigungsgrad wird Smax = 0,90 angenommen.
Die gesättigte Durchlässigkeit einer Dichtung wird an der oberen Grenze für diese
Art von Dichtungen mit ks = 10-8 m/s angenommen (DVWK 215/1990). Die Parameter zur Abschätzung der Saugspannungskurve sowie der SättigungsDurchlässigkeits-Beziehung werden, wie in Tab. 4-10 gezeigt, festgelegt. Die für
hydraulisch gebundene Dichtungen gewählten Kenngrößen ergeben die in Abb.
4-30 dargestellten Saugspannungskurven und Durchlässigkeits-SättigungsBeziehungen. Zum Vergleich wurde auch eine auf die in Abschnitt 4.4.2 beschriebene Weise abgeschätzte Saugspannungskurve eines Tonbodens beigefügt.
1.0
1.0
0.9
0.9
Innendichtung
0.8
0.8
Innendichtung
0.7
0.7
Sättigung S [-]
Smax
Ton
0.6
0.6
Ton
0.5
0.5
0.4
0.4
0.3
0.3
Bewässerung
Entwässerung
0.2
Sr,PWP,Ton
0.2
4,2 pF
0.0
1.0E+00
2,5 pF
1,8 pF
0.1
Sr,PWP,Dichtung
0.1
0.0
1.0E+01
1.0E+02
1.0E+03
1.0E+04
Saugspannung ψm [cmWS]
1.0E+05
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
relative Durchlässigkeit Kr [-]
Abb. 4-30: Abgeschätzte Saugspannungskurve und relative Durchlässigkeit von Ton
und einer künstlichen Innendichtung
Reicht eine hydraulisch gebundene Innendichtung bis in die Frosteindringzone unterhalb der Deichoberfläche hinein, kann dies zu einer Veränderung der Gefügestruktur und dadurch zu einer Erhöhung der Durchlässigkeit führen.
181
Tab. 4-10: Geohydraulische Parameter einer hydraulisch gebundenen Innendichtung und von Ton
9)
Bez.
10)
Bez.
Porenanteil / Porosität
Restfeuchte / Feldkapazität
n
θr,FK
Residualer Wassergehalt /
Permanenter Welkepunkt
θr
Luftporenanteil (0,1 - 0,5 θr)4)
θa
[-]
[-]
[-]
[-]
[-]
Gesättigte Durchlässigkeit7)8)
ks
[m/s]
Anisotropiefaktor4)6)
kh/kv
[-]
van Genuchten
Parameter13)
Innendichtung
T
TL / TM / TA
0,55
(hydraulisch gebunden)
0,40
(0,45 - 0,70)1)4)
(> 0,40)15)
0,40
θs
Sättigungswassergehalt
Ton
4)11)
(0,40 - 0,55)
(Sr,FK = 0,73)
Simmer (1994)
Prinz (1997)
3)
DVWK 215/1990
4)
Busch et al. (1993)
5)
Soos (1990)
0,20
6)
Haimerl (2004)
(0,18 - 0,26)4)
(Sr,PWP = 0,40)
(0,18 - 0,26)4)
(Sr,PWP = 0,50)
7)
Türke (1999)
8)
Hartge u. Horn (1999)
0,055
0,04
9)
DIN 4020
0,495
0,36
10)
(SS = 0,90)
(SS = 0,90)
11)
-9
10
(1·10-8 - 10-12)4)7)
2
(2 - 30)3)4)
0,035
αw
nw
[-]
Entwässerung
αd
nd
[1/cm]
0,0175
[-]
L
[-]
1,5
0,5
Mualem Parameter14)
(Sr,FK = 0,80)
2)
0,22
Bewässerung
[1/cm]
0,32
Literatur:
1)
(0,005 - 0,035)8)
1,5
(1,5 - 10)4)16)
(0,26 - 1,03)12)
-8
10
(10-8 - 10-10)3)
1
DIN 18196
Schulte (1988)
12)
Schaap u. Leij (2000)
13)
van Genuchten (1980)
14)
Mualem (1976)
15)
Kayser (1995)
0,01
1,4
0,005
1,4
0,5
4.6
Infiltration in Deichen aufgrund von Niederschlägen
4.6.1
Allgemeines
In diesem Abschnitt wird die Infiltration von Regenwasser bzw. daraus resultierendem Oberflächenwasser in den Deich betrachtet. Generell können jedoch, wie
Scheuermann (2005) bemerkt, die Infiltration und die Wasserbewegung im Boden
aufgrund der gegenseitigen Beeinflussung voneinander nicht getrennt betrachtet
werden.
Entscheidenden Einfluss auf den Wasserhaushalt im Deich hat die häufig anzutreffende bindige Deckschicht unter Deichen. Sie verhindert das vertikale Versickern
von Wasser in den Untergrund und trägt so zur Bildung von Stauwasser bei, was
wiederum bei Hochwasser entscheidenden Einfluss auf die instationäre Durchsickerung haben kann. Die berechnete Sättigung des Deiches bei einer Niederschlagsintensität von iN = 30 mm/h ist in Abb. 5-20 (S. 208) angegeben.
182
4.6.2
Infiltrationsgrößen
Beven u. German (1982) haben hinsichtlich der Niederschlagsintensität iN drei Infiltrationszustände unterschieden (gekürzt aus Scheuermann 2005):
-
-
-
iN < kS: Die Niederschlagsintensität ist geringer als die gesättigte Durchlässigkeit kS. Das Wasser wird infolge von Saugkräften des ungesättigten Bodens in den Deich gesogen.
kS < iN < kS + kS,M: Die Niederschlagsintensität ist kleiner als die Infiltrationskapazität des gesamten Bodens (kS,M: Durchlässigkeit der Makroporen im
Boden). Das Wasser staut sich an der Oberfläche, fließt in den Makroporen
ab und kann in die Bodenmatrix, sprich die Mikroporen, eindringen.
iN > kS + kS,M: Die Niederschlagsintensität ist größer als die Infiltrationskapazität des Bodens. Das Wasser staut sich an der Oberfläche (Überstau) und
fließt oberflächig ab.
Die gesättigte Durchlässigkeit kS einer durchwurzelten Oberbodenschicht ist im
Vergleich zur Niederschlagsintensität iN relativ groß (vgl. Abschnitte 3.5 und 4.5.3).
Bei den betrachteten Fällen gilt deshalb i. Allg. iN < kS, so dass auf eine Berücksichtung von Ao und etwaige Infiltrationsprozesse infolge eines Überstaus verzichtet
werden kann, wobei dabei auf natürliche Effekte, wie z. B. oberflächige Verschlämmung, nicht näher eingegangen wird (vgl. Abschnitt 2.6).
Auch die für flächenhafte Versickerung zu berücksichtigenden zehn minütigen Regenspenden von iN = 2,7·10-5 m/s aus DWA-A 138/2005 zeigen, dass die hier betrachteten Niederschlagsintensitäten i. Allg. geringer sind, als die für Versickerungszwecke von Weingart (2006) empfohlene Durchlässigkeit des Bodens von kS
= 5,4·10-5 m/s. Ein Niederschlag von iN = 200 mm/d, was einem hundertjährlichem
Ereignis in den bayerischen Alpen entspricht (vgl. Abschnitt 4.2.2), beträgt umgerechnet nur iN = 2,3·10-6 m/s. Die im Deichbau in Bayern verwendeten Sande und
Kiese haben i. d. R. eine weitaus größere Durchlässigkeit (vgl. Abschnitt 4.5).
In Abb. 4-31 sind die wesentlichen Größen des Wasserhaushalts, welche für die
Infiltration wichtig sind, schematisch dargestellt. Vereinfachend wird im Folgenden
auch im Kronenbereich Deichkörpermaterial und nicht die an Deichkronen häufig
vorkommenden Wegeaufbauten angenommen. Die spezifischen geohydraulischen
Parameter der Vegetationsdecke wurden bereits in Abschnitt 4.5.3 behandelt (vgl.
183
Abschnitt 3.5).
Der Einfluss des Grundwassers auf den Wasserhaushalt von Deichen wurde nicht
berücksichtigt. Für die effektive Wurzeltiefe wird hier generell die Mächtigkeit der
Vegetationsdecke verwendet, da ein Eindringen von Wurzeln in die häufig vorkommenden kiesigen Deichmaterialen i. d. R. nicht erfolgt (vgl. Haselsteiner u.
Strobl 2006a). Kapillare Aufstiegsraten können bei den betrachteten Deichen mit
Vegetationsdecke und durchlässigem Deichkörpermaterial vernachlässigt werden,
da diese infolge hoch liegender Grundwasserstände relativ geringe Werte annehmen
(DVWK 238/1996).
N
N
Krone
Ea
V
Böschung
Ei + Ta
Ao
Au
d VD
Niederschlag N [mm]
Verdunstung V [mm]
Oberflächiger Abfluss Ao [mm]
Unterirdischer Abfluss Au [mm]
Dicke des Wegeaufbaus dWA [m]
= tW
Ao
m
1
)
(VD
ke
c
e
nsd en)
atio bod
get Ober
e
V
(
Au
er
örp
k
h
ic
De
N
Ao
Ea
2%
Tragschicht
Niederschlag N [mm]
Interzeptionsverdunstung Ei [mm]
Reale Transpiration Ta [mm]
Reale Evaporation Ea [mm]
Böschungsneigung 1:m [-]
Dicke der Vegetationsdecke dVD [m]
Wurzeltiefe tW [m]
dWA
Au
Frostschutzschicht
(Binderschicht)
Deichkörper
Abb. 4-31: Skizze zum Infiltrationsprozess mit Wasserhaushaltsgrößen an Deichen
ohne Grundwassereinfluss
Der Anteil von Niederschlag, der in den Bodenkörper bzw. Deich infiltriert, kann
mittels Abb. 2-15 abgeschätzt werden. Bei den durchgeführten Untersuchungen am
Modelldeich verblieben in etwa 20% des Niederschlags bei stationären Bedingungen im Deich und führten zu einer Sättigungserhöhung des Deichkörpers (vgl. Abschnitt 5.6.3)
184
4.7
Zusammenfassung
In Kapitel 4 werden z. T. Grundlagen geschaffen, die für eine stationäre und instationäre Betrachtung der Durchsickerung von Deichen grundlegend oder zumindest
hilfreich sein können:
1. Die Auswertung von Wasserstandsmessungen an bayerischen Gewässern
ermöglicht es, realitätsbezogene Gangliniengrößen, die An-, Abstiegsgeschwindigkeiten, Scheitel- und Hochwasserdauer, abzuschätzen. Zum einen
konnten in dieser Arbeit auf diese Art und Weise charakteristische Wasserstandsganglinien sowohl für Einzelereignisse als auch für Ganglinien mit
Vor- und Nachereignissen hergeleitet werden (vgl. Tab. 4-3). Zum anderen
können durch die Verwendung eines charakteristischen Gebietsfaktor FG,char.
für Gewässer, die in etwa den untersuchten Gewässern entsprechen, charakteristische Ganglinien über die dafür entwickelten Diagramme (siehe Abschnitt 4.1.4) bestimmt werden. Natürlich bedarf es bei einer Verwendung
dieses Vorgehens zur Generierung von Bemessungsganglinien sowohl einen
Vergleich mit gemessenen Ganglinien als auch die Verwendung eines Sicherheitsfaktors zur Berücksichtigung der Unsicherheiten, die aufgrund der
Vereinfachung bei der Herangehensweise auftreten. Der Vergleich der für
diese Arbeit weiterhin verwendeten charakteristischen Ganglinien mit gemessenen Ganglinien zeigt allerdings, dass das Verfahren eine Abschätzung
von praxisnahen Ganglinien ermöglicht.
2. Um sich dem Einfluss von möglichen Regenereignissen auf die Durchsickerung zu nähern, wurden charakteristische Niederschlagsganglinien generiert.
Dabei wurden die Niederschlagsereignisse, die vor und während Hochwassern an bayerischen Gewässern aufgetreten sind, regional differenziert betrachtet. Demnach können Vor- und Simultanniederschlagsereignisse regional sowie saisonal in Ereignisse unterschieden werden, die im alpinen
Raum, Süden oder Norden Bayerns, oder in Zentralbayern im Sommer/Frühjahr oder Winter auftreten. Wie in Tab. 4-5 dargelegt ist, muss in
Nordbayern ganzjährlich, in Zentralbayern dagegen im Winter nicht mit
dem Eintreten eines größeren Vorregenereignisses gerechnet werden. Simultanereignisse treten dagegen in ganz Bayern auf. Die Niederschlagsintensitäten und –summen nehmen vom Süden nach Norden naturgemäß ab.
3. Des Weiteren wurden die beim Deichbau in Bayern häufig verwendete Bö-
185
den identifiziert und entsprechende geotechnische sowie geohydraulische
Kenngrößen ermittelt (Tab. 4-7, Tab. 4-8). Basierend auf dem vanGenuchten-Mualem-Modell wurde für diese Böden die Saugspannungskurve
und die Kurve für die relative Durchlässigkeit angegeben (Abb. 4-28).
4. Das Saugspannungsverhalten sowohl von Vegetationsdecken als auch von
hydraulisch gebundenen Innendichtungen wurde ebenfalls abgeschätzt. Jeweils für ein Beispiel wurde die Saugspannungskurve und die Durchlässigkeits-Sättigungs-Beziehung ermittelt (Abb. 4-28, Abb. 4-29) und tabellarisch die für die weiteren Betrachtung und Berechnungen notwendigen geohydraulischen Parameter angegeben (Tab. 4-9, Tab. 4-10). Das Saugspannungsverhalten der Vegetationsdecke entspricht dem Verhalten eines
Schluffes, wohingegen sie eine relativ hohe Durchlässigkeit eines Kiessandes aufweist. Die Innendichtung ist mit einem Ton vergleichbar, wobei hier
ein etwas stärker ausgeprägtes Saugspannungsverhalten der Dichtung angenommen wurde.
186
5
Untersuchungen am physikalischen Modell
5.1
Allgemeines
Die Untersuchungen am physikalischen Modell hatten zum einen den Zweck,
grundlegende physikalische Zusammenhänge zu untersuchen und teilweise Bekanntes zu bestätigen, und zum anderen, Grundlagendaten zur Kalibrierung der numerischen Berechnungen zu generieren. Deshalb werden in diesem Kapitel den Messdaten stets Berechnungsergebnisse gegenübergestellt, um die Verwendbarkeit des numerischen Modells für alle folgenden Anwendungen zu verifizieren. In den Kapiteln 6 und 7 werden anschließend numerische Berechnungen dazu verwendet, um
theoretische wie praktische Fragestellung der stationären und instationären Durchsickerung zu erläutern.
5.2
Der Versuchsdeich – Aufbau und Materialien
An der Versuchsanstalt Obernach wurde ein Deich im Maßstab 1:1 geschüttet. Der
Aufbau des Deiches im Querschnitt und in der Draufsicht ist in Abb. 5-1 dargestellt.
Für die Deichschüttung wurde überwiegend Sand der Körnung 0/4 mm verwendet.
Die Neigung der Sandböschung beträgt 1:2,5, die Kronenbreite 2,0 m und ca. 3,0 m
inklusive der angeschütteten Kieskörper. Der Deich ist 1,6 m hoch und liegt auf
einer 0,4 m mächtigen Sandschicht auf. Im Einlauf- sowie im Auslaufbereich der
Untergrundschicht ist ein zweistufiger Kornfilter angeordnet. Die Böschungen des
Deiches wurden aus Stabilitätsgründen mit gebrochenem Kies (8/32 mm) auf die
Neigung 1:2,8 abgeflacht. Die Kieslage ist vom Sandkörper sowie von den Filtern
durch ein Geotextil der Fa. Naue GmbH & Co. KG getrennt (Abb. 5-1). Der Stützkörper aus Sand wurde in Lagen zu je 0,20 cm im Überprofil geschüttet und mit ca.
90% der Proctordichte mit Hilfe einer Vibrationsplatte verdichtet. Proctorversuche
mit dem Einbaumaterial haben gezeigt, dass die Proctorkurve flach verläuft, was
heißt, dass der erreichbare Verdichtungsgrad vom Wassergehalt relativ unabhängig
ist und der Sand im restfeuchten Zustand bei Wassergehalten von w = 4 ÷ 8% (S =
13 ÷ 24 %, n = 0,34) ausreichend gut verdichtbar ist. Dieses Verhalten ist für eng
gestufte Sande typisch (vgl. Werner u. Striegler 1973, Striegler 1998). Die Böschungsoberflächen wurden abschließend durch Abziehen des überschüssigen Materials profiliert. Die Durchlässigkeit des Deichsandkörpers beträgt im Mittel kS =
4·10-4 m/s. Der gebrochene Kies hat eine Durchlässigkeit von ungefähr kS = 10-2 bis
10-1 m/s. Der Deich ist aufgrund seiner Breite von 2,5 m ein Scheibenmodell, d. h.
Untersuchung von dreidimensionalen Strömungsvorgängen ist nicht möglich.
Durchlass
Wst
Wst
Wst
1
durchlässiges
Widerlager
rechte Seitenwand
Oberwasser
1:2,8
linke Seitenwand
Deichkrone
Untergrund (0 / 2 mm)
Sandkörper
(0 / 4 mm)
Deichkrone
Abb. 5-1: Aufbau des Modelldeiches (Querschnitt und Draufsicht)
A
Wasserstandsregler
1
Filtervlies
2,5
OK Seitenwand
Kieskörper
(8 / 32 mm)
2,8
Oberwasser
Filter I (4 / 8 mm)
Filter II (8 / 16 mm)
Trennwand
Wst
Befüllen
Draufsicht des Deichmodells
-0,40 m
+0,00 m
+1,60 m
+2,10 m
Wasserstandsregler
Wasserbehälter
Querschnitt durch das Deichmodell (Schnitt A - A)
1
2,8
Unterwasser
1:2,8
Filtervlies
2,5
Kieskörper
(8 / 32 mm)
1
durchlässiges
Widerlager
A
Sickerwassermesskasten
(mit Lochblende)
undurchlässige
Absperrung
Filter II (8 / 16 mm)
Filter I (4 / 8 mm)
Entleeren
Sickerwassermesskasten
Unterwasser
187
188
In Abb. 5-2 sind die Sieblinien der für den Modelldeich verwendeten Materialien
Sand und Kies und zum Vergleich ein für ein anderes Deichmodell der Universität
Karlsruhe verwendeter Sand (Scheuermann 2005) dargestellt. Die Körnungsbänder
weisen einen relativ geringen Streubereich auf, was z. T. daran liegt, dass das Material aus einer Kiesgrube bezogen wurde.
Abb. 5-2: Sieblinien des Modellsandes und des Böschungskieses
Die Ränder sowie alle in den Deich reichenden, für die Verkabelung der Messaufnehmer notwendigen PVC-Schutzrohe wurden mit Bentonit ummantelt, um eine
erhöhte Rand- bzw. Störstellendurchsickerung zu vermeiden. Es wurden BentonitKügelchen der Fa. Süd Chemie AG verwendet.
Das Saugspannungsverhalten bzw. eine Bewässerungskurve des verwendeten Sandes wurde während eines Vorversuches versuchstechnisch ermittelt. Glücklicherweise45 verwendete Scheuermann (2005) für seine Untersuchungen einen Deich, der
aus ähnlichem Material besteht (s. o.). Im Zuge seiner Untersuchungen beschäftigte
er sich sehr intensiv dem Saugspannungsverhalten dieses eng gestuften schwach
kiesigen Sandes (vgl. Abb. 5-3).
_________________________
45
Das Glück ist doch eine schöne Sache!
189
1.0
1.0
1)
Modellsand Bewässerung
0.9
0.8
0.7
Sättigung S [-]
0.9
1)
Modellsand Entwässerung
Modellsand VAO (Messpunkte)
van Genuchten (vG)
Modellsand (vG) - Bew.
Modellsand (vG) - Entw.
2)
Modellsand Bewässerung
2)
Modellsand Entwässerung
Modellkies (vG) - Bew. & Entw.
0.6
Smax
0.8
m = 0,20
0.7
0.6
m = 1,00
1)
Messpunkte für Modellsand (n=0,32)
aus Scheuermann (2005)
2)
Zur Strömungsberechnung von
Scheuermann (2005) verwendeten
vG-Kurven für den Modellsand.
0.5
0.4
0.5
0.3
0.3
0.2
0.2
0.1
0.1
0.0
1.0E+00
0.0
1.0E+01
1.0E+02
1.0E+03
Saugspannung ψm [cmWS bzw. hPa]
1.0E+04
Sand
(0/4 mm)
0.4
(Scheuermann 2005)
Sand VAO
(0/4 mm)
Kies VAO
(8/32 mm)
Sr,PWP,Sand
Sr,PWP,Kies = 0
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
relative Durchlässigkeit Kr [-]
Abb. 5-3: Saugspannungskurven und Kurven für die relative Durchlässigkeit für
den Modellsand und –kies
Die Abweichung der Körnungen und die geringe Verdichtungsarbeit, die beim Einbau des Deichmaterials an der VAO geleistet wurde, führten zu einer im Vergleich
zum Sand von Scheuermann (2005) erhöhten Durchlässigkeit. Dementsprechend
weicht auch das Saugspannungsverhalten ab. Obwohl aufgrund des höheren Anteils
an feinen Korngrößen eine geringere Porosität n vorliegt, wurde festgestellt, dass
das Deichmaterial bereits früher be- bzw. entwässert, was ein unter den von Scheuermann (2005) für seinen Modellsand ermittelten Hauptsaugspannungskurven liegendes Kurvenpaar in Abb. 5-3 zur Folge hat.
Die geohydraulischen Parameter, die auch für die Rechnungen im numerischen
Modell verwendet wurden, sind in folgender Tab. 5-1 angefügt.
1.0
190
Tab. 5-1: Geohydraulische Parameter des Modellsandes und -kieses
9)
Bez.
10)
Bez.
n
[-]
Porenanteil / Porosität
Restfeuchte / Feldkapazität
Residualer Wassergehalt /
Permanenter Welkepunkt
Luftporenanteil (0,1 - 0,5 θr,FK)4)
θr,FK
[-]
θr
[-]
θa
[-]
Sättigungswassergehalt
θs
[-]
Gesättigte Durchlässigkeit7)8)
ks
[m/s]
Anisotropiefaktor4)6)
kh/kv
[-]
kapillare Steighöhe5)
hk
[m]
αw
[1/cm]
nw
[-]
αd
nd
van Genuchten
Parameter13)
Bewässerung
Entwässerung
Mualem Parameter14)
L
Modellkies
G
GE
0,20
0,00
(< 0,03)5)
(Sr,FK = 0,0)
Modellsand
S
SE
0,35
0,07
(0,03 - 0,15)5)
(Sr,FK = 0,20)
0,00
0,025
(Sr,PWP = 0,00)
(Sr,PWP = 0,07)
0,00
0,035
0,20
0,315
(SS = 1,00)
(SS = 0,90)
-1
1·10
(1·10-0 - 1·10-3)1)7)
2·10
-4
(1·10-3 - 5·10-7)4)7)
2
2
(2 - 30)4)17)
(2 - 30)4)17)
0,03
0,30
(0,03 - 0,05)1)5)
(0,20 - 0,40)1)
(0,005 - 0,035)8)
(0,005 - 0,035)8)
0,300
0,15
7,0
3,5
(1,5 - 10)4)16)
(1,5 - 10)4)16)
[1/cm]
0,300
0,075
[-]
7,0
3,5
0,75
0,71
(0.26 - 1.03)12)
(0.26 - 1.03)12)
[-]
Literatur: (siehe Tab. 4.8)
5.3
Messgrößen, -aufbau und –instrumentierung des Modelldeichs
Im und am Deich wurden die Messgrößen Wasserstand, Temperatur, Sättigung, Porenwasserdruck, Luftdruck und Standrohrspiegelhöhe in Pegelrohren gemessen.
Insgesamt wurden 28 elektronische Messaufnehmer an neun Messquerschnitten im
Deich installiert. Die Wasserstände im Ober- und Unterwasser sowie der Wasserstand vor der Lochblende zur Sickerwassermessung wurden mit Ultraschallpegeln
aufgenommen. Über drei Standrohrpegel konnte der Wasserstand im Deich manuell
mittels Lichtlot gemessen wurden (Abb. 5-4). Die Messgeber wurden in Deichmitte
eingebaut. Die Kabel wurden horizontal zur Seitenwand und dort in einem PVCSchutzrohr nach oben zur Messstation geführt. Waren an einem Messpunkt mehrere
Messaufnehmer angeordnet, wurden sie in einem Abstand von mindestens 10 cm
symmetrisch zum Messquerschnitt auf gleicher Höhe mittig eingebaut. Die Pegelrohre wurden, da sie nachträglich eingebracht wurden, seitlich versetzt zur Gegenwand angeordnet, um die Kabel beim Einbau nicht zu beschädigen.
191
Wst
+1,60 m
+1,00 m
+0,60 m
Wst
PT100 (8 St.)
EP 10 mm (7 St.)
EchoProbes (10 St.)
Ultraschall (3 St.)
Pegelrohre (3 St.)
+0,00 m
-0,40 m
Abb. 5-4: Messinstrumentierung des Deichmodells (Querschnitt)
Die elektronisch aufnehmbaren Messgrößen wurden über eine Erfassungseinheit auf
einem Massenspeicher zwischengespeichert und anschließend ausgewertet. Temperatur- (PT100) und Sättigungsgeber (EchoProbes) konnten direkt an die Erfassungseinheit angeschlossen werden. Luftdruckgeber, Ultraschallsonden sowie die elektronischen Porenwasserdruckgeber (EP) benötigten eine eigene Versorgungsspannung. Das Eingangssignal der Porenwasserdruckgeber musste mit einem Messverstärker 100fach verstärkt werden.
Die EchoProbes der Fa. Decagon Devices wurden für die Versuche eigens mittels
eines Vorversuches in einem mit Sand gefüllten Becken mit einstellbarem Wasserstand kalibriert. Die EchoProbes geben die Spannung wieder, die durch die Feuchte
bzw. die Leitfähigkeit des Wassers in einer zylindrischen Bodensäule von ca. 2 cm
um den Messfühler bei festgelegter Versorgungsspannung entsteht. Der Messbereich hängt dabei von der Art des Bodens und seiner Verdichtung ab. Mittels der
Kalibrierungsgeraden kann aus dem Messsignal [V] die Sättigung S [-] ermittelt
werden. Die Genauigkeit der Messgeber wird vom Hersteller mit ± 3% angegeben
(UMS 2003, Decagon 2002). Ein Teil der Sättigungsgeber wird oberflächennah angeordnet, um dadurch über die Sättigungserhöhung Aufschluss über die lokale Infiltration infolge von der künstlichen Beregnung zu erhalten.
Die elektronischen Porenwasserdruckgeber (EP) sind mit ihrem geringen Durchmessers von 12 mm eine Sonderanfertigung der Fa. Glötzl GmbH. Als Messsignal
dient die Spannung [V]. Mit der vom Hersteller vorgegebenen Kalibrierungsgeraden kann aus dem Messsignal [V] die entsprechende Druckhöhe [bar] bzw. [mWS]
ermittelt werden. Die Genauigkeit der Messgeber kann bei den im Versuch vorhandenen Bodentemperaturen mit mindestens ± 0,8% angenommen werden. Der Messbereich beträgt 0 bis 1 bar. Die gemessenen Werte liegen bei niedrigen Wasserständen unter der unteren Messbereichsgrenze. Die Messungen zeigten eine zufrieden
stellende Genauigkeit ab einer Druckhöhe von 0,20 mWS. Das bedeutet, dass die
192
höher gelegenen EP 03 und EP 04 erst ab einem lokalen Wasserstand von 0,80 m
zuverlässig arbeiteten. Die Porenwasserdruckgeber wurden im unteren Bereich längs des Deichlagers eingebaut (Abb. 5-4).
Die eingebauten Temperaturgeber, die bei der Fa. UMS GmbH bezogen wurden,
werden nur qualitativ zu Kontrollzwecken herangezogen. Infolge dessen wird in
dieser Arbeit nicht näher auf sie eingegangen. Die PT100 (Typ: Th2 – h) haben einen Messbereich von –50 bis + 100 °C und geben die Temperatur [°C] direkt mit
einer Abweichung von maximal ± 0,1 °C wieder (UMS 2002). Die Umgebungsund Wassertemperaturen werden mit einem elektronischen Thermometer gemessen.
Zwei der Ultraschallpegel haben einen Messbereich von etwa 0,30 bis 3,00 m. Der
dritte Geber vor der Lochblende hat einen Messbereich von 0,05 bis 0,50 m. Die
Ultraschallsonden werden eigenhändig kalibriert. Die Genauigkeit der Messungen
liegt im Bereich von wenigen Millimetern. Aufgrund des ruhenden Wasserspiegels
waren kontinuierliche und exakte Messungen möglich.
Die Standrohrpegel bzw. Pegelrohre haben einen Durchmesser von einem Zoll46. Es
werden angespitzte, geschlitzte Stahlrohre verwendet und in den Deich bis zur Sohle des Betontroges eingeschlagen.
5.4
Numerisches Modell (FeFlow)
Das verwendete numerisch-mathematische Modell „FeFlow“ der Fa. WASY
GmbH, das an den Versuchen kalibriert und vielfach verifiziert wurde, kommt in
den Kapiteln 6 und 7 für theoretische Untersuchungen zur Anwendung und liefert in
diesem Kapitel eine Vergleichsmöglichkeit zu den Versuchsergebnissen.
Das mathematisch-numerische Modell FeFlow (FF) ist ein Finite-ElementProgramm, das sowohl 2D und 3D als auch stationär und instationär verwendet
werden kann. Die Richards-Gleichung (Glg. 2-50) wurde als Grundgleichung der
Wasserbewegung verwendet. Die Saugspannungsbeziehung kann mit mehreren
Modellen beschrieben werden. Aufgrund der in der Literatur weit verbreiteten und
häufig beschriebenen Anwendung der van-Genuchten-Gleichung (Glg. 2-11), und
weil die Anpassungsmöglichkeiten der Saugspannungsbeziehung für die verwendeten Böden (vgl. Abschnitt 2.3.3) als ausreichend erachtet werden, wurde dieses Mo_________________________
46
Ein Zoll entspricht 2,54 cm.
193
dell durchgehend verwendet. Die relative Durchlässigkeit KR wird in FeFlow mit
der Mualem-Gleichung (Glg. 2-30) bestimmt (vgl. Abschnitt 2.4.4). Die Hysterese
der Saugspannungsbeziehung kann dadurch berücksichtigt werden, dass für Be- und
Entwässerungskurve unterschiedliche Parameter verwendet werden.
Zur Modellierung des Verhaltens der Saugspannung und der Durchlässigkeit beim
Übergang von Be- in Entwässerungsvorgänge und umgekehrt in den Bereichen zwischen Rest- und Vollsättigung werden im Modell implementierte Übergangskurven
(scanning curves) nach SCOTT herangezogen.
FeFlow bietet weiter die Möglichkeit, den Durchfluss z. B. nach der Gleichung für
Rohrströmungen nach Hagen-Poiseuille (vgl. Abschnitt 2.5.4) durch einzelne Elemente zu bestimmen. Dadurch können Strukturen mit erhöhter Durchlässigkeit, wie
z. B. Hohlräume oder Wühltiergänge, simuliert werden (Diersch 2002).
Das Modell berücksichtigt weder prä- noch postlaminare Strömungseffekte. Eine
Berücksichtigung der Auswirkungen dieser Effekte ist über die indirekte Implementierung von Abminderungsansätzen möglich, die dem numerischen Modell eine
mittlere reduzierte Durchlässigkeit zur Verfügung stellen könnte. Eine adaptive
Implementierung entsprechender Ansätze ist nicht ohne weiteres möglich. Da jedoch die Vernachlässigung dieses Effektes eine Überschätzung der Durchsickerung
nach sich zieht, liegt man hier auf der sicheren Seite und kann daher auf eine Berücksichtigung der Effekte von post- und prälaminaren Strömungsbereichen verzichten (vgl. Abschnitt 2.5.2). Angemerkt sei noch, dass bei der Berechnung und
ggf. der Bemessung von Dränschichten eine Vernachlässigung von Turbulenzen zu
einer Überschätzung der Leitungsfähigkeit des Dräns führen kann.
5.5
Durchgeführte Untersuchungen am Versuchsdeich
5.5.1
Versuchsübersicht, Versuchsum- und aufbauten und Untersuchungsparameter
Die Versuche wurden in zwei Serien, A und B, in den Sommermonaten der Jahre
2004 und 2005 durchgeführt. Die Ganglinien M I bis VII (Modellganglinien), eine
Ganglinie als Vorereignis, Vorregenereignisse sowie der Einfluss einer Vegetationsdecke mit und ohne Störstellen sind untersucht worden. Insgesamt wurden 21
Versuche durchgeführt (Tab. 5-2).
194
Tab. 5-2: Übersicht der am Deichmodell durchgeführten Versuche
Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Serie A
Versuchsbeschreibung
GL M I (ReferenzGL)
GL M II (langer Einstau)
GL M III (schnell)
GL M III (schnell)1
GL M IV (Langsam)
Vorereignis + GL M I
Vorregen I + GL M I
2
Vorregen II
Vorregen III + GL M I
GL M I + Grasnarbe
Vorregen III + GL M I + Grasnarbe
Vorereignis + GL M I + Grasnarbe
GL M II + Grasnarbe + Störstellen
Bez. Versuchsdauer [h]
A01
A02
A03a
A03b
A04
A05
A06a
A06b
A06c
A07
A08
A09
A10
Σ:
34
46
33
51
66
59
109
71
71
47
35
48
42
Nr.
Serie B
Versuchsbeschreibung
1 GL M V (Kronenstau kurz)
2 GL M VI (Kronenstau stationär)
3 GL M VII (schnell)
4 Vorregen IV2
5 Vorregen V2
6 Vorregen VI2
7 Vorregen VII2
8 Vor- + Simultanregen + GL M I3
Bez. Versuchsdauer [h]
B01
B02
B03
B04a
B04b
B04c
B04d
B05
Σ:
34
44
12
16
15
12
12
24
169
1
Redundanzversuch
2
Nur Beregnung
3
Ganglinie I im Anstieg verändert
GL: Ganglinie
712
Die Kenngrößen der Ganglinien M I bis VII sind in Tab. 5-3 dargestellt. Aufgrund
der manuellen Anpassung der Wasserstandsganglinien stellte sich ein treppenförmiger Verlauf (siehe z. B. Abb. 5-6) ein. Ein Vergleich mit den charakteristischen
Hochwasserganglinien für bayerische Gebiete aus Abschnitt 4.1.5 zeigt, dass die für
die Versuche gewählten Ganglinienkenngrößen durchaus praktische Relevanz haben und zu den kürzeren Wasserstandsganglinien mit hohen An- wie Abstiegsgeschwindigkeiten des Wasserstandes zählen.
Tab. 5-3: Ganglinien M I bis M V// für die Modellversuche
Serie
Versuch
Bez.
A
01/05/06a …
Ganglinie M I
A
A
A
B
B
B
02/10
03a/03b
04
01
02
03
Ganglinie M II
Ganglinie M III
Ganglinie M IV
Ganglinie M V
Ganglinie M VI
Ganglinie M VII
Charakteristika
vAN vAB εmax TSch
[m/h] [m/h] [-] [h]
vAN:
Anstiegsgeschwindigkeit des Wst.
0,10 0,10 0,75
2
vAB:
Abstiegsgeschwindigkeit des Wst.
0,75 10
0,75 1
0,75 2
1,00 2
1,00 14
0,75 2
εmax:
ε:
TSch:
0,10
0,40
0,05
0,10
0,10
0,60
0,10
0,20
0,05
0,10
0,10
0,40
maximaler Einstaugrad
Einstaugrad (siehe Glg. 6-6)
Scheiteldauer
Als Vorregenereignisse wurden innerhalb von Serie A weitgehend Ereignisse mit
realistisch hohen Jährlichkeiten verwendet, während in Serie B Regenereignisse mit
sehr großen, sehr unwahrscheinlichen Regenintensitäten untersucht wurden, wenn
man vom Vor- und Simultanregen bei Versuch B05 absieht, der für bayerische Verhältnisse eine Jährlichkeit von T ≈ 100 a aufweist. Die verwendeten Regenereignisse sind in Tab. 5-4 aufgelistet.
195
Tab. 5-4: Regenereignisse I bis VII und Regenereignis von Versuch B05
Charakteristika
Bez.
Serie Versuch
A
A
A
B
B
B
B
B
06a
Vorregen I
06b
06c/08
04a
04b
04c
04d
05
Vorregen II
Vorregen III
Vorregen IV
Vorregen V
Vorregen VI
Vorregen VII
Vor-/ Simultanregen
1
bezogen auf ein 72h-Ereignis
2
bezogen auf ein 24h-Ereignis
dN ΣiN
iN
[mm/h] [h] [mm]
3,6
19/38
35
10
20
30
40
40
48
3
4
16
14
13
13
8
90
76
140
160
280
390
520
320
T
[a]
iN:
1
100
dN:
2
> 100
2
>> 100
T:
Niederschlagsintensität
Ereignisdauer
Jährlichkeit
B-Serie weist
keine realistischen
Werte für
Jährlichkeiten auf.
Eine Fläche von 15 m² Vegetationsdecke wurde an einem Deich an dem Fluss
Mangfall in der Nähe von Rosenheim entnommen (Abb. 5-5), in Soden von 0,5 m ×
0,5 m zum Deichmodell an die VAO transportiert und dort auf der wasserseitigen
Böschung eingebaut, nachdem der wasserseitige Kiesstützkörper entfernt worden
war. Die entnommenen Grassoden hatten eine mittlere Dicke von etwa d = 0,15 m.
Die Fugen zwischen den auf der Modelldeichböschung verlegten Grassoden wurden
mit Bentonit abgedichtet. Die Grasnarbe wurde in den Versuchen A10 bis A13 untersucht. An zusätzlichen Proben der Grasnarbe wurden Durchlässigkeitsversuche
durchgeführt, was eine mittlere Durchlässigkeit der entnommenen Proben von kS =
2·10-4 m/s ergab. Das entsprach in etwa der Durchlässigkeit des Deichsandes. Im
letzten Versuch der Serie A (A13) wurden in die Grasnarbe Löcher mit einem
Durchmesser Ø = 7 cm gestochen, was Störstellen, z. B. durch Mausbefall, simulieren sollte.
Regen wurde mit herkömmlichen Tröpfchenbewässerungsschläuchen simuliert, die
spiralenförmig über den Deich angeordnet wurden. Die Regenmenge [mm] bzw. die
Regenintensität [mm/h] wurde zeitgesteuert mittels Zeitschaltuhren reguliert. Die
Überprüfung an Messbehältern zeigte eine exakte Übereinstimmung der vom Hersteller angegebenen Bewässerungsmenge. Die Beregnungsanlage konnte bis zu
40 mm/h leisten.
Nach den Versuchen der Serie A im Jahr 2005 wurde die Grasnarbe wieder vom
Modelldeich entfernt, der ursprüngliche Aufbau mit Kiesanschüttung wiederhergestellt und im darauf folgenden Jahr 2006 die Versuchsserie B durchgeführt.
196
Zusätzliche Proben zur
Durchlässigkeitsbestimmung
Entnahmeraster
(0,5 m x 0,5 m)
Deichkrone
2 ,0
m
28.09.2004:
Mäßig bewölkt.
Zeitweise leichter Regen.
Temperaturen ca. 20 °C.
Angenehmes Arbeitswetter.
7,5 m
Deichfuß
Abb. 5-5: Entnommene Vegetationsdecke an einem Deich an der Mangfall in der
Nähe von Rosenheim
5.5.2
Versuchsdurchführung und Ganglinien der Messgrößen
Die Messfrequenz für die elektronischen Aufnehmer wurde minimal auf f = 1/60 s
begrenzt. Kontrollen an den Pegelrohren wurden alle 15 bis 60 Minuten durchgeführt. Der Wasserstand vor dem Deich wurde je nach Anstiegsgeschwindigkeit der
entsprechenden Ganglinie stündlich oder alle 2 Stunden angepasst, was, wie bereits
erwähnt, einen stufenförmigen Verlauf der Wasserstands- und Porenwasserdruckganglinien zur Folge hatte (Abb. 5-7). Da die Wasserstandsregulierung manuell von
statten ging, wurde bei längeren Versuchsdauern im Schichtbetrieb mit eingewiesenem Personal gemessen. Die Beregnung wurde ebenfalls manuell gesteuert und
stündlich reguliert.
Wie mehrmals in dieser Arbeit erwähnt, hat der Ausgangszustand der Sättigung von
Erdbauwerken erheblichen Einfluss auf die instationäre Durchsickerung. Zwischen
den Versuchen wurde deswegen mindestens eine Pause von zwei Tagen zur Entwässerung eingeplant, was bei dem vorhandenen Deichsystem mit der relativ hohen
Durchlässigkeit ausreichend war. Die Ausgangszustände aller Versuche, hier gezeigt an der Sättigungsverteilung des Ausgangszustandes vor Versuch A01, waren
deshalb ungefähr gleich (Abb. 5-6). Die Verteilung der Sättigung wurde auf Basis
der Messpunkte (EchoProbes 01 bis 10) und angenommener Randsättigungen interpoliert.
197
Abb. 5-6: Gemessene Ausgangssättigungsverteilung des Modelldeiches vor Versuch
A01
Die gemessenen und berechneten Porenwasserdruckverläufe von Versuch A01 sind
in Abb. 5-7 dargestellt. Die Kontrollpegel bestätigten die Messdaten der EP. Abweichungen zwischen Messung und Berechnung können durch Inhomogenitäten
des Deichmodells oder durch das Versetzen der Messgeber bei Messpunkten mit
mehreren Messaufnehmern hervorgerufen worden sein. Die Übereinstimmung von
Messung und Berechnung ist, wie Abb. 5-7 zeigt, gut. Dies bestätigt die richtige
Annahme der Bodenkenngrößen der Modellmaterialien und die Verwendbarkeit des
numerischen Modells (vgl. Abschnitt 5.2).
200
Modellquerschnitt
Wst
180
EP 10 mm (7 St.)
EP 1 ber.
EP 2 gem.
EP 2 ber.
EP 3 gem.
EP 3 ber.
EP 4 gem.
EP 4 ber.
EP 5 gem.
EP 5 ber.
EP 6 gem.
EP 6 ber.
EP 7 gem.
EP 7 ber.
Wasserstand
KP1 gem.
KP2 gem.
KP3 gem.
Pegelrohre (3 St.)
160
Druckhöhe [cm bzw. mbar]
EP 1 gem.
140
120
100
80
60
40
20
0
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
26
28
30
32
Zeit [h]
Abb. 5-7:Gemessene und berechnete (Poren)Wasserdrücke mit Werten der Kontrollpegel (KP) 1 – 3 bei Versuch A01
198
Die Druckgeber zeigten für Wasserdrücke kleiner 0,20 mWS nicht mehr die exakten Werte an, die anhand der Berechnungsergebnisse abgeschätzt werden konnten.
Dies liegt, wie bereits erwähnt, daran, dass sich die Messgrößen am Rande des
Messbereichs von 0 – 1 bar bewegten.
Die Sättigungsgeber zeigten bei den Versuchen mit Einstau das in Abb. 5-8 dargestellte Verhalten. Aufgrund der schnell voranrückenden Durchsickerung wurden
praktisch nur die gesättigten und restfeuchten Zustände aufgezeichnet. Anders verhielt es sich bei den Beregnungsversuchen, bei denen flächig ein ungesättigter über
die Restfeuchte reichender Sättigungsgrad gemessen werden konnte (vgl. Abschnitt
5.6.3). Messung und Berechnung stimmen gut überein (Abb. 5-8).
Modellquerschnitt
Wst
Echo 01 ber.
Echo 01 gem.
Echo 02 ber.
Echo 02 gem.
Echo 03 ber.
Echo 03 gem.
100
200
90
180
80
160
70
140
60
120
50
100
40
80
30
60
20
40
10
20
0
0
Echo 04 ber.
Echo 04 gem.
Echo 05 ber.
Wasserstand [cm]
Sättigung S [%]
Wst
Echo 05 gem.
Echo 06 ber.
Echo 06 gem.
Echo 07 ber.
Echo 07 gem.
Echo 08 ber.
Echo 08 gem.
Echo 09 ber.
Echo 09 gem.
Echo 10 ber.
Echo 10 gem.
Wasserstand
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
26
28
30
32
Zeit [h]
Abb. 5-8:Gemessener und berechneter Sättigungsgrad von EchoProbes 1 – 10 bei
Versuch A01
Bei fallendem Wasserstand zeigten die Berechnungen z. T. einen etwas langsameren Verlauf der Entwässerung, was auch an Inhomogenitäten in der Bodensäule um
die Echoprobes liegen kann.
Die Messung der Sickerwassermenge indirekt über den Wasserstand vor der Lochblende zeigte den in Abb. 5-9 dargestellten Verlauf. Die Messungen zeigten durch-
199
wegs etwas größere Durchflüsse als die Berechnungen, was daran liegen könnte,
dass im Deich Bereiche erhöhter Durchlässigkeit – wahrscheinlich horizontal geschichtet – auftreten, die jedoch insgesamt gering sein dürften, da sie keine wesentliche bzw. messbare Beeinflussung des Verlaufes der Sickerlinie hervorgerufen haben (vgl. Abschnitt 5.6.1 und 5.6.2).
0.28
140
q gem.
q ber.
Wasserstand
0.20
120
100
0.16
80
0.12
60
0.08
40
0.04
20
0.00
0
0
2
4
6
Wasserstand [cm]
Durchfluss q [l/s]
0.24
8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32
Zeit [h]
Abb. 5-9: Gemessener und berechneter Durchfluss im Vergleich bei Versuch A01
5.6
Untersuchungsergebnisse
5.6.1
Einfluss von Hochwasserwellen
Bei den Versuchen mit Einstau, insbesondere mit langen Einstaudauern (A02, B02)
oder langsam steigendem Wasserstand (A04) wurde versucht, stationäre Durchsickerungsverhältnisse im Deich zu erreichen. Zum Vergleich zu den gemessenen
Durchsickerungszuständen wurden numerisch und analytisch ermittelte stationäre
Sickerlinien beigefügt (Abb. 5-10). Der in den folgenden Diagrammen angegebene
Einstaugrad ε [-] bezeichnet das Verhältnis von Einstauhöhe hW [m] zu Deichhöhe
HD [m] (vgl. Glg. 6-6, S. 221).
Höhe HD [m]
200
A02,max / ε=0,75
A04,max / ε=0,75
1.6
1.2
0.8
0.4
0
-0.4
B02,max / ε=1,00
FeFlow
Kozeny-Casagrande
Deich zweifach überhöht
dargestellt!
-1
0
1
2
3 4 5 6 7
Deichlager LD [m]
8
9 10 11
Abb. 5-10: Maximale Durchsickerungsfront (Sickerlinien) der Versuche A02, A04
und B02 mit numerischen Berechnungen und dem analytischen Ansatz
nach KOZENY-CASAGRANDE
Folgende Abb. 5-11 zeigt die gemessenen und berechneten Sickerlinien zu unterschiedlichen Zeitpunkten bzw. Wasserständen für Versuch A01. Die Berechnung
stimmt mit der Messung zufrieden stellend überein, außer bei niedrigen Wasserständen, bei denen, wie bereits im vorigen Abschnitt 5.5 erwähnt wurde, die elektronischen Porenwasserdruckgeber (EP) die niedrigen Drücke nicht mehr exakt aufzeichneten.
Wasserstand [m]
Sickerlinien
1.6
1.2
0.8
0.4
0
-0.4
gemessen (steig. Wst.)
berechnet (steig. Wst.)
gemessen (fall. Wst.)
berechnet (fall. Wst.)
Deich zweifach überhöht
dargestellt!
0 6 121824 -1
Zeit [h]
0
1
2
3 4 5 6 7
Deichlager LD [m]
8
9 10 11
Abb. 5-11: Gemessene und berechnete instationäre Feuchtefront (Sickerlinie) im
Modelldeich für Versuch A01
Die unterschiedlichen Wasserstandsganglinien von Versuch A01, A02, A03a, A04
201
Wasserstand [m]
und B03 zu definierten Zeitpunkten sind in Abb. 5-12 dargestellt. Es ist erkennbar,
dass Wasserstandsganglinien mit schnell ansteigendem Wasserstand weniger Deichfläche durchfeuchten (A02) als langsam ansteigende „Wellen“ und lang andauernde
Versuche (A03a, A04). Ähnlich, wie bei Versuch A03a, verhielt sich die Durchsickerung bei Versuch B03. Dies gilt für den steigenden wie fallenden Ast der Ganglinien.
1.6
1.2
0.8
0.4
0
-0.4
Deich zweifach überhöht
dargestellt!
Messungen
Berechnungen
A03aA01 A02A04
0
24 48
Zeit [h]
-1
0
1
2
3 4 5 6 7
Deichlager LD [m]
8
9 10 11
Abb. 5-12: Gemessene und berechnete instationäre Feuchtefront (Sickerlinien) im
Modelldeich für Versuch A01, A02, A03a und A04
Gleiches erkennt man bei Betrachtung der Versuche B01 und B02 bei Wasserständen bis zur Krone. Wie bereits in Abb. 5-10 gezeigt, wurden während Versuch B02
in etwa stationäre Verhältnisse erreicht (Abb. 5-13).
Wasserstand [m]
Deich zweifach überhöht
dargestellt!
1.6
1.2
0.8
0.4
0
-0.4
Messungen
Berechnungen
B01B02
0
24 48
Zeit [h]
-1
0
1
2
3 4 5 6 7
Deichlager LD [m]
8
9 10 11
Abb. 5-13: Gemessene und berechnete instationäre Feuchtefront (Sickerlinie) im
Modelldeich für Versuch B01 und B02
202
Während des ansteigenden Astes des Versuches B01 traten Probleme mit der Zulaufpumpe auf, so dass diese immer wieder ausfiel und somit die Wasserstandsganglinie einen leicht unregelmäßigen Verlauf annimmt.
Um die Auswirkungen unterschiedlicher Wasserstandsganglinien auf die Durchsickerung des Deiches besser beurteilen zu können, wird im Folgenden für die Betrachtung der Durchfeuchtungsfront im Deich der gesättigte Flächenanteil aSat [-]
herangezogen:
a Sat =
A Sat
A Deich
Glg. 5-1
ASat
gesättigte Fläche [m²] (i. d. R. Fläche unterhalb der Sickerlinie)
ADeich
Fläche des Deichquerschnitts [m²]
Der Flachenanteil aSat wird in folgendem Diagramm mit dem Einstaugrad ε (siehe
Glg. 6-6, S. 221) aufgetragen. Es ist nun leicht zu erkennen, dass die Versuche A02
und A04 an die berechneten stationären Verhältnisse heranreichen. Während Versuch A01 noch fast 60% der Deichfläche sättigt, schafft es der kurze Einstau von
Versuch A03a nur auf 50% (Abb. 5-14).
1.0
A01 - Nullversuch
0.9
A02 - langer Einstau
A03a - Schnell
Einstaugrad ε [-]
0.8
A04 - Langsam
0.7
max A01
num. Berechnung
0.6
max A02
max A03a
0.5
max A04
g
ie
st
n
A
0.4
0.3
FF stat. e=0,75
A01 ber.
A03a ber.
0.2
Ab
0.1
s
g
tie
0.0
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
gesättigter Flächenanteil aSat [-]
Abb. 5-14: Gesättigter Flächenanteil aSat und Einstaugrad ε für die Versuche A01,
A02, A03a und A04 (gemessen), für A01 und A03a zusätzlich berechnet
203
Auch zu erkennen ist, dass die maximale Durchsickerung z. T. erst nach dem zeitlichen Auftreten des maximalen Wasserstandes auftritt. Näheres hierzu ist im Kapitel
7 bei der instationären Durchsickerung unter Abschnitt 7.2.4 zu finden.
5.6.2
Einfluss von Vorwellen
Vorwellen wurden in den Versuchen A05 ohne und A09 mit Grasnarbe simuliert.
Versuch A09 wird in Abschnitt 5.6.4 im Zusammenhang mit der Wirkung von
Grasnarben näher erläutert. In Abb. 5-15 sind die Ganglinien von Versuch A01 und
A05 sowie an definierten Zeitpunkten die berechnete und gemessene Sickerlinie
dargestellt. Es ist zu erkennen, dass der Voreinstau eine im Vergleich zur Wasserstandsganglinie A01 verstärkte Durchsickerung und Beschleunigung der Durchsickerungszeit erzeugt.
Wasserstand [m]
Die Beschleunigung sowie die Verstärkung, sprich die Erhöhung der Sickerlinie,
lässt sich aus Abb. 5-16 folgern. Die Hysteresiskurve von Versuch A05 erreicht den
maximalen Sättigungsanteil von Versuch A01 bereits bei einem Einstaugrad ε =
0,70.
1.6
1.2
0.8
0.4
0
-0.4
Berechnungen
Messungen
max A05
max A01
A01 = A05
Deich zweifach überhöht
dargestellt!
A05 A01
-12 0 12 24
Zeit [h]
-1
0
1
2
3 4 5 6 7
Deichlager LD [m]
8
9 10 11
Abb. 5-15: Gemessene und berechnete instationäre Feuchtefront (Sickerlinien) im
Modelldeich für Versuch A01 und A05 zu ausgewählten Zeitpunkten
Dieselbe Flächensättigung wie bei Versuch A05 tritt bei Versuch A01 bei ε = 0,64
am absteigenden Ast auf. Die Zeitpunkte bei linearer Annahme der Wasserstandsganglinien können somit zu tε=0,70;A05 = 11,2 h und tε=0,64;A01(abst.Ast) = 13,8 h ermittelt
werden. Das ergibt somit eine Beschleunigung der Durchsickerung von ∆t = 2,6 h
(14,5%). Setzt man die maximalen, gesättigten Flächenanteile von Versuch A05
asat,max = 0,63 und Versuch A01 aSat,max = 0,58 ins Verhältnis, erhält man einen Quo-
204
tienten von 1,08, also eine Erhöhung des gesättigten Flächenanteils um 8%.
1.00
Einstaugrad ε [-]
A01 gem.
0.80
0.60
aSat,A05 = aSat,max,A01 = 0,58 (ε = 0,70)
A01 ber.
aSat,max,A01 = 0,58 (ε = 0,64)
max A01
max A05
eg
sti
An
0.40
FF stat. e=0,75
0.20
Ab
eg
sti
0.00
1.00
Einstaugrad ε [-]
A05 gem.
0.80
0.60
aSat,A05 = aSat,max,A01 = 0,58 (ε = 0,70)
A05 ber.
aSat,max,A01 = 0,58 (ε = 0,64)
max A01
max A05
eg
sti
An
0.40
0.20
Ab
FF stat. e=0,75
eg
sti
0.00
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
gesättigter Flächenanteil aSat [-]
Abb. 5-16: Gesättigter Flächenanteil aSat und Einstaugrad ε für die Versuche A01
und A05 (Vorwelle)
Bei Betrachtung der maximalen Sickerlinien beider Versuche (vgl. Abb. 5-15) ergibt sich eine mittlere Erhöhung der Sickerlinie von ∆h = 0,09 m, was ebenfalls einem prozentualen Anstieg von 8% entspricht. Der Vergleich der Berechnungsergebnisse ergibt in etwa das gleiche.
5.6.3
Einfluss von Regenereignissen
Die in Tab. 5-4 angegebenen Regenintensitäten bzw. Regenereignisse von
iN = 3,6 ÷ 40 mm/h wurden in neun Versuchen untersucht. Die Versuche A05a und
A05c sowie A08 weisen einen Einstau mit der Wasserstandsganglinie I (vgl. Tab.
5-3) auf. Bei Versuch B05 wurde die Ganglinie I zeitweise mit Regen der Intensität
iN = 40 mm/h überlagert.
Bei Betrachtung der mittleren Sättigung Sm des Modelldeiches ist erkennbar, dass
im Vergleich zu dem Verlauf der mittleren Sättigung bei Versuch A01 ohne Bereg-
205
nung die Vorregenereignisse keine merkliche Erhöhung oder Beschleunigung der
Durchsickerung verursachen. Dies liegt zum einen daran, dass eine durchlässige
Untergrundschicht vorhanden ist, was eine Ableitung des Sickerwassers in den Untergrund ermöglicht und dem Auftreten von Stauwasser entgegenwirkt, und zum
anderen, dass die Regenereignisse vor dem Einstau enden, so dass Zeit für die Entwässerung des Deichkörpers stattfinden kann. Die Entwässerung des verwendeten
Deichmodells vollzieht sich aufgrund der hohen Durchlässigkeit und des bodenspezifischen Saugspannungsverhaltens sehr rasch.
-48
-36
Regenzeit tN [h]
-24
-12
0
12
0
20
40
1.0
+
Legende:
iN / Serie A + B
A06a 3,6 mm/h
A06b 19/38 mm/h
A06c & A08 35 mm/h
B04a 10 mm/h
B04b 20 mm/h
B04c 30 mm/h
B04d 40 mm/h
B05 40 mm/h
*Anmerkungen:
Die mittlere Sättigung ist der Mittelwert
der Messwerte von EchoProbe 01 - 10.
Bei Serie B zeichneten EchoProbe 02 und 09
keine Messwerte auf!
iN,SerieB [mm/h]
Wst. [cm]mittlere Sättigung* Sm [-]
iN,SerieA [mm/h]
Alle Regenintensitäten verursachen nach bestimmter Zeit einen stationären Feuchtezustand im Deich, was die annähernd waagrechten Verläufe der mittleren Sättigung in Abb. 5-17 zeigen. Berechnungen belegen, dass dieses Verhalten bei allen
Regenintensitäten auftritt (vgl. Abb. 5-19). Höhere Regenintensitäten verursachen
also sowohl eine schnellere Sättigungserhöhung des Deichkörpers als auch ein höheres Sättigungsniveau. Eine Beschleunigung der Durchsickerung erzeugte allerdings nur eine Überlagerung von Einstau und Regen, wie es bei Versuch B05 der
Fall war (Abb. 5-17).
-12
0
12
Legende:
Sm + Wst. / Serie A + B
A01
A06b
A06c
A08
B04a
B04b
B04c
B04d
B05
A06a
0
20
40
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
1.2
0.8
0.4
0
Ganglinien der mittleren Sättigung
Ganglinien des Wasserstandes
-48
-36
-24
-12
0
12
Versuchszeit [h]
24
36
48
Abb. 5-17: Verlauf der mittleren Sättigung Sm für alle Versuche dargestellt mit der
entsprechenden Regenintensität iN und ggf. der Wasserstandsganglinie
206
Für die betrachteten zehn Böden – zwei Bodenmaterialien vom Deichmodell (Abschnitt 5.2) und acht theoretische Deichböden (siehe Abschnitt 4.5) – werden in dieser Arbeit Einströmrandbedingungen abgeschätzt, die im Berechnungsprogramm
den Niederschlag simulieren. Diese Randbedingungen wurden an den Beregnungsversuchen am Modell kalibriert und auf andere Bodenarten übertragen unter der
Annahme, dass gleiche Intensitäten auch den gleichen, mit Luft gefüllten Porenraum oberflächig bewässern und die Regenintensitäten zur Infiltrationsmenge einen
linearen Zusammenhang aufweisen (vgl. Abb. 2-15), was natürlich aufgrund der
Vereinfachungen mit Unsicherheiten behaftet ist.
Dabei liegt die Einströmrandbedingung stets um den durch die Niederschlagsintensität iN befüllten Porenraum ∆niN [-] über der Sättigung bei Restfeuchte (Feldkapazität) θr,FK [-], so dass für die Wassergehalt θiN an der Infiltrationsfläche folgender
Zusammenhang angenommen wird:
θ i N = θ r ,FK + ∆n i N
Glg. 5-2
Als Randbedingung kann anhand der Saugspannungsverläufe der unterschiedlichen
Böden über die Sättigung SiN eine negative Druckhöhe aus Abb. 5-18 für iN = 1,0 ÷
40 mm/h abgelesen werden.
Saugspannung ψm [cmWS bzw. hPa]
1.E+04
1.E+03
Modellsand
Modellkies
Vegetationsdecke
Stützkörperkies
Untergrundkies
O-Dichtung
Auelehm
Dränkies
Sand
Ton
1 mm/h
3.6 mm/h
5.8 mm/h
10 mm/h
20 mm/h
30 mm/h
40 mm/h
nichtbindige
Böden
bindige
Böden
1.E+02
1.E+01
Modellkies VAO
(Messungen!)
1.E+00
0.0
0.1
0.2
Modellsand VAO
(Messungen!)
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
Sättigung S bzw. SiN [-]
Abb. 5-18: Einfluss von unterschiedlichen Regenintensitäten iN auf die Einströmrandbedingung (Sättigung, Potential) aller betrachteten Böden
207
Die Ergebnisse der mit Beregnung durchgeführten Versuche zeigen, dass mit steigender Regenintensität die anfängliche Zuwachsrate der mittleren Sättigung zunimmt und stationäre Verhältnisse schneller erreicht werden. Abb. 5-19 zeigt, dass
die Ganglinien der mittleren Sättigung von Messung und Berechnung eine gute Übereinstimmung aufweisen. Auch punktuell weisen Messungen gute Übereinstimmung auf, was anhand von Vergleichen ausgewählter gemessener und berechneter
Sättigungsganglinien an den jeweiligen Messpunkten belegt wird (siehe Anhang 24,
S. 372).
mittlere Sättigung Sm [-]
0.9
0.8
0.7
B04d
B04c
B04b
B04a
kein Versuch
0
A06a
1.0
iN [mm/h]
Legende:
1,0 mm/h (kein Versuch)
3,6 mm/h (A06a)
5,8 mm/h (kein Versuch)
10 mm/h (B04a)
20 mm/h (B04b)
30 mm/h (B04c)
40 mm/h (B04d)
kein Versuch
Die erreichbaren mittleren stationären Sättigungen nehmen bei steigender Regenintensität verhältnismäßig schwach zu. Die stationären Zustände werden bei iN = 3,6
mm/h erst nach etwa 24 h erreicht, bei den höheren Intensitäten iN = 20 ÷ 30 mm/h
bereits nach etwa 6 h. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die zeitgesteuerte Regulierung der Regenmengen nicht eine gleichmäßige, kontinuierlich andauernde Beregnung zur Folge hat, was die unterschiedlichen Ergebnisse von Berechnung und
Messung besonders bei niedrigen Sättigungen iN < 10 mm/h erklärt.
20
40
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
berechnet
gemessen
0.1
0.0
0
6
12
18
24
Zeit [h]
30
36
42
48
Abb. 5-19: Vergleich der Messdaten mit Berechnungen der mittleren Sättigung Sm
für unterschiedliche Regenereignisse
Die unterschiedliche Aufsättigung des Deichkörpers und das in den Deich infiltrierende Regenwasser lassen sich am einfachsten an einer Darstellung der Sättigungsverhältnisse im Deich veranschaulichen. Für iN = 30 mm/h sind in Abb. 5-20 die
208
Sättigungsverhältnisse dargestellt. Die Menge des infiltrierenden Regenwassers
verursacht eine Anhebung der gesättigten Fläche bzw. der Sickerlinie im Deich. Im
Kronenbereich erfolgt eine gleichmäßige Einsickerungen. Im Bereich der Böschungen und an den Materialübergängen treten vertikale Sickerwegigkeiten mit erhöhten
Sättigungen auf. Dies kann z. T. physikalisch begründet werden. Dort wo bereits
eine hohe Ausgangssättigung vorlag, bilden sich auch verstärkt Sickerwegigkeiten
aus.
Die Sättigung nahm im Modellversuch mit iN ≈ 2,0 mm/h bereichsweise maximal
um 25% zu und dies, wie bereits erwähnt, vornehmlich oberflächennah. Eine laterale Durchsickerungskonzentration nahe unter der Oberfläche konnte bei den eigenen
Versuchen nicht bestätigt werden.
Abb. 5-20: Berechnete stationäre Sättigungsverhältnisse im Deichmodell während
der Infiltration bei Niederschlagsintensitäten von iN = 30 mm/h
Nur ein Teil des infiltrierenden Wassers wurde im Deich gespeichert und führt zu
einer Erhöhung der Sättigung. Die untersuchten Beregnungsintensitäten iN verursachten die in Abb. 5-21 gezeigten gespeicherten Niederschlagshöhen iN,Sp. [mm/h].
10
1.0
iN,Sp. [mm/h]
gespeichert (∆S)
gespeichert (anteilig an iN)
iN,Sp. [mm/h]
8
0.9
0.8
7
0.7
6
0.6
5
0.5
4
0.4
3
0.3
iN,Sp./iN ≈ 20 %
2
∆S und iN,Sp./iN [-]
9
0.2
1
0.1
0
0.0
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Niederschlagsintensität iN [mm/h]
Abb. 5-21: Mittlere gespeicherte Niederschlagsintensität iN,Sp. und mittlere Sättigungserhöhung ∆S abhängig von der Niederschlagsintensität iN
209
Im Mittel wurden etwa 20% der gesamten Niederschlagsmenge im Deich gespeichert, was eine Erhöhung der mittleren Sättigung Sm von 12% für iN = 3,6 mm/h bis
über 50% bei iN = 40 mm/h zur Folge hatte.
5.6.4
Einfluss einer Grasnarbe
Der Einfluss der Grasnarbe war generell als relativ gering zu bewerten bzw. teilweise messtechnisch nicht zu erfassen. Das lag hauptsächlich daran, dass die Durchlässigkeit der Grasnarbe mit kS = 2·10-4 m/s in etwa der Durchlässigkeit des Deichmaterials entsprach (vgl. Abschnitte 3.5.5.4 und 5.2). Bei der Durchsickerung infolge
Einstaus war folglich kein Einfluss erkennbar. Dies zeigt der Vergleich der Versuche A01 und A07 (Abb. 5-22).
Bei Versuch A08 wurde der Deich mit Grasnarbe einem Regenereignis mit anschließendem Einstau (Ganglinie I) unterzogen. Der Vergleich mit Versuch A06c
ohne Grasnarbe zeigt, dass die mittleren Sättigungsverhältnisse annähernd identisch
sind (Abb. 5-17).
1.0
A01
max A01
A07
maxA07
A09
maxA09
A05
maxA05
FF stat. e=0,75
0.9
Einstaugrad ε [-]
0.8
0.7
0.6
eg
sti
n
A
0.5
0.4
0.3
s
Ab
0.2
g
tie
0.1
0.0
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
gesättigter Flächenanteil aSat [-]
Abb. 5-22: Gesättigter Flächenanteil aSat und Einstaugrad ε für die Versuche A01,
A05 (Vorereignis), A07 (Grasnarbe) und A09 (Grasnarbe mit Vorereignis)
Dies bedeutet, dass für Vorregen III mit iN = 40 mm/h die Grasnarbe und die darauf
210
befindliche Vegetation keinen Einfluss hat. Da es sich bei der untersuchten Regenintensität um ein extremes Ereignis handelt, kann trotzdem nicht ausgeschlossen
werden, dass bei schwächeren Niederschlagsereignissen die Pflanzen Regenwasser
in der Vegetationsdecke zurückhalten können. Vergleicht man A01, A05 (Vorereignis), A07 (Grasnarbe) und A09 (Grasnarbe + Vorereignis) miteinander, so ist erkennbar, dass das Niederschlagsvorereignis eine Verstärkung der Durchsickerung
verursacht.
Die Störstellen im Deich zeigten keine Veränderung des Durchsickerungsverhaltens. Auch wenn die Störstellen die Vegetationsdecke durchlässiger werden ließen,
ist aufgrund der geringen Dicke dieser (dVG = 0,15 m) keine messbare Änderung
eingetreten, was auch einfache Abschätzungen der stationären Durchsickerung unter
Verwendung des analytischen Ansatzes von KOZENY-CASAGRANDE (siehe Abschnitt 6.2) bestätigen.
180
0.00
160
0.10
Durchfluss
0.20
Wasserstandsganglinien
120
0.30
100
0.40
80
0.50
60
0.60
40
0.70
20
0.80
0
0.90
0
6
12
18
24
30
36
Zeit [h]
Abb. 5-23: Durchflussmengen der Versuche A02
und A10 im Vergleich
5.7
Zusammenfassung
Die in den vorhergehenden Abschnitten erläuterten Untersuchungsgrößen waren
-
unterschiedliche Wasserstandsganglinien,
Durchfluss Q [l/s]
A02
A10
140
Wasserstand [cm]
Der Vergleich der Versuche
A02 ohne und A10 mit Grasnarbe und Störstellen bei sonst
gleichen Randbedingungen ist
in Abb. 5-23 dargestellt und
bestätigt die Aussage, dass die
Grasnarbe auch zzgl. Störstellen
bei derartigen Belastungen inkl.
Randbedingungen und dem vorliegendem Deichsystem keinen
Einfluss zu haben scheint. Die
Durchflussmengen der Versuche
unterscheiden sich nur geringfügig. Bei A10 ist die Durchflussmenge unwesentlich geringer.
211
-
ein Ganglinienvorereignis,
-
Regenereignisse vor und während des Einstaus und
-
eine Grasnarbe.
Zusammenfassend können anhand der am Deichmodell durchgeführten Versuche
folgende Zusammenhänge bestätigt werden:
1. Wasserstandsganglinien mit schnellen An- und Abstiegsgeschwindigkeiten
sorgen i. d. R. für eine schwächer ausgeprägte Durchsickerung. Länger anhaltende hohe Wasserstände bewirken naturgemäß die stärkste Durchsickerung. Bei den Versuchen konnten die stationären Verhältnisse für unterschiedliche Einstauhöhen in etwa erreicht werden.
2. Das untersuchte Einstauvorereignis führte zu einer Beschleunigung bzw.
Verstärkung der Durchsickerung.
3. Vorregenereignisse hatten, sofern sie nicht simultan mit dem Einstauereignis
auftraten, keine wesentliche Verstärkung der Durchsickerung des Deichmodells zur Folge. Das untersuchte Simultanregenereignis sorgte für ein
schnelleres Erreichen der maximalen mittleren Sättigung.
4. Die untersuchte Grasnarbe hatte aufgrund ihrer in etwa dem Deichmaterial
entsprechenden Durchlässigkeit und ihrer geringen Dicke im Großen und
Ganzen keinen eindeutig nachweisbaren Einfluss auf die Durchsickerung,
sei es bei Einstauereignissen, Regenereignissen oder Störstellen. Beim Vorereignis sorgt die Grasnarbe für eine leichte Verringerung der Durchsickerung.
Mit Hilfe der Durchführung der Beregnungsversuche sind Randbedingungen (Abb.
5-18) für die numerischen Berechnungen abgeschätzt worden, mit denen nun auch
numerisch Beregnungen simuliert werden können. Darüber hinaus konnte gezeigt
werden, dass die für die Deichmaterialien abgeschätzten geohydraulischen Bodenparameter zutrafen und das Saugspannungsverhalten inkl. Hysteresis mittels des
van-Genuchten-Mualem-Modells in den numerischen Berechnungen richtig abgebildet wurde. Einem analogen Vorgehen bei der rechnerischen Abschätzung der
Durchsickerung anderer Deichsysteme aus unterschiedlichen Deichböden und
Baumaterialien steht somit nichts mehr im Wege.
212
6
Stationäre Durchsickerung von Deichen
6.1
Allgemeines
„Bei dem Entwurf und der Berechnung von Deichen mit und ohne Dichtungen ist
mit der Möglichkeit einer völligen Durchsickerung bis zur landseitigen Böschung zu
rechnen.“ DIN 19712 (1997) fordert dies generell für alle Deiche. Jedoch bereits
Schmidbauer u. Erb (1958) bemerken, dass „genau geprüft werden [muss], ob die
Bemessung eines kurzzeitig eingestauten Deiches nach der Durchfeuchtungsgrenze
erfolgen kann oder ob vorsorglich die stationäre Sickerströmung und Sickerlinie47
zugrunde gelegt werden müssen.“ Auf die Abhängigkeit der Durchfeuchtung des
Deiches u. a. von der Materialdurchlässigkeit, vom Deichaufbau, vom Vorsättigungszustand und von der Dauer des Hochwassers sowie von der absoluten Höhe
des Wasserstandes vor dem Deich wird in DIN 19712/1997 hingewiesen, aber aufgrund von Sicherheitsaspekten wird bei Ermangelung einer exakten Datenbasis die
Annahme des stationären Durchsickerungszustandes für die Bemessung empfohlen.
Bei Erreichen der stationären Durchsickerungsverhältnisse treten mit fortschreitender Zeit keine Änderungen mehr auf. Die geometrischen Einflussparameter auf die
stationäre Durchsickerung bei einem homogenen Deich sind in Abb. 6-1 dargestellt.
Die Durchlässigkeit der Deichmaterialien beeinflusst den Zeitpunkt, ab dem stationäre Verhältnisse auftreten, und die Menge des Sickerwassers. Bei Deichen mit unterschiedlichen Materialien spielt vor allem das Durchlässigkeitsverhältnis aneinander grenzender Böden eine Rolle.
Die Durchsickerung bei stationären Verhältnissen wird neben der Geometrie vor
allem vom Aufbau des Deiches bestimmt, was in der Zusammenstellung unterschiedlicher Deichsysteme gezeigt wird (Abb. 6-2). Homogene Deiche auf undurchlässiger Untergrundschicht erfahren i. Allg. die größte Durchsickerung. Bei homogenen Deichen auf durchlässigem Untergrund stellt sich aufgrund der Verlagerung
eines Teils der Strömung in den Untergrund eine verminderte Durchsickerung des
Deichs ein (Abb. 6-2 – Fall 1, vgl. Abb. 6-1).
Die Abschwächung der Durchsickerung hängt dabei von der Mächtigkeit der durch_________________________
47
Als Sickerlinie oder –fläche wird i. Allg. die Wasserspiegellinie des in den Deich eindringenden und diesen durchströ-
menden Sickerwassers bezeichnet. Die Sickerlinie ist gekennzeichnet dadurch, dass dort maximale Sättigung und atmosphärischer Druck herrschen. Die Sickerlinie kennzeichnet den Übergang von der gesättigten zur ungesättigten Zone.
213
lässigen Untergrundschicht ab (siehe Abschnitt 6.5.2). Sind Dichtungen vorhanden,
findet dort ein Großteil des Druckabbaus statt. Wie groß dieser ausfällt, hängt vom
Verhältnis der Durchlässigkeit der Dichtung zu der Durchlässigkeit der angrenzenden Materialien ab (Abb. 6-2 – Fälle 2 und 3).
Freibord
HW B
MW
hW
HD
1
mW
BK
mL
Sickerlinie
1
Durchlässiger
Deichkörper
hA
UW
Bindige Deckschicht
Abkürzungen:
BK: Kronenbreite
LD: Deichlager
HD: Deichhöhe
hW : Einstauhöhe
LD
1:mW: Neigung der wasserseitigen Böschung
hA: Austrittspunkt der Sickerlinie
HW B: Bemessungshochwasserstand 1:mL: Neigung der luftseitigen Böschung
MW: Mittelwasserstand
UW: Unterwasserstand
Abb. 6-1: Stationäre Durchsickerungsverhältnisse eines Deiches auf undurchlässigem Untergrund (vgl. z. B. DVWK 210/1986)
Die Reduktion der Durchsickerung durch unvollkommene, unterströmte Dichtungen
ist i. d. R. sehr beschränkt (Abschnitt 6.6.3). Dränkörper sorgen dafür, dass das anfallende Sickerwasser bei einem relativ niedrigen Gradienten im Dränkörper abfließen kann und je nach Lage und Größe des Dräns die Sickerlinie in das Innere des
Deichkörpers verlagert wird (Abb. 6-2 – Fälle B).
Die Unterströmung von Staubauwerken, wenn eine hydraulische Trennung der
Strömungen in Bauwerk und Untergrund – dies ist bei Deichen beim Vorhandensein einer relativ undurchlässigen, ungestörten Deckschicht der Fall – möglich ist,
wird in dieser Arbeit nicht explizit behandelt. Ausführungen hierzu sind z. B. in
Buß (1987) und unter Berücksichtigung unvollkommener Abdichtungsbauwerke in
Brauns (1979, 1980) zu finden. Hinweise zur Entwicklung von Wasserdrücken unter einer bindigen Deckschicht mit darauf gelagerten Deichen sind in USACE EM
(1986) und basierend auf Messungen während Hochwasser an Rheindeichen in
Kärcher et al. (1997, 2001) enthalten.
214
1A Homogener Deich
Sickerlinie mit bD
Sickerlinie ohne bD
HW
Annahmen:
1. kD ≈ kU
2. kD >> kID ≈ kOD
UW
Deichkörper (D)
MW
bindige Deckschicht (bD)
3. kD > kbD > kID/OD
4. kD < kDr
Untergrund (U)
Abkürzungen:
2A Deich mit Oberflächendichtung
HW
Deichkörper (D)
MW
UW
bindige Deckschicht (bD)
natürliche
Untergrund (U)
Oberflächendichtung (OD)
Hochwasserstand
MW
Mittelwasserstand
UW
Unterwasserstand
(bei HW)
k
Durchlässigkeit
künstlich
Innendichtung (ID)
3A Deich mit Innendichtung
HW
Deichkörper
(D)
MW
HW
UW
bindige Deckschicht (bD)
Untergrund (U)
1B Homogener Deich mit Drän
Sickerlinie mit bD
Sickerlinie ohne bD
HW
Drän (Dr)
UW
Deichkörper (D)
MW
bindige Deckschicht (bD)
Untergrund (U)
2B Deich mit Oberflächendichtung und Drän
HW
Drän (Dr)
Deichkörper (D)
MW
UW
bindige Deckschicht (bD)
natürliche
Oberflächendichtung
3B Deich mit Innendichtung und Drän
HW
Untergrund (U)
künstlich
Innendichtung (ID)
Drän (Dr)
MW
Deichkörper
(D)
UW
bindige Deckschicht (bD)
Untergrund (U)
Abb. 6-2: Skizzierte stationäre Durchsickerungszustände unterschiedlicher Deichsysteme mit und ohne bindige Deckschicht (siehe Uginchus 1960)
215
6.2
Übersicht der gängigsten analytischen Verfahren
Zur Abschätzung der stationären Sickerströmung und der Sickerlinie existieren
zahlreiche Verfahren, welche i. Allg. mittels Modellversuchen verifiziert wurden
(vgl. z. B. Casagrande 1934, Davidenkoff 1964, Erb 1965, Dachler 1936).
Die Verfahren von DACHLER, PAVLOVSKY, DACHLER-PAVLOVSKY,
CASAGRANDE und KOZENY-CASAGRANDE sind die bekanntesten und in der
Baupraxis, zumindest im deutschen und angelsächsischen Raum, die gängigsten
Verfahren zur Bestimmung der stationären Sickerlinie von Dammbauwerken auf
undurchlässigem Untergrund. Dabei können Dichtungen, Dräns und Anisotropie
bzw. Schichtung berücksichtigt werden. Für baupraktische Fragestellungen reicht
die Anwendung der genannten analytischen Verfahren häufig aus.
Der einfachste Ansatz zur Bestimmung der stationären Durchsickerungsfront im
Deich ist die Anwendung der eindimensionalen Strömungsgleichung unter Berücksichtigung der DUPUIT-FORCHHEIMER-Annahme48 (vgl. Abschnitt 2.5.3). Allerdings werden dadurch die den Dammbauwerken eigenen Einström- und Ausströmrandbedingungen vernachlässigt, was zu Ungenauigkeiten führt. Bei sehr flach
geneigten Dammbauwerken bzw. Deichen kann die erzielbare Genauigkeit der Abschätzung mit Hilfe von eindimensionalen, analytischen Verfahren unter Verwendung der DUPUIT-FORCHHEIMER-Annahme ausreichend sein. Physikalisch entspricht diese Annahme bei Dämmen und Deichen nicht den realen Verhältnissen, da
aufgrund der Vereinfachungen sowohl der Einströmbereich und die dort auftretende
Verlusthöhe als auch der Ausströmbereich und die dort auftretende Einschnürung
nicht berücksichtigt werden (Reddi 2003).
Schaffernak (1917) und Iterson (1919) entwickelten Lösungen, indem sie aus der
Querschnittsfläche und dem hydraulischen Gradienten den Durchfluss ermitteln. Sie
berücksichtigen dabei auch die besondere Form des jeweils betrachteten Deichquerschnitts. Infolge dessen formulierten sie eine Ausströmbedingung und legen dadurch eine Länge der Hangquelle über den durch die Böschungsneigung festgelegten hydraulischen Gradienten fest. Zwischen Einströmpunkt und Austrittspunkt der
Sickerlinie hA nehmen sie eine Parabel an. Casagrande (1937) verlegte den Ansatz_________________________
48
Die DUPUIT-FORCHHEIMER-Annahme trifft die Vereinfachung, dass die vertikalen Geschwindigkeiten gleich Null
sind und Grund- bzw. Sickerwasseroberfläche bekannt ist (David 1999).
216
punkt der Parabel um ein Stück ins Oberwasser, um so etwaige Einströmverluste zu
berücksichtigen (Reddi 2005). Genannte Lösungen gelten i. Allg. für Böschungsneigungen β < 30°. Für Böschungsneigungen β > 30° verwendet Casagrande (1937)
nicht tan(β), sondern sin(β) als hydraulischen Gradienten im Ausströmbereich. Kozeny (1931) entwickelte eine geschlossene analytische Lösung auf Basis des
CASAGRANDE-Verfahrens, was im Folgenden als der Ansatz von KOZENYCASAGRANDE (KC) bezeichnet wird.
Das Verfahren nach DACHLER-PAVLOVSKY beruht auf der von DACHLER und
PAVLOVSKY propagierten Aufteilung des Erdbauwerkes in drei Teile (Fragmentenverfahren) und der daraus möglichen iterativen Gleichungslösung (Dachler 1936,
Erb 1965).
Davidenkoff (1964) empfiehlt, da die Einströmbedingung von PAVLOVSKY eine
zu geringe Durchsickerung hervorruft, für dieses Verfahren die Einströmbedingung
von DACHLER zu verwenden und somit die Sickerlinie nach oben hin zu korrigieren, woraus das Verfahren DACHLER-PAVLOVSKY resultiert (Erb 1965).
In Chapuis u. Aubertin (2001) ist eine auf numerischen Berechnungen beruhende
Möglichkeit zur Abschätzung der Sickerlinie sowohl für homogene Dämme als
auch für Dämme mit Innendichtung angegeben, mit deren Hilfe stationäre Durchsickerungsverhältnisse auch unter Berücksichtigung der ungesättigten Zone abgeschätzt werden können. Mishra u. Singh (2005) entwickelten auf Basis des Fragmentenverfahrens ein analytisches Lösungsverfahren und werteten dies vergleichend mit Kozeny (1931) und dem Verfahren nach Casagrande (1934) aus. Da genauere Angaben zu den gewählten Randbedingungen sowohl bei Chapuis u. Aubertin (2001) als auch bei Mishra u. Singh (2005) fehlen, werden beide Ansätze nicht
näher verfolgt.
Zur Berücksichtigung von Dränkörpern und/oder Dichtungen sowie von erhöhten
Unterwasserständen existieren ebenfalls analytische Lösungen, die im Folgenden
zwar für Vergleichszwecke herangezogen werden, aber nicht näher erläutert werden. Der Leser wird hiermit auf entsprechende Literaturstellen, wie z. B. Erb
(1965), Davidenkoff (1964), USBR (1987), Uginchus (1960), u. v. m., für die Beschreibung der Verfahren verwiesen.
h
Bereich I2
s
h1
L‘
d
Sickerlinie:
Sickerlinie:
(h − y )
x=
h 3 ⋅ sin(2β)
(h − y ) ⋅ m L
h3 ⋅ 2
q = k ⋅ h3 / mL
q = k ⋅ h 3 ⋅ sin(2β) / 2
2
2
2
2
L' '
⋅ (H 2 − y 2 )
2
2
(h W − h 3 )
q = k ⋅ y0
(für 30° < β < 180°)
2
q = k ⋅ a ⋅ sin β (für β < 30°)
Sickermenge:
x=
Sickerlinie:
L' ' = d − m L ⋅ h 3
h3·mL
a‘
a
0.50
0.55
0.60
0.65
0.70
0.75
0.80
0.85
0.90
0.95
1.00
30
Diagramm:
h3 = hA
2
130
180
B. aus Erb (1965)
Fragmentenbereiche
3 Wird als Einströmbedingungen
DACHLER verwendet, wird es
als DACHLER-PAVLOVSKYVerfahren bezeichnet.
1 z.
Fußnoten:
x
Böschungswinkel β [°]
80
(für β > 30°)
(für β < 30°)
Bereich III2
β
a = h W + d − d − h W ⋅ cot (β)
y0
a aus Diagramm mit: a ' =
(1 − cos β)
h 3 = a ⋅ sin β
2
1
schwarz: DACHLER und PAVLOVSKY
rot: KOZENY-CASAGRANDE
lässigem Untergrund
Abb. 6-3: Analytische Verfahren zur Abschätzung der stationären Durchsickerung von homogenen Deichen auf undurch-
Sickermenge:
2
Sickermenge:
2
x=
h W = h + h1
h W = h + h1
2
L' = L − m L ⋅ h 3
L' = L − m L ⋅ h 3
2
q / k = h3 / mL
q / k = h 3 ⋅ sin( 2β) / 2
2
q / k = ( h − h 3 ) /( 2 ⋅ L' )
2
q / k = ( h − h 3 ) /( 2 ⋅ L' )
2
2
Formeln:
y0 = h W + d 2 − d
2
L
Kozeny-Casagrande1
Bereich II2
L‘‘
k
Formeln:
0,3·s
mL
q / k = ( h 1 / m W ) ⋅ ln( h w / h1 )
hW
Formeln:
Pavlovsky1,3
α
y
HD
q / k = h 1 ⋅ (1,12 + 1,93 / m w )
Dachler1
1
mW
y
a/a' [-]
y0
Skizze:
217
218
6.3
Einfluss der Anisotropie
Anhaltswerte zur Anisotropie sowie hier verwendete Werte wurden bereits in den
Abschnitten 2.4.5 und 4.5 angegeben.
Bei Verwendung der analytischen Ansätze kann zur Berücksichtigung der Anisotropie die Deichgeometrie mit dem Faktor λ [-] gestreckt werden, wenn für den
gesamten Strömungsbereich gleiche anisotrope Verhältnisse, sprich das gleiche
Durchlässigkeitsverhältnis von vertikaler zu horizontaler Durchlässigkeit vorliegt
(Dachler 1936).
kv
=
kh
λ=
1
A
kv
vertikale Durchlässigkeit [m/s]
kh
horizontale Durchlässigkeit [m/s]
A
Anisotropiefaktor [-] (siehe Abschnitt 2.4.5, Glg. 2-33)
Glg. 6-1
Die horizontale Lage der am verzerrten Deichquerschnitt ermittelten Wasserdruckhöhen bzw. der verzerrten Sickerlinie müssen mit dem Faktor λ’ wieder in den unverzerrten Querschnitt eingepasst werden:
λ' =
1
λ
Glg. 6-2
Für anisotrope Verhältnisse kann die mittlere Durchlässigkeitsbeiwert km folgendermaßen berechnet werden (Erb 1965):
km = kv ⋅ kh
Glg. 6-3
In Abb. 6-4 sind für einen Beispieldeich die stationären Verhältnisse unter Zuhilfenahme des Verfahrens von KOZENY-CASAGRANDE und unter Verwendung der
Ergebnisse von numerischen Berechnungen dargestellt. Die Sickerlinie aus der Berechnung für A = 10 liegt gering, im Mittel 1,4 cm über der Linie mit A = 1. An der
höchsten Stelle liegt sie 3,3 cm darüber, was zeigt, dass dies praktisch keine Auswirkungen hat. Gleiches zeigen auch die Ergebnisse nach KC, wobei zu erkennen
ist, dass für einen Anisotropiefaktor A = 10 die Sickerlinie nach KC über der aus
219
den numerischen Berechnungen zum Liegen kommt. Der Einfluss der Zunahme der
Anisotropie schlägt sich folglich bei den analytischen Verfahren stärker nieder.
FeFlow
Kozeny-Casagrande
3,0 m
A = 10
A=1
A = 10
A=1
Höhe [m]
2.0
1.5
3
1.0
Durchlässiger, homogener
Deichkörper
1
0.5
3
1
0.0
Deich zweifach
überhöht
dargestellt!
Undurchlässiger Untergrund
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Deichlager [m]
10
11
12
13
14
15
Abb. 6-4: Stationäre Sickerlinien für A = 1 und A = 10 für einen Beispieldeich nach
dem Verfahren von KOZENY-CASAGRANDE im Vergleich mit Berechnungsergebnissen
Auf der sicheren Seite können trotz der Annahme von isotropen Verhältnissen die
berechneten Austrittspunkte hA – egal, ob analytisch oder numerisch berechnet –
abschätzungsweise zur Berücksichtigung der Anisotropie mit folgender Gleichung
nach oben hin korrigiert werden. Der Korrekturfaktor fA kann auf der sicheren Seite
liegend bei ähnlichen Deichgeometrien, wie sie in Abb. 6-5 untersucht wurden, mit
fA = 0,05 bis 0,10 angenommen werden.
h A ,A = X = f A ⋅ln(A = X) + h A ,A =1
Glg. 6-4
hA,A=X korrigierter Wasseraustrittspunkt für A = X [m]
A
Anisotropiefaktor [-] (siehe Abschnitt 2.4.5, Glg. 2-33)
hA,A=1 Wasseraustrittspunkt für A = 1 [m]
fA
Korrekturfaktor [-] (fA ≈ 0,10, vgl. Abb. 6-5)
Anzumerken ist, dass sich der Verlauf der Sickerlinie i. d. R. weitaus weniger ver-
220
ändert als der Austrittspunkt der Sickerlinie. Obwohl dies auch bedeutet, dass sich
die Länge der Hangquelle vergrößert, bleibt die Durchsickerungsmenge bei kleinen
Anisotropiefaktoren aufgrund der Korrektur der Durchlässigkeit nach Abb. 6-9 in
etwa gleich.
1.0
Berechnungen (FeFlow)
Kozeny-Casagrande
0.9
0.8
Geometrie 1
HD = 3,0 m
BK = 3,0 m
1:m = 1:3,0
0.7
hA/hW [-]
0.6
Geometrie 2
HD = 3,0 m
BK = 2,0 m
1:m = 1:2,0
0.5
Geom. 3
0.4
Geom. 1
0.3
BK
0.2
HD
0.1
Geometrie 3
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
1:m = 1:2,0
Geom. 2
1
m
A >> 1
ε = 1,0
m
A=1
analytisch (KC)
numerisch (FeFlow)
analytisch (KC)
numerisch (FeFlow)
analytisch (KC)
numerisch (FeFlow)
1
hA
0.0
1
10
100
1000
Anisotropie A [-]
Abb. 6-5: Einfluss der Anisotropie auf verschiedene Deichgeometrien bei Kronenstau nach dem Verfahren von KOZENY-CASAGRANDE und numerischen Berechnungen
Blickt man auf die Zusammenhänge in Abb. 2-12, wird erkannt, dass hohe Anisotropiefaktoren in geschütteten Deichen nur dann auftreten, wenn entweder sich
sehr undurchlässiges Material vom durchlässigen absondert (k1/k2 >> 10) oder sich
ein großer Anteil des Schüttmaterials entmischt (d1/d2 > 0,5). Die Auswirkungen der
Anisotropie auf die stationären Verhältnisse können für praktische Belange als vernachlässigbar klein angesehen werden, wenn man annimmt, dass geschüttete
Deichkörper eine Anisotropie von A < 10 aufweisen.
Bei großen Anisotropien sollte man dagegen von einem geschichteten Medium ausgehen und die einzelnen Schichten getrennt betrachtet mit den entsprechenden geometrischen und geohydraulischen Parametern zu einem Gesamtobjekt zusammenfügen (vgl. Abschnitt 2.4.5).
221
6.4
Homogener Deich auf dichtem Untergrund
6.4.1
Analytische Berechnungsansätze im Vergleich
In Abb. 6-6 werden vier analytische Verfahren zur Ermittlung der Sickerlinie von
homogenen Dämmen auf undurchlässigem Untergrund verglichen. Berechnet wird
die Austrittshöhe der Sickerlinie auf der landseitigen Böschung hA [m]. Dabei wird
ein Formfaktor f [-] eingeführt, der die Eingangsgrößen der Deichgeometrie berücksichtigt (Glg. 6-5).
f=
m
m ⋅ HD
BK
Glg. 6-5
Böschungsneigung [-]
HD Deichhöhe [m]
BK
Kronenbreite [m]
Bei den folgenden Auswertungen wird als Kenngröße der Einstaugrad ε [-] betrachtet:
ε=
hW
hW
HD
Glg. 6-6
Wasserstand vor dem Deich (Einstauhöhe) [m]
Es ist zu erkennen, dass die größten Werte für hA, also auch die höchsten Sickerlinien nach DACHLER (D), ermittelt werden. PAVLOVSKY (P) hingegen unterschätzt die Lage der Sickerlinie und die Durchflussmenge besonders bei größeren
Einstaugraden, was bereits Davidenkoff (1964) anmerkt. DACHLERPAVLOVSKY (DP) und KOZENY-CASAGRANDE (KC) ergeben mittlere Austrittshöhen, wobei bei höheren Einstaugraden ε ≈ 1,0 DP größere Werte ergibt. Bei
kleinen Formfaktoren, sprich steileren Böschungsneigungen, kleineren Deichhöhen
oder größeren Kronenbreiten (vgl. Abb. 6-6), liegen die Ergebnisse von KC über
denen von DP. Bei einem Einstaugrad von ε = 0,5 kann vereinfachend angenommen
werden, dass Sickerwasser bei hA = 0,15·hW austritt, wobei diese Einstaugrade nur
bei vorhandenem Freibord und sehr kleinen Deichen (HD < 2,0 m) für Lastfall 2
(vgl. Abschnitt 4.3, Punkt 4.3.2.2) von Interesse sind.
222
Das Verfahren nach DACHLER-PAVLOVSKY (vgl. Erb 1965) weist bei hohen
Wasserständen, wie gesagt, geringfügig höhere Sickerlinien auf als das Verfahren
nach KOZENY-CASAGRANDE, wie auch an den Beispielen in Abb. 6-7 gezeigt
wird. Bei geringen Formfaktoren (f < 1,0 bei ε = 1,0; f < 1,5 bei ε = 0,75) ist dies
umgekehrt (vgl. Abb. 6-6 und Abb. 6-7). Mit abnehmendem Einstaugrad ε nimmt
der Unterschied der vier betrachteten, analytischen Verfahren ab.
0.70
Systemskizze:
ε = hW /HD
0.60
2
ε = 1,0
Diagramm zum Formfaktor f:
R2 = 1.00
5.0
R2 = 0.95
R2 = 0.99
R2 = 0.98
0.30
R2 = 1.00
ε = 0,75
0.20
R2 = 0.90
R2 = 1.00
R2 = 0.97
R2 = 0.99
0.10
+ DACHLER-PAVLOVSKY
+ PAVLOVSKY + KOZENY-CASAGRANDE
R2 = 0.99
0.40
1
hA
+ DACHLER
0.50
m
m
R2 = 0.99
Kronenbreite BK [m]
1m
4.0
Formfaktor f [-]
Austrittsverhältnis hA/hW [-]
R = 0.99
HD h
W 1
BK
3.0
2m
3m
2.0
4m
1.0
ε = 0,5
0.0
0
0.00
0.5
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
3.5
Formfaktor f = [(m*HD)/(BK)]
4.0
4.5
5.0
5
10
15
20
Neigung x Deichhöhe m*HD [m]
1/2
Abb. 6-6: Austrittsverhältnis hA/hW in Abhängigkeit des Formfaktors f nach vier
analytischen Verfahren
Mit geringem Einstaugrad werden auch die Unterschiede zwischen den analytischen
untereinander und numerischen Verfahren geringer. Die numerischen Berechnungen liefern bei hohen Einstaugraden durchwegs die höchsten Sickerlinien. Dies bestätigen die in Abb. 6-7 angeführten drei Beispiele. Während Beispieldeich 1 und 3
die gleichen Formfaktoren f = 1,4 aufweisen, besitzt Deich 2 einen Formfaktor von
f = 1,7. Man kann jedoch hier deutlich erkennen, dass bei Betrachtung der Lage der
gesamten Sickerlinie die Unterschiede der verschiedenen Berechnungsmethoden
marginal sind (Abb. 6-7).
Die analytischen Verfahren selbst unterscheiden sich in Bezug auf die Form und
Lage der Sickerlinie, wie eben erwähnt, nur wenig. Auch die etwas höhere Lage der
berechneten Sickerlinien hat nur unwesentlichen Einfluss auf die globale Standsicherheit der landseitigen Böschung nach DIN V 4084-100/1996, weshalb gegen
223
eine Verwendung aller gezeigten Verfahren besonders bei niedrigen Wasserständen
bzw. Einstaugraden nichts einzuwenden ist (vgl. Abb. 6-7).
Beispiel 1
Beispiel 2
2m
Höhe [m]
2.0
1,5
1
1.5
1
2
1.0
0.5
0.0
1,5
1
1
Formfaktor f = 1,4
Formfaktor f = 1,7
Undurchlässiger Untergrund
0
1
2
3
4
5
6
Deichlager [m]
Beispiel 3
7
Undurchlässiger Untergrund
8
9
10
0
1
2
4
5
6
7
Kozeny-Casagrande
Dachler-Pavlovsky
GW-Modell (FeFlow)
3
1.5
3
Deichlager [m]
3m
2.0
Höhe [m]
1m
2
1
3
1.0
Deiche zweifach
überhöht
dargestellt!
1
0.5
Formfaktor f = 1,4
0.0
Undurchlässiger Untergrund
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Deichlager [m]
10
11
12
13
14
15
Abb. 6-7: Vergleich zweier analytischer Verfahren mit numerischen Berechnungen
an drei Beispieldeichen auf undurchlässigem Untergrund bei stationären
Durchsickerungsverhältnissen
Wie sich geometrische und hydraulische Kenngrößen bei einem homogenen Deich
auf undurchlässigem Untergrund auf den Durchfluss auswirken, ist in Abb. 6-8 dargestellt. Abhängig von der Durchlässigkeit des Deichbodens stellt sich im doppellogarithmischen Maßstab ein linearer Zusammenhang ein, da der Durchfluss von
der Deichdurchlässigkeit direkt proportional abhängig ist. Die Änderung von Parametern bewirkt eine Parallelverschiebung, die bei Änderung der Einstau- und
Deichhöhe am größten ausfällt. Änderungen der Neigung sowie der Kronenbreite
wirken sich weniger stark aus (vgl. Abschnitt 6.4.2).
224
1.E-01
1.E-02
Durchfluss q [l/sm]
HD [m]
4,0
2,0
1,0
ε = hW /HD
wenn:
+ HD
+m
- BK
+ hw
+
HD: Deichhöhe [m]
BK: Kronenbreite [m]
1:m: Böschungsneigung [-]
hW: Einstauhöhe [m]
ε:
Einstaugrad [-]
Parallelverschiebung
BK = 3,0 m
m=3
ε = 1,0
1.E-03
1.E-04
Parallelverschiebung
-
1.E-05
wenn:
- HD
-m
+ BK
- hw
DACHLER-PAVLOVSKY
KOZENY-CASAGRANDE
1.E-06
1.E-08
1.E-07
1.E-06
1.E-05
1.E-04
1.E-03
Durchlässigkeit kS [m/s]
Abb. 6-8: Einfluss geometrischer und hydraulischer Kenngrößen eines homogenen
Erddammes auf undurchlässigem Untergrund auf den Durchfluss q in
Abhängigkeit der Durchlässigkeit des Deichbodens ks
6.4.2
Einfluss der geometrischen und hydraulischen Kenngrößen auf die stationären Durchsickerungsverhältnisse
Die Unterschiede zwischen den analytischen Handrechenverfahren und den numerischen Berechnungen sind i. Allg., wird die Lage und Form der Sickerlinie betrachtet, relativ gering. Nichtsdestotrotz ist es beim Planen von Deichen oder Deichertüchtigungsmaßnahmen wichtig zu wissen, welcher Deich bzw. welche Deichböschung bei welcher Deichgeometrie die größten Belastungen erfahren. Deshalb wird
im Folgenden der Einfluss der einzelnen geometrischen Größen näher untersucht.
Der Einfluss der Neigung der Wasser- und Luftseite 1:mW und 1:mL, der Kronenbreite BK und der Deichhöhe HD auf die Lage des Austrittspunktes der Sickerlinie
und somit auf die Lage der Sickerlinie ist in Abb. 6-9 dargestellt. Je größer der
Einstaugrad ist, desto höher tritt die Sickerlinie aus (Abb. 6-9, A). Je flacher die
wasserseitige Böschung verläuft, desto niedriger tritt das Sickerwasser an der luftseitigen Böschung aus (Abb. 6-9, B). Mit steileren luftseitigen Böschungen nimmt
225
die Höhe des Wasserausrittspunkts zu (Abb. 6-9, C). Je breiter die Krone ist, desto
niedriger tritt das Wasser auf der Luftseite aus (Abb. 6-9, D). Eine Änderung der
Deichhöhe hat bei geometrisch gleichen und homogenen Deichen, sprich gleichen
Formfaktoren, relativ zur größeren Deichhöhe keine Änderung der stationären Verhältnisse zur Folge.
Wstx
1
2
3
A
Wst1 > Wst2 > Wst3
hA,x
hA,1 > hA,2 > hA,3
B
1
1
mW,x
2
mW,1 > mW,2 > mW,3
3
hA,1 < hA,2 < hA,3
hA,x
mL,x
C
1
mL,1 < mL,2 < mL,3
hA,1 < hA,2 < hA,3
1
2
hA,x
3
BK,x
D
BK,1 < BK,2 < BK,3
hA,1 > hA,2 > hA,3
1
2
3
hA,x
Abb. 6-9: Einfluss geometrischer Kenngrößen eines homogenen Erddammes auf die
Lage des Wasseraustrittspunktes hA
Schwieriger fällt es, eine Aussage zu treffen, wie sich die Durchsickerungsverhältnisse bei Variation von zwei oder noch mehr geometrischen Einflussparametern
verändern. Deshalb ist es wichtig, abschätzen zu können, wie stark sich die Veränderung einer Größe auf die stationären Durchsickerungsverhältnisse auswirkt.
Wie an einem Beispieldeich mit veränderlichen Böschungsneigungen Abb. 6-10
gezeigt wird, übt die Veränderung der wasserseitigen Böschungsneigung 1:mW weniger starken Einfluss aus als eine Veränderung der luftseitigen Böschungsneigung
1:mL. Eine gleichmäßige Vergrößerung der wasser- und landseitigen Böschungsneigung bewirkt deshalb eine Verlagerung des Wasseraustrittspunkte hA nach unten
(Abb. 6-10). Deicherhöhungen unter Beibehaltung der Deichlagerbreite und der
226
Kronenbreite ziehen folglich aufgrund des stärkeren erhöhenden Einflusses der luftseitigen Böschung eine Anhebung der Sickerlinie im Deich nach sich.
1.0
ε = hW /HD=1,0
HD = 3,0 m
BK = 3,0 m
1:mW = 1:3
Austrittsverhältnis hA/hW [-]
0.9
0.8
ε = hW /HD=1,0
HD = 3,0 m
BK = 3,0 m
1:mL = 1:3
Systemskizze:
BK
HD h
W 1
0.7
0.6
m
m
1
hA
DACHLER
DACHLER-PAVLOVSKY
PAVLOVSKY
KOZENY-CASAGRANDE
Numerische Berechnungen
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
2.0
3.0
4.0
5.0
2.0
6.0
3.0
4.0
5.0
6.0
luftseitige Böschungsneigung 1:mL [-] wasserseitige Böschungsneigung 1:mW [-]
Abb. 6-10: Austrittsverhältnis hA/hW eines Beispieldeiches bei veränderlichen Böschungsneigungen
Die Verbreiterung der Krone zeigt bei den geometrischen Stellgrößen den stärksten
Einfluss auf das Austrittsverhältnis, wenn eine Abflachung der Böschung um ∆m =
1,0 mit einer Verbreiterung der Krone um ∆BK = 1,0 m verglichen wird. In Abb.
6-11 ist beispielhaft das Austrittsverhältnis abhängig von der Deichkronenbreite
dargestellt.
1.0
ε = hW /HD=1,0
HD = 2,0 m
1:mW = 1:3,0
1:mL = 1:3
Austrittsverhältnis hA/hW [-]
0.9
0.8
0.7
0.6
0.5
Systemskizze:
BK
HD h
W 1
mL
mW
1
h3
DACHLER
DACHLER-PAVLOVSKY
PAVLOVSKY
KOZENY-CASAGRANDE
Numerische Berechnungen
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
1.0
2.0
3.0
4.0
5.0
6.0
Kronenbreite BK [m]
Abb. 6-11: Austrittsverhältnis hA/hW eines Beispieldeiches bei veränderlicher Kronenbreite BK
227
Als hydraulische Randbedingungen können bei undurchlässigem Untergrund vor
und hinter dem Deich unterschiedliche Wasserstände auftreten. Wird der Unterwasserstand auf Geländeoberkante festgelegt, ergibt sich zwischen dem Einstaugrad
und dem Austrittsverhältnis für das angegebene Beispiel der in Abb. 6-12 dargestellte Zusammenhang. Die Berechnungsergebnisse liegen wiederum über den Ergebnissen der analytischen Ansätze (vgl. Abb. 6-7, Abb. 6-10, Abb. 6-11).
0.6
HD = 3,0 m
BK = 3,0 m
1:mL = 1:3
1:mW = 1:3
Austrittsverhältnis hA/hW [-]
0.5
Systemskizze:
HD h
W 1
0.4
BK
m
m
1
hA
DACHLER
DACHLER-PAVLOVSKY
PAVLOVSKY
KOZENY-CASAGRANDE
Numerische Berechnungen
0.3
0.2
0.1
0.0
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
Einstaugrad ε [-]
Abb. 6-12: Austrittsverhältnis hA/hW eines Beispieldeiches bei veränderlichem
Einstaugrad ε
Die geometrischen Deichkenngrößen und der Einstaugrad können auf das Austrittsverhältnis hA/hW die in Abb. 6-13 dargestellten Auswirkungen haben. Dabei wirkt
sich eine Abflachung der wasserseitigen Böschung mindernd, eine Abflachung der
luftseitigen Böschung erhöhend und eine Verbreiterung der Krone wiederum mindernd auf den Wasseraustrittspunkt aus. Aus diesen Zusammenhängen kann folglich
auch der Einfluss der geometrischen Parameter auf das Austrittsverhältnisse hA/hW
bei unterschiedlichen Einstaugraden abgeleitet werden (Abb. 6-13).
qx =
HD
BK
Austrittsverhältnis hA/hW
Austrittsverhältnis hA/hW
228
q3 > q2 > q 1
mL,1 < mL,2
mL,1
mL,2
q3
q2
q1
mW,1 = mL,1
mW,2 = mL,2
HD,3 < HD,2 < HD,1
m2 > m1
HD,1
HD,2
HD,1
HD,3
HD,2
HD,3
Kronenbreite BK [m]
HD
BK
q3 < q2 < q1
mL,1 < mL,2
mL,1
mL,2
q3
q2
q1
Böschungsneigung 1:mW [-]
Austrittsverhältnis hA/hW
Austrittsverhältnis hA/hW
Böschungsneigung 1:mL [-]
qx =
HD,1 > HD,2
BK,1 > BK,2
m2 > m1
HD,1 / m2 / BK,2
HD,2 / m2 / BK,2
HD,1 / m2 / BK,1
mL,1 = mW,1 = m1
mL,2 = mW,2 = m2
HD,2 / m2 / BK,1
HD,1 / m1 / BK,1
HD,2 / m1 / BK,1
Einstaugrad ε [-]
Abb. 6-13: Auswirkungen der geometrischen Deichkenngrößen auf das Austrittsverhältnis hA/hW
6.4.3
Flächenvergleich der Sickerlinien nach KOZENY-CASAGRANDE
und numerischen Berechnungen
Der Vergleich der Sickerlinien nach dem KOZENY-CASAGRANDE-Verfahren
mit numerischen Berechnungsergebnissen und einer vereinfachten Abschätzung der
Sickerlinie mittels einer Geraden zwischen Wasseraustrittspunkt und Wassereintrittspunkt ist als Flächenanteil am Gesamtdeich in Abb. 6-14 dargestellt. In Abhängigkeit des Formfaktors f zeigt sich, dass bei größeren Formfaktoren die Abweichungen der Ergebnisse und KOZENY-CASAGRANDE maximal werden und die
Abschätzung mit einer Geraden hingegen in etwa den Berechnungen entspricht. Mit
zunehmendem Einstaugrad werden die Abweichungen von den Ergebnissen nach
KC geringer. Bei kleinen Formfaktoren übersteigt die Fläche unter der Sickerlinie
nach KC die Geradenabschätzung und die numerischen Ergebnisse (Abb. 6-14).
229
aSat = Asat/ADeich und a'Sat = A'Sat/ADeich [-]
1.0
ε = 1,00
0.9
ε = 0,75
0.8
0.7
Systemskizze:
m
HD h
W 1
BK
A‘Sat
m
1 ASat
A‘Sat: Fläche unter der Geraden [m²]
ASat: Fläche unter der Sickerlinie [m²]
ADeich: Fläche des Deichquerschnittes [m²]
ε = 0,50
0.6
KOZENY-CASAGRANDE (Sickerlinie)
0.5
KOZENY-CASAGRANDE (Gerade)
0.4
Numerische Berechnungen (Sickerlinie)
0.3
0.2
0.1
ε = hW /HD
0.0
0.0
2.0
4.0
6.0
Formfaktor f = [(m*HD)/(BK)]
8.0
1/2
Abb. 6-14: Gesättigte Flächenanteile für stationäre Durchsickerungsverhältnissen
in Abhängigkeit des Formfaktors f bei verschiedenen Einstaugraden
Die etwas höheren Werte der Berechnungen und der Geradenabschätzung nach KC
haben jedoch i. Allg. keine wesentliche Veränderung der Lage der Sickerlinie zur
Folge. Vereinfachend kann aber auch, zumindest bei flach geneigten Deichen, die
Abschätzung unter Zuhilfenahme einer Geraden zwischen Einströmpunkt und Austrittspunkt hA verwendet werden.
6.4.4
Einfluss von Regenereignissen
Tritt eine stationäre Durchsickerung eines Deiches auf und wird diese zusätzlich
von einem Niederschlagsereignis überlagert, kann daraus eine Erhöhung der Sickerlinie resultieren.
In grober Abschätzung können Regenereignisse in Bayern in Verbindung mit auftretenden Hochwassern (Abschnitt 4.2) Intensitäten von bis zu 4,6 mm/h haben. Die
mittleren Niederschlagsintensitäten erreichen maximal iN,m = 2,0 mm/h (Tab. 4-5).
Die am Modell untersuchten Niederschlagsintensitäten reichten bis 40 mm/h (vgl.
Abschnitt 5.5.1).
Die Erhöhung der Austrittshöhe der Sickerlinie ∆hA mit steigender Regenintensität
hA
230
ist in Abb. 6-15 dargestellt. Aufgrund der größeren beregneten Oberfläche von hohen Deichen infiltriert dort mehr Niederschlagswasser als bei niedrigen Deichen.
Dieser Effekt nimmt mit abnehmender Regenintensität ab.
Systemskizze:
15
H=1m
iN
H=2m
BK
Erhöhung der Austrittshöhe ∆hA [cm]
H=4m
Polynomisch (H=4m)
Polynomisch (H=2m)
2
y = 0.003x + 0.157x
2
R = 0.996
Polynomisch (H=1m)
10
2
y = 0.002x + 0.161x
2
R = 0.999
HD
1
m
iN > 0
iN = 0
m
1
∆hA
hA,i
hA
kDeich = 5,0 10-4 m/s
BK = 3,0 m
m = 3,0
2
y = 0.000x + 0.173x
2
R = 0.993
5
0
0
10
20
30
40
Niederschlagsintensität iN [mm/h]
Abb. 6-15: Absolute Erhöhung der Austrittshöhe hA der Sickerlinie bei unterschiedlichen Niederschlagsintensitäten iN und Deichhöhen HD (numerisch berechnet)
Obwohl die absolute Erhöhung der Sickerlinie bei hohen Deichen größer als bei
niedrigen Deichen ausfällt, ist die prozentuale Anhebung des Austrittspunktes als
Indikator der Lage der gesamten Sickerlinie linear proportional zur Regenintensität
(Abb. 6-16). Für praktische Belange kann festgehalten werden, dass bei höheren
Deichen HD > 2,0 m sowie bei niedrigen Regenintensitäten iN < 2 mm/h der Einfluss des Niederschlagsereignisses auf die stationäre Durchsickerung vernachlässigbar klein ist (< 1 %).
231
100%
Systemskizze:
Prozentuale Zunahme der Austrittshöhe [-]
H=1m
y = 0.005x
R2 = 0.993
H=2m
H=4m
BK
y = 0.002x
R2 = 0.990
Linear (H=4m)
10%
iN
Linear (H=2m)
y = 0.001x HD
Linear (H=1m)
R2 = 0.973
1
m
iN > 0
iN = 0
m
1
∆hA
hA,i
hA
kDeich = 5,0 10-4 m/s
BK = 3,0 m
m = 3,0
1%
0%
0
1
10
100
Niederschlagsintensität iN [mm/h]
Abb. 6-16: Prozentuale Erhöhung der Austrittshöhe hA der Sickerlinie bei unterschiedlichen Niederschlagsintensitäten iN und Deichhöhen HD (numerisch berechnet)
6.5
Homogener Deich auf durchlässigem Untergrund
6.5.1
Allgemeines
Bei Deichen, die auf durchlässigem Untergrund gebaut sind und deren Materialeigenschaften sich von den Bodeneigenschaften des Untergrundes nicht signifikant
unterscheiden, i. Allg. ist dies der Fall, wenn die Durchlässigkeiten um weniger als
das 10fache differieren, verringert sich die Durchsickerung des Deiches und das
Wasser sickert in höherem Maße durch und in den Untergrund. Dies zeigt sich sowohl in der Reduzierung der Durchsickerungsmenge als auch in einer niedrigeren
Lage der Sickerlinie.
Erb (1965) ist der Meinung, dass bereits bei einem Durchlässigkeitsunterschied
vom Faktor 10 Deich und Untergrund getrennt betrachtet werden können (vgl. Cedergren 1977). Entsprechend gilt der Umkehrschluss, dass ein Deich höchstens
zehnfach durchlässiger als der Untergrund sein darf, um das hier betrachtete System
eines Deiches auf durchlässigem Untergrund vorzufinden.
232
6.5.2
Einfluss der Untergrundmächtigkeit auf die Durchströmung
Wie in Abb. 6-17 an einem Beispieldeich gezeigt wird, sinkt die Sickerlinie im
Deich mit steigender Mächtigkeit einer durchlässigen Untergrundschicht. Der Potentialabbau erfolgt mit steigender Mächtigkeit zunehmend in der Untergrundschicht.
3,0 m
Höhe [m]
4
HU = 0,0 m
3
3
1
Durchlässiger
Deichkörper
2
1
3
HU = 12,0 m
1
0
HU [m]
0
2
4
6
8
10
Durchlässiger Untergrund
12
14
16
18
20
22
24
26
28
Deichlager [m]
Abb. 6-17: Sickerlinien eines Deiches auf unterschiedlich mächtigem durchlässigen
Untergrund (kDeich ≈ 0,5·kUntergrund) beim Einstaugrad ε = 1,0
Mit zunehmender Untergrundmächtigkeit schwächt sich der Einfluss auf die Lage
der Sickerlinie bis zum Erreichen einer minimalen (tiefsten) Lage allmählich ab
(Abb. 6-18). Zur Bewertung der Abnahme der Höhenlage der Sickerlinie wird die
mittlere Höhe der Sickerlinie hSL,m [m] betrachtet:
h SL ,m =
1 n
∑ h SL,i
n i =1
Glg. 6-7
hSL,i
Höhe der Sickerlinie am Punkt i [m]
n
Anzahl der betrachteten Punkte bzw. Höhen [-] (i. d. R. n > 10)
Um die prozentuale Abnahme ∆aSL,m [-] zu erhalten, muss zum einen hSL,m und zum
anderen ein Bezugswert hSL,m,0 [m], der in diesem Fall der mittleren Sickerlinie für
einen Untergrund der Mächtigkeit HU = 0 m entspricht, und das Höhenverhältnis
aSL,m [m] betrachtet werden:
a SL ,m =
h SL ,m
HD
Glg. 6-8
Aus hSL,m,0 kann die Bezugsgröße ∆aSL,m,0 [-] ermittelt werden (siehe Abb. 6-18).
233
Mit abnehmendem Einstaugrad wird dieser Effekt zusätzlich abgeschwächt. Der
Unterschied der hier betrachteten Deichhöhen hatte auf die Größe der Abnahme der
mittleren Sickerlinie keinen wesentlichen Einfluss.
Die prozentuale Abnahme ∆aSL,m [-] der mittleren Sickerlinienhöhe hSL,m [m] beträgt
knapp über 20%. Ab etwa einer Mächtigkeit des durchlässigen Untergrundes, die in
etwa der zweifachen Deichhöhe entspricht, wirkt sich in den untersuchten Beispielen eine weitere Zunahme der Untergrundtiefe praktisch nicht mehr auf die Lage der
Sickerlinie aus.
HU/HD [-]
0.5
1.0
1.5
2.0
2.5
Systemskizze:
3.0
1.0
0.0
0.9
-0.1
Achse
0.8
-0.2
0.7
-0.3
0.6
HD = 2 m
ε = 1,00
-0.4
0.5
-0.5
0.4
-0.6
ε = 0,75
0.3
-0.7
HD = 4 m
0.2
-0.8
Achse
0.1
m
HD h
W 1
∆aSL,m = (aSL,m,0 - aSL,m,i)/aSL,m,0 [-]
aSL,m = hSL,m/HD [-]
0.0
BK
kDeich
m
1
hSL,m
hA
kUntergrund ≈ kDeich
HU
k= 0
m = 3,0
BK = 3,0 m
kDeich = 5,0 10-4 m/s
-3
kUntergrund = 1,0 10 m/s
-0.9
0.0
-1.0
0.0
0.5
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
HU/HD [-]
Abb. 6-18: Mittlerer Höhenanteil der Sickerlinie aSL,m und prozentuale Abnahme
∆aSL,m in Abhängigkeit des Verhältnisses HU/HD
6.6
Deich mit Dichtung
6.6.1
Vollkommene Dichtungen
Bei vollkommenen Dichtungen (vgl. Abschnitt 3.3.4) wirkt sich in erster Linie das
Verhältnis der Durchlässigkeiten der Dichtung und der angrenzenden Materialien
auf die Durchsickerungsverhältnisse aus. Sobald die Dichtung um das 1000fache
undurchlässiger ist, erfolgt praktisch der gesamte Druckabbau innerhalb der Dich-
234
tung und die Sickerlinie im landseitigen Stützkörper bildet sich in Abhängigkeit des
Unterwasserstands aus (vgl. Cedergren 1977). Dies gilt für Dichtungen von wenigen Zentimetern bis einigen Metern Dicke, wie beispielhaft in Abb. 6-19 an einem
Deich mit einer 0,50 m dicken Innendichtung anhand numerischer und analytischer
Berechnungsergebnisse gezeigt wird.
Mit zunehmendem Verhältnis der Durchlässigkeiten des Deichbodens und der Dichtung kDeich/kDichtung [-] nehmen der Durchfluss und die Lage der Sickerlinie innerhalb
des landseitigen Deichbereiches ab. Wie in Abb. 6-19 zu sehen ist, findet ab einem
Verhältnis von kDeich/kDichtung > 1000 beim gezeigten Deichsystem der Druckabbau
praktisch komplett in der Dichtung statt, was o. g. These untermauert.
3,0 m
Höhe [m]
4
3
3
Analytisch nach KC
Numerisch mit FF
kDeich/kDichtung
10
1
100
2
1000
Dichtung
1
(DDichtung = 0,50 m)
3
1
0
Undurchlässiger Untergrund
0
2
4
6
8
10
12
14
Deichlager [m]
16
18
20
22
24
26
Abb. 6-19: Verlauf von Sickerlinien in einem Deich mit Innendichtung bei unterschiedlichen Verhältnissen kDeich/kDichtung
Uginchus (1960) leitet für derartige Fragen zur Durchsickerung gedichteter Dammsysteme einen analytisch Lösungsansatz her, wobei er durch die Annahme eines
vorhandenen Dränkörpers nahe der landseitigen Dammoberfläche die Höhe der Sickerlinie dort vereinfachend zu Null annimmt. Damit schafft er sich eine Ausströmbedingung, die nicht für alle Deichsysteme Gültigkeit besitzt. Die Verlusthöhe im
wasserseitigen Stützkörper kann i. Allg. vernachlässigt werden, auch wenn Uginchus (1960) hierfür einen Verlustkoeffizienten nach MIKHAILOV vorschlägt.
Die Abnahme der Durchsickerungsmenge in einem Deich mit Dichtung ist in Abb.
6-20 dargestellt. Bei großen Unterschieden der Durchlässigkeiten zwischen Dichtung und des Deichbodens ergeben die Berechnungen höhere Werte. Die Ergebnisse
nach Uginchus (1960) liegen nicht zuletzt aufgrund der ähnlichen Annahmen von
KOZENY-CASAGRANDE sehr eng beieinander. Das Herangehen von Uginchus
(1960) wurde durch die Annahme lediglich dahingehend vereinfacht, dass die Sickerlinie am landseitigen Deichfußpunkt austritt.
235
Die Abweichungen von numerischen Berechnungsergebnissen zu analytischen Ansätzen resultieren in erster Linie daraus, dass bei den Berechnungen der Kapillarsaum bzw. die ungesättigte Zone der Dichtung und des Deichbodens Berücksichtigung finden. Solange die Dichtung relativ durchlässig ist, kommt dieser Effekt aufgrund der hohen Durchsickerungsmengen nicht zum Tragen. Erst bei geringerer
Gesamtdurchsickerung q/kDeich < 100 l/m² ergeben die Berechnungen erhöhte Werte, da im Kapillarsaum bzw. der ungesättigten Zone Wasser transportiert werden
kann.
1000.0
BK
HD h
W 1
kDeich
kDichtung
100.0
q/kDeich [l/m²]
m
m
kDeich
1
q
DDichtung
numerische Berechnungen (FeFlow)
KOZENY-CASAGRANDE
Uginchus (1960)
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
DDichtung = 0,50 m
10.0
1.0
0.1
1
10
100
1000
10000
100000
kDeich/kDichtung [-]
Abb. 6-20: Einfluss einer vollkommenen Innendichtung auf die Sickerwassermenge
Ähnlich wie bei Deichen mit Innendichtung verhält sich die Durchsickerung bei
Deichen mit Oberflächendichtungen. Beim gezeigten Beispiel (Abb. 6-21) ist die
Abweichung von analytischer und numerischer Berechnung größer als bei dem zuvor betrachteten Deich mit Innendichtung.
236
Durchlässiger
Deichkörper
Höhe [m]
4
3,0 m
3
3
2
10
1
Oberflächendichtung
(DOD = 0,50 m)
Analytisch nach KC
Numerisch mit FF
kOD/kDeich
100
1000
10000
1
3
1
0
Undurchlässiger Untergrund
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
26
Deichlager [m]
Abb. 6-21: Verlauf von Sickerlinien in einem Deich mit Oberflächendichtung unterschiedlicher Durchlässigkeit
Dies spiegelt sich auch beim Vergleich der Sickerwassermengen wider (Abb. 6-22).
Während die Ergebnisse nach Uginchus (1960) und KOZENY-CASAGRANDE
sich in etwa entsprechen, zeigen die numerischen Berechnungen bereits ab q/kDeich <
200 l/m² einen abweichenden Verlauf.
1000.0
Systemskizze:
HD h
W 1
D Dic
100.0
m
BK
kDeich
m
1
q
kDichtung
q/kDeich [l/m²]
ng
htu
Numerische Berechnungen (FeFlow)
KOZENY-CASAGRANDE
Uginchus (1960)
10.0
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
DDichtung = 0,50 m
1.0
0.1
1
10
100
1000
10000
100000
kDeich/kDichtung [-]
Abb. 6-22: Einfluss einer vollkommenen Oberflächendichtung auf die Sickerwassermenge
Die im Vergleich zur Innendichtung erhöhte Durchsickerungsmenge der betrachteten Oberflächendichtung kann auf die größere Einströmberandung sowie die abweichende Sättigungsverteilung und die daraus resultierende zusätzliche Wasserbewe-
237
gung im ungesättigten Bereich zwischen dem Wasseraustrittpunkt aus der Dichtung
und der Sickerlinie zurückgeführt werden (vgl. Erb 1965, Uginchus 1960).
Werden die Zusammenhänge aus Abb. 6-20 und Abb. 6-22 auf Dichtungen und
Deichböden unterschiedlicher Durchlässigkeit übertragen, erhält man den in Abb.
6-23 gezeigten Zusammenhang zwischen der Durchlässigkeit des an die Dichtung
angrenzenden Deichbodens und den Durchfluss q [l/sm]. Der analytische Ansatz
nach KOZENY-CASAGRANDE liefert ab einem bestimmten Durchlässigkeitsverhältnis Grenzwerte, die sich auch über die hier angegebenen Betrachtungsgrenzen
(kDeich = 105·kDichtung) fortführen lassen. Die dargestellten Ergebnisse der numerischen Berechnungen liegen, wie bereits zuvor erläutert, über den analytisch ermittelten Ergebnissen. Für kDeich = kDichtung ergibt sich unter Verwendung eines doppelt
logarithmischen Maßstabs eine Grenzgerade. Diese Linie beschreibt nichts anderes
als den Durchfluss durch einen homogenen Deich, der lediglich von den geometrischen und hydraulischen Randbedingungen abhängig ist. Dieser Zusammenhang
wurde bereits in den Abschnitten 6.4.1 und 6.4.2 erläutert (vgl. Abb. 6-8).
1.E+01
ei
ch
=
kD
ic
ht
un
g
1.E+00
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
DDichtung = 0,50 m
kD
kDichtung = 10-9 m/s
kDichtung = 10-8 m/s
kDichtung = 10-7 m/s
1.E-02
kDchtung = 10-6 m/s
1.E-03
Berechnungen (numerisch)
Kozeny-Casagrande (analytisch)
Oberflächendichtung
Innendichtung
5
kDeich = 10 kDichtung
5
kDeich = 10 kDichtung
5
1.E-06
5
1.E-05
kDeich = 10 kDichtung
1.E-04
kDeich = 10 kDichtung
Durchfluss q [l/sm]
1.E-01
1.E-07
1.E-09 1.E-08 1.E-07 1.E-06 1.E-05 1.E-04 1.E-03 1.E-02 1.E-01
Durchlässigkeit kDeich [m/s]
Abb. 6-23: Abschätzung des Durchflusses q für Deiche mit Innendichtung (Abb.
6-20) und Oberflächendichtung (Abb. 6-22) für unterschiedliche Durchlässigkeiten der Dichtung kDichtung und des Deichbodens kDeich
238
6.6.2
Dichtende Wirkung von Vegetationsdecken
Die Wirkung von Vegetationsdecken kann analog zur Wirkung von Dichtungen
betrachtet werden (Abschnitt 6.6.1). Dichtungen und Vegetationsdecken weisen
jedoch ein unterschiedliches Saugspannungsverhalten auf (vgl. Abschnitte 4.5.3 und
4.5.4). Dadurch, dass die Pflanzen bzw. Wurzeln dem Boden Wasser entziehen,
treten in Vegetationsdecken in Anbetracht der relativ hohen Durchlässigkeit hohe
Saugspannungen auf (vgl. Abschnitt 3.5.5).
In Abb. 6-25 ist die Abnahme der Sickerwassermenge bei steigendem Durchlässigkeitsverhältnis dargestellt.
3,0 m
Höhe [m]
4
3
2
kDeich/kVD
50
3
500
1
Vegetationsdecke
(DVD = 0,20 m)
KC
FF
100
1000
3
1
1
Durchlässiger Deichkörper
0
Undurchlässiger Untergrund
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
26
Deichlager [m]
Abb. 6-24: Einfluss einer 20 cm dicken Vegetationsdecke auf die Durchsickerung
eines Deichs in Abhängigkeit vom Verhältnis kDeich/kVD
Das analytische Verfahren nach KOZENY-CASAGRANDE zeigt das gleiche Verhalten, wie in Abb. 6-22 für eine Oberflächendichtung mit DOD = 0,50 m gezeigt
wird. Die berechnete Kurve verläuft relativ flach und liegt bei großen Durchlässigkeitsverhältnissen über den analytischen Ergebnissen.
239
1000
Systemskizze:
ε = 1,0
BK
m
HD h
W 1
DVD
100
kDeich
kVD
m
1
q
VD: Vegetationsdecke
q/kDeich [l/m²]
numerische Berechnungen (FeFlow)
KOZENY-CASAGRANDE
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
DVD = 0,20 m
10
FF e=1,0
KC e=1,0
1
1
10
100
1000
10000
kDeich/kVD [-]
Abb. 6-25: Einfluss von einer Vegetationsdecke auf die Sickerwassermenge
Da Vegetationsdecken i. d. R. bereits selbst relativ durchlässig sind und Deichmaterialien erfahrungsgemäß maximale Durchlässigkeiten von kS = 10-3 m/s aufweisen,
bewegen sich realistische Durchlässigkeitsverhältnisse zwischen 2 und 50. Höhere
Werte können sich ergeben, wenn bestehende „Altdeiche“ vorhanden sind, deren
Stützkörper stark durchlässig kS > 10-3 m/s ist.
6.6.3
Unvollkommene Dichtungen
Bei unvollkommenen Dichtungen (vgl. Abschnitt 3.3.4) findet die Durchströmung
zum Großteil in dem nicht abgedichteten Bereich im Untergrund statt. Bereits geringe ungedichtete Bereiche bewirken eine verhältnismäßig hohe Durchsickerung
des landseitigen Stützkörpers, sofern, wie in Abb. 6-27 dargestellt, kein Drän das
Sickerwasser vor dem Eindringen in den Stützkörper ins Unterwasser ableitet.
Der Potentialabbau eines Deiches mit unvollkommener Innendichtung ist in Abb.
6-26 dargestellt. Trotz des relativ großen Abdichtungsverhältnisses von tD/HU =
80% tritt hinter der Dichtung noch ein Potential bzw. eine Druckhöhe von y = 2,0 m
auf, sprich die Hälfte des Gesamtpotentialunterschieds ∆ψ vom OW zum UW bei
Kronenstau (vgl. Abb. 6-28).
240
HD [m]
tD [m]
0,40
0,80
1,20
1,60
3, 2
0
3,60
HU [m]
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
2,00
HU = 8,0 m
tD = 6,40 m
HU/tD = 80%
Abb. 6-26: Beispiel des Potentialabbaus an einem Deich mit einer unvollkommenen
Innendichtung
Der in Abb. 6-27 abgebildete Erddamm mit Innendichtung zeigt die Sickerlinien für
tD/HU = 0 und 90% bei unterschiedlichen Untergrundmächtigkeiten. Trotz der relativ tief reichenden Dichtung bis zu 90%·HU wird auch hier, wie bereits bei Abb.
6-26 für tD/HU = 80% angemerkt, der landseitige Deichkörper zu einem großen Teil
durchsickert, d. h. hinter der Dichtung treten abhängig von den Randbedingungen
noch Potentiale von ψ ≈ 0,5·∆ψ ≈ 2,0 m auf (Abb. 6-28).
3,0 m
Höhe [m]
4
3
2,0
1
2
4,0
tD/HU = 90 %
12,0
3
Durchlässiger
Deichkörper
1
tD/HU = 0 %
HU [m]
3
1
Dichtung
0
tD [m]
HU [m]
Durchlässiger Untergrund
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
26
Deichlager [m]
Abb. 6-27: Sickerlinien in einem Deich mit unvollkommener Innendichtung bei unterschiedlichen Untergrundmächtigkeiten HU und Verhältnissen tD/HU
Mit zunehmender Untergrundmächtigkeit stellt sich trotz der relativ größeren, nicht
abgedichteten Bereiche eine niedrigere Sickerlinie ein, was auf den verstärkten Potentialabbau im Untergrund zurückzuführen ist. Dieser Effekt wurde bereits in Abschnitt 6.5 erläutert (vgl. Abb. 6-17).
Der Wasserstand direkt hinter der Dichtung h1 [m] und der Wasseraustrittspunkt hA
[m] bezogen auf die Wasserstandshöhe hW [m] für das in Abb. 6-27 dargestellte
Deichsystem sind in Abb. 6-28 dargestellt. Die Abnahme beider Größen setzt, wenn
man davon ausgeht, dass beim betrachteten Deichsystem der Austrittspunkt der Sickerlinie bei vollkommener Abdichtung nahe Null liegt, verstärkt erst bei tD/HU >
241
90% ein. Bei tD/HU = 90% hat sich der Wasserstand bei den betrachteten Fällen im
Mittel um 35%, der Wasseraustrittspunkt hingegen um 65% reduziert.
1.0
ε = 1,0
0.9
Systemskizze:
HD h
W
h1/hW und hA/hW [-]
0.7
h1
kDeich
0.8
h1/hW
BK
tD
HU
hA
kDichtung
kUntergrund ≈ kDeich
k= 0
0.6
HD = 4,0 m
m = 3,0
BK = 3,0 m
0.5
0.4
kDeich = 5,0 10-4 m/s
kDichtung = 1,0 10-8 m/s
kUntergrund = 1,0 10-3 m/s
h1/hW :
0.3
hA/hW
0.2
HU = 2,0 m
HU = 8,0 m
HU = 4,0 m
HU = 12,0 m
hA/hW :
0.1
0.0
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
HU = 2,0 m
HU = 8,0 m
HU = 4,0 m
HU = 12,0 m
1.0
tD/HU [-]
Abb. 6-28: Einfluss einer unvollkommenen Innendichtung auf die Durchsickerung
(Potentialabbau) für unterschiedliche Verhältnisse tD/HU
6.6.4
Fehlstellen in vollkommenen Innendichtungen (2D)
Die Anfälligkeit von Dichtungen für Fehlstellen ist von der Art der Dichtung und
deren Belastung abhängig. Dichtungsmaterialien, Einbauverfahren, Konstruktionsweise und etwaige Umwelteinflüsse sowie Alterung können das Auftreten von Rissen, Spalten, Löchern oder Fenstern verursachen bzw. begünstigen. Kutzner (1996)
stellt fest, dass eine verstärkte Durchsickerung von Dämmen mit Dichtungen auf
„Fehlstellen oder Fugen“ zurückzuführen ist. Ursachen für derartige Fehlstellen
können auch Setzungen, Austrocknung, unsachgemäße Ausführung, Wühltiere,
Wurzeln, chemische Lösungsprozesse, mechanische Überbelastung, Sabotage etc.
sein.
Die Fehlstellen in Dichtwänden treten i. d. R. lokal auf, so dass sich ein dreidimensionales Strömungsfeld (vgl. Abschnitt 6.6.5) einstellt. Wurzeln in Oberflächendichtungen oder aus dem Schloss gesprungene Spundwandbohlen verursachen
räumlich begrenzt eine Verstärkung der Durchsickerung. Seltener treten linienhaft
242
Fehlstellen auf, was z. B. bei weit reichenden Setzungen oder nicht abgedichteten,
dünnen, sandigen Bodenschichten (Schmalwand!) der Fall sein kann.
Wie bereits Brauns (1978) bemerkte und Cedergren (1977) anhand von Potentialnetzen zeigte, genügen bereits sehr kleine Öffnungen bzw. Fehlstellen in Dichtungen, um den Durchfluss um ein Vielfaches zu erhöhen. Brauns (1978) ermittelte auf
analytischem Weg die Durchströmung von Innen- und Oberflächendichtungen größerer Dammbauwerke durch in der Längsachse auftretende Risse bzw. Spalten mit
einer Öffnungsweite von 0,5 bis 5 mm. Die eigenen Auswertungen konnten den von
Brauns (1978) dargestellten Sachverhalt bestätigen (siehe Abb. 6-31). Brauns
(1978) legt seinen Auswertungen eine Spaltströmung zugrunde (siehe Wittke 1984),
während in den eigenen Berechnungen von einer Röhre ausgegangen wird.
Der in Abb. 6-29 dargestellte Deich weist in der Dichtung Fehlstellen in unterschiedlichen Höhen von 0,00/0,25/0,50·H auf. In den numerischen Berechnungen
wurde zur Ermittlung der erhöhten Strömung durch diese Fehlstellen der Ansatz der
Röhrenströmung nach HAGEN-POISEULLE verwendet, der im verwendeten numerischen Modell bereits impliziert ist (vgl. Abschnitt 2.5.4, Glg. 2-48).
3m
3
Höhe [m]
4
1
Durchlässiger
Deichkörper
3
(k
2
Deich
= 5,0•10
-4
5,0
2 1
0
HFS [m]
Fehlstellen
(H = 0, 1, 2 m)
1
rFS [cm]
m/s)
3
1
stat. Sickerlinie für
Deich ohne Dichtung
0,05
0,02
FS
0
Dichtung
Undurchlässiger Untergrund
D
k
0
5
10
Dichtung
Dichtung
= 0,50 m
= 1,0•10
-8
Deich zweifach überhöht
dargestellt!
m/s
15
20
25
Deichlager [m]
Abb. 6-29: Durchsickerung eines Deiches mit Innendichtung und Fehlstellen mit
unterschiedlichen Lagen und hydraulischen Radien rFS
Die Auswertung des Quotienten q/kDeich in Abhängigkeit der hydraulischen Öffnungsweite 2·rFS ist in Abb. 6-30 dargestellt. Die Öffnungsweiten reichen von 0,01
bis 10 cm. Je nach Deichboden bzw. Durchlässigkeit und Saugspannungsverhalten
des Bodens werden die maximalen und minimalen Quotienten q/kDeich erreicht. Der
landseitige Stützkörper mit relativ höherer Durchlässigkeit kann eine relativ große
243
Sickerwassermenge abführen, ohne dass dies einen verhältnismäßig starken Anstieg
der Sickerlinie im landseitigen Bereich hervorruft. So erreicht der Deich aus Sand
mit kS = 2·10-5 m/s bereits bei einer Fehlstelle mit einer hydraulischen Öffnung von
0,2 cm bereits die maximale Durchströmung und den höchsten Wasserstand im
landseitigen Deichkörper. Beim sehr durchlässigen Kiesdeich mit kS = 1·10-3m/s
hingegen bedarf es einer Fehlstelle mit Durchmesser von dFS = 0,4 ÷ 0,5 cm.
Einfacher halber wurde auf eine Berücksichtigung möglicher Turbulenzen bei größeren Reynoldszahlen in der Röhre und im Deichboden verzichtet. Klüber u. Breth
(1977) untersuchten die Durchsickerung großer Dämme mit relativ großen Fehlstellen in den Oberflächendichtungen numerisch und berücksichtigen dabei für die
Durchsickerung eines sehr durchlässigen Steinschüttkörpers den Turbulenzeinfluss
im postlaminaren Bereich unter Verwendung eines FORCHHEIMER-Ansatzes
nach Irmay (1958). Sie verglichen die Ergebnisse mit den Resultaten, die sich bei
laminaren Strömungsverhältnissen ergeben. Der Einfluss auf die stationären Durchsickerungsverhältnisse scheint jedoch begrenzt zu sein. Wie bereits erwähnt, werden
bei den numerischen Berechnungen die prä- und postlaminaren Änderungen des
Fließverhaltens von Sickerströmungen in dieser Arbeit vernachlässigt, was jedoch
aufgrund der Ergebnisse von Klüber u. Breth (1977) z. T. gerechtfertigt ist.
Systemskizze:
1000
kDeich trägt wesentlich zum
Potentialabbau bei.
HD h
W
2
HD/2
3
q
HD/4
Fehlstelle (1) (HFS = 0,50 HD)
Fehlstelle (2) (HFS = 0,25 HD)
Fehlstelle (3) (HFS = 0,00 HD)
100
5·1
0 -4
m/
s
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
DDichtung = 0,50 m
0 -3
m /s
2·1
0 -5
m/
s
q/kDeich [l/m²]
kDichtung
1
Fehlstellen
kDichtung = 10-8 m/s
1·1
10
BK
kDeich
kDeich = 1·10-3 m/s
kDeich = 5·10-4 m/s
Fehlstellendurchlässigkeit
kleiner als kDichtung.
1
0.01
kDeich = 2·10-5 m/s
0.10
1.00
10.00
Hydraulische Öffnung = 2*rFS [cm]
Abb. 6-30: Einfluss von Fehlstellen in Innendichtung auf den Durchfluss q/k für
unterschiedliche Deichdurchlässigkeiten kDeich und Fehlstellenradien rFS
244
In Abhängigkeit unterschiedlicher Deichdurchlässigkeiten sind die Durchflussmengen eines Deiches mit Innendichtung und an der Sohle befindlicher Fehlstelle in
Abb. 6-31 dargestellt. Zum Vergleich ist eine von Brauns (1978) analytisch ermittelte Gerade eines Dammsystems ergänzt worden. Der Vergleich zeigt, dass die
numerische Berechnung das gleiche Verhalten wie die analytische Auswertung von
Brauns (1978) ergibt. Die Obergrenze des betrachteten Deichsystems stellt eine unendlich große Fehlstelle dar (rhydr. Æ ∞, keine Dichtung vorhanden) und die Untergrenze eine Dichtung ohne Fehlstelle (rhydr. = 0). Angefügt wurden auch die Untergrenze der entsprechenden Kurven für kDi = 10-7 m/s und 10-6 m/s (vgl. Abb. 6-23).
0,5*s = 2,5 mm
rhydr.
1.E+00
∞
2 mm
aus Brauns (1978)
für:
hW = 50 m
BK = 10 m
m = 1.5
DDi = 1,0 m
q [l/sm]
1.E-02
(0 mm)
k Di
=1
-6
0
s
m/
(0 mm)
0,5 mm
k Di
=1
s
-7 m /
0
0,2 mm
0 mm
1.E-03
sinngemäß
erweitert
HD h
W
BK
kDeich
kDichtung
q
1 mm
Ob
er
gr
en
ze
1.E-01
Systemskizze:
Fehlstelle
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
DDichtung = 0,50 m
kDi= 10-8 m/s
e
nz
gre -8 m/s
ter
n
0
U
=1
k Di
0 mm
(nach KOZENY-CASAGRANDE)
1.E-04
1.E-05
1.E-08
1.E-07
1.E-06
1.E-05
1.E-04
1.E-03
kDeich [m/s]
Abb. 6-31: Durchsickerungsmenge q durch einen Deich mit Innendichtung und
Fehlstelle in Abhängigkeit der Stützkörperdurchlässigkeit kDeich und des
hydraulischen Fehlstellenradius rhydr. (vgl. Brauns 1978)
Die Kurven für unterschiedliche Fehlstellengrößen neigen sich gegen einen maximalen Grenzwert, der hier aufgrund der Begrenzung der Durchlässigkeit des
Deichmaterials auf kS = 1·10-3 m/s nicht dargestellt wird. Die Grenzkurve für eine
Durchlässigkeit der Dichtung von kDi = 10-7 m/s liegt nahe an der Kurve für
rhydr. = 0,5 mm, woraus sich in grober Näherung folgern lässt, dass diese Fehlstellengröße ausreicht, um die Durchlässigkeit der betrachteten Innendichtung von
kDi = 10-8 m/s um eine Zehnerpotenz zu erhöhen. Verfährt man auf diese Weise weiter, können Radien rhydr. > 1 mm bereits bei einer Stützkörperdurchlässigkeit von
245
kS > 10-4 m/s eine Erhöhung um das 100fache bewirken, wenn man anstelle der
Fehlstelle für eine intakte Dichtung eine Ersatzdurchlässigkeit für die gesamte
Dichtung ansetzt.
Auf die dreidimensionale Betrachtung von Fehlstellen in Dichtungen wird in Abschnitt 6.6.5 eingegangen. Die instationäre Durchsickerung von Fehlstellen in Dichtungen mit der daraus resultierenden Aufsättigung des landseitigen Stützkörpers
wird in Kapitel 7 (Abschnitt 7.5) anhand eines Beispiels behandelt.
6.6.5
Fehlstellen in vollkommenen Innendichtungen (3D)
Treten Fehlstellen in Dichtungen horizontal über große Längen auf, wie dies z. B.
bei Längsrissen durch Schwinden in natürlichen Oberflächendichtungen oder bei
einer hydraulisch gebundenen Dichtung durch Setzungen im Untergrund erfolgen
kann, dann sind zweidimensionale Betrachtungen durchaus gerechtfertigt. Der sich
dadurch einstellende Durchsickerungszustand ist, wie in den Abschnitten zuvor gezeigt wurde, stark vom Deichsystem, der Fehlstellengröße sowie auch vom Durchlässigkeitsbeiwert kS des landseitigen Stützkörpers abhängig (vgl. Brauns 1977).
Die dreidimensionale Durchsickerung von Fehlstellen zeigt im Vergleich zu zweidimensionalen Betrachtungen zum einen eine reduzierte Höhe der Sickerlinie / fläche im landseitigen Dammbereich und zum anderen die in Abb. 6-32 (vgl. Abb.
6-33) skizzierte charakteristische räumliche Ausbreitung.
1
8
9
4
5
10
11
3
6
7
2
1
Wasserstand (OW)
2
Wasserstand (UW)
3
Hangquelle
4
Fehlstelle (dFS [m])
5
Sickerfläche im Deich
6
Innendichtung
7
Undurchlässige Deckschicht
8
Symmetrieebene
9
Sickerwasserhöhe (h1 [m])
10
Austrittshöhe (hA [m])
11
Einflusslänge (LE [m])
Abb. 6-32: Skizze eines Deiches mit Innendichtung und Fehlstelle und der Sickerwasseroberfläche im unterwasserseitigen Deichkörper
246
Die räumliche Ausbildung ist in dem Deichquerschnitt in Abb. 6-33 anhand der im
Abstand a [m] von der Fehlstellenachse auftretenden Sickerlinien dargestellt. Zum
Vergleich wurde die Sickerlinie beigefügt, die sich aus der zweidimensionalen Berechnung ergibt. Es ist zu erkennen, dass die Sickerlinie der 2D-Berechnung deutlich über der 3D-Berechnung in Fehlstellenachse (a = 0 m) liegt. Des Weiteren wird
der räumliche Einfluss deutlich, der sich in einer Abnahme der Höhenlage der Sickerlinie mit steigendem Abstand von der Fehlstellenachse niederschlägt. Bereits ab
ca. 20 bis 30 m Entfernung liegt die Sickerlinie ziemlich flach auf ähnlichem Höhenniveau, wie es sich ohne Fehlstelle einstellen würde.
Höhe [m]
Absunk in
Fehlstellenachse
3,0 m
4
3
2
1
0
a [m]: Abstand von
der Fehlstellenachse
3
Durchlässiger
Deichkörper
1
2D
(kDeich = 1,0•10-3 m/s)
Fehlstelle
3D
a [m]
0
5
10
15
(dFS = 10 cm)
20
3
30
1
Dichtung:
DDichtung = 0,50 m
kDichtung = 1,0•10-8 m/s
0
2
4
6
8
10
12 14 16
Deichlager [m]
Undurchlässiger Untergrund
18
20
22
24
26
28
Abb. 6-33: Deich mit Dichtung mit Fehlstelle und den Sickerlinien im unterwasserseitigen Deichkörper für unterschiedliche Abstände a von der Fehlstellenachse
Die Ausbildung der Sickerwasserfläche unterhalb einer Fehlstelle hängt neben dem
Fehlstellendurchmesser und der Geometrie des landseitigen Teils des Deiches auch
vom Deichmaterial ab. Deshalb wurde für unterschiedliche Fehlstellendurchmesser
dFS = 0,001 ÷ 0,1 m und zwei Durchlässigkeiten kS = 1·10-3 m/s und kS = 5·10-4 m/s
die entsprechende Sickerwasseroberfläche an einem Beispieldeich berechnet und als
mittlere Höhe der Sickerlinien hSL,m (Glg. 6-7) über den Abstand von der Fehlstellenachse a [m] in Abb. 6-34 dargestellt.
Die geringere Durchlässigkeit führt zu einer höheren Lage der landseitigen Sickerwasseroberfläche. Wie bereits bei der zweidimensionalen Betrachtung festgestellt,
nimmt die Durchsickerung mit kleiner werdenden Fehlstellendurchmessern ab. Dabei stellen sich eine Obergrenze, ab der der landseitige Deichkörper den Potentialabbau bestimmt, und eine Untergrenze ein, ab der die angenommene Fehlstelle undurchlässiger ist, als die angenommene Durchlässigkeit der Dichtung. Die Ober-
247
grenze befindet sich beim betrachteten Beispiel bei dFS > 0,1 m, die Untergrenze bei
dFS < 0,001 m.
Anzumerken bleibt, dass sich im näheren Bereich der Fehlstellenachse bei der dreidimensionalen Betrachtung im OW der Dichtung eine deutliche Absenkung in Fehlstellenachse einstellt, die bei den zweidimensionalen Betrachtungen (Abb. 6-29)
geringer ausfällt.
Aus Abb. 6-34 kann eine so genannte Einflusslänge LE [m] abgeschätzt werden. Als
Einflusslänge LE wird hier die Länge bezeichnet, ab der die Sickerwasseroberfläche
den von der Fehlstelle unbeeinflussten Verhältnissen entspricht, also keine Erhöhung der Sickerwasseroberfläche durch die Fehlstelle mehr zu verzeichnen ist. Die
Einflusslänge nimmt, abhängig von den eben genannten Parametern und dem
Deichsystem, eine maximale Größe an, die beim betrachteten Beispiel LE = 30 m
für kS = 5·10-4 m/s und LE = 24 m für kS = 1·10-3 m/s ist (Abb. 6-35).
0.30
10 cm
1 cm
Fehlstellendurchmesser
dFS
0.20
Durchlässigkeit
kS
0.15
cm
0.10
0.
0.05
2
0.6 cm
0.4 cm
0.2 cm
0.1 cm
1 10-3 m/s
5 10-4 m/s
Deichgeometrie:
BK = 3,0 m
HD = 4,0 m
m=3
10
Höhenverhältnis aSL,m [-]
0.25
hSL,m [m]: mittlere Höhe
der Sickerwasserfläche
im UW der Dichtung
cm
0.1 cm
0.00
0
10
20
30
40
50
Abstand von Fehlstellenachse a [m]
Abb. 6-34: Ausbreitung der Sickerwasserfläche hinter einer Dichtung mit Fehlstelle, dargestellt als Höhenverhältnis aSL,m für unterschiedliche Fehlstellendurchmesser aufgetragen über vom Abstand von der Fehlstellenachse
248
In Abb. 6-35 ist neben der Einflusslänge auch der Vergleich zwischen der mittleren
Höhe der Sickerlinie im unterwasserseitigen Bereich hSL,m von der zwei- und dreidimensionalen Berechnungen in Fehlstellenachse dargestellt. Bei maximal erreichbaren dreidimensionalen Durchsickerungsverhältnissen, d. h. bei Fehlstellengrößen
von dFS = 0,01 ÷ 0,1 m, erreichen die dreidimensionalen maximal 60 ÷ 75% der
zweidimensionalen mittleren Sickerlinienhöhen. Bei sehr kleinen Fehlstellendurchmessern dFS < 0,001 m erreichen die dreidimensionalen nur noch einen Bruchteil der zweidimensionalen Ergebnisse.
1.0
50
Höhenverhältnis 3D/2D (linke y-Achse)
Einflusslänge (rechte y-Achse)
1 10-3 m/s
5 10-4 m/s
1 10-3 m/s
5 10-4 m/s
0.8
Höhenverhältnis hSL,m,3D/hSL,m,2D [-]
45
0.7
40
35
0.6
30
0.5
25
0.4
20
Deichgeometrie:
BK = 3,0 m
HD = 4,0 m
m=3
0.3
Einflusslänge LE [m]
0.9
15
0.2
10
hSL,m [m]: mittlere Höhe
der Sickerwasserfläche
im UW der Dichtung
0.1
5
0.0
0
0.1
1
10
Fehlstellendurchmesser dFS [cm]
Abb. 6-35: Vergleich von 2D und 3D-Berechnung und Größe der Einflusslänge LE
in Abhängigkeit des Fehlstellendurchmessers dFS für einen Beispieldeich
mit zwei unterschiedlichen Durchlässigkeiten ks
Die Abnahme des Sickerwasservolumens bei der dreidimensionalen Betrachtung im
Vergleich zur zweidimensionalen Betrachtung ist auf die mögliche dreidimensiona-
249
le Ausbreitung des Sickerwassers zurückzuführen. Der Durchfluss der Fehlstelle,
der in etwa gleich bleibt, kann sich dreidimensional verteilen und wird nicht, wie im
bei zweidimensionalen Betrachtung, als über die Länge konstant angenommen.
6.7
Deich mit Drän
6.7.1
Allgemeines
Deiche haben in den meisten Fällen keinen Drän. Im Rahmen der Ertüchtigung von
Deichen werden häufig Anschüttungen aus grobkörnigem Material als Dränkörper
angeordnet, der gleichzeitig den Deichhinterweg aufnimmt (vgl. Abschnitt 3.3.2).
Die Lage der Sickerlinie im Bestandsdeich wird durch eine Anschüttung nicht verändert. Das hat zur Folge, dass die Anschüttungen ggf. bis zu ca. 2/3 der Deichhöhe, wenn stationäre Verhältnisse angesetzt werden, geführt werden müssen, um einen ungefilterten Austritt der Sickerlinie zu verhindern (siehe Abschnitt 6.4).
Weitaus wirksamer, wenn auch im Zuge von Ertüchtigungen oft nur unter enormem
Mehraufwand möglich, sind Kamin- oder Fußdräns, Dränteppiche oder Dränröhre,
die in den Deichkörper hineinreichen und so die Durchsickerung von der Böschungsoberfläche fernhalten.
6.7.2
Auswirkungen von Dräns
Verkürzt der Drän den mittleren Sickerweg, den das Wasser durch den undurchlässigeren Deichkörper zurücklegen muss, dann steigt die Sickerwassermenge mit den
hydraulischen Gradienten an. Das Beispiel in Abb. 6-36 zeigt, dass, sofern der Drän
ausreichend durchlässig ist, die durchströmten Bereiche des Deiches reduziert werden können, aber die Sickerwassermenge wie auch die lokal auftretende Gradienten
ansteigen (siehe Abb. 6-37).
Wie in Abb. 6-36 zu sehen ist, findet eine Verlagerung der Sickerlinie in den
Deichkörper erst bei relativ weit in den Deich reichenden Dränvorrichtungen von
statten. Die Sickerwassermengen werden bei einem Drän, der bis zur Deichachse
des betrachteten Deiches reicht, um das Dreifache erhöht (Abb. 6-37).
250
3,0 m
Höhe [m]
Drän 1 - 6
Sickerlinie (KC)
Sickerlinie (FF)
3
4
1 kein Drän
3
3
1
Durchlässiger
Deichkörper
2
1
6
(kDeich = 5,0 10-4 m/s)
0
5
4
6
8
10
12
1
(kDrän = 5,0 10-2 m/s)
(kUntergrund = 1,0 10-7 m/s)
2
2
3
Sehr durchlässiger Dränkörper (1 bis 6)
Undurchlässiger Untergrund
0
4
14
16
18
20
22
24
26
Deichlager [m]
Abb. 6-36: Lage der Sickerlinien in einem Beispieldeich mit Dränteppichen unterschiedlicher Länge
Da Deiche i. d. R. keine weit in den Deich reichenden Dränkörper aufweisen, wird
im Folgenden auch nicht näher auf sie eingegangen, sondern auf die entsprechende
Fachliteratur verwiesen (Poweleit 1989, Brauns u. Raju 1993, Kutzner 1996).
1600
Systemskizze:
kDrän >> kDeich
kDeich
HD h
W
1400
LDrän
1200
q/kDeich [l/m²]
BK
HU
1000
k= 0
ε [-]
800
600
400
LDeich
kUntergrund ≈ kDeich
KOZENY-CASAGRANDE
1,00
Numerische Berechnungen
1,00
Trendlinie der eigenen Berechnungen
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
0,75
kDeich = 5·10-4 m/s
200
kUntergrund = 1·10-3 m/s
0,50
kDrän = 5·10-2 m/s
0
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
LDrän/LDeich [-]
Abb. 6-37: Verhältnis von q/kDeich in Abhängigkeit des Verhältnisses von
LDrän/LDeich nach KC und numerisch berechnet (Beispiel)
251
6.8
Zusammenfassung
Kapitel 6 befasst sich ausschließlich mit der stationären Durchsickerung von
Damm- bzw. Deichbauwerken. Die dort erarbeiteten Erkenntnisse und durchgeführten Untersuchungen lassen sich, wie folgt, zusammenfassen:
1. Der Vergleich von bestehenden analytischen Verfahren ergibt, dass je nach
Deichgeometrie, ausgedrückt durch den Formfaktor f, das Verfahren nach
DACHLER die größten und das Verfahren nach PAVLOVSKY die niedrigsten stationären Durchsickerungszustände ergibt. Das Verfahren von
KOZENY-CASAGRANDE ermittelt i. Allg. mittlere Verhältnisse,
DACHLER-PAVLOSVSKY liegt dabei abhängig vom Einstaugrad ε ein
wenig über den Ergebnissen von KOZENY-CASAGRANDE. Mit fallendem
Einstaugrad ε und bei niedrigeren Formfaktoren nehmen die Unterschiede
zwischen den einzelnen analytischen Ansätzen ab (Abb. 6-6).
2. Der Einfluss der verschiedenen geometrischen Einflussgrößen – Kronenbreite BK, Böschungsneigung 1:m, Deichhöhe HD – sowie des Wasserstandes
bzw. Einstaugrads ε auf die stationären Durchsickerungsverhältnisse wurden
erläutert (Abb. 6-9, Abb. 6-13). Deicherhöhungen bei Beibehaltung der
Deichlagerbreite bewirken folglich eine Anhebung der Sickerlinie bei gleichem Einstaugrad.
3. Die Ergebnisse der numerischen Berechnung der stationären Durchsickerung liegen durchwegs über den Ergebnissen der analytischen Verfahren für
den Fall eines homogenen Deiches. Dies liegt zum einen an der Überschätzung der hydraulischen Gradienten im Einströmbereich und zum anderen an
der Annahme eines drucklosen Abflusses an der Hangquelle, wodurch die
Länge der Hangquelle in diesem Bereich ein wenig überschätzt werden kann
(vgl. Abb. 6-7 und Abb. 6-14). Für praktische Anwendungen wird es in der
Regel ausreichend sein, das Verfahren von KOZENY-CASAGRANDE zur
Abschätzung der Sickerlinie zu verwenden, da es zudem im Gegensatz zu
den anderen angeführten Verfahren eine einfach lösbare Gleichung bietet.
Bei höheren Wasserständen nahe Kronenstau, aber auch für den Fall, dass
eine verstärkte horizontale Durchsickerung, z. B. durch Wühltiergangsysteme, befürchtet werden muss, können bei Bedarf auch entsprechend andere
Verfahren verwendet oder numerische Berechnungen durchgeführt werden.
Aufgrund der geringen Unterschiede aller gezeigten Verfahren bei homoge-
252
nen Deichen können prinzipiell alle Verfahren zur Abschätzung der stationären Durchsickerung verwendet werden.
4. Niederschlagsereignisse können zu einer Erhöhung der stationären Sickerlinie führen. Bei den zu betrachtenden Niederschlagsintensitäten (Tab. 4-5)
sind die Auswirkungen auf die Durchsickerungsverhältnisse gering. Bei
Deichen geringer Höhe HD < 1,0 m und einer mittleren, maximalen Niederschlagsintensität von iN,m = 2 mm/h ergeben sich Erhöhungen von etwa 1%
(Abb. 6-16). Derartig kleine Erhöhungen können i. Allg. vernachlässigt
werden. Die Größe der prozentualen Erhöhung nimmt mit steigender Deichhöhe ab.
5. Bei Deichen auf durchlässigem Untergrund sucht sich das Sickerwasser mit
zunehmender Untergrundmächtigkeit verstärkt seinen Weg durch den Untergrund. Im betrachteten Beispiel beträgt die maximale Abnahme der mittleren Höhe der Sickerlinie in etwa 20%. Diese Reduktion wird bei einer Untergrundmächtigkeit erreicht, die in etwa der zweifachen Deichhöhe entspricht (Abb. 6-18). Eine Vergrößerung der Untergrundmächtigkeit wirkt
sich nach Überschreiten einer Grenze nicht mehr auf die Durchsickerung im
Deich aus.
6. Die Wirksamkeit von vollkommenen Dichtungen hängt im Wesentlichen
vom Verhältnis der Durchlässigkeit des angrenzenden Bodens und der Dichtung kDeich/kDichtung ab. Beispielhaft wird für Deiche mit Innendichtung und
Oberflächendichtung die Durchsickerungsmenge q [l/sm] für unterschiedliche Verhältniswerte auf analytischen und numerischen Wege ermittelt (Abb.
6-23). Die Betrachtungen wurde für Verhältniswerte kDeich/kDichtung < 105
durchgeführt. Mit zunehmendem Verhältnis steigt die Durchsickerungsmenge unterproportional an.
7. Für Deiche mit einer Vegetationsdecke werden in Abb. 6-25 in Abhängigkeit vom Durchlässigkeitsverhältnis kVD/kDeich der Sickerwasserdurchfluss
gezeigt. Unter der Berücksichtigung von in der Praxis minimal anzutreffenden Durchlässigkeiten von Vegetationsdecken von kVD,min = 10-5 m/s und
angenommenen, extremen Deichbodendurchlässigkeiten von kDeich,max = 10-2
m/s sind bei der hier betrachteten Dicke von 20 cm die Wirkungen auf die
stationäre Durchsickerungsmenge relativ gering (Abb. 6-24). Für durchschnittliche Verhältnisse wird das Verhältnis kVD/kDeich jedoch in etwa einen
253
Wert von 10 annehmen. Dann können die Einflüsse praktisch vernachlässigt
werden.
8. Die Unterströmung von unvollkommenen Dichtungen führt dazu, dass die
Durchströmung des landseitigen Deichkörpers nur unwesentlich reduziert
wird. Auch bei weitgehender Abdichtung – hier wurde eine Abdichtung bis
zu 90% des Untergrundes betrachtet – stellt sich immer noch eine deutliche
Durchsickerung des landseitigen Deichkörpers ein (Abb. 6-28). Unvollkommene Abdichtungen tragen folglich, wie auch hier gezeigt wird, nur gering zur Reduzierung der Durchsickerung bei.
9. Fehlstellen in Dichtungen wurden zweidimensional und dreidimensional betrachtet. Dabei wurde festgestellt, dass die Höhenlage der Fehlstellen einen
relativ geringen Einfluss auf die stationären Durchsickerungszustände hat
(Abb. 6-29). Wesentlichen Einfluss hat die Fehlstellengröße selbst. Diese
beeinflusst die stationären Durchsickerungsverhältnisse lediglich innerhalb
einer bestimmten Spanne des Fehlstellendurchmessers zwischen der Untergrenze dFS,min , d. h. die angenommene Fehlstelle ist undurchlässiger als die
Dichtung , und der Obergrenze dFS,max, d. h. die Fehlstelle lässt die Dichtung
weitgehend unwirksam werden und der Dammkörper hinter der Dichtung
übernimmt den Potentialabbau. Dieser Bereich kann für die untersuchten
Deichsysteme zwischen 0,001 < dFS < 0,01 m angegeben werden (Abb.
6-30). Bei Fehlstellen mit dFS > 0,01 m tritt zweidimensional nur noch eine
geringe Abminderung der Sickerwasserverhältnisse auf (Abb. 6-29). Vergleichende Betrachtungen mit vollkommenen Dichtungen (Abb. 6-23) erlauben den Schluss, dass schon geringe Fehlstellengrößen von dFS = 0,05 cm
und dFS = 0,1 cm eine effektive Erhöhung der Durchlässigkeit der hier betrachteten Dichtung mit kDichtung = 10-8 m/s von 10 bis 100 bewirken können
(Abb. 6-31). Die dreidimensionale Betrachtung zeigt, dass die räumliche
Ausbreitung des durch die Fehlstelle dringenden Wassers eine deutliche Reduzierung der Höhelage des Sickerwassers im landseitigen Dammkörper zur
Folge hat. Die resultierende Höhenlage liegt bei den betrachteten Fällen in
Fehlstellachse bei 60% und 75% der zweidimensionalen Betrachtungen. Die
durch die Fehlstelle erhöhte Sickerwasseroberfläche breitet sich gemessen
von Fehlstellenachse mit der Einflusslänge LE = 24 m (kDeich = 10-3 m/s) und
30 m (kDeich = 5·10-4 m/s) symmetrisch in beide Richtungen aus (Abb. 6-34,
Abb. 6-35).
254
10. Die Betrachtung eines Beispieldeichs mit Drän zeigt, dass nur durch weit in
den Deichkörper reichende Dränkörper die Lage der Sickerlinie von der Böschungsoberfläche weg verlagert werden kann (Abb. 6-36), was gleichzeitig
eine Erhöhung der anfallenden Sickerwassermenge und der hydraulischen
Gradienten nach sich zieht. Bei Dräns, die weit bis zu LDrän/LDeich = 0,50 in
den Deich reichen, stellt sich je nach Einstaugrad eine Vervielfachung der
Durchsickerungsmenge ein (Abb. 6-37).
255
7
Instationäre Durchsickerung von Deichen
7.1
Allgemeines
Bei der Ermittlung von instationären Durchsickerungszuständen haben neben den
geotechnischen und geometrischen Eigenschaften des Deichsystems die Charakteristika der Wasserstandsganglinie, also
-
die absolute Größe des Abflusses bzw. des Wasserstandes,
-
die Steig- und Sinkgeschwindigkeit des Wasserstandes und
-
die Dauer des Ereignisses
einen wesentlichen Einfluss (vgl. Abschnitt 4.1).
Während für die Standsicherheit der landseitigen Böschung entscheidend ist, wie
schnell und wie weit sich die Sickerfront im Inneren eines Deiches ausbreitet und
ggf. an der landseitigen Böschung austritt oder in einem Drän gefasst wird, kann die
wasserseitige Böschung bei schnell fallendem Wasserstand eine Rückströmung erfahren, wodurch ihre Standsicherheit gefährdet werden kann. Deshalb ist dieser Belastungszustand in der DIN 19712/1997 besonders berücksichtigt:
„Für die Standsicherheit der wasserseitigen Böschung kann der fallende Wasserspiegel kritisch sein. Hierzu wird aus der Sickerlinie ... die Lage der Sickerwasseroberfläche nach [Abb. 7-1]... abgeschätzt. In Einzelfällen können genauere Nachweise erforderlich werden, bei denen die Wechselwirkung zwischen der Absinkgeschwindigkeit des Flusswasserspiegels, der Lage der Sickerlinie im Deichkörper bei
HWB und der Durchlässigkeit berücksichtigt wird.“ (DIN 19712/1997, Abb. 7-1)
Die Belastung der wasserseitigen Böschung bei „schnell fallendem Wasserstand“
wird in DIN 19712/1997 nicht explizit einem Lastfall zugeordnet. Wie jedoch bereits in Abschnitt 4.3 erläutert wurde, ist der fallende Wasserstand bei Deichen
i. d. R. ein natürliches Phänomen, so dass er im Zuge möglicher Einstauszenarien
sowohl nach Erreichen des BHW (Lastfall 2) als auch nach dem Kronenstau (Lastfall 3) auftritt.
256
Durchlässiger
Deich
Wst. 1
hW
Wst. 2
hW/3
Sickerlinie bei HW max
vAB
Sickerlinie bei HW
S
UW
Undurchlässiger Untergrund
S: Strömungskraft [kN/m] Wst. 1: Scheitelwasserwasserstand [m]
hW: Einstauhöhe [m]
Wst. 2: Wasserstand nach Rückgang [m]
vAB: Abstiegsgeschwindigkeit [cm/h]
UW: Unterwasserstand [m]
Abb. 7-1: Durchsickerungszustand bei fallendem Wasserspiegel (nach
DIN 19712/1997)
Der in DIN 19712/1997 angegebene Bemessungszustand, in dem der sinkende
Wasserstand vor dem Deich ein Drittel des Bemessungshochwasserstandes betragen
kann, ist zwar sicherlich eine ungünstige Annahme, kann allerdings im Einzelfall
dennoch auf der unsicheren Seite liegen. Es ist deshalb praktikabel und weitaus sicherer, die in Abschnitt 7.3 angegebenen Abschätzungsverfahren zu beachten und
bei Bedarf eine instationäre Durchsickerungsberechnung durchzuführen. Bei fehlender oder unsicherer Datenlage können stets Annahmen auf der sicheren Seite
liegende Annahmen getroffen werden.
7.2
Steigender Wasserstand – Belastung der landseitigen Böschung homogener Deiche
Scheuermann (2005) führt in seiner Arbeit die gängigen Ansätze zur Abschätzung
der instationären Durchsickerung an, so dass innerhalb dieser Arbeit auf eine ausführliche und umfassende Schilderung verzichtet werden kann. Es werden im Folgenden lediglich drei analytische Ansätze beschrieben, die für die eigenen Berechnungsergebnisse als Vergleich herangezogen werden sollen.
7.2.1
Analytische Ansätze
Der einfachste Ansatz zur Abschätzung der instationären Durchsickerung resultiert
aus der Betrachtung der eindimensionalen Verhältnisse nach DARCY mit der
DUPUIT-FORCHHEIMER-Annahme (siehe Abschnitt 2.5.3). Dieses Verfahren ist
unabhängig von der Deichgeometrie. Brauns (in Scheuermann 2005) verwendet, um
die Geometrie von Deichen zu berücksichtigen, als Sickerweg nicht mehr die horizontale Ausbreitungslänge, sondern eine mittlere Sickerweglänge zur Abschätzung
des hydraulischen Gradienten. Dabei berücksichtigt er die Neigung der wasserseiti-
257
gen Böschung mW. Die Durchsickerungszeit ergibt sich folglich durch Einsetzen
folgender geometrischer Beziehung für die mittlere Sickerweglänge xm [m] (Glg.
7-1) anstelle von x in Glg. 2-47:
2
h
h


xm =  x − w ⋅ mw  + W
2
4


2
Glg. 7-1
hW
Wasserstand vor dem Deich [m]
1:mW
Neigung der wasserseitigen Böschung [-]
x
horizontale Fließstrecke bzw. Fließstrecke an der Deichsohle [m]
Erb (1965) betrachtet in seinen Untersuchungen Wasservolumina und somit indirekt
die durchsickerten Querschnittsflächen. Bei der Berechnung des zeitlichen Fortschritts der Durchsickerungsfront verwendet er mittlere Verhältnisse für den hydraulischen Gradienten und die durchsickerten Flächen und kommt damit dem Ansatz von BRAUNS sehr nahe. Aufgrund der Flächenbetrachtung ist mit dem Verfahren von Erb (1965) auch die Möglichkeit verbunden, die für das Erreichen von
vorgegebenen Sickerlinien benötigten Zeitspannen abzuschätzen (vgl. Abschnitt
7.2.2). Näheres, auch die Anwendungsgrenzen, kann Scheuermann (2005) entnommen werden.
Üblicherweise wird bei den analytischen Verfahren ein über die Zeit konstanter
Luftporenanteil na bzw. ein effektiver Porenanteil ne (Cedergren 1977, Mull u. Holländer 2002, vgl. Abschnitt 2.1.3) als Eingangsgröße verwendet. Da in der Natur i.
d. R. nur restfeuchte Böden vorkommen und während des Durchsickerungsvorgangs der dafür zur Verfügung stehende Porenraum gefüllt wird, stellt dies natürlich
eine grobe Vereinfachung dar.
In Abb. 7-2 ist die zur Ausbreitung einer instationären Feuchtefront in Deichen benötigte Referenzdurchströmzeit t* [h] in Abhängigkeit von der gesättigten Deichbodendurchlässigkeit kS und von der relativen Ausbreitungsgeschwindigkeit x/h dargestellt (vgl. Cedergren 1977). Während der eindimensionale Ansatz nach DUPUIT
unabhängig von der Geometrie ist, hängt die Ausbreitungszeit nach BRAUNS, wie
bereits erwähnt, von der wasserseitigen Neigung ab. Für Einstauhöhen, die von hw*
= 1,0 m abweichen, kann die Durchsickerungszeit t [h] durch Multiplikation der
betrachteten, tatsächlichen Einstauhöhe hw [m] mit der Referenzdurchströmzeit t*
258
bezogen auf die Referenzeinstauhöhe hw* = 1,0 m hochgerechnet werden (Cedergren 1977):
t=
hw *
⋅t
h *w
hw
Einstauhöhe [m]
hw*
Referenzeinstauhöhe [m] (hier: hw* = 1,0 m, vgl. Abb. 7-2)
t*
Referenzdurchströmzeit [h] (ablesbar aus Abb. 7-2)
10000.0000
1
DUPUIT-FORCHHEIMER-Annahme
(vz ≈ 0)
1000.0000
100.0000
Referenzdurchströmzeit t* [h]
Glg. 7-2
28 d
7d
1d
10.0000
h
x/
1.0000
x/h
=
10
=
hw* = 1,0 m
na = 0,30
5
1
0.1000
h
x/
=
1D nach DARCY
BRAUNS (m=2,0)
BRAUNS (m=3,0)
ERB (m=2,0)
2
0.0100
0.0010
h
m
1
h/2
x
0.0001
1.E-01
instationäre
Feuchtefront
xm nach
BRAUNS
1.E-02
1.E-03
1.E-04
1.E-05
1.E-06
1.E-07
Durchlässigkeit kS [m/s]
Abb. 7-2: Instationäre Durchsickerung bzw. Referenzdurchströmzeit t* von Deichen
auf undurchlässiger Untergrundschicht für drei unterschiedliche Ansätze
für die Referenzeinstauhöhe hw* = 1,0 m über der Durchlässigkeit kS
(nach Cedergren 1977)
259
Eine andere, allgemeingültige Darstellung (Abb. 7-3) unter Zuhilfenahme der dimensionslosen Durchfeuchtungszeit T [-] aufgetragen über der relativen Sohlausbreitung x/h [-] (vgl. Glg. 7-3, Scheuermann 2005) erlaubt, wie auch Abb. 7-2, einen Vergleich von unterschiedlichen analytischen Verfahren.
T=
kS ⋅ t
ne ⋅ hW
kS
gesättigte Durchlässigkeit [m/s]
t
Durchfeuchtungszeit [s]
ne
effektive Porosität [-]
hW
Einstauhöhe bzw. Wasserstand vor dem Deich [m]
Glg. 7-3
Der eindimensionale Ansatz nach DARCY mit der DUPUIT-FORCHHEIMERAnnahme ergibt naturgemäß im Vergleich zu den hier angeführten Verfahren von
ERB und BRAUNS bei ansonsten gleichen Randbedingungen die langsamste
Durchsickerung, da die anderen Verfahren durch die Berücksichtigung geometrischer Größen eine reduzierte mittlere Sickerweglänge verwenden, was u. a. zu höheren mittleren hydraulischen Gradienten und Fließgeschwindigkeiten führt.
Anzumerken bleibt, dass die Ansätze von ERB und BRAUNS einen möglichen
Austritt der Sickerlinie auf der landseitigen Böschung sowie eine flächige Ausbreitung der Sickerlinie nicht abbilden, was ihre Anwendbarkeit natürlich einschränkt.
Eine Abschätzung bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die Durchsickerung den landseitigen Deichfuß erreicht, ist unter Beachtung der vereinfachten Annahmen aber möglich. Die Abnahme der hydraulischen Gradienten mit der Zeit bei fortschreitender
Durchsickerung wird bei den genannten Verfahren nicht berücksichtigt. Im Vergleich zu realen Verhältnissen wird so die Durchsickerungsgeschwindigkeit anfangs
unterschätzt und bei fortschreitender Durchsickerung zunehmend überschätzt.
260
100.0
1
DUPUIT-FORCHHEIMER-Annahme
(vz ≈ 0)
BRAUNS m = 1,5
dimensionslose Durchfeuchtungszeit T [-]
BRAUNS m = 2,0
BRAUNS m = 2,5
BRAUNS m = 3,0
10.0
1
1D nach DARCY
ERB m = 3,0
ERB m = 2,5
ERB m = 2,0
ERB m = 1,5
1.0
instationäre
Feuchtefront
xm nach
BRAUNS
m
h
1
h/2
x
0.1
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
relative Sohlausbreitung x/h [-]
Abb. 7-3: Dimensionslose Durchfeuchtungszeit T über der relativen Sohlausbreitung x/h eines Deiches auf undurchlässiger Untergrundschicht für plötzlichen Einstau nach drei analytischen, eindimensionalen Verfahren (vgl.
Scheuermann 2005)
7.2.2
Zeitbedarf zum Erreichen stationärer Verhältnisse
Stationäre Verhältnisse werden nur dann erreicht, wenn ein ausreichend langer Einstau auftritt. Erb (1965) führt eine einfache Abschätzung unter den Annahmen
durch, dass die Sickerlinie eine Parabel darstellt, die mittlere Einströmfläche 2/3·HD
[m²/m] beträgt und eine mittlere Sickerweglänge Lm [m] verwendet werden kann.
Die mittlere Sickerweglänge Lm wird hier in vereinfachender Weise überschlägig
etwas zu groß mit dem Parameter d [m], dem Abstand vom Parabelanfang bis zum
landseitigen Deichfuß, nach dem Verfahren von KOZENY-CASAGRANDE für
stationäre Verhältnisse abgeschätzt (siehe Abb. 6-3, S. 217).
261
Erb (1965) betrachtet die Wasservolumina, die aufgrund des effektiven Porenanteils
ne [-] bzw. des Luftporenanteils na [-] im Deich gespeichert werden können und die
aufgrund des Einstaus und des dadurch auftretenden mittleren hydraulischen Gefälles in den Deich eindringen können. Der Ansatz von Erb (1965) zur Abschätzung
der Dauer tstat., die benötigt wird, bis sich stationäre Zustände einstellen, ist in Glg.
7-4 angegeben:
t stat . =
na ⋅d2
kS ⋅ h W
Glg. 7-4
tstat.
Zeit, bei der stationäre Durchsickerungsverhältnisse auftreten [s]
na
luftgefüllter Porenanteil [-]
d
mittlere Sickerweglänge (KC-Annahme!) [m]
hW
Höhe des Einstaus [m]
kS
gesättigte Durchlässigkeit [m/s]
In Abb. 7-4 wird tstat. nach dem Ansatz von Erb (1965) (vgl. Glg. 7-4) für einen Beispieldeich berechnet und mit dem eindimensionalem Ansatz nach DARCY (mit D.F.-Annahme49) verglichen. Während für kleine Deichhöhen bzw. Wasserstände
DARCY geringere Zeiten erzielt, erhält Erb (1965) bei steigender Deichhöhe die
geringeren Zeiten. Der Vergleich hinkt jedoch ein wenig, da mit DARCY nicht die
Zeit für das Erreichen einer stationären Sickerlinie, sondern die Durchlaufzeit tL [h]
abgeschätzt wird. Die Durchlaufzeit entspricht der Zeit, welche die Durchsickerungsfront braucht, um die Länge des Deichlagers LD [m] zu durchlaufen.
Im Vergleich zur Durchlaufzeit nach DUPUIT werden bei kleinen Deichen die stationären Verhältnisse nach ERB, wie bereits gesagt, später erreicht. Bei hohen Deichen ist dies umgekehrt. Das liegt daran, dass mit zunehmender Deichhöhe bei
gleich bleibender Kronenbreite BK der Einfluss der wasserseitigen Böschung größer
wird. Der mittlere, von Erb (1965) angenommene Sickerweg wird mit zunehmender
_________________________
49
In dieser Arbeit wird der eindimensionale, instationäre Durchsickerungsansatz ohne Berücksichtigung spezieller
Einström- und Ausströmbedingungen bzw. der besonderen Deich- und Dammgeometrie als DARCY-Ansatz unter Berücksichtigung der DUPUIT-FORCHHEIMER-Annahme (D.-F.-Annahme) bezeichnet.
262
Böschungslänge in Relation zur Länge des Deichlagers LD kürzer, die mittleren
hydraulischen Gradienten größer und die Durchsickerungszeit tstat. kürzer. Bei einem
Deich mit HD = 5,0 m, m = 2 und BK = 3,0 m ist tstat. nach ERB und DARCY identisch (Abb. 7-4).
stationäre Durchströmzeit tstat. bzw. Durchlaufzeit tL [h]
100000.00
1D nach DARCY1 (Punkt A)
1D-stationär nach Erb (1965)
10000.00
365 d
Annahme:
plötzlicher Einstau
bis zur Krone
112 d
1000.00
100.00
28 d
7d
BK = 3,0 m
m = 2,0
ε = 1,0
n = ne (Abb. 7-15)
1d
10.00
HD
[m]
1
50
1.00
BK
10
HD h
0.10
W
1
Erb (1965)
m
1
m
1D (DARCY1)
A
d
LD
1
0.01
1.E-01
DUPUIT-FORCHHEIMER-Annahme
(vz ≈ 0)
1.E-02
1.E-03
1.E-04
1.E-05
1.E-06
1.E-07
Durchlässigkeit kS [m/s]
Abb. 7-4: Zeit bis zum Erreichen der stationären Verhältnisse tstat. nach Erb (1965)
im Vergleich mit der Durchlaufzeit tL für unterschiedliche Deichdurchlässigkeiten ks eines homogenen Deiches bei plötzlichem Einstau
In Abb. 7-5 wird tstat. nach ERB mit tstat. aus numerischen Berechnungen verglichen.
Das Erreichen des stationären bzw. quasi-stationären Zustands bei den numerischen
Berechnungen wird zu dem Zeitpunkt festgelegt, an dem die Sickerlinie 98% ihrer
maximalen Wasserdruckhöhe für t Æ ∞ erreicht hat. Es werden Deichhöhen von HD
= 2,0 und 4,0 m betrachtet. Als Ausgangssättigung S0 [-] wird die Sättigung bei der
Feldkapazität SFK und die Sättigung beim permanenten Welkepunkt SPWP angesetzt.
Betrachtet werden die Böden und deren entsprechende geohydraulische Bodenpa-
263
rameter aus Abschnitt 4.5 (siehe Tab. 4-8, Tab. 4-9 und Tab. 4-10). Die Berechnungen zeigen, dass bei großen Durchlässigkeiten, hier z. B. kS > 1·10-3 m/s, kein entscheidender Unterschied aufgrund der unterschiedlich gewählten Ausgangssättigungen auftritt. Dieser nimmt aber mit abnehmender Durchlässigkeit stetig zu. Bei
der Annahme einer Ausgangssättigung im Bereich der Feldkapazität liegt der eindimensionale Ansatz nach Erb (1965) über den numerischen Berechnungen. Dies
tritt bei Annahme des permanenten Welkepunkts als Ausgangssättigung erst ab einer Durchlässigkeit kS = 10-4 ÷ 10-5 m/s auf. Während der Verlauf der zwei berechneten Kurven für S0 = SFK dem Verlauf der analytischen Kurven entspricht, trat bei
der Annahme einer noch geringeren Ausgangssättigung von S0 = SPWP das Erreichen der stationären Verhältnisse mit abnehmender Durchlässigkeit wesentlich verzögert ein.
100000
Erb (1965)
num. Ber. 2 m SFK
num. Ber. 2 m SPWP
num. Ber. 4 m SFK
num. Ber. 4 m SPWP
SPWP
HD = 4,0 m
stationäre Durchströmzeit tstat. [h]
10000
365 d
112 d
1000
numerische Berechnungen
1D-stationär nach Erb (1965)
28 d
SFK
7d
100
HD = 2,0 m
1d
10
0
4,
0
2,
1
1.E-03
Deichkenngrößen:
BK = 3,0 m
m = 2,0
ε = 1,0
n = ne (für 1-dim.) (ne siehe Abb. 7-15)
Ausgangssättigungen S0:
SFK: S0 = Feldkapazität
SPWP: S0 = Permanenter Welkepunkt
m
m
Annahme:
plötzlicher Einstau bis zur Krone
1.E-04
1.E-05
1.E-06
1.E-07
Durchlässigkeit kS [m/s]
Abb. 7-5: Stationäre Zeit tstat. nach Erb (1965) im Vergleich mit numerischen Berechnungen bei plötzlichem Einstau (vAN →∞)
Dafür ist das für die unterschiedlichen Böden spezifische Saugspannungsverhalten
verantwortlich. Während bei hohen Durchlässigkeiten, wie bei Kiesen und Sanden,
die Saugspannungskurven sehr flach verlaufen, also die Böden bei geringer Wasserdruckänderung bereits eine hohe Sättigungsänderung erfahren und somit auch
264
schnell eine hohe relative Durchlässigkeit KR erreichen, bedarf es bei den undurchlässigeren Böden, wie Schluffen und Tonen, einer großen Druck- bzw. Saugspannungsänderung, um hohe Werte der relativen Durchlässigkeit KR zu erhalten. Daraus kann gefolgert werden, dass die bei S0 = SPWP im Vergleich zu S0 = SFK erhöhten Saugspannungen, die als hydraulisches Potential eine Vergrößerung des hydraulischen Gradienten bewirken, weniger stark beschleunigend wirken, als die relative
Durchlässigkeit verzögernd wirkt (Abb. 7-5).
Die Annahme eines plötzlichen Einstaus vernachlässigt die Einsickerung, die bereits während des allmählich steigenden Wasserstandes eintritt. Die Durchsickerungszeit bis zum Erreichen der stationären Durchfeuchtung tstat. tritt bei Berücksichtigung des allmählichen Anstiegs des Wasserstands abhängig von der Anstiegsgeschwindigkeit vAN [cm/h] entsprechend später ein. Für unterschiedliche Deichdurchlässigkeiten wird vereinfachend die Durchlaufzeit50 tL [h] anhand zweier Deiche unterschiedlicher Höhe betrachtet. Unter Zuhilfenahme einer iterativen Lösung
für den eindimensionalen Durchsickerungsansatz nach Erb (1965) werden Anstiegsgeschwindigkeiten vAN = 0,01 bis 1,0 m/h betrachtet (Abb. 7-6). Die Verwendung der Durchlaufzeit tL liegt hierbei auf der sicheren Seite, was auch daran zu
sehen ist, dass die entsprechenden Geraden für vAN Æ ∞ unter denen für tstat. nach
Erb (1965) liegen.
Die Kurven, welche die unterschiedlichen Anstiegsgeschwindigkeiten berücksichtigen, nähern sich je nach Anstiegsgeschwindigkeit und Deichdurchlässigkeit unterschiedlich rasch an die Kurven für vAN Æ ∞ an. Dies spiegelt die Tatsache wieder,
dass die Einstauzeit in Relation zur Durchlaufzeit einen verschwindend kleinen Anteil annimmt.
Anhand der in Abb. 7-6 dargestellten Zusammenhänge lässt sich auch in Anbetracht
dessen, dass die Anstiegsgeschwindigkeiten vAN [m/h] durchaus realistische Größen
darstellen (vgl. Abschnitt 4.1), vereinfachend aussagen, dass bei Durchlässigkeiten
von kS < 10-6 m/s und undurchlässiger keine merkbare Verzögerung durch allmählichen Einstau eintritt. An Gewässern mit schnellen Anstiegsgeschwindigkeiten
vAN > 0,10 m/h ist dies bereits bei einer Durchlässigkeit von kS = 10-5 m/s und un_________________________
50
Die Durchlaufzeit tL ist die Zeit, die die Durchfeuchtungsfront braucht, um vom wasserseitigen bis zum landseitigen
Deichfuß zu sickern. Eindimensional entspricht dies physikalisch der Durchsickerung einer horizontalen restfeuchten
Bodensäule mit der Länge des Deichlagers LD [m] nach DARCY mit D.-F.-Annahme.
265
durchlässiger der Fall. Für ganz schnelle Anstiegsgeschwindigkeiten vAN > 0,50 m/h
erhöht sich entsprechend die Durchlässigkeit auf kS = 10-4 m/s und undurchlässiger.
Die Aussagen gelten natürlich nur für die betrachteten Deiche, eine Übertragung auf
andere Systeme ist jedoch in grober Abschätzung sicherlich möglich. Anzumerken
verbleibt noch, dass diese iterative eindimensionale Betrachtung die Durchlaufzeit
tL abschätzt. Das bedeutet, dass die Sickerlinie bereits am landseitigen Deichfußpunkt austritt, wenn der Wasserstand die Kronenhöhe noch nicht erreicht hat. Deswegen sind in Abb. 7-6 zusätzlich für unterschiedliche Anstiegsgeschwindigkeiten
vAN die jeweiligen Anstiegszeiten tAN eingetragen.
Systemskizze:
stat. Durchströmzeit tstat. und Durchlaufzeit tL [h]
hW
1
BK
hW [m]
m
stat. Sickerl
.
m
1
HD
tstationär
tAN
10000.00
iterative 1D-Berechnung
(nach ERB)
112 d
1000.00
tAN;0,01m/h
28 d
4,0 m
2,0 m
7d
100.00
tAN;1,00m/h
vAN = 0,01 m/h
4,0 m
tAN;0,10 m/h
2,0 m
10.00
t [h]
BK = 3,0 m
m = 2,0
ε = 1,0
na = 0,25 (const.)
vAN = hW/tAN
1d
vAN = 0,10 m/h
4,0 m
2,0 m
vAN = 1,00 m/h
1.00
Gl. 7-3 nach Erb (1965)
0.10
HD = 4,0 m
HD = 2,0 m
Kronenstau
vAN → ∞
(plötzlicher Einstau)
0.01
1.E-01
1.E-02
1.E-03
1.E-04
1.E-05
1.E-06
1.E-07
gesättigte Durchlässigkeit kS [m/s]
Abb. 7-6: Durchlaufzeit tL (iterativ nach ERB) und stationäre Zeit tstat. nach Erb
(1965) für unterschiedliche Durchlässigkeiten kS bei plötzlichem Einstau
(vAN →∞) und allmählichem Einstau (vAN ≤ 1,00 m/h) für Deiche der
Höhe 2,0 m und 4,0 m
Die ermittelten Durchlaufzeiten tL sind bereichsweise geringer als die Kronen-
266
einstauzeiten. Somit kann zur Abschätzung von tstat. abhängig von kS und vAN die
Kroneneinstauzeit bzw. Anstiegszeit tAN verwendet werden.
κ-Abschätzung zur Beurteilung der Durchsickerung von homogenen
Deichen während des steigenden Astes der Wasserstandsganglinie
7.2.3
Der Ähnlichkeitsfaktor κ [-], der in der Literatur normalerweise bei der Beurteilung
von Rückströmungsvorgängen in wasserseitigen Dammkörpern bei fallendem Wasserstand Verwendung findet (vgl. Abschnitt 7.3), kann auch zur Beurteilung der
Durchsickerung beim steigendn Ast herangezogen werden. Mit κ kann anhand der
folgenden Untersuchung abgeschätzt werden, ob bei allmählichem Einstau eines
Deiches eine vollständige Durchsickerung eintritt. Die in Glg. 7-5 dargestellte Ungleichung beruht auf den in Abb. 7-7 angegebenen Ergebnissen der Berechnungen
an einem Beispieldeich mit HD = 2,0 m und 4,0 m.
κ=
kS
≥ 100 ÷ 1.000
n e ⋅ v AN
Glg. 7-5
κ > 100 ÷ 1.000: mit dem Einstau auftretende vollständige Durchsickerung
kS
gesättigte Durchlässigkeit [m/s]
ne
effektive Porosität [-]
vAN
Anstiegsgeschwindigkeit des Wasserstands [m/s]
(1 cm/h = 2,78·10-6 m/s)
Es ist zu erkennen, dass ab κ > 100 zum Zeitpunkt tAN die gesättigte Fläche a’sat die
für t Æ ∞ eintretende, stationäre Sättigungsfläche annimmt. Bei den Betrachtungen
werden Anstiegsgeschwindigkeit von vAN = 0,10 ÷ 40 cm/h und Deichdurchlässigkeiten von kS = 1·10-3 ÷ 1·10-7 m/s untersucht.
Wird die Anstiegsgeschwindigkeit vAN über die gesättigte Durchlässigkeit aufgetragen, erhält man unter Verwendung des in Glg. 7-5 angegebenen Kriteriums den in
Abb. 7-8 dargestellten Zusammenhang. Bei kleinen Anstiegsgeschwindigkeiten
werden Deiche mit Durchlässigkeiten von kS = 10-6 ÷ 10-5 m/s simultan mit dem
Anstieg vollständig durchsickert. Mit abnehmender Durchlässigkeit können auch
schnell ansteigende Wasserstandsganglinien eine simultane, vollständige Durchsickerung verursachen. Bei Deichen mit Durchlässigkeiten von kS = 10-3 ÷ 10-2 m/s,
267
i. d. R. sind dies kleinere homogene, ggf. beschädigte „Altdeiche“, tritt auch bei
relativ hohen Anstiegsgeschwindigkeiten von vAN > 10 cm/h eine simultane Durchsickerung ein.
Systemskizze:
BK
hW [m]
hW
tAN
1.0
m
stat. Sickerl.
m
1
1
HD
t [h]
a'Sat = Fläche unterhalb Sickerlinie nachbei
t
1
asat,stat.(HD=4,0m) = 0,92
0.7
HD = 2,0 m
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m = 3,0
εmax = 1,0
0.6
kS = 2·10-2 ÷ 10-8 m/s
0.9
1
a'Sat [-]
0.8
asat,stat.(HD=2,0m) = 0,88
0.5
(Weitere Bodenkennwerte:
siehe Kapitel 4)
0.4
1
nach KOZENYCASAGRANDE
0.1
0.0
0.10
1.00
10.00
κ = 1000
0.2
κ = 100
κ = 200
0.3
100.00
1000.00
10000.00
Ähnlichkeitsfaktor κ [-]
Abb. 7-7: Gesättigter Flächenanteil a’sat nach Anstieg der Ganglinie bis zur Krone,
aufgetragen über dem Ähnlichkeitsfaktor κ für zwei Beispieldeiche
Da allerdings nur zwei Deichsysteme auf undurchlässiger Untergrundschicht untersucht wurden, sollte eine Abschätzung auf der sicheren Seite mit höheren κ-Werten
von κ = 200 ÷ 1.000 erfolgen.
Diesen Zusammenhang veranschaulicht auch Tab. 7-1. Für die Ganglinien I bis VII
(siehe Abschnitt 4.1.5) sind die entsprechenden κ-Werte aufgetragen. Die schattierten Bereiche sind Belastungsszenarien, in denen gleichzeitig mit dem Einstau eine
vollständige Durchsickerung eintritt. Bei den weißen Feldern ist dies für die betrachteten Deichsysteme nicht der Fall. Bei der Abschätzung der instationären
Durchsickerung wird im Folgenden der hinsichtlich der Durchsickerung nicht bekannte Bereich (weiße Felder) genauer betrachtet.
268
Systemskizze:
BK
hW [m]
hW
tAN
m
stat. Sicke
rl.
m
1
HD
1
t [h]
Quasi stationär
Eingeschränkt
Gre
nzg
era
de
100.00
Eingeschränkte
Durchsickerung
vAN = hW /tAN [cm/h]
10.00
Ab
ne
hm
en
d
Zu
ne
hm
1.00
en
d
0.01
1.E-07
1.E-06
00
vollständige
(quasi stationäre)
Durchsickerung
10
=
κ
κ
κ
=
=
20
10
0
0
0.10
1.E-05
1.E-04
1.E-03
1.E-02
gesättigte Durchlässigkeit kS [m/s]
Abb. 7-8: Grenzkriterium für mit dem Einstau eintretende vollständige Durchsickerung in Abhängigkeit von vAN und kS
Tab. 7-1: Abgrenzung einer mit dem Einstau eintretenden völligen Durchsickerung
für die numerisch berechneten Deichsysteme und Ganglinien
kS-Werte
[m/s]
2.0E-02
1.0E-03
5.0E-04
2.0E-05
1.0E-06
1.0E-07
1.0E-08
κ > 100
I
II
III
0.1
0.5
1.0
2.8E-07
327273
14400
7200
360
24
4
0.7
1.4E-06
65455
2880
1440
72
4.8
0.7
0.14
2.8E-06
32727
1440
720
36
2.4
0.4
0.07
Völlige Durchsickerung mit Einstau
Deichgeometrie:
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
1:m = 1:3,0
emax = 1,0
Ganglinie
IV
vAN [cm/h]
2.5
vAN [m/s]
6.9E-06
13091
576
288
14
1.0
0.1
0.03
κ < 100
V
VI
VII
10
20
40
2.8E-05
3273
144
72
3.6
0.2
0.04
0.007
5.6E-05
1636
72
36
1.8
0.12
0.02
0.004
1.1E-04
818
36
18
0.9
0.06
0.01
0.002
Keine völlige Durchsickerung mit Einstau
ne [-]
0.22
0.25
0.25
0.20
0.15
0.10
0.05
269
7.2.4
Ausbreitung der Durchsickerung in homogenen Deichen
Bei homogenen Deichen treten, wenn in etwa κ > 100 ist, bereits mit dem Einstau
stationäre Verhältnisse auf. Diese Abschätzung berücksichtigt jedoch nicht die fortschreitende Durchsickerung während der Scheiteldauer TSch [h] der Wasserstandsganglinie, während der die Durchsickerung noch die maximalen stationären Verhältnisse erreichen kann. Deshalb wird im Folgenden untersucht, bei welchen
Durchlässigkeiten Deiche unter Berücksichtigung verschiedener charakteristischer
Ganglinien (vgl. Abschnitt 4.1.6), stationäre, maximale Durchsickerungszustände
auch unter Berücksichtigung eines begrenzt anhaltenden Scheitelwasserstandes erfahren können. Dabei konnte für homogene Deiche unter Berücksichtigung der real
vorkommenden An- und Abstiegsgeschwindigkeiten Durchlässigkeiten von 10-6 m/s
< kS < 10-3 m/s im Voraus als interessant eingegrenzt werden.
Zuerst wird für einen Beispieldeich die zeitliche Ausbreitung der Durchsickerungsfront an definierten Zeitpunkten der Wasserstandsganglinie verglichen. In Abb. 7-9
ist zu erkennen, dass bei κ = 36 die Sickerlinie zur Zeit t1 [h], an dem Zeitpunkt, an
dem der Wasserstand gerade die Krone erreicht, bereits fast stationäre Verhältnisse
erreicht. Bei t2 = t1 + TSch [h] (t2 > t1) sind die stationären Verhältnisse endgültig
erreicht.
HWmax
3,0 m
Stationär
t1: Zeit bis Erreichen
der Kronenhöhe [h]
Höhe [m]
2.0
1.5
t2
κ = 36
t1
3
1.0
κ = 1,0
1
0.5
t2
t1
κ = 3,6
κ = 1,0
0.0
t2
1
2
3
4
5
6
7
8
3
t1
1
κ = 3,6
Deich zweifach überhöht
dargestellt!
Undurchlässiger Untergrund
0
t2: t1 + Scheiteldauer TSch [h]
9
10
11
12
13
14
15
Deichlager [m]
Abb. 7-9: Instationäre Ausbreitung der Durchsickerung in einem Deich unterschiedlicher Durchlässigkeit bei den Ganglinien I bis IV für verschiedene κ-Werte
Hingegen werden für κ = 3,6 bei den betrachteten Zeitpunkten keine stationären
Verhältnisse erreicht. Zum Zeitpunkt t2 ist der Deich mit κ = 3,6 aber immerhin im
270
Vergleich κ = 1,0 zu einem Großteil durchsickert. Bei κ = 1,0 hingegen dringt das
Wasser zum Zeitpunkt t2 nur etwa bis zu einem Drittel des Deichlagers vor, zum
Zeitpunkt t1 fällt die Durchsickerung entsprechend geringer aus.
Ein schnell ansteigender Wasserstand, der wie ein plötzlicher Einstau bewertet werden kann, wie dies von zahlreichen Autoren gemacht wird (vgl. Scheuermann
2005), erzeugt schnell einen hohen hydraulischen Gradienten, der die Ausbreitungsgeschwindigkeit unmittelbar beeinflusst. In Abb. 7-10 (links) ist für einen Beispieldeich mit der Durchlässigkeit kS = 2·10-5 m/s die Durchfeuchtungszeit t [d] über die relative Sohlausbreitung x/h [-] aufgetragen bei Annahme einer Ausgangsättigung von SFK. Zum Vergleich sind auch drei Kurven angegeben, welche die Sohlausbreitung eindimensional nach DARCY (D.-F.-Annahme) beschreiben. Die langsameren Ganglinien IV bis VII verursachen aufgrund der anfänglich geringen hydraulischen Einströmgradienten eine langsamere Durchströmung. Bei der Betrachtung der Durchfeuchtungszeit genauer wird ein erheblicher Unterschied der Durchfeuchtungszeit von z. B. Ganglinie VII und Ganglinie I, die sich durch den Faktor
20 unterscheiden, erkannt. Zum Vergleich wird eine Auswertung unter Verwendung
der dimensionslosen Durchfeuchtungszeit T [-] beigefügt (Abb. 7-10, rechts).
Eine Anwendung des dimensionslosen Parameters T [-] auf andere Deichsysteme
und Durchlässigkeiten ist jedoch nicht möglich, da anderen Deichsystemen entsprechende Kurven z. T. erheblich von den hier angegebenen abweichen.
Des Weiteren ist für praktische Belange, besonders bei der Planung von Deichertüchtigungen, von Interesse, welchen Einfluss eine Vergrößerung oder Verkürzung
der Deichaufstandsfläche bzw. des Deichlagers auf die instationäre Durchsickerung
hat. Zur überschlägigen Beurteilung wird hierzu eine Abschätzung unter Zuhilfenahme der eindimensionalen Durchsickerung nach DARCY (D.-F.-Annahme) angestellt.
In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass bei einer landseitigen Anschüttung
darauf geachtet werden muss, dass die Materialdurchlässigkeit nicht kleiner als die
im Deich ist, da ansonsten ein Aufstau erzeugt werden kann. Ein ähnlicher Aufstaueffekt tritt ein, wenn die wasserseitige Böschung mit einer Dichtung und/oder einer
relativ undurchlässigen Vegetationsdecke versehen ist. Fällt der Wasserstand und
der Deich entwässert nicht schnell genug zur Landseite hin, können sich hier hohe
Wasserdrücke einstellen, welche zu einem Versagen der Böschung führen können.
Bei Dichtungen sollte deshalb i. d. R. die Auftriebssicherheit durch ein einfaches
271
Kräftegleichgewicht nachgewiesen werden. Bei Vegetationsdecken spielt dies dann
eine Rolle, wenn große Durchlässigkeitsunterschiede zwischen ihr und dem Deichkörper auftreten. Da dieses lokale Versagen i. Allg. beim absteigenden Ast der
Hochwasserwelle auftritt, sind die Schäden meist auf die Deichböschung beschränkt. Im Falle des Auftretens von Vorereignissen sind diese Schäden i. Allg.
kritischer zu bewerten.
100.0
HD = 2,0 m
BK = 3,0 m
m=3
kS = 2·10-5 m/s
I
Durchfeuchtungszeit t [d]
II
IV
III
1.00
V
VI
1-dim.1
ne = 0,35
VII
numerisch
berechnet
ne = 0,20
ne = 0,05
1
Annahme eines
plötzlichen Einstaus
0.01
0.5
1.5
2.5
II
II
10.00
0.10
I
numerisch
berechnet
3.5
4.5
5.5
relative Sohlausbreitung x/h [-]
6.5
7.5
dimensionlose Durchfeuchtungszeit T [-]
100.00
IV
10.0
V
VI
1.0
HD = 2,0 m
BK = 3,0 m
m=3
kS = 2·10-5 m/s
VII
0.1
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
relative Sohlausbreitung x/h [-]
Abb. 7-10: Fortschritt der Durchfeuchtungsfront an der Sohle für unterschiedliche
Ganglinien in Abhängigkeit der Durchfeuchtungszeit t [d] (links) und der
dimensionslosen Durchfeuchtungszeit T [-] (rechts)
Der in Abb. 7-11 gezeigte Zusammenhang gilt für unterschiedliche Sickerweglängen LS [m] und stellt den Zusammenhang von Abb. 7-2 bzw. Glg. 2-46 ausgewertet
für unterschiedliche Durchlässigkeiten sowie Einstauhöhen dar. Eine Verbreiterung
des Deiches, gemessen an der Aufstandsfläche, was z. B. auch durch eine Erhöhung
der Kronenbreite von 3,0 m auf 4,0 m bewerkstelligt werden kann, hat demnach bei
Kiesen in etwa eine Verlängerung der Durchsickerungsdauer von unter einer Stunde
zur Folge, was im Einzelfall zwar für das Versagen eines Dammes kritisch sein
kann, nach Betrachtung der charakteristischen Wasserstandsganglinien aus Abschnitt 4.1.5 aber i. d. R. keine praktisch relevante Verzögerung hervorruft.
10
272
100000
hW = 1,0 m
hW = 4,0 m
Durchströmzeit t [h]
10000
1000
28 d
100
1d
10
25
Sickerweglänge LS [m]
0,1
0,5
2,5
10
1
1.E-08 1.E-07 1.E-06 1.E-05 1.E-04 1.E-03 1.E-02
Durchlässigkeit kS [m/s]
Abb. 7-11: Durchströmzeit t in Abhängigkeit von der Durchlässigkeit kS und der
Einstauhöhe hW für unterschiedliche Sickerweglängen LS nach DARCY
(D.-F.-Annahme)
Gleiches gilt, wenn für die instationäre Durchsickerung eine wasserseitig aufliegende Vegetationsdecke berücksichtigt wird. Bei den empfohlenen Dicken der Vegetationsdecken und den zu erwartenden Durchlässigkeiten, die im Bereich von kVD >
1·10-5 m/s liegen, treten keine relevanten Verzögerungen auf.
Für die Beurteilung der Auswirkungen auf die Lage der Sickerlinie bei stationären
Verhältnissen wird auf Kapitel 6 verwiesen.
7.2.5
Zeitpunkt der maximalen oder stationären Durchsickerung von homogenen Deichen
Innerhalb der zweiten Betrachtung werden zwei Deiche mit HD = 2,0 m und
HD = 4,0 m rechnerisch mit den in Abschnitt 4.1.6 festgelegten, charakteristischen
Wasserstandsganglinien I bis VII beaufschlagt. Als Untersuchungsgröße kann z. B.
die maximal gesättigte Fläche asat,max herangezogen werden. Für die Durchlässigkeit
kS = 2·10-5 m/s und eine Deichhöhe von HD = 2,0 m sind die sich einstellenden Si-
273
ckerlinien bei maximaler gesättigter Fläche in Abb. 7-12 dargestellt. Die gesättigten
Flächen nehmen bei den langsamen Ganglinien I bis IV in etwa den Verlauf bei stationären Verhältnisse ein. Dagegen fallen die Flächen bei kurzen Wellen sehr gering
aus.
Stationär
HWmax
Höhe [m]
2.0
3,0 m
Ganglinie IV
(TG = 12 d)
3
Ganglinie V
(TG = 3,5 d)
1
Ganglinie VI
(TG = 1,75 d)
Ganglinie VII
(TG = 0,875 d)
Deichkörper
(kS = 2 10-5 m/s)
1.5
3
1.0
1
0.5
0.0
Undurchlässiger Untergrund
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Deichlager [m]
10
Deich zweifach überhöht
dargestellt!
11
12
13
14
15
Abb. 7-12: Sickerlinien bei maximalem, gesättigten Flächenanteil nach Beaufschlagung mit verschiedenen Ganglinien I bis IV (numerisch berechnet)
Trägt man die maximal gesättigten Flächenanteile asat,max über das Verhältnis des
Zeitpunktes tasat,max, an dem dieser maximale Zustand auftritt, zur gesamten
Einstaudauer TG auf, erhält man den in Abb. 7-13 dargestellten Zusammenhang.
Während relativ durchlässige Deiche mit kS = 1·10-3 m/s auch bei sehr schnellen
Ereignissen (Ganglinie VII) noch während des Hochwassers sehr hohe Durchsickerungszustände erfahren, treten die maximalen Durchsickerungen bei Durchlässigkeiten von kS = 1·10-6 ÷ 2·10-5 m/s nur mehr bei den lange dauernden Ganglinien I
bis III während des Hochwasserereignisses auf. Bei dieser Betrachtung wurden zusammenhängende Sickerlinien (vgl. Abb. 7-12) über der Sohle betrachtet. Bei undurchlässigen Deichen können die maximalen Durchsickerungszustände auch auf
eine Zusickerung des im Deich über der Feldkapazität gespeicherten Wassers zurückzuführen sein.
Die stationären Durchsickerungszustände werden bei sehr geringen Durchlässigkeiten in keinem Fall erreicht. Während die maximalen, über der Sohle zusammenhängend auftretenden Sickerlinien bei den Ganglinien I bis III vornehmlich während
des absteigenden Astes der Wasserstandsganglinie auftreten, nehmen mit schneller
auftretenden Ereignissen (Ganglinie V bis VII) die maximal gesättigten Flächenanteile naturgemäß stark ab. Die Durchsickerung des Beispieldeiches mit HD = 4,0 m
und einer Durchlässigkeit von kS = 2·10-5 m/s erreicht bei Ganglinie VI z. B nur
274
noch einen gesättigten Flächenanteil von 58% bei 0,60·TG. Bei einer Durchlässigkeit von kS = 1·10-6 m/s beträgt dieser sogar nur noch 16% bei 86·TG (Abb. 7-13).
100
asat,max,stat = 0,92
90
80
1
nach KOZENY-CASAGRANDE
Ganglinie II
50
t = TG
asat,max [%]
70
HD k S
[m] [m/s]
2m 110-3
Ganglinien I - VII
HD = 2,0 m (weiß)
HD = 4,0 m (schwarz)
BK = 3,0
Ganglinie I
60
1
4m 110-3
2m 510-4
4m 510-4
2m 210-5
m=3
4m 210-5
2m 110-6
4m 110-6
40
nach
Ereignis
Ganglinie III
30
20
Ganglinie IV
Ganglinie V
10
Ganglinie VI
0
0.1
1.0
10.0
100.0
Tasat,max/TG [-]
Abb. 7-13: Maximal gesättigter Flächenanteil asat,max in Abhängigkeit vom Verhältnis der Eintrittszeit Tasat,max zur Gesamtgangliniendauer TG für die Ganglinien I bis VII und unterschiedlichen Deichdurchlässigkeiten kS
Anschaulich lässt sich das eben beschriebene Verhalten anhand der Abb. 7-14 darstellen. Hier ist der maximale, gesättigte Flächenanteil asat,max für die Ganglinien I
bis VII über der gesättigten Durchlässigkeit kS aufgetragen. Mit zunehmender Ereignisdauer nimmt auch die maximale Sättigungsfläche zu. Ganglinie I verursacht
bereits bei Deichen mit kS > 2·10-5 m/s stationäre Durchsickerungszustände. Ganglinie VII schafft dies lediglich bei Deichen mit kS > 1·10-3 m/s.
275
100
1
asat,max,stat = 0,92
I
80
asat,max [%]
II
60
III IV V VI
VII
40
Ganglinien I - VII
HD = 2,0 m (weiß)
HD = 4,0 m (schwarz)
BK = 3,0
m=3
20
1
0
1.E-06
1.E-05
nach KOZENY-CASAGRANDE
1.E-04
1.E-03
1.E-02
kS [m/s]
Abb. 7-14: Maximal gesättigter Flächenanteil asat,max in Abhängigkeit von der
Deichdurchlässigkeit kS für die Ganglinien I bis VII
7.3
Durchsickerung von homogenen Deichen bei fallendem Wasserstand
7.3.1
Allgemeines
Der Lastfall „Plötzliche Wasserspiegelabsenkung“ wird vornehmlich im Staudammbau betrachtet, wo diese Art der Beanspruchung infolge eines gewollten
Abstaus oder einer Fehlfunktion eines Auslassorgans auftreten kann. Bei Hochwasserschutzdeichen an Fließgewässern handelt es sich dabei, wenn eine Wasserstandsreduktion durch eine Bewirtschaftung von Talsperren und Flutpolder oder durch das
Brechen eines Deiches außer Acht gelassen wird, um den natürlichen Rückgang des
Wasserstands beim Abklingen einer Hochwasserwelle. Dieser Vorgang basiert auf
den hydrologisch-hydraulischen Zusammenhängen und tritt nach jedem Einstau auf,
so dass der Lastfall „Fallender Wasserstand“ für Lastfall 2 und Lastfall 3 relevant
ist (vgl. Abschnitt 4.3).
276
Die Absenkgeschwindigkeiten bei Talsperren betragen i. d. R. ein Vielfaches von
dem natürlichen Wasserstandsrückgang bei abklingenden Hochwasserereignissen.
Förster (1999) gibt für einige Talsperren in Ostdeutschland eine mittlere Absenkgeschwindigkeit von 10,8 m/h an. Dieser Werte schwankt jedoch erheblich zwischen
1 ÷ 32 m/h, was dennoch zeigt, dass bei Talsperren mit erheblich größeren wasserseitigen Wasserstandsänderungen gerechnet werden muss, als dies für Flussdeiche
der Fall ist. Die in dieser Arbeit ermittelten charakteristischen Wasserstandsganglinien weisen eine Abstiegsgeschwindigkeit im Bereich von 0,05 < vAB < 20 cm/h auf
(vgl. Abschnitt 4.1.5). Die maximale Belastung bei fallendem Wasserstand wird
nach Uhlig (1962) in den meisten Fällen dann erreicht, wenn der Wasserstand den
wasserseitigen Damm- bzw. Deichfuß erreicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn
vor dem Rückgang des Wasserstandes maximale, sprich stationäre Durchsickerungsverhältnisse aufgetreten sind.
7.3.2
Analytische Ansätze
Ansätze zur Abschätzung der Durchsickerungsverhältnisse in einem Erddamm bei
fallendem Wasserspiegel sind z. B. in Schnitter u. Zeller (1957), Brauns (1977),
Ruppert (1985) und Uhlig (1962) zu finden. Brauns (1977), aber auch neuere Veröffentlichung (siehe Brauns u. Saucke 2005) empfehlen das in Uhlig (1962) entwickelte und im Folgenden erläuterte Abschätzungskriterium anhand der Verhältnisgröße κ (Glg. 7-6, vgl. Schneider et al. 1997), das in dieser Arbeit bereits zur Beurteilung der Durchsickerung bei steigenden Wasserstand herangezogen wurde (siehe
Abschnitt 7.2.3). Der Ähnlichkeitsfaktor κ [-] wird wie folgt berechnet (vgl. Glg.
7-5):
κ=
kS
n e ⋅ v AB
Glg. 7-6
κ < 1,00 ÷ 0,10:
annähernd vollständig nachhängende Sickerlinie
κ > 100 ÷ 250:
kaum nachhängende Sickerlinie
kS
gesättigte Durchlässigkeit [m/s]
ne
effektive Porosität [-]
vAB
Abstiegsgeschwindigkeit des Wasserstands [m/s]
(1 cm/h = 2,78·10-6 m/s)
277
Je nach Verfasser variiert die untere Grenze, bei der eine vollständig nachhängende
Sickerlinie auftritt, zwischen κ = 0,10 ÷ 1,0. Uhlig (1962) gibt an, dass für κ < 0,25
÷ 1,0 annähernd eine maximal rücksickernde Strömung auftritt, wobei für steile Böschungen κ = 0,25 gilt und für flache Böschungen κ = 1,0. Dieser Zusammenhang
kann anhand der auftretenden mittleren hydraulischen Gradienten erklärt werden.
Flache Böschungen entwässern aufgrund ihrer kleineren hydraulischen Gradienten
langsamer als steile Böschungen, weshalb flache Böschungen bereits bei geringeren
Abstiegsgeschwindigkeiten zu einer maximal ausgebildeten Rückströmung neigen.
Schneider et al. (1997) geben als entsprechende Grenze κ = 0,10 an (vgl. Brauns
1977). Da die Autoren z. T. Dämme mit Innendichtungen oder geneigten Kerndichtungen untersuchten, wird vom Verfasser hier ebenfalls in erster Näherung vorgeschlagen, die untere Grenze aus Schneider et al. (1997), die in Anlehnung an
Schnitter u. Zeller (1957) und Brauns (1977) festgelegt wurde, in Betracht zu ziehen.
Für Abstiegsgeschwindigkeiten vAB [cm/h], welche in Kombination mit der Durchlässigkeit und dem Porenteil κ−Werte von κ > 100 hervorrufen, bedeutet dies je
nach Durchlässigkeit des Deichkörpers, dass keine nachhängende Sickerlinie auftritt. Bei sehr durchlässigen Materialien, wie z. B. Kies mit kS > 10-3 m/s, tritt in
erster Abschätzung keine ausgeprägte rücksickernde Strömung auf, welche die
Standsicherheit des wasserseitigen Böschung gefährden könnte (Abb. 7-15, Förster
1999, Schneider et al. 1997). Für die Abschätzung dieser oberen Grenze, d. h. für
Verhältnisse, die in etwa eine mit dem Wasserstand einhergehende Entwässerung
des wasserseitigen Deichkörpers bedingen, geben verschiedene Autoren Grenzwerte
von κ > 100 ÷ 250 an. Auch eine Abschätzung für einen Beispieldeich aus Ruppert
(1985) bestätigt diese Grenzbedingung (vgl. Abb. 7-15).
Bei Annahme eines konstanten Porenanteils ergeben sich für Glg. 7-6 Geraden. Bei
folgender Betrachtung wird zum einen die effektive Porosität ne,spez. und zum anderen bei Annahme einer Restsättigung 0,5·ne,spez. angenommen. Die Kurven nehmen
einen gekrümmten Verlauf ein, was den Sachverhalt wiedergibt, dass wenig durchlässige Böden aufgrund ihres geringen Anteils an frei verfügbarem Wasser schneller
entwässern, als es bei der Annahme eines für unterschiedliche Böden konstanten
Porenanteils der Fall ist. Dies bedeutet nicht, dass mehr Wasser aus den Poren
strömt, sondern dass das wenige Wasser, das abfließt, in verhältnismäßig kürzerer
Zeit zum Erreichen eines stabilen Restfeuchtezustands führt, als bei o. g. Annahme
eines zu großen, konstanten Porenanteils (Abb. 7-15).
278
100.0
nachhängende
Sickerlinie
Systemskizze:
ne = 0,2
Abstiegsgeschwindigkeit vAB [cm/h]
ne = 0,5
vAB [cm/h]
ne = 0,2
max. Sicker
l.
hW
ne = 0,5
HD
0,5*ne,spez.
0,5*ne,spez.
10.0
BK
Schnitter & Zeller (1957) / Brauns (1977) /
Uhlig (1962)
ne,spez
ne,spez.
ne,spez. [-] (bodenspezifisch, siehe Tabelle)
ne [-] (konstant)
Ruppert (1985) mit im = 0,17
(1:m = 1:2, BK = 4,0 m)
HD = 10 m
(Ruppert 1985)
κ = 0,10
1.0
HD = 1 m
(Ruppert 1985)
κ=1
Tabelle*:
Sickerlinie fällt
mit Wasserstand
κ = 100
Durchlässigkeit kS [m/s]
1.0E-02
1.0E-03
1.0E-04
1.0E-05
1.0E-06
1.0E-07
1.0E-08
0.1
k
[m/s]
-1
10
-2
10
-3
10
-4
10
-5
10
-6
10
-7
10
-8
10
ne,spez.
[-]
0.20
0.22
0.25
0.25
0.20
0.15
0.10
0.05
0,5*ne,spez.
[-]
0.10
0.11
0.13
0.13
0.10
* nach:
0.08
Busch et al. (1993)
0.05
Mull u. Holländer (2002)
0.03
Abb. 7-15: Abschätzung des Auftretens von „nachhängenden Sickerlinien“ in Abhängigkeit der Bodendurchlässigkeit ks und der Abstiegsgeschwindigkeit
vAB für unterschiedliche Ähnlichkeitsfaktoren κ
Maßnahmen zur Verbesserung der Entwässerung eines wasserseitigen Dammkörpers, wie z. B. die Anordnung von wasserseitigen Dränteppichen zur kontrollierten
Entwässerung des wasserseitigen Deichkörpers bei rasch sinkenden Wasserstand,
sind z. B. in Brauns (1977) beschrieben (vgl. Förster 1999).
7.3.3
Numerische Berechnungen der Durchsickerung von homogenen Deichen bei fallendem Wasserstand
Ausgehend von einer stationären Durchsickerung des Deiches bei Kronenstau werden im Folgenden unterschiedliche Deichböden und Abstiegsgeschwindigkeiten für
ein definiertes Deichsystem – homogener Erddamm auf undurchlässiger Untergrundschicht – untersucht und mit den im vorherigen Abschnitt betrachteten analytischen Abschätzungskriterien verglichen. Eine Auswahl der sich einstellenden Sickerlinien zum Zeitpunkt, an dem der Wasserstand den wasserseitigen Deichfuß
erreicht, sind in Abb. 7-16 dargestellt. Im Folgenden wird dieser Zeitpunkt als Abstiegszeitpunkt TAB [-] bezeichnet. Mit zunehmendem Ähnlichkeitsfaktor κ [-] fällt
die Größe der gesättigten Deichfläche ab. In grober Abschätzung bestätigen die angeführten Durchsickerungszustände die aus der Literatur bekannten Grenzbetrach-
279
tungen anhand des Ähnlichkeitsfaktors κ.
Ähnlichkeitsfaktor κ [-]
stationäre Sickerlinie
(bei Kronenstau)
4
Höhe [m]
3,0 m
0.05
3
vAB [cm/h]
0.72
2
3
7.20
3
1
1
1
144
0
Undurchlässiger Untergrund
0
4
8
12
16
Deich zweifach überhöht
dargestellt!
20
24
28
Deichlager [m]
Abb. 7-16: Sickerlinien eines Beispieldeichs bei fallendem Wasserstand für ausgewählte Ähnlichkeitsfaktoren κ (Ausgangszustand: stationäre Durchsickerung bei Kronenstau)
Für den in Abb. 7-17 gezeigten Beispieldeich sind die maximalen Druckhöhenunterschiede von Deichmitte zu wasserseitigem Deichfuß ∆hW [mWS] für unterschiedliche Durchlässigkeiten kS zum Zeitpunkt TAB über die Abstiegsgeschwindigkeit vAB aufgetragen. Der oben beschriebene Sachverhalt wird hier besonders klar.
Während bei der Durchlässigkeit von kS = 1·10-6 m/s bis Abstiegsgeschwindigkeiten von etwa vAB = 5 cm/h annähernd die maximal mögliche Belastung auf die wasserseitige Böschung ausgeübt wird, nimmt das Verhältnis ∆hW/HD [-] bei sehr
durchlässigem Kies mit kS = 2·10-2 m/s auch unter Berücksichtigung sehr hoher Abstiegsgeschwindigkeiten i. d. R. eine vernachlässigbare Größe ein. Dies gilt ebenso
für die Betrachtung der hydraulischen Gradienten i.
280
Systemskizze:
hW,max
stat. Sickerl.
BK
(bei Kronenstau)
m
vAB [cm/h] m
1
1
HD
∆hW
0,5·LD
1.0
0.25
1·10
-6
0.7
0.20
kS [m/s]
0.6
2·10-5
0.5
0.15
0.4
0.10
0.3
5·10
-4
0.2
2·10-2
0.1
0.0
0.1
1.0
10.0
i = ∆hW /(0,5*LD)
0.8
∆hW /HD [-]
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
hW,max/HD = 0,85
0.9
0.05
0.00
100.0
vAB [cm/h]
Abb. 7-17: Verhältnis des maximalen Druckhöhenunterschieds ∆hW und der Deichhöhe HD und hydraulische Gradienten i in Abhängigkeit von der Abstiegsgeschwindigkeit vAB für unterschiedliche Durchlässigkeiten kS
(Ausgangszustand: stat. Kronenstau)
Betrachtet man die Belastung des wasserseitigen Stützkörpers bei unterschiedlichen
κ-Werten, dann wird klar, welche Überlegungen hinter einer groben Abschätzung
der Durchsickerung von Erdbauwerken bei schnell fallendem Wasserstand stehen.
Beim Beispieldeich werden die Druckhöhenunterschiede von kleiner 0,2·HD überschlägig als unbedenklich und größer (0,7 ÷ 0,85·0,90 = 0,765)·HD als sofortiger
Wasserstandsrückgang mit maximaler Rückströmung bewertet. Zwischen beiden
Grenzen tritt eine für die Standsicherheit i .d. R. nicht zu vernachlässigende Rückströmung auftritt. Uhlig (1962) erwähnt für diesen Bereich die Spanne zwischen 0,2
÷ 0,9·HD. Die ermittelte Beziehung zwischen ∆hW/HD und dem κ-Faktor bestätigt
die in der Literatur zu findenden Angaben (Abb. 7-18).
281
1.0
0.9
∆hW,max/HD = 0,85
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
Ausgangszustand:
Stationäre Durchsickerung
bei Kronenstau
0.8
Untergrenze
∆hW /HD [-]
0.7
A
0.6
C
0.4
Sickerlinie
κ
A
"stark
nachhängende
Sickerlinie"
< 0,25 ... 1,0
∆hW/HD > 0,70
oder 0,85·0,90
B
0.5
Bereich
B
0,20 < ∆hW/HD
< 0,70 oder 0,85·0,95
"mäßig nachhängende
Sickerlinie"
1,0 ... 100
0.3
0.2
C
Obergrenze
∆hW/HD < 0,20
"wenig bis kaum
nachhängende
Sickerlinie"
> 100
0.1
0.0
0.01
1.00
100.00
10000.00
Ähnlichkeitsfaktor κ [-]
Abb. 7-18: Druckunterschied bei fallendem Wasserstand ∆hW im Verhältnis zur
Deichhöhe HD zum Zeitpunkt TAB in Abhängigkeit vom Ähnlichkeitsfaktor κ und daraus abgeleitete k-Bereiche zur Beurteilung der Durchsickerung bei fallendem Wasserstand (Ausgangszustand: stat. Kronenstau)
In Abb. 7-19 kann für das angegebene Deichsystem aus einer bekannten Abstiegsgeschwindigkeit vAB [m/s] für unterschiedliche Böden, hier charakterisiert über den
kS-Wert, direkt der κ-Faktor abgelesen werden. Bei den in der Praxis vorkommenden Abstiegsgeschwindigkeiten spielen demnach lediglich die Durchlässigkeiten
von Deichen zwischen kS = 10-5 ÷ 10-3 m/s eine Rolle. Dies gilt natürlich nur für
homogene Dämme ohne Berücksichtigung der hydraulischen Wirkung von einer
Vegetationsdecke. Diese kann, sofern sie undurchlässiger ist als der Deichkörper,
einen Aufstau erzeugen, was die Standsicherheit der Böschung gefährden kann.
282
100
kS [m/s]
Abstiegsgeschwindigkeit vAB [cm/h]
90
80
70
5·10-4
60
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
Ausgangszustand:
Stationäre Durchsickerung
bei Kronenstau
50
2·10-5
40
30
20
1·10-6
10
0
0.1
1.0
10.0
100.0
Ähnlichkeitsfaktor κ [-]
Abb. 7-19: Abstiegsgeschwindigkeit vAB in Abhängigkeit vom Ähnlichkeitsfaktor κ
für unterschiedliche Bodendurchlässigkeiten kS (Ausgangszustand: stationäre Durchsickerung bei Kronenstau)
7.4
Auswirkung von Voreinstauereignissen auf die Durchsickerung von
homogenen Deichen
7.4.1
Allgemeines
Wie in Abschnitt 5.6.2 erläutert wird, können Vorwellenereignisse eine Verstärkung
der Durchsickerung nach sich ziehen. Aufgrund des gleichen Abflussregimes können sie ähnlich wie das Hauptereignis ausgeprägt sein. Wie in Abschnitt 4.1.6 angekündigt, werden im Folgenden eigenständige, abgeschlossene Vorwellenereignisse durch das Produkt aus dem Abminderungsfaktor, XVor = 0,25 / 0,50 / 0,75, und
den Kenngrößen des Hauptereignisses Scheitelhöhen HSch [m] und Scheiteldauern
TSch [h] für Vorereignisse abgeschätzt.
Die Pauschalaussage, dass Vorwellenereignisse eine Aufsättigung des Deiches nach
sich ziehen und somit stets zu einer Erhöhung und Beschleunigung der Durchsickerung führen, kann unter Beachtung der durchgeführten Untersuchungen nicht bestätigt werden. Mit Hilfe der Berechnungen konnten Vorwellenereignisse identifiziert
283
werden, die keine Auswirkungen auf den nachfolgenden Einstau durch das Hauptereignis haben. Diese Ereignisse be- und entwässern so schnell, dass mit dem Einstau eine simultane Durchsickerung und beim Rückgang des Wasserstandes eine
simultane Entwässerung auftritt. Dieser Zusammenhang wurde bereits in den Abschnitten 7.2 und 7.3 erläutert (siehe Tab. 7-1 und Abb. 7-8).
7.4.2
Einfluss von Voreinstauereignisse auf die zeitliche und maximale
Durchsickerung von homogenen Deichen
Unter Zuhilfenahme einer Abschätzung der κ-Verhältnisse können zumindest im
Voraus Vorereignisse mit κ > 100 von einer näheren Betrachtung ausgeschlossen
werden (vgl. Abschnitte 7.2.3 und 7.3.2). Schwieriger wird es, eine Aussage für
Systeme bzw. Einstauszenarien mit κ < 100 zu treffen. Anhand durchgeführter Berechnungen konnte festgestellt werden, dass sowohl eine Verstärkung als auch eine
Abschwächung der Durchsickerung auftreten kann. In nicht wenigen untersuchten
Szenarien war trotz einer deutlichen Vorsättigung des Deiches durch die Vorwelle
praktisch kein Einfluss auf die anschließende durch das Hauptereignis hervorgerufene Durchsickerung festzustellen. Für ersten Fall, einer verstärkenden Wirkung
von Vorwellen, sind in Abb. 7-20 Ergebnisse durchgeführter Berechnungen angegeben. Demnach kann das Erreichen der maximalen Durchsickerung bei den betrachteten Beispielen im Vergleich zu einem Einstau ohne Vorwelle um bis zu 60%
beschleunigt werden (Abb. 7-20, links). Ebenso können Vorwellen die maximal
auftretende Sickerlinie um mehr als 15% im Verhältnis zur mittleren Wasserdruckhöhe vergrößern (Abb. 7-20, rechts). Kleinere Vorereignisse können entsprechend
kleinere Auswirkungen haben.
Es wurde allerdings auch bemerkt, dass Vorwellenereignisse eine Abschwächung
der Durchsickerung verursachen können, wenn ein relativ hoher Voreinstau den
Deich teilweise sättigt und während des ansteigenden Astes der Hauptwelle aufgrund der Rückströmung aus dem Deich (negatives hydraulisches Gefälle) lange
Zeit keine Strömung in den Deich erfolgt. Folgt dem Anstieg dann eine relativ kurze Scheiteldauer, findet in Einzelfällen keine Beschleunigung sondern eine Verzögerung statt und die maximalen Durchsickerungsverhältnisse können sich geringfügig verringern.
284
0%
20%
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
1
-10%
2
-20%
15%
3
Nr. GL kS [m/s]
∆thmax,0 [%]
-40%
∆hm,max [%]
4
-30%
5
-50%
6
Nr. GL kS [m/s]
1
2
3
4
5
6
-60%
-70%
-80%
0.00
III
II
IV
II
IV
III
10%
1
2
3
4
5
6
III
II
V
II
IV
III
1·10-7
-7
1·10
-5
2·10
-6
1·10
1·10-6
1·10-6
3
-7
1·10
1·10-7
-5
2·10
1·10-6
1·10-6
1·10-6
0.25
4
5%
2
HD = 4,0 m
BK = 3,0 m
m=3
0.50
Faktor Xvor [-]
0.75
0%
0.00
0.25
0.50
0.75
Faktor Xvor [-]
Abb. 7-20: Beschleunigung des Erreichens des maximalen Durchsickerungszustandes (links) und Erhöhung der maximal auftretenden Sickerlinie (rechts)
durch voraus laufende Wasserstandsganglinien für unterschiedliche
Faktoren XVor
7.5
Instationäre Durchsickerung von Deichen mit Innendichtung und
Fehlstelle
7.5.1
Allgemeines
Die stationären Durchsickerungsverhältnisse in Deichen mit Innendichtungen mit
Fehlstellen sind in den Abschnitt 6.6.4 (2D) und 6.6.5 (3D) erläutert. Die folgende
instationäre Betrachtung konzentriert sich darauf, für die in Abschnitt 6.6.5 durchgeführten dreidimensionalen Betrachtungen die stationäre Durchsickerungszeit tstat.
abzuschätzen. Diese ist natürlicherweise von der Deichdurchlässigkeit und der
Fehlstellengröße abhängig. Je geringer die Durchlässigkeit und je größer die Fehlstelle, desto schneller stellen sich die stationären Verhältnisse ein.
285
7.5.2
Beispiel der instationären Durchsickerung eines Deiches mit Dichtung
und Fehlstelle
In Abb. 7-21 ist ein Deichsystem mit Innendichtung und einer Fehlstelle mit Fehlstellendurchmesser dFS = 10 cm dargestellt. Zu den Zeitpunkten t =
0,5/1,0/1,5/3,0/48 h sind die entsprechenden Sickerlinien eingezeichnet. Zum Vergleich werden die stationären Sickerlinien der zwei- und dreidimensionalen Berechnung hinzugefügt. Die stationären Verhältnisse werden nach ca. 3,0 h erreicht. Der
Vergleich der stationären Durchsickerungszeit mit der eines vergleichbaren ungedichteten Deiches (siehe Abb. 7-4) zeigt, dass praktisch kein Unterschied zwischen
der stationären Durchsickerungszeit des untersuchten Deichsystems und des nicht
gedichteten Deiches besteht. Die Dichtung hat aufgrund der Fehlstelle somit auf die
zeitliche Entwicklung der Durchsickerung keinen Einfluss. Sie reduziert lediglich,
wie in den Abschnitten 6.6.4 (2D) und 6.6.5 (3D) bereits erläutert wurde, die Ausbreitung der Durchsickerung im Vergleich zum ungedichteten Zustand.
Höhe [m]
3,0 m
4
3
2
1
0
3
Durchlässiger
Deichkörper
1
1,0 h
(kDeich = 1,0•10-3 m/s)
2D
48 h bzw. stationär
3,0 h
3D
1,5 h
1
0,5 h
Fehlstelle
(dFS = 10 cm)
0
2
4
6
8
10
3
Dichtung:
DDichtung = 0,50 m
kDichtung = 1,0•10-8 m/s
12 14 16
Deichlager [m]
Undurchlässiger Untergrund
18
20
22
24
26
28
Abb. 7-21: Berechnete Sickerlinien eines Deiches mit Innendichtung mit Fehlstelle
zu unterschiedlichen Zeiten bei schnellem Einstau (vAN = 4 m/h) (3DBerechnung, vgl. Abb. 6-33)
In Abb. 7-22 werden der Durchfluss, der durch eine Röhre nach dem Gesetz von
HAGEN-POISEUILLE (Glg. 2-48) strömen kann und die sich daraus ergebende
Befüllungszeit tB [h], die dazu notwendig ist, den Porenraum des landseitigen, hinter der Dichtung liegenden Deichkörpers zu füllen, betrachtet. Auf diese Art und
Weise kann festgestellt werden, dass bei Fehlstellendurchmesser dFS > 2 cm die Befüllungszeit relativ unabhängig von den hier betrachteten Deichhöhen unter einer
Stunde liegt. Dies ist auch ein Indiz dafür, dass erst ab kleinen Fehlstellendurchmesser von dFS < 1 cm mit einer für die Praxis relevanten Verzögerung des Eintretens der stationären Verhältnisse gerechnet werden kann, obwohl die getroffenen
286
Annahmen eine grobe Vereinfachung des realen Sachverhalts darstellen.
100000
Systemskizze
Dichtung
HD hW
10000
Befüllungszeit tB [h]
28 d
HD
[m]
1000
10
1,0
7d
100
BK
VW = ne·V
q
Fehlstelle
BK = 3,0 m
m=3
ne = 0,20
LFS = 0,50 m
DDi = 0,50 m
ε = 1,0
DDi = LFS
1d
10
1
0.001
0.010
0.100
Fehlstellendurchmesser dFS [m]
Abb. 7-22:Befüllungszeit tB des Porenraums des hinter der Dichtung liegenden
Deichkörpers in Abhängigkeit vom Fehlstellendurchmesser dFS bei Verwendung des Röhrströmungsansatzes nach HAGEN-POISEUILLE
7.6
Einfluss von Regenereignissen auf die Durchsickerung eines homogenen Deiches
7.6.1
Allgemeines
Regenereignisse vor und während eines Einstauereignisses an Deichen können eine
Sättigungserhöhung zur Folge haben und so auch eine Beschleunigung und Verstärkung der Durchsickerung hervorrufen, was z. B. das Berechnungsbeispiel in Abb.
7-23 zeigt. Dabei kommt der Ausgangssättigung wesentliche Bedeutung zu. Ist die
Niederschlagsintensität gering, so kann die Durchsickerung eines z. B. durch einen
Voreinstau bereits vorgesättigten Deiches trotz Beregnung keine Beschleunigung
erfahren. Weiteres wird im Folgenden im Zusammenhang mit dem Berechnungsbeispiel erklärt.
287
7.6.2
Wirkung von Vorregenereignissen auf die Durchsickerung eines homogenen Deiches auf undurchlässiger Deckschicht
Im folgenden Beispiel wird ein homogener Deich der Durchlässigkeit kS = 2·10-5
m/s (weitere Materialkennwerte siehe Tab. 4-8) mit Ganglinie V (siehe Tab. 4-3)
beaufschlagt. Vereinfachend wird angenommen, dass die betrachteten Niederschlagsintensitäten iN,m = 1 ÷ 30 mm/h den Deich gleichmäßig mit der Grenzsättigung aus Abb. 5-18 befeuchten. Unter dieser Vereinfachung konnten die numerischen Berechnung durch Variation einer über den Querschnitt konstanten Anfangssättigung S0 [-] durchgeführt werden. Für die Ermittlung der Beschleunigung wird
der Zeitpunkt tstat. betrachtet, bei dem die stationären Verhältnisse auftreten. Als
Vergleichszeit t0 [h] wird die Zeit betrachtet, wann im Deich mit einer Ausgangssättigung S0 [-] bei Ganglinie V stationäre Verhältnisse ohne Berücksichtigung von
Regenereignissen eintreten. Mit einer für Vorregenereignisse realistischen mittleren
Niederschlagsintensität von iN,m = 1 mm/h kann nach Abb. 5-18 maximal S = 50%
auftreten. Da Feldkapazität des Bodens SFK = 50% beträgt, ist für das betrachtete
Deichsystem trotz der Beaufschlagung mit genanntem Niederschlagsereignis mit
keiner Beschleunigung zu rechnen (Abb. 7-23). Ist der Deich dagegen bis zu SPWP =
14% ausgetrocknet, könnte eine Beschleunigung der Dauer, bis zu der die stationären Verhältnisse erreicht werden, um ca. das Zweifache eintreten. Bei steigender
Niederschlagsintensität, die hier bis iN = 30 mm/h ausgewertet werden, verlagert
sich die die Ausgangssättigung S0, an der keine Beschleunigung mehr eintritt, zu
höheren Werten hin. Würde ein Niederschlagsereignis eine 100%ige Sättigung verursachen, was schätzungsweise nach Abb. 5-18 bei iN,m > 40 mm/h der Fall ist, dann
würde die Kurve theoretisch einen senkrechten Verlauf nehmen, da die Zeit t0 Null
wird, also sofort stationäre Verhältnisse eintreten.
Zieht man in Betracht, dass die für Vor- und Simultanniederschlagsereignisse mittleren Regenintensitäten sich etwa in der Spanne von iN,m ≈ 0,50 ÷ 2,0 mm/h bewegen (vgl. Abschnitt 4.2), dann relativieren sich mögliche Beschleunigungseffekte
beim gezeigten Beispiel sehr schnell. Bei einer stationären Durchsickerungszeit von
t0 = tstat.,So=50% = 29 h wird durch eine Reduktion der Sättigung von ∆S = 10% bei
iN,m = 1 mm/h eine Beschleunigung um 3 h erzeugt, da tstat.,So=40% = 32 h beträgt.
Läuft allerdings diesem Deich eine Trockenperiode voraus, welche eine Sättigungsreduktion von ∆S = 20% zur Folge hat und tritt dann ein lang andauernder Niederschlag der Intensität iN,m = 2 mm/h ein, dann wird dadurch das Erreichen der stationären Verhältnisse von tstat.,So=30% = 56,5 h um 28,5 h beschleunigt, also um rund
einen Faktor 2. Es ist unwahrscheinlich, dass der gesamte Deichkörper bis SPWP aus-
288
SPWP = 0,14
8
7
Smax = 0,90
trocknet. Vielmehr wird eine Ausgangssättigung nahe der Restfeuchte auftreten,
was die daraus resultierende Beschleunigung gering werden lässt.
iN,m
30 mm/h
mittlere
Niederschlagsintensität iN,m
1 mm/h
3 mm/h
5 mm/h
10 mm/h
15 mm/h
20 mm/h
30 mm/h
∆t/t0 = (t0-ti)/t0 [-]
6
20 mm/h
5
15 mm/h
4
10 mm/h
3
Systemgrößen:
Ganglinie V
HD = 2,0 m
BK = 3,0 m
m=3
kS = 2·10-5 m/s
5
2
1
3 mm/h
1 mm/h
0
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
Ausgangssättigung S0 [-]
Abb. 7-23:Beschleunigung (∆t/t0) des Erreichens der stationären Verhältnisse für
einen Beispieldeich mit der Durchlässigkeit kS = 10-5 m/s und Beaufschlagung mit Ganglinie V
Wie auch hier erkannt werden kann, spielen der Wasserhaushalt und die sich einstellende Restfeuchte im Deich eine erhebliche Rolle bei der Beurteilung der beschleunigenden Wirkung von Vorregenereignissen. Die in Abschnitt 4.2 auch betrachteten Simultanniederschlagsereignisse haben besonders bei sehr durchlässigen
Deichen eine verstärkende und beschleunigende Wirkung. Bei undurchlässigeren
Deichen ist zu vermuten, dass Vor- und Simultanereignisse ähnliche Auswirkungen
haben können. Auf Simultanereignisse wird jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht
mehr eingegangen.
289
7.7
Zusammenfassung
Die Ergebnisse und Untersuchungen zur Betrachtung der instationären Durchsickerung von Deichen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
1. Der Vergleich ausgewählter analytischer Ansätze zeigt, dass anhand der
eindimensionalen Betrachtung nach DARCY (D.-F.-Annahme) die größten
Durchsickerungszeiten abgeschätzt werden können (Abb. 7-2, Abb. 7-3).
Zur Abschätzung der stationären Durchsickerungszeit tstat. werden sowohl
analytische Verfahren und numerische Berechnungen herangezogen (Abb.
7-4, Abb. 7-5). Die instationären numerischen Berechnungen, die als Ausgangsdurchlässigkeit S0 = SPWP und S0 = SFK verwenden, zeigen, wie stark
sich unterschiedliche Ausgangssättigungsverhältnisse auf die Durchsickerung auswirken. Die Berechnungen mit SFK ergeben durchgehend kürzere
stationäre Durchsickerungszeiten tstat. als der eindimensionale Ansatz nach
Erb (1965). Mit abnehmender Durchlässigkeit werden bei Annahme einer
Ausgangssättigung von S0 = SPWP längere stationäre Durchsickerungszeiten
erhalten. Um auf der sicheren Seite zu liegen, sollte deshalb mit einer hohen
Anfangsfeuchte von S0 > SFK gerechnet werden.
2. Analog zu Betrachtungen eines fallenden Wasserstands und der sich einstellenden Rückströmung (vgl. Abschnitt 7.3) werden die κ-Faktoren hier zur
Abschätzung der Durchsickerung bei steigendem Wasserstand verwendet.
Für κ > 100 ÷ 1.000 tritt mit steigendem Wasserstand abhängig vom jeweiligen Wasserstand vor dem Deich eine vollständige Durchsickerung des
Deiches auf (Abb. 7-8).
3. Bestehende Ansätze zur Beurteilung der Durchsickerung bei fallendem
Wasserstand verwenden ebenfalls den Ähnlichkeitsfaktor κ (Abb. 7-15). Die
unterschiedlichen Grenzbedingungen aus der Literatur werden aufgegriffen
und durch eigene Berechnungen verifiziert (Abb. 7-17 bis Abb. 7-19). Für κ
> 100 kann demnach die volle Sättigung des Deichkörpers mit vollständigem Rückgang des Wasserstandes angesetzt werden. Bei Werten κ < 0,25 ÷
1,00 kann mit einer mit dem Wasserstand gleichzeitig auftretenden Entwässerung
des
Deiches
gerechnet
werden.
Dazwischen
für
0,25 ÷ 1,00 < κ < 100 stellen sich Rückströmungen ein, die unter Zuhilfenahme numerischer oder analytischer Ansätze abgeschätzt werden sollten.
290
4. Unter Zuhilfenahme der κ-Abschätzung (vgl. Abschnitte 7.2 und 7.3) konnte
ermittelt werden, bei welchen Kombinationen von Voreinstauereignissen
und Deichsystemen keine Beeinflussung der Durchsickerung durch das Voreinstauereignis während des Hauptereignisses eintritt bzw. der Deich nach
Abklingen des Vorereignissen wieder seinen Ausgangssättigungszustand erreicht hat. Überschlägig kann man davon ausgehen, dass für κ > 100 unter
Verwendung der Anstiegsgeschwindigkeit des Wasserstandes vAN keine Beeinflussung bzw. Erhöhung der Sättigungsverhältnisses im Deich auftreten.
Dies ist vor allem bei durchlässigen Deichen der Fall. Bei undurchlässigeren
Deichen mit kS < 10-5 m/s tritt i. d. R. eine Beschleunigung und Verstärkung
der Durchsickerung ein (Abb. 7-20). Allgemeingültige Aussagen können jedoch nicht getroffen werden.
5. Das betrachtete Beispiel der dreidimensionalen instationären Durchsickerung eines Deiches mit Innendichtung und Fehlstelle zeigt, dass für den sehr
groß angesetzten Fehlstellendurchmesser dFS = 10 cm die stationären Verhältnisse praktisch ohne Verzögerung im Vergleich zu einem ungedichteten
Deich eintreten (Abb. 7-21). Geringe Fehlstellendurchmesser wurden nicht
mehr untersucht, sondern anstelle dessen eine vereinfachte Abschätzung angestrengt, mit Hilfe derer zumindest eine Abschätzung ermöglicht wird, welche Zeit notwendig ist, damit das durch die Fehlstelle strömende Wasser den
gesamten Porenraum des landseitigen Deiches füllt. Demnach tritt eine relevante Verzögerung des Eintretens von stationären Verhältnissen erst ab
Durchmessern von dFS < 1 cm auf.
6. Die Auswirkungen von Niederschlagsereignissen im Vorfeld von Hochwasserereignissen hängen maßgeblich von den Ausgangssättigungsverhältnissen
im Deich ab. Vereinfachte Betrachtungen an einem Beispiel zeigen, dass die
in der Praxis auftretenden mittleren Regenintensitäten von iN,m = 0,50 ÷ 2,00
mm/h maximal eine mittlere Sättigung des Deiches von S0 = 55% hervorrufen können. Hier wird angenommen, dass ein lang anhaltendes Niederschlagsereignis den Deich gleichmäßig befeuchtet. Je geringer die Ausgangssättigung S0 im Deich, desto höher fällt die beschleunigende Wirkung
aus (Abb. 7-23). Besitzt der betrachtete Deich seine typische Restfeuchte bei
Feldkapazität SFK = 50% bewirkt logischerweise ein Niederschlagsereignis
von 1 mm/h, das selbst eine maximale Sättigung von S = 50% bewirken
kann, keine Beschleunigung. Dagegen wird ein stationärer Durchsickerungszustand bei einem Deich, der bis auf die Sättigung beim permanenten
291
Welkepunkt SPWP = 14% ausgetrocknet ist, was zweifelsfrei eine unrealistische Annahme darstellt, doppelt so schnell erreicht.
292
8
Zusammenfassung und Ausblick
Die Ergebnisse dieser Arbeit sind vielfältiger Natur. Während zu Beginn der Arbeit
vornehmlich die Zusammenstellung der notwendigen Grundlagen im Mittelpunkt
steht, werden nach und nach immer unter Beachtung von bereits vorhandenen
Kenntnissen Randbedingungen formuliert und Annahmen zur Abschätzung der stationären und instationären Durchsickerung getroffen. Nach Kalibrierung und Verifizierung des numerischen Modells an den Ergebnissen der Versuche am Modelldeich an der Versuchsanstalt Obernach werden anschließend zahlreiche Untersuchungen zu unterschiedlichen Fragestellungen durchgeführt, wobei stets darauf geachtet wird, die mathematische Modellierung mit den Ergebnissen analytischer Verfahren zu vergleichen.
Den Kapiteln 4 bis 7 sind Zusammenfassungen angefügt, in denen detaillierter auf
die Ergebnisse und die für die Praxis relevanten Erkenntnisse eingegangen wird, so
dass hier im Folgenden lediglich qualitativ im Sinne einer Übersicht ausgewählte
Themen nochmals wiederholt, zusammengefasst und erläutert werden.
In den ersten Kapiteln im Rahmen der Grundlagen wurde verstärkt auf bestehende
Erkenntnisse und Literaturstellen zurückgegriffen. Nach der Erläuterung einiger
relevanter Bodenkennwerte wurden die für die Geohydraulik notwendigen bodenphysikalischen und geohydraulischen Grundlagen ausführlich behandelt. Schwerpunkte wurden hier auf das Saugspannungsverhalten, die Durchlässigkeit von gesättigten und ungesättigten Böden und deren physikalische Zusammenhänge sowie
deren mathematische Formulierung gelegt. Anschließend wurde die Wasserbewegung im Boden u. a. anhand des Darcyschen Gesetzes und dessen Gültigkeitsbereiche erklärt. Die geohydraulischen Grundlagen in Kapitel 2 wurden mit einem Abschnitt über die Infiltration in Deichen abgeschlossen.
In Kapitel 3 sind die Anforderungen an Hochwasserschutzdeiche an Fließgewässern
zusammengefasst. Soweit für notwendig erachtet, wurden auch Sachverhalte erläutert und erklärt, aus denen später in der Arbeit Randbedingungen formuliert oder
Annahmen für Durchsickerungsberechnungen abgeschätzt werden konnten. Die
kurze Abhandlung über die historische Entwicklung von Deichbauten an Flüssen in
Deutschland und die Hinweise zu den in der Praxis möglichen Deichaufbauten und
–materialen sollen dem Leser zeigen, dass analytische Abschätzungen und numerische Berechnungen, die i. d. R. vereinfachte Systeme verwenden, nur eine den realen Verhältnissen angenäherte Beschreibung der Realität liefern und die Ergebnisse
293
dementsprechend bewertet und beurteilt werden müssen. Ein besonderes Augenmerk wurde in diesem Kapitel auf die Auswirkungen von Bewuchs auf den Deich
generell und speziell auf die Durchlässigkeit von Deichböden gerichtet. Fokus lag
hier auf der Beschreibung der Eigenschaften und der Ermittlung der Durchlässigkeit
von typischen Vegetationsdecken, die im Deichbau Verwendung finden. Dazu wurde die Durchlässigkeit aus Vegetationsdecken entnommener Proben versuchstechnisch bestimmt. Die Versuche ergaben eine mittlere Durchlässigkeit der Vegetationsdecken von kVD = 2·10-4 m/s. Aus den Ergebnissen der eigenen Untersuchungen
und aus Angaben in der Literatur wurde ein Diagramm zur Abschätzung der Durchlässigkeit von Vegetationsdecken in Abhängigkeit ihrer Ausgangsdurchlässigkeit
und ihrer Dicke entwickelt (Abb. 3-24). Kapitel 3 endet mit einer kurzen Übersicht
über die Auswirkungen von Wühltieren in Deichen.
Die für die späteren Berechnungen notwendigen wasserwirtschaftlichen und geohydraulischen Größen wurden in Kapitel 4 erläutert. Es wurden charakteristische
Wasserstands- (Tab. 4-3) und Niederschlagsganglinien (Abb. 4-24) für bayerische
Verhältnisse anhand einer Auswertung von Wasserstandspegel- und Niederschlagsaufzeichnungen abgeschätzt. Unter Beachtung aktueller Normen und Regelwerke wurden im Anschluss ausführliche Hinweise zu (Bemessungs-)Lastfällen
für Hochwasserschutzdeiche gegeben. Weiter wurden die hydraulischen Randbedingungen beschrieben und für eine Reihe typischer Deichböden geotechnische und
geohydraulische Kennwerte angegeben, wobei besonders bei der Formulierung des
Saugspannungsverhaltens als Grundlage für anschließende instationäre Berechnungen auf die physikalischen Zusammenhänge und die dafür angegebene Herangehensweise aus Kapitel 2 zurückgegriffen wurde. Dabei wurde sowohl für eine charakteristische Vegetationsdecke als auch eine hydraulische gebundene Innendichtung das Saugspannungsverhalten abgeschätzt. Kapitel 4 endet, wie auch Kapitel 2,
mit Hinweisen zum Infiltrationsvorgang.
Die Versuche am Modelldeich an der Versuchsanstalt Obernach wurden in Kapitel
5 behandelt. Im Rahmen der Versuche wurden sowohl unterschiedliche Ganglinien
als auch der Einfluss einer Grasnarbe sowie unterschiedliche Regenereignisse untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass zum einen die Messergebnisse mit den numerischen Berechnungen übereinstimmen, was darauf schließen lässt, dass die Modellparameter die Wirklichkeit ausreichend genau widerspiegeln, und zum anderen,
dass der Versuchsaufbau zur Durchführung der Versuche geeignet war. Aus den
Versuchsergebnissen konnten u. a. Randbedingungen zur Simulation von Regenereignissen unterschiedlicher Intensität abgeleitet werden (Abb. 5-18).
294
Im Zuge der Betrachtung der stationären Durchsickerung von Deichen (Kap. 6)
wurde auch ein Vergleich bestehender analytischer Verfahren unter Zuhilfenahme
eines Formfaktors f durchgeführt (Abb. 6-6). Die analytischen Verfahren weichen je
nach Deichgeometrie und Einstaugrad ε unterschiedlich stark voneinander ab. Die
Berechnungen mit dem numerisch-mathematischen Modell (FeFlow) hingegen
zeigten durchwegs die am Höchsten liegenden Sickerlinien bzw. Sickerlinienaustrittspunkte hA. Die Betrachtung unterschiedlicher Anisotropien A > 1 kam zu dem
Ergebnis, dass unter realen Bedingungen der Einfluss auf die stationäre Durchsickerung i. d. R. vernachlässigbar klein ist. Des Weiteren wurden die stationären Verhältnisse von Deichen mit vollkommenen und unvollkommenen Oberflächen- und
Innendichtungen sowie die dichtende Wirkung einer Vegetationsdecke behandelt.
Bei vollkommenen Dichtungen kann ab einem Verhältnis der Durchlässigkeit des
Deichbodens und der Dichtung von kDeich/kDichtung > 1.000 mit einem vollständigen
Druckabbau in der Dichtung gerechnet werden. Bei unvollkommenen Dichtungen
reichen schon gering mächtige nicht abgedichtete Untergrundschichten aus, um eine
starke Durchsickerung des landseitigen Deichkörpers zuzulassen. Besonderes Augenmerk wird im Zusammenhang mit Innendichtungen auf mögliche Fehlstellen
und deren Auswirkungen auf die zweidimensionale und dreidimensionale Durchsickerung des landseitig von der Dichtung gelegenen Deichkörpers gerichtet. Die
Fehlstellengröße hat naturgemäß erheblichen Einfluss. Größere Fehlstellen mit
Durchmessern dFS > 5 cm führen bei den betrachteten 2D-Deichsystemen zu Durchsickerungszuständen nahe der Zustände, wie sie bei ungedichteten Deichen auftreten. Handelt es sich bei Fehlstellen um örtlich begrenzte Hohlräume, bildet sich im
landseitigen Deichkörper eine dreidimensionale Sickerwasseroberfläche aus. Der
Vergleich von 2D- zu 3D-Berechnung zeigt, dass dreidimensional eine Reduktion
der Sickerwasseroberfläche im Vergleich zur zweidimensionalen Strömung eintritt.
In Fehlstellenachse erreichen die mittleren, dreidimensional ermittelten Sickerlinienhöhen im landseitigen Deichkörper bei den betrachteten Deichsystemen zwischen 60% und 75% der zweidimensional ermittelten Sickerlinienhöhen (Abb.
6-35). Bei geringeren Fehlstellendurchmessern nimmt die dreidimensionale Durchsickerungsoberfläche in Fehlstellenachse nur noch einen Bruchteil der zweidimensionalen Sickerlinie an.
In Kapitel 7 wurde die instationäre Durchsickerung behandelt. Dabei wurde zum
Großteil auf homogene Deiche zurückgegriffen. Anfangs wurden in diesem Kapitel
einige analytische Ansätze zur Beschreibung der instationären Durchsickerung verglichen (Abb. 7-2, Abb. 7-3). Um für die Praxis eine Abschätzung zu ermöglichen,
unter welchen Randbedingungen stationäre oder instationäre Verhältnisse angesetzt
295
werden können, wurden an konkreten Beispielen unter Zuhilfenahme sowohl von
analytischen Ansätzen (Abb. 7-4) und numerischen Berechnungen Zeiten ermittelt,
bei denen stationäre Verhältnisse auftreten können. Neben unterschiedlichen Ausgangssättigungen (Abb. 7-5) wurde auch ein allmählicher Einstau untersucht (Abb.
7-6). Zusätzlich wurde eine Abschätzung anhand des Ähnlichkeitsfaktors κ bei steigendem Wasserstand durchgeführt, um auch hier eine Abgrenzung treffen zu können, bei welchen Anstiegsgeschwindigkeiten bereits mit dem Einstau eine stationäre
Durchsickerung eintritt. Die ist etwa für κ > 100 der Fall (Abb. 7-8). Die Ausbreitung der Durchsickerungsfront an der Deichsohle wurde an einem Beispiel anschaulich dargestellt und die Ergebnisse mit analytischen Ansätzen verglichen (Abb.
7-10). Ein weiterer Schwerpunkt dieses Kapitels lag auf der Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen bei fallendem Wasserstand eine Rückströmung im Deich
auftreten kann. Dazu wurde ebenfalls der Ähnlichkeitsfaktor κ herangezogen. Bestehende Ansätze wurden mit numerischen Berechnungen verglichen und bestätigt
(Abb. 7-15). Für κ < 1,0 muss mit einer ungünstigen maximalen Rückströmung innerhalb des wasserseitigen Deichkörpers gerechnet werden, während für κ > 100
der Deich mit dem fallenden Wasserstand gleichzeitig entwässert und keine Rückströmung auftritt. Des Weiteren wurde der Einfluss von Voreinstauereignissen auf
die Durchsickerung untersucht. Vorereignisse bewirken i. d. R. eine Beschleunigung bzw. Verstärkung der Durchsickerung (Abb. 7-20) oder haben bei entsprechenden κ-Werten keinen Einfluss. Unter besonderen Randbedingungen – schnelle
Einstauereignisse und relativ undurchlässige Böden – können Vorereignisse auch zu
einer Abschwächung bzw. Verzögerung der Durchsickerung führen. Diese Tatsache
hat i. Allg. jedoch keine praktische Relevanz. Das Kapitel 7 enthält abschließend
noch Beispiele, anhand welcher die dreidimensionale instationäre Durchsickerung
von Deiche mit Dichtungen und Fehlstelle und der Einfluss von Vorregenereignissen erläutert wurden. Bei dem betrachteten Deichsystem mit Dichtung und Fehlstelle trat sowohl aufgrund der hohen Durchlässigkeit des Deichkörpers als auch aufgrund des relativ großen Fehlstellendurchmessers eine relativ rasche Durchsickerung auf (Abb. 7-21). Praktisch auftretende Vorregenereignisse konnten am betrachteten Deichsystem eine Beschleunigung abhängig von der Ausgangssättigung von
bis zum Zweifachen verursachen (Abb. 7-23).
Anhand der hier vorgestellten Vorgehensweise kann die Datenbasis zur Generierung charakteristischer Wasserstands- und Niederschlagsganglinien vergrößert werden und im Anschluss daran, gewässerspezifisch für einzelne Polderbereiche Bemessungsganglinien entwickelt werden. Dadurch kann im Einzelfall eine Bemessung von Deichen unter Berücksichtigung von instationären Durchsickerungszu-
296
ständen bewerkstelligt werden.
Die hier angestellten Berechnungen wurden unter der Annahme der Gültigkeit des
Darcyschen Gesetzes durchgeführt. Der Einfluss sowohl des prälaminaren Bereichs,
der bei der Durchströmung von sehr undurchlässigen Bodenmaterialien, wie z. B.
Dichtungen, auftreten kann, als auch auftretende Strömungsturbulenzen im postlaminaren Bereich, die bei groben Drän- oder Filtervorrichtungen auftreten können,
auf die stationären sowie instationären Durchsickerungsvorgänge bedürfen noch
einer Klärung. Die turbulente Strömung in Dränvorrichtungen beeinflusst direkt die
Leistungsfähigkeit von Dräns. In der Literatur herrscht hier ebenfalls Unklarheit,
mit welcher Sicherheit Dränkörper belegt werden sollen. In DIN 19712/1997 ist die
zweifache Sicherheit gefordert, während Brauns u. Raju (1993) die fünffache Sicherheit vorschlagen.
Parameterstudien zur Berücksichtigung von Niederschlagsereignissen oder zur Abschätzung der dreidimensionalen Durchsickerung hinter Dichtungen mit Fehlstellen
können dazu beitragen, Bemessungshilfen und –diagramme zu entwickeln, die u. a.
auch das Saugspannungsverhalten von Böden und charakteristische Ganglinien berücksichtigen können.
Die grundlegenden Bodenkenngrößen, die z. B. hier als Eingangsgrößen zur Abschätzung der gesättigten Bodendurchlässigkeit kS verwendet werden, unterliegen
einer natürlichen Streuung. Diese Streuung hat zum einen einen kleinskaligen inhomogenen Aufbau zur Folge und zum anderen ist somit eine unscharfe Ausbildung
der Sickerlinie verbunden. Folglich müssten in einem ersten Schritt, um eine
Versagenswahrscheinlichkeit des Deiches ermitteln bzw. das Schadensrisiko abschätzen zu können, für Deichböden und deren Kennwerten sowie auch für die einwirkenden hydraulischen Belastungen, wie z. B. dem Wasserstand, Wahrscheinlichkeitsverteilungen zur Verfügung gestellt werden. Anschließend kann für die unterschiedlichen Durchsickerungszustände entsprechende Eintretenswahrscheinlichkeiten ermittelt werden. Diese Durchsickerungszustände können bei den geotechnischen Nachweisverfahren als eine mit einer Wahrscheinlichkeit behaftete Einwirkung angesetzt werden, wodurch letztendlich nach Führung aller möglichen Nachweise entsprechend der zutreffenden Lastfälle die Deichversagenswahrscheinlichkeit ermittelt werden kann. In Anbetracht der Vielzahl der Nachweise sowie der
Vielfältigkeit möglicher Versagensmechanismen (vgl. Haselsteiner u. Strobl 2005)
ist jedoch nicht abzusehen, dass in naher Zukunft hierzu ein praxistaugliches Verfahren entwickelt wird, dass einerseits die komplexe Thematik ausreichend genau
297
abbildet und anderseits entsprechend Vereinfachungen trifft, die auf der sicheren
Seite der Bemessung liegen.
298
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333
Abkürzungsverzeichnis
a.a.R.d.T.
allgemein anerkannte Regeln der Technik
GTD
Geosynth. Tondichtungsbahn
bD
bindige Deckschicht
GW
Grundwasser(stand)
BHW
Bemessungshochwasser(stand)
Hav
Haverkamp
bzw.
beziehungsweise
HHW
Höchstes(r) Hochwasser(stand)
C
Kohlenstoff
HW
Hochwasser(stand)
D
DACHLER
i. Allg.
im Allgemeinen
D.-F.
DUPUIT-FORCHHEIMER-Annahme
i. d. R.
in der Regel
DD
Deichdichtung
ID
Innendichtung
DG
Durchwurzelungsgrad
K
Kalium
DP
DACHLER-PAVLOVSKY
KC
KOZENY-CASAGRANDE
Dr
Drän
KP
Kontrollpegel
DS
Deckschicht
MDC
main drying curve
DT
Dichtungsteppich
Mg
Magnesium
DW
Durchwurzelung
MIP
Mixed-in-Place
EC
Eurocode
MWC
main wetting curve
EK
Einwirkungskombination(en)
N
Stickstoff
EP
Elektronischer Porenwasserdruckgeber
o. ä.
oder Ähnliches
et al.
et alii
o. g.
oben genannt(e)/(es)
etc,
et cetera
OD
Oberflächendichtung
FF
FeFlow
OW
Oberwasser
FK
Feldkapazität
P
PAVLOVSKY
FMI
Fräs-Misch-Injektions-Verfahren
P
Phosphor
ggf.
gegebenenfalls
PDC
primary drying curve
GL
Ganglinie
pH51
Wasserstoffionenkonzentration
_________________________
51
pH ist die Abkürzung des lateinischen Ausdrucks „potentia hydrogenii".
334
PTF
Pedotransferfunktion
PWC
primary wetting curve
PWP
Permanenter Welkepunkt
RSM
Regelsaatmischung
SK
Sicherheitsklasse(n)
SL
Sickerlinie
stat.
stationär
theor.
theoretisch
u.
und
u. a.
unter anderem
u. ä.
und ähnliches
u. v. m.
und viele(s) mehr
U
Untergrund
UD
Untergrunddichtung
UW
Unterwasser(stand)
VAO
Versuchsanstalt Obernach
VD
Vegetationsdecke
vG
van Genuchten
vgl.
vergleiche
Wst.
Wasserstand
z. B.
zum Beispiel
z. T.
zum Teil
335
Verzeichnis der verwendeten Symbole und Formelzeichen
Lateinische Zeichen
A
[-]
Konstante nach Beyer (1964)
A
[-]
Anisotropiefaktor
A
[mm]
Abfluss
A
[m²]
Fläche
ADeich
[m²]
Querschnittsfläche des Deiches
AH
[-]
Haverkamp-Parameter
Ao
[mm]
oberflächiger Abfluss
APr
[m²]
Querschnittsfläche des Probekörpers
ASat
[m²]
gesättigte Fläche
ASt
[m²]
Querschnittsfläche des Standrohres
Au
[mm]
unterirdischer Abfluss
a
[-]
Forchheimer-Beiwert
a
[m]
Abstand
a
[m]
Abstand von der Fehlstellenachse
a
[m]
Länge der Hangquelle nach DACHLER und PAVLOVSKY
a’
[m]
Länge der Hangquelle nach KOZENY-CASAGRANDE
aDr
[m]
Abstand des Dräns vom wasserseitigen Deichfuß
aSat
[-]
gesättigter Flächenanteil
aSL,m
[-]
Quotient aus mittlerer Sickerlinienhöhe und Deichhöhe
B
[-]
Konstante nach Beyer (1964)
BH
[-]
Haverkamp-Parameter
BK
[m]
Kronenbreite
b
[-]
Forchheimer-Beiwert
C
[-]
Konstante nach Beyer (1964)
C
[-]
Krümmungszahl oder Abstufungsgrad
336
C’
[-]
Dimensionsloser Beiwert nach KOZENY-CARMAN
C*
[-]
Dimensionsloser Beiwert nach Vukovic u. Soro (1992)
C**
[-]
Konstante nach Beyer u. Schweiger (1969)
CK
[-]
Dimensionsloser Beiwert nach KOZENY-CARMAN
c
[kN/m²]
Kohäsion
cc,k
[kN/m²]
charakteristischer Wert der Kapillarkohäsion
c
[-]
empirischer Faktor von Hazen (1892)
cV
[m²/s]
Konsolidierungsbeiwert
D
[h] [min]
Dauer für Niederschläge
D
[-]
Lagerungsdichte
DD
[m]
Dicke der Dichtung
DG
[-]
Durchwurzelungsgrad
DOD
[m]
Dicke der Oberflächendichtung
DVD
[m]
Dicke der Vegetationsdecke
d
[m]
Korndurchmesser
d
[m]
Zylinderdurchmesser
d
[m]
Schichtdicke
d
[m]
Länge der theor. Sickerlinie nach KOZENY-CASAGRANDE
d
[m]
Dicke von Dichtungen
dDS
[m]
Dicke der Deckschicht
dFS
[m]
Fehlstellendurchmesser
dges
[m]
gesamte Schichtdicke
dm
[mm]
mittlerer Korndurchmesser
dU
[m]
Mächtigkeit der durchlässigen Untergrundschicht
dVD
[m]
Dicke der Vegetationsdecke
dw
[mm]
wirksamer Korndurchmesser
dWA
[m]
Dicke des Wegeaufbaus
Eo
[km²]
oberflächiges Einzugsgebiet
337
Ea
[mm]
reale Evaporation
Ei
[mm]
Interzeptionsverdunstung
ES
[kN/m²]
Steifemodul
ETa
[mm]
tatsächliche Evapotranspiration
ETp
[mm]
potentielle Evapotranspiration
e
[-]
Porenzahl
f
[-]
Faktor der Wurzelabnahme
f
[-]
Formfaktor der Deichgeometrie
fA
[-]
Korrekturfaktor zur Berücksichtung der Anisotropie
g
[m/s²]
Erdbeschleunigung (hier: 9,81 m/s²)
HAB
[m]
Abstiegshöhe einer Wst.-GL (fallender Ast)
HAN
[m]
Anstiegshöhe einer Wst.-GL (steigender Ast)
HAN*
[m]
potentielle Anstiegshöhe einer Wst.-GL (steigender Ast)
HD
[m]
Deichhöhe
HES
[m]
Einstauhöhen bei Wst.-GL
HFS
[m]
Höhe der Fehlstelle
HSch
[m]
Scheitelwasserstand einer Wst.-GL
∆HUW
[m]
Änderung des Unterwasserstandes infolge eines Deichbruches
HU
[m]
Untergrundmächtigkeit
h
[mWS]
(Wasser)Druckhöhe
h
[m]
Einströmhöhe der Sickerlinie nach DACHLER und PAVLOVSKY
h1
[m]
Wasserhöhe im Standrohr bei Versuchsbeginn
h1
[m]
Verlusthöhe im Einströmbereich
h1
[m]
Höhe der Sickerlinie direkt hinter der Innendichtung
h2
[m]
Wasserhöhe im Standrohr bei Versuchsende
h3
[m]
Austrittshöhe der Sickerlinie
hA
[m]
Austrittshöhe der Sickerlinie
hgr
[m]
Grenztiefe
338
∆hm,max
[%]
Erhöhung der mittlere Höhe der Sickerlinie
hk
[m]
kapillare Steighöhe
hN
[mm]
Niederschlagshöhen
hSL
[m]
Schüttlagenhöhe
hSL,m
[m]
mittlere Höhe der Sickerlinie
hü,Bresche
[m]
Überströmhöhe in einer Deichbresche
hW
[m]
Einstauhöhe
∆hW
[m]
Druckhöhenunterschied von Deichmitte zu wasserseitigem Deichfuß
hW*
[m]
Referenzeinstauhöhe
I
[-]
Gefälle, mittleres Sohlgefälle
IP
[-]
Plastizitätszahl
i
[-]
hydraulisches Gefälle
iN
[mm/h]
Niederschlagsintensität
iN,m
[mm/h]
mittlere Niederschlagsintensität
iN,Sp
[mm/h]
gespeicherte, mittlere Niederschlagsintensität
KR
[-]
relative Durchlässigkeit
k
[m/s]
Durchlässigkeit
k10
[m/s]
Durchlässigkeit bei einer Temperatur von 10°C
k*
[m/s]
abgeminderte Durchlässigkeit
ka
[m/s]
Ausgangsdurchlässigkeit
kbD
[m/s]
Durchlässigkeit der bindigen Deckschicht
kD
[m/s]
Durchlässigkeit des Deiches
kDD
[m/s]
Durchlässigkeit der Dichtung im Deich
kDi
[m/s]
Durchlässigkeit der Dichtung
kDS
[m/s]
Durchlässigkeit der Deckschicht
kDr
[m/s]
Durchlässigkeit des Dräns
kDW
[m/s]
Durchlässigkeit mit Wurzeln
kh
[m/s]
horizontale Durchlässigkeit
339
c
[m/s]
Durchlässigkeit
km
[m/s]
mittlere Durchlässigkeit bei anisotropen Böden
kOD
[m/s]
Durchlässigkeit der Oberflächendichtung
kS
[m/s]
gesättigte Durchlässigkeit
kS,M
[m/s]
Durchlässigkeit der Makroporen im Boden
ku
[m/s]
ungesättigte Durchlässigkeit
kU
[m/s]
Durchlässigkeit des Untergrundes
kUD
[m/s]
Durchlässigkeit der Untergrundabdichtung
kv
[m/s]
vertikale Durchlässigkeit
L
[-]
Mualem-Parameter
L
[m]
Länge der Sickerlinie nach DACHLER und PAVLOVSKY
L’
[m]
Länge der Sickerlinie bis hA nach DACHLER und PAVLOVSKY
L’’
[m]
Länge der theor. Sickerlinie bis hA nach KOZENY-CASAGRANDE
LBresche
[m]
Länge einer Deichbresche (im Falle eines Deichbruches)
LD
[m]
Länge des Deichlager
LFS
[m]
Länge der Fehlstelle
Lm
[m]
mittlere Sickerweglänge nach ERB
l0
[m]
Länge des Probekörpers
m
[-]
van-Genuchten-Parameter
m
[-]
Böschungsneigung (1:m)
mL
[-]
Neigung der landseitigen Böschung (1:mL)
mW
[-]
Neigung der wasserseitigen Böschung (1:mW)
MHQ
[m³/s]
Mittlerer Hochwasserabfluss
MHW
[m]
Mittlerer Hochwasserstand
MQ
[m³/s]
Mittlerer Abfluss
MW
[m]
Mittlerer Wasserstand
md
[kg]
Masse der trockenen Bodenprobe
mG
[-]
van-Genuchten-Parameter
340
mw
[kg]
Masse des Porenwassers
N
[mm]
Niederschlag
n
[-]
Porenanteil
n
[-]
Anzahl der Schichten
n
[-]
van-Genuchten-Parameter
na
[-]
Luftporenanteil
ne
[-]
effektive Porosität
ne,spez.
[-]
bodenspezifische, effektive Porosität
nG
[-]
van-Genuchten-Parameter
pF
[-]
Logarithmus der Matrixspannung
∆pm
[-]
Massenprozente der Kornklasse
PV
[-]
Porenanteil
Q
[m³/s]
Abfluss bzw. Durchfluss
Qü,Bresche
[m³/s]
Abfluss durch (über) eine Deichbresche
q
[l/s]
Durchfluss
q
[-]
Quotient aus Deichhöhe und Kronenbreite
qu,28
[MN/m²]
einaxiale Druckfestigkeit nach 28 Tagen
Re
[-]
Reynoldszahl
rFS
[cm]
Fehlstellenradius
rhydr.
[cm]
hydraulischer Radius
rK
[m]
Kapillarradius
S
[kN/m]
Strömungskraft
S
[-]
Sättigung
S0
[-]
Ausgangssättigung
SFK
[-]
Sättigung bei Feldkapazität
SiN
[-]
Sättigung infolge von Niederschlag
SL
[-]
Luftporenanteil
Sm
[-]
mittlere Sättigung
341
SR
[-]
Sättigung bei Restfeuchte
Sr,FK
[-]
Restsättigung bei Feldkapazität
Sr,PWP
[-]
Restsättigung beim Permanenten Welkepunkt
SS
[-]
Vollsättigung
s
[m]
horizontale Einströmlänge
T
[°C]
Temperatur
T
[a]
Jährlichkeit
T*
[-]
Tortuosität
Ta
[mm]
Transpiration
TES
[h]
Einstaudauer
TG
[h]
Gesamtdauer von Wst.-GL
THaupt
[h]
Dauer des Hauptereignisses von Wst.-GL
TNach
[h]
Dauer des Nachereignisses von Wst.-GL
LP
[m]
Länge des Porenkanals
TSch
[h]
Scheiteldauer von Wst.-GL
TVor
[h]
Dauer des Vorereignisses von Wst.-GL
t
[s]
Versuchszeit, Zeit
t
[m]
Tiefe
t
[mm]
Wandstärke von Stahlspundwänden
t
[h]
Durchström(feuchtungs)zeit
tasat,max
[h]
Zeit der maximalen Flächensättigung
tB
[h]
instationäre Befüllungszeit
t*
[h]
Referenzdurchströmzeit
tA
[h]
Startzeit einer Wst.-GL
tD
[m]
Einbindetiefe der Untergrundabdichtung
tE
[h]
Endzeit einer Wst.-GL
∆thmax,0
[%]
Beschleunigung des Eintretens der maximalen Durchsickerung
tL
[h]
Durchlaufzeit
342
tmax
[h]
Zeit beim maximalen Wasserstand einer Wst.-GL
tN
[h]
Niederschlagszeit
tSch,A
[h]
Startzeit des Scheitels einer Wst.-GL
tSch,E
[h]
Endzeit des Scheitels einer Wst.-GL
tstat.
[h]
stationäre Durchströmzeit
tUD
[m]
Einbindetiefe der Untergrundabdichtung
tW
[m]
Wurzeltiefe
U
[-]
Ungleichförmigkeitszahl
V
[mm]
Verdunstung
Vges
[m³]
Gesamtvolumen
VP
[m³]
Porenvolumen
VW
[m³]
Wasservolumen
v
[m/s]
Fließgeschwindigkeit
va
[m/s]
Abstandsgeschwindigkeit
vAB
[m/s]
Abstiegsgeschwindigkeit von GL (fallender Ast)
vAN
[m/s]
Anstiegsgeschwindigkeit von GL (steigender Ast)
vF
[m/s]
Filtergeschwindigkeit
vmax,FS
[m/s]
maximale Fließgeschwindigkeit durch Fehlstellen
vn
[m/s]
Fließgeschwindigkeit normal (senkrecht) zur Einströmfläche
W
[m]
Wasserstand
W/B
[-]
Wasser-Bindemittel-Wert
W/Z
[-]
Wasser-Zement-Wert
WA
[m]
Wasserstand am Beginn eines Hochwassers
WE
[m]
Wasserstand am Ende eines Hochwassers
Wmax
[m]
Maximaler Wasserstand eines Hochwassers
WVL
[m]
Wasserstand in Vorlandhöhe
w
[-]
Wassergehalt
wL
[-]
Fließgrenze
343
wP
[-]
Ausrollgrenze
X
[-]
Faktor der Scheitelhöhe bei Wst.-GL
XH
[-]
Anpassungsfaktor des Wst.
XT
[-]
Anpassungsfaktor der Scheiteldauer
x
[m]
horizontale Sickerwegstrecke
xm
[m]
Mittlere Sickerwegstrecke nach BRAUNS
Y
[-]
Faktor des Wasserstandsrückgangs bei Wst.-GL (fallender Ast)
y0
[m]
Unterwasserhöhe nach KOZENY-CASAGRANDE
Z
[-]
Vielfaches der Scheiteldauer bei Wst.-GL
z
[m]
Durchwurzelungstiefe
Griechische Zeichen
α
[°]
Benetzungswinkel
α
[°]
Neigung der wasserseitigen Deichböschung
α
[1/cm]
van-Genuchten-Parameter
α
[-]
Haverkamp-Parameter
α
[-]
Faktor nach Luckner u. Schestakow (1976)
αd
[1/cm]
van-Genuchten-Parameter für Entwässerung
αG
[1/cm]
van-Genuchten-Parameter
αH
[-]
Haverkamp-Parameter
αw
[1/cm]
van-Genuchten-Parameter für Bewässerung
β
[°]
Neigung der landseitigen Böschung
β
[-]
Haverkamp-Parameter
βH
[-]
Haverkamp-Parameter
ε
[-]
Porenanteil
ε
[-]
Einstaugrad
γ
[kN/m³]
Wichte
344
γ’
[kN/m³]
Wichte unter Auftrieb
γW
[kN/m³]
Wichte von Wasser (hier: 10 kN/m³)
η
[-]
globaler Sicherheitsfaktor
η
[kg/m·s]
dynamische Viskosität (1,3·10-3 kg/(m·s) bei T = 10°C)
ϕ'
[°]
dränierter Scherparameter
κ
[m²]
Permeabilität
κ
[-]
Vergleichs- oder Ähnlichkeitsfaktor
κW
[kN/m²]
Kompressibilität von Wasser (κW = 2,08·109 kN/m²)
ν
[m²/s]
kinematische Viskosität (1,3·10-6 m²/s bei T = 10°C)
λ
[-]
Streckungsfaktor der Anisotropie
λ'
[-]
Stauchungsfaktor der Anisotropie
µ
[-]
Überfallbeiwert nach POLENI
θ
[-]
volumetrischer Wassergehalt
θFK
[-]
Wassergehalt bei Feldkapazität
θL
[-]
Luftanteil
θR
[-]
volumetrischer Restwassergehalt
θr,FK
[-]
volumetrischer Restwassergehalt bei Feldkapazität
θr
[-]
volumetrischer Restwassergehalt
θS
[-]
volumetrischer Wassergehalt bei Vollsättigung
θW
[-]
volumetrischer Wassergehalt nach einem Bewässerungsversuch
ρd
[kg/m³]
Trockenrohdichte
ρPr
[kg/m³]
Proctordichte
ρW
[kg/m³]
Dichte des Wassers (hier: 1.000 kg/m³)
σW
[N/m²]
Grenzflächenspannung des Wassers
τ
[N/m²]
Schubspannung
ψ
[-]
Abflusskoeffizient
ψ
[mWS]
Gesamtpotential
ψ
[1/s]
Permittivität
345
∆ψ
[mWS]
Potentialunterschied von OW zu UW
ψAEV
[hPa] [cmWS]
Lufteintrittspunkt
ψh
[mWS]
hydraulisches Potential
ψg
[mWS]
Gravitationspotential
ψm
[hPa] [cmWS]
Saugspannung, Matrixpotential
ψWEV
[hPa] [cmWS]
Wassereintrittspunkt
346
Firmenverzeichnis
Decagon Devices, Inc.
950 NE Nelson Court
P.O. Box 835
Pullman WA 99163, USA
GLÖTZL Gesellschaft für Baumesstechnik mbH
Forlenweg 11
76287 Rheinstetten
NAUE GmbH & Co. KG
Gewerbestraße 2
D-32339 Espelkamp-Fiestel
Süd Chemie AG
Lenbachplatz 6
D-80333 München
UMS GmbH
Gmunderstr. 37
81379 München
WASY mbH
Gesellschaft für wasserwirtschaftliche Planung und Systemforschung
Waltersdorfer Straße 105
D-12526 Berlin-Bohnsdorf
347
Anhang
Anhang 1: Bodenparameter von Deichen an bayrischen Gewässern..................... 349
Anhang 2: Bewuchsregelung nach DIN 19712/1997 (aus Haselsteiner u. Strobl
2004) und BAW MSD (2005) ........................................................................ 350
Anhang 3: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 1 ......................... 351
Anhang 4: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 2 ......................... 352
Anhang 5: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 3 ......................... 353
Anhang 6: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 4 ......................... 354
Anhang 7: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 5 ......................... 355
Anhang 8: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 6 ......................... 356
Anhang 9: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Literatur und Legende zu
den Teilen 1 bis 6 ........................................................................................... 357
Anhang 10: Zulässigkeit von Gehölzen auf Deichen unter Berücksichtigung von
Sicherungsmaßnahmen und einer Gehölzklassifizierung (vgl. Anhang 11) .. 358
Anhang 11: Gehölzklassifizierung auf Basis der Höhe von Gehölzen (GeK 1 bis
GeK 4, vgl. BAW MSD 2005) ....................................................................... 359
Anhang 12: Eigenschaften ausgewählter Gräser und Kräuter................................ 360
Anhang 13: Versuchsergebnisse der Durchlässigkeitsuntersuchungen von an
Mangfalldeichen entnommenen Grasnarben.................................................. 361
Anhang 14: Verwendete Wasserstandsganglinien (Anzahl: 94)............................ 362
Anhang 15: Ganglinienkennwerte der betrachteten 94 Hochwasserereignisse (A)363
Anhang 16: Ganglinienkennwerte der betrachteten 94 Hochwasserereignisse (B)364
Anhang 17: Abgeschätzte Ganglinien („Einzelwellen“) mit ausgewählten realen
348
Ganglinien zum Vergleich.............................................................................. 365
Anhang 18: Ganglinienparameter der Vorwellenereignisse & Nachwellenereignisse
........................................................................................................................ 366
Anhang 19: 3-Tage-Niederschlagssummen von Bayern für die Hochwasser 1999
und 2005 ......................................................................................................... 367
Anhang 20: Regionalisierte Niederschlagskarte für 24h-stündige Niederschläge mit
der Jährlichkeit T = 100 a aus DWD KOSTRA (1997) ................................. 368
Anhang 21: Niederschläge und Abflüsse ausgewählter HW-Ereignisse (A)......... 369
Anhang 22: Niederschläge und Abflüsse ausgewählter HW-Ereignisse (B) ......... 370
Anhang 23: Übersicht möglicher Lastfälle bei Hochwasserschutzdeichen an
Fließgewässern ............................................................................................... 371
Anhang 24: Vergleich der gemessenen und berechneten Ganglinien der Sättigung
für ausgewählte Messpunkte und unterschiedliche Versuche bzw.
Niederschlagsintensitäten ............................................................................... 372
349
Anhang 1: Bodenparameter von Deichen an bayrischen Gewässern
γ
Stützkörper
γ'
ϕ'
c
k
1)
Nr.
Gewässer / Ort
[kN/m³] [kN/m³] [°] [kN/m²]
[m/s]
Bez.
1
Mangfall / Bad Aibling
G, s, u' 19.0 10.0 32.5 0.0 1.E-02
2
Main / Schweinfurt
SE, SU 18.0 10.0 30.0 0.0 1.E-03
3
Isar / Tahlkirchen
G, s', u' 20.0 11.0 32.5 0.0 5.E-03
4 Tiroler Achen / Grassau G, s, u
18.0 10.0 32.0 0.0 1.E-04
5
Salzach / Tittmoning
G, s
35.0 0.0 1.E-03
6 Donau / Mariaposching G, s, u' 20.0 12.0 35.0 0.0 1.E-03
7
Donau / Vohburg
GE, GW 19.0 11.0 32.0 0.0 1.E-02
8
Donau / Dünzing
G, s
20.0 11.0 37.5 0.0 1.E-03
9
Donau / Mailing
GU, GT 21.0 12.0 32.5 0.0 1.E-02
10
Donau / Neuburg
GU, GE 20.0 11.5 32.5 0.0 1.E-03
11 Iller / Untermaiselstein
G, s, u' 20.0 10.0 30.0 1.0 1.E-05
12
Iller / Immenstadt
GU
20.0 10.0 30.0 1.0
k. A.
γ
Nr.
Gewässer / Ort
1
Mangfall / Bad Aibling
2
Main / Schweinfurt
3
Isar / Tahlkirchen
4
Grassau
5
Salzach / Tittmoning
6 Donau / Mariaposching
7
Donau / Vohburg
8
Donau / Dünzing
9
Donau / Mailing
10
Donau / Neuburg
11 Iller / Untermaiselstein
12
Iller / Immenstadt
k
1)
[kN/m³] [kN/m³] [°] [kN/m²]
[m/s]
Bez.
U, s, g
19.0
9.0 22.5 2.5 1.0E-08
Keine Auelehmschicht vorhanden!
U, s
20.0 11.0 30.0 2.0 1.0E-06
Keine Auelehmschicht vorhanden!
Keine Auelehmschicht vorhanden!
U, fs
20.5 10.5 22.5 5.0 1.0E-08
TM, TL 20.5 10.5 27.5 5.0 1.0E-06
T/U
19.0
9.0 22.5 5.0
TA, TM 18.0
8.0 20.0 5.0 1.0E-08
U, UL
19.0 10.0 25.0 2.5 5.0E-07
TL, OU 19.0
9.0 22.5 0 - 5
TM, TL 19.0
9.0 25.0 0 - 5
-
γ
Nr.
Gewässer / Ort
1
Mangfall / Bad Aibling
2
Main / Schweinfurt
3
Isar / Tahlkirchen
4
Grassau
5
Salzach / Tittmoning
6 Donau / Mariaposching
7
Donau / Vohburg
8
Donau / Dünzing
9
Donau / Mailing
10
Donau / Neuburg
11 Iller / Untermaiselstein
12
Iller / Immenstadt
1)
Auelehmschicht
γ'
ϕ'
c
Untergrund
γ'
ϕ'
c
k
1)
[kN/m³] [kN/m³] [°] [kN/m²]
[m/s]
Bez.
G, s, u' 19.0 10.0 32.5 0.0 1.0E-02
GU, GI 20.0 12.0 32.0 0.0 1.0E-02
G, s
21.0 12.0 37.5 0.0 1.0E-03
S, u, g
21.0 11.5 30.0 5.0 1.0E-06
G, s
35.0 0.0
G, s, u' 22.0 14.0 35.0 0.0 1.0E-03
GE, GW 19.0 11.0 32.0 0.0 1.0E-02
G, s
18.0
9.0 33.0 0.0 1.0E-03
GU, GT 22.0 13.0 35.0 0.0 1.0E-02
GU, SU 21.5 12.5 32.5 0.0 1.0E-03
GU, GU* 20.0 10.0 30.0 0.0 1.0E-03
GW, GU 22.0 12.0 32.5 0.0 3.5E-03
Bezeichnung nach DIN 18196 oder DIN 4020
k. A.: keine Angaben
Gehölz1)
Sträucher1)
3
Kein
Gehölz
Kein
Gehölz
3m
Sträucher1)
3
Berme
FahrbahnAufbau /
Kein
Gehölz
3m
(befahrbar)
(extensive Pflege)
Magerrasen
(Wurzeln dürfen nicht
in dem erdstatischen
Querschnitt eindringen.)
1
Überdimensionierter
Bereich
< H/3
Landseitige Böschung
(Magerrasen)
sollten nur in Gruppen vorgenommen werden.
Kein
Gehölz
Fahrbahnaufbau
1) Bepflanzungen
(intensive Pflege)
Rasen auf 10 – 25 cm
Oberboden
1
(Nutzungseinschränkung)
Deichschutzstreifen
5m
Krone
(befahrbar)
Kein
Gehölz
3m
3)
2)
1)
3
Gehölz
H < 25 m
Röhricht und
Sträucher)
Kein
Gehölz
Zone
4
< H/3
Landseitige Böschung
Zone 2
Zone 31)
Bäume 2. / 3. Ordnung und
Sträucher
Krone
Zone 1
5m
Sträucher1)
Gehölz
H < 25 m
Zone 5
Bäume 2. / 3. Ordnung und
Sträucher
10 m
Hinterland
Kein
Gehölz
(Nutzungseinschränkung)
Bepflanzungen sollte einzeln oder in Gruppen vorgenommen werden.
Bei Dauerstau im Allgemeinen kein Gehölzbewuchs.
Auf Dämmen mit Innendichtung oder ohne Dichtung sind Röhricht und einzelne Strauchgruppen zulässig. Bei Oberflächendichtungen ist kein Gehölz
zulässig.
Keine Regelung2)
1
Wasserseitige Böschung
10 m
Deichschutzstreifen
5m
Gehölz1)
Gehölz
H > 25 m
Zone 6
(Pappeln > 30 m)
Bewuchsregelung nach BAW MSD (2005) an einem beispielhaften Dammquerschnitt an Bundeswasserstraßen
Keine Regelung für Gehölz im Vorland2)
Oberer
Betriebswasserstand
Vorland
Bewuchsregelung nach DIN 19712/1997 an einem beispielhaften Deichquerschnitt
(Pappeln > 30 m)
10 m
Wasserstand
(bei Hochwasser)
Wasserseitige Böschung
(Rasen)
1m
Gehölze im Vorland dürfen nicht zu einer
unzulässigen Beeinflussung des
Hochwasserabflusses führen.
350
Anhang 2: Bewuchsregelung nach DIN 19712/1997 (aus Haselsteiner u. Strobl
2004) und BAW MSD (2005)
351
Anhang 3: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 1
Bäume und Büsche
Nr.
Name
Baumdaten
botan. Name
Höhe/Breite1
Höhe2
Breite2
1
19
Bergahorn
Acer pseudoplatanus
[-]
40/15
[m]
30
[m]
15
2
19
Bergulme
Ulmus glabra
35/20
30
20
3
19
Esche
Fraxinus excelsior
40/15
30
15
4
Fichte
Picea abies
-
5
Flatterulme
Ulmus laevis
30/20
6
Graupappel
Populus canescens
30/10
7
Kiefer (Waldkiefer)
Pinus silvestris
8
Lärche
9
Robinie
10
Schwarzpappel
Populus nigra
30/10
35
20
11
Silberpappel
Populus alba
30/15
30
20
Silberweide
Salix alba
30/15
15÷30 5
20
12
19
13
14
19
15
15
50
30
20
35
15
-
-
4015
-
Larix decidua
-
50
Robinia pseudoacacia
-
254
15
94
15
20
Sommerlinde
Tilia platyphylos
35/20
Stieleiche
Quercus robur
40/20
30
20
Traubeneiche
Quercus petraea
(Nr. 16)
40 4
10 4
40
15
16
Weißtanne
Abies alba
40/10
17
Zitterpappel (Aspe, Espe)
Populus tremula
30/15
35
15
10
50
-
18
19
Bruchweide (Knackweide)
Salix fragilis
15/10
19
19
Eberesche (Vogelbeere) [Nord. Eberesche]
Sorbus aucuparia [intermedia]
15/6
8÷20 8
15
20
19
Feldahorn
Acer campestre
10/6
10
8
21
19
Feldulme
Ulmus minor / carpinifolia
30/15
20
15
22
19
Grauerle (Weißerle)
Alnus incana
15/8
15
8
23
19
Hainbuche
Carpinus betulus
20/10
20
15
24
Roßkastanie
Aesculus hippocastanum
-
20
25
Rotbuche
Fagus silvatica
-
26
Rotweide (Weißweide)
Salix rubens
15
25
15
27
Sandbirke
Betula pendula
-
28
Schwarzerle
Alnus glutinosa
25/8
20 4
25
64
10
15
30/10
6
6
8
-
29
19
Spitzahorn
Acer platanoides
30/10
25
30
19
Traubenkirsche
Prunus padus
17/8
10
10
31
Vogelkirsche
Prunus avium
25/10
20
15
32
Wildbirne
Pirus pyraster
10/5
10
5
33
Winterlinde
Tilia cordata
30/20
25
25
6
34
19
Grauweide (Aschweide)
Salix cinerea
5/6
5
35
19
Corylus avellana
6/4
8
6
36
19
Hasel (19 bezieht sich auf die Haselnuss)
Holzapfel (Apfelbaum, Wildapfel)
Malus sylvestris
8/6
8
6
3÷8 5
4
5
-
37
Korbweide
Salix viminalis
8/4
38
19
Mandelweide
Salix triandra
4-7/3-5
2÷7
5
39
19
Purpurweide
Salix purpurea
5/3
5
40
19
Rainweide (Liguster)
Ligustrum vulgare
5/3
2÷6
5
41
19
Roter Hartriegel
Cornus sanguinea
6/4
6
Schwarzer Holunder
Sambucus nigra
7/5
7
5
19
Spindelstrauch (Pfaffenhütchen)
Euonymus europaeus
7/3
7
3
Weichselkirsche (Sauerkirsche)
Prunus mahaleb
-
45
19
Weissdorn (eingriffelig)
Crataegus monogyna
7/4,5
699
7
5
46
19
Weissdorn (zweigriffelig)
Crataegus oxyacantha
8/5
8
5
47
19
Faulbaum
Rhamnus frangula
5/3
4
6
48
19
Heckenkirsche
Lonicera xylosteum
4/3
2
6
49
19
Schwarzweide
Salix nigricans
5/4
3÷4
50
19
Wasser-Schneeball (Gemeiner Schwneeball)
Viburnum opulus
4/3
4
42
43
44
99
7
3
4
-
5
-
352
Anhang 4: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 2
Baumdaten
Nr.*
Kronenform1
1
breitrund,regelmäßig
2
breit,rundlich,hoch angesetzt
3
breit,unregelmäßig,offen
4
5
Wurzeldaten
gleichmäßig spitz, kegelförmig
horiz.4
vert.4
H*,E*
[m]
10
1,0÷1,4 3
S*,E*
12 ÷ 15
0,5 ÷ 1,6
H*,S*,E*
5 ÷ 14
0,8 ÷ 1,5
2
Standort (A)
15
-
kugelig,unregelmäßig,locker
4÷8
H*,E*
6
kegelförmig-rundlich,breit
7
Im Flachland: abgerundet, grobastig, unregelmäßig15
8
anfangs schmal kegelförmig, dann breit abgeflachtem
W*,H*
15
-
-
3÷10,5 14
hoch,kegelförmig
W*
11
breit ausladend
H*
12
dicht verzweigt
W*,S*
13
kegelförmig, dicht, geschlossen
15
9 ÷ 30
H*,S*,E*
breite Krone, geschlossen, regelmäßig
15
9 ÷ 30
2
11÷ 18
14
0,5 ÷ 2,5
flach 1
2÷17
1,0÷1,6
2÷17
13
1,0÷1,6 3
17
kegelförmig,breit,locker
18
dicht,geschlossen,schief!
W*,S*
19
rund,unregelmäßig,offen
S*
9,5 14
20
kugelig,rund
H*,E*
12 14
21
schmal,hoch angesetzt
H*,S*
22
breit,rundlich,locker
W*,E*
19
10
23
kegel,breit,unregelmäßig
H*,E*
max.17
24
25
breitkronig
auslandende Krone im freien Gelände
26
länglich,locker
27
28
ovale Krone mit spitzwinklig ansteigenden Ästen15
breitrund,locker
29
rund,regelmäßig,dicht
30
säulen-,kegelförmig
H*,S*,E*
7,5
14
31
kugelig,locker,hochgesetzt
H*,S*,E
7,5
14
32
kegelförmig,breit ausladend
33
unregelmäßig,dicht verzweigt
34
kugeliger,dichter Strauch
35
hoher,breiter Strauch
36
dicht,stark beastet
37
schmal
38
breit ausladend,mehrstämmig
39
dickbuschig
40
breit,buschig,dichter Strauch
41
hoher Strauch
42
breit ausladend,dicht
43
breit aufrecht, dicht
44
46
formlos,locker
47
breit,locker
48
buschig,verzweigt
49
50
99
strauchartig
dicht,ausladend
* Bezeichnungen siehe Anhang 3 (S. 351)
3
3
0,9÷1,5
11÷ 18
14
0,5 ÷ 2,9
15
6
0,6÷5,7
-
flach 13
1.5
14
0,8÷1,2
-
3
13
0,6÷1,6
-
3
14
-
8,5 ÷ 9
0,5 ÷ 0,9
H*,S*,W*17
H*,E*
-
1,5÷1,8 3
10
14
H*
8
H*,E*
11
-
14
3
1,0÷1,4
0,7÷1,4
-
13
H*,S*,E*,W*17
H*
-
-
4÷8
1 ÷ 1,5
W*
-
17
-
-
W*
W*
flach
-
-
H*
17
kurzstämmig und rundkronig
formlos,locker
1,0÷1,6
14
6
H*,E*, W*
H*,S*
45
3
9 ÷ 30
14
S*, W*17
15
2
13
-
H*
W*
1,5 ÷ 2
14
-
H*
3
9 ÷ 30
anfangs spitz kegelförmig, später säulig abgeflachter Wipfel
17
2
> 1,5 3
14
16
S*
3
0,5÷1,6
11 14
E*
< 0,5 3
1,0÷1,6
14
-
lockere, abgerundete Krone15
15
14
1÷19 13
9
kegelförmig,breit,locker
13
-
10
14
19
17
[m]
H*,S*,E*,W*17
H*,E*,W*17
H*,S*,E*
-
-
-
-
-
7,5
14
8,7 14
H*,S*
8,7
-
14
tief 1
tief
-
H*,E*
-
W*,S*
-
-
H*,E*
-
-
1
1
353
Anhang 5: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 3
Wurzeldaten
Nr.*
1
Eigenschaften
Wurzelsysteme3
Reaktion bei Überschüttung
16
Herz-Senkerwurzel, starke Hauptseitenwurzeln und dünne Senkerwurzeln
2
Pfahlwurzel, Pfahl-Herzewurzelsystem
3
Senkerwurzel, Pahl-Tiefwurzler10, auch Herzwurzler1, hohe Reichweite16
4
Flachwurzel
unempfindlich14
Adentivwurzelbildung9
10
Adentivwurzelbildung9
empfindlich14
5
Pfahlwurzel, Tiefwurzler
6
Herzwurzel
7
16
1
Adentivwurzelbildung9, empfindlich14
unempfindlich99
10
15
unempfindlich18
Herz-Pfahlwurzel , Tiefwurzler
8
Herzwurzel, Tiefwurzler
-
9
Senkerwurzel, Herzwurzel10, intensive Wurzelbildung15
-
10
Flachwurzler 7
unempfindlich99
11
15
8
Flachwurzler , hohe Vertikalausdehnung
16
unempfindlich14
12
Herzwurzel, oberflächennah intensiv wurzelnd
13
Herzwurzel7, Herzwurzel99
14
15
16
16
unempfindlich14
-
Pfahlwurzel, ab 30 bis 50 Jahre Herzwurzelsystem
1
empfindlich14
-
15
Pfahlwurzel, ab 30 bis 50 Jahre Tiefwurzler
Pfahlwurzel, Tiefwurzler
-
15
17
Senkerwurzel, Tiefwurzler
unempfindlich99
18
1
unempfindlich99
1
Herzwurzel, Flachwurzler
19
Senkerwurzel, Tiefwurzler
20
Flach-Intensivwurzel7, geringe Stärke von Wurzelsträngen16
empfindlich14
-
21
Tief- / Flachwurzel 8
-
22
Herzwurzel, Flachwurzel17
1
Herzwurzel, intensiv
unempfindlich18
-
24
Herzwurlzel, Flachwurzler10
empfindlich14
25
Herzwurzel, Intensivwurzler mit teilweise tellerförmigen Ausprägung16
unverträglich14
23
26
27
28
17
mittl. Wurzelsyst.
7
unempfindlich99
15
Herzwurzel, Tiefwurzler , Herz-Senker-Wurzelsystem
1
Herzwurzel, Tiefwurzler , keine Hauptseiten- und wenige Starkwurzeln
29
flache Herzwurzel17
30
Flachwurzler15, Intensivwurzler16
31
16
16
unverträglich14
Adentivwurzelbildung9
empfindlich14
32
mittl. Wurzelsyst. , Tiefwurzler
empfindlich14
-
33
Herzwurzel, Intensivwurzler16
-
34
Herzwurzel, stark verzweigt1
35
7
15
Intensivwurzel , Flachwurzler , Wurzelteller
7
15
unempfindlich99
16
unempfindlich18, Adentivwurzelbildung99
Herzwurzel, stocknah tiefgehend
36
Herzwurzel, flach wurzelnd
37
Flachwurzel
7
38
Herzwurzel, flach ausgebreitet1
39
16
15
empfindlich14
unempfindlich99
unempfindlich18
40
Intensivwurzel , oberflächennah
unempfindlich, Adentivwurzelbildung99
-
41
Flachwurzel 1, Herzwuzler10
-
42
Flachwurzel 7
-
43
flache Wurzel7, Intensivwurzler mit vielen Feinwurzeln16
-
44
Flachwurzler15
empfindlich14
45
7
17
16
Flachwurzel , Herzwurzel , ohne Staunässe tiefenstrebend
7
1
46
Intensivwurzel , Tiefe weitverzweigte Wurzeln
empfindlich14
-
47
Herzwurzel10, Flachwurzel16
-
48
Flachwurzel 7,Herzwurzel10
-
-
49
50
7
16
Intensivwurzel , Tiefe weitverzweigte Wurzeln
7
Flach-Intensivwurzel
99
7
* Bezeichnungen siehe Anhang 3 (S. 351)
unempfindlich, Adentivwurzelbildung99
-
354
Anhang 6: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 4
Eigenschaften
Nr.*
Reaktion bei Überflutung und Staunässe7
1
empfindlich, benötigt Wasserschwankungen1
2
mäßig empfindlich
3
weniger empfindlich , mäßig empfindlich
14
1
14
9
4
sehr empfindlich
5
unempfindlich
6
weniger empfindlich
1
15
9
7
sehr empfindlich
8
empfindlich gegenüber Staunässe
9
empfindlich gegenüber Staunässe
9
14
9
10
weniger empfindlich
11
weniger empfindlich
9
9
12
unempfindlich
13
empfindlich gegenüber Staunässe14
14
unempfindlich , empfindich gegenüber GW-Senkung , weniger empfindlich
6
16
14
9
15
sehr empfindlich
16
weniger empfindlich gegenüber Staunässe99
17
weniger empfindlich9
18
weniger empfindlich , unempfindlich
19
empfindlich
20
empfindlich bei Staunässe
1
14
1
6
9
21
unempfindlich
22
weniger empfindlich1
23
24
unempfindlich gegenüber Staunässe6
-
25
empfindlich
26
unempfindlich
27
unempfindlich
28
unempfindlich gegenüber Staunässe, empfindlich gegenüber Überflutungen
6
1
9
1
1
29
empfindlich
30
weniger empfindlich , empfindlich
1
14
1
31
empfindlich
32
unempfindlich1
33
weniger empfindlich1
34
weniger empfindlich, verträgt Staunässe1
35
empfindlich
36
weniger empfindlich
37
weniger empfindlich
1
1
1
1
38
unempfindlich
39
unempfindlich
40
empfindlich
41
(un)empfindlich1
42
unempfindlich gegenüber Staunässe6, empfindlich gegenüber Überflutungen1
43
unempfindlich1
44
empfindlich gegenüber Staunässe99
45
weniger empfindlich
1
1
1
1
46
empfindlich
47
unempfindlich gegenüber Staunässe
8
99
48
empfindlich gegenüber Staunässe
49
weniger empfindlich, benötigt Wasserschwankungen
50
weniger empfindlich
1
1
* Bezeichnungen siehe Anhang 3 (S. 351)
355
Anhang 7: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 5
Eigenschaften
Nr.*
Bevorzugte Böden7
1
nährstoff-/basenreiche, tiefgründige Böden
2
lockere, feuchte, nährstoff-,basenreiche, humose Stein-/Lehmböden
3
nährstoffreiche, sickerfrische Böden
4
frische bis feuchte, lockere Lehmböden15
5
sommerwarme Lehm-/Sandböden
6
Flussniederungen, standorttolerant
7
tiefgründige Lehm-/Steinböden, nährstoff- und basenarme Sande, Moor- oder Rohböden15
8
geringe Nährstoffansprüche, gedeiht auf Urgestein und Kalkböden
15
15
9
nährstoffreiche Lehmböden sowie trockene, arme Sandböden15, lockere Böden99
10
feuchte, nährstoff- und basenreiche Sand-/Lehmböden
11
offene, lockere, sandige Böden (feuchtefrische Standorte)
12
wechselfeuchte, kalk- und nährstoffreiche Aueböden; tonige Böden
13
frische, basen- und nährstoffreiche Böden
14
frische-grundfeuchte, nährstoffarme/-reiche Böden
15
frische, lockere, lehmige Böden15
16
auf allen Gesteinen
17
lockere, lichte und nährstoffreiche Standorte
18
sickernasse und feuchte Schwemmböden und basenarme Roh-Aueböden
15
19
auf nährstoffärmeren Lehm-/Sand-/Steinböden
20
trocken bis frische, nährstoff-/basenreiche Böden
21
sickerfeuchte, zum Teil überflutete, nährstoff-/basenreiche Lehm-/Tonböden, Aueböden
kiesig-sandige Lockerböden, Kalkschotter
23
nährstoffarme Böden
hohe Bödenansprüche
24
25
26
27
28
29
17
17
22
17
15
16
lockere nährstoff- und kalkhaltige sowie kalkarme, saure Böden , auch auf felsigem Untergrund
basenarme Böden
feuchte oder trockene, nährstoffarme, saure Böden, häufig Sand15
sickerfeuchte, nasse und schwachsaure Böden
17
30
frisch-feuchte, nährstoff-/basenreiche Böden, alle Böden
tiefgründige, nährstoffreiche, feucht-nasse Böden
31
nährstoffreiche, tiefgründige, kalkreiche, frische Böden
32
33
nährstoff-, basenreiche, meist kalkhaltige Böden
frische bis mäßig trockene, tiefgründige Böden
34
feucht-nasse, kalkfreie Böden (v.a. Quellsümpfe und Moore)
15
35
nährstoff-,kalkhaltige aber auch neutrale Böden
36
nährstoff- und basenreiche Böden15
37
wechselfeuchte bis nasse, nährstoff-/basenreiche Lehm-/Sandböden (Rohböden); nicht auf sauren Böden99
38
kalk-,nährstoff- und schlickreiche Aueböden, Iesbänge und Kiesgruben
39
40
feucht-nasse Schwemmböden, Sand- und Kiesböden, Kalkböden
mäßig trockene, nahrhafte und kalkhaltige Böden
41
lockere, mäßig trockene und kalkhaltige Böden
42
stickstoffreiche Böden
43
frisch-feuchte, nährstoff- und kalkhaltige Böden
44
nährstoffreiche, kalkhaltige Lehmböden15
lehmige, kalkhaltige Böden
45
17
17
46
lehmige, kalkhaltige Böden
47
frisch bis feuchte, nährstoffarme, kalkfreie Böden
48
kalkhaltige Böden, humose, trockene Böden
49
frische, staunasse, nährstoff- und kalkreiche Sand-, Lehm- und Tonböden, Kiesböden
feucht-frische, humus- und kalkahltige Böden
50
99
* Bezeichnungen siehe Anhang 3 (S. 351)
17
356
Anhang 8: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Teil 6
Eigenschaften
Nr.*
Sonstige Eigenschaften
1
Stockausschlag, schnellwüchsig6, bodenfestigend8
2
Stockausschlag
3
Stockausschlag
4
Halbschattenbaumart15
5
Stockausschlag
6
Stockausschlag , verursacht starke Schäden , schlank- und schnellwüchsig
2
2
8
14
17
2
14
7
Wurzelbrut, Stockausschlag , verursacht starke Schäden
8
Lichtbaumart
15
9
verursacht starke Schäden14, Wurzelbrut, Lichtbaumart, schnellwüchsig und bodenfestigend15
10
Stockausschlag 8, verursacht starke Schäden 14
11
Stockausschlag , verursacht starke Schäden
8
14
14
12
Stockausschlag, verursacht starke Schäden
13
-
14
Stockausschlag,geringe Wasseransprüche, verursacht Schäden
14
15
15
Halblichtbaumart
16
Schattenbaumart
17
Wurzelbrut, Stockausschlag , bodenfestigend
15
8
8
18
5
Sturmempfindlich, brüchiges Holz , mehrstämmig1, Stockausschlag2, bodenfestigend5
19
mehrstämmig1, Stockausschlag2
20
Stockausschlag2, bodenfestigend7, halbschattenveträglich17
21
Wurzelbrut, Stockausschlag , verursacht Schäden , halbschattenverträglich
2
14
6
17
8
22
Stockausschlag ,Wurzelbrut!, bodenfestigend
23
Stockausschlag , schnittverträglich , halbschattenverträglich
24
Bruchgefahr der Äste , schnellwüchsig
25
26
sturmgefährdet (kleine Wurzel) , verursacht Schäden , Schattenbaumart , Stockausschlag
-
27
verursacht starke Schäden14, bodenfestigend8, anpassungsfähig16
28
Stockausschlag2, schlankwüchsig6, bodenfestigend8
29
geringe Feuchtigkeitsanprüche, schnellwüchsig
30
mehrstämmig , Halbschattenbaumart, Sprossenbildung
2
2
17
6
17
13
14
15
16
6
1
15
31
Licht- bis Halbschattenbaumart
15
32
Licht- bis Halbschattenbaumart
15
33
8
bodenfestigend
34
sehr schnellwüchsig6, Stockausschlag2
35
36
Stockausschlag2, geringe Wasseransprüche6, bodenfestigend8
Wurzelbrut, Stockausschlag
37
sehr anspruchsvoll, wildverbissgefährdet5, Stockausschlag2
38
Stockausschlag, bodenfestigend
39
trockenresistent, größte ökologische Amplitude, anpassungsfähig , Stockausschlag, bodenfestigend
40
schnittverträglich , Stockausschlag, Wurzelausläufer
41
Stockausschlag, schnellwüchsig , Wurzelbrut , bodenfestigend
8
5
6
6
2
16
8
8
17
42
Stockausschlag , schnellwüchsig
43
Stockausschlag6
44
Licht- bis Halbschattenbaumart15
45
sehr anpassungsfähig, anspruchslos1, Stockausschlag8
46
sehr anpassungsfähig,anspruchslos , schnittverträglich
1
2
2
6
17
47
Wurzelbrut , Stockausschlag , schattenverträglich
48
schnellwüchsig , Halbschatten- bis Schattenbaumart
6
1
schattenverträglich , Stockausschlag
50
Stockausschlag , hohe Wasseransprüche
2
99
2
49
6
* Bezeichnungen siehe Anhang 3 (S. 351)
8
357
Anhang 9: Eigenschaften einiger wichtiger Gehölzarten – Literatur und Legende zu
den Teilen 1 bis 6
Literatur
1
LfU BW (1994)
DVWK 244/1997
3
Köstler et al. (1968)
4
LfW BY (1990)
5
Hiller (1985)
6
Tobias (2003)
7
Patt (1998)
8
DIN 19657/1973
9
Sinn (2004)
10
Wessolly u. Erb (1998)
11
Mattheck (2002)
12
Bruder (1998)
13
Polomski u. Kuhn (1998)
14
Balder (1998)
15
Aas u. Riedmiller (1987)
16
Winski (2004)
17
Lange u. Lecher (1989)
18
Begemann u. Schiechtl (1986)
19
infrage kommend nach LfW BY (1984)
99
Internet
2
Legende
A Standort
W* = Weichholzaue [Überflutung an 30-150 Tagen im Jahr]
H* = Hartholzaue [Überflutung an bis zu 30 Tagen im Jahr]
S* = Wälder in Auen (regelmäßige, kurze Überschwemmungen)
E* = Wälder an Fließgewässern (ohne bzw. sehr kurze Überschwemmungen)
GeK
1
Statisch wirksames
Sicherungselement
GeK
2
GeK
3
GeK6)11)
4
GeK6)11)
4
-
-
Zone9)10)11)
W1
Wasserseitige Böschung
-
GeK
4
-
-
GeK
4
GeK
4
GeK
4
-
-
-
-
-
Zone5)10)11)
L2
Berme
< H/3
Landseitige Böschung
> H/3
Zone11) Zone10)11)
0
L1
Krone
GeK4)
4
GeK4)
4
-
-
Zone
L3
5m
Deichschutzstreifen10)
GeK
3
GeK
3
GeK
3
GeK
3
Zone
L4
30 m
10 m
GeK
2
GeK
2
GeK
2
GeK
2
Zone
L5
Hinterland
GeK
1
GeK
1
GeK
1
GeK
1
Zone
L6
1) Ein Eindringen der Wurzeln in den statischen Querschnitt ist zu verhindern, außer wenn andere statische Sicherungselemente die Standsicherheit sicherstellen.
2) Deichwege und Fahrbahnen sind von Gehölz freizuhalten. Die Deichkrone und Deichverteidigungswege müssen für den vorgesehen Verkehr ein ausreichendes Lichtraumprofil haben.
3) Beim Vorhandensein einer Oberflächendichtung ist ein Eindringen der Wurzeln in dieselbige auszuschließen.
4) Das Eindringen von Wurzeln in den erdstatisch erforderlichen Querschnitt des Deiches oder in einen landseitigen Drän ist ggf. durch eine Wurzelsperre am Deichfuß zu verhindern.
5) Außer in diesen Bereichen sind auf und am Deich standsichere, u. U. bestehende Einzelgehölze im Einzelfall bis zu GK 3 zulässig, sofern genug Platz für eine ausreichende Wurzelausbreitung
vorhanden ist, aber gleichzeitig die Wurzeln keine Beeinflussung der Standsicherheit bewirken.
6) Bei Schardeichen, bei erhöhtem Strömungsangriff und/oder erhöhter Erosionsgefahr durch Wellen ist auf der wasserseitigen Böschung kein Gehölz zulässig.
7) Gehölze mit minderer Gefahrenklasse (z. B. GeK 4) sind im Allgemeinen in Zonen höherer Gefahrenklasse (z. B. GeK 1) zulässig.
8) Sind aufgrund der Randbedingungen oder aufgrund besonderer Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen z. B. geringere Höhen und/oder geringere Wurzelausbreitungen sicher abschätzbar
und/oder ist aufgrund besonderer Sicherungsmaßnahmen eine Beeinträchtigung der Deichsicherheit auszuschließen, können Gehölze einer höheren Gefahrenklasse auch in die nächst niedrigere
eingestuft werden.
9) Gehölze auf der Wasserseite müssen einer regelmäßiger u. U. nicht seltenen Überflutung standhalten.
10) Sind Gehölzbestände am Deich vorhanden, insbesondere innerhalb der Deichschutzstreifen, müssen Sicherungsmaßnahmen, z. B. der Einbau einer Wurzelsperre, durchgeführt werden. Am
Deich sollten i. d. R. maximal Gehölze der GeK 3 und auf dem Deich der GeK 4 zugelassen werden (Ausnahme siehe unter Punkt 11).
11) In diesen Bereichen können im Einzelfall maximal Gehölze, die der GeK 3 entsprechen, dann zugelassen werden, wenn es sich um Deiche mit niedrigem Schutzgrad und geringem Schadenspotential handelt. Im Hochwasserfall ist keine Deichverteidigung vorgesehen. Gehölze lassen keine Beeinträchtigung der Standsicherheit erwarten und/oder sowohl die Standsicherheit als auch
die Deichüberwachung sowie Deichverteidigung sind durch bauliche und/oder betriebliche Maßnahmen sichergestellt.
GeK
2
GeK4)
4
4
GeK
3
GeK
1
Landseitiges und
wasserseitiges
Überprofil
3
GeK
2
-
GeK
3
GeK
2
GeK
1
Landseitiges
Überprofil
1
2
Zone9)
W2
-
Zone9)
W3
5m
GeK
3
Zone9)
W4
30 m
10 m
Deichschutzstreifen10)
GeK
2
Zone9)
W5
Vorland
GeK
1
Deichquerschnitt2)3)
Wasserstand
(bei Hochwasser)
(Nur erdstatisch erforderlicher
Deichquerschnitt)
Keine
Sicherungsmaßnahmen1)8)10)
(Einteilung von Bäumen und Sträuchern aus BAW MSD (2005) in
Anbetracht von Größe, Wurzelausbreitung und Wachstumsrate)
GeK: GefahrenKlassen7)8)
Zulässigkeit von Gehölzen auf
Deichen nach GeK
358
Anhang 10: Zulässigkeit von Gehölzen auf Deichen unter Berücksichtigung von Sicherungsmaßnahmen und einer Gehölzklassifizierung (vgl. Anhang 11)
359
Anhang 11: Gehölzklassifizierung auf Basis der Höhe von Gehölzen (GeK 1 bis
GeK 4, vgl. BAW MSD 2005)
GeK
1
2
3
4
H > 30 m
30 > H > 10 m
10 > H > 5 m
5>H
Große Bäume
Normalwüchsige Bäume / Sehr
große Sträucher
Kleine Bäume / Große
Sträucher
Sehr kleine Bäume /
Normalwüchsige Sträucher
Alle Hybridpappeln
Bergahorn
Bergulme
Esche
Eßkastanie
Fichte
Flatterulme
Graupappel
Kiefer
Lärche
Robinie
Schwarzpappel
Silberpappel
Silberweide
Sommerlinde
Stieleiche
Traubeneiche
Weißtanne
Zitterpappel / Aspe
Alle Strauchweidenarten
Bruchweide
Eberesche/Vogelbeere
Elsbeerbaum
Feldahorn
Feldulme
Grauerle/Weißerle
Hainbuche
Holzbirne
Loorbeerweide
Mehlbeere
Moorbirke
Nordische Eberesche
Reifweide
Roßkastanie
Rot- / Weißweide
Rotbuche
Roter Holunder
Sandbirke
Schwarzerle
Speierling
Spitzahorn
Stechpalme
Traubenkirsche
Vogelkirsche
Wildbirne
Winterlinde
Grauweide
Grünerle
Hasel
Holzapfel / Apfelbaum
Hundsrose
Korbweide
Kornelkirsche
Kreuzdorn
Mandelweide
Purpurweide
Rainweide/ Liguster
Roter Hartriegel
Schwarzer Holunder
Spindelstrauch
Weichselkirsche
Weissdorn (eingriff.)
Weissdorn (zweigriff.)
Wolliger Schneeball
Alle Wildrosenarten
Berberitze
Besenginster
Brombeere
Faulbaum
Felsenbirne
Heckenkirsche
Himbeere
Kratzbeere
Kriechweide
Ohrweide
Schlehdorn
Schwarzweide
Wasserschneeball
Name
Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
Flechtstraußgras1,4
(Gras)
Gewöhnliches
Rispengras1,4
(Gras)
Glatthafer4
(Gras)
Hornklee4
(Kraut)
Hundszahn4
(Gras)
3
4
5
6
7
3
bis 604
bis 80 - 100
bis 904
Dactylis glomerata
Agropyron repens
Deschampsia
caespitosa
Festuca
rubra/arundinacea
Agrostis tenuis
Literatur:
Hiller (1999)
1
2
Tobias (1991)
Anthyllis vulneraria
1
Patt et. al. (1998)
bis 120
tief - sehr tief2
Festuca pratensis
4
50 - 70
(>50)
bis 65
Trifolium repens
15 Weißklee1
(Kraut)
16 Wiesen-Rispengras1,4
(Gras)
17 Wiesen-Schwingel2,4
(Gras)
18 Wundklee4
(Kraut)
bis 804
Bromus inermis
14 Wehrlose Trespe4
(Gras)
Poa pratensis
bis 1004
(30 - 50)
Trifolium hybridum
50 / sehr tief
-
Cynodon dactylon
4
bis 604
tief4
Lotus corniculatus
Arrhenatherum elatius
-
tief2
Agrostis stolonifera
Poa trivialis
flach2
Poa annua
bis 20
Wurzeltiefe
[cm]
13 Schweden-Klee4
(Kraut)
Knaulgras4
(Gras)
9 Kriechende Quecke1,4
(Gras)
10 Rasen-Schmiele4
(Gras)
11 Rot-/Rohr-Schwingel1,4
(Gras)
12 Rotes Straußgras4
(Gras)
8
Einjahrs-Rispegras2,4
(Gras)
Deutsches Weidelgras1,4 Lolium perenne
(Gras)
Gras- / Kräutersortenname
deutsch
botanisch
2
1
Nr.
4
1,3,4
4
kräftiges, tief reichendes
Wurzelsystem
tiefreichende Primärwurzel
schnelle Entwicklung, winterfest, nicht ausdauernd,
billiges Saatgut
hohe Bodenfeuchte, lehmig, tonige
langsame Jugendentwicklung
Böschungen
(kalk-)steinige, besonnte, warme Böschungen, teures Saatgut
steinige Rohbödenböschungen
langsame Entwicklung, zur Bestandserhaltung
Dünung notwendig
verdrängt niedrig wüchsige Untergräser
trockenresistent, mäßig geneigte Böschungen, hohe Regenerationsfähigkeit, ähnlich wie Hundszahn
nicht so frostresistent wie Quecke, rolliges
Material
anspruchslos, warme trockene aberauch
feuchte Böden
flach geneigte, nicht zu trockene, dichte
Lehme und Tone, stickstoffreiche Böden
tief reichendes, kräftiges Wurzelwerk warme, trockene Standorte, bis zu einem
hohen Maß trocken- und winterresistent,
lockere humose Lehme
senkrechte Wurzelausläufer
tiefreichendes, intensives
Wurzelsystem
extensiv, gleichmäßiges, verteiltes
Wurzelwerk, wurzelt an trockenen
Standorten tiefer, starke
Seitenwurzeln
Lichtenegger (1985)
Pfahlartig
Horste2
Rhizome
Stolone/Ausläufer
Ausläufer,hochwüchsig
-
saure Böden, empfindlich gegen Trockenheit
entwickelt sich sehr langsam (1 - 2 Jahre), geringe
Pflege notwendig
schnellere Entwicklung als Rot-Schwingel
dichte Bewurzelung bei Düngung,
reich verzweigte mitteltief reichende
Wurzelstränge
feuchte, kühle Lagen und trockene Standorte
keine bis kurze
Ausläufer
empfindlich gegen Winterkälte und lang andauernde
Schneebedeckung, schlechter oberirdischer
Erosionsschutz
langsame Entwicklung, keine Düngung und max.
eine Mahd notwendig
geringe, oberflächige Grasnarbendichte, wenig
empfindlich gegen abrollendem Bodenmaterial
Nässezeiger, Erstbesiedler in Flusssäumen
bodenverstigender Erstbesiedler in
Überschwemmungsgebieten
rasche, hohe Regenerationsfähigkeit
schnelle Entwicklung, Samen billig, Probleme bei der
Bestandserhaltung, tritt- und schnittfest
Eigenschaften
dichte Bewurzelung
trockene, steile Böschungen, anspruchslos
gegenüber Nährstoffhaushalt
für alle warmen Böden geeignet
steile Böschungen, grobkörniges, sandig bis
steiniges Material, halbtrockene Standorte
stickstoffreiche Standorte, humose Lehme
und Tone, sickerfeucht bis nass
kühl-feuchte, flach geneigte, lehmige, tonige
Böden
flach geneigte Böschungen
Empfindlich gegen Trockenheit und lange
Schneebedeckung, stickstoffreiche Böden,
Lehme und Tone
Standorte,
1,3,4
Böden
Ausläufer/Horste
Horst
siehe Glatthafer
unterirdische Ausläufer, reich
verzweigte tiefreichende
Wurzelstränge, dicht
Pfahlwurzel, Stocktriebe, dicht,
kräftigeres Wurzelsystem als
Wundklee
sehr kräftiges, tief reichendes
Wurzelsystem
dichter als das Wiesen-Rispengras
oberirdische Ausläufer, dichtes
Geflecht, tief reichende
Durchwurzelung
oberirdische Ausläufer,
oberflächennahe Wurzeln, sehr
dichtes Geflecht
Leichte Horstwüchsigkeit verhindert
ggf. den Rasenschluss
Wurzeln
Rhizome
1
grobkörniges Bodenmaterial, siehe Glatthafer schnelle Entwicklung, Düngung während der ersten
Jahre
siehe Hundszahn, aber nicht so dicht dichte Lehme und Tone, humose Böden,
winterfest, überschwemmungsresistent
siehe Hundszahn, mäßig trocken
Tiefreichendes Wurzelsystem
anspruchslos gegenüber Nährstoffhaushalt
schnelle Entwicklung
Horste4
Ausläufer4
Pfahlartig
leichte Horste
Horste
Stolone
Horste2
Horste
Wuchsform
360
Anhang 12: Eigenschaften ausgewählter Gräser und Kräuter
361
Anhang 13: Versuchsergebnisse der Durchlässigkeitsuntersuchungen von an Mangfalldeichen entnommenen Grasnarben
Standort
ProbenNr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
1
1
1
1
1
1
2
2
2
3
3
3
3
3
3
4
4
4
5
5
5
6
6
6
7*
7*
7*
7*
7*
7*
Böschung Einbauhöhe Einbaudichte k10 - Wert
3
[cm]
[m/s]
[g/cm ]
Aisinger Wies wasserseitig
12,0
1,41
1,55E-03
Aisinger Wies wasserseitig
13,5
1,52
6,94E-04
Aisinger Wies wasserseitig
Aisinger Wies landseitig
13,5
14,5
1,59
1,31
4,18E-05
1,75E-03
Aisinger Wies landseitig
15,5
1,61
2,62E-04
Aisinger Wies landseitig
14,5
1,36
8,80E-04
Aiblinger Au wasserseitig
11,5
1,50
4,15E-04
Aiblinger Au wasserseitig
7,5
1,63
8,26E-04
Aiblinger Au wasserseitig
6,5
1,69
1,79E-04
11,5
9,0
1,23
1,27
2,29E-03
1,77E-03
11,5
1,20
9,02E-04
1,44
6,99E-04
Willing
-
Willing
wasserseitig
Willing
Willing
wasserseitig
landseitig
Willing
landseitig
7,0
Willing
-
Götting
wasserseitig
12,5
1,23
9,21E-04
Götting
wasserseitig
13,0
1,46
1,37E-04
Götting
wasserseitig
7,5
1,53
5,17E-04
Götting
wasserseitig
16,0
1,55
1,97E-04
Götting
Götting
wasserseitig
wasserseitig
13,5
15,5
1,49
1,49
1,21E-04
5,98E-04
Götting
wasserseitig
11,0
1,62
1,70E-04
Götting
wasserseitig
13,3
1,54
1,76E-04
Götting
-
Götting
wasserseitig
14,4
1,19
7,59E-04
Götting
wasserseitig
14,7
1,30
1,85E-04
Götting
wasserseitig
14,2
1,38
1,52E-04
Götting
wasserseitig
Götting
Götting
wasserseitig
13,5
12,2
1,06
1,31
1,47E-04
5,78E-04
* Standort 7 entspricht Standort 5
-
Wasserstand [cm]
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
0
0
200
100 200 300
400
0
600
Donauwörth 1988
Donauwörth 1994
Donauwörth 1999
Donauwörth 2002
Ingolstadt 1988
Ingolstadt 1994
Ingolstadt 1999
Ingolstadt 2002
Kelheim 1988
Kelheim 1994
Kelheim 1999
Kelheim 2002
Reckenberg 1999 b
Reckenberg 2002
Lauben 2000
Lauben 2005
Lauben 2002
Lauben 1999 a
Lauben 1999 b
Reckenberg 1999 a
Achleiten 2002 V
Feldolling 2005 a
Feldolling 1995 a
Feldolling 1995 b
Engen 2000 a
Engen 2000 b
Engen 1999 a
Engen 1999 b
800
1000
Zeit [h]
1200
100 200 300 400 500 600
1400
München 2005
München 2002
München 2002 V
Lenggries 2002
Freising 2002 a
Freising 2002 b
München 1999 ?
Kraiburg 1999
Kraiburg 2002
Kraiburg 1985
Burghausen 1995
Burghausen 2002 V
Freising 2005 a
Freising 1999 b
Lenggries 1999
Burghausen 2002
Oberaudorf 1985
Oberaudorf 1991
Wasserburg 1999
Wasserburg 2002
Kempten 2005
Kempten 2000
Kempten 2002
Freising 1999 a
Wasserburg 1985
Freising 2005 b
Landsberg 2005
Landsberg 2002
Landsberg 1999 a
Landsberg 1999 b
Landsberg 1997
Feldolling 1995 c
Feldolling 2005 b
Feldolling 1999 a
Feldolling 1999 b
0
2000
Faulbach 1995
Trunstadt 1995
1600
Schwürbitz 1995
Schwürbitz 2003
1800
Achleiten 1988
Schwabelweis 1988
600
Schwabelweis 1999
400
Hofkirchen 1988
200
2200
Gewässer
Baunach
Donau
Günz
Illach
Iller
Inn
Isar
Lech
Main
Mangfall
Ostrach
Salzach
bis
bis
bis
von
von
von
bis
von
Färbung:
Hochwasser
88/94/99/02
95/02
88/94/99/02
99/00
93/95
99/05
99/02/05
88/94/99/02/05
88/94/99/02
88/94/99/02
00/02/05
85/99/02
97/99/02/05
99/00/02/05
99/02
93
99/02/05
85/91
93/95
99/02
88/94/99/02/05
93/95/03
93/95/03
85/99/02
1000
Gewässer
Donau
Salzach
Donau
Illach
Main
Mangfall
Isar
Donau
Donau
Donau
Iller
Inn
Lech
Günz
Isar
Baunach
Isar
Inn
Main
Ostrach
Donau
Main
Main
Inn
2400
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Pegel
Achleiten
1
Burghausen
2
Donauwörth
3
Engen
4
Faulbach
5
Feldolling
6
Freising
7
Hofkirchen
8
Ingolstadt
9
Kehlheim
10
Kempten
11
Kraiburg
12
Landsberg
13
Lauben
14
Lenggries
15
Lohr
16
München
17
18 Oberaudorf
Raunheim
19
20 Reckenberg
21 Schwabelweis
Schwürbitz
22
Trunstadt
23
24 Wasserburg
800
Schwürbitz 1993
Lohr 1993
Faulbach 1993 b
Faulbach 1993 a
Raunheim 1993 b
Raunheim 1993 a
Raunheim 1995
Trunstadt 1993
Trunstadt 2003
Achleiten 2002
Achleiten 1999 V
Achleiten 1999
Achleiten 1994
Schwabelweis 2005
Schwabelweis 2002
Schwabelweis 1994
Hofkirchen 2005
Hofkirchen 2002
Hofkirchen 1999 V
Hofkirchen 1999
Hofkirchen 1988
362
Anhang 14: Verwendete Wasserstandsganglinien (Anzahl: 94)
363
Anhang 15: Ganglinienkennwerte der betrachteten 94 Hochwasserereignisse (A)
Gewässer
Pegel-Bez.
Donauwörth
Jahr 1988 1994 1999 2002 1988
Nr.
1
2
3
4
5
Einzugsgebiet EO [km²]
15092.0
HPegel 1 [m+NN]
394.8
Fl-kmPegel 1
Pegel-Bez.
HPegel 2 [m+NN]
Ingolstadt
1994
1999
6
7
20052.6
2508.1
Dillingen
415.0
Fl-kmPegel 2
2538.3
∆L [km]
30.2
∆H [m]
20.2
Gefälle
6.7E-04
FG,char. [km²]
0.48
HW/MW [-]
3.4
Ganglinientyp
II
I
I
I
II
W max [cm] 495.6 568.9 549.8 530.1 508.7
TSch [h] 108.3 40.5 74.5 62.2 82.0
TG [h] 210.0 253.3 174.1 132.2 230.2
TG/TSch [-] 1.9
6.3
2.3
2.1
2.8
vAN [cm/h] 0.8
5.4
3.3
3.0
0.9
vAB [cm/h] -1.2 -1.5 -2.0 -3.6 -1.7
Donau
Kelheim
1994 1999 2002 2002a 2002b
10
11
12
13
14
23019.2
2002
8
1988
9
Achleiten
1999a
1999b 1994
15
16
17
76660.4
360.4
337.1
286.2
2458.3
Neuburg
375.5
2414.8
Neustadt
344.8
2225.3
Passau
286.5
2477.5
19.2
15.1
7.9E-04
0.81
3.3
III
I
I
570.9
739.7 596.4
33.6
35.6 42.1
190.7
185.6 141.5
II
590.1
166.0
242.2
2431.7
16.9
7.7
4.5E-04
0.36
2.6
III
I
I
III
III
673.1 785.7 692.6 590.4 814.9
48.6 52.6 54.4 66.0 64.9
241.1 186.4 153.2 222.0 360.8
1988
18
2226.7
1.4
0.2
1.6E-04
0.24
2.5
I
II
II
II
548.3
637.3 541.8 590.7
333.3
399.3 308.8 290.2
404.2
603.6 771.6 1207.0
5.7
5.2
3.4
1.5
5.0
3.5
2.8
3.4
5.6
1.2
1.5
2.5
4.2
5.3
6.1
4.3
0.7
4.1
4.5
3.3
3.4
3.8
0.6
1.6
1.4
0.4
-0.7
-3.3
-3.4
-5.9
-1.3
-1.5
-2.4
-4.4
-1.7
-1.5
-0.4
-0.5
-0.5
2.7
10.2
7.2
6.9
3.9
9.8
10.0
9.2
2.0
6.6
6.3
6.0
6.8
8.6
2.5
2.7
4.1
2.0
vAB,max,1h [cm/h] -2.1
-4.2
-2.8
-5.5
-3.6
-7.7
-7.0
-10.5
-2.2
-4.8
-4.0
-7.9
-3.5
-5.1
-1.3
-0.9
-2.1
-0.5
vAN,max,1h [cm/h]
Gewässer
Pegel-Bez.
Hofkirchen
Jahr 2005 2002 1999a 1999b 1994
Nr. 19
20
21
22
23
Einzugsgebiet EO [km²]
47609.6
HPegel 1 [m+NN]
299.6
Fl-kmPegel 1
Pegel-Bez.
HPegel 2 [m+NN]
Donau
1988
24
1988
25
Inn
Oberaudorf
Schwabelweis
Kraiburg
Wasserburg
1994
1999
2002 2005 1999 2002 1985
1991
2002 1999 1985
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
9714.9
35449.6
12278.1
11980.4
2256.9
Deggendorf
307.0
Fl-kmPegel 2
2284.4
∆L [km]
27.5
∆H [m]
7.4
Gefälle
2.7E-04
FG,char. [km²]
0.30
HW/MW [-]
2.1
Ganglinientyp
I
I
I
I
I
W max [cm] 643.8 664.0 564.0 686.9 593.0
TSch [h] 154.0 152.5 235.9 235.2 194.7
TG [h] 665.5 464.3 540.8 561.4 799.2
TG/TSch [-] 4.3
3.0
2.3
2.4
4.1
vAN [cm/h] 0.9
1.1
0.6
0.9
1.2
vAB [cm/h] -1.0 -1.2 -0.5 -0.8 -0.4
I
664.4
367.6
2115.1
324.5
371.2
464.0
420.5
2376.5
Oberndorf
331.2
104.0
Wasserburg
420.5
211.0
Kirchbichl
484.3
158.7
Rosenheim
440.0
229.7
18.7
20.3
1.1E-03
0.91
6.9
I
401.0
23.1
172.6
184.5
25.8
19.6
7.6E-04
0.43
3.0
I
I
I
540.0 628.8 401.0
50.5 65.4 23.3
311.0 220.4 164.0
IV
I
671.3 597.3
743.5 145.9
2412.4 488.4
2397.4
20.9
6.7
3.2E-04
0.29
2.0
III
560.0
183.3
1599.1
158.7
54.7
49.2
9.0E-04
0.73
4.8
I
I
I
I
I
660.1 574.4 657.5 577.2 736.3
96.8 128.8 56.8 41.0 50.1
417.0 511.2 220.5 280.3 355.3
5.8
3.2
3.3
8.7
4.3
4.0
3.9
6.8
7.1
7.5
6.2
3.4
7.0
0.4
0.7
1.3
1.2
1.3
0.8
4.0
6.4
4.6
3.3
3.1
3.0
3.7
-0.3
-0.2
-0.6
-0.6
-1.6
-1.4
-2.1
-1.5
-1.8
-2.1
-1.1
-1.7
-2.2
2.2
2.4
3.4
1.6
2.9
1.2
1.7
3.1
3.1
2.8
1.8
20.5
24.2
21.0
24.0
27.8
7.7
36.0
vAB,max,1h [cm/h] -2.4
-2.3
-2.4
-1.5
-1.2
-0.8
-1.3
-1.9
-1.6
-3.2
-3.7
-12.6
-7.8
-15.2
-8.0
-6.3
-6.2
-30.0
Gewässer
Salzach
Ostrach
Pegel-Bez.
Burghausen
Reckenberg
Jahr 1995 2002a 2002b 1999a 1999b 2002
Nr. 37
38
39
40
41
42
Einzugsgebiet EO [km²]
6649.0
126.7
HPegel 1 [m+NN]
351.6
768.6
2005
43
vAN,max,1h [cm/h]
Fl-kmPegel 1
Pegel-Bez.
HPegel 2 [m+NN]
11.4
Laufen
387.1
6.0
Top. Karte
-
Fl-kmPegel 2
47.5
∆L [km]
36.1
1.2
∆H [m]
35.4
6.6
Gefälle
9.8E-04
5.8E-03
FG,char. [km²]
0.44
0.12
HW/MW [-]
4.7
4.6
Ganglinientyp
I
I
I
IV
I
I
W max [cm] 658.3 654.2 805.4 207.0 272.7 220.7
TSch [h] 32.9 31.2 42.5 77.5 32.9
12.6
TG [h] 151.1 163.5 209.4 265.3 120.9 165.1
TG/TSch [-] 4.6
5.2
4.9
3.4
3.7
13.1
vAN [cm/h] 6.1
8.4
6.7
0.9
3.2
1.9
vAB [cm/h] -3.4
vAN,max,1h [cm/h] 24.1
-3.5
-2.1
Iller
Kempten
2002
2000
44
45
954.6
Lech
Landsberg
2005 2002 1999a 1999b 1997
46
47
48
49
50
2286.9
2005
51
Isar
München
2002a 2002b 1999
52
53
54
2814.0
656.2
582.3
500.4
102.7
Martinszell
694.9
85.4
Lechbruck
721.6
145.9
Baierbrunn
545.1
117.2
14.5
38.7
2.7E-03
0.25
3.7
I
I
I
632.3 529.9
493.5
40.2 38.6
41.3
240.2 216.8
206.3
146.6
61.2
139.3
2.3E-03
0.43
2.9
II
I
I
I
III
406.0 320.7 365.9 427.8 314.6
57.4 84.4 66.7 69.1 47.1
318.2 311.3 359.3 262.5 163.8
I
531.7
39.8
446.4
164.4
18.5
44.7
2.4E-03
0.74
4.8
I
I
I
315.4 465.4 313.2
35.7 196.0 63.0
338.4 429.1 391.9
6.0
5.6
5.0
5.5
3.7
5.4
3.8
3.5
11.2
9.5
2.2
3.8
2.6
3.0
1.4
0.9
0.9
1.8
1.6
2.8
2.3
3.6
6.2
1.2
-1.5
-3.2
-2.5
-2.5
-1.3
-0.9
-0.8
-1.2
-1.8
-1.1
-0.6
-0.7
-0.5
-3.8
-0.8
51.8 24.0
vAB,max,1h [cm/h] -20.8 -27.8 -11.2
4.9
7.7
7.4
10.7
4.0
8.0
4.9
2.7
3.2
4.4
4.3
10.7
4.3
8.6
3.6
-1.9
-6.0
-5.3
-6.6
-4.4
-5.1
-2.9
-2.0
-1.8
-2.2
-6.5
-3.3
-2.4
-2.7
-2.4
364
Anhang 16: Ganglinienkennwerte der betrachteten 94 Hochwasserereignisse (B)
Isar
Gewässer
Freising
Pegel-Bez.
Jahr 2005a 2005b 2002a 2002b 1999a
Nr. 55
56
57
58
59
Einzugsgebiet EO [km²]
3037.7
HPegel 1 [m+NN]
439.6
Fl-kmPegel 1
Pegel-Bez.
HPegel 2 [m+NN]
1999b
60
Lenggries
2002 1999
61
62
1402.7
670.8
113.7
München
500.4
Illach
Baunach
Engen
Lohr
1993
2000a 2000b 1999a 1999b 2005a
63
64
65
66
67
68
31.7
165.3
270.9
210.9
31.8
Sylvenstein aus BY 3D
719.9
-
Fl-kmPegel 2
145.9
∆L [km]
32.2
∆H [m]
60.7
1.9E-03
Gefälle
FG,char. [km²]
0.56
5.0
HW/MW [-]
Ganglinientyp
I
I
I
I
I
W max [cm] 235.7 448.0 324.9 383.9 256.0
TSch [h] 50.1 112.0 37.8 242.3 40.7
TG [h] 230.1 522.3 352.6 465.3 82.0
TG/TSch [-] 4.6
4.7
9.3
1.9
2.0
vAN [cm/h] 1.7
1.8
3.3
2.0
4.5
vAB [cm/h] -0.6 -0.7 -0.7 -0.6 -2.5
I
270.1
71.0
328.2
223.9
13.1
49.1
3.8E-03
0.58
3.2
I
I
261.5 362.0
22.6 198.3
343.7 438.8
3.0
2.8
9.3E-04
0.01
2.4
I
342.9
147.7
427.6
Mangfall
Feldolling
2005b
1999a 1999b 1995a
69
70
71
72
756.1
767.5
530.6
6.7
aus Bayern 3D
-
25.0
Valley
578.4
1.5
9.5
6.4E-03
0.03
4.3
I
II
III
I
I
87.9 143.3 128.5 211.0 141.0
18.0 65.6 77.9 35.0 31.8
63.6 113.3 159.4 179.6 199.3
35.9
10.9
47.8
4.4E-03
0.51
5.4
I
II
I
I
228.3
154.4 291.9 174.1
15.3
81.6 27.3
7.5
262.8
335.1 398.6 49.8
4.6
15.2
2.2
2.9
3.5
1.7
2.0
5.1
6.3
17.2
4.1
14.6
6.7
0.9
1.8
1.6
1.6
1.5
3.0
0.8
1.8
2.0
2.4
0.9
2.1
9.6
-0.8
-0.3
-0.5
-0.5
-0.8
-1.2
-1.0
-1.3
-0.4
-0.6
-0.3
-0.6
-2.6
3.7
3.7
7.4
4.2
13.3
2.7
6.3
5.9
8.9
2.3
6.5
3.2
5.4
7.4
10.0
4.8
6.6
15.9
vAB,max,1h [cm/h] -1.6
-2.3
-3.0
-2.2
-8.3
-3.0
-3.1
-3.2
-5.5
-1.3
-2.8
-2.7
-5.4
-6.7
-3.5
-1.4
-2.8
-7.1
vAN,max,1h [cm/h]
Günz
Gewässer
Lauben
Pegel-Bez.
Jahr 2005 2002 2000 1999a 1999b
Nr. 78
79
80
81
82
Einzugsgebiet EO [km²]
313.7
HPegel 1 [m+NN]
572.0
Fl-kmPegel 1
Pegel-Bez.
HPegel 2 [m+NN]
54.2
aus Bayern 3D
-
Fl-kmPegel 2
∆L [km]
1.0
∆H [m]
2.0
2.0E-03
Gefälle
FG,char. [km²]
0.04
2.2
HW/MW [-]
Ganglinientyp
I
II
I
IV
I
W max [cm] 248.0 253.5 240.6 200.9 249.6
TSch [h] 44.3 99.2 40.0 158.8 50.9
TG [h] 212.6 297.9 171.6 276.1 224.1
TG/TSch [-] 4.8
3.0
4.3
1.7
4.4
vAN [cm/h] 1.4
0.8
2.0
0.8
1.7
vAB [cm/h] -0.9 -0.7 -0.9 -0.4 -0.6
Raunheim
1995
1993a 1993b
83
84
85
27142.0
Main
Faulbach
Trunstadt
1995
1993a 1993b 2003 1995 1993
86
87
88
89
90
91
20703.2
11985.0
Schwürbitz
2003
1995 1993
92
93
94
2420.68
82.9
128.3
223.4
263.5
12.2
Frankfurt a. M.
90.6
146.6
Wertheim
132.9
378.4
Kemmern
230.2
438.3
Mainleus
284.6
37.6
25.4
7.7
3.0E-04
0.28
3.9
I
I
I
562.0
456.5 329.1
316.4
270.1 189.3
917.5
549.2 660.8
157.0
390.9
10.3
12.5
4.6
6.8
4.4E-04
5.5E-04
0.41
0.30
4.4
3.9
II
II
I
I
IV
I
663.8
578.3 385.6 712.4 682.0 650.4
269.8
134.7 226.5 68.6 77.7 76.0
1236.3
636.1 713.2 549.9 741.5 442.9
461.1
22.8
21.1
9.2E-04
0.11
2.6
II
IV
IV
553.0
537.8 518.9
64.1
427.7 63.7
551.1
891.8 475.3
2.9
2.0
3.5
4.6
4.7
3.1
8.0
9.5
5.8
8.6
2.1
7.5
0.8
0.8
0.3
1.6
1.5
0.3
1.5
1.7
2.3
1.0
3.5
1.1
-0.7
-0.9
-1.2
-0.4
-0.6
-1.3
-0.6
-1.8
-0.9
-1.4
-1.0
-0.4
3.2
3.7
4.1
1.7
4.0
2.5
8.3
7.3
3.4
3.6
1.1
3.9
4.1
5.7
9.6
12.8
4.5
vAB,max,1h [cm/h] -1.6
-1.5
-2.1
-1.3
-1.5
-2.1
-2.4
-0.9
-2.4
-2.5
-1.9
-2.8
-2.8
-2.8
-2.4
-2.4
-1.6
vAN,max,1h [cm/h]
365
Anhang 17: Abgeschätzte Ganglinien („Einzelwellen“) mit ausgewählten realen
Ganglinien zum Vergleich
Wasserstand bzw. Anstiegshöhe [cm]
500
450
400
350
300
Freising 2002
250
IIb
200
Schwabelweis 1988
IIIb
150
IIa
IIIa
100
Ia
Ib
50
0
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
300
350
Zeit [h]
Engen 1999a
Wasserstand bzw. Anstiegshöhe [cm]
500
450
400
Vb
350
300
250
Burghausen 1985
200
IVb
150
Lauben 1999
Va
IVa
100
50
0
0
50
100
150
200
250
Zeit [h]
Wasserstand bzw. Anstiegshöhe [cm]
500
450
400
VIb
350
300
VIIb
250
200
VIa
VIIa
150
100
50
0
0
10
20
30
40
50
Zeit [h]
60
70
80
90
100
366
Anhang 18: Ganglinienparameter der Vorwellenereignisse & Nachwellenereignisse
Auswertungstabelle: Vorwellenereignisse
Pegel-Bez.
Lauben
Engen
Jahr 1999 2002 2005 1997 1999
Nr.
1
2
3
4
5
W A [cm] 121.7 127.6 113.3 49.5 47.5
W max [cm] 251.1 259.6 254.7 137.0 210.9
W Vor,max [cm] 202.8 169.8 137.3 131.6 128.3
W Vor,min [cm] 128.1 144.6 115.0 48.9
XH,AN,Vor [-] 0.63 0.32 0.17 0.94
XH,AB,Vor [-] 0.58 0.19 0.16 0.95
XH,AN,Vor/XH,AB,Vor [-] 0.92 0.60 0.93 1.01
2000
6
49.5
Burgh.
Achleiten
2002 1999 2002
7
8
9
162.0 422.5 314.9
Hofkir.
1999
10
382.4
142.0
810.0
638.1 816.5
687.0
87.4
655.0
547.9 590.4
564.0
51.7
55.6
210.0
450.5 358.8
418.0
0.49
0.41
0.76
0.58
0.55
0.60
0.47
0.34
0.69
0.45
0.46
0.48
0.95
0.84
0.90
0.78
0.84
0.80
TSch,Haupt [h] 51.8
TSch,Vor [h] 88.1
96.1
39.3
24.7
35.1
66.3
40.2
402.4
64.5
234.9
15.9
24.4
35.4
68.6
12.4
13.9
176.5
29.9
78.6
XH,Vor [-] 1.70
0.17
0.62
1.44
1.95
0.19
0.35
0.44
0.46
0.33
Pegel-Bez. Lenggries
Freising
Jahr 1999 2002 1999 2002 2005
Nr. 14
15
16
17
18
W A [cm] 161.6 130.0 106.8 83.0 109.4
W max [cm] 363.0 266.7 384.3 328.8 449.3
W Vor,max [cm] 259.2 207.8 272.0 200.0 235.7
Landsb.
Schwürb.
Feldolling
1999 1995 1999 2005
2003
19
20
21
22
23
188.4 50.7
74.0
55.4
243.1
433.7
223.5
290.8 227.3
552.7
373.2
W Vor,min [cm] 159.0 141.0 120.5 85.0 145.9 199.7
XH,AN,Vor [-] 0.48 0.57 0.60 0.48 0.37 0.75
XH,AB,Vor [-] 0.50 0.49 0.55 0.47 0.26 0.71
XH,AN,Vor/XH,AB,Vor [-] 1.03 0.86 0.92 0.98 0.71 0.94
TSch,Haupt [h] 198.3 20.7 242.7 34.7 104.8 60.7
TSch,Vor [h] 33.8 12.5 27.9 14.4 36.5 32.2
194.7
154.1 140.8
461.1
85.6
72.0
64.9
358.4
0.83
0.37
0.50
0.70
0.63
0.38
0.44
0.33
0.76
1.02
0.89
0.47
XH,Vor [-] 0.17
0.61
0.11
0.41
0.35
0.53
35.6
28.0
15.5
64.2
18.0
19.4
16.2
31.7
0.51
0.69
1.05
0.49
Auswertungstabelle: Nachwellenereignisse
Pegel-Bez. Raunheim Faulbach Landsberg Schwabelweis
Jahr
1993
1993
1997
1999
Nr.
1
2
3
4
W A [cm]
181.6
200.7
161.0
317.7
W max [cm]
456.8
579.9
303.5
560.5
W Nach,min [cm]
197.9
226.7
165.7
381.6
W Nach,max [cm]
330.1
386.2
265.8
473.6
XH,AB,Nach [-]
0.43
0.49
0.74
0.64
XH,AN,Nach [-]
XH,AN,Nach/XH,AB,Nach [-]
TSch,Haupt [h]
TSch,Nach [h]
XH,Nach [-]
0.48
0.42
0.70
0.38
1.11
0.86
0.96
0.59
269.4
130.7
52.5
182.9
124.3
93.4
93.9
493.6
0.46
0.71
1.79
2.70
367
Anhang 19: 3-Tage-Niederschlagssummen von Bayern für die Hochwasser 1999
und 2005
3-Tage-Niederschlagssummen / Hochwasser 1999 (Quelle: LfW BY 2003b)
3-Tage-Niederschlagskarte / Hochwasser 2005 (Quelle: LfW BY 2005)
368
Anhang 20: Regionalisierte Niederschlagskarte für 24h-stündige Niederschläge mit
der Jährlichkeit T = 100 a aus DWD KOSTRA (1997)
Hof
Schweinfurt
Bayreuth
Main
Aschaffenburg
Würzburg
Bamberg
Weiden
Nürnberg
Amberg
Ansbach
Regensburg
Deggendorf
Do
Ingolstadt
u
na
Isar
Donauwörth
Krumbach
r
pe
Am
ch
za
l
Sa
Iller
München
Isar
Ammer
Weilheim
Mangfa
ll
Rosenheim
Kempten
Pfarrkirchen
Freising
Traunstein
Tiroler
Achen
n
Do
Passau
Landshut
au
369
Anhang 21: Niederschläge und Abflüsse ausgewählter HW-Ereignisse (A)
HW 1999, 2002 und 2005 an Isar, Lech und Donau
31.8
30.8
29.8
28.8
27.8
26.8
25.8
24.8
23.8
22.8
21.8
20.8
19.8
18.8
17.8
16.8
15.8
14.8
13.8
12.8
11.8
10.8
9.8
8.8
7.8
6.8
5.8
4.8
3.8
2.8
1000
20
750
40
500
60
250
80
0
Wst [cm]
0
PA - hn
R - hn
SR - hn
PA - W
R-W
400
FS - hn
20
300
M - hn
40
200
60
100
80
0
500
20
375
40
250
60
125
80
0
Wst [cm]
0
Wst [cm]
0
FS - W
M-W
LL - hn
A - hn
GAP - hn
LL - W
800
PA - hn
600
R - hn
40
400
60
200
80
0
Wst [cm]
0
20
20
450
40
300
60
150
80
0
Hofk. - W
R-W
M - hn
FS - W
M-W
LL - hn
A - hn
GAP - hn
LL - W
31.8
29.8
27.8
25.8
23.8
21.8
19.8
9.8
17.8
0
15.8
125
80
13.8
250
60
11.8
40
7.8
375
5.8
500
1.8
0
20
SR - hn
FS - hn
Wst [cm]
600
Wst [cm]
0
3.8
hN [mm]
hN [mm]
hN [mm]
hN [mm]
Hochwasser August 2005
hN [mm]]
Hochwasser August 2002
hN [mm]
1.8
Datum
31.5
20
540
40
360
60
180
0
0
600
20
450
40
300
60
150
80
0
Datum
31.5
29.5
27.5
25.5
23.5
21.5
19.5
17.5
15.5
0
13.5
150
80
11.5
300
60
9.5
40
7.5
450
5.5
600
20
3.5
0
R - hn
SR - hn
PA - W
R-W
FS - hn
M - hn
Wst [cm]
80
PA - hn
Wst [cm]
720
Wst [cm]
30.5
29.5
28.5
27.5
26.5
25.5
24.5
23.5
22.5
21.5
20.5
19.5
18.5
17.5
16.5
15.5
14.5
13.5
12.5
11.5
10.5
9.5
8.5
7.5
6.5
5.5
4.5
3.5
2.5
0
1.5
hN [mm]
hN [mm]
Hochwasser Mai 1999
hN [mm]
1.5
Datum
FS - W
M-W
LL - hn
A - hn
GAP - hn
LL - W
hN [mm]
hN [mm]
hN [mm]
15.12
Hochwasser Dez./Jan.
2002/2003
800
WÜ - hn
20
600
Schwü. - W
40
400
60
200
80
0
16.1
14.1
12.1
10.1
8.1
6.1
4.1
2.1
31.12
29.12
27.12
25.12
23.12
21.12
19.12
0
800
20
600
40
400
60
200
80
0
Wst [cm]
16.2
14.2
12.2
10.2
8.2
6.2
4.2
2.2
31.1
29.1
27.1
25.1
23.1
21.1
19.1
17.1
15.1
hN [mm]
600
40
400
60
200
80
0
Wst [cm]
14.1
12.1
10.1
8.1
6.1
4.1
2.1
31.12
29.12
27.12
25.12
23.12
21.12
19.12
17.12
15.12
Hochwasser Dez./Jan.
1993/94
20
Wst [cm]
0
17.12
hN [mm]
Hochwasser Jan./Feb.
1995
800
DON - Q
0
1600
20
1200
40
800
60
400
80
0
Q [m³/s]
31.12
29.12
27.12
25.12
23.12
21.12
19.12
17.12
15.12
13.12
11.12
9.12
7.12
5.12
3.12
1.12
Hochwasser Dez. 1993
Faulb. - W
0
0
800
PA - W
20
600
R-W
40
400
60
200
80
0
Wst [cm]
7.5
5.5
3.5
1.5
29.4
27.4
25.4
23.4
21.4
19.4
17.4
15.4
13.4
11.4
9.4
7.4
5.4
Hochwasser April 1994
370
Anhang 22: Niederschläge und Abflüsse ausgewählter HW-Ereignisse (B)
HW 1993, 1995 und 2003 am Main
Datum
WÜ - hn
BA - hn
BA - W
Schwü. - W
Datum
WÜ - hn
BA - hn
Faulb. - W
BA - W
Schwü. - W
Datum
BA - hn
BA - W
HW 1993 und 1994 an der Donau
Datum
R - hn
SR - hn
KE - Q
IN - Q
Datum
R - hn
(LF 31)2)3))
LF 23)
LF 22)
Lastfall ist i. d. R. nicht maßgebend.
Für die zu betrachtenden Baustellenzustände kann ein entsprechendes
Baustellenhochwasser als Bemessungsgrundlage bestimmt werden.
4)
Entspricht Lastfall 3 nach DIN 19712
5)
"Für den Extremfall, dass in einer Grenzsituation die Einwirkungskombination EK 3 und
die Sicherheitsklasse SK 3 zusammentreffen, kann es in begründeten Sonderfällen
angemessen sein, die Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen und Widerstände gleich γF
= γR = 1,00 zu setzen." (DIN 1054/2005)
3)
Überlagerung der entsprechenden Einwirkungskombination und Sicherheitsklasse nach
DIN 1054
2)
D)
Nach Eintreten des Bemessungshochwassers oder ggf. des Baustellenhochwassers.
(LF 3a5))
LF 32)4)
(LF 31))
Versagen Versagen Andere das Bauwerk
der
der
schädigende
E)
E)
F)
Dichtung
Dränung
Versagenszustände
SK 3
"Während der Funktionszeit einmalig oder
voraussichtlich nie auftretende Zustände."
Ggf. müssen weitere Versagenszustände, wie z. B. Windwurf bei Gehölzbewuchs und Senkungen /
Einbrüche, bei zu erwartender, übermäßiger Wühltiertätigkeit oder andere das Bauwerk schädigende
Zustände, wie z. B. das Versagen einzelner Bauteile, berücksichtigt werden.
F)
Fallender Wasserspiegel nach Kronenstau oder infolge eines außergewöhnlichen Erreignissen wie z.B.
einem Deichbruch oder einer Wasserspiegelsenkung durch z. B. Inanspruchnahme von Flutpoldern.
D)
Ggf. ist eine Überlagerung der einzelnen Versagensformen zu betrachten.
E)
Bei Dichtungen und Dränungen sollte abgeschätzt werden, inwiefern die Dichtwirkung und Dränfähigkeit
durch Alterung oder andere Einflüsse beeinträchtigt werden können.
C)
Im Einzelfall kann auch ein niedrigerer Wasserstand als Kronenstau zwischen Kronenhöhe und BHW
sachgerecht sein, wenn die Jährlichkeit des Abflusses bei Kronenstau nicht dem gewünschten Schutzgrad
unter Berücksichtigung des Schadenspotentials entspricht.
B)
A)
LF 34)
LF 22)
(LF 11)2))
1)
ggf. andere seltene
Einwirkungen oder
Belastungen
Wasserdruck und
Strömungskräfte bei
B)
Kronenstau
Schnell fallender
C)
Wasserspiegel
ggf. andere
außergewöhnliche
Einwirkungen oder
Belastungen
Schnell fallender
A)
Wasserspiegel
Wasserdruck und
Strömungskräfte bei BHW
Verkehrs- und Auflasten
(i. d. R. auf Krone und/oder Berme)
Eigenlast
Hinweise zu den Einwirkungen und Sicherheitsklassen:
"Außer den Einwirkungen der RegelKombination eine gleichzeitig mögliche
außergewöhnliche Einwirkung, insbesondere
bei Erdbeben, Katastrophen oder Unfällen."
Außergewöhnliche Kombination
EK 3
"Außer den Einwirkungen der RegelKombination seltene oder einmalige
planmäßige Einwirkungen."
Seltene Kombination
EK 2
"Ständige sowie während der
Funktionszeit des Bauwerks regelmäßig
auftretende veränderliche Einwirkungen."
Regel-Kombination
EK 1
SK 2
"Bauzustände bei der
Herstellung oder Reparatur des
Bauwerkes und Bauzustände
durch Baumaßnahmen neben
dem Bauwerk."
Sicherheitsklassen
Hinweise zu den Lastfällen:
Einwirkungskombinationen
Einwirkungsgrößen
zzgl. Einwirkungen
aus EK 1
zzgl. Einwirkungen
aus EK 1
SK 1
"Auf die Funktionszeit des
Bauwerkes angelegte
Zustände."
371
Anhang 23: Übersicht möglicher Lastfälle bei Hochwasserschutzdeichen an Fließgewässern
372
Anhang 24: Vergleich der gemessenen und berechneten Ganglinien der Sättigung
für ausgewählte Messpunkte und unterschiedliche Versuche bzw. Niederschlagsintensitäten
1.0
A06a
Modellquerschnitt
0.8
0.6
0.4
Wst
S [-]
Echo 01
Echo 05
Wst
0.2
gemessen
berechnet
0.0
24
36
48
1.0
1.0
0.8
0.4
B04a
Echo01
Echo04
0
12
24
36
48
Echo01
Echo04
S [-]
0.6
0.2
0.2
0.0
0.0
0
1.0
12
24
0.4
0
12
24
Zeit [h]
36
48
36
48
1.0
0.8
B04d
Echo01
Echo05
S [-]
0.6
Echo01
Echo05
0.6
0.4
0.8
B04b
0.8
B04c
0.6
0.4
0.2
0.2
0.0
0.0
0
12
24
Zeit [h]
36
S [-]
12
48
S [-]
0
373
Danksagung
„Der Ernst, mein Junge, ist eine Angelegenheit der Zeit; er entsteht, soviel will ich
Dir verraten, aus einer Überschätzung der Zeit. Auch ich habe den Wert der Zeit
einst überschätzt, darum wollte ich hundert Jahre alt werden. In der Ewigkeit aber,
siehst du, gibt es keine Zeit; die Ewigkeit ist bloß ein Augenblick, gerade lange genug für einen Spaß.“ (Hermann Hesse, Der Steppenwolf, 1974)
Damit möchte ich weder behaupten, dass es ein einzigartiger Spaß ist, eine Doktorarbeit zu verfassen, noch, dass dies nur einen Augenblick gedauert hat. Sondern ich
möchte mich bei all denjenigen bedanken, die eben wie ich während meiner Tätigkeit an der Universität Freude und Spaß empfanden und in einem meist unbeschwerten Miteinander diese förderten.
Da wäre zuallererst Herr Univ.-Prof. Dr.-Ing. Theodor Strobl, dessen väterliche
Fürsorge mit den Jahren stetig zunahm. Ihm ist zu verdanken, dass diese Arbeit
stets darauf bedacht ist, von der Wissenschaft stets eine Brücke zur Praxis zu schlagen. Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach danke ich für die Übernahme des
Koreferats. Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Norbert Vogt danke ich für die Übernahme
des Vorsitzes bei der mündlichen Prüfung.
Für die zuverlässige und tatkräftige Unterstützung, besonders bei dem Aufbau des
Deichmodells, möchte ich mich bei allen Kollegen an der Versuchsanstalt Obernach
bedanken, unter deren behüteten Schirm ich bereits zu Zeiten meiner Diplomarbeit
einen heimatlichen Zufluchtsort gefunden habe. Diesen Ort personifizierte für mich
vor allem Herr Georg Reindl. Besonders erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch Herrn Franz Rieger, dessen Tatkraft mir stets Bewunderung abverlangte. Den Herren Richard Schmitt, Stephan Höck, Hubert Holzer und Karlheinz
Schwaiger möchte ich für die zuverlässige und häufig spontane handwerkliche Unterstützung danken.
Meinen (ehemaligen) Kollegen und Freunden in München wünsche ich eine glückliche Zukunft. Ich werde mich stets an die einzigartigen Zeiten erinnern, in denen
ich Lebensrettern und wahren Helden zur Seite stehen konnte. Unserer guten Seele,
Frau Dorothea Petry, danke ich für ihre soziale Kompetenz und die nicht fachlichen
Gespräche. An Herrn Dr.-Ing. Sebastian Perzlmaier und unsere gemeinsamen Jahre
im Büro werde ich stets wohlwollend zurückdenken. Aufschauen musste ich immer
zu Herrn Dr.-Ing. Patrick Schäfer, der sein strenges Leben stets leichten Fußes
374
meisterte. Herrn Dr.-Ing. Andreas Rimböck danke ich für die zahlreichen ernsthaften Gespräche zwischen Tür und Angel. Und die skurrilen und lustigen Begebenheiten, die ich mit Herrn Dr.-Ing. Marco Conrad erleben durfte, werde ich in Ehren
halten.
Der tatkräftigen Unterstützung von Herrn cand.-ing. Christian Bauer schulde ich für
die Unterstützung bei der numerischen Modellierung Dank. Seine Hinweise und
Anregungen waren stets Quell neuer Inspirationen und Ideen. Ebenso möchte ich
mich für die Unterstützung von Frau Franziska Hammerl bedanken, die stets bestrebt war, mich bei meinen Tätigkeiten zu entlasten.
Den Herren Dipl.-Geol. Michael Mett und Dipl.-Ing. Thomas Meister danke ich,
dass sie die Überströmungssicherung von Deichen beackerten und mir somit den
Rücken für das Verfassen des vorliegenden Werkes frei hielten. Herrn Piyarath
Amornchart und Herrn Sava Kisliakov gebührt Dank für die zuverlässige und sorgfältige Durchführung einiger Versuche zur Durchsickerung von Deichen während
meiner Abwesenheit bzw. Schlafstunden an der Versuchsanstalt. Den zahlreichen
Diplomanden, die am Themenbereich „Deich- und Dammbau“ Interesse zeigten,
möchte ich für ihre fachlichen wie persönlichen Anregungen danken.
Herrn BD Herbert Weiß möchte ich für die fachlich konstruktiven und stets wohlwollenden „Auseinandersetzungen“ danken, die wir im Rahmen des Projektes
„Deichsanierung“ führen konnten.
Meinen Kolleginnen und Kollegen möchte ich hier noch einmal explizit danken,
dass Sie mir stets mit Rat und Tat zur Seite standen und in den schwierigen Phasen
dieser Arbeit meine Launen ertragen haben. Ich danke Herrn Dipl.-Ing. Tobias Hafner, Herrn Dipl.-Ing. Roland Hoepffner und Herrn Dipl.-Ing. Markus Fischer für die
Durchsicht der Arbeit und die zahlreichen fachlichen Anregungen. Herausheben
muss ich Frau Dipl.-Ing. Katharina Fiedler, die sich die Mühe machte, sowohl
sprachlich als auch fachlich die vorliegende Arbeit auf Herz und Nieren zu prüfen.
Bei meinen Freunden möchte ich mich entschuldigen, dass ich Ihnen in der Vergangenheit nicht die angemessene Zeit gewidmet habe. Ich danke meinen Eltern Christa und Peter, meinem Bruder Herbert und meiner Lebenspartnerin Ivana, dass sie
die Liebe zu meinem Beruf respektieren und es mir somit relativ leicht machen und
machten, meinen beruflichen Interessen so freizügig und unbeschwert zu folgen.