Interview Sticks 2003

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Interview Sticks 2003
David Anlauff - Sticks 07/2003 - Szene Spot - Interview
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http://www1.sticks.de/magazine/0307/anlauff.htm
Geb.: Mai 1981
Wohnort: Mannheim
Ausbildung: Mit 10 Jahren musikalische Ausbildung bei Eric Schuh, Workshop-Besuche bei Vinnie
Colaiuta, Terry Bozzio, Bruno Castellucci, Trilok Gurtu, Joe Porcaro, Mike Shapiro, Peter O´Mara. Mit
15 Unterricht bei Elmar Federkeil, Ralf Gustke, Oliver Strauch und Franck Agulhon. Seit 2001
Studiengang an der Mannheimer Musikhochschule bei Michael Küttner
Credits: 1. Preis Jugend Jazzt 1999 in Montabaur, 2. Platz beim Best European Young Drummer
Contest in 2000, 2. Platz beim Deutschen Rock- und Pop Preis 2001 in Würzburg, 1. Preis beim Best
European Young Drummer Contest 2002 in Koblenz; Auftritte mit Dave King, Johannes Schädlich, Jean
Yves Jung, Thomas Blug, David Hanselmann u.v.a., TV-Präsenzen in ARD und ZDF
Aktuelle Bands: Gimme5, Club Supreme Band, Andreas Rapp Quartett, Christian Eckert Trio
Im Fokus des Szene Spots steht diesmal ein ehrgeiziger Drummer, der ein ungeheures Talent beweist
und dabei mit seinen jungen 21 Jahren spieltechnisch und musikalisch ein sehr hohes Niveau vorlegt.
Kein Wunder, dass er bei etlichen Drummer-Festivals bzw. Wettbewerben so richtig ablederte und die
Fachwelt aufmischte. David Anlauff hat zielgerichtet in eigenen Trainingsstunden an der Perfektion
eines heute geforderten Niveaus gefeilt, weil ihm nichts wichtiger ist, als eine umfassend solide
Technik, ein guter Sound – und die große Leidenschaft.
... mit 13 Jahren hab’ ich teilweise 7 Stunden am Tag geübt. Damals ging’s mir darum, in die
Schulband aufgenommen zu werden und ich opferte dafür die ganzen Osterferien, die ich im
Proberaum verbrachte. Ich hab mich intensiv mit Dave Weckl befasst, die Play Alongs probiert und das
Video „Back To Basics" regelrecht gefressen. Dabei entwickelte sich ein ganz besonderer Ehrgeiz.
Woher kommt dein Antrieb und diese enorme Begeisterung?
Mein Vater ist Musiklehrer, er hatte eine Band und diese Euphorie des Musikmachens habe ich als
Kind schon sehr früh wahrgenommen. Er konnte mir den Spaß an der Musik vermitteln. Der kreative
Aspekt, selber etwas zu schaffen, hat mich begeistert. Nach der Schulband fing das mit eigenen Bands
an und da wurde es musikalisch richtig interessant. Mit 18 hatte ich den Führerschein und damit
änderte sich viel, denn ich war mobil und hatte plötzlich über 50 Gigs im Jahr. Ich war mit der
Coverband Gimme 5 unterwegs und konnte für meinen damaligen Schlagzeuglehrer Elmar Federkeil
einige Sub-Jobs spielen, Hochzeiten, mit regionalen Leuten usw. Jede Woche bin ich zu Jazz-Sessions
gegangen und hab auch dort viel gelernt, viel reflektiert.
Du hast die ganz klare Zielsetzung als Profi-Drummer deinen Weg zu gehen?
Na klar. Ich studier das ja auch, zur Zeit in Mannheim bei Michael Küttner, und ich überlege gerade,
einen Auslandsaufenthalt in LA anzuschließen.
Was versprichst du dir davon?
11/9/2008 6:41 PM
David Anlauff - Sticks 07/2003 - Szene Spot - Interview
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Ich sehne mich nach der Möglichkeit mich hundertprozentig auf meine Fähigkeiten zu konzentrieren und
mich neu zu ordnen. Bevor ich mich so richtig in den Drummer-Beruf stürze möchte ich noch mal alles
klarstellen, meine Technik checken lassen und wirklich konzentriert üben.
Wo siehst du deine Prioritäten als Drummer? Ist es mehr die technische Raffinesse oder ist es
das Feel?
Jeder hat seine Phasen im Leben und ich hab’ täglich Technik geübt, Rudiments usw. und bin da auch
sehr weit gekommen. Jetzt nutze ich die Technik nur noch um lockerer zu werden und um Ideen
umzusetzen. Im Grunde geht’s mir eigentlich darum aus dem Bauch heraus zu spielen, loslassen, sich
fallen zu lassen und vor allem auch gut zu klingen. Ich schneide meine Auftritte oft mit und kann
dadurch mein Feel immer wieder neu justieren. Allerdings muss ich aufpassen, dass ich die
Kontrollaufnahmen nicht überbewerte. Ein Gig darf auch mal daneben gehen, dann kommt halt der
Nächste.
Wie willst du denn klingen?
Meine Sound-Vorstellung geht sehr in die Richtung von Ralf Gustke und Vinnie Colaiuta. Ich hab’ in
meinem Kopf eine feste Vorstellung von Sound. Es sind aber auch andere Musiker, die nicht
Schlagzeug spielen, zum Beispiel Miles Davis, deren Biografien mir wichtige Impulse geben. Ein
Backbeat ist für mich eine knackige funky Angelegenheit. Und im Jazz-Bereich – ich spiel im Moment
auch viel Bebop – da überwiegt die eher minimalistische Klangvorstellung.
Hat Drumsound – also klingen am Schlagzeug – in erster Linie was mit Spieltechnik und Feel zu
tun, oder ist es auch eine Frage des Equipments?
Eigentlich ist es die spieltechnische Seite. Wenn ich spiele, dann mache ich mir über den reinen
Drumsound eigentlich weniger Gedanken. Mir geht’s darum, dass mein Spiel locker wird, ich arbeite
mit Timing-Rückung, mit Feel – und außerdem will ich Spaß dabei haben! Denn wenn das nicht stimmt,
dann ist alles andere auch egal. Weil ich häufig auf verschiedenen Schlagzeugen spiele, steht der
Tuning-Aspekt nicht so sehr im Vordergrund. Außerdem ändert sich der unmittelbare Drumsound durch
die immer wechselnden akustischen Raum- und Bühnen-Verhältnisse.
Im Jazz-Bereich experimentiere ich viel mit Cymbalsounds. Für mich müssen hier die Cymbals dünn
sein und dürfen nicht viele Höhen haben. Ansonsten kann es in einem akustischen Kontext mit Klavier
oder Gitarren Probleme geben. Ein Flat Ride trägt zum Beispiel den Ton eines akustischen Pianos sehr
gut, das passt meistens vom Frequenzbereich sehr gut zusammen.
Und was Equipment generell angeht, da interessiert mich der elektronische Bereich sehr. Ich hab mir
gerade einen Akai Sampler, Pads und ein MIDI-Interface gekauft und suche nach interessanten
Sounds, weil ich zur Zeit auch House-Gigs spiele, Drum’n’Bass-Grooves checke und da gewisse
Sounds brauche. Die Idee ist, dass ich mit einer Mischung aus akustischen und elektronischen Klängen
ein interessantes Sound-Angebot zur Verfügung stellen kann. Ich bin ein großer Studiofan und ein
perfektionistischer Arbeiter, sehr genau und sehr ehrgeizig, leider auch sehr hart zu mir.
Wie schätzt du dein derzeitiges Level als Drummer ein?
Ich spiele Jobs auf professioneller Ebene: Habe zum Beispiel dieses Jahr in Frankfurt mehrere
Sub-Jobs bei den Bands K-Town Connexion und Joe Whitney gespielt, wo normalerweise Andy
Neubauer von Glashaus, Flo Dauner oder Ralf Gustke trommeln. Die Kategorien sind schon ziemlich
professionell, ich bin sehr viel unterwegs und könnte theoretisch noch mehr annehmen, wenn nicht das
Studium wäre. Ich glaube, man muss sehr viel Risiko auf sich nehmen, um immer wieder neue
Herausforderungen zu finden. Ich hab’ teilweise Jobs angenommen, die mir völlig fremd waren und vor
denen ich damals auch ein wenig Angst hatte. Dadurch konnte sich jedoch meine Affinität zum Jazz
entwickeln, denn ich bin durch meine Risikobereitschaft in diese Szene reingewachsen und konnte auch
diese Welt entdecken. Im Grunde spiel ich Cover-Sachen, Rock, Pop, aber auch Soul, MotownSachen, Swing Big Band, ich hab’ Latin gespielt und mit einem Akustikgitarren-Trio gearbeitet. Und
alles gefällt mir gut ...
11/9/2008 6:41 PM
David Anlauff - Sticks 07/2003 - Szene Spot - Interview
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... du lässt da auch nichts aus ...
... nee, die Konkurrenz wird immer größer. Mittlerweile ist es nichts außergewöhnliches mehr, wenn
jemand authentisch Jazz aber auch einen guten Funk-Groove spielen kann, was vor einigen Jahren ja
noch fraglich war. Ich versuche das heute alles bedienen können.
Welche Ideen hast du denn entwickelt, welche Wege bist du gegangen, so dass man von dir,
deinen Absichten und deinem Potenzial als Drummer weiß?
Es ist einfach wichtig unter Musikern bekannt zu werden und das erreiche ich durch viel spielen. Und in
der Sache mit dem Drummer-Meeting hatte ich einen sehr hohen Anspruch an mich selbst gestellt. Mit
15 hab ich mal ein Tape hingeschickt, aber da wurde nichts draus. 2000 wurde ich dann Zweiter und
2002 machte ich den ersten Platz. Ich hatte so viel Energie in die Vorbereitung reingesteckt, da ich das
unbedingt machen wollte, um auch auszuloten, wo ich stehe.
An was übst du zur Zeit ganz konkret?
An einer Übung von Joe Morello namens „Stone Killer", das ist eine technische „Extase-Übung", mit der
ich meine Handgelenke lockerer mache. Es sind quasi Energiesparmaßnahmen um beim Gig
Verkrampfungen zu vermeiden. Ich trainiere nicht auf Kraft, sondern auf Lockerheit, Rebounds usw.
Dann arbeite ich an Koordinationsübungen und zeitweise macht es mir Spaß, einen Abend lang nur
Viertel-Bassdrum zu üben und diese Energie dahinter zu erfahren. Allerdings befasse ich mich nicht
ausschließlich mit kopflastigen Themen, sondern spiel auch zwischendurch einfach mal Musik am
Schlagzeug. Ich stell’ mir einen Song oder einen Jazzstandard vor, sing ihn leise und trommel dazu.
Musikalisch, geschmackvoll und technisch on top spielen zu können ist dabei immer ein Ziel.
Was hat dich beim Lernen am meisten Energie gekostet?
Es war das Timing. Es gibt da kein Buch, keine Übungen die wirklich geholfen haben. Eine Zeit lang bin
ich unsicher gewesen und es fiel dann auch anderen Musikern auf. Das ist doppelt schlimm und
manchmal war ich echt verzweifelt. Ich hab dann ohne Ende zum Click trainiert, vor dem Click, hinter
dem Click spielen usw. Dadurch hat sich auch ein Faible fürs Studio entwickelt. Auf dem Click fühle ich
mich einfach wohl, weil ich weiß, die Sache sitzt. Aber ich hatte Probleme selber die Time in den Raum
zu stellen. Doch mittlerweile hab ich verstanden, dass man nicht verzweifeln braucht, da man auch an
schlechten Tagen ein gewisses Level gar nicht mehr unterschreitet, auch wenn man sich beim Spielen
manchmal so fühlt.
Gibt es auch ein großes Ziel?
Mal eine mehrmonatige Tournee zu spielen. Ein eigenes Studio zu haben. Immer neue Projekte zu
haben, die keine Routine aufkommen lassen!
EQUIPMENT
Drums:
Yamaha Maple Custom
22" x 16" Bassdrum
10", 12", 14" Toms
oder
Sonor Red Sparkle (60er Jahre)
20" x 14" Bassdrum
12" x 8", 16" x 16" Toms
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Snaredrums:
14" x 6,5" handmade by Willie Biegel
14" x 3,5" handmade by Willie Biegel
14" x 7" Sonor Lite
14" x 6" DW Edge
14" x 5" Ludwig Supraphonic
14" x 8" Gretsch
14" x 6,5" Tama Standard Alumium
10" x 5" Magnum Basswood
Cymbals:
13" Hi-Hat (K Zildjian Top / A Zildjian New Beat Bottom)
14" Grand Master Paper Thin Crash
16" K Zildjian Dark Crash
20" K Zildjian Heavy Ride (80er Jahre)
16" Wuhan China
oder
13" Hi-Hat (A Zildjian Top / Z Dyno Beat Bottom)
22" Zildjian Pre-Aged Dry Ride
20" Paiste 302 (selbst nachgehämmert und „be-sizzelt")
Hardware:
Tama, Dixon und Pearl,
Roc’n’Soc Drummer-Sitz
Sticks: Vater Fusion, Zildjian Hot Rods, Vater Besen
Felle:
Bassdrum: Evans EQ-3
Toms: Remo Emperor clear oder Renaissance Ambassador
Snaredrums: Remo Ambassador coated oder Powerstroke 4
Percussion:
LP Drumset-Tambourine, Remo Fruit Shaker, Meinl Jingle Stick, LP Cowbell, Toca Windchimes
Elektronik:
Roland PM-16 MIDI Interface
Akai MPC2000 Sampler
Trigger Perfect Trigger-Pickups
ddrum Cast Precision Pad
Yamaha TP-80 Pad
Yamaha MX 12/4 Mischpult
Gehörschutz:
Elachin ER- 15
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