Rebecca Pates
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Rebecca Pates
apl. Prof. Rebecca Pates PhD Universität Leipzig Über die Funktionen der Homophobie „Sie spielt Damen-Tennis, ich spiele Tennis“ soll Boris Becker über Steffi Graf gesagt haben. Die Norm, der normale Tennis, wie auch der richtige Fußball, ist also männlich. Die Norm ist darüber hinaus heterosexuell. Der frühere Trainer der österreichischen Nationalmannschaft Otto Baric soll gegenüber der Schweizer Zeitung „Blick“ gesagt haben: „Meine Spieler müssen echte Kerle sein. Also können Homosexuelle bei mir nicht spielen, höchstens gegen mich.“ Auch diesem Zitat sehen wir die Dichotomie zwischen „richtigen“ Sportlern und „falschen“ an, wobei die Damen und die Homosexuellen eben zu männlich bzw. nicht ganz männlich genug seien, um der Norm zu entsprechen. Drittens aber reihen sich die Schmähungen gegen „falsche“ SportlerInnen auch auf andere Dimensionen – ihre (angebliche) A-Normalität, ob diese deren Herkunft, Aussehen, Staatsangehörigkeit oder Religionszugehörigkeit. Dadurch wird die Norm multi-dimensional und flexibel gegen gegnerische Verbände einerseits, aber auch gegen abweichende Spieler der eigenen Reihen eingesetzt, um Ein- und Ausschlüsse zu generieren – um, klarzustellen, wie man beschaffen sein soll, wie man sich darstellen soll, welche Einstellungen man zu teilen hat, um dazuzugehören. Diese Ausgrenzungsverfahren sind normale Vorgänge in Situationen, die als homosozial bezeichnet werden können: Wo Männer „unter sich“ sind, grenzen sie sich z.B. gegen Frauen ab. Wenn Frauen „unter sich“ sind, grenzen sie sich z.B. gegen „zu männliche“ oder lesbische Frauen ab. Denn dies ist die einfachste Form der Gruppenbildung. Man braucht sich nicht zu überlegen, was man mit den anderen der Gruppe gemein hat, man hat immerhin gemein, dass „wir“ nicht wie „die da“ sind. Und da Sport ein Hort der Homosoziabilität ist, sind diese Ausgrenzungen „normal“. Es gibt nun eine Reihe an Versuchen, die homophoben Formen der Ausgrenzung im organisierten Sport gesondert zu betrachten. Die üblichen Hypothesen sind, dass Homosexuelle „anders“ sind, und daher Furcht, Aggression und Intoleranz auslösen; Stereotype zu Homosexualität unser Bild von Homosexuellen bestimmen, von dem wir uns schlecht lösen können – die armen Schwulen können nun mal keinen männlichen Sportarten nachgehen. Die schwulen- und lesbenfeindlichen Äußerungen einfach gezielt funktional als Provokationen der Gegner verwendet werden, ohne deswegen der Einstellung des Einzelnen, der diese Äußerungen von sich gibt, wiedergeben zu müssen. Im Workshop möchte ich auf diese Hypothesen eingehen und zeigen, warum sie m.E. nicht die ganze Geschichte über Homophobie im Sport erzählen.