Marktübersicht: Reifen für Reiseenduros Service

Transcription

Marktübersicht: Reifen für Reiseenduros Service
Service
Marktübersicht: Reifen für Reiseenduros
Wanderschu
Echtes Gelände sehen Großenduros meist nur vom
Straßenrand aus. Dennoch hat grobe Bereifung ihre
Daseinsberechtigung: Sie versprüht Abenteuer-Flair
und verdaut auch Pisten dritter Ordnung, auf denen
man mit herkömmlichen Tourensport-Gummis ins Rutschen
kommt. NEWS stellt 16 rustikale Pneus für GS und Co. vor.
G
roßenduristen, die ihr
Expeditionsfahrzeuge
tatsächlich über sibirische Schlamm­trails
oder quer durch die
Wüstenregionen dieser Welt manövrieren, sind klar in der Minderheit. Wohl mehr als 95 Prozent aller BMW GS, Honda Varadero, Kawasaki KLV oder die baugleiche
Suzuki V-Strom werden nie ein
echtes Stück Wellblechpiste sehen.
Kein Wunder also, dass sich
auch die Reifenhersteller diesen Ge­
gebenheiten angepasst haben – wo
man nicht offroad fahren kann
und darf, da braucht man einfach
keine grobstolligen Gummis. Die
kommen zudem nur schwerlich mit
der Leistung aktueller Reisepanzer
zurecht, verschleißen ratzfatz und
bieten zum Teil miserablen Grip
auf dem Asphalt.
78 MOTORRAD NEWS 5/2010
fahrten auf Asphalt einen gedieTrotzdem möchten etliche Fahgenen Eindruck, Pirellis Scorpion
rer hühnenhafter Reisekutschen
Sync gilt schon fast als Supersportnicht kom­plett auf das AbenteuerGummi im Enduro-Pelz. Und für
Potenzial ihrer martialisch anmuspaßige Runden auf der Kiesautotenden Gefährte verzichten und rei­
bahn reicht die Haftung im Grunne Tourensportreifen montieren.
de bei allen vorgestellten Reifen. In
Obwohl das meist die vernünfSchlamm und Tieftigste Lösung wäre.
Asphalt oder
sand sollte man sich
Einen Ausweg aus
dieser Zwickmühle bie­ Schotterpiste – die mit einer zahm bereif­
Hybrid-Gummis ten Reiseenduro eh
ten die hier vorgestell­
machen immer
nicht wagen.
ten Trail-Gummis, die
eine gute Figur
Fürs solchen Eskadurchweg in den bepismus bieten sich
vorzugten
Größen
Ausnahmetalente wie Metzeler
110/80 R 19 und 150/70 R 17 verKaroo oder Conti TKC 80 an. Die
fügbar sind. Speziell die aktuelleren
bieten auf der Landstraße akzeptaRadialreifen à la Conti Trail Attack,
bele Leistungen und überzeu­gen
Metzeler Tourance EXP oder Briddurch ihre groben Stollen auch im
gestone Battlewing bringen gute
Gelände. Nur bei der Anreise ins
Straßenperformance und raubeiAbenteuerland über die Autobahn
nige Optik unter einen Hut.
machen sie vergleichsweise schnell
Auch der brandneue Dunlop Trail­
die Grätsche – ein teurer Spaß.
max TR91 hinterließ bei ersten Test­
Apropos teuer: Die Reifenpreise
sind je nach Händler und Reifengrö­
ße sehr unterschiedlich, weshalb
wir sie bewusst nicht angegeben
haben. Hinzu kommen die Preise
für die Montage plus Auswuchten,
die ebenfalls stark varieren.
Fazit: Wer schon mal Crosser oder
Sportenduro mit entsprechenden
Wettbewerbsreifen durch die Pampa gescheucht hat, weiß wie weit
die Haftung im Gelände reichen
kann. Doch solche Griporgien erwartet niemand von einem Reise­
enduro-Reifen. Die sollen vor al­lem
auf der Straße funktionieren, ver­
schlunge­ne Schotterwege ohne böse
Überraschungen verdauen und –
ganz wichtig – eine gehörige Portion Abenteuerlust ausstrahlen. Genau wie die Motorräder, auf denen
sie montiert werden.
Till Ferges
uhe
Avon
Bridgestone
Distanzia AM43/44
Fotos: Dirk Schäfer (Aufm.), Werk
vorn
3.00-21
80/90-21
100/90-19
110/80 R 19
120/70 R 17 SM
vorn
90/90 - 21
100/90 - 19
110/80 R19
hinten
130/80 R17
140/80 R17
150/70 R17
Als Erstausrüstung verdiente sich der Trail Wing
seine Sporen bereits auf der BMW R 1150 GS. Auch BMW
R 1200 GS, Honda Varadero, Honda Transalp und Suzuki
V-Strom standen zum Teil bereits ab Werk auf dem Bridge­
stone, der in den Sonderspezifikationen G, F, E und L erhältlich ist. Insgesamt gilt der altgediente TW eher als
freundlicher Schotterreifen denn als Schräglagenkönig.
www.avonreifen.com
www.bridgestone.de
Conti
Battle Wing BW 501/502
Trail Attack
hinten
130/80 R 17
140/80 R 17
150/70 R 17
Trail Wing TW 101/152
Nomen est omen: Der englische Avon Distanzia
ist in der Szene für sein Durchhaltevermögen bekannt.
Allerdings ist seine Technologie etwas angestaubt, was
sich beispielsweise im schmalen Grenzbereich äußert.
Dafür gibt’s sehr viele Größen, unter anderem auch für
Supermotos. Eine rustikale Optik, leichtfüßiges Handling
und niedrige Preise legt Avon obendrauf.
Bridgestone
vorn
90/90 - 21
100/90 - 19
110/80 R 19
hinten
4.00-18
4.10-18
4.60-18
110/80-18
120/80-18
120/90-17
130/80-17
140/80 R 17
150/70 R 17
150/60 R 17 SM
160/60 R 17 SM
vorn
100/90 - 19
110/80 R 19
90/90 - 21
Conti
TKC 80
hinten
130/80 R 17 65H TL
140/80 R 17 69V TL
150/70 R 17
150/70 R 18
(in Vorbereitung)
vorn
100/90 - 19
110/80 B 19
2.50 - 21
2.75 - 21
80/90 - 21
3.00 - 21
90/90 - 21
hinten
120/90 - 17
130/80 - 17
5.10 - 17
140/80 -17
150/70 B 17
3.25 - 18
3.50 - 18
4.00 - 18
4.10 - 18
110/80 - 18
120/90 - 18
140/80 - 18
150/70 B 18
Bridgestones Battle Wing 501/502 ist nicht
neu auf dem Markt, doch schlechter wird die Performance
dadurch natürlich nicht: Geradeauslauf, Stabilität in der
Kurve und Trocken-Grip überzeugen beim Einsatz auf
Reise­enduros absolut. Zudem steht das tiefe Profil für
hohe Laufleistung. Fürs Touren mit „echten“ Enduros ist
der Battle Wing auch in 21 Zoll verfügbar. Wir sind gespannt auf einen Nachfolger.
Jeder Hersteller hat so seine Mittelchen, um Laufleistung und Grip unter einen Hut zu bringen, bei Conti
heißt die Technologie Continuous Compound. Auch steht
der beliebte Pneu mit Null-Grad-Stahlgürtel am Hinterrad
für gute Stabilität und Komfort auch bei hohem Tempo
und mit voller Zuladung. Außerdem gilt der Reifen als
neutral, handlich und besonders im Trockenen als sehr
griffig – ein sehr guter und haltbarer Allrounder.
Mit dem TKC 80 stellt Conti den Klassiker für die
Hardcore-Reisefraktion auf die Beine, er ist in vielen Größen verfügbar. Neben brauchbaren Fahreigenschaften auf
der Straße liefert der grobstollige M&S-Gummi eine ordentliche Geländeperformance ab – die Lösung für lange
Touren mit hohem Geländeanteil und Erstausrüstung etwa
auf BMW GS Adventure und KTM 690 Enduro R. Abenteuer­
lustige warten seit Jahren auf einen Nachfolger.
www.bridgestone.de
www.continental-reifen.de
www.continental-reifen.de
MOTORRAD NEWS 5/2010
79
Service
Marktübersicht: Reifen für Reiseenduros
Dunlop
Dunlop
Trailmax TR91
Trailmax D607
vorn
90/90 – 21
100/90 – 19
110/80 R 19
vorn
100/90-19
110/80 R 19
90/90-21
hinten
130/80 R 17
140/80 R 17
150/70 R 17
hinten
130/80 R 17
140/80 R 17
150/70 R 17
Frischer geht’s nicht: Der Dunlop Trailmax
TR91 ist gerade erst geschlüpft und haut in eine ähnliche Kerbe wie der altehrwürdige D607. Bei einer
kurzen Probefahrt in Südfrankreich konnten wir dem
Pneu zwar nur ansatzweise auf den Zahn fühlen. Auf
der dort gefahrenen Yamaha XT 660 Z Ténéré lieferte der TR91 auf festem wie lockerem Geläuf allerdings
eine solide Vorstellung. Er überzeugte mit gutem Kaltgrip,
hoher Haftkraft im Trockenen und auf Schotter. Speziell die
Offroad-Eignung wurde unter anderem auch durch eine vergrößerte Aufstandsfläche optimiert, was auf der anderen Seite auch eine
höhere Laufleistung bringen sollte. Dunlop verspricht außerdem guten Nassgrip dank Silica-Laufflächenmischungen und optimiertem
Profil sowie beste Hochgeschwindigkeitsstabilität. Letztere ließ sich mit der Ténéré naturgemäß nur bedingt überprüfen, Unruhe kam
dort aber selbst am Anschlag nicht auf. Insgesamt ist der Trailmax also ein waschechter Abenteurer, der sich trotzdem die meiste Zeit
auf Asphalt herumtreiben wird.
Dunlop bestückt die Zwölfer BMW-GS auf Wunsch
mit dem sauguten Tourensportler namens Roadsmart und
dem brandneuen Trailmax TR91. Für Varadero, V-Strom
und Co. gibt’s mit dem D607 allerdings noch eine 19- oder
17-zöllige Alternative. Denn für Kieswege und gemütliches Touren ist der Alleskönner immer noch brauchbar.
Gegenüber den aktuellen Mitbewerbern fehlt jedoch ein
Quäntchen von alllem – der neue TR91 soll’s richten.
www.dunlop.de
www.dunlop.de
Metzeler
Heidenau
Heidenau
Tourance
K76
K60
vorn
100/90 - 19
110/80 B - 19
2.50 - 21
2.75 - 21
3.00 - 21
80/100 - 21
80/90 - 21
90/90 - 18
90/90 - 21
hinten
110/80 - 18
120/80 - 18
120/90 - 17
120/90 - 18
130/80 - 17
130/80 - 18
140/80 - 17
140/80 - 18
150/70 B - 17
4.00 - 18
4.10 - 18
4.60 - 17
5.10 - 17
vorn
100/90 - 19
110/80 B - 19
90/90 - 21
hinten
120/90 - 17
130/80 - 17
150/70 B - 17
vorn
110/80 R 19
100/90 - 19
90/90 - 21
hinten
120/90 - 17
130/80 - 17
130/80 R 17
140/80 R 17
150/70 R 17
Der K60 fristet trotz seiner enormen Zahl an verfügbaren Dimensionen ein Schattendasein, die deutsche
Reifenmanufaktur hat sich eher bei Rollern einen Namen
gemacht. Freigaben gibt’s aber reichlich, für die schnellen
Großenduros allerdings nur im M&S-Betrieb mit limitier­
tem Topspeed. Optisch wie akustisch wirkt der K60 rustikal
und ist eher was für Freunde mittelprächtiger OffroadPisten, die ansonsten auf Contis TKC 80 setzen würden.
Zwar hat der K76 keine Freigaben für die BMW
GS, allerdings darf der touristische Gummi in MetzelerTourance-Optik als 110er vorne und 150er hinten beispielsweise auf die Suzuki V-Strom. Laut Heidenau punktet er
mit ausgewogenen Straßeneigenschaften und beim Einsatz in leichtem Gelände. Bei der Zahl der verfügbaren
Größen backt Heidenau im Vergleich zum K60 jedoch
kleine Brötchen.
Obwohl der Tourance EXP schon einige Jahre
auf dem Markt ist, bleibt der Standard-Tourance weiterhin
verfügbar. Seine aktuelleren Konkurrenten liefern zum
Teil etwas mehr, trotzdem bleibt der Metzeler ein guter
Reiseenduro-Reifen mit feinem Grip und schicker Optik.
Gut: Mischbereifung mit dem Nachfolger Tourance EXP ist
beispielsweise auf der BMW R 1200 GS möglich – ideal
zum Runterfahren älterer Gummis.
www.reifenwerk-heidenau.de
www.reifenwerk-heidenau.de
www.metzelermoto.de
80 MOTORRAD NEWS 5/2010
Metzeler
Metzeler
Karoo (T)
Tourance EXP
vorn
110/80 R 19
100/90 - 19
90/90 - 21
Michelin
hinten
120/90 - 17
130/80 - 17
130/80 R 17
140/80 R 17
150/70 R 17
Anakee II
vorn
90/90 - 21
110/80 - 19
hinten
130/80 - 17
140/80 - 17
140/80 - 18
150/70 - 17
150/70 R 17
150/70 R 18
vorn
100/90-19
90/90-21
110/80 R 19
hinten
120/90-17
130/80 R 17
140/80 R 17
150/70 R 17
Mit dem EXP liefert Metzeler Null-Grad-Stahlgürteltechnologie für Vorder- und Hinterreifen, was die Stabilität
spürbar voranbringt. Im Fahrtest ließ er auch bei Feedback, Einlenkverhalten und speziell beim fantastischen
Nassgrip keine Wünsche offen, Mischbereifung mit dem
alten Tourance ist möglich. Ganz klar ein Hightech-Reifen,
der beim Verschleißverhalten noch ein wenig zulegen
dürfte.
Mit dem Karoo zielt Metzler auf den typischen Conti TKC80-Nutzer ab: Reisende mit hoher Offroad-Affinität,
die sich noch einen Funken Straßentauglichkeit erhalten
wollen. Auf der Straße ist er im Trockenen brauchbar,
im Regen wird’s wie bei den meisten echten Grobstollern
ziemlich rutschig. Ein Problem ist der hohe Verschleiß: Auf
Power-Enduros à la KTM Superenduro hielt der Karoo T
nicht mal 2000 Kilometer durch.
Anakee II teilt sich zwar die Optik mit seinem Vorfahren Anakee, jedoch haben die Michelin-Männer beim
Nachfolger ordentlich Hand angelegt. Bei Fahrversuchen
erwies sich der Pneu als sehr handlich, die Nasshaftung ist
für einen Reiseenduro-Reifen außerordentlich gut. Und in
Sachen Laufleistung hat der Anakee II nach Aussagen von
Michelin ganze 29 Prozent zugelegt. Wenn das wirklich
stimmt, liegt man mit dem Franzosen ganz weit vorne.
www.metzelermoto.de
www.metzelermoto.de
www.michelin.de
Pirelli
Pirelli
Scorpion Trail
Scorpion Sync
vorn
120/70 R 17
120/70 ZR 17
110/80 R 19
Pirelli
hinten
150/70 R 17
160/60 ZR 17
160/60 R 17
180/55 R 17
180/55 ZR 17
vorn
120/70 ZR 17
110/80 R 19
100/90 - 18
100/90 - 19
90/90 - 21
MT 90 S/T
hinten
120/90 - 17
130/80 - 17
130/80 R 17
140/80 R 17
150/70 R 17
190/55 ZR 17
vorn
110/80 R 19
100/90 - 18
100/90 - 19
90/90 - 21
hinten
120/90 - 17
130/80 - 17
150/70 R 17
Tourensport- oder Supersportreifen sind in dieser Übersicht nicht dabei. Doch mit den hier vorgestellten
Reisenduro-Gummis hat der Sync tatsächlich nur die Optik
gemein: Er sieht nicht weniger abenteuerlich aus als die
gröberen Mitbewerber, liefert allerdings Grip und Fahreigenschaften auf Sportniveau. Wermutstropfen ist die nur mittelmäßige Laufleistung, die nach dem fünften oder sechsten
überholten Superbike allerdings schon weniger schmerzt.
Außergewöhnlich: Der Pirelli Scorpion Trail ist
auch als 190er mit einem Speedindex bis 270 km/h zu
haben – Schuld ist die neue Ducati Multistrada (Fahrbericht S. 14). Aber auch Aprilia Pegaso, R 1200 GS, F
800 GS, Transalp und V-Strom stehen auf den griffigen
Spaßmacher. Zitat NEWS-Test: „Der neue Pirelli-Scorpion
ist in erster Linie für die Straße konzipiert und ein echter
Leckerbissen für Kurvenfreaks.“
Der MT 90 hat viele Jahre auf dem Buckel und
überzeugte einst mit hoher Stabilität und guter Leistung
auf trockener Strecke. Im Regen dürfte es dagegen mehr
Grip sein. Mittlerweile ist der Bart des Pirellis aber eh
ziemlich lang. Und der mit dem Metzeler Tourance verwandte Pirelli Scorpion Trail in den meisten Disziplinen
wohl die bessere Wahl.
www.pirelli.de
www.pirelli.de
www.pirelli.de
MOTORRAD NEWS 5/2010
81