aus Sicht des Arbeitsmediziners/Sozialmediziners

Transcription

aus Sicht des Arbeitsmediziners/Sozialmediziners
Psychisch krank – Herausforderung an
die betriebliche Wiedereingliederung…
…aus Sicht des Arbeits- und Sozialmediziners
Professor Dr. med. habil. Andreas Weber
Facharzt fü
für Arbeitsmedizin - Sozial / Umweltmedizin
apl. Prof. der Medizinischen Fakultä
Fakultät der Universitä
Universität ErlangenErlangen- Nürnberg
Lehrbeauftragter der Universitä
Universitäten Bamberg u. Witten/ Herdecke
Leitung Fachdienst Medizin – Berufsfö
Berufsförderungswerk Dortmund
Hacheneyer Str. 180 – 44265 Dortmund
Mail: awe@[email protected] Fon: 02310231-71097109-222
Public mental health
– soziale Folgen: „die Abwärtsspirale“
Direkte Krankheitskosten
Psychische Erkrankungen
(Depression- Angst )
: ~ 30 Mrd €
„Präsentismus“
Depression
Rückfallraten
~ 50-85%
(Langzeit)
Arbeitsunfähigkeit
Krankengeld
~7,8 Mrd €
Produktivitätsverlust !
„70% Leistung“
EM-Rentenantrag
(Langzeit)
Arbeitslosigkeit
Verhältnisse:
Sozialer Abstieg
„Hartz IV“- Verschuldung
Soziale Isolation
(Alters)Armut
Verhalten:
abgelehnt !
EM-Rente (Frühinvalidität)
„blinder Fleck“ ?
Verläufe ?
„2. Chance“ ?
Minijobs
Multijobbing
„Schwarzarbeit“ ?
~ 73.000 Personen
~ 48 Jahre alt
~w>m
Rente: 500- 600,-€
Langzeitverläufe ?
Stress- ErnährungBewegung- Sucht
Komorbiditäten – Suizid- vorzeitiger Tod
Ausgliederung verhindern – Beschäftigungsfähigkeit erhalten !
Return to work (RTW)
Tertiärprävention
Primärprävention
Gesundheitsförderung
BGF / BGM
Sekundärprävention
Früherkennung
Arbeitsmed. Vorsorge
BEM (§84,2 SGBIX)
StWE (§74 SGBV- 28 SGBIX)
Kuration
Rehabilitation
ambulant
stationär
Haus-/Facharzt
Medizinisch- MBOR
Beruflich
(LTA) - § 33 SGB IX
Erwerbsfähigkeit erhalten, verbessern, (wieder) herstellen…
Arbeitsleben
Beginn
16- 18- 24 ?
gesund
krank
Kurzzeit AU
rez-/ chronisch krank
Langzeit AU
Ende
? – 67 – 70 ?
Return to work (RTW) – wesentliche Merkmale
partizipativ
multidimensional
transdisziplinär
klare Zielorientierung (Re- Integration in Arbeitsmarkt)
Beteiligte einbinden (Individuum- Arbeitswelt- Sozialsystem)
arbeitsbezogene Intervention / Rehabilitation
fachübergreifend/ multiprofessionell („Vernetzung“)
integrativ
historisch gegliedertes Sozialsystem- Zuständigkeiten
(„geteilte Risiken“ - „segmentierte Gesundheit“)
„Budgetdenken“ (Finanzierung)- Schnittstellenmanagement ?
„arbeitsweltfernes“ Versorgungssystem (AU, Intervention, Reha)
Ausgangslage
Case- Management - Koordinierung / Steuerung ?
( keine Aufgabe für den Hausarzt)
Arbeitgeber: wenig beteiligt am Risiko Frühinvalidität ( wie z.B. NL)
Psychisch krank und arbeiten –
Politik
Gesellschaft
System
warum Return to work ?
► Demografischer Wandel („Arbeiten bis 67“)
Geburtenrückgang, längere Lebenserwartung, verlängerte
Lebensarbeitszeit, Fachkräftemangel
► Wirtschaft: Wettbewerb, Wachstum, Markt
► Soziale Sicherung/Politik:
Finanzierbarkeit von Transferleistungen, Rückführung von
Frühberentungen, Integrationsorientierung, Inklusionsleitbild
Individuum
► „gute“ Erwerbsarbeit:
bessere Alternative als Minirente, Langzeitarbeitslosigkeit
(Hartz IV), Ausgliederung, (Alters) Armut
aber: subjektiver Wunsch nach Frührente immer noch stark !
„zu viel gearbeitet“ (unerfüllte Wünsche von Sterbenden)
► Alters-/ Leidensgerechte Erwerbsarbeit:
Wissenschaft
gute Geroprophylaxe (salutogen)
► „Gesundheit für alle bis 67“ ? (Utopie)
► Wirkung von Frühberentungen (psychische Leiden): ?
Besserung: Schlaf- Depression- weniger Psychopharmaka
Verschlechterung: Krisen – Selbstwert - Strukturierung
RTW – Psychische Erkrankungen - hemmende Faktoren
Gesundheit /
Krankheit
Subjektive Gesundheit
(negative Prognose) ++
Müdigkeit/ Erschöpfung
„Stress“
(Rücken) Schmerz
Depressivität
Angst
vorangegange AUZeiten
Kontextfaktoren
Person
Alter > 50 ++
niedrige soziale
Schicht /
niedrige Bildung
Umwelt
schlechte Komunikation
AG/ AN ++
Koordinationsprobleme
Versorgung/ Arbeitswelt
Arbeitslosigkeit
fehlende Motivation
geringes Selbstvertrauen
Perfektionismus
je länger AU , je unwahrscheinlicher RTW
Symptombesserung korreliert nicht mit Reintegration
Stigmatisierung /
Diskriminierung
geringe soziale
Unterstützung
Verlust von
Sozialleistungen
„t i m e i s j o b“ …
RTW – Psychische Erkrankungen - fördernde Faktoren
Unternehmen
Individuum
„AG will“: Votum !
„AN will“: Motivation !
Wertschätzung – Vertrauen
Kontakt ! („Draht nicht abbrechen“)
positive subjektive Gesundheit /
Erwerbsprognose
Vertrauenskultur – Kommunikation
Unterstützung TOP – DOWN !
finanzielle/organisationelle
Investition in RTW (z.B.„BEM- Team)
Versorgungssystem
Arbeitsplatzbezogene Intervention /Rehabilitation
„usual care + workplace oriented intervention (occupational care)“
RTW- Perspektive aus Patienten / AG Sicht – Dialog/ Steuerung
„Vernetzung der Akteure“
Frühzeitiges Einbinden von Arbeitsmedizin / Betriebsarzt !
Keine „Dauerkrankschreibung“ ohne Berufsperspektive
Was tun ? -
wenn Arbeitsplatz weg oder ungeeignet …
chron .(rez.) psychisch krank
Med. Reha
Langzeit AU – Erwerbsfähigkeit ?
Berufsförderungswerke
Berufliche Reha (LTA)
Rentenantrag
EM-Rente
abgelehnt !
Arbeitslos
„Hartz IV“
Alter Betrieb
Neue Aufgabe
Arbeitslos
AP noch da,
Modifikation nötig
neuer Beruf –
„train and place“
„place and train“
betriebsnah /modular
Qualifizierung
Re-Integration
neuer
Arbeitsplatz
28 Berufsförderungswerke (BFW) – „Wesensmerkmale“
BFW – Dortmund - Träger: DRV Westfalen - ~ 260 Mitarbeiter
•
~ 950 Rehabilitanden, waren zumeist schon berufstätig
• chronische Krankheit / Behinderung = „Eintrittskarte“ !
• psychische (Ko) Morbidität
immer bedeutsamer
• Fachdienste vor Ort = MD / PD mit Infrastruktur
• Kranke mit komplexen Problemlagen
(Arbeitslosigkeit, Schulden, Partnerschaft, Kriminalität)
• höherer Anteil schwerer Erkrankter
Notfallmanagement
• Qualifizierung in 35 anerkannten Ausbildungsberufen
[ entstanden in den 1970er Jahren ]
§ 35 SGB IX – Gemeinsame Empfehlung ,Einrichtungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Rehabilitanden - soziodemografische Merkmale -
2011 (n > 2.100)
Alter
~ 37,2 Jahre (18- 58 Jahre)
Geschlecht
28% Frauen – 72% Männer
Bildung
55% Realschule/ mittlere Reife - 32% Hauptschule
9% Abitur - 3% FH/ Hochschulabschluß
GdB > 50
40%
Lebensform
73% verheiratet oder in fester Partnerschaft
Wohnen
27% Internat – 73% Pendler
Maßnahmen
Träger
Dauer
41% DRV WF - 26% BA – 15% DRV Bund- 2% DGUV
~ 482 Tage
IHK –Prüfung
~ 90% Erfolgsquoten
Abbrüche
~ 10 % gesundheitlich (23% Auszubildende- DIHK)
Rehabilitanden - Hauptdiagnosegruppen / HM in 2011 ( n > 2.100 )
50
Multimorbidität ~ 3,5 Diagnosen / Person
48 %
45
F- ICD 10- Psyche- n=504
40
w: 37%
35
30
G: 23 %
25
20
F 30-39
Affektive
Störungen
42%
F 40-49
Neurotische
Somatoforme
27%
F 20-29
Schizophrenie
- Wahn
10%
F 60-69
Persönlichkeit
10%
F 10-19
Substanzen
9%
hohe psychische Komorbidität
m: 18 %
15
10%
11 %
10
5%
5
0
M-ICD-10Muskel/Skelett
Internistische
Erkrankungen
Neurologie
3%
Z. n. Verletzung
Sonstige
Erkrankungen
Arbeitsweise BFW -
Neues Reha Modell (NRM) - Schlüsselkompetenzen
„RIM“ - Fallsteuerung
Berufsfindung /
Arbeitserprobung
(2 / 6 Wochen)
RVT / RVL
(Reha- Vorbereitung
3 Monate)
Hauptmaßnahmen
(bis 24 Monate)
Fachdienste MD /PD
Assessment (Eignung /Funktionsstörungen/
Aktivitäten/ Belastbarkeit
[schmaler Grad: Überforderung /vertane Chance
Evidenzbasierung – Prognostik ? ]
-
Reha- Sprechstunde
Notfall-/Krisenintervention
„PIA“ (psychisch Kranke)
Apotheke /Hilfsmittelversorgung
Physio- /physikalische Therapie
-
Gesundheitsförderung (Förderfenster)
Aktivierung / Motivierung:
Training / Ernährungsberatung
-
Integration in 1. Arbeitsmarkt –
Integrationsquoten: ~
70%
Individualisierung
Personale /Soziale
Methodische - Fachliche
Gesundheitskompetenz
BFW Dortmund – Neuausrichtung des Angebotes
~ 35 Berufsbilder : Metall-/Elektro-/Prüfwesen-/IT/ Kaufleute /Büro
Kooperationsmodelle
Kurzzeitmodelle
„klassische Reha“
Betriebliche Koop in
Qualifizierung
(Küchen/Baumarkt)
Module
Reha- Assessment
Anpassungsqualifikation
Reha- Vorbereitung
(RVT/RVL)
Koop mit Wirtschaft/
Verbänden
Teilqualifizierung
Arbeitsplatzbezogene
Spezielle Problemlagen Qualifizierung
(SARJE)
Psyche
Bürokaufleute-/assistenten
Vollausbildung mit
Kammerabschluß
Integrationsmaßnahmen
Ausrichtung am
regionalen Arbeitsmarkt
Neue Reha Konzepte vs. „klassische berufliche Reha“
Arbeitsplatz (noch) da
Arbeitslosigkeit
„time is job“ …
Früherkennung Bedarfe ?
Dauer Arbeitslosigkeit ?
Problemlagen/ Eignung klären:
Multimorbidität – chronische Leiden
Psyche – Sucht- Schulden
Arbeitsmarktferne
Bildung/Persönliche-/Fachkompetenz
Berufsfindung (Eignung)- Assessment
Ausgliederung
verhindern
„First place“…
AP im Unternehmen –
betriebsnah
…„ Then train“
Bedarfsorientierte
Qualifikation, Module
Reha futur real
(Modellprojekt)
Erhalt AP – RTW
Umsetzung - Anpassung
„First train“…
Problemlagen aufarbeiten
Ausbildungsfähigkeit herstellen
Stabilisierung / Unterstützung
Fachdienste (PD/MD)
Strukturierte Qualifizierung (IHK)
…“Then place“.
AP für „fertige MA“ mit Handicap finden
Return to work (RTW) –
„Take- Home- Message“
► Frühintervention („ so früh wie möglich RTW Perspektive“)
„Ausgliederung/ Isolation verhindern, Chronifizierung / weitere
psychosoziale Belastungen vermeiden“
► Berufliche Rehabilitation als „2.Chance“:
Konvergenz herstellen: Individuum- Versorgungssystem- Arbeitswelt
► Potential für Arbeits- und Sozialmedizin:
Früherkennung Rehabedarf („richtige Person, richtige Zeit, richtige Maßnahme“)
Evidenzbasierung Assessment: Anforderungen / individuelle Fähigkeiten
aktive Begleitung der Reintegration („occupational care“ )
arbeitsbezogene integrierte Versorgung ?
► Herausforderung für Gesellschaft:
keine Diskriminierung chronisch (psychisch) Kranker
menschenwürdige, leidens- und altersgerechte Arbeitsplätze
= gute Jobs = geregelte Tätigkeit mit festem Einkommen !
Jim Clifton
CEO Gallup
Arbeit ist zuerst Chance , nicht Risiko !