Paul Evers - Soziale Aspekte
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Paul Evers - Soziale Aspekte
Hauptseminar 3D-Modellierung und virtuelle Praesenz Universität Ulm SS 2007 Soziale Aspekte virtueller Präsenzen Paul Evers 24. Juli 2007 Zusammenfassung Diese Arbeit beschäftigt sich mit den sozialen Aspekten virtueller Präsenzen. Jeder Benutzer von virtuellen Gemeinschaften oder virtuellen Welten besitzt in diesen eine virtuelle Präsenz die durch seinen Avatar, sein Profil und sein Verhalten bestimmt werden. Anfangs wird der Begriff der virtuellen Gemeinschaft geklärt und mit einem Beispiel veranschaulicht. Im Anschluss daran wird der Frage nachgegangen, wie virtuelle Welten auf einen Menschen wirken, und wie und warum Aspekte aus einer virtuellen Welt in die reale Welt übernommen werden. Danach wird betrachtet, welche Auswirkungen der Aufenthalt in virtuellen Welten auf das reale Leben haben. Zwei dieser Auswirkungen die vom Computerspielebereich herrühren sind das sogenannte ”Professional Gaming”, und die Gewaltdiskussion über die Darstellung von Gewalt in Videospielen. Beide Punkte werden abschließend noch eingehender betrachtet. Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Virtuelle Gemeinschaften 2.1. Nutzungsmöglichkeiten virtueller Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . 5 5 3. Das Transfer-Modell 3.1. Welten nach Jürgen Fritz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Transfer und Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 8 9 4. Auswirkungen von Online-Aufenthalten 10 4.1. Steigerung der Transferbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 4.2. Reale Auswirkungen virtueller Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . 12 4.3. Computerspielsucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 5. Professional Gaming 14 5.1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 5.2. Vermarktung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 6. Gewaltdiskussion 16 7. Fazit 18 A. Quellen 19 B. Abbildungsverzeichnis 20 3 1. Einleitung Die rasante Entwicklung und Ausdehnung des Internets über den ganzen Globus führt zu einer immer größeren Zahl von Benutzern. Gepaart mit neuen Technologien und immer schnellerem Datentransfer über Breitbandleitungen bietet das Internet eine riesige Kommunikationsplattform die von Millionen von Menschen tagtäglich zum Austausch von Informationen und Daten genutzt wird. Die Angebote sich selbst im Internet zu präsentieren und eine sogenannte ”virtuelle Präsenz” aufzubauen sind vielfältig und sehr verschieden. So kann man in Online-Spielen eine virtuelle Figur mit eigenen Charakterzügen aufbauen oder anonym in Internetforen nach Rat suchen oder auch in Internettagebüchern (Blogs) seine privaten Gedanken für jeden zugänglich machen. Dieses weite Feld von verschiedensten Arten der Kommunikation ist noch sehr jung und nur relativ wenige Forschungsergebnisse, die den Umgang mit diesem Medium betreffen, liegen bis jetzt vor. Darum ist die Frage nach den Auswirkungen von Online-Aufenthalten nachwievor der Anlass für viele Diskussionen. Im folgenden werden verschiedene Formen der Kommunikation in virtuellen Welten betrachtet, und deren Auswirkungen auf die sozialen Aspekte in der realen Welt werden behandelt. 4 2. Virtuelle Gemeinschaften Virtuelle Gemeinschaften entstehen sobald längerfristiger Kontakt über das Internet zwischen mehreren Personen stattfindet. Diese Personen haben sich aufgrund gemeinsamer Interessen oder zum Wissensaustausch zusammengefunden. Die Definition nach Rheingold lautet folgendermaßen: ”Virtuelle Gemeinschaften sind soziale Zusammenschlüsse, die dann im Netz entstehen, wenn genug Leute diese öffentlichen Diskussionen (Kommunikation) lange genug führen und dabei ihre Gefühle einbringen, so daß im Cyberspace ein Geflecht persönlicher Beziehungen entsteht.” [1] Eine Gemeinschaft entsteht also erst dann, wenn die Diskussionen im virtuellen Raum über oberflächlichen Kontakt hinausgeht und Gefühle der Mitglieder offenbart werden. Zudem ermöglichen sie es dem Benutzer sich über lokale Grenzen hinwegzusetzen und auch mit Menschen in ständigen Kontakt zu treten die weit entfernt leben. 2.1. Nutzungsmöglichkeiten virtueller Gemeinschaften Eine Form von virtuellen Gemeinschaften bilden die sogenannten ”social networks”. Der Benutzer kann dort ein eigenes Profil erstellen in dem er meist Hobbies, Interessensgebiete, Fotos oder ähnliches von sich für andere zugänglich macht. Zudem wird die Option bereitgestellt eine Freundesliste anzulegen. In dieser Liste kann man Verknüpfungen zu den Profilen anderer Benutzer eintragen, welche wiederum selbst eine Freundesliste besitzen. Diese Liste ist jedem Besucher eines Profils zugänglich und bietet so die Möglichkeit, zu sehen, wen man über wen kennt. Die Nutzung dieser social networks ist dabei unterschiedlicher Natur. So werden einige hauptsächlich zur Kommunikation mit dem Freundeskreis benutzt (www.lokalisten.de), andere wiederum bieten die Möglichkeit Kontakte für den Arbeitsmarkt zu knüpfen (www.xing.com). Ihnen gemein ist aber die Struktur der Freundesbäume, die die Verknüpfungen zwischen den Profilen darstellen. Eine weitere Nutzungsmöglichkeit ist die Ansammlung von Wissen. Das kann in verschiedenen Formen geschehen, wie zum Beispiel in Forumsbeiträgen die archiviert werden oder in Wikis, die jedem Benutzer die Möglichkeit geben Inhalte auf der WikiSeite zu verändern, auszubauen oder zu diskutieren. Das prominenteste Beispiel stellt hierbei www.wikipedia.de für den deutschsprachigen Raum dar. Diese freie Enzyklopädie die seit März 2001 existiert bietet über 611.000 Artikel unabhängiger Autoren. Die Bearbeitung einer solchen Wiki-Seite ist selbst für ungeübte Benutzer kein Problem, was mit ein Grund für den großen Erfolg der Wikis ist. Zugleich ist die Möglichkeit, dass jeder einen Artikel bearbeiten kann, aber auch der größte Kritikpunkt, 5 Abbildung 2.1.: Freundesbaum von Lokalisten.de 6 da die Sachkompetenz der meist unbekannten Autoren nicht nachprüfbar ist, und somit keine Garantie für die Richtigkeit der Artikel gewährleistet ist. [2] Im Gegensatz zu dieser Art der virtuellen Gemeinschaft bei der das Gemeinschaftsgefühl nicht im Vordergrund steht, gibt es Plattformen wie www.olganonboard.org. Dort kann man sich mit Gleichgesinnten anonym über Online-Spiele-Sucht unterhalten und Erfahrungen austauschen. Da es vielen Menschen leichter fällt, anonym über bestimmte private Probleme zu reden, bieten Gemeinschaften dieser Art eine ideale erste Anlaufstelle. Einschränkungen gibt es allerdings in der Art der Kommunikation. Da zur Verständigung mit anderen Mitgliedern in einer virtuellen Gemeinschaft nur die heutige Computerhardware zur Verfügung steht, werden einige Sinne wenig oder gar nicht angesprochen. So ist die am häufigsten verwendete Form der Kommunikation das geschriebene Wort. Sprachübertragung ist ebenfalls schon sehr ausgereift, ist allerdings noch nicht so verbreitet. Betrachtet man aufwändigere Projekte wie zum Beispiel die Online-Welt ”Second Life” wird dem Benutzer auch die Möglichkeit an die Hand gegeben Mimik und Gestik einzusetzen. Diese kann allerdings dem realen Pendant nicht das Wasser reichen. Der Tastsinn und der Geruchssinn können momentan noch gar nicht verwendet werden. Abbildung 2.2.: Beispiele für Mimik in der Online-Welt ”Second Life”. 7 3. Das Transfer-Modell Um zu verstehen welche Auswirkungen der Aufenthalt in einer virtuellen Realität auf das Leben und Handeln in der realen Welt hat, entwickelte Prof. Dr. Jürgen Fritz das Transfer-Modell. Er lehrt an der Fachhochschule Köln Spiel- und Interaktionspädagogik an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften. Er ist Leiter des Forschungsschwerpunktes "Wirkung virtueller Welten". Bei dem Transfer-Modell wird zwischen verschiedenen Welten unterschieden, in denen sich das Bewusstsein befinden kann, und zwischen denen es Gedanken, Gefühle oder Handlungsmuster transferieren kann. 3.1. Welten nach Jürgen Fritz • Die reale Welt Befindet sich das Bewußtsein in der realen Welt, so werden allgegenwärtige Dinge die die Person umgeben bewußt wahrgenommen. Alles was sich um einen herum befindet und zum Beispiel gezielt beobachtet wird gehört zu dieser realen Welt • Die mentale Welt Die mentale Welt bezeichnet den ”Ort” an dem sich unser Bewußtsein befindet, wenn zum Beispiel über eine Problemlösung nachgedacht wird oder Gedankenexperimente durchgespielt werden. • Die Traumwelt Schläft man, so befindet man sich in der Traumwelt in dem oft das Unterbewußtsein den Verlauf der Gedanken steuert. • Die Spielwelt Wenn man in verschiedene Rollen schlüpft oder spielerisch Verhaltensweisen ausprobiert, wie das oft im Kindesalter der Fall ist, um Konsequenzen des eigenen Handelns besser einschätzen zu lernen, so befindet sich das Bewußtsein in der Spielwelt. Hier können in einem Modell Regeln gebrochen werden oder neue aufgestellt werden. Beispielsweise können Kinder den Einkauf in einer Apotheke nachspielen und sich so mit den Formalitäten einer solchen Handlung vertraut machen ohne tatsächlich etwas in einer Apotheke kaufen zu müssen. 8 • Die mediale Welt Konzentriert sich eine Person auf Informationen die passiv über die Medien aufgenommen werden, so befindet sich das Bewusstsein in der medialen Welt. Hierzu zählen unter anderem Fernsehen, Kino, Zeitungen und Plakate. • Die virtuelle Welt Befindet sich das Bewußtsein in einer virtuellen Welt, so handelt es sich dabei um die künstlichen Welten die über Spiele-Software und bzw. oder das Internet zugänglich sind. Dabei spielt Interaktivität eine besonders wichtige Rolle. 3.2. Transfer und Transformation Hat ein Mensch gelernt einen bestimmten Handlungsablauf in einer bestimmten Situation zu verwenden, so hat er für diese Situation ein Schema entwickelt. Ein Schema gibt ihm eine Verhaltensweise vor, die in einer bestimmten Situation erfolgreiches Handeln verspricht. So entwickelt der Mensch im Laufe seines Lebens eine Fülle an Schemata die jeweils bevorzugt in ähnlichen Situationen angewandt werden. Findet beispielsweise eine Begrüßung statt, so wendet man das dazu passende Schema an und schüttelt seinem Gegenüber zum Beispiel die Hand, während man ihm in die Augen blickt. Da dieses Schema natürlich nicht nur bei einer einzigen Person funktioniert, wird es im Gehirn etwas abstrakter abgespeichert und kann so auch in ähnlichen Situationen, etwas abgewandelt, wiederverwendet werden. Diese Anwendung auf ähnliche Situationen nennt man Transfer. Hierbei unterscheidet man den intermondialen (zwischenweltlichen) vom intramondialen (innerweltlichen) Transfer. Wird die gerade beschriebene Begrüßungsformel, die in der realen Welt erlernt wurde, wieder in der realen Welt verwendet, so liegt ein intramondialer Transfer vor; wird diese Art der Begrüßung aber in der virtuellen Welt angewandt, handelt es sich um einen intermondialen Transfer. Bei jedem Transfer findet unweigerlich auch eine Transformation statt. Benötigt die Anwendung der Begrüßungsformel innerhalb der realen Welt nur sehr geringe Abwandlungen, um bei verschiedenen Personen zu funktionieren, so kann alleine schon das Händeschütteln in der virtuellen Welt Schwierigkeiten bereiten. Um also in der ähnlichen Situation in der virtuellen Welt trotzdem das erfolgversprechende Schema der Begrüßung anzuwenden, muss dieses weiter abstrahiert werden und an die ”Umweltbedingungen” der virtuellen Welt angepasst werden. Es findet eine Transformation statt. So kann zum Beispiel in der Online-Welt ”Second Life” die vorgestellte Begrüßungsformel abgewandelt werden und statt des Händeschüttelns eine andere vom Spiel bereitgestellte Animationssequenz auf Knopfdruck abgespielt werden. [3] 9 4. Auswirkungen von Online-Aufenthalten Transfers bilden also die Brücke zwischen virtueller und realer Welt. Über sie können Einflüsse aus der virtuellen Welt in die reale Welt übertragen werden. Die Bereitschaft einen solchen Transfer durchzuführen ist abhängig von der Person und dem Schema, das zu transferieren ist. So sind einige Schemata die in der virtuellen Welt Erfolg versprechen, kaum oder gar nicht in der realen Welt anzuwenden, oder eine beträchtliche Transformationsleistung ist von Nöten. Beherrscht man zum Beispiel ein Rennspiel in der virtuellen Welt, so sind Überholungsmanöver ähnlicher Art in der realen Welt nicht anwendbar, da sich die Person über die verschiedenen Konsequenzen in den verschiedenen Welten, wegen der unterschiedlichen Reizeindrücke durchaus bewußt ist. Ein waghalsiges Überholungsmanöver kann im Spiel wie auch in der realen Welt zu einem Unfall führen, nur sind die Konsequenzen ungleich anders. Darum ist ein wichtiger Punkt zu betrachten, wie sich die Bereitschaft für Transfers durch OnlineAufenthalte verändern. 4.1. Steigerung der Transferbereitschaft Nachgewiesen ist eine Erhöhung der Transferbereitschaft durch besonders lange Aufenthalte in einer virtuellen Welt [3]. Auch wird die Bereitschaft zu einem Transfer durch ein besonders intensives Spielerlebnis gesteigert. Wie sehr ”braucht” der Spieler die virtuelle Welt, um gute Gefühle zu haben? Je mehr sich eine Person mit den Spielinhalten identifizieren kann, desto niedriger ist die Hemmschwelle einen Transfer von einer Welt in eine andere vorzunehmen. Besitzt ein Spiel wie ”Sims 2” eine große Bedeutung für einen Spieler, so könnte er beispielsweise seine eigene Familienstruktur nachbauen, und sich selbst mit einem Avatar im Spiel repräsentieren. Transfers in die mentale Welt würden dann leicht fallen, da der Spieler einen klaren Bezug zu den realen Personen hat und sich so durch Erinnerungen an diese ein vollständiges Bild dieser Personen ergibt. In der mentalen Welt könnte er nun das reale Auftreten der Personen mit dem Auftreten in der realen Welt vergleichen. Es kann auch zu einem Transfer in die reale Welt kommen, indem der Spieler den Personen erzählt, wie ihre virtuellen Pendants in einer bestimmten Situation im Spiel gehandelt haben. Erschwert wird die Transferbereitschaft hingegen bei Spielen oder anderen Erlebnissen in einer virtuellen Welt, die keinen Bezug zu einer entsprechenden Situation in der realen Welt zulassen. So können Spielelemente eines SciFi Arcade Shooters nicht in die reale Welt transferiert werden. 10 Abbildung 4.1.: Eine Szene aus dem Spiel ”Sims 2”. Hier kann der Spieler seine eigene Familienstruktur nachbauen. Abbildung 4.2.: Der Arcade Shooter ”Warning forever”. Das Schema das im Spiel zum Erfolg führt ist in anderen Welten nutzlos. 11 4.2. Reale Auswirkungen virtueller Handlungen Die Auswirkungen, die virtuelle Handlungen auf die reale Welt haben, werden immer intensiver. So gibt es jüngst einen Fall, in dem vor einem realen Gericht in den Vereinigten Staaten von Amerika über virtuelles Landgut im Spiel ”Second Life” verhandelt wird. Dabei hat ein Anwalt einen Bug in Second Life entdeckt und diesen dazu benutzt, virtuelles Land unter dem Marktpreis zu kaufen.[4] Da gerade in Spielen in denen virtuelle Güter reellen Geldwert besitzen eine besonders intensive Verknüpfung zwischen diesen beiden Welten besteht, wird die Verhandlung vor Gericht als Präzedenzfall gesehen. Noch steht hierbei ein endgültiges Urteil aus. 4.3. Computerspielsucht Das Phänomen der Computerspielsüchtigen ist dahingegen schon bekannt. Wie auch in Kapitel 2.1 erwähnt ist Computerspielsucht mittlerweile eine ernstzunehmende Begleiterscheinung. So finden sich die Betroffenen in anonymen Selbsthilfegruppen zusammen oder werden in Spezialkliniken behandelt. Die erste europäische Spezialklinik wurde Mitte 2006 in Amsterdam eröffnet. Laut Keith Bakker, Direktor von Smith and Jones Addiction Consultants in Amsterdam, versuchen Spielsüchtige persönlichen Problemen zu entkommen. Oft geht das einher mit dem Zusammenbruch des sozialen Netzes und immensen Kommunikationsproblemen von Angesicht zu Angesicht, da die Kommunikation der Spielsüchtigen nur noch über den Computer geschieht. So teilen Online-Süchtige auch ihre Erfolge und Probleme nur noch mit Mitgliedern der virtuellen Gemeinschaft, in der sie sich aufhalten. In einigen Fällen hätten einige Patienten 3 Jahre lang mit jemandem in Korea gesprochen und ihr soziales Netz sei völlig verschwunden.[5] Zudem würden die Patienten teils auch zu Drogen greifen, um länger spielen zu können. Die Therapie der Patienten dauert zwischen 4 - 8 Wochen. Währenddessen finden Therapiesitzungen statt und Touren durch die Wildnis. Außerdem werden Workshops zu gesunder Lebensführung durchgeführt. Extreme Fälle von Spielsucht, die mit dem Tod enden, sind nun schon einige Male, vor allem im asiatischen Raum, aufgetreten. So starb 2005 ein 28-jähriger südkoreanischer Spieler nach 50 Stunden Spielens in einem PC-Bang (auf Computerspiele spezialisiertes Internet-Café). Zuvor kündigte er seinen Job, um mehr Zeit zum Spielen zu haben. Durch die Dauerbelastung verstarb er nach ca. 50 Stunden an Herzversagen durch Erschöpfung. Es sind mittlerweile über 20 Todesfälle aufgrund exzessiven Computerspielens bekannt.[6] 12 Abbildung 4.3.: Ein amerikanischer PC-Bang. Hier können vor allem Computerspiele im Internet für ca. 1 e pro Stunde gespielt werden. 13 5. Professional Gaming 5.1. Überblick Unter dem Begriff Professional Gaming versteht man das Spielen von Computerspielen als Profisport. Sogenannte Pro-Gamer sind meist Mitglied in einem Team das von einer oder mehreren Firmen gesponsort wird. Dadurch haben sie die Möglichkeit, durch das Spielen von Computerspielen ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und für Wettkämpfe zu trainieren. Je nachdem um welches Spiel es sich handelt, sind die Wettkämpfe teambasiert, d.h. mehrere Spieler spielen in Teams gegeneinander, oder aber es handelt sich um Duelle oder sogenannte ”1 on 1’s ”. Professional Gaming oder eSports ist mittlerweile in über 60 Ländern als offizielle Sportart anerkannt. Das erste europäische Land das eSports als offizielle Sportart anerkannt hat ist Bulgarien [7]. Am weitesten verbreitet ist Professional Gaming in Südkorea, welches wegen seinem Ausnahmestatus diesbezüglich auch die meisten professionellen Spieler stellt. Teils ziehen Spieler auch aus anderen Ländern extra nach Südkorea, um dort vom Computerspielen zu leben, wie der Franzose Bertrand ’Elky’ Grospellier, der recht erfolgreich als Europäer in Südkorea das Spiel StarCraft gespielt hat.[8] In Europa ist eSport weitgehend noch nicht als Sportart anerkannt und die Vermarktung von profesionellem Computerspielen ist im Vergleich zu Südkorea sehr schwach. Dort hat sich das Spiel ”StarCraft” von Blizzard Entertainment zu einer Art Volkssport entwickelt und in großen Turnieren die in Stadien ausgetragen werden sind bis zu 120.000 Zuschauer live vor Ort.[9] Insgesamt gibt es momentan in Südkorea 326 Profispieler von denen 236 StarCraft spielen. Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Spieler ist 1980 geborene Lim ’SlayerS BoxeR’ Yo-Hwan. Sein Fanclub zählt über 600.000 Mitglieder [10] und seine Einkünfte über Turniere und Wettkämpfe betrugen bis zu 250.000 e im Jahr. Diese Geldmenge ermöglichte es ihm auch 3 Trainingspartner für jede im Spiel verfügbare Rasse einzustellen. Das tägliche Trainingsprogramm beinhaltet 2 Trainings-Sessions á 4 Stunden. Momentan hat er seine Laufbahn als ProGamer unterbrochen, um im koreanischen Militär seine Pflicht zu tun. 5.2. Vermarktung Der wachsende Markt des professional Gamings wird fortlaufend von Soft- und Hardwareherstellern gefördert. Sei es durch Sponsoring oder durch spezielle Gaming-Hardware, 14 Abbildung 5.1.: Das Finale der Sky ProLeague 2005 zwischen den Teams SKT T1 und KTF die an die Ansprüche eines Computerspielers angepasst sind. So gibt es GamingMäuse, die eine besonders hohe Abtastrate besitzen und damit eine präzisere Steuerung im Spiel ermöglichen als herkömmliche Mäuse. Auch die Prozessoren auf Grafikkarten und Mainboards werden immer schneller und effektiver, um ein flüssiges Spielerlebnis zu gewährleisten. Die Vermarktung von großen Events wie Turnieren oder Liga-Spielen hat mittlerweile auch Einzug ins Fernsehen gehalten. So gibt es in Südkorea zwei Fernsehsender, die rund um die Uhr nur über eSports berichten. In Deutschland gibt es seit 6. Juni 2006 den Pay-TV Kanal GIGA 2, der diese Aufgabe im deutschsprachigen Raum übernimmt [11], was auch als Signal für den Einzug des eSports im europäischen Raum gewertet werden kann. Abbildung 5.2.: Der Profispieler Lim ’SlayerS BoxeR’ Yo-Hwan 15 6. Gewaltdiskussion Eine der bekanntesten Diskussionen rund um Computerspiele ist besonders aufgrund der Amokläufe wie denen in Littleton und in Erfurt, die Diskussion über Gewalt in Computerspielen. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob die virtuelle Gewalt Auswirkungen auf das Verhalten in der realen Welt hat, und wenn ja in welchem Rahmen. Prof. Dr. Bernhard Rathmayr, Studienbeauftragter der Studienrichtung Pädagogik an der Universität Innsbruck schreibt: "Die Fixierung auf den eindeutigen Nachweis eines tatsächlichen Zusammenhangs zwischen Mediengewalt und realer Gewalttätigkeit hat die Medienforschung von der viel grundsätzlicheren Frage nach den Voraussetzungen der Mediengewalt abgelenkt. [...] Die Frage nach den Ursachen medialer Gewaltproduktion ist der Frage nach ihren Wirkungen voranzustellen. Ehe man sinnvoll fragen kann, was Medien bewirken, muss man fragen, wodurch ihre Anziehungskraft beim Publikum verursacht wird. Die Frage nach den Hintergründen massenhafter Faszination durch visuelle Gewalt ist der Ansatzpunkt einer neuen Medien(be)wirkungs-forschung."[12] So stellt sich die Frage, warum Spieler überhaupt zu gewaltorientierten Spielen greifen. Untersuchungen zu Folge ist der Hauptanlass, sich in virtuelle Welten zu begeben, Langeweile. Wenn dort ein bestimmtes Erregungsniveau aufrecht erhalten werden kann, fühlt sich der Spieler dabei gut. Der schematische Ablauf von Computerspielen kann aber schnell bewirken, dass durch immer wiederkehrende Handlungen die Aufmerksamkeit und das Interesse abnehmen und wieder Langeweile entsteht, während das Erregungsniveau abflacht. Durch Situationen die die Existenz der virtuellen Präsenz im Spiel bedrohen kann das Erregungsniveau auf einem Level gehalten werden, denn dadurch ist der Spieler gezwungen konzentriert zu bleiben, da ansonsten der virtuelle Tod droht. Diese Bedrohung ist allerdings nur virtuell, und so bleibt das Erregungsniveau in bestimmten Grenzen und wird nach Beendigung des Spiels wieder abgebaut. In Fällen von ungeübten Spielern kann das Erregungsniveau nach mehreren mißglückten Versuchen aber sehr stark ansteigen und Wutreaktionen auslösen.[13] Um dem Gewöhnungseffekt an die Gewalt, der nach längerem Spielen eintreten kann, entgegenzuwirken, bauen die Spiele die Effekte aus und weben sie in die Geschichte mit ein. So bekommt der Spieler im Laufe des Spiels immer wieder eine neue, noch stärkere Waffe oder Technik, die er dem virtuellen Gegner entgegenhalten kann. Diese sich steigernde Spirale hält den Spieler bei Laune. Inwieweit allerdings ein Gewöhnungseffekt auch in die reale Welt transferiert wird, und ob überhaupt eine Gewöhnung an Gewalt in der realen Welt stattfindet, ist noch 16 unbekannt. So stehen sich auch verschiedenste Arten der Gewaltdarstellung gegenüber. Von satirisch vermittelter Gewalt in einem Sci-Fi Universum, über finstere psychische Gewalt bis zu stumpfer physischer Gewalt in einem Ghetto-Szenario ist alles denkbar. Die Transferbereitschaft aus weniger real anmutenden Szenarien ist hierbei wesentlich geringer einzuschätzen als bei Szenarien die versuchen, die Realität so gut wie möglich abzubilden. Mutmaßungen stellen an dieser Stelle die Medien an, die ihre Stellung bereits klargemacht haben. So titelte die FAZ am 28. April 2002 nach dem Amoklauf in Erfurt:”Ein Computerprogramm der Firma Sierra Entertainment hat den Amokläufer von Erfurt trainiert”. Damit wird ganz klar ein direkter Bezug zwischen der Tat und der Tatsache, dass der Amokläufer Counter-Strike gespielt hat, hergestellt. Trotzdem bleiben viele Fragen offen: • Inwieweit bleiben Erinnerungen an Spielerlebnisse haften? • Wieso bleiben bestimmte Erinnerungen länger abrufbar als andere? • Wieso bleiben gerade diese Erinnerungen länger abrufbar ? • Wie werden Elemente des Computerspiels in Erinnerung behalten ? 17 7. Fazit Durch die immer realistischer werdenden virtuellen Welten werden Transfers von der virtuellen Welt in die reale Welt immer einfacher werden, da die Transformationen immer weniger Aufwand benötigen. Durch die immer weiter steigende Zahl an menschlichen Spielern in Online-Welten und der weiter wachsenden Zahl von Benutzern der verschiedenen Formen von virtuellen Gemeinschaften wird in Zukunft verstärkt Kommunikation über das Internet im Rahmen einer dieser Gemeinschaften stattfinden. Sei es nun in Foren oder in immer realistischer werdenden 3D-Welten, die im Laufe der nächsten 10-15 Jahren Photorealismus in Echtzeit erreicht haben werden. Durch weitere verbesserte Ein- und Ausgabegeräte werden auch die bis jetzt etwas zu kurz kommenden Sinne vermehrt angesprochen, was zum Beispiel für Mimik und Gestik in Online-Welten zuträglich sein wird. 18 A. Quellen Alle Links wurden am 23.07.07 abgerufen und waren funktionsfähig [1] Rheingold, H.: Virtuelle Gemeinschaft, http://www.mathematik.uni-marburg.de/˜hesse/film/gruppe6/gr_6_vg.html [2]http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia [3]http://www.bpb.de/themen/OI6VDV,0,0,Wie_virtuelle_Welten_wirken.html [4]http://www.techdirt.com/articles/20070601/014044.shtml [5]http://www.stern.de/computer-technik/computer/563083.html?nv=ct_mt [6]http://www.xboxdynasty.de/news/_koreaner_stirbt_nach_50_stunden_dauerzocken_540.html [7]http://de.wikipedia.org/wiki/ESports [8]http://www.sclegacy.com/interviews/elky.php [9]http://en.wikipedia.org/wiki/StarCraft_professional_competition [10]http://de.wikipedia.org/wiki/Lim_Yo-hwan [11]http://de.wikipedia.org/wiki/GIGA_2 [12]Rathmayr, Bernhard (1996): Die Rückkehr der Gewalt 37ff [13]http://www.bpb.de/themen/YCK0P5,3,0,Virtuelle_Gewalt 19 B. Abbildungsverzeichnis Alle Links wurden am 23.07.07 abgerufen und waren funktionsfähig Abbildung 2.1.: Selbst erstellter Screenshot von der Seite http://www.lokalisten.de Abbildung 2.2.: http://static.flickr.com/87/271518373_381ff9925e_o.jpg Abbildung 4.1.: http://www.cheating.de/screenshots/large/pc/s/sims2_screen.jpg Abbildung 4.2.: http://www.joker.si/images/clank/2967_510.jpg Abbildung 4.3.: http://www.wcreplays.com/interviews/kidarctica/fury/fury2.jpg Abbildung 5.1.: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/f/f7/SkyProLeagueFinal.jpg Abbildung 5.2.: http://www.gamethu.net/News/Chuyen-game/2006/06/3B9AD470/boxer.jpg Abbildung 6.1.: http://www.gamestar.de 20