Balladen - Gemeindeschulen
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Balladen - Gemeindeschulen
Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" TEXT Ba01 Balladen: Erlkönig von Johann Wolfgang von Goethe Ballade: Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht beschreiben. Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde. Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische. Der Verfasser der Ballade: Goethe wurde am 28.8.1749 in Frankfurt(Main) geboren. Er begann sein Studium der Jura 1768 in Leipzig, das er aber wegen einer schweren Krankheit unterbrach und 1771 in Straßburg fortsetzte. Auf Einladung von Herzog Carl August zog er nach Weimar, wo er ab 1776 im Staatsdienst arbeitete. 1786-1788 erste Italienreise, 1790 zweite Italienreise. Goethe starb am 22.3.1832 in Weimar. Arbeitsaufgaben1: 1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen. 2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen. 3) Suche je zwei Adjektive zu Vater, Sohn und Erlkönig. 4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben? 5) Zeichne ein Bild zur Ballade. 6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht. Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor?2 Erklärungen: Erle: Baumart, Erlkönig = Elbenkönig / Schweif: Schwanz / Reihn, Reihen: Tanz / ächzen: seufzen, stöhnen Der „Erlkönig“ ist die bekannteste deutsche Ballade. 1 2 schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit Schubert vertonte den „Erlkönig“; sieh im Internet nach. © AJK Erlkönig von Johann Wolfgang von Goethe Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind; Er hat den Knaben wohl in dem Arm, er fasst ihn sicher, er hält ihn warm. Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? - Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht? Den Erlenkönig, mit Kron' und Schweif! Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. -! „Du liebes Kind, komm geh mit mir! Gar schöne Spiele spiel' ich mit dir, Manch' bunte Blumen sind an dem Strand, meine Mutter hat manch gülden Gewand.“ Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht was Erlenkönig mir leise verspricht? Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind; In dürren Blättern säuselt der Wind. „Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn? Meine Töchter sollen dich warten schön; meine Töchter führen den nächtlichen Reihn, und wiegen und tanzen und singen dich ein.“ Mein Vater, mein Vater und siehst du nicht dort Erlkönigs Töchter am düsteren Ort? Mein Sohn, mein Sohn! Ich seh’ es genau: Es scheinen die alten Weiden so grau! „Ich liebe dich! Mich reizt deine schöne Gestalt; und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt.“ - Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an! Erlkönig hat mir ein Leids getan! Den Vater grauset's, er reitet geschwind, er hält in Armen das ächzende Kind, erreicht den Hof mit Müh und Not; in seinen Armen das Kind war tot. © AJK Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" TEXT Ba02 Balladen: Der Handschuh von Friedrich Schiller Ballade: Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht beschreiben. Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde. Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische. Der Verfasser der Ballade: Friedrich Schiller - Geboren am 10.11.1759 in Marbach (D). Sohn eines Militärwundarztes. Kindheit und Jugend in ärmlichen Verhältnissen. Dorfschule, Lateinschule, auf Befehl des Herzogs Karl Eugen 1773 Eintritt in die Karlsschule, dort Medizinstudium ab 1776. 1780 Regimentsmedicus in Stuttgart. Arrest und Schreibverbot wegen Aufführung der "Räuber" in Mannheim. Flucht über Mannheim (1783), Leipzig (1785), Dresden nach Weimar (1787). 1789 Ernennung zum Professor der Geschichte und Philosophie in Jena. 1799 erneute Übersiedelung nach Weimar. Schiller starb am 9.5.1805 in Weimar. Arbeitsaufgaben∗: 1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen. 2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen. 3) Warum verlässt der Ritter das Fräulein? 4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben? 5) Zeichne ein Bild zur Ballade. 6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht. Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor? Worterklärungen: Reif: Ring Leu: Löwe Altan: Balkon ∗ schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit © AJK Der Handschuh von Friedrich Schiller Vor seinem Löwengarten, Das Kampfspiel zu erwarten, Saß König Franz, Und um ihn die Großen der Krone, Und rings auf hohem Balkone Die Damen in schönem Kranz. Und wie er winkt mit dem Finger, Auf tut sich der weite Zwinger, Und hinein mit bedächtigem Schritt Ein Löwe tritt, Und sieht sich stumm Rings um, Mit langem Gähnen, Und schüttelt die Mähnen, Und streckt die Glieder, Und legt sich nieder. Und der König winkt wieder, Da öffnet sich behänd Ein zweites Tor, Daraus rennt Mit wildem Sprunge Ein Tiger hervor, Wie der den Löwen erschaut, Brüllt er laut, Schlägt mit dem Schweif Einen furchtbaren Reif, Und recket die Zunge, Und im Kreise scheu Umgeht er den Leu Grimmig schnurrend; Drauf streckt er sich murrend Zur Seite nieder. Und der König winkt wieder, Da speit das doppelt geöffnete Haus Zwei Leoparden auf einmal aus, Die stürzen mit mutiger Kampfbegier Auf das Tigertier, Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen, Und der Leu mit Gebrüll Richtet sich auf, da wird's still, Und herum im Kreis, Von Mordsucht heiß, Lagern die gräulichen Katzen. Da fällt von des Altans Rand Ein Handschuh von schöner Hand Zwischen den Tiger und den Leun Mitten hinein. Und zu Ritter Delorges spottenderweis Wendet sich Fräulein Kunigund: »Herr Ritter, ist Eure Lieb so heiß, Wie Ihr mir's schwört zu jeder Stund, Ei, so hebt mir den Handschuh auf.« Und der Ritter in schnellem Lauf Steigt hinab in den furchtbarn Zwinger Mit festem Schritte, Und aus der Ungeheuer Mitte Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger. Und mit Erstaunen und mit Grauen Sehen's die Ritter und Edelfrauen, Und gelassen bringt er den Handschuh zurück. Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde, Aber mit zärtlichem Liebesblick – Er verheißt ihm sein nahes Glück – Empfängt ihn Fräulein Kunigunde. Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht: »Den Dank, Dame, begehr ich nicht«, Und verlässt sie zur selben Stunde. © AJK TEXT Ba03 Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" Balladen: Das Gewitter von Gustav Schwab Ballade: Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht beschreiben. Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde. Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische. Der Verfasser der Ballade: Gustav (Benjamin) Schwab - Geboren am 19.6.1792 in Stuttgart; gestorben am 4.11.1850 in Stuttgart. Als Sohn eines Professors und Geheimen Hofrats wuchs Schwab in der christlich-humanistischen Atmosphäre des Bildungsbürgertums auf. Nach dem Besuch des Stuttgarter Gymnasiums studierte er 1809-1814 in Tübingen zwei Jahre Philologie und Philosophie, dann Theologie. Nach einer Tätigkeit als Repetent begann er seine Berufstätigkeit 1818 als Professor für Latein am Stuttgarter Obergymnasium. 1837 trat er ein Pfarramt im Dorf Gomaringen bei Tübingen an, wurde 1841 Stadtpfarrer in Stuttgart, 1842 Dekan und 1845 als Oberkonsistorialrat und Oberstudienrat Leiter der höheren Schulen in Württemberg. 1847 erhielt er von der Universität Tübingen den Ehrendoktor der Theologie. Arbeitsaufgaben∗: 1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen. 2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen. 3) Was hat jeder noch vor? 4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben? 5) Zeichne ein Bild zur Ballade. 6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht. Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor? Worterklärungen: Urahn: (hier) Urgroßvater - Pfühl: Bett - Anger: Wiese - Gelag: Fest ∗ schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit © AJK Das Gewitter von Gustav Schwab Urahne, Großmutter, Mutter und Kind In dumpfer Stube beisammen sind; Es spielet das Kind, die Mutter sich schmückt, Großmutter spinnet, Urahne gebückt Sitzt hinter dem Ofen im Pfühl Wie wehen die Lüfte so schwül! Das Kind spricht: "Morgen ist’s Feiertag, Wie will ich spielen im grünen Hag, Wie will ich springen durch Tal und Höhn, Wie will ich pflücken viel Blumen schön; Dem Anger, dem bin ich hold!" Hört ihrs, wie der Donner grollt? Die Mutter spricht: "Morgen ist’s Feiertag, Da halten wir alle fröhlich Gelag, Ich selber, ich rüste mein Feierkleid; Das Leben, es hat auch Lust nach Leid, Dann scheint die Sonne wie Gold!" Hört ihrs, wie der Donner grollt? Großmutter spricht: "Morgen ist’s Feiertag, Großmutter hat keinen Feiertag, Sie kochet das Mahl, sie spinnet das Kleid, Das Leben ist Sorg und viel Arbeit; Wohl dem, der tat, was er sollt!" Hört ihrs, wie der Donner grollt? Urahne spricht: "Morgen ist’s Feiertag, Am liebsten morgen ich sterben mag: Ich kann nicht singen und scherzen mehr, Ich kann nicht sorgen und schaffen schwer, Was tu ich noch auf der Welt?" Seht ihr, wie der Blitz dort fällt? Sie hören’s nicht, sie sehen’s nicht, Es flammet die Stube wie lauter Licht: Urahne, Großmutter, Mutter und Kind Vom Strahl miteinander getroffen sind, Vier Leben endet ein Schlag Und morgen ist’s Feiertag. © AJK TEXT Ba04 Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" Balladen: John Maynard von Theodor Fontane Ballade: Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht beschreiben. Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde. Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische. Der Verfasser der Ballade: Theodor Fontane wurde am 30.12.1819 in Neuruppin (D) geboren. Der Vater war Apotheker. Fontane besuchte das Gymnasium Neuruppin (1832) und die Gewerbeschule Berlin (1833). 1836-1840 Apothekerlehre in Berlin. Fontane gab 1849 seinen Apothekerberuf auf; er arbeitete dann mit Unterbrechung bis 1859 als freier Mitarbeiter im Büro eines Ministeriums. Er lebte von 1855-1859 in England als Berichterstatter. Von 1860 bis 1870 arbeitete er als Redakteur der Berliner "Kreuz-Zeitung". 1870-1889 Theaterkritiker bei der "Vossischen Zeitung". 1876 Sekretär der Akademie der Künste Berlin und freier Schriftsteller. 1894 Dr. phil. h.c. Fontane starb am 20.9.1898 in Berlin. Arbeitsaufgaben*: 1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen. verstehen. 2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen. 3) Was war John Maynard für ein Mensch? 4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben? 5) Zeichne ein Bild zur Ballade. 6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht. Vielleicht Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor? Worterklärungen: Detroit, Buffalo: Städte am Erisee in den USA Bugspriet: schräger Mastbaum am Vorderteil des Schiffes Brandung: das Brechen der Wellen an der Küste * schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit © AJK John Maynard von Theodor Fontane »Wer ist John Maynard?« »John Maynard war unser Steuermann, Aus hielt er, bis er das Ufer gewann, Er hat uns gerettet, er trägt die Kron, Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn. John Maynard.« Die »Schwalbe« fliegt über den Erisee, Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee; Von Detroit fliegt sie nach Buffalo Die Herzen aber sind frei und froh, Und die Passagiere mit Kindern und Fraun Im Dämmerlicht schon das Ufer schaun, Und plaudernd an John Maynard heran Tritt alles: »Wie weit noch, Steuermann?« Der schaut nach vorn und schaut in die Rund: »Noch dreißig Minuten ... Halbe Stund.« Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei – Da klingt's aus dem Schiffsraum her wie Schrei, »Feuer!« war es, was da klang, Ein Qualm aus Kajüt und Luke drang, Ein Qualm, dann Flammen lichterloh, Und noch zwanzig Minuten bis Buffalo. Und die Passagiere, bunt gemengt, Am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt, Am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht, Am Steuer aber lagert sich´s dicht, Und ein Jammern wird laut: »Wo sind wir, wo?« Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo. – »Ich halte drauf hin.« Und das Schiffsvolk jubelt: »Halt aus! Hallo!« Und noch zehn Minuten bis Buffalo. - »Noch da, John Maynard?« Und Antwort schallt's Mit ersterbender Stimme: »Ja, Herr, ich halt's!« Und in die Brandung, was Klippe, was Stein, Jagt er die »Schwalbe« mitten hinein. Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so. Rettung: der Strand von Buffalo! Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt. Gerettet alle. Nur einer fehlt! Alle Glocken gehn; ihre Töne schwelln Himmelan aus Kirchen und Kapelln, Ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt, Ein Dienst nur, den sie heute hat: Zehntausend folgen oder mehr, Und kein Aug im Zuge, das tränenleer. Sie lassen den Sarg in Blumen hinab, Mit Blumen schließen sie das Grab, Und mit goldner Schrift in den Marmorstein Schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein: »Hier ruht John Maynard! In Qualm und Brand Hielt er das Steuer fest in der Hand, Er hat uns gerettet, er trägt die Kron, Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn. John Maynard.« Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht, Der Kapitän nach dem Steuer späht, Er sieht nicht mehr seinen Steuermann, Aber durchs Sprachrohr fragt er an: »Noch da, John Maynard?« »Ja, Herr. Ich bin.« »Auf den Strand! In die Brandung!« © AJK TEXT Ba05 Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" Balladen: Paddy Fingal von Wilhelm Brandes Ballade: Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht beschreiben. Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde. Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische. Der Verfasser der Ballade: Wilhelm Brandes lebte von 1854 bis 1928 in Wolfenbüttel. Er war Gymnasialdirektor und Germanist; daneben war er Balladen- und Schauspieldichter. Arbeitsaufgaben*: 1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen. 2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen. 3) Worin besteht der Trick von Paddys Frau Schaya? 4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben? 5) Zeichne ein Bild zur Ballade. 6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht. Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor? Worterklärungen: Elle: altes Längenmaß, zwischen 55 und 83 cm Hüne: Riese Sund: Meeresstraße Schuh: altes Längenmaß Hede: das beim Flachskämmen zurückbleibende Gewirr von Fasern („verheddern“) Heiliger Patrick: Schutzpatron von Irland * schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit © AJK Paddy Fingal von Wilhelm Brandes Paddy Fingal war von Riesenart: Sechs Ellen flog sein schwarzer Bart, seine Fäuste waren wie Tonnen groß, einen Mastbaum führt' er als Wurfgeschoss, so ein Kerl war Paddy Fingal! so guckte die Nase nur heraus, die Nase von Paddy Fingal. Indem so schob der Schotte herein, an den Balken rührte sein Scheitelbein, und er schnob und wischte sich den Schweiß und rollte die Augen wild im Kreis: "Wo steckt der Paddy Fingal?" "Tut leise, Fremder, und tretet sacht, dass Paddys Kindlein nicht erwacht! Denn wenn er schrie und Fingal käm, für euch kein gutes End es nähm: Nicht spaßen tut Paddy Fingal." Nun wuchs ein Hüne im Schottenland, der hörte von Fingals starker Hand; da wollt er erproben alsogleich, wer fester sei auf Stoß' und Streich, er oder Paddy Fingal. Und als er stapfte durch den Sund, Paddy Fingal just am Ufer stund und maß von ferne klipp und klar, dass der Fremdling zehn Schuh größer war, noch größer als Paddy Fingal. Da lief er heim in jähem Schreck: "O Schaya, birg mich im Versteck! Von Schottland kommt ein Kerl daher, wie ein Berg so groß - ich fürchte sehr, der sucht den Paddy Fingal." Ins Bette Paddy Fingal kroch, Frau Schaya türmte die Kissen hoch; wie aus dem Hedesack die Maus, Doch wie sie warnte mit Wort und Wink, der Schotte neugierig ans Lager ging: O heiliger Patrick, wie ward ihm da, als er die Nase ragen sah, die Nase von Paddy Fingal! "Beim Pfeifer, der vor Moses blies: welch heidenhafter Nasenspieß! Ist das ein Baby, wie Ihr sagt, ein Narr, wer's mit ihm selber wagt! Nicht wart ich auf Paddy Fingal." Und er trollte davon mit scheuem Blick und stolperte durch den Sund zurück; fast wär ertrunken der gute Held, dieweil in der Eil er die Furt verfehlt, so lief er vor Paddy Fingal. Der aber erhob ein Siegesgeschrei. Da kamen die Nachbarn rings herbei; die staunten den großen Fingal an, der den langen Schotten gejagt von dann, den tapfern Paddy Fingal. © AJK Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" TEXT Ba06 Balladen: Ballade vom schweren Leben des Ritters Kauz vom Rabensee von Peter Hacks Ballade: Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht beschreiben. Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde. Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische. Der Verfasser der Ballade: Peter Hacks, der am 21. März 1928 in Breslau geboren wurde, verbrachte seine Kindheit im Ruhrgebiet. Nach seinem Abitur 1946 zog die Familie nach Bayern, wo Hacks ab 1947 in München Philosophie, Soziologie, Germanistik und Theaterwissenschaften studierte und 1951 promovierte. In den 1970er-Jahren avancierte Hacks zu einem der meistgespielten zeitgenössischen Autoren in der Bundesrepublik und war dort lange einer der berühmtesten DDR-Schriftsteller. 1971 erhielt er den Kritikerpreis der Bundesrepublik Deutschland, 1974 und 1977 den Nationalpreis für Kunst und Literatur der DDR. Er führte den Blankvers wieder ein, verfasste Opernlibretti und auch ein Historienspiel. Außerdem schrieb er mehrere Kinderbücher und Lyrik. Hacks verstarb am 28. August 2003 in Berlin. Arbeitsaufgaben*: 1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen. 2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen. 3) Erkläre die Überschrift. 4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben? 5) Zeichne ein Bild zur Ballade. 6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht. Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor? Worterklärungen: Habit: Kleidung Brüstung: bis in halbe Körperhöhe reichende Schutzwand * schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit © AJK Ballade vom schweren Leben des Ritters Kauz vom Rabensee von Peter Hacks Es war ein alter Ritter, Herr Kauz vom Rabensee. Wenn er nicht schlief, dann stritt er. Er hieß: der Eiserne. Sein Mantel war aus Eisen. Aus Eisen sein Habit. Sein Schuh war auch aus Eisen. Sein Schneider war der Schmied. Ging er auf eine Brücke über den Rhein - pardauz! Sie brach in tausend Stücke. So schwer war der Herr Kauz. Lehnt er an einer Brüstung, Es macht sofort: pardauz! So schwer war seine Rüstung. So schwer war der Herr Kauz. Und ging nach solchem Drama Zu Bett er, müd wie Blei: Sein eiserner Pyjama Brach auch das Bett entzwei. Der Winter kam mit Schnaufen, Mit Kälte und mit Schnee. Herr Kauz ging Schlittschuh laufen Wohl auf dem Rabensee. Er glitt noch eine Strecke Aufs stille Eis hinaus. Da brach er durch die Decke Und in die Worte aus: Potz Bomben und Gewitter, ich glaube, ich ersauf! Dann gab der alte Ritter Sein schweres Leben auf. © AJK TEXT Ba07 Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" Balladen: Die Ballade vom Wasserrad von Bertolt Brecht Ballade: Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht beschreiben. Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde. Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische. Der Verfasser der Ballade: Bert (Bertolt) Brecht, eigentlich Eugen Berthold Friedrich Brecht (* 10. Februar 1898 in Augsburg, † 14. August 1956 in Berlin) wird als der einflussreichste deutsche Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts bezeichnet. 1924 zog er nach Berlin. Hier arbeitete er am Deutschen Theater. 1929 heiratete er Helene Weigel. Brecht wollte schon immer mit seinen Auftritten in der Öffentlichkeit Einfluss nehmen. Er strebte eine gesellschaftliche Umwälzung an. Anfang des Jahres 1933 wurde Brecht wegen Hochverrats angeklagt. Am 28. Februar verließ Brecht mit seiner Familie und Freunden Berlin und flüchtete aus Deutschland vor den Nationalsozialisten. Er kehrte nach dem Krieg zurück. Arbeitsaufgaben*: 1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen. 2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen. 3) Brecht wollte die Welt verändern. Wen wollte er in diesem Gedicht bekämpfen, wem wollte er helfen? 4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben? 5) Zeichne ein Bild zur Ballade. 6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht. Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor? Worterklärungen: Gestirn: Stern Tröpfe: einfältiger Kerl Hinweis: Die vertonte Ballade findest du im Internet. * schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit ©AJK Die Ballade vom Wasserrad von Bertolt Brecht 1 Von den Großen dieser Erde melden uns die Heldenlieder: Steigend auf so wie Gestirne gehen sie wie Gestirne nieder. Das klingt tröstlich, und man muss es wissen. Nur: für uns, die sie ernähren müssen ist das leider immer ziemlich gleich gewesen. Aufstieg oder Fall: Wer trägt die Spesen? Freilich dreht das Rad sich immer weiter dass, was oben ist, nicht oben bleibt. Aber für das Wasser unten heißt das leider nur: Dass es das Rad halt ewig treibt. 2 Ach, wir hatten viele Herren hatten Tiger und Hyänen hatten Adler, hatten Schweine doch wir nährten den und jenen. Ob sie besser waren oder schlimmer: Ach, der Stiefel glich dem Stiefel immer und uns trat er. Ihr versteht: Ich meine dass wir keine andern Herren brauchen, sondern keine! Freilich dreht das Rad sich immer weiter dass, was oben ist, nicht oben bleibt. Aber für das Wasser unten heißt das leider nur: Dass es das Rad halt ewig treibt. 3 Und sie schlagen sich die Köpfe blutig, raufend um die Beute nennen andre gierige Tröpfe und sich selber gute Leute. Unaufhörlich sehn wir sie einander grollen und bekämpfen. Einzig und alleinig wenn wir sie nicht mehr ernähren wollen sind sie sich auf einmal völlig einig. Denn dann dreht das Rad sich nicht mehr weiter und das heitre Spiel, es unterbleibt wenn das Wasser endlich mit befreiter Stärke seine eigne Sach betreibt. ©AJK