Illumination

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Illumination
Illumination
„Du fragtest mich einst nach meinen Absichten
und dem Fleck, der sich nicht auswaschen ließ.
Ich verspreche dir, die Antworten liegen in der Arche.
Suche mich dort in der Dunkelheit,
denn dort verweile ich.“
Florian Patzer
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Prolog
----- Jenseits des Seins -----
S
ie war nicht mehr das was sie einmal dargestellt hatte.
Jeglicher Glanz von Macht, Reichtum und Ehre war
fortgeblasen worden, wie Staub im Wind. Ein technologisches
Meisterwerk, nunmehr ein lebender Organismus mit einem Bewusstsein.
Hohe Gabe lag in Trümmern und doch war die Stadt noch da.
Nur war sie nicht mehr so prunkvoll.
Wie früher vielleicht?
Sie wusste nicht wie sie früher einmal gewesen war. Und nun,
eingesperrt in ihrem Käfig, den sie selbst geschaffen hatte, wollte
sie es auch nicht wissen.
Cortana sah und spürte, was der Grabgedanke mit seiner Flut
angerichtet hatte. Sie hatten die ganze Stadt infiziert, ihre Bewohner verpestet und damit begonnen Hohe Gabe an ihre Vorstellungen von einem Lebensraum anzupassen.
Der metallische Glanz war überwuchert von einer dicken Biomasse. Die organische Substanz der Flood. Der Grabgedanke
selbst war in die Stadt gekommen, mithilfe der Fregatte In Amber Clad, die ebenfalls infiziert wurde.
Es schien als wäre die Stadt der Propheten von einem einzigen
Wesen verschlungen worden. Überall hingen ihre Nester, kugelförmige Blasen in denen neue Parasiten heranwuchsen. Die Luft
wurde durch mikroskopisch kleine Sporen vergiftet.
Nichts Fremdes konnte hier überleben.
Sie spürte es an ihrem eigenen Leib. Die künstliche Intelligent
Cortana war immer noch in dieser unendlichen Teufelsmaschine.
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Umringt von Flood-Superzellen, die Zellen aus denen die Flood
bestand.
Mit dem Halo-Ring, über dem Hohe Gabe schwebte, geschah
dasselbe. Sie spürte es. Sie sah es. Bald würde der Ring genauso
enden wie die Stadt: Unter einer dicken organischen Schicht. Der
Ring wird sterben, wie auch Hohe Gabe. Es lag im Rahmen des
Möglichen, dass die Wächter damit beginnen werden den Ring
zu demontieren, um der Flood Einhalt zu gebieten.
Aber Cortana konnte daran nichts ändern.
Ihre Systeme arbeiteten nicht mehr so wie sie es sollten. Sie litt
immer mehr unter Ausfällen, Störungen und zum ersten Mal
fand sie keine Lösung.
Ihr letzter Ausweg waren die Privaträume der Propheten gewesen. In einer selbstständigen stationären Einheit wartete sie nun,
geschützt durch eine Energiekuppel.
Beschädigt schützte sie sich vor der Flut – vor dem Grabgedanken. Ihre Energiekuppel schützte Cortana vor der Flut, wie es
ihrerseits die Kuppel von Hohe Gabe mit dem Blutsvaterschiff
getan hatte. Der Grabgedanke wusste dass sie hier war, schon die
ganze Zeit lang.
Es gibt noch so viele Fragen.
Draußen im All herrschte noch immer der Krieg zwischen den
Flotten der Eliten und Brutes. Sie hatten Hunderte in der Flotte.
Der Ring und die Stadt standen mit Sicherheit unter Quarantäne.
Nichts desto trotz hinderte es die Flut nicht daran sich auszubreiten.
So ironisch es klang, genau dies war Cortanas einzige Hoffnung die Flood zu besiegen.
Die Präsenz in dem Blutsvaterschiff hatte ihr mehr erzählt, als
sich hätte träumen können. Es war eine KI der Blutsväter gewesen. Ähnlich wie 343 Guilty Spark.
Es gab einen Weg gegen die Flood. Aber dazu musste eines
der Schiffe zur Erde, um diese Information weiter zu geben. Nur
konnte sie sich nicht auf die Streitmächte der Allianz verlassen.
Sie führten einen Bürgerkrieg und würden den Menschen nie3
mals freiwillig helfen.
Diese Ironie nahm ihren Lauf in Form eines Allianz-Kreuzers.
Er war zu dicht an die Stadt heran gekommen und ward gekapert
worden.
Durch das stetige Chaos draußen in der Kälte des Alls konnte
das Schiff fliehen. Nicht aber ohne einen Datenträger zu transportieren, auf den Cortana eine Nachricht gesendet hatte. Es
hatte die letzten Reserven ihrer Leistung gekostet.
Sie war am Ende. Konnte nicht mehr weiter. Aber einen
Schritt musste sie noch unternehmen:
Eine ähnliche Nachricht schickte sie an ein Schiff der Elitenflotte. Es war zwar riskant, aber möglicherweise waren sie die
Einzigen, die Letzten, die die Flood daran hindern konnten sich
auf der Erde auszubreiten.
Schuldgefühle überkamen sie. Wenn es nicht funktionierte,
waren alle verloren. Nur gab es keinen anderen Ausweg.
Schlussendlich zog sich Cortana wieder in den Prozessor zurück. Ihr Hologramm kauerte sich zusammen und sie wartete.
Auf ein Geräusch, eine bekannte Stimme, auf jemanden bestimmten. In ihrem Delirium wartete die KI auf den Chief. Denn
er würde zu ihr kommen.
Schließlich hatte er es versprochen.
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Kapitel 1
---- Weg der Erkenntnis ----
W
as für eine Katastrophe!“ Guilty Spark flog auf der
Kommandobrücke der Schatten der Absicht auf und ab,
während der Schiffsmeister Rtas ‘Vadumee gelassen in seinem
Grav-Thron saß und ein Hologramm betrachtete.
Es handelte sich um die Daten für den Hyperraum und Informationen über die Reue und Hass – das Schiff, welche von den
Parasiten infiziert worden war und floh. Seit geraumer Zeit waren sie dem Kreuzer schon auf der Fährte, zusammen mit sechs
weiteren Kreuzern.
Spark flog einen Bogen um eine Holokonsole und kehrte zum
Schiffsmeister zurück. „Die Flut darf nicht entkommen, sonst ist
alles verloren.“
„Die Sangheili werden ihr bestes geben dies zu verhindern“,
sagte der silbern gepanzerte Kommandant ohne von den kleinen
Hologrammen aufzusehen, die auf der Armlehne seines Throns
projiziert wurden. „Und wir kennen das Ziel dieses Schiffes.“
Spark leuchtete kurz auf. Woher wollte dieser Sangheili das
wissen? „Was wenn es eine Lüge war?“, fragte er. „Was wenn
diese Intelligenz uns hintergeht? Sie und der Reclaimer haben es
schon einmal getan. Warum sollten sie es nicht wieder tun?“
Nun blickte die halbe Besatzung der Brücke auf die beiden.
Keiner wagte es etwas zu sagen, dann schaltete der Sangheili die
Projektion ab und wandte sich dem Illuminaten zu.
„Warum sollte sie das tun, Orakel?“, fragte er. „Soweit wir
wissen verfolgen sie dieselben Ziele wie wir: Den Propheten der
Wahrheit davon abzuhalten die Ringe zu aktivieren. Noch haben
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wir den Kreuzer auf unseren Schirmen. Und solange wir uns im
Barak’dehul befinden kann ich gar nichts tun.“
Für drei Zehntel einer Sekunde stutzte 343 Guilty Spark. Was
war ein Barak’dehul? Interessiert begann er mit einer Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die logischste Erklärung war wohl die
Allianz-Bezeichnung für den Hyperraum.
„Ich hoffe Sie irren sich nicht“, antwortete Spark kühl. Noch
im Satz wendete er sich ab und zog seine Kreise über die Köpfe
der Piloten dieses Schiffes. Es hatte sich so viel verändert. Exakt
101 217 lokale Jahre hatte er nichts erlebt, auf Installation Null
Vier. Und innerhalb weniger Tage waren die Reclaimer und
dieser Verbund außerirdischer Rassen gekommen.
Unbeabsichtigt hatten sie die Flut freigelassen. Sein Halo-Ring
wurde zerstört und schon kurze Zeit später wurde ein zweiter
Ring infiziert. Und als wäre das nicht schon genug war eine
Führungsperson dieser Allianz unterwegs zur Arche, um die
verbleibenden Ring-Plattformen zu aktivieren.
Ehe er darüber nachdenken konnte, woher der Prophet von der
Arche wusste, klammerte sich Spark an die Tatsache fest, dass er
seine Aufgabe vernachlässigt hatte.
Er war der Hüter von Installation Null Vier gewesen. Und nun
schwebte seine Einrichtung in Trümmern durch das All. Das
Protokoll hatte sich verändert. Guilty Spark konnte nicht mehr
danach handeln. Nachdem er seine Einrichtung verloren hatte,
war er frei. Frei von Aufgaben, die er erfüllen musste.
Das einzigste was ihm das Protokoll nun noch vorschreiben
konnte war eines: seinen Schöpfern zu helfen.
Und das würde der Illuminat tun.
Aus dieser Erkenntnis schöpfte er neuen Mut. Die Nachricht
der KI Cortana war unvollständig, so als wäre sie nicht imstande
sie zu Ende zu führen. Möglicherweise war sie auf diesem
Schiff. Möglicherweise auch nicht.
Aber sie sprach von einer Lösung.
Über die Waffensysteme des Sturmträgers hinweg schwebend
beschloss Guilty Spark sie zu seinen Primärzielen hinzuzufügen:
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Herauszufinden was die KI verbirgt.
Nun sah er sich die Waffenkonsole unter ihm an. Sie kam ihm
bekannt vor. Seine Schöpfer hatten ähnliche Systeme benutzt.
Interessiert schwebte er näher heran um sie genauer zu studieren.
Einem Sangheili-Piloten nahm er dadurch die Sicht, aber im
Moment mussten sie sowieso nicht kämpfen, wodurch die Belange dieses Piloten für den Ex-Hüter von Halo irrelevant waren.
„Hatten Sie schon vorher Einrichtungen meiner Schöpfer besucht?“, fragte Spark vergnügt.
Offenbar irritiert über den spontanen Themenwechsel, stutzte
der Schiffsmeister kurz. „Nun ja, wir hatten die Ehre mehrere zu
finden. Einschließlich des Kriegsschiffes, mit dem Wahrheit zur
Erde geflogen ist.“
Spark blickte von der Konsole zu dem Sangheili und dann
wieder zurück. „Interessant“, sinnierte er. Wenn diese Einheiten
so ähnlich mit denen auf Halo waren, wie sah es dann erst mit
den Energiesystemen des Schiffes aus…
„Eine Frage, Orakel.“
Diese Worte registrierte 343 nur als Akustik von geringerem
Belang. Er war zu sehr mit der Analyse der Systeme beschäftigt.
Schließlich unterbrach er seine vertiefte Auswertung und wandte
sich dem Schiffsmeister zu.
Orakel. Was für eine dürftige Beschreibung seines Wesens.
343 Guilty Spark war ein Genie.
„Was ist auf dem Ring passiert?“, fragte ‘Vadumee neugierig.
Wenn der Sangheili es gern wissen möchte, wollte ihn Spark
nicht daran hindern. „Nun“, begann er, „Nachdem der Reclaimer
die Reaktoren seines abgestützten Schiffes überladen hatte…“
Die Hand leicht schwenkend winkte der Schiffsmeister ab.
„Nein Orakel. Ich meine den Ring der unter Quarantäne steht.
Wie konnte die Flood sich so sehr ausbreiten.“ Der Elite beugte
sich in seinem Thron vor. „Warum hauste auf diesem Ring ein
Grabgedanke, der nun in der heiligen Stadt sein Unwesen
treibt?“
Der Elite spricht auf den Verrats-Fall an. Ein heikles Thema,
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da Spark selbst nur einen Teil der Wahrheit kannte.
„Meine Datenbank reicht dafür nicht aus“, erklärte er. „Ich
kann nur Vermutungen anstellen, mehr nicht.“
„Dann tun Sie das“, sagte ‘Vadumee.
Die gesamte Sangheili-Mannschaft der Brücke hörte nun auf
Spark. Auf seine Theorie dieses Alptraums.
„Als der Kampf gegen die Flut aussichtslos erschien, aktivierten meine Herren die sieben Ringe. Sie und jegliches intelligente
Leben, drei Radii vom galaktischen Zentrum entfernt starben.
Wie geplant. Wenn Sie möchten kann ich Ihnen die relevanten
Daten dazu zeigen.“
Da der Sangheili keine weiteren Anstalten machte, seine Daten
zu betrachten, redete Spark vergnügt weiter.
„Offenbar gab es auf Installation Null Fünf einen Fehler, der
nicht geplant war. Meine Schöpfer wussten von der Existenz
eines Grabgedanken – eine Leitform der Flut. Um diesen Feind
zu bekämpfen entwickelten sie eine Künstliche Intelligenz namens Mendicant Bias.
Es gibt zu wenige Daten über den wahren Vorfall damals.
Aber so weit ich es beurteilen kann, entkam der Grabgedanke
und schaffte es kurz vor der Aktivierung der Ringe auf Installation Null Fünf zu kommen.
Die Informationen, die ich aus dem Kontrollraum dieser Einrichtung beziehen konnte waren unvollständig.
Ich versuchte Kontakt zu Penitent Tangent herzustellen, aber
er war verschollen. Meine Schlussfolgerung wäre, dass der
Grabgedanke ihn gefangen genommen hatte und so die Aktivierung dieses einen Ringes verhinderte. So konnte er überleben.“
Langsam fuhr der Grav-Thron des Schiffsmeisters tiefer, bis er
das Deck berührte und der Sangheili aufstehen konnte. Er ging
auf Guilty Spark zu. „Wer ist dieser Penitent Tangent?“, fragte er
den Illuminaten.
„2401 Penitent Tangent ist der Illuminat der Einrichtung Null
Fünf“, erklärte Spark. „Sollte er in der Gewalt der Flood sein, ist
der Ring schutzlos. Die Wächter brauchen jemanden er ihnen
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Befehle erteilt, sonst wissen sie nicht was zu tun ist.“
Im vorderen Bereich der Schiffsbrücke begann der Navigationsoffizier mehrere Symbole vor seiner Konsole zu betätigen.
Ein Hologramm tauchte vor dem Sangheili auf und fing an langsam zu rotieren. Der Schein der Projektion tauchte seine braune
Pilotenrüstung in ein mattes Blau.
„Schiffsmeister“, rief der Pilot und drehte sich zu ‘Vadumee
um. „Die Reue und Hass hat den Barak’dehul verlassen. In sechs
Einheiten haben wir das Ziel erreicht.“
„Gut ‘Jekomee“, kommentierte der Schiffsmeister. Nun endlich wandte er sich wieder ihm zu, Guilty Spark. „So wie ich das
sehe“, sagte der Sangheili mit einer beiläufigen Bewegung der
Hand, „ist der Ring nicht mehr zu retten, so oder so. Richten wir
unsere Augen auf die Zukunft. Wir müssen das Konstrukt bergen, das sich auf diesem Kreuzer verbirgt, bevor es zerstört
wird.“
Wieder erschien ein Hologramm, diesmal aber in der Mitte der
Kommandobrücke. Es zeigte eine runde Kugel – einen blauen
Planeten. Das Hologramm zeigte ihr Ziel und ihre Zukunft.
Ein leuchtendes Dreieck markierte das infizierte Schiff, kurz
vor dessen Bruchlandung mit der Oberfläche. Spark kannte diese
Methode der Flut nur zu gut. Direkter Kontakt war die sicherste
Art eine Welt vollständig zu infizieren.
Seinen Daten entnahm er, dass es sich um die Heimatwelt der
Reclaimer handeln musste.
Es war der Planet, den sie Erde nannten.
Auf allen Frequenzen sendeten die Sangheili, von denen sie
glaubten, dass die Menschen sie benutzten. Spark beobachtete,
wie der Schiffsmeister eine Nachricht an die Reclaimer sendete.
Gelassen saß er in seinem Grav-Thron und sprach, die Sendetaste auf seiner Armlehne gedrückt. „Seid gegrüßt Menschen.
Beachtet folgendes:“, begann er, „dies ist der Träger Schatten
der Absicht. Diesen Sektor räumen. Wir kümmern uns um die
Flood.“
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Symbole vor dem Schiffsmeister zeigten an, dass die Sangheili
in ihren Kapseln die Oberfläche erreicht hatten. Ein Rauschen
war zu hören, dann hatte der Zelot eine Verbindung zu einem
seiner Einsatzteams hergestellt.
„Wie ist Ihr Status?“, verlangte er zu wissen.
Ein Goloka – ein Sangheili mit roter Rüstung – meldete sich
zu Wort: „Feinde, mitten unter uns, Exzellenz!“ Soweit Spark
wusste, waren noch drei Flug-Sangheili bei ihm.
„Meine Brüder.“ Spark erkannte das Muster dieser Stimme sofort wieder. Es handelte sich zweifellos um den Sangheili mit der
verzierten Panzerung, der im Kontrollraum Null Fünfs gegen
diesen primitiven Wilden gekämpft hatte. „Ich habe schlechte
Nachrichten“, fuhr die Stimme fort.
Doch offenbar schnitt ihm der Goloka das Wort ab. „Hohe
Gabe ist gefallen und nun eine schwelende Brutstätte.“
Mit aufgeregter Stimme sprach nun wieder der Gebieter: „Habt
ihr sie unter Quarantäne gestellt?“
Noch bevor der Gebieter zu Ende gesprochen hatte, drückte
der Schiffsmeister auf die Senden-Taste. „Ein einzelnes Schiff
hat unsere Linie durchbrochen“, erklärte ‘Vadumee. „Wir haben
es verfolgt.“
„Aber wir hatten doch Hunderte in der Flotte?“, sagte der Gebieter.
„Es ist schlimm Bruder.“ Und anhand des Gesichtsausdrucks
erkannte Spark, dass er es auch so meinte wie er es sagte: Es war
eine Katastrophe. „Die Flood hat sich ausgebreitet!“
Eine wahrhaft untertriebene Beschreibung, fand Guilty Spark.
„Wir müssen das Schiff erreichen und Cortana da raus holen.“
343 Guilty Spark erschrak, sofern man diese Reaktion bei einer
Künstlichen Intelligenz so nennen konnte. Auch diese raue
Stimme kannte er nur zu gut. Der Reclaimer war hier, zusammen
mit dem Gebieter.
Auch der Schiffsmeister schien verblüfft darüber zu sein. Dies
war das erste Mal, dass er den – wie nannten sie ihn doch gleich?
Dämon – sprechen hörte und in das Gespräch mit einfiel.
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Spark wunderte es immer noch, warum ein so sehr technologisiertes Volk wie die Allianz, so viele religiös-fanatische Wörter
verwendete, anstatt sich einer akkurateren Ausdrucksweise zu
bedienen.
„Wir sind hinter derselben Beute her“, erklärte der Schiffsmeister ruhig. „Aber seid gewarnt. Euch bleibt nicht viel Zeit,
sollte die Flood von diesem Ort entkommen – dann werde ich
alles opfern um sie aufzuhalten.“
Mit diesen Worten beendete er die Verbindung.
Sie mussten die Nachricht finden. Spark konnte nicht zulassen,
dass man sie opfert. Aber die Flut konnte er auch nicht entkommen lassen…
Sehr viel weiter kam der Illuminat auch nicht mit seinen Überlegungen. Etwas anderes lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich.
Alles bisher da gewesene verlor urplötzlich an Bedeutung, hinsichtlich dessen was auf einen der Bildschirme angezeigt wurde.
Aufgeregt schwebte der Ex-Hüter näher an das Hologramm
heran. „Eine Portalwelt“, stellte Spark fest.
Das Portal muss die ganze Zeit über unter der Erde gelegen
haben. Im Schütze des Berges lag das Konstrukt mit einem
Durchmesser von dreißig Kilometern ausgegraben und geöffnet
vor ihnen.
Vierzehn Arme hatten sich wie eine Blüte geöffnet, während
der gesamte Mittelteil abgesunken war; nachdem das Schlüsselschiff es nach Jahrtausenden wieder mit Energie versorgt hatte.
Spark suchte mit seinem einzigen Auge die Senke ab, die auf
den Bildschirm zu sehen war. Es gab keine Spur von dem Schiff
seiner Schöpfer.
Seiner Wahrscheinlichkeitsrechnung nach war er zusammen
mit der Flotte durch das Portal verschwunden, was dunkel über
der Einrichtung am Himmel leuchtete.
Einzig der Nebel, der von der Flood-Verseuchung und ihrem
abgestützten Schiff ausging, verdunkelte den Himmel und nahm
so gut wie jede Sicht.
Der Schiffsmeister trat neben Spark und betrachtete ebenfalls
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das Monument. „Diese Erscheinung am Himmel“, kommentierte
er seine Beobachtungen. „Was ist das?“
Verwundert blickte Guilty Spark seinen Gegenüber an. Wieso
stellte er solche Fragen? Die Beweise lagen doch auf der Hand.
„Aber“, begann 343, „wissen Sie das denn nicht? In Ihrer Stadt
stand doch ein Schlüsselschiff, nicht wahr?“
Irritiert blickte der Schiffsmeister drein. Um sich weitere solche Blicke zu ersparen, beschloss er ihm kurz und präzise zu
erklären was Sache war.
Wieder blickte Spark zu der leuchtenden Projektion des Portals. „Es wundert mich, dass es noch ein solches Exemplar gibt“,
sagte der Illuminat. „Nachdem sich die Flut in der Galaxis ausbreitete, beschlossen meine Schöpfer alle Schlüsselschiffe zu
zerstören. Zur Sicherheit.“
„Zu welcher Sicherheit?“, fragte eine Stimme, die Guilty
Spark nicht kannte. Im Einklang wandten sich der Schiffsmeister
und der Illuminat zum Eingang der Kommandobrücke um.
Die Sangheili-Protektoren waren zur Seite getreten und machten einem großgewachsenen Sangheili in nachtschwarzer Rüstung Platz.
„‘Ontamee“, begrüßte der Schiffsmeister den schwarzen Sangheili.
„Schiffsmeister, meine Lanze steht bereit um es mit dem
Schmarotzer aufzunehmen“, sagte ‘Ontamee.
Der Schiffsmeister winkte ab. „Wenn alles so weiter läuft wie
geplant, wird das nicht nötig sein“, sagte er.
Der SpecOps-Commander nickte ehrfurchtsvoll – auch wenn
man seine Enttäuschung deutlich spüren konnte – und spendete
seine Aufmerksamkeit dem Illuminaten. „Wo waren wir stehen
geblieben? Ach ja. Was wollten die Blutsväter schützen?“
„Meine Schöpfer mussten verhindern, dass die Flut das bekommt, was auf der Anderen Seite des Portals liegt“, erklärte
Spark den beiden Sangheilis. „Sonst wäre alles verloren.“
„Was…“, begannen beide Sangheilis gleichzeitig und blickten
sich an, als sie es bemerkten. ‘Ontamee hob die Hand und bedeu12
tete dem Schiffsmeister, dass er sprechen dürfe.
„Wohin führt dieses Portal, Orakel?“
„Ich“, begann die KI, „ich weis es nicht.“
Sich in seinem Grav-Thron zurücklehnend zuckte der Schiffsmeister mit den Schultern. „Dann werden wir es herausfinden,
sobald wir die verscheuchte Stelle verglast haben.“
Spark sah in diesem Moment seine einzige Chance das herauszufinden was er schon so lange suchte. Er wollte Antworten.
„Ich muss da runter“, sagte er, mit dem Blick auf das abgestützte
Flood-Schiff. „Ich muss den Reclaimer unterstützen.“
„Orakel! Seid Ihr noch bei Trost?“ Der Schiffsmeister blickte
Spark in sein leuchtendes Auge. „Ich kann nicht noch mehr
Krieger losschicken nur um euretwillen.“
„Aber, aber…“, hastete Spark. Die Sangheili waren allesamt
arroganter als er geglaubt hatte.
„Mit Verlaub, Exzellenz.“ ‘Ontamee trat vor Guilty Spark.
„Ich kann das Orakel hinunter begleiten. Ich bin bestens darin
ausgebildet einen Phantom zu fliegen. Ich bringe ihn zum Schiff,
er birgt das Konstrukt und wir verschwinden mitsamt dem Gebieter wieder auf diesem Höllenpfuhl.“
Prüfend blickte der Illuminat zu dem Schiffsmeister, in der
Hoffnung, dass er einwilligte.
Still schien der Schiffsmeister seine Möglichkeiten abzuwägen, einen anderen Ausweg zu finden. Schließlich nickte er. „In
Ordnung Commander, Sie haben Ihr Schiff, aber vermeiden Sie
jeglichen Kontakt mit der Flood, wir dürfen nicht riskieren, dass
sie sich ausbreiten.“
‘Ontamee verneigte sich und verließ die Brücke, dicht gefolgt
von 343 Guilty Spark.
Kurze Zeit später verließ ein Phantom-Landungsboot den
Hangar, er wurde augenblicklich auf den Hologrammen angezeigt. Rtas ‘Vadumee hoffte zutiefst, dass er seine Entscheidung
nicht bereuen würde.
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Kapitel 2
----- Die Lösung des Übels -----
E
insam lag das Konstrukt auf einer Konsole mitten im
Schiff. Der Sockel der Konsole war eine der wenigen
Stellen, die noch nicht von der Flood-Biomasse überzogen war.
Durch ein klaffendes Loch war der Master-Chief an der Außenhülle des Schiffes vorbei ins Innere gelangt und hatte sich bis
hierher vorgearbeitet. Bis zu seinem Ziel: Cortana.
Das Mondlicht schien düster auf die Speichereinheit, welche
auf einem Sockel ruhte. Langsam nährte sich der Phantom einem
Riss in der Außenhaut des Schiffes, das glücklicherweise direkt
über dem Geschehen klaffte.
Bedächtig sank das Landungsboot tiefer. Seine grüne Hülle
schimmerte matt in der Nacht, als Spark sie verließ. Tief im
Inneren des Schiffswracks konnte Spark mit seiner Akustikeinheit Stimmen wahrnehmen – nur allzu bekannte Stimmen, die er
nicht aus seinem Speicher gelöscht hatte.
Je näher sich die KI ihnen nährte, desto deutlicher wurden sie,
wie das Rauschen des Meeres, wenn man den Strand erreichte.
„Chief“, rief die andere künstliche Intelligenz.
„Cortana?“
„Hohe Gabe – die Stadt der Propheten ist…“
343 Guilty Spark erreichte die Öffnung im Schiffsrumpf und
erblickte den Reclaimer zusammen mit dem Hologramm einer
KI. Sie sprach zu ihm, doch mitten im Satz erlosch das Hologramm wieder und sie wurde still.
„Cortana!“, rief der Chief entgeistert, jedoch hielt sein Erstaunen keine Sekunde lang an. Das Brummen des Phantoms über
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ihnen war nun deutlich zu hören und der Reclaimer drehte sich
mit erhobener Waffe um.
Es bestand kein Zweifel, dass er ihm, Guilty Spark, nicht traute, nach allem was geschehen ist. Aber er musste verstehen…
„Reclaimer“, begrüßte ihn Spark. Die KI flog näher heran,
stoppte dann aber, da der Chief nicht geneigt war, seine Waffe zu
senken. Hinter ihm schälte sich ein Mensch aus der schmutzig
brauen Biomasse der Flood heraus. Der Mensch war schon lange
infiziert – seinem Aussehen nach zu urteilen.
Vielleicht war er einer der Kampfkreaturen gewesen, die zusammen mit diesem Schiff auf den Planeten gelangt sind.
Sie brüllte und rannte auf den Reclaimer zu. Dieser wirbelte
herum und sah gerade noch wie die Kreatur von einem rubinroten Energiestrahl getroffen und zurückgeworfen wurde. Der
Strahl war noch mächtiger, als der der regulären Wächtereinheiten. Spark ging auf Nummer sicher und schoss noch einige Sekunden länger als nötig.
Der Mensch lag schlussendlich verkohlt am Boden.
Nun zu 343 blickend senkte der Chief sein Gewehr ein bisschen, doch nicht vollkommen. Geschwind wandte sich Spark
der Speichereinheit zu, die noch immer auf dem Sockel ruhte.
„Ich muss schnell handeln“, erklärte der ehemalige Hüter des
Halo-Ringes, „bevor das Konstrukt noch mehr Schaden erleidet.“
Der Master-Chief handelte ebenso schnell, als er sah wie Spark
mit einem bläulichen Energiestrahl auf die Einheit zugriff, welche Cortana beherbergte. Der Mensch ließ rasch sein Gewehr am
Rücken einrasten und packte mit der linken Hand die nun vor
Spark schwebende Speichereinheit und mit der rechten griff er
nach dem Illuminaten.
„Lassen Sie sie los!“, befahl er wütend.
Spark wehrte sich nicht gegen den Griff des Chiefs, doch
schaltete er den Strahl wieder ab. „Bringen wir das Gerät nicht
an einen sicheren Ort, um es zu reparieren“, erklärte Guilty
Spark, um den Chief davon zu überzeugen, dass er ihm und der
KI nicht schaden wollte, „dann wird das Konstrukt zerstört.“
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Wieder versuchte der Illuminat auf das Konstrukt zuzugreifen
und wieder ließ es der Spartaner nicht zu. „Auf Halo wollten Sie
Cortana töten“, erinnerte er Spark. „Sie wollten mich töten.“
„Protokolle gaben meine Antwort vor“, rief Guilty Spark entrüstet, nachdem ihn der Chief wieder losgelassen hatte. „Sie
hatte den Aktivierungsindex und Sie wollten die Zerstörung
meiner Installation.“
Spark schwebte nun dicht vor dem Helm des Chiefs und leuchtete kurz vor dem Visier des Reclaimers auf. Sein Spiegelbild
war zu sehen, als er fortfuhr: „Sie haben meine Installation zerstört. Jetzt habe ich nur noch eine Funktion: Zu helfen, Reclaimer – was ich immer hätte tun sollen.“
Das stimmte. Seit dem Zeitpunkt, wo die Installation Null Vier
nicht mehr existierte, zählten seine Protokole nicht mehr. 343
Guilty Spark war frei und würde das tun, was er sich schon auf
der Schatten der Absicht vorgenommen hatte.
Jetzt schwieg Spark und wartete seinerseits auf eine Reaktion
des Reclaimers. Er sprach nicht, sondern nickte nur kurz und
hielt dann das Speichergerät hoch.
Erneut stach aus dem Illuminatenauge der Kupplungsstrahl
und verband sich mit dem Konstrukt. Summend hob es Spark
hoch und sendete dabei eine Nachricht an den Sangheili ‘Ontamee im Phantom über ihnen.
Ein blauer Schein umfing den Illuminaten und zog ihn ins Innere des Schiffes. Kurz darauf folgte der Chief, der leicht wie
eine Feder wirkte, als er durch den Gravitationslift nach oben
befördert wurde.
Wieder in sicherer Entfernung zum Erdboden flog das Landungsschiff einen Bogen und nahm weitere überlebende Sangheili mittels des Lifts auf.
Es waren drei wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten.
Spark bemerkte, dass der Reclaimer sie alle kannte, da er sie mit
einem Nicken begrüßte. Es ändert sich so einiges, sinnierte die
künstliche Intelligenz. Vor nicht allzu langer Zeit hätten sie sich
mit erhobenen Waffen ,begrüßet‘.
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Der erste Sangheili war ein einfacher Kämpfer in einer blauen
Panzerung und der zweite besaß eine Flug-Rüstung, deren Farbe
von Rot leicht ins Purpur überging.
Der letzte Kämpfer hatte eine mit weitaus mehr Verzierungen
versehene Panzerung, kaum war dieser an Bord wurde der Lift
deaktiviert und das Schiff gelang an Höhe.
„Orakel“, rief der letzte Krieger und veranlasste Spark dazu
von seiner Speichereinheit aufzublicken – die er wie einen
Schatz hütete.
„Oh“, sagte die KI. „Es ist mir eine Freude euch wiederzusehen.“ Der Illuminat hatte den Gebieter seit den Geschehnissen
auf Halo Null Fünf nicht mehr gesehen. Sie waren vor ihm und
den Schiffsmeister abgereist um diesen Propheten schneller in
die Quere kommen zu können.
„Ihr kennt euch?“, fragte der Chief verwirrt, der nun von einem zum anderen blickte.
Der Gebieter trat vor. „Ohne Frage gibt es so einiges, was wir
noch bereden müssen“, stellte er trocken fest.
„Da habt ihr Recht, Exzellenz“, meldete sich eine Stimme aus
dem Bug des Phantoms. Spark bemerkte wie der Gebieter aufsah, als er die Stimme vernahm.
Wieder neue / alte Bekanntschaften?
„‘Ontamee!“ Der Gebieter hörte sich seiner Geräuschlage nach
zu urteilen mehr als erfreut an. „Ich dachte ihr hättet…“
„…es nicht geschafft?“, vollendete der SpecOps-Anführer den
Satz des Gebieters. „Auf dem Ring haben wir so einiges durchgemacht. Doch ich habe Euch dort mein Wort gegeben, Exzellenz.“
Xato ‘Ontamee wandte sich von den Kontrollen ab und blickte
nach hinten zu dem ungleichen Trupp. „Und ich habe nicht vor
es zu brechen“, sagte er.
Während der Phantom sich dem Sturmkreuzer näherte schenkte 343 Guilty Spark dem Konstrukt seine volle Aufmerksamkeit.
Es hatte mehr als nur ein paar Blessuren erlitten.
Am anderen Ende des Schiffes blickten der Reclaimer und der
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Gebieter auf die Erde hinab, welche von dem heißen Plasma der
Allianz-Schiffe verbrannt wurde. Zweifellos die beste Methode,
um das Entkommen der Flood zu verhindern, räumte Spark ein.
Der Phantom drehte ab und das Szenario verschwand auch ihren Blickwinkeln – nur die Wärme der Unendlichen Teufelsmaschine konnte man noch spüren.
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Kapitel 3
----- Tiefe Gewässer -----
H
ier geht’s dann weiter…
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