MARTIN CREED
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MARTIN CREED
ERÖFFNUNG 05.03.2010 19 – 21 Uhr AUSSTELLUNG 06.03.2010 – 25.04.2010 MARTIN CREED MARTIN CREED „Soll das nun auch Kunst sein“, haben sich bereits zahlreiche Besucher beim Betrachten des vielfach ausgestellten Videos „Sick Film“ (Work 610) gefragt, den der britischen Turner-Preisträger Martin Creed 2006 schuf. Dabei hat er das Video nicht ganz alleine gemacht. Vielmehr hat er zwölf Bekannte und Freunde zu einem Abendessen in sein Atelier in London eingeladen. Nach dem Essen hat er jeden von ihnen gebeten, einzeln vor einen weißen Hintergrund zu treten, den er im Vorfeld für die Aufnahmen aufgestellt hatte. Die Vorgabe lautete, sich selbst vor laufender Kamera zum Übergeben zu bringen. Man sieht zum Beispiel eine junge Frau, der es selbst nach dem reichlichen Essen offensichtlich sehr schwer fällt, den Brechreiz ihres Körpers zu stimulieren. Verzweifelt steckt sie sich ihre Finger tiefer und tiefer in den Hals. Dabei blockiert sie eher die Luftzufuhr, als dass sie ihren Körper dazu bringt, den vom Künstler gewünschten Effekt auszulösen. Bei anderen Teilnehmer geht es deutlich schneller, so dass man sich als Betrachter am Ende des 21-minütigen Videos beinahe darin ertappt, die unterschiedlichen Formen der Flüssigkeit beim Austreten aus den Körpern miteinander zu vergleichen. Dem Künstler geht es aber nicht um Formen. Er hat eine Situation inszeniert, die sehr gezielt nicht nur eine geistige und reflektierte Reaktion im Betrachter auslöst, sondern auch einen instinktiven und fast körperlichen Ekel. Vom Käfig der AUSSTELLUNG IM STUDIO Menschenaffen im Zoo wissen bereits kleine Kinder, dass Tiere sehr viel pragmatischer mit ihrem eigenen Verdauungsprozess umgehen. Beim Menschen gilt das gleiche wegen kultureller Prägung als ekelig und die Inszenierung dessen vielleicht sogar als vulgär oder als Ausdruck eines adoleszenten schlechten Geschmacks. „Warum?“, scheint uns der Künstler zu fragen. Martin Creed nutzt eine Strategie der Provokation des Betrachters, die spätestens seit den Jahren des Aufbruchs in der Kunst um 1969 ein gängiger Topos ist. Eine ganze Generation von Künstlern hatte sich damals vorgenommen, keine wertvollen und schönen Objekte der Kunst mehr zu schaffen, sondern durch die Verwendung billiger und einfacher Materialien einer bürgerlichen Auffassung von Kunst entgegenzutreten. So filmte zum Beispiel der deutschen Filmemacher Lutz Mommartz 1969 einen jungen Mann an einem Tisch, der sich nach und nach auf der Fläche des Tisches übergab. 1969 war der Film auf dem Heidelberger Fluxusfestival „intermedia ‚69“ auch in der Stadt am Neckar zu sehen. 40 Jahre später ist dem sehr ähnlichen Film von Martin Creed nicht nur eine „Karriere“ auf kleineren Film- und Kunstfestivals gegönnt. Vielmehr zeigt Creed bewusst sein provokantes Werk auf großen Ausstellungen, und angesehene Galerien bieten es auf internationalen Kunstmessen zum Verkauf an. Der Markt verlangt geradezu danach, provoziert zu werden. Martin Creed bedient ihn mit einer nicht zu übersehenden Ironie. Die Empörung ist ein vorprogrammierter Teil der künstlerischen Arbeit geworden, und auch unser körperlicher Ekel und mögliche Ablehnung ist beabsichtigt. Lediglich was wir damit anstellen, bleibt uns selbst überlassen. MARTIN CREED | 1968 in Wakefield, England geboren. Lebt und arbeitet in London | Einzelausstellungen (Auswahl) | 2010 | Fruitmarket Gallery, Edinburgh, Scotland; MALI – Museo de Arte de Lima, Peru; The Common Guild, Glasgow | 2009 | Hauser & Wirth, Zürich; Hiromi Yoshii Gallery, Tokyo; Work No. 245, Centre Pompidou-Metz, Metz; Hiroshima City Museum of Contemporary Art, Japan; Artsonje Center, Seoul | 2008 | Ikon Gallery, Birmingham; Gavin Brown’s enterprise, New York; Duveens Commission Tate Britain, London; Galeria Lorcan O’Neill, Rom | 2007 | The Douglas Hyde Gallery, Dublin; Galleria Alberto Peola, Turin; The lights going on and off, Mills Gallery, Boston Center for the Arts, Boston; Hauser & Wirth Coppermill, London; Martin Creed’s Variety Show, Abrons Art Center, New York | 2006 | Michael Lett Gallery, Auckland; Big Dogs, MC, Los Angeles; I like things, Fondazione Nicola Trussardi, Mailand; All the bells in a city or town rung as quickly and as loudly as possible for three minutes, San Juan, Puerto Rico | GRUPPENAUSSTELLUNGEN (AUSWAHL) | 2010 | Auto-Kino, Temporäre Kunsthalle, Berlin; Party!, The New Art Gallery, Walsall | 2009 | Pourquoi Attendre! Une exposition autour du Fonds André Iten, Centre d’art contemporain, Genua; Tonite, The Modern Institute, Glasgow; Compass in Hand: Selections from the Judith Rothschild Foundation Contemporary Drawings Collection, MOMA – Museum of Modern Art, New York; Passages through Sicily, Palazzo Riso, Palermo; Classified: Contemporary Art at Tate Britain,Tate Britain, London, England; Paper: Pressed, Stained, Slashed, Folded, MOMA – Museum of Modern Art, New York; English Lounge, Tang Contemporary Art Centre, Beijing; Kaleidoscopic Revolver, The Total Museum of Contemporary Art, Seoul | 2009 | 21:100:100, Gertrude Contemporary Art Space, Fitzroy, Australien; No leftovers,Kunsthalle Bern, Bern; This is Not A Void, Galeria Luisa Strina, Sao Paulo, Brazilien; Geo / Metric: Prints and Drawings from the Collection, MOMA – Museum of Modern Art, New York | PREIS | 2001 | Turner Preisträger ERÖFFNUNG | Eröffnung der Ausstellung am 05.03.2010 – 19-21 Uhr Begrüßung: Dr. Manfred Stolzenburg Einführung: Johan Holten FÜHRUNGEN | So., 28.03.2010 | 15 Uhr | Führung mit Stefanie Kleinsorge So., 11.04.2010 | 15 Uhr | Führung mit Johan Holten So., 16.05.2010 | 15 Uhr | Diskussion bei Kaffee und Kuchen mit Johan Holten, Armin Linke und Tilman Wendland Abbildungen | Seite 1: Work 548, 2006, 1:31 min., Videostill. Courtesy Hauser & Wirth Seite 3: Work No. 503, 2006, 1:06 min., Videostill, Courtesy Hauser & Wirth Seite 4 und 5: Work No. 583, 2006, Installationsansicht. Courtesy Hauser & Wirth. Foto: A. Burger. Work 548, 2006, 1:31 min., MARTIN CREED Videostill. Courtesy Hauser & Wirth Seite 6: Work No. 600, 2006, 1:18 min., Videostill. Courtesy Hauser & Wirth. © Martin Creed / Foto: Hugo Glendinning B37 NECKAR n Bismarckplatz ße tstra Haup aße rstr ate The ße tstra Haup e fgass Schif sse ga amts Bau de Neckarsta Heidelberger Kunstverein Eingang im Hof des Kurpfälzischen Museums heidelberger kunstverein Hauptstr. 97 69117 Heidelberg | 06221 184086 | Di-Fr 12-19 Sa-So 11-19 Uhr | Internet | www.hdkv.de