Fischer im Haifischbecken

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Fischer im Haifischbecken
INTERVIEW
Fischer im Haifischbecken
fest+treu im Gespräch mit einem Sportler-Missionar
Friedhelm Weicken ist ein Evangelist aus der Schweiz,
dem Gott eine ungewöhnliche und ganz spezielle
Zielgruppe für seine Einsätze gezeigt und anvertraut hat:
Profi- und Amateur-Sportler – darunter besonders die Fußballer
der Bundesliga in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich!
Da in den Medien immer wieder zur Sprache
kommt, dass einige der Bundesliga-Profis sich
offen zu Jesus Christus bekennen (so zuletzt
noch im „Kicker“ vom 13.12.2004) und auch
einige evangelikale Verlage Bücher mit Zeugnissen dieser Fußballer veröffentlicht haben, interessiert es uns, welche Erfahrungen Friedhelm
in dieser speziellen Arbeit gemacht hat.
Nach meiner Bekehrung hat mir der Herr von
Anfang an ein Brennen für verlorene Menschen
ins Herz gegeben. Seitdem versuche ich vor
allem durch Literatur, anderen Menschen das
Evangelium nahe zu bringen. Nach dem Erscheinen des Büchleins Top-fit (u. a. Zeugnisse
von gläubigen Spitzensportlern) wurde mir die
Idee geschenkt, es mit einem persönlichen
Begleitbrief an die Bundesliga-Spieler zu verschicken. Nach und nach weitete sich diese Arbeit auch auf die Schweiz, Österreich, Italien
und Spanien aus. Das begann alles vor mehr als
15 Jahren und ohne den Herrn hätte ich schon
längst aufgegeben.
Worin besteht konkret Deine Aufgabe und wie
bekommst Du Kontakt zu diesen Männern, die
sonst überwiegend von Reportern und Fotografen umlagert sind?
„Ohne den
Herrn hätte
ich schon
längst aufgegeben.“
Friedhelm, zuerst ein paar Fragen zu Deiner
Person: Wo lebst du, wie alt bist du, wie sieht es
mit einer Familie aus und seit wann stehst Du in
der Nachfolge Jesu?
Ich bin in Deutschland geboren, 50 Jahre alt
und lebe inzwischen schon 19 Jahre in der
Schweiz. Meine Frau und unsere 4 Kinder sind
Schweizer. Durch eine Arbeitskollegin fand ich
im Februar 1982 zum Herrn Jesus.
Wie kommst Du ausgerechnet dazu, u.a. unter
Profi-Sportlern zu missionieren? Wie hat Gott
Dich in diesen Dienst gestellt und wie lange
machst Du diese Arbeit schon?
Vor meiner Bekehrung war der Fußball für
mich die unschlagbare „Nummer Eins“ – mein
Gott – sowohl als aktiver Spieler im Amateurbereich als auch passiv als Zuschauer und Leser.
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Durch den persönlichen Kontakt zu einem Nigerianer, der damals bei R-W Oberhausen spielte,
gebrauchte mich der Herr, ihm zu einem
Wechsel nach Österreich zu Austria Lustenau zu
verhelfen, obwohl ich kein Spielervermittler bin
(Es war eine ganz „verrückte“ Geschichte!).
Durch ihn hat sich die Art meiner Arbeit völlig
verändert, denn seitdem fahre ich regelmäßig
zu Spielen oder zum Training, um anschließend
in erster Linie die Spieler persönlich anzusprechen und ihnen bei Interesse meist ein Neues
Testament (mit Zeugnissen gläubiger Spitzensportler) zu schenken. Diese Arbeit fällt mir
nicht leicht. Sie ist in erster Linie SämannsArbeit. Immer wieder kostet es mich Überwindung, hinauszugehen und fremde Menschen
anzusprechen.
Wie reagieren diese Männer, wenn ihnen plötzlich
eine Bibel angeboten wird?
Direkte Negativ-Reaktionen sind selten, die
meisten Spieler nehmen das NT – einige sogar
sehr gerne mit positiven Kommentaren.
Hast Du mit einigen Fußballern im Lauf der Jahre
persönlichen Kontakt bekommen und kennst Du
solche, von denen Du überzeugt bist, dass sie
glaubwürdige Christen sind?
Persönlichen Kontakt bekam ich oberflächlich zu
zahlreichen Spielern, in die Tiefe ist es leider nur
bei wenigen gegangen. Kennen gelernt habe ich
dabei sowohl Spieler von denen ich überzeugt
bin, dass sie glaubwürdige Christen sind, als
auch Spieler, bei denen ich Fragezeichen habe.
Diese Männer haben doch alles, wovon andere
Menschen träumen: eine Menge Geld, Berühmtheit, viele Freunde, Anerkennung usw. Was hat sie
bewogen, Christ zu werden?
Ich denke, dass da kein Unterschied zu anderen besteht. Wenn ich sehe, wie ein Zé Roberto durch Schwierigkeiten und das Zeugnis seiner
Mutter, ein Tomas Tomic durch Probleme und
ein Dirk Heinen durch den Tod seiner Schwester
schließlich zum Herrn finden.
Hast Du einen Eindruck, wie die Trainer und die
Vereinskollegen auf die Bekehrung und das
Zeugnis dieser Männer reagieren?
Hier reicht die Palette der Reaktionen von
Interesse (Matthias Sammer) und Achtung (Jürgen Röber, Felix Magath) über Gleichgültigkeit
bis hin zur Ablehnung (ein ehemaliger Trainer
von Alemania Aachen verbot den Spielern, in
der Kabine von Jesus zu reden!).
Welche Gefahren hast Du im Lauf der Jahre für
diese Profi-Spieler erkannt, nachdem sie sich bekehrt haben? Kann man auf die Dauer unbeschadet Fußball-Star und Christ sein?
Eine Gefahr ist sicherlich, wenn jemand der
Öffentlichkeit bereits als Vorzeige-Christ präsentiert wird, bevor er im Glauben gesund gewachsen und schon gefestigt ist. Problematisch
ist sicher auch die spezielle Berufssituation
eines Profis (Spiele am Wochenende, Vereinswechsel), die eine Verwurzelung in einer Gemeinde schwierig macht und auch oft auf wenig Verständnis in unseren Gemeinden stößt.
Hausbibelkreise und persönliche Betreuung sind
da eine große Hilfe. Sicher ist es nicht leicht,
aber auch im „Haifischbecken“ Bundesliga kann
man als Fußball-Star glaubwürdig und dauerhaft dem Herrn nachfolgen.
Stimmt es, dass Du einen Hausbibelkreis mit Fußballern hast? Wie kam es dazu und wie verläuft
solch ein Abend?
Vor einigen Jahren erhielt Tomas Tomic
(Profi in Portugal, siehe „fest und treu“ 1/2001)
durch Benedict Akwuegbu (nigerianischer Na-
tionalspieler) während ihrer gemeinsamen Zeit
beim Grazer AK einen ersten Anstoß zum Glauben. Über mehrere Jahre traf ich Benedict immer mal wieder nach Spielen in der näheren
Umgebung und gab ihm öfter Bücher oder
Kassetten. Überraschend wechselte er zu Beginn
der neuen Saison ganz in meine Nähe zum FC
St. Gallen. Direkt äußerte er den Wunsch, mit
mir zusammen die Bibel zu studieren.
Kurz darauf kam mir die Idee ins Herz, einen
Emmaus-Bibelkurs mit noch weiteren Menschen
zu starten. Also sprach ich andere Spieler aus
verschiedenen Vereinen in der Gegend an, die
Interesse zeigten.
Der erste Abend kam ... und ich blieb alleine.
Der zweite Abend kam ... und ich blieb alleine.
Das ging viermal so.
Einmal bekam die Frau eines Spielers starke
Augenprobleme, ein anderer musste kurzfristig
mit seinen Kindern zum Arzt, wieder ein anderer
wurde erst am selben Tag vom Club zu einer Autogramm-Stunde delegiert – oder man kam einfach gar nicht, ohne sich abzumelden. Meine
Frau riet mir, aufzugeben. Das wollte ich jedoch
nicht, bevor ich nicht wusste, ob die Idee von
mir selbst oder vom Herrn war.
Beim fünften Mal hat es dann tatsächlich
geklappt und bis heute konnten wir es regelmäßig durchführen. Inzwischen waren bereits fünf
Spieler des FC St. Gallen mindestens an einem
Abend dabei, die alle von Benedict eingeladen
worden waren. Einer dieser Spieler ist sehr interessiert und ganz offen für das Evangelium.
Betet bitte, dass er den Durchbruch zum
Herrn Jesus schafft und ein brauchbares Werkzeug für IHN wird. Ich bin überwältigt, was der
Herr in der letzten Zeit getan hat und ich möchte mich von IHM im Sinne von Epheser 2,10
gebrauchen lassen.
Sicher ist es
nicht leicht,
aber auch im
Haifischbecken
Bundesliga
kann man als
Fußball-Star
glaubwürdig
und dauerhaft
dem Herrn
nachfolgen.
Eine letzte Frage: Du bist besonders an Wochenenden viel zu Einsätzen unterwegs. Was sagt
Deine Familie dazu und wie reagiert Deine
Gemeinde?
Ich bin dankbar, dass meine Familie hinter
dieser Arbeit steht und mich dabei auch unterstützt. Besonders freute es mich, als ein Ältester
aus meiner Gemeinde mir sagte, dass die Gemeindeleitung voll dahinter stände. Außerdem
wird dafür gebetet und vereinzelt haben verschiedene Personen auch schon aktiv bei den
Einsätzen mitgemacht. Mögen diese Antworten
zur Ehre unseres Herrn gebraucht werden und
andere Menschen für IHN motivieren.
Vielen Dank für das ausführliche Interview! ■
PS: Wegen Starkult, Sportvergötzung und Sonntagsspielen
ist nach unserer Überzeugung für einen solchen Dienst im
umstrittenen Profisport eine persönliche Berufung nötig.
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