Sexualität nach Hysterektomie und urogynäkologischen Operationen
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Sexualität nach Hysterektomie und urogynäkologischen Operationen
Sexualität nach Hysterektomie und urogynäkologischen Operationen Dieter Kölle Klinischer Sexologe Methode Approche Sexocorporel Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe, BKH Schwaz Obergurgl, 9.2.2012 Übersicht Vorbemerkungen Sexualität bei Frauen mit Senkung Alterung des Urogenitaltrakts Sexualität bei Frauen mit Inkontinenz Sexualität nach Hysterektomie Sexualität nach urogynäkologischen Eingriffen Grundsätzliche Vorbemerkungen Sexualität sehr komplex Bereits vor Operation oft Einschränkung sexueller Qualität Alter, Beziehung, hormonelle Umstellung, erlerntes Sexualverhalten etc. spielen Rolle Einflussfaktoren auf sexuelles Erleben (nach Approche sexocorporelle) Organische Einflussfaktoren Erlernte sexuelle Fähigkeiten Psychosoziale Einflussfaktoren • Medizinische Faktoren • Erregungsfunktion • Psyche • Kognitionen • Paardynamik • Sexodynamik • soziale Faktoren • Biologie des Älterwerdens • Beziehungsfähigkeiten Sexuelles Problem Schwierigkeiten auf Beziehungsebene, soziale Probleme, psychische Störungen Sexualität bei Frauen mit Deszensus - Prolaps 31-33% mäßig oder stark negative Beeinflussung sexueller Beziehung häufiger als bei Frauen ohne Senkung öfter Grund für sexuelle Inaktivität Qualität sexuellen Erlebens gleich für betroffene Frauen und Partner zunehmendes Alter – abnehmende Sexualfunktion Sexualität und Senkung/HIK „Erhöhter BMI“ früh in der Menopause ist unabhängiger Risikofaktor für Harnverlust und Sexual Dysfunction Pessartherapie für Prolaps/Senkung Begehren, Lubrikation, sexuelle Befriedigung statistisch signifikant verbessert Orgasmus unverändert Verbesserung Vorfallgefühl, Stuhlauslassprobleme, OAB-Symptome Pessare veränderten nicht Inkontinenz Alterungsvorgang Östrogenmangel 50% postmenopausaler Frauen betroffen Störende Symptome: + Juckreiz, vaginale Infekte + Dyspareunie, Blutung nach Verkehr + Harndrang, rezidivierende Harnwegsinfekte Häufig Zystozelen mit Restharnbildung Linderung durch Östrogene Sexualität und inkontinente Frauen Zunehmend besser untersucht 6% - 53% keinen Geschlechtsverkehr Inkontinenz oft Kofaktor zu Depression, die dem Sexualproblem zugrunde liegt Hauptprobleme: + koitale Inkontinenz 23% – 28% + An- bzw. Hypoorgasmie 25% - 60% Frauen mit Overactive Bladder haben schlechtere Sexualfunktion als belastungsinkontinente Patientinnen Sexual Distress und Urogynäkologie Frauen mit „Sexual Distress“ haben verglichen mit „normalen Kontrollen“ häufiger Inkontinenz bei sexueller Aktivität (9% vs 1,3%, p=0,005) Verzicht auf Verkehr bei Prolaps (13,9% vs. 1%; p=0,001) oder Einschränkung bei sexueller Aktivität wegen Angst vor Inkontinenz (14,9% vs. 0,5%; p=0,001) Harnverlust beim Geschlechtsverkehr häufiges Problem – 23% - 28% Jüngere Frauen (< 60a) häufiger (29%) als ältere betroffen (3%) – Bias ? 66% Harnverlust bei Penetration 33% Harnverlust bei Orgasmus Reduktion der Häufigkeit von Geschlechtsverkehr – Vermeidungsverhalten Kein Unterschied in sexueller Zufriedenheit (Frauen und Partner) Erklärungsversuch - Penetration HIK – Penetration: Nach Masters und Johnson; aus: Klinik der Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Urban & Schwarzenberg. 70% Stressinkontinenz 5% Dranginkontinenz 33% „Pressen nach unten“ Erklärungsversuch - Orgasmus HIK – Orgasmus: Nach Masters und Johnson; aus: Klinik der Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Urban & Schwarzenberg. 42% Stressinkontinenz 35% Dranginkontinenz Literatur - Koitale Inkontinenz Direkte Korrelation zwischen dem Vorhandensein eines vaginalen Orgasmus und der Dicke des urethrovaginalen Raumes (=G-Spot) (r = 0.884; P = 0.015), am meisten im distalen Segment (r = 0.863; P < 0.0001). Detrusor Overactivity und koitale Inkontinenz häufiger bei Frauen mit Inkontinenz bei Orgasmus (34 of 49; 69.4%) als bei Frauen mit HIK bei Penetration (24 of 83; 28.9%) beobachtet (p<0.0001) Wirkung von Antimuskarinika bei den 34 Frauen mit Orgasmusinkontinenz assoziiert mit DO in 40% kein Effekt (bei Kontrollen 17%) Literatur - Koitale Inkontinenz Nachweis von Detrusorkontraktionen mit simultaner Urethrarelaxierung und Harnverlust während Orgasmus. Khan,Urology. 1988 Mar;31(3):279-82 Orgasmusassoziierte Harninkontinenz bei Männern = Klimakturia nach radikalen Prostatektomien Inzidenz 20% Therapie wie bei Stressinkontinenz Literatur - Koitale Inkontinenz Prävalenz von CI höher bei stressinkontinenten Frauen (89.4%) verglichen mit Detrusor Overactivity (DOA) (33.3%) Keine Korrelation MRI-Variable und CI positive Korrelation CI mit Schweregrad SUI (r=0.327, P=0.05) signifikante negative Korrelation mit abdominal leak point pressure (r=-0.362, P=0.01) Keine Korrelation CI zu Detrusorkontraktionen Hauptsächliche Ursache ist urethrale Sphinkterinkompetenz Literatur - Koitale Inkontinenz Frauen mit CI zeigen größere Verbesserung der Sexualfunktion nach Stressinkontinenzchirurgie als Frauen ohne CI Heilung von CI bei Penetration in 80%, wenn Chirurgie wegen Stressinkontinenz Heilung von Orgasmusinkontinenz nur zu 60% mit Antimuskarinika, wenn DO vorhanden 87% Heilung von CI durch TVT 70 - 81% Heilung von CI durch Burch Vagino-urethraler (koitaler) Reflex – Dehnung der Vagina führt zu urethraler Kontraktion und Inhibition des Miktionsreflexes Eigene Ergebnisse koitale Inkontinenz 4399 Frauen, 3757 (85,4%) sexuell aktiv 575 auch koital inkontinent (15,3%) 137 wegen Stressinkontinenz operiert Heilung Stressinkontinenz Heilung koitale Inkontinenz 65,2% (88 von 135) 82,7% (105 von 127) 8 Pat. 6 Mo nach OP sexuell nicht mehr aktiv! Heilung koitaler Inkontinenz signifikant assoziiert mit Heilung Stressinkontinenz p < 0,05; c2= 5,544 Sexualität nach urogynäkologischen Operationen Scheidenverschluss /- kürzung: keine Untersuchungen nur bei älteren, gebrechlichen Frauen ohne Wunsch nach Verkehr Abdominelle Kolposakropexie: widersprüchlich bis 22% Dyspareunie bis 41% reduzierte Häufigkeit bis 18% Stressinkontinenz neu Sexualität nach urogynäkologischen Operationen Vaginale Senkungsoperationen (ohne Mesh): 66% besser, 20% Verschlechterung hintere Scheidendammplastik ist Hauptproblem -> Dyspareunie 8 % vaginale Stenosen Abdominelle Inkontinenzoperationen: meist keine Änderung 24% besser 9% schlechter Besserung koitaler Inkontinenz Sexualität nach urogynäkologischen Operationen Vaginale Senkungsoperationen mit Mesh: hohe Rate an De-novo-Dyspareunie (2,6 – 16,7%) vaginale Erosionen (2,9 – 12,9%) Scheidenschrumpfung, „starre Scheide“ Spannungsfreie Schlingen: uneinheitliche Ergebnisse, eher Tendenz zu Verbesserung, aber auch Verschlechterung beobachtet am meisten profitieren Frauen mit zugleich vorhandener koitaler Inkontinenz kein Unterschied zwischen retropubischem und transobturatorischem Zugang Blick über die Grenzen • Seit 2005 hat FDA > 1000 Berichte über schwerwiegende Komplikationen von 9 Mesh-Herstellern erhalten bei Einsatz bei POP und SUI • Verhältnis Komplikationen vaginales Mesh : Schlingen = 3:1 • Komplikationen vaginaler Meshes nach Häufigkeit: • Mesh-Erosion durch die Scheide • Infektion, Schmerzen, Harnprobleme • Rezidiv von Prolaps oder Inkontinenz • Dyspareunie • Perforation von Darm, Blase, Gefäßen oder Nervenverletzungen FDA – Report Juli 2011 • USA 2010 : • 300 000 Eingriffe wegen Senkung/Prolaps • 260 000 Eingriffe wegen Stressinkontinenz • 1 von 3 POP-Eingriffen mit Mesh, davon 75% vaginal • 80 % der SUI-Eingriffe mit Schlingen • 1.1.2005 – 31.12.2010 • 3979 Reports über Verletzung, Tod, Fehlfunktion • Davon 2874 Fälle in letzten 3 Jahren (1503 mit Mesh und 1371 mit Schlingen), Anzahl verfünffacht zum Zeitraum 2005 - 2007 • 7 Todesfälle, davon 3 direkt mit vaginalem Mesh assoziiert ( 2 Darmperforationen, 1 massive Blutung) Sexualität nach Hysterektomie Obstet Gynecol 2000;95:1045-51 18 Studien untersucht 8 prospektiv, 10 retrospektiv Die meisten Studien in dieser Übersichtsarbeit zeigten keine Veränderung oder eine Verbesserung der Sexualität bei Frauen nach Hysterektomie. Sexualität nach Hysterektomie Ergebnis des Review: Sexualfunktion, Lebensqualität und Körperbild verbessern sich nach Hysterektomie 1101 Frauen, 35-49 a Kontrollen vor OP bis 24 Mo postoperativ Verbesserung von Libido, Erregungs- und Orgasmusfunktion Dyspareunie weniger häufig Sexualität nach Hysterektomie Weitere Erkenntnisse Ergebnisse hinsichtlich Sexualität sind unabhängig von vaginaler oder abdomineller Zugang totale oder suprazervikale Hysterektomie laparoskopischer oder offener Zugang mit oder ohne Ovarektomie (nach 2 Jahren kein Unterschied in Lebensqualität, in ersten 6 Mo langsamere Erholung, Wallungen etc.) Schlechtestes Outcome hinsichtlich Sexualität haben Frauen, die wegen chronischen Unterbauchschmerzen operiert werden und/oder unter Depressionen leiden 22-43% persistierender Schmerz und Depression nach dem Eingriff Kuppermann et al, Obstet Gynecol 2005; Teplin et al, Obstet Gynecol 2007 Gorlero et al, Arch Gynecol Obstet 2008; Flory N et al, JSexual Med 2007 Farquhar et al. Aust N Z Obstet Gynaecol 2002; Stovall et al. Obstet Gynecol 1990 Thakar R, N Engl J Med ; Hartmann et al. Obstet Gynaecol 2004 Zusammenfassung Lebensqualität und Sexualität spielen als Ergebnisparameter bei gynäkologischen Eingriffen eine zunehmend größere Rolle Die Durchführung einer Hysterektomie führt in den meisten Fällen zu keiner Veränderung oder Verbesserung der erlebten Sexualität Urogynäkologische Eingriffe führen meist zu einer Verbesserung der Sexualfunktion Frauen, die wegen chronischem Unterbauchschmerz operiert werden, sowie depressive Frauen haben das schlechteste Outcome hinsichtlich Sexualität und Lebensqualität Vorsicht bei Indikation zu vaginalen Meshes Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!