Gottesdienst am 21. Februar 2016 Predigt über Monsieur Ibrahim
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Gottesdienst am 21. Februar 2016 Predigt über Monsieur Ibrahim
Gottesdienst am 21. Februar 2016 Predigt über Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran Lied: Wer nur den leiben Gott lässt walten Einleitung zur Lesung: Moses hat es nicht leicht. Seine Mutter verließ ihn und seinen Vater gemeinsam mit dem älteren Bruder, als Moses noch ein Säugling war. Sein Vater ist dem Leben im Allgemeinen und im Speziellen mit der Erziehung seines Sohnes überfordert. –seine Lieblosigkeit gegenüber Moses, der von Monsieur Ibrahim, dem Gemüsehändler in der Rue Bleue nur Momo genannt wird, ist schwer zu ertragen. Erst im Laufe des Romans als sich die Situation zwischen Vater und Sohn weiter zuspitzt, erfahren wir, warum Moses Vater so ist wie er ist. Lesung Römer 12,12+15+18+21 Lesung S. 26 oben -31 oben. Lesung Römer 12,9-15 Lesung S.31 oben – S. 35 (ohne Szene in der Rue Paradis) Lesung Römer 12,16-21 Lied: Liebe, die du mich zum Bilde S. 26 ab „Ich betrachtete den hohen und tiefen Bücherschrank,…. bis S. 32 unten: „… Ich werde nicht mehr wie Ungeziefer behandelt. Dann weglassen das mit der Rue Paradis und wieder einsteigen auf Seite 34 oben: „Am Abend, als mein Vater nach Hause kommt… bis S. 35 unten. Endet mit: „Ab diesem Abend fing ich an, nachts, kaum war mein Vater eingeschlafen, runter zu Monsieur Ibrahim zu gehen.“ Predigt von Pastorin Maren Trautmann im Rahmen der Literaturpredigtreihe zum Thema „Heimat“ am 21. Februar 2016. Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran von Eric Emmanuel Schmitt Liebe Gemeinde, liebe Konfis, man kann sich seine Eltern nicht aussuchen, heißt es. Seine Kinder in der Regel allerdings auch nicht. Es sei denn, man macht es wie Monsieur Ibrahim und Moses. Die merken einfach irgendwann, dass sie viel besser zueinander passen als die eigentliche Konstellation. Als der Vater von Moses dann auch noch verschwindet und einige Zeit später seinem Leben ein Ende setzt, adoptiert Monsieur Ibrahim Momo gar und die beiden werden rechtsmäßig Vater und Sohn. Auch wenn es nicht immer so formell zugeht, ich kenne viele Menschen, denen ihre sogenannten Wahlverwandtschaften unendlich viel wert sind und sie sich dabei weitaus besser verstanden und geborgen fühlen als in ihren Herkunftsfamilien. Bei der Lektüre des Buches geht es mir zunächst so: Ich möchte Moses Vater schütteln, ihn wachrütteln: Merkst du gar nicht, was du deinem Sohn antust? Warum kannst du ihn nicht lieben, ihn unterstützen, ihn groß ziehen wie es sich gehört? Die Antwort hält Monsieur Ibrahim mit seiner Lebensklugheit bereit: Ausschnitt aus S. 65-66. Das ist für Kinder und Jugendliche nur schwer zu begreifen: Eltern sind Menschen mit einer Vergangenheit. Es gibt ein Leben bevor man selbst auf die Welt kam. Ich erinnere mich daran, dass das für mich als Kind weit weg war und mich, ehrlich gesagt, auch nicht besonders interessiert hat. Und Moses scheint es ähnlich zu gehen: Die zutiefst belastete Geschichte seines Vaters mit seinen Eltern, der grausame Verlust – all das blendet er aus – wahrscheinlich weil auch sein Vater nie mit ihm darüber gesprochen hat. „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden.“ Oder um es einmal volkstümlich zu formulieren: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Momos Vater hält sich nicht an diese Empfehlungen, er lässt seinen Sohn nicht Teil haben an seinem Schmerz. Er gibt ihm nicht die Chance ihn zu verstehen. Aber ich bin mir auch nicht sicher, ob es etwas helfen würde. Auch das ist ja komisch zwischen Kindern und Eltern. So wie Eltern sich wünschen, dass immer alles glatt geht im Leben ihrer Sprösslinge, so wünschen sich Kinder das, glaube ich auch für das Leben der Eltern. Als Jugendlicher will man sich nicht um seine Eltern sorgen müssen. Die sollen gefälligst alles im Griff haben. Sind aber auch nur Menschen. Man kann es nicht schön reden: Moses hat es wirklich nicht leicht. Als seine Mutter nach dem Tod des Vaters plötzlich weder auftaucht und Anstalten macht, sich um ihn kümmern zu wollen, geht er ihr aus dem Weg, gibt sich als Mohammed aus, tut so als sei er ein Freund von Moses. Glücklicherweise respektiert seine Mutter die Zurückweisung und stimmt schweren Herzens der Adoption durch Monsieur Ibrahim zu. Dann machen sich Ibrahim und Momo, wie er den Jungen liebevoll nennt auf den Weg in Ibrahims Heimat, zum sog. Goldnen Halbmond nach Anatolien. Es sind zwei sehr unterschiedliche Menschen, die sich da nicht gesucht, aber doch gefunden haben. Ein älterer Mann, der fern seiner Heimat lebt und diese aber in sich trägt – in seinen Erinnerungen, mit seinem Glauben, mit dem Heiligen Buch seiner Religion. Er spricht oft von seinem Koran und man hat den Eindruck, dass er ein zufriedener, vielleicht sogar ein glücklicher Mensch ist. Und dann ist das Moses, dem jede Anbindung fehlt. Sein depressiver Vater hat ihn noch nicht einmal mit seiner jüdischen Religion vertraut gemacht. Moses ist, obwohl er nicht seine Heimat verlassen musste, sondern in Paris aufwächst, eigentlich heimatlos. Das Buch ist ein Plädoyer dafür, dass zu Hause und Heimat Größen sind, die mehr mit den Menschen zu tun hat, die unser Leben ausmachen als mit einer geographischen Größe. Und so hat Monsieur Ibrahim nicht nur große Sehnsucht nach seiner Heimat und vor allem, diese auch Momo zu zeigen, sondern auch nach seinem alten Freund Abdullah. Miteinander teilen, voneinander wissen, das ist dich so wichtig gerade auch zwischen Eltern und Kindern. Aber wahrscheinlich wächst es erst je älter man wird: „Alles hat seine Zeit: lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit, Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit. … Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei allen seinen Mühen, das ist eine Gabe Gottes.“ (Prediger 3) Und noch etwas hat seine Zeit: Tanzen. So steht es im Buch des Predigers und das ist etwas, das Monsieur Ibrahim Moses zeigt: Die tanzenden Derwische. Und Moses tanzt mit und entdeckt das Drehen um sich selbst, das jetzt aber endlich einmal eine körperliche Gestalt bekommt und nicht nur im Kopf stattfindet, dass diese Bewegung etwas Heilsames hat: Ausschnitt S. 88 oben bis S. 89 oben. Am Ende des Buches hält Moses den Koran von seinem Vater in den Händen. Er findet darin zwei getrocknete Blumen und einen Brief von Abdullah. Der Koran ist für Ibrahim ein Synonym für seine innere Beheimatung, für Schönheit, für Freundschaft. Es ist kein Buch mit sieben Siegeln, sondern eine Quelle, aus der schöpft. Weil er dieses Buch mit seinem Leben verbindet. Und ich muss an die immer noch weißen Bibeln denken, die wir euch Konfirmandinnen und Konfirmanden zum Beginn euer Konfirmandenzeit geschenkt haben und hoffe, dass sie sich noch ganz kräftig mit eurem Leben und Glauben verbinden. Und Ihre Bibel, liebe Gemeinde, wie sieht die aus? Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.