06-13 Wetter

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06-13 Wetter
NATUR Wetterprognosen
Das Wetter ist ein Quotenrenner. Die Vorhersagen werden
zur besten Sendezeit ausgestrahlt – und wehe, sie sind
falsch. Denn selbst die grössten und teuersten Computer
kommen dem Wetter nicht immer auf die Schliche.
Text und Fotos: Andreas Walker
Wettersatellit: Per Rakete
wird eine neue Messstation
ins All geschossen
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Wetterprognosen NATUR
E
s ist Anfang Juni 2006. Thomas
Bucheli steht mit dem Regenschirm auf dem Dach und moderiert die Meteo-Sendung. Was
er allerdings verkündet, ist wenig erfreulich. Eine Woche Regenwetter, Temperaturen wie im März und eine Schneefallgrenze von 800 Metern. Viele Leute sind
vom schlechten Wetter frustriert und reagieren in einer einzigen Woche mit über
70 bösen Briefen und E-Mails. Doch
schuld am miesen Wetter sind nicht die
Meteorologen. Es ist das Azorenhoch, das
einfach nicht in unser Land vorstossen
will und Meteo-Chef Bucheli buchstäblich im Regen stehen lässt.
Hightech für die Prognosen
Wo jeweils Heulen und Zähneknirschen
beim Zuschauer herrscht, sehen dies andere viel lockerer. Fernsehmeteorologe
Jörg Kachelmann meint lapidar: «Mir ist
das Wetter wurscht! Hauptsache, die Vorhersage stimmt.»
Trotz Fehlprognosen und der regelmässig darauf folgenden Jammerei über
das Wetter werden die Prognosen immer
aufwändiger gerechnet und statistisch
immer besser. Die Wettervorhersage hat
einen unglaublichen Wandel durchlaufen. Vor dem Satellitenzeitalter mussten
die Meteorologen anhand unvollständiger und spärlicher Messdaten die Wetterkarten erstellen, um einigermassen einen
Überblick über die Wettersituation zu
erhalten.
Heute erlauben Satellitenbilder eine
lückenlose Erfassung der Wettervorgänge
auf unserem Planeten. Jederzeit können
Satellitenbilder-Sequenzen als Film angeschaut werden, die Tiefdruckwirbel und
Hochdruckzellen mit den damit verbundenen Wolkenformationen schön sichtbar machen. Zusätzlich ermöglichen Radargeräte detaillierte Informationen über
aktuell niedergehende Regenschauer.
Eine wichtige Grundlage für die Wettervorhersagen bilden die Computersimulationen, die in den letzten Jahren
massiv besser geworden sind. Davon
konnten Meteorologen vor 100 Jahren
nur träumen.
Von Hand gerechnete
Wetterprognose
Die erste gerechnete Wetterprognose
wurde von Lewis Richardson 1922 in
England gestartet. Ein ganzes Heer von
Mathematikern hatte mehrere Monate
lang buchstäblich solide Handarbeit geleistet, um eine Wetterprognose für eine
Zeitspanne von 24 Stunden zu erhalten.
Die Rechnung ging jedoch überhaupt
nicht auf, denn das Resultat war völlig
falsch. Trotzdem war die Idee geboren,
das Wetter systematisch zu berechnen.
Diese erste rechnerische Prognose
hätte höchstens zufällig richtig sein können, denn das Projekt musste mit sehr
ungenauen und unvollständigen Daten
gestartet werden, da in den Zwanzigerjahren bei weitem nicht jene technischen
Möglichkeiten zur Verfügung standen wie
124 000 Milliarden Rechenoperationen
Um eine Computer-Wetterprognose für die Schweiz zu erstellen, wird ein fiktives quadratisches Gitter über das
Land gelegt. Die Länge dieser einzelnen Quadrate beträgt sieben Kilometer. Der Meteorologe spricht hier von
der «Maschenweite» eines Rechenmodells. Im Klartext bedeutet dies, dass der Computer in 7-KilometerAbschnitten mit Wetterdaten gefüttert wird, die er verwertet. Selbstverständlich ist dieses Modell räumlich. So
erstrecken sich parallel zum Gitternetz am Boden weitere 45 Schichten
in verschiedenen Abständen in die Höhe.
Vernetzt mit dem Weltwetter
Da die Schweiz, wie alle Regionen der Welt, letztlich mit dem Weltwetter
vernetzt ist, reicht es natürlich nicht, «nur Schweizer Wetterdaten» zu
verwenden. Deshalb bezieht MeteoSchweiz die Randbedingungen für
ihr Modell vom globalen Modell des Europäischen Zentrums für
mittelfristige Wettervorhersage (EZMW, Grossbritannien). Auch das
Modell von MeteoSchweiz ist nicht nur auf unser Land beschränkt.
Es reicht von Irland bis Süditalien und von Portugal bis Ungarn. Die
grosse Rechnerei beginnt jeweils täglich um 3.30 und 15.30 Uhr
Mitteleuropäischer Zeit. Die Daten vom EZMW werden zuerst auf den
Supercomputer NEC SX-5 am nationalen Hochleistungsrechenzentrum
der Schweiz in Manno TI geschickt. Nach 124 000 Milliarden Rechenoperationen und 75 Minuten Rechenzeit hat der Hochleistungsrechner
das zukünftige Wetter für die nächsten 72 Stunden berechnet.
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NATUR Wetterprognosen
heute. Die Computer-Wetterprognosen haben seit jener Zeit unglaubliche Fortschritte erfahren. Dies ist vor allem auf die
sehr leistungsstarken Computer zurückzuführen, die eine immense Speicherkapazität und eine gewaltige Rechenleistung
aufweisen.
Wetter trickst Computer aus
Die Rechenleistung der Supercomputer
ist enorm, genauso wie der Einsatz der
Meteorologen. Trotzdem geht immer wieder einmal eine Prognose völlig daneben.
Bereits 1963 konnte der Meteorologe
und Mathematiker Edward Lorenz mit
einer einfachen Computersimulation zeigen, dass zwei Wetterkurven vom fast
gleichen Ausgangspunkt mit zunehmendem Zeitabstand so weit auseinander
gehen, bis sie schliesslich so verschieden sind, dass man annehmen könnte,
die Ausgangsbedingungen seien ganz
anders gewesen.
Dieses einfache Experiment revidierte
die bis dahin geltende Annahme, die besagt: Verfügt man über annähernde
Kenntnisse der Ausgangsbedingungen
eines Systems und Kenntnisse der Naturgesetze, so lässt sich das ungefähre Verhalten dieses Systems vorhersagen. Diese
Aussage stimmt nur in gewissen Spezial-
fällen. Macht man bei der Berechnung
von Planetenbahnen einen unbedeutend
kleinen Fehler, so schlägt sich dieser
Fehler im Ergebnis auch unbedeutend
klein nieder. Beim Wetter jedoch scheinen sich viele kleine Abweichungen
von der Wirklichkeit mit der Zeit sehr
gravierend bemerkbar zu machen.
Schmetterlingseffekt
und das Chaos
So ist in der Meteorologie der «Schmetterlingseffekt» bekannt geworden, eine
Vorstellung, die besagt, dass ein einzelner
Schmetterling, der mit seinen Flügeln in
Cirrostratus (Cs)
Weisslicher Wolkenschleier, der oft sehr gleichmässig den ganzen Himmel bedeckt. Typisch für
solche Wolken sind Halo-Erscheinungen (von
Eiskristallen verursacht), welche um die Sonne oder
den Mond entstehen (siehe «Natürlich» 7-05).
Da diese Wolken fast immer mit der Ankunft eines
Tiefdruckwirbels verbunden sind, gelten HaloErscheinungen als typisches Schlechtwetterzeichen.
Cirrus (Ci)
Weisse Federwolke, die aus Eiskristallen
besteht. Wenn sich die Wolken immer mehr
verdichten, deutet dies auf einen Wetterumschlag hin. Manchmal sind sie am Rande
eines Tiefdruckgebietes und zeigen eine
vorbeiziehende Störung an.
Cirrocumulus (Cc)
Häufchen von Federwolken
ohne Eigenschatten. Sie zeigen
stärkere Winde in grosser Höhe
an, was meistens auf einen
ankommenden Tiefdruckwirbel
zurückzuführen ist.
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Wetterprognosen NATUR
Peking die Luft bewegt, einen Monat
später Sturmsysteme über New York beeinflussen kann.
Es entstand ein neuer Wissenschaftszweig, der sich mit dem «Chaos» beschäftigte. Chaotische Systeme, wie das
Wetter, zeichnen sich dadurch aus, dass
sie nicht genau vorhersagbar sind, da bei
ihnen eine berechenbare Periodizität fehlt.
So kann im Prognosemodell eine Abweichung der Temperatur von einem
Zehntelgrad auf ein Grad anwachsen oder
die Windrichtung von 170 Grad auf 175
Grad drehen oder die Luftfeuchtigkeit von
80 auf 85 Prozent ansteigen und so weiter.
Die Summe aller dieser sehr kleinen, aber
auch sehr vielen Fehler werden mit fortschreitender Zeit nicht mehr sehr klein
sein, sondern sich irgendwann gravierend
bemerkbar machen.
Die Launen der Atmosphäre
Manchmal ist eine Wetterprognose relativ einfach, weil die meteorologischen
Bedingungen eben eindeutig sind – wie
etwa ein stabiles Hochdruckgebiet über
Mitteleuropa. Im Supersommer 2003
hätte jeder Laie wochenlang das Wetter
richtig vorhersagen können. Ein extrem
stabiles Hochdruckgebiet sorgte damals
für anhaltenden Sonnenschein und eine
nie dagewesene Hitzewelle. Doch hin
und wieder verhält sich die Erdatmosphäre wie ein launisches Lebewesen,
welches sich zu keiner definitiven Entscheidung durchringen mag.
In der Tat gibt es labilere Zustände der
Erdatmosphäre, wo mehrere Möglichkeiten des Wetterverlaufes in Frage kommen. In solchen Fällen wird eine Prognose sehr heikel. Etwa im Sommer, wenn
die Druckverteilung sehr flach ist und
fast kein Wind mehr herrscht oder wenn
sich die Schweiz im Grenzbereich zweier
Luftmassen befindet und sich kein eindeutiger Trend einer Entwicklung abzeichnet. In solchen Situationen kann das
Wolken für die eigene Wettervorhersage
Wolken sind für eine Wettervorhersage gut geeignet, da sie Auskunft darüber
geben, welche Vorgänge sich in der Luft abspielen. Wer ihre Sprache versteht,
kann abschätzen, was das Wetter für die nahe Zukunft bringen wird.
Auch mit den modernsten Computern stösst die Wettervorhersage immer
wieder an ihre Grenzen. Die Schweiz mit ihrer komplizierten Topografie stellt
die Meteorologen vor besondere Probleme. Wer dennoch eine Wetterprognose
für die nächsten Stunden in seiner Region machen möchte, kann dies mit einer
guten Himmelsbeobachtung tun. Die verschiedenen Wolkenbilder am Himmel
verraten, wie das Wetter sich entwickeln wird.
Die Meteorologen teilen die Wolken in zehn Gattungen ein:
Altostratus (As)
Vielfach sind gleichmässige, dünne Wolkenschichten
(meistens aus Wassertröpfchen bestehend) am Himmel,
die die Sonne wie durch ein Milchglas gesehen erscheinen
lassen. Auch sie erscheinen häufig bei der Ankunft eines
Tiefdruckwirbels und deuten deshalb auf kommendes
Schlechtwetter hin.
Altocumulus (Ac)
Diese vom Volksmund als «Schäfchenwolken» bezeichneten Gebilde erscheinen meistens als kleine Wolkenhäufchen mit Eigenschatten. Wenn aus diesen Wolken
plötzlich höhere Türmchen entstehen, sind sie ein
typisches Schlechtwetterzeichen, da sie auf Instabilitäten
in der Atmosphäre hinweisen.
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NATUR Wetterprognosen
europäische Computer-Modell manchmal zwei Tage brauchen, bis es sich zu
einer eindeutigen Entscheidung durchgerungen hat. Wenn jemand in einer solchen Situation eine Grillparty im Freien
plant und beobachtet, dass die 5-TagesPrognose jeden Tag neu angepasst wird,
wird er irgendwann verzweifelt resignieren und sein Vorhaben aufgeben – oder in
Kauf nehmen, dass er verregnet wird.
Trefferquoten und Zufall
Die offizielle Trefferquote von MeteoSchweiz beträgt 84 Prozent für eine 24Stunden-Prognose, 74 Prozent für eine
48-Stunden-Prognose und 71 Prozent für
Nimbostratus (Ns)
Diese graue, häufig dunkle Wolke, die anhaltenden Regen oder Schnee erzeugt, wird oft als
grauer und strukturloser Schleier wahrgenommen. Dieser Wolkenschleier ist so dicht, dass
die Sonne unsichtbar wird.
Stratus (St)
Als niedrigst und gleichmässigst
erscheinende Wolke tritt sie vor
allem als Nebel oder Hochnebel auf.
Bei uns entsteht sie vor allem im
Winterhalbjahr, wenn sich kalte,
schwere Luft in den Tälern und
Senken als Kaltluftsee ansammelt.
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eine 72-Stunden-Prognose. Anschaulicher
ist jedoch die Aussage, dass die Zahl der
ungenügenden Prognosen mit zunehmender Dauer kontinuierlich zunimmt.
Weil das Wetter eben nicht bis ins letzte
Detail berechenbar ist, wird mit fortschreitendem Zeitabstand die Prognose
zwangsläufig immer ungenauer. Dieser
Sachverhalt kann dazu führen, dass eine
Wetterprognose auf eine Woche hinaus
schnell einmal so viel wert ist, als wäre sie
gewürfelt worden.
Wie das Experiment von Edward
Lorenz zeigt, existieren im Wettergeschehen scheinbar viele zufällige Ereignisse,
welche den weiteren Verlauf des Systems
«Wetter» bestimmen. Doch was ist über-
Stratocumulus (Sc)
Als meist zusammenhängende Decke
aus verschiedenen Wolkenwalzen und
Wolkenhügeln bilden solche Wolken
den Übergang zwischen Schicht- und
Quellwolken. Sie bringen gewöhnlich
keinen Niederschlag, zeigen aber
vorhandene feuchte Luftmassen an.
haupt Zufall? Einige sehen im Zufall
nur eine Ausrede des Menschen, infolge seines Noch-nicht-Wissens. Andere
kommen zum Schluss, dass der Zufall
wirklich und unabhängig von uns existiert. Dies jedoch würde den endgültigen Abschied von der Gewissheit bedeuten, letzten Endes einmal alles genau
vorherbestimmen und vorhersagen zu
können.
Wechsel
zwischen Eis- und Warmzeit
Das Klima ist ein dynamisches System.
Ozean und Atmosphäre sind eng miteinander gekoppelt. Ein solches System
Wetterprognosen NATUR
kann mehrere Gleichgewichtszustände
haben. Einer davon ist das momentan
herrschende Klima auf unserem Globus.
Im Nordatlantik wird warmes Wasser
von niederen in hohe Breiten transportiert, zum Beispiel im Golfstrom. In 50
Grad nördlicher Breite ist deshalb die
Temperatur im atlantischen Raum etwa
vier bis fünf Grad wärmer als im pazifischen Raum. Der Nordatlantik funktioniert also wie eine gigantische Wärmepumpe zwischen Äquator und Nordpol.
Während der Eiszeit war diese Wärmepumpe viel schwächer ausgeprägt als
heute. Forschungen haben gezeigt, dass
das Klima im nordatlantischen Raum
innert Jahrzehnten – das ist für erd-
geschichtliche Verhältnisse extrem schnell
– von einem kalten zu einem warmen
Zustand (oder umgekehrt) gewechselt
hat. Der letzte abrupte Klimawechsel von
einer Kalt- zu einer Warmzeit fand vor
etwa 11700 Jahren statt. Vor etwa 12 900
Jahren wechselte das Klima in einem
ähnlichen Tempo von einer Warm- in
eine Kaltzeit.
Treibhauseffekt wirkt sich aus
Infolge des Treibhauseffektes werden die
höheren Breiten etwa zwei- bis dreimal
stärker erwärmt werden als die niederen
Breiten. Dies führt dazu, dass der Temperaturunterschied zwischen Pol und
Äquator kleiner wird. Damit würde die
atlantische Wärmepumpe verlangsamt,
die Tiefenzirkulation schwächer und
die Meeres- und Lufttemperaturunterschiede zwischen Atlantik und Pazifik
kleiner. Damit dürften weitere regionale Temperaturveränderungen verursacht werden.
Eine Computersimulation zeigt dabei
Folgendes: Eine Verdoppelung der CO2Konzentration, wie sie am Ende des 20.
Jahrhunderts herrschte, könnte bereits in
60 Jahren erreicht sein. In diesem Fall
stellt die atlantische Wärmepumpe ab
und erholt sich nach etwa 500 Jahren
wieder. Bei einer Vervierfachung der
CO2-Konzentration (in etwa 130 Jahren)
Warmfront
Kaltfront
Die Annäherung einer Warmfront bringt eine typische Abfolge
von Wolkenbildern mit sich. Die leichtere Warmluft gleitet auf
die schwerere kühlere Luft auf. Dabei kondensiert an der
Grenzschicht der beiden Luftmassen der Wasserdampf zu
Wolken, ähnlich wie ein kühles Bierglas an einem heissen
Sommertag mit Wasser beschlagen wird. Dieses Aufgleiten
der Warmluft lässt zuerst die hohen feinen Eiswolken (Cirrus,
Cirrocumulus, Cirrostratus) entstehen, welche sich bald zu
einem milchig weissen Schleier verdichten. Ein Halo um Sonne
oder Mond zeigt an, dass die Feuchtigkeit in grosser Höhe in
feine Eiskristalle auskondensiert ist. Es folgen Altostratus,
Altocumulus und schliesslich Nimbostratus-Wolken, die einen
gleichmässigen Regen mit sich bringen.
Die Folge der Ereignisse bei der Ankunft einer Kaltfront ist
schneller und oft viel spektakulärer als bei einer Warmfront.
Die vorrückende Kaltluft ist zu schwer, um die warme Luft zu
überrennen. Sie schiebt sich deshalb darunter. Die warme Luft
wird nach oben verdrängt und die Feuchtigkeit kondensiert.
Dabei bildet sich eine dichte Wolkenwand mit Gewitterwolken. Das Eintreffen einer Kaltfront ist bei uns vor allem im
Sommer meistens mit starken Gewittern verbunden. Plötzlich
setzen heftige Böen ein und mit dem einsetzenden (meist
starken) Regen beginnt die Temperatur rasch abzusinken.
Cumulus (Cu)
Im Verlauf eines Sommertages entstehen zuerst die
kleinen Schönwetterwölklein, welche bei weiterer
Thermik (warmem Aufwind) im Verlaufe des Tages
immer grösser werden können. An schwülen
Sommertagen entwickeln sich die mächtigen Quellwolken zu Schauer- und Gewitterwolken.
Cumulonimbus (Cb)
Sie gilt als typische Schauer- und Gewitterwolke, welche mit
ihrem oberen Teil bis in die höheren kalten Luftmassen vorstösst. Der obere Wolkenabschnitt besteht aus Eiskristallen und
sieht faserig aus (wie die Federwolken). Er breitet sich vielfach
ambossförmig aus und stösst bis in grosse Höhen vor.
Der untere Teil der Wolke besteht aus Wassertröpfchen und
gleicht den sich mächtig entwickelnden Quellwolken.
NATUR Wetterprognosen
stellt die atlantische Wärmepumpe, also
den Golfstrom, ab und kommt gänzlich
zum Erliegen.
In Zukunft heisse Sommer
Die Veränderung von so grossen Meeresströmungen und Energietransporten
hätte zweifellos gravierende Folgen für
die gesamte Biosphäre der Erde. Klimatologen rechnen mit einer weiteren Erwärmung von 1,4 bis 5 Grad in diesem
Jahrhundert. Bei einem Temperaturanstieg von 5 Grad bis zum Jahr 2100
würden unsere Gletscher bis zu etwa
90 Prozent abschmelzen. Weitere Wetter-
extreme wie der Sommer 2003 und der
extrem heisse Juli 2006 dürften bereits
einen Vorgeschmack bieten, von dem
was uns in Zukunft erwartet. Nach den
Klimaprognosen dürfte in der Zeit von
2070 bis 2100 jeder zweite Sommer
mindestens so warm ausfallen wie der
Sommer 2003.
■
Wetter- und Windsysteme der Erde
Gerade in unseren Breiten sind die Wetterprognosen besonders schwierig. Unsere Witterung
wird geprägt von vorbeiziehenden Tiefdruckwirbeln, die den Hauptteil der Niederschläge
bringen. Mag für Schweizer und Mitteleuropäer
das wechselhafte Wetter alltäglich scheinen, in
anderen Erdteilen sieht es gänzlich anders aus.
So existieren in den tropischen Gebieten keine
Tiefdruckwirbel, wie sie über Mitteleuropa vorkommen, und die Niederschläge entspringen
aus gigantischen Gewitterwolken, die über dem
erhitzten Land entstanden sind.
Tropischer Wettermotor
In diesem Gebiet, wo die Sonne am Mittag im
Zenit des Betrachters steht und seinen Schatten
in nichts auflöst, kann der Hauptmotor der
Wettermaschinerie geortet werden. Erhitzte Luft
steigt in grosse Höhen, wird in riesigen pilzförmigen Gewitterwolken sichtbar und fliesst
schliesslich in nördlicher und südlicher Richtung polwärts. Als gigantische Ausgleichsbewegung fliessen bodennahe Luftmassen äquatorwärts, angetrieben vom Sog der Aufwinde unter
der stärksten Sonneneinstrahlung.
Die Erddrehung sorgt dafür, dass die Luftmassen nie direkt vom Pol zum Äquator oder
umgekehrt fliessen. Auf der Nordhalbkugel
werden sie von ihrer direkten Zugrichtung nach
rechts, auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt. Deshalb wehen die nördlichen Passatwinde von nordöstlicher in südwestlicher, die
südlichen Passatwinde von südöstlicher in
nordwestlicher Richtung zum Äquator hin. Ausdem gleichen Grunde bewegen sich Winde um
ein Hochdruckgebiet auf der Nordhalbkugel
im Uhrzeigersinn, in einem Tief im Gegenuhrzeigersinn. Auf der Südhalbkugel ist es genau
Nordpol
➡
➡
Äquator
➡
➡
Südpol
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umgekehrt.
Hochdruck über den Polen
Zwischen den gemässigten Breiten und den
Tropen erstreckt sich ein Gürtel von subtropischen Hochdruckzellen. Durch die absinkende
Luft im Hoch lösen sich die Wolken auf. Sichtbarstes Zeichen dieser Hochdruckzellen, die
sich unter anderem über das nördliche
Afrika erstrecken, ist die Wüste Sahara.
Über den beiden Polkappen befindet
sich fast permanent ein stationäres
Kältehoch. Zwischen dem polaren
Kältehoch und den gemässigten Breiten liegt eine Zone mit ausgeprägten
Westwinden.
Die Wetter- und Windsysteme auf der
Südhalbkugel sind ähnlich aufgeteilt wie
auf der Nordhalbkugel. Allerdings findet
man auf der Südhalbkugel viel stärkere
Westwindbänder, die den Globus umschliessen, da die Antarktis viel kälter ist als die
Arktis. Die extrem kalten Temperaturen am
Südpol verursachen ein grösseres Temperaturgefälle zwischen Äquator und Pol als auf der
Nordhalbkugel, was allgemein zu ausgeprägteren Tiefdruckwirbeln und zu stärkeren Winden
führt.
Wetterprognosen NATUR
Eine Wetterprognose auf Monate hinaus
Schlechte Trefferquote für den Herbst
Generell ist beim saisonalen Modell die Trefferquote für den Herbst
schlechter als für den Sommer. Überhaupt eignet sich das Modell, das
zu einem grossen Teil mit Daten von Meerestemperaturen arbeitet,
nicht gut für Mitteleuropa, denn die geografische Lage macht den
Wetterfröschen einen dicken Strich durch die Rechnung.
Besonders gut funktioniert das Modell in tropischen Gebieten und in
Ländern mit direktem Meereinfluss. So ermöglicht das Modell auch
eine relativ gute Vorhersage zum Auftreten von tropischen Wirbelstürmen, während für Winterstürme wie Lothar in unserem Land
bestenfalls eine erhöhte oder niedere Wahrscheinlichkeit angegeben
werden könnte. Auch für die Vorhersage von El-Niño-Ereignissen
funktioniert das Modell sehr gut.
Foto: SF DRS
Seit zwei Jahren wagen die Meteorologen von MeteoSchweiz mit
grossem Rechenaufwand eine Wetterprognose auf mehrere Monate
hinaus. Wer jedoch vorhat, mit Hilfe einer solchen Wettervorhersage
seine Ferien zu planen, muss enttäuscht werden. Der Wunsch, an
einem bestimmten Ort und an einem bestimmten Tag das Wetter auf
mehrere Wochen oder gar Monate zu prognostizieren, bleibt nach wie
vor ein Traum. Vielmehr geht es bei den Langzeitwetterprognosen um
die Vorhersage der Witterung, das heisst das über mehrere Wochen
bis Monate «gemittelte» Wetter.
Das Gedächtnis der Atmosphäre
Die Langzeitwetterprognose mag erstaunen, weiss man doch, dass bereits eine Prognose auf
vier Tage manchmal mit grossen Ungenauigkeiten verbunden sein kann. Doch die saisonalen
Wettervorhersagen unterscheiden sich klar von den konventionellen Kurzzeit-Wetterprognosen. Der Einbezug von Meerestemperaturen in diesem Modell versetzt die ganze Vorhersage
in eine andere Zeitebene.
Die Ozeane beeinflussen das Klima sehr stark und befinden sich mit der Atmosphäre immer in
einem Energieaustausch. Die Meerestemperaturen weisen über Wochen und Monate nur
kleine Schwankungen auf. Je tiefer man in den Ozean eindringt, desto länger bewahren die
Wassermassen ihre Temperatur und ihren Salzgehalt. Sogar in den obersten 100 Metern
dauert es Monate, bis sich die Bedingungen deutlich verändern.
Diese Trägheit der Ozeane wirkt wie ein riesiges Gedächtnis für die Atmosphäre, indem die
Meeresoberfläche die Luft erwärmt oder abkühlt, mehr oder weniger Feuchte verdunstet.
Damit wird die Entstehung von Grosswetterlagen in ihrer langfristigen Entwicklung gehemmt
oder begünstigt. Diese Tatsache macht Langzeitprognosen möglich.
Die Verhältnisse in der Atmosphäre ändern sich hingegen schnell. Schon nach wenigen
Wochen besteht kein Zusammenhang mehr mit der Ausgangssituation. Gerade in unseren
gemässigten Breiten ist das Wetter sehr wechselhaft.
Langzeit-Prognosen und die Wirtschaft
Die Schweiz gehört neben den Wetterdiensten aus England und Holland europaweit zur
Spitze bei den Langzeitprognosen. In Nordamerika werden solche Prognosen seit Jahren mit
Erfolg in der Landwirtschaft verwendet. Der stärkere Meereseinfluss auf diese Gebiete sowie
eine deutlich weniger komplizierte Topografie lassen dort wesentlich genauere Berechnungen zu als in Mitteleuropa. Heute liegt die Trefferwahrscheinlichkeit für eine europäische
Langzeitprognose bei rund 60 Prozent.
Vor dem Auftritt: Cécile Bähler und
Sandra Bohner bereiten die Wetteransage
fürs Fernsehen vor
I N FO B OX
Literatur
• Emeis: «Meteorologie in Stichworten»
Verlag Borntraeger 2000
ISBN: 3-443-03108-0, Fr. 34.50
• Allaby: «Faszination Wetter»
Verlag Dorling Kindersley 2001
ISBN: 3-8310-0082-4, Fr. 26.80
• Kraus: «Die Atmosphäre der Erde»
Springer-Verlag 2004
ISBN: 3-540-20656-6, Fr. 68.–
• Kumpfmüller/Steinbacher
«Die besten Wetter- und Bauernregeln»
Verlag Heyne 2006
ISBN: 3-453-12055-8, Fr. 26.90
Internet
• www.meteoschweiz.ch/web/de.html
• www.wetterzentrale.de/
• www.westwind.ch/
• http://pages.unibas.ch/geo/mcr/3d/
meteo/
• www.sf.tv/sfmeteo/
• www.meteox.com/h.aspx?r=
holiday&jaar=-3&soort=loop3uur
• www.eumetsat.int/Home/Main/Image_
Gallery/Real-time_Images/index.htm?l=en
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