50 Jahre Studieren in Meschede
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50 Jahre Studieren in Meschede
1964 – 2014 1964 – 2014 1964 – 2014 50 Jahre Studieren in Meschede 1964 – 2014 Von der Staatlichen Ingenieurschule zur Fachhochschule Südwestfalen Impressum Herausgeber Der Präsident der Fachhochschule Südwestfalen, Professor Dr. Claus Schuster Fachhochschule Südwestfalen Baarstraße 6 58636 Iserlohn www.fh-swf.de Redaktion Dipl.-Kfm. Christian Klett, Annika Pilgrim M.A., Dipl.-Ing. Rüdiger Zimmer Layout Presse- und Informationsstelle der Fachhochschule Südwestfalen Druck Frick Kreativbüro & Onlinedruckerei e. K. Brühlstraße 6 86381 Krumbach Bayern Mit freundlicher Unterstützung durch den Verein der Freunde und Förderer der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede e.V. Meschede 2014 Inhalt Gruß- und Vorworte....................................................................5 – 14 Die Gründung der Staatlichen Ingenieurschule.........................15 – 32 Chronologie 1959 bis 1968................................................................. 17 – 18 Die Soester Fehde.............................................................................. 19 – 20 Auf die grüne Wiese.......................................................................... 21 – 22 Die ersten Studenten........................................................................ 23 – 24 Die ersten Dozenten......................................................................... 25 – 26 Studentenzeitschrift »ln 66«........................................................... 27 – 29 Studentenseelsorge: Die Wurzeln der heutigen Hochschulgemeinde......................................................... 30 – 32 Von der Ingenieurschule zur Gesamthochschule.......................33 – 52 Chronologie 1969 bis 1972................................................................. 35 Ingenieur oder Techniker?................................................................ 36 – 38 Die Vision »Neubau der Ingenieurschule am Hainberg«................. 39 – 41 Vom Baurat zum Professor............................................................... 42 – 44 Abschlussarbeiten als Drehbücher für die Praxis unternehmerischen Handelns................................... 45 – 48 Ideelle und materielle Unterstützung: Der Verein der Freunde und Förderer.............................................. 49 – 52 (Universität) Gesamthochschule Paderborn.............................53 – 78 Vergabe von Studienplätze durch die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze (ZVS)............................................ 60 Wie der Vater, so die Tochter............................................................ 61 – 63 Die Zeit der Flyer und Plakate – oder wie man eine Hochschule attraktiver macht.......................... 64 – 66 Aufschwung Ende der 80er............................................................... 67 – 68 Das Verhältnis zu Paderborn: Fast alles – außer Personal.............. 69 – 71 Unterstützung aus der Region........................................................ 72 – 74 Talfahrt der Studierendenzahlen..................................................... 75 – 76 Kooperatives Studium – Unternehmen als Partner........................ 77 – 78 Von der Gesamthochschule zur Flächenhochschule..................79 – 106 Chronologie 2002 bis 2013................................................................ 81 – 82 Die »neue« Hochschule..................................................................... 83 – 84 Die erste Dozentin der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede............................................................... 85 – 87 Hochschulneu- und Erweiterungsbau............................................. 88 –90 Aus dem Sauerland in die Welt......................................................... 91 – 92 Bologna in Meschede........................................................................ 93 Neuland: Duales Studium bei Bildungspartnern............................. 94 – 96 MINT im Fokus................................................................................... 97 – 98 Demografie und Studierendenzahlen »disjunkt«........................... 99 – 100 Chronologie 1973 bis 2001................................................................. 55 – 56 Die Hochschule heute....................................................................... 101 – 102 Wider den Trend der geburtenstarken Jahrgänge........................... 57 – 58 Zu guter Letzt: Warum sich Studierende heute Intermezzo: Y-Modell....................................................................... 59 für Meschede entscheiden............................................................... 103 – 104 Grußworte 5 »Meschede ist im Bildungsbereich bestens aufgestellt.« Mit diesem Satz wirbt die Kreisstadt im Hochsauerlandkreis auf seiner Internetseite für sich und ihre Bildungseinrichtungen. Ein Grund dafür: Seit 50 Jahren kann in Meschede studiert werden. Für eine Stadt mit rund 30 000 Einwohnern ist das keine Selbstverständlichkeit, deshalb darf man darauf in Meschede zu Recht stolz sein. Den Studierenden, den Lehrenden und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fachhochschule Südwestfalen am Standort Meschede gratuliere ich zu diesem Jubiläum ganz herzlich. »50 Jahre Studieren in Meschede« lautet das Motto des Jubiläums. 50 Jahre, die vom Wandel geprägt sind. Von Anfang an ging es um beste Bildung, diese stand in Meschede aber immer wieder unter einem anderen Namen: Von der Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen, die im Oktober 1964 mit 35 Ingenieurschülern den Startschuss für das Studium in Meschede gab, über die Fachhochschule Südost-Westfalen, die Abteilung Meschede der Gesamthochschule und später Universität Paderborn bis zur heutigen Fachhochschule Südwestfalen seit dem Jahr 2002. Der Standort Meschede ist über diese lange Zeit mit den Standorten Hagen, Iserlohn, Soest und Lüdenscheid zusammengewachsen zu einer modernen Fachhochschule mit 52 Studiengängen und rund 12 500 Studierenden. In Meschede wurden die Herausforderungen des Wandels der vergangenen 50 Jahre stets als Chance begriffen und entsprechend genutzt. Den Wandel gestalten – das ist es auch, was sich die Landesregierung mit der Forschungsstrategie »Fortschritt NRW« zum Ziel gesetzt hat. Die Welt befindet sich in einem Wandel, der die Gesellschaft vor große globale Herausforderungen stellt. Klimawandel, Ressourcenverknappung und demografische Entwicklung sind Beispiele dafür. Um diese Herausforderungen dauerhaft erfolgreich meistern zu können, müssen wir den jungen Menschen in unserem Land eine erstklassige Ausbildung ermöglichen. Eine interdisziplinäre und anwendungsorientierte Arbeitsweise – wie sie in Meschede praktiziert und gelehrt wird – ist eine weitere wichtige Voraussetzung dafür, den gesellschaftlichen Wandel aktiv gestalten zu können. Denn ein Fachbereich alleine wird die großen Herausforderungen unserer Zeit nicht bewältigen. Ebenso sind Innovationen nur dann wirklich hilfreich, wenn sie auch den Weg in die Anwendung finden. Beides wird in Meschede berücksichtigt. Aus dem ersten Studiengang »Maschinenbau und Konstruktionstechnik« im Jahr 1964 hat sich ein interdisziplinäres Fächerangebot entwickelt, das von »Elektrotechnik« über »International Management« bis hin zu »Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau« reicht. Unsere heimische Wirtschaft braucht dringend Nachwuchs mit exzellenten Fachkenntnissen in diesen Bereichen, damit sie im globalen Wettbewerb bestehen kann. Mit den Absolventinnen und Absolventen der Fachhochschule Südwestfalen am Standort Meschede haben wir diesen Nachwuchs und er ist nicht nur bei den starken Unternehmen im Hochsauerlandkreis begehrt. In Meschede studieren junge Menschen mit ganz unterschiedlichen Bildungshintergründen, sei es mit Abitur, mit Fachhochschulreife oder mit einer Berufsausbildung. 1 800 Präsenzstudierende sind es inzwischen. Trotzdem hat man sich eine familiäre Atmosphäre bewahrt. Der zunehmenden Vielfalt in der Studierendenschaft begegnet die Fachhochschule Südwestfalen zum Beispiel mit individuellem Studiencoaching oder mit Angeboten zur Verbesserung der Mathematikkompetenzen. Das ist der richtige Weg. Denn angesichts der demografischen Entwicklung werden wir in Zukunft jede einzelne Absolventin und jeden einzelnen Absolventen brauchen. Deshalb müssen wir jedem Talent eine faire Chance auf ein erfolgreiches Studium geben. Allen Studierenden, den Lehrenden und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wünsche ich weiterhin viel Erfolg beim »Studieren in Meschede«. Svenja Schulze Ministerin für Innovation, Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und Forschung 6 Grußworte 7 50 Jahre Hochschularbeit und Studieren am Standort Meschede – zu diesem Jubiläum übermittle ich der Fachhochschule Südwestfalen persönlich und im Namen von Kreistag und Verwaltung des Hochsauerlandkreises ganz herzliche Glückwünsche. Für die Kreisstadt und für den gesamten Hochsauerlandkreis ist die Fachhochschule ein unverzichtbarer Bestandteil des Bildungsangebotes. Sie sorgt für den Nachwuchs auch bei den rund 150 Weltmarktführern in ganz Südwestfalen. Der hervorragende Ruf von Forschung und Lehre hier in Meschede hat die Zahl der Studierenden auf über 4 300 ansteigen lassen. In kleinen Lerngruppen und mit persönlicher Betreuung lässt es sich schließlich bestens studieren. Ich beglückwünsche Sie zu dieser Chronik, die viel über den Werdegang von der Staatlichen Ingenieurschule hin zur Fachhochschule Südwestfalen erzählt. Damit leisten Sie für sich und nachfolgende Generationen einen Beitrag, die Geschichte in Wort und Bild festzuhalten. Mögen auch in den kommenden 50 Jahren viele Studierende die Fachhochschule erfolgreich durchlaufen. So ist sicher gestellt, dass auch künftig sehr gut ausgebildete Fachkräfte den Unternehmen in der Region zur Verfügung stehen. In diesem Sinne wünsche ich der Fachhochschule Südwestfalen an ihrem Standort Meschede weiterhin eine positive Entwicklung. Ich freue mich auch auf die weitere enge Zusammenarbeit zwischen der Fachhochschule und dem Hochsauerlandkreis. Dr. Karl Schneider Landrat 8 Grußworte 9 50 Jahre Hochschule in Meschede – Grund genug, allen zu gratulieren, die an dieser Erfolgsgeschichte mitgewirkt haben. Und das tue ich natürlich als Bürgermeister im Namen der Kreis- und Hochschulstadt Meschede, wie auch persönlich, ganz herzlich. Die Stadt hat stets die Belange der Fachhochschule unterstützt und es hat sich in den vergangenen Jahren auch eine intensive Kooperation entwickelt. Nicht ohne Grund und Stolz trägt Meschede seit August 2012 die offizielle Zusatzbezeichnung »Kreis- und Hochschulstadt«. Wir sind stolz auf den hervorragenden Ruf der Fachhochschule. Die stete Weiterentwicklung des Studienangebotes und hoher Leistungsstandard sowie Technologietransfer haben hierzu in großem Maße beigetragen. 50 Jahre sind auch Grund genug, heute einmal zu fragen: Ist das noch dieselbe Hochschule wie zu Anfang? Unser Regionale-Projekt in dem wir in den letzten Jahren die Mescheder Innenstadt umgebaut haben, trägt den Namen »[email protected] – Eine Hochschulstadt im Fluss« und verdeutlicht ebenfalls die große Verbundenheit zwischen Fachhochschule und Stadt. In den vergangenen 50 Jahren des Hochschulstandortes Meschede erfolgten einige bauliche Veränderungen und Erweiterungen. Die Fachhochschule in Meschede, 1964 als »Ingenieurschule« gegründet, später eine Abteilung der Universität Gesamthochschule Paderborn, ist heute seit dem Jahre 2002 neben Iserlohn, Hagen und Soest einer der Standorte der Fachhochschule Südwestfalen und wurde zu einem der wichtigsten Bildungsangebote in unserer Region. Die Fachhochschule Südwestfalen liefert einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen in Südwestfalen. Die Fachhochschule ist durch kooperative und berufsbegleitende Studienmodelle, Forschungskooperationen, Studienprojekte und Abschlussarbeiten eng mit der regionalen Wirtschaft verbunden. Durch die Fachhochschule Südwestfalen wird der Produktionsstandort Südwestfalen langfristig gesichert. Die Hochschuleinrichtung in Meschede ist somit seit 50 Jahren ein wesentlicher Faktor für die gesamte Strukturentwicklung in unserer Stadt, im Hochsauerlandkreis und auch darüber hinaus. Ich wünsche der Fachhochschule, dass sie ihrem Erfolgskurs auch weiterhin treu bleiben möge und freue mich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit. Uli Hess Bürgermeister 10 Grußworte 11 Präsident einer Fachhochschule mit fünf Standorten zu sein, das ist schon etwas Besonderes. Hagen, Iserlohn, Lüdenscheid, Meschede und Soest – in diesen fünf Städten in Südwestfalen bringen wir eine ganze Region unter ein wissenschaftliches »Dach«. Dieses Dach ist die Fachhochschule Südwestfalen und es steht heute seit rund zwölf Jahren. 2002 wurde die Fachhochschule Südwestfalen gegründet und in ihr die Vorgängerinstitutionen an den einzelnen Orten zusammengeführt. »50 Jahre Studieren« gilt insofern nur für die Standorte Meschede und Soest, die gemeinsam aus der 1964 gegründeten Staatlichen Ingenieurschule hervorgegangen sind. Der Rest der Fachhochschule Südwestfalen stammt aus anderen Altersklassen. Ältester im Bunde ist Hagen, wo man in diesem Jahr 190 Jahre höhere technisch-wirtschaftliche Ausbildung feiert. Die Wurzeln des Standortes Iserlohn reichen mit der Provinzial-Gewerbeschule Iserlohn ins Jahr 1852 zurück. Und unser »Jüngster« Lüdenscheid gehört erst seit 2012 dazu. Jeder unserer Standorte hat so seine eigene Historie, seine eigene Entwicklung und gewissermaßen seine eigene Persönlichkeit. Im Fall Meschede spreche ich aus eigener Erfahrung: Als ich 1995 nach Meschede berufen wurde, waren wir noch ein kleiner, nicht wirklich geliebter Teil der Universität Gesamthochschule Paderborn. Entsprechend marode und schlecht ausgestattet war unsere Hochschulabteilung. Was mich trotzdem bewogen hat, für diese Arbeitsbedingungen ein großes internationales Anlagenbauunternehmen zu verlassen, war der Teamgeist, die Kolleginnen und Kollegen in Meschede und das Gefühl, hier etwas bewegen zu können. Mein Eindruck hat mich nicht getäuscht! Ich habe meinen Entschluss noch keinen Tag bereut – im Gegenteil, wenn man sieht was in den vergangenen Jahren alles in Meschede entstanden ist, und wie sich die Hochschule insgesamt entwickelt hat, so bin ich sehr stolz und zufrieden! Einst kleinster Standort der neu gegründeten Fachhochschule Südwestfalen, haben sich sowohl das Studienangebot wie auch die Studienbedingungen rasant und positiv entwickelt. Die damit verbundenen Erfolge im Hochschulpakt haben einen weiteren Schub nach vorne bewirkt, sodass die Ausstattung der Hochschule weiter verbessert werden konnte. Heute ist es eine reine Freude, in Meschede zu arbeiten, sei es im Hörsaal, im Labor oder im Strategiegespräch mit dem Fachbereich Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften. Hierfür nehme ich das Pendeln vom Dienstsitz des Präsidenten in Iserlohn gerne in Kauf. Allen Kolleginnen und Kollegen in Meschede wünsche ich, dass es uns auch weiterhin gelingt, im Team etwas zu bewegen und unseren Studierenden auch künftig beste Studienbedingungen zu bieten. In diesem Sinne freue ich mich auf die kommenden Jahre meiner Arbeit im Rektorat der Hochschule und in meiner Forschung und Lehre in Meschede. Prof. Dr. Claus Schuster Präsident der Fachhochschule Südwestfalen 12 Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, 13 auf den 9. April 1964 datiert der Erlass des damaligen nordrheinwestfälischen Kultusministers zur Errichtung einer Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen in Soest mit einer Außenstelle in Meschede. Bereits ein knappes halbes Jahr später, am 1. Oktober 1964, begann in der Lindenstraße in Meschede der Unterricht mit dem ersten Semester »Maschinenbau/ Konstruktionstechnik«. Was damals mit 35 Studierenden anfing, entwickelte sich über 50 Jahre und mehrere Stationen zum Standort der heutigen Fachhochschule Südwestfalen. In Meschede sind zum Wintersemester 2013/14 insgesamt 4 387 Studenten eingeschrieben. Sie studieren in einer Hochschule mit hervorragender Ausstattung sowie modernen und zukunftsweisenden Studien- und Forschungsschwerpunkten. Wie allein ein Blick auf die Entwicklung der Studierendenzahlen zeigt, ging es in Meschede nicht immer nur bergauf. Die vergangenen fünf Jahrzehnte waren in diesem Sinne eine wechselvolle Zeit. Vieles hat sich in dieser Zeit verändert, eines ist aber auf jeden Fall gleich geblieben: Die Studiengruppen sind klein und die Betreuung persönlich. Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt. Und das nicht nur im Leitbild. Ein guter Anlass für uns, zu feiern und auch andere an der besonderen Atmosphäre in unserer Hochschule teilhaben zu lassen. Mit dieser Festschrift möchten wir Ihnen deshalb einen Eindruck vom »Studieren in Meschede« vermitteln, aus unserer heutigen Sicht, aber vor allem auch aus der Sicht vieler Zeitzeugen, die miterlebt haben, wie es früher war. Ich wünsche Ihnen eine interessante und unterhaltsame Lektüre. Monika Reimpell Dekanin des Fachbereichs Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften Fachhochschule Südwestfalen, Standort Meschede Entwicklung der Studierendenzahl in Meschede 1964 bis 2014 5 000 4 500 4 000 14 3 500 3 000 2 500 2 000 1 500 1 000 500 Verbundstudium Bildungspartner Präsenz Die Gründung der Staatlichen Ingenieurschule Gebäude der Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen, Außenstelle Meschede kurz nach der Gründung im Jahr 1964 Chronologie 1959 bis 1968 1959/1960 Die Städte Arnsberg, Meschede und Neheim-Hüsten bewerben sich 1959/60 um den Standort einer Staatlichen Ingenieurschule. 9. April 1964 Erlass des Kultusministers zur Errichtung einer Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen in Soest mit einer Außenstelle in Meschede. Mai 1964 Beginn mit dem Bau von vier Unterrichts-, einem Mensa-, einem Verwaltungsgebäude und einem Haus für den Hausmeister. 1. Oktober 1964 Unterrichtsbeginn am 1. Oktober 1964 mit dem 1. Semester Maschinenbau/Konstruktionstechnik (MK 1). In Planung die Abteilung »Maschinenbau/Fertigungstechnik« und »Allgemeine Elektrotechnik«. Als erster Schulleiter wurde von der Bezirksregierung Arnsberg Baurat Paul Heymann beauftragt. 1965 Die Abteilungen »Elektrotechnik/Nachrichtentechnik« und »Maschinenbau/Fertigungstechnik« werden eingeführt. Weitere Pavillonbauten für Lehr- und Laborbetrieb werden von der Stadt Meschede gebaut. Das Land erwirbt vom Grafen von Westphalen das Gelände am Hainberg, auf dem ein Neubau entstehen soll. 1967 Die ersten Studenten legen ihr Ingenieursexamen ab. 1968 Im Haushalt des Landes NRW wird die Außenstelle Meschede als selbstständige Staatliche Ingenieurschule ausgewiesen. 18 Die Soester Fehde 19 Das Bild auf der nächsten Seite zeigt die »Soester Fehde«, wie sie Hermann Faust in der Ausgabe der Westfalenpost vom 31. Dezember 1963 für die Nachwelt aufzeichnete. In Anspielung auf die mittelalterliche Schlacht um die Stadt Soest verdeutlichte der Karikaturist den Streit der Städte Meschede, Arnsberg/Neheim und Soest um den Standort einer Ingenieurschule. Die Bemühungen der Stadt Meschede um die Ingenieurschule gehen bis ins Jahr 1957 zurück. Auch die Industrie- und Handelskammer für das südöstliche Westfalen in Arnsberg und der Arbeitgeberverband hatten bereits 1960 vom Kultusministerium gefordert, sich für die Errichtung einer Ingenieurschule im südöstlichen Westfalen einzusetzen. Mit 480 000 Einwohnern bildete dies einen industriell geprägten Wirtschaftsraum, der über keine ortsansässige Ingenieurausbildung verfügte. In erster Linie wünschte sich die Industrie eine Ausbildung in den Fachrichtungen Elektrotechnik und Maschinenbau. In der Bildmitte wird eine »Denkschrift nach Düsseldorf« dargestellt. Mit dieser wollte der damalige Stadtdirektor Liese interessierte Kreise auf die Bedeutung der Errichtung einer Ingenieurschule im Sauerland hinweisen. In der Denkschrift heißt es weiter: »Als geographischer Mittelpunkt des oberen Sauerlandes dürfte Meschede wie kaum eine andere Stadt geeignet sein, Sitz einer neuen technischen Bildungsanstalt zu werden.« Auf die grüne Wiese 22 Als am 9. April durch den Erlass des Kultusministeriums die Entscheidung für Meschede gefallen war, ging es schnell. Innerhalb eines halben Jahres wurde die Ingenieurschule buchstäblich auf der »grünen Wiese« errichtet. In mehreren Sitzungen beschloss der Stadtrat kurzfristig über die Verwendung des Grundstücks in der Lindenstraße. Die Errichtung der Gebäude wurde an eine auf Fertigbauweise spezialisierte niederländische Firma vergeben. Am 12. Juli 1964 begann diese mit dem Bau, am 30. September waren vier Unterrichts-, ein Verwaltungs- und ein Mensagebäude bereits bezugsfertig. Einst als »Provisorium« konzipiert, fand in diesen Gebäuden über 40 Jahre lang die Ingenieurausbildung statt. Erst später »wuchs« die Gartenstadt und später weitere Siedlungen um die Ingenieurschule herum. Auf dem Bild erkennbar: Die »Gartenstadt« wird südlich der Ingenieurschule errichtet. Die ersten Studenten 23 Ein einziges Klassenzimmer, 35 junge Studenten und nur vier Dozenten (damals Bauräte): Das erste Semester an der damaligen Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen in Meschede verlief eher improvisiert. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, haben sich die »ersten Mescheder Ingenieure« sehr wohl in Meschede gefühlt. »Ich kann mich noch genau an meinen ersten Tag erinnern«, erzählt Gerd Jost. Der 70-jährige Arnsberger war einer der 35 Studenten, die am 1. Oktober 1964 ihre Ausbildung in Meschede begannen. »Ich wusste am ersten Morgen nicht, wie lange der Fußmarsch vom Mescheder Bahnhof zum Gebäude der Hochschule dauert.« Da ihm ein Bekannter erzählte, dass der Weg sehr weit war, stand Gerd Jost schließlich als Erster sehr früh vor der Erstsemester-Begrüßung an der Tür. Und dort lernte er einen seiner zukünftigen Dozenten kennen. »Der Baurat Ignaz Kleineberg sah damals noch so jung und schmächtig aus, dass ich ihn direkt kollegial begrüßt habe, ob er denn heute ebenfalls zu studieren anfängt.« Auch Hans Molitor begann an diesem Oktobermorgen sein Studium an der Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen. Er erinnert sich ganz ähnlich an seinen ersten Tag. »Alles war noch etwas chaotisch«, so der heute 73-jährige Neheimer. Nach der offiziellen Begrüßung sind wir noch in das Lokal »Schwarzer Peter« in Meschede gegangen. Viele der Bauräte sind mitgekommen, die hatten ebenfalls noch kein richtiges Zuhause. Die Gaststätte entwickelte sich deshalb schnell zum Stammlokal der jungen Studenten und Dozenten. »Wir haben dort oft zusammen mit den Bauräten gesessen und konnten unsere Probleme ansprechen.« Ein gutes und persönliches Verhältnis zwischen den Dozenten und Studenten gab es in Meschede von Anfang an. Da die Bauräte der Anfangszeit aus der Industrie stammten, gab es ab und zu Differenzen mit den Lehrmethoden der Dozenten. »Sie unterrichteten alle mehrere Fächer pro Semester. Da kam es vor, dass sie einfach am Stoff vorbei referierten.« Für diese Probleme gab es die klärenden Gespräche im »Schwarzen Peter«, erinnern sich Gerd Jost und Hans Molitor. »Aber auch wenn wir uns abends im Lokal so manches Mal mit den Bauräten geduzt haben, war das am nächsten Tag immer ganz schnell vergessen.« Heutzutage erinnert nicht mehr viel an das Leben der damaligen Ingenieure. »Wir hatten damals nur einen Unterrichtsraum, in dem wir etwa von 08.00 Uhr morgens bis 13.00 Uhr mittags Unterricht hatten.« Gerd Jost kann sich eine Studienzeit ohne Anwesenheitspflicht und mit frei wählbaren Wahlpflichtfächern schwer vorstellen. »Es gab für uns alle zusammen einen festen Stundenplan und ein Klassenbuch. Fehlzeiten wurden nicht geduldet.« Eine Mensa gab es 1964 noch nicht. »Am Anfang haben uns die Hausmeister Meiers mittags einen Wäschekorb mit belegten Brötchen vorbeigebracht, da durfte sich dann jeder zwei Hälften nehmen«, erinnert sich Hans Molitor. Erst später wurde eine kleine Mensa gebaut, in der dann Essen angeliefert und an die jungen Männer verteilt wurde. Auf Grund fehlender Labore im ersten Semester mussten die praktischen Übungen ab dem zweiten Semester nachgeholt werden, dafür wurde eine Turnhalle zur Maschinenhalle umgebaut. Gerne erinnern sich die beiden »ersten Mescheder Ingenieure« an die ein- bis mehrtägigen Pflicht-Exkursionen, die jedes Semester stattfanden. Bei diesen Ausflügen war die Stimmung besonders gut. »Die Unternehmen, die wir uns angeschaut haben, waren immer interessant. Aber viel wichtiger war natürlich das gute Essen, das es dort gab.« Das Studentenleben in Meschede war damals, ebenso wie in der heutigen Zeit, nicht sehr abwechslungsreich. Die Hälfte der damaligen Studienanfänger mietete ein Zimmer, oft mit Familienanschluss, die anderen, wie Hans Molitor und Gerd Jost, pendelten täglich. Für Zwei der ersten Mescheder Abwechslung sorgten nicht nur Studenten: Gerd Jost … Einladungen von Meschedern, wie zum Beispiel den Pfarrern. »Wenn jemand zum Kaffee geladen hatte, sagte von den Studenten niemand ab. Und die Schützenfeste und die Abende beim »Hühnerwerner« sind uns auf jeden Fall noch in guter Erinnerung«, erzählt Hans Molitor. Der »Hühnerwerner« war der Besitzer eines kleinen Lokals, nur ein paar Schritte oberhalb der Fachhochschule gelegen. Da dort immer viele Hühner herumliefen, hatten die Studenten schnell einen Namen für ihren Treffpunkt. »Dort spielte oft eine Drei-Mann-Kapelle und wir haben uns dort mit Mädels aus der Nachbarschaft und unseren Freundinnen getroffen«, weiß Gerd Jost. 24 … und Hans Molitor mit ihren Studienbüchern aus dem Jahr 1964 Auch wenn die Staatliche Ingenieurschule für Maschinenwesen in Meschede nicht von Anfang an mit einer guten Organisation, einer tollen Ausrüstung oder einer großen Studentenzahl punkten konnte, hatten Hans Molitor und Gerd Jost nicht das Gefühl, als »Versuchskaninchen« herhalten zu müssen. »Wir kannten es nicht anders und waren froh, dass uns überhaupt etwas geboten wurde.« Die beiden fühlten sich daher nicht nur während der Ausflüge oder in der Freizeit in der Gemeinschaft der Studenten und Dozenten wohl. »Bei uns hat einer auf den anderen aufgepasst.« Die ersten Dozenten 25 Im Herbst 1967 schlossen die ersten Ingenieure erfolgreich ihr Studium an der Ingenieurschule Meschede ab – und Prof. Dr. Hans Klasen trat seine Stelle als Dozent für Physik in Meschede an. Bis zum Sommersemester 2001, fast 35 Jahre, war er nicht nur als Lehrender tätig, sondern auch aktiv am Aufbau der Hochschule beteiligt. »Wir waren damals ein sehr junges und überschaubares Team mit nur etwa 15 Kollegen«, erinnert sich der heute 78-jährige. Und gerade dieses dynamische Team reizte Hans Klasen, früher noch als Baurat, seine Stelle in Meschede anzutreten. »Mir gefiel es sehr, dass die Fachhochschule gerade gegründet war«, erzählt der damalige Hamburger. »So konnten wir unsere eigenen Prof. Dr. Hans Klasen Ideen einbringen und das Miteinander unter den Kollegen war sehr unkompliziert und angenehm.« Viel erinnert heute nicht mehr an die junge Ingenieurschule von damals. Die alten Gebäude gibt es nicht mehr, die Kollegen aus der Anfangszeit sind längst in Pension, viele neue Studiengänge sind hinzugekommen und auch die Strukturen haben sich verändert. »Es gab damals zwar keine Anwesenheitspflicht mehr, aber der Oberstudiendirektor Paul Heymann ging einmal im Semester durch die Klassenräume und schickte den Fehlenden einen netten Brief nach Hause.« Damals wie heute dauerte das Studium sechs Semester, allerdings gegliedert in Grund- und Hauptstudium und im festen Semesterverbund. In den Anfangsjahren hatte zudem jeder der Dozenten noch ein Semester, das er intensiver betreute. Derjenige war dann, ähnlich wie ein Klassenlehrer, Ansprechpartner für die Studenten des Semesters. Allerdings wurde mit den Dozenten nicht nur Fachliches besprochen. »Mindestens zweimal im Semester, jeweils zu Beginn und Ende, gab es ein großes Fest in einer der Mescheder Kneipen. Dort war es so voll, dass das Bier von der Theke nach hinten durchgereicht werden musste, weil es kein Durchkommen gab.« Einblick ins Sommersemester Nicht nur unter den Studenten war die Atmosphäre gut, auch 1967: Im Fach »Ingenieurmäßiges Arbeiten« wird ein Drahtziehprüfstand entwickelt und konstruiert bei den Bauräten, später Professoren, ging es sehr kollegial zu. »Zu den Pausen, immer um halb zehn, haben wir uns in unserem »Konferenzbüro« getroffen und dort über alles Mögliche geredet. Oder wir haben Geburtstage und Jubilare mit einem schönen Blumenstrauß geehrt.« Auch im Physiklabor war die Stimmung gut. So erinnert sich Hans Klasen an einige »Zaubereien«, zum Beispiel an eine Weihnachtsfeier mit selbst geräucherten Forellen. Da leider ein passender Anzünder für die Buchenspäne fehlte, behalfen sich die Hungrigen mit einer Ladung Waschbenzin. »Plötzlich gab es eine Stichflamme und die Forellen flogen umher«, erzählt er lachend. Auch die eine oder andere Karnevalsparty mit 13-Mann-Kapelle, wackelndem Fußboden und Hochprozentigem aus Reagenzgläsern ist dem Mescheder gut im Gedächtnis geblieben. Die heutigen, modernen Gebäude haben laut Hans Klasen nichts mehr mit den damaligen Bungalows, verbunden durch eine Pergola, gemeinsam. »Gut war nur, dass man sie schnell anpassen konnte, indem man Wände hinzufügte oder herausnahm.« Eine Sporthalle diente als Maschinenhalle und mechanische Werkstatt. Der hintere Teil des Gebäudes wurde von der Unterstufe des entstehenden Mädchengymnasium der Stadt Meschede genutzt. Auch dort fand der Unterricht in Bungalows statt. »Die Mädchen hatten nur etwa drei Meter Platz vor den Gebäuden, um in der Pause zu spielen, das war schon sehr beengend.« Hans Klasen beobachtet die Entwicklung der Fachhochschule seit vielen Jahren und schätzt sie als sehr positiv ein. Das Betriebsklima sei schon immer von einem sehr respektvollen Miteinander geprägt gewesen. »Auch das Studienangebot und die Spezialisierungsmöglichkeiten für die Studenten haben sich äußerst gut entwickelt, während der persönliche Charakter des Studiums in Meschede erhalten geblieben ist«, fasst er die Merkmale der Fachhochschule abschließend zusammen. 26 Die ersten Absolventen des »MK1« im Herbst 1967 Studentenzeitschrift »ln 66« »Meschede hatte damals nicht nur die Ingenieurschule. Wir hatten sogar eine Studentenzeitung, für so einen kleinen Standort etwas ganz Besonderes.« Eugen Zymner war Maschinenbaustudent des zweiten Semesters an der Fachhochschule. Er gründete zusammen mit seinem Freund und Mitbewohner Volker von Erichsen die »ln 66« – Meschedes erste und einzige Studentenzeitung. Die Idee zu der Zeitung entstand, weil Eugen Zymner während seiner Studentenzeit etwas Abwechslung zum trockenen Maschinenbaustudium vermisste. »Wir wollten keine Fachidioten sein, sondern allen zeigen, dass wir auch anders können.« Deshalb setzte er sich mit Volker von Erichsen zusammen und begann mit der Arbeit an einer Zeitung für seine Studienkollegen, Dozenten und Bekannten. »Wir haben sofort allen erzählt, was wir vorhaben, obwohl wir noch gar nicht wussten, ob unsere Idee überhaupt funktioniert«, erzählt er schmunzelnd. Dass dann alle auf eine Zeitschrift gewartet hätten, sei der beste Ansporn gewesen. Der Name »ln 66« ist aus den Mathevorlesungen entstanden. »Der Baurat Heymann erwähnte in seinen Vorlesungen so oft den Logarithmus Naturalis (ln), dass uns der schon zu den Ohren wieder herauskam. Dazu haben wir die Jahreszahl unserer Erstausgabe gewählt.« Die »ln 66« etablierte sich schnell und die Auflage wurde auf 1 000 Stück erhöht. Jedes Semester griffen die Redakteure Themen aus den Bereichen Politik, Sport, Kunst und Kultur sowie Fachberichte aus der Forschung auf. Aber auch »Bierzeitungsartikel« aus dem Studentenleben oder auch provozierende und satirische Parodien auf Dozenten wurden immer gerne gelesen. In insgesamt 13 Ausgaben vom Wintersemester 1966/67 bis zum Wintersemester 1972/73 verfolgten die Redakteure der Zeitung beharrlich ihr Ziel, den Mescheder Studenten Kultur ein Stückchen näher zu bringen. »Wir haben damals für den 28 Druck noch mit Schreibmaschine geschrieben und jeden einzelnen Buschstaben gezählt. Das war unglaublich mühsam«, so Eugen Zymner. Erst ab der vierten Ausgabe konnten die beiden Gründungs-Redakteure weitere Mitarbeiter für die Zeitung gewinnen, um deren Fortbestehen über die nächsten Jahre zu sichern. In den 70er Jahren arbeiteten teilweise bis zu 26 Mitarbeiter an einer Ausgabe. 29 Für Eugen Zymner waren die Interviews mit Prominenten das Highlight einer jeden Zeitung. Ob Autoren wie Josef Reding oder Max von der Grün, Sportler wie Rennfahrer Jochen Rindt oder die Kolumnistin und spätere Terroristin Ulrike Marie Meinhof von der BaaderMeinhof-Gruppe – die beiden Redakteure hatten keine Scheu, für ihre Zeitung an bekannte Persönlichkeiten heranzutreten. Bewaffnet mit einem riesigen Tonbandgerät sind sie zu Interviews und Lesungen gefahren, um diese aufzuzeichnen. »Wir wurden überall erstaunEugen Zymner, Gründer ln 66 lich ernst genommen«, freut sich der 72-jährige. Vor allem ein Interview ist ihm gut in Erinnerung geblieben. Gleich in der ersten Ausgabe schrieb er einen Artikel über den Schriftsteller Stefan Andres. Als einige Monate später eine aufgeregte Buchhändlerin in Meschede auf Eugen Zymner mit den Worten zustürzt: »Meschede ist in der Literatur!« ist der Student vorerst ratlos. Erst später klärt sich auf, dass der weltbekannte Autor in seinem neuen Buch »Ägyptisches Tagebuch« die Stadt Meschede und die Ingenieurschule mehrmals erwähnt. »Darauf waren wir noch Wochen später stolz. Was für ein toller Anfang für unsere Zeitung!« Auch die Unternehmen in Meschede und sogar deutschlandweit seien in den 60er Jahren der Studentenzeitung gegenüber sehr aufgeschlossen gewesen. »Von der kleinen Bäckerei in Meschede bis zum Weltkonzern Rotring hat uns jeder unterstützt und Werbung bei uns geschaltet.« Rund 2 000 Mark waren für die Produktion einer Ausgabe nötig gewesen, die aber auch immer problemlos akquiriert werden konnten. »Die Unterstützung war enorm, sogar bei unserer ersten Ausgabe haben wir viel Geld einwerben können, obwohl wir außer einer fixen Idee Nichts vorweisen konnten.« »Es war eine unglaubliche Zeit«, beschreibt Eugen Zymner sein Studium und seine Arbeit an der »ln 66«. »Volker von Erichsen und ich haben aneinander geklebt wie Zwillinge und jede freie Minute in die Zeitung gesteckt. Das Studium lief da eher so nebenbei.« Gelohnt habe sich dieses Engagement auf jeden Fall. Und das nicht nur, weil auch die Dozenten ab und zu ein Auge zugedrückt hätten. »Ich erinnere mich sehr gerne an meine Zeit in Meschede«, meint er rückblickend. »Das Studium, tolle Interviews und spannende Erlebnisse haben mein Leben zu dem gemacht, was es heute ist.« Studentenseelsorge: Die Wurzeln der heutigen Hochschulgemeinde Einmal für eine Viertelstunde zur Ruhe kommen – dazu haben die Teilnehmer bei der »Atempause«, einer Veranstaltung der Hochschulgemeinde, die Möglichkeit. An diesem Tag führt Oliver Biermann, der Studentensprecher der Hochschulgemeinde, den Anwesenden das Vaterunser als Audiomitschnitt aus einem Konfirmationsgottesdienst vor und erinnert so an seine eigene religiöse Erziehung. »Wir möchten in unserer »Atempause« Impulse zum Nachdenken geben«, erklärt Dirk Schmäring, der evangelische Hochschulseelsorger. »Und dabei geht es, wie auch bei unserem »Klöntisch«, meist eher weltlich als spirituell zu«, ergänzt der katholische Hochschulseelsorger Pater Guido Hügen OSB von der Abtei Königsmünster. Dies zeige sich auch bei den Ausflügen, welche die Hochschulgemeinde jedes Semester veranstaltet. »Im Sommersemester sind wir viel draußen unterwegs. Mit dem Fahrrad, dem Kanu oder zu Fuß«, sagt Dozentensprecher Prof. Dr. Ernst-Günter Schweppe. »Im Winter wird es gemütlicher, mit Weihnachtsmarkt oder Kaminabenden. Und vor allem für das leibliche Wohl ist jederzeit gut gesorgt.« Die Hochschulgemeinde war schon immer sehr offen. Bereits 1965 gründete der evangelische Pastor Günter Schröder die »Pfarrstelle für Studentenseelsorge« als eine gemeinsame Evangelische und Katholische Hochschulgemeinde, nicht als getrennte Gemeinden, sondern als Begegnungsort zwischen allen Mitgliedern der Hochschule: Studierenden, Dozenten und Mitarbeitern. Als erster Geistlicher der Abtei Königsmünster, vorher waren Vikare der Pfarrgemeinde Mariä 30 Hochschulgemeinde beim Wandern Himmelfahrt für die Hochschule zuständig, übernahm Pater Johannes Sauerwald OSB das Amt des katholischen Studentenseelsorgers. Von 1993 bis 2008 war er, immer zusammen mit einem evangelischen Kollegen, verantwortlich für Veranstaltungen, Gottesdienste und Gespräche in der Gemeinde. Vor allem an die Höhepunkte seiner Zeit an der Hochschule erinnert er sich gerne. Eine zwölftägige Radwallfahrt an die spanische Grenze nach Santiago de Compostela mit 19 Teilnehmern und eine Radtour durch die polnischen Masuren waren weder für ihn, noch für die Studenten alltäglich. Der legendäre »Enten-Abend«, bei dem sich alljährlich im Winter »Stud-Enten«, »Doz-Enten« und eine »Gast-Ente« trafen, war und ist immer noch sehr beliebt bei den Mitgliedern der Hochschulgemeinde. Aber auch ernstere Themenabende, zum Beispiel zum Problem der Kirchensteuer oder der Lage der katholischen Kirche in China, fanden unter der Leitung der Hochschulgemeinde statt. 31 »Früher leistete die Hochschulgemeinde den großen Beitrag, dass es den Studenten nicht so langweilig in Meschede wurde.« Außerdem sei es einfach selbstverständlich gewesen, zusammen mit den Studierenden religiöse Veranstaltungen zu planen. Doch in den 80er Jahren habe das Interesse der Hochschüler an Religion sehr stark nach gelassen. Durch die Verschulung des Studiums sei vor allem Zeitmangel ein Grund für diese Entwicklung. Deshalb haben die Verantwortlichen irgendwann begonnen, Gottesdienste nur noch zu besonderen Gelegenheiten zu veranstalten und in andere Anlässe, wie zum Beispiel die Einweihung des Neubaus oder die Veranstaltung eines Sponsorenlaufes, einzubetten. Pater Johannes sieht die religiöse Entwicklung der Jugendlichen allerdings nicht negativ. Zwar nehme die kirchliche Bindung Pater Johannes Sauerwald immer mehr ab, aber die Religiosität werde heutzutage einfach individueller gelebt. »Durch den Gemeinschaftscharakter unserer Gemeinde, unsere Aktionen und Veranstaltungen, kann sich jeder bei uns wohlfühlen. Und wer mehr möchte, findet über die Hochschulgemeinde weiter.« Der 69-Jährige denkt gerne an seine Zeit an der FH Meschede zurück. »Ich hatte viele gute Begegnungen«, erzählt er. »Erst vor kurzem habe ich das Kind zweier ehemaliger Studenten getauft. Und ich habe sogar ein Paar getraut, das sich im AStA kennen gelernt hat.« Wilfried Oertel war von 1991 bis 1999 als evangelischer Seelsorger in der Hochschulgemeinde tätig. Zu seiner Anfangszeit erinnert er sich noch gut daran, wie es sogar einmal eine Rüge vom Erzbistum Paderborn gab, weil die Mescheder Studentengemeinde sich nicht in eine evangelische und eine katholische Gemeinde aufteilen wollte. »Wir haben einfach nicht reagiert, da war dann irgendwann Ruhe«, erzählt er lachend. Als Wilfried Oertel in den 90er Jahren zur Hochschulgemeinde stieß, gründete er zusammen mit Pater Johannes den »Klöntisch«. »Wir wollten auf uns aufmerksam machen und bei den Studenten präsent sein«, so Oertel. Dazu habe der Neubau mit dem großen, modernen Foyer geradezu eingeladen. »Jetzt treffen wir uns seit vielen Jahren jeden Dienstag zu einem sehr Wilfried Oertel kommunikativen Treffen, dabei ist diese Institution einfach aus dem Bauch heraus entstanden.« An den »Übergang von der Steinzeit in die Moderne«, wie es Wilfried Oertel nennt, erinnert er sich noch gut. »Wir haben anfangs unsere Programme mit Schere und Klebestift zusammen gebastelt. Das war ein sehr geselliger Prozess, aber nicht gerade effektiv.« Deshalb ging die Hochschulgemeinde früh mit der Technik. »Die ersten Versuche mit einer Webseite und Grafikprogrammen konnte man einfach nur chaotisch nennen.« Auch für den Mescheder waren die Freizeitangebote für die Studenten die Highlights seiner Zeit bei der Hochschulgemeinde. Zweimal war er in den Pfingstferien mit einer Gruppe in Holland zum Radfahren. Ein weiteres Projekt, an das er sich gerne erinnert, war ein Film über das Leben eines Studenten in Meschede, den er im Rahmen eines seiner allgemeinwissenschaftlichen Seminare drehte. »Wir wollten die Ernsthaftigkeit des Studierens darstellen und haben dabei jede Menge Spaß gehabt.« Wilfried Oertel fände es sehr schade, wenn es die Hochschulgemeinde an der Fachhochschule nicht mehr geben würde. »Wir können ja nicht nur die technischen Aspekte einer Ausbildung sehen. Wir müssen auch die Sozial- und Demokratieverträglichkeit unseres Handelns im Auge behalten und die Sinnhaftigkeit unseres Tuns hinterfragen. Dafür waren und sind wir immer da.« 32 Von der Ingenieurschule zur Gesamthochschule Chronologie 1969 bis 1972 35 2. Juli 1969 Der Landtag beschließt das erste Gesetz über die Errichtung von Fachhochschulen in NRW. 30. Mai 1972 Das Gesamthochschul-Errichtungsgesetz tritt in Kraft. 16. September 1969 Der Verein zur Förderung der Wissenschaft in Forschung, Lehre und Weiterbildung wird in Meschede gegründet 1. August 1972 Gründung der Gesamthochschule Paderborn mit den Abteilungen Höxter, Meschede, Soest und der Abt. Paderborn der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe. Erster Rektor wird Prof. Dr. Broder Carstensen. März 1971 Der Minister für Wissenschaft und Forschung setzt für jede zukünftige Fachhochschule Planungsausschüsse ein. Vorsitzender des Planungsausschusses der FH Südostwestfalen ist Dr. Jürgen Draeger aus Meschede. 5. Mai 1971 Der Landtag verabschiedet das Fachhochschulerrichtungsgesetz (FHEG), das ab 1. Juli 1971 die Fachhochschule Südostwestfalen in Paderborn mit den Abteilungen Höxter, Soest und Meschede vorsieht. 1. Juli 1971 Start der Fachhochschule Südostwestfalen. Rektor der neuen Hochschule wird am 1. Februar 1972 Dr. Roder aus Paderborn. Prorektor ist Dr. Jürgen Draeger aus Meschede. Erster Abteilungsleiter wird Dr. Helmut Moczala. Ingenieur oder Techniker? Der Wunsch nach Anerkennung als Ingenieure Mitte der 1950er-Jahre rückten die Ingenieurschulen immer mehr in das Interesse der Politiker. In NRW wurden neue Ingenieurschulen gegründet, eine davon 1964 in Soest mit der Außenstelle in Meschede. Die Ingenieurschulen genossen eine Sonderstellung: Einerseits gehörten sie dem beruflichen Schulwesen an, andererseits schlossen sie mit einem Titel, dem Ing. (grad) ab. Die Ingenieurausbildung dauerte sechs Semester und unterschied sich damit deutlich von der Technikerausbildung. Im Gegensatz zu Deutschland erfolgte allerdings in den meisten anderen Staaten der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) die Ingenieurausbildung ausschließlich auf Hochschulebene. Für die Absolventen der Ingenieurschulen gab es deshalb Anerkennungsprobleme. Da in Europa also nur die Absolventen der Hochschulen akzeptiert wurden, wurden die deutschen Ingenieursschüler europaweit nicht als Ingenieure, sondern als Techniker eingestuft. »Mogelpackung« Ingenieurakademien Im Zuge des europäischen Einigungsprozesses sollten ab Mitte der 60er Jahre die Ingenieurschulen dem Hochschulbereich angenähert und ihnen zumindest der Status von Akademien verliehen werden. Deshalb brachte die SPD 1968 einen Gesetzentwurf für eine Akademie in den nordrheinwestfälischen Landtag ein. Die Studierenden sollten in ihren Akademien ein Mitspracherecht erhalten. Allerdings sahen die Ingenieurschüler und viele Dozenten darin lediglich eine Namensänderung der Ingenieurschulen und forderten weiterreichende Reformen. Diese Diskussion spielte sich nicht nur in der Politik ab. Deutschlandweit streikten und demonstrierten Studenten der Ingenieurschulen, um sich gegen den Gesetzentwurf auszusprechen. Auch in Meschede gingen etwa 360 Studenten auf die Straße und demonstrierten für ihre Rechte und eine Änderung der Bildungspolitik, indem sie Vorlesungen boykottierten. Baurat (später Professor) Jürgen Draeger äußerte sich damals in der Studentenzeitung »ln 66« deutlich: »Die Wirkung des zweifellos notwendigen Streiks bestand darin, dass die Öffentlichkeit aufmerksam wurde und die Politiker reagierten.« Im Sommersemester 1969 kam es dann erneut zu Protestkundgebungen, Vorlesungsstreiks und Prüfungsboykott in NRW. Die Mescheder Studenten stimmten bei einer AStA-Vollversammlung knapp für einen Semesterabbruch. Doch insbesondere die höheren Semester folgten diesem Beschluss nicht und versuchten sogar die jüngeren Semester von dieser Entscheidung abzubringen. Auch die Dozenten stimmten für eine Fortsetzung des Unterrichts. Wichtig war es den Mescheder Ingenieurschülern außerdem, sich von radikalen Gruppen abzugrenzen. »Wir lehnen jede Gewaltanwendung ab, wie sie in Berlin und anderen Städten eingetreten ist«, stellte Rolf Rasch, der damalige Vorsitzende des AStA, in einem Interview mit der Westfalenpost fest. 36 Trotzdem kam es im April und Mai 1969 zu kriminellen Vorfällen an der Fachhochschule Meschede. etwas unternehmen würden«. Weiterhin waren genau die acht Klassenräume mit Buttersäure bespritzt worden, in denen weiterhin Unterricht stattfand. Die Ermittlungen konzentrierten sich daher auf die auswärtige Studentengruppe, allerdings konnten die Täter nicht ermittelt werden. Bombenattentat 37 In den frühen Morgenstunden des 30. April 1969 brachen etwa zwölf Unbekannte in die Ingenieurschule ein und zerschlugen Fensterscheiben von acht Hörsälen. Außerdem legten sie mit Hilfe einer hochexplosiven Flüssigkeit Feuer in einem Dozentenbüro und verspritzten in Hörsälen übelriechende Buttersäure. Hausmeister Hanisch schreckte gegen 02.45 Uhr aus dem Schlaf und bemerkte das Klirren der Scheiben und informierte Baurat (später Professor) Wolfgang Tillner. Die beiden inspizierten zusammen das Gebäude der Ingenieurschule und entdeckten den Brand. Um 03.00 Uhr wurde die Polizeiwache in Meschede informiert. Den Polizeibeamten gelang es, den Brand mit Schaumlöschern zu ersticken. Durch den Brand wurden Gegenstände und Instrumente im Wert von 25 000 DM zerstört. Kriminalbeamte aus Meschede, Arnsberg und Hagen leiteten Ermittlungen ein, da zuvor eine auswärtige Gruppe von 50 bis 60 Studierenden nach Meschede gekommen war, um die studierwilligen Mescheder zur Solidarisierung aufzufordern. Am selben Tag erhielt die Mescheder Polizei einen anonymen Anruf, dass »auswärtige Elemente in absehbarer Zeit In der Nacht zum 9. Mai 1969 explodierte dann eine hinter der Wandtafel eines Klassenraumes verstreckte Bombe mit selbstgebasteltem Zeitzünder. Die Wandtafel wurde dabei zerstört. Nach einer Mitteilung der Polizei handelte es sich um eine Bombe mit geringer Sprengwirkung. Der Sachschaden wurde mit 2 000 DM beziffert. Die Polizei vermutete denselben Täterkreis. Auch hier führten die Ermittlungen zu keinem Ergebnis. Gründung von Fachhochschulen beschlossene Sache Dann ging alles ziemlich zügig: Ingenieurschulen und Höhere Fachschulen sollten in den Hochschulbereich überführt werden. Dazu wurden Fachhochschulen gegründet. 1969 beschloss die Kultusminister-Konferenz eine Rahmenvereinbarung zur Erreichung der »Fachhochschulreife«. Es wurde mit der Einführung der zweijährigen Fachoberschule ein Zwischenglied zwischen dem Realschulabschluss und der Fachhochschule geschaffen und das Fachhochschulgesetz mit dem 1. August 1971 als Starttermin verabschiedet. Für das WS 1969/1970 wurden aufgrund des Druckes der streikenden Studenten bereits einige Regelungen zur zeitnahen Reform der Ingenieurschulen übernommen. Allerdings sah man in NRW die Gründung der Fachhochschulen nicht als eigenständige Dauerlösung im Hochschulbereich an. Johannes Rau, der damalige NRW-Minister für Wissenschaft und Forschung, führte nur ein Jahr später Gesamthochschulen ein, eine universitäre Hochschulform, die Merkmale von Fachhochschulen und Universitäten verbindet. Deshalb wurde die erst ein Jahr bestehende »Fachhochschule Südostwestfalen in Paderborn mit den Abteilungen Höxter, Soest und Meschede« in die »Gesamthochschule Paderborn mit Abteilungen in Höxter, Soest und Meschede« überführt. »Die Unruhen in den 60er Jahren hatten ihre Berechtigung. Man kann erwachsene Menschen nicht wie Schüler behandeln und sie in Klassen, mit einem Klassenbuch und allem was dazu gehörte, bevormunden.« Helmut Moczala, erster Abteilungsleiter der Fachhochschule Südostwestfalen in Meschede 38 Die Vision »Neubau der Ingenieurschule am Hainberg« 39 8. Januar 1966: Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) erwirbt vom Grafen von Westphalen für den Neubau der Ingenieurschule ein 65 000 Quadratmeter großes Grundstück am Hainberg im Tausch gegen eine Fläche des Mescheder Stadtwaldes im Arnsberger Wald. In den Jahren 1966/67 entwerfen die Dozenten bereits Pläne für Labore und Vorlesungsräume. 24. September 1969: Ein Architektenwettbewerb für den Neubau der Staatlichen Ingenieurschule Meschede startet, bei dem etwa 30 Architekten zum Termin im Rathaus erschienen. In der Aufgabenstellung für den Architektenwettbewerb heißt es, dass der Ingenieurschule für die Stadt Meschede eine große Bedeutung zukommt, zumal von einer Bevölkerungsentwicklung von damals rund 16 000 Menschen auf über 50 000 Einwohner ausgegangen wird. (Anmerkung: Einwohnerzahl per 1.1.2014: 15 487, mit allen Ortsteilen: 31 993). Das bestehende Laborangebot soll um ein Laboratorium für Kernphysik und ein Labor für Datenverarbeitung mit Rechenzentrum erweitert werden. Ministerialdirigent Hallauer zum geplanten Neubau: »Die neue Ingenieurschule Meschede wird auf jeden Fall gebaut, wenn auch gegenwärtig die Umstrukturierung der Ingenieurschulen in Fachhochschulen noch nicht völlig abgeschlossen ist.« 25. September 1969: Dozenten und Studenten der Ingenieurschule Meschede stellen beim Ministerpräsidenten des Landes NRW, Heinz Kühn, SPD, einen Antrag auf Bildung einer Fachhochschule Hellweg/Sauerland. Abteilungen dieser Schule sollen die Staatliche Ingenieurschule Meschede, die Staatliche Ingenieurschule für Maschinenwesen in Soest, die Staatliche Ingenieurschule für Landbau in Soest, die Höhere Wirtschaftsfachschule in Arnsberg und eventuell die Landesforstschule in Arnsberg werden. 23. April 1970: Der Architektenwettbewerb ist entschieden. Gewinner sind zwei junge Mescheder Architekten: Dipl.-Ing. Eckhard Gerber und Dipl.-Ing. Manfred Lange. Statt der sonst an Ingenieurschulen üblichen Semesterklassenräume sind Hörsäle vorgesehen. Die Mensa ist als Einzelbaukörper vorgesehen, an zwei Seiten des Campus ist eine mögliche Bebauung mit mehrgeschossigen Wohnhäusern für Dozenten und Studenten angedeutet. Die Bausumme wird auf 25 bis 30 Millionen DM geschätzt, der Baubeginn ist für das Jahr 1972 vorgesehen. April 1971: Die Staats-Hochbauabteilung des NRW-Finanzministeriums verhängt einen Planungsstopp über den Ingenieurschulneubau in Meschede. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung sollte genötigt werden, die Hälfte der mittlerweile auf 37 Millionen DM bezifferten Baukosten zu übernehmen. Bislang war als Fertigstellungstermin der 1. Oktober 1974 vorgesehen. Frühjahr 1972: Die Stadt Meschede und der Kreistag des Landkreises Meschede befürchten die Auflösung der Hochschulabteilung in Meschede im Zuge der für den 1. August 1972 vorgesehenen Gründung der Gesamthochschule Paderborn. 9. Mai 1980: Bundesbildungsminister Schmude besucht Meschede und bekennt sich zum Hochschulstandort, aber »großartige Neubauten« seien kein Thema mehr, da aufgrund der gesunkenen Studentenzahlen ausreichend Studienplätze vorhanden seien. 28. April 1987: Bei der Dezernentenkonferenz der Stadt Meschede teilt der Erste Beigeordnete Wacker zum Punkt »Hochschulstandort Meschede« mit, dass »an einen Neubau nicht gedacht sei, sondern dass die Gesamthochschule sich durch Schülerabbau gesundschrumpfen solle«. 10. August 1989: NRW-Wissenschaftsministerin Anke Brunn besucht den Hochschulstandort und kündigt den Beginn des Neubaus der Hochschule in Form eines Zentralbaus an der Lindenstraße für 1991 an. Sie erklärt die ursprünglichen Pläne für einen Neubau am Hainberg für hinfällig. 7. Juni 1991: Erster Spatenstich für die Errichtung des »TechnologieInformationszentrums« an der Lindenstraße. 40 April/Mai 1994: Die Stadt Meschede verkauft ein Teilstück des HainbergGeländes an den »Evangeliumschristen Baptisten e. V.«, der dort ein Bethaus errichtet. 8. Februar 1995: Das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Meschede schließen gegen eine Ausgleichszahlung einen Tauschvertrag über einen Geländetausch Lindenstraße gegen Hainberg ab. 41 Modell der Gewinner des Architektenwettbewerbs für den Neubau der Staatlichen Ingenieurschule in Meschede, 1969 Vom Baurat zum Professor »Ich denke nicht, dass früher alles besser war. Früher war einfach vieles anders.« Prof. Dr. Helmut Moczala muss es wissen. Denn er war 25 Jahre als Dozent an der Fachhochschule in Meschede tätig. Helmut Moczala zog 1968 von Oldenburg nach Meschede, da er von der Ingenieurschule angeworben worden war. Weil es ihm im Sauerland so gut gefiel, blieb er. »Ich hatte damals noch nie vorher von Meschede gehört. Aber meine Frau war hier einmal mit dem Auto durchgefahren und konnte sich an die schönen Hügel erinnern«, erzählt er. In Meschede konnten sich die beiden den Traum verwirklichen, ein Haus mit Aussicht am Berg zu bauen. »So kam ich nach Meschede«, schmunzelt er. »Damals, als ich in Meschede anfing, war alles sehr straff organisiert. Die Studenten saßen in ihren Klassenzimmern und alle bekamen denselben Stundenplan.« Während in den sechziger Jahren, zu Zeiten der staatlichen Ingenieursschule Meschede, das Studium noch sehr schulisch organisiert war, änderte sich dies am 1. Juli 1971. Mit dem Fachhochschulerrichtungsgesetz wurde die Fachhochschule Südostwestfalen in Paderborn mit der Abteilung Meschede gegründet, mit Helmut Moczala als erstem Abteilungsleiter. Nach der Umstellung hätten alle plötzlich viel mehr Freiheiten gehabt. »Wir konnten wählen und eigene Entscheidungen treffen.« Was sich vorerst gut anhörte, sorgte in der Praxis doch für kleinere Probleme. »Der Schulbetrieb vorher funktionierte gut und war einfacher. Da kam der Dozent einfach in den Klassenraum, in dem alle Studenten zur gleichen Zeit waren.« Als dann verpflichtende Grundfächer, Wahlpflichtfächer und Wahlfächer eingeführt wurden, war das Chaos erst einmal perfekt. »Räume waren doppelt belegt. Studenten und Dozenten wussten nicht, wann sie wo sein sollten.« Da es früher noch keine Programme zur Erstellung von Stundenplänen gab, trugen die Dozenten auf drei Tafeln getrennt Raumbelegung, Fächerfolgen und Dozenten-Einsatz ein, um Überschneidungen zu vermeiden. Da hätte es auch einmal ein paar Tage länger gedauert, bis jeder Student und jeder Dozent wusste, wo er wann sein musste. »Bis die Pläne fertig waren sind alle ein wenig umhergeirrt.« Trotz aller Vorteile, welche die Freiheiten der Fachhochschule mit sich brachten, sah Helmut Moczala auch einige Risiken für die Studenten. »Die Semester waren vor der Umstellung sehr gut organisiert. Die Schwächeren wurden von den Stärkeren an die Hand genommen und mit gezogen. So war es einfacher für die Schwächeren, ausreichende Noten zu erreichen.« Mit der Gründung der FH sei dieser Zusammenhalt weggefallen und manche Studenten auf der Strecke geblieben. »Früher gab es immer drei sehr lustige Feste pro Semester: Eines am Anfang, das Bergfest in der Mitte und ein großes Fest am Ende«, erinnert sich der heute 86-jährige. Nach der erneuten Umstellung der Fachhochschule Südostwestfalen zur Gesamthochschule Paderborn, nur ein Jahr später, kandidierte Helmut Moczala nicht erneut als Abteilungsleiter. Neben den internen Umstellungen in Meschede 42 43 gab es auch für alle Fachhochschuldozenten eine große Veränderung. Während zu Zeiten der Ingenieurschule alle Dozenten Bauräte genannt wurden und den Lehrenden an Universitäten nicht gleich gestellt waren, änderte sich dies 1971 mit dem Fachhochschulerrichtungsgesetz. Die Bauräte der Fachhochschulen wurden zuerst zu »Fachhochschullehrern mit der Bezeichnung Professor« und später dann zu Professoren ernannt. »Ich kann mir vorstellen, dass darüber viele Universitätsprofessoren gar nicht begeistert waren«, so Helmut Moczala. Denn für diese habe immer die Anzahl ihrer Veröffentlichungen und Forschungen als Qualifikationsausweis gedient, während Fachhochschulprofessoren größtenteils aus der Industrie stammten und Forschung eher nebensächlich war. »Uni und FH, das waren früher zwei ganz verschiedene Denkmuster.« Doch nach dieser Umstellung sei das Berufungsverfahren für neue Dozenten viel einfacher geworden. »Als Meschede noch als Abteilung der Gesamthochschule Paderborn bestand, waren die Verfahren sehr schwierig und langwierig. Deshalb sind viele Bewerber abgesprungen«, erinnert er sich. Auch die Einstellung der Fachhochschulen gegenüber der Industrie änderte sich im Laufe der Jahre. »Als ich ‘68 anfing, waren Industriekontakte geradezu verpönt«, erzählt der Mescheder. Er ist froh, dass ein Wandel stattgefunden hat und heutzutage viel Wert auf Technologietransfer gelegt wird. »Das ist eine sehr vernünftige Entwicklung, durch die Kontakte von Fachhochschule und Wirtschaft profitieren beide Seiten.« Helmut Moczala ist neben seiner Arbeit als Ingenieur schon immer als Maler tätig gewesen. Er hat insgesamt etwa 1 000 Bilder gemalt. Als Abschlussrede zu seiner Pensionierung Prof. Dr. Helmut Moczala heute hielt er deshalb keine Rede über seinen Fachbereich oder seine Arbeit an der FH, sondern über Aquarellmalerei. 44 Lageplan der Fachhochschule Südostwestfalen im Jahr 1971 Abschlussarbeiten als Drehbücher für die Praxis unternehmerischen Handelns Der Unternehmer Walter Mennekes über seine Erfahrungen als Student und Arbeitgeber mit der Hochschule in Meschede 45 Walter Mennekes ist Unternehmer, ehemaliger Student der Fachhochschule in Meschede und Vollblut-Sauerländer. Nach seiner Ausbildung als Werkzeugmacher holte er sein Abitur nach, obwohl er laut eigener Aussage alles andere als ein »Bücherwurm« war. Ende 1970 begann er sein Studium an der Staatlichen Ingenieurschule in Meschede. Mennekes studierte vier Jahre den Studiengang »Allgemeine Fertigungstechnik«. Als 1975 sein Vater plötzlich starb, übernahm er zunächst gemeinsam mit seinem Bruder Dieter die Führung des Familienbetriebes MENNEKES Elektrotechnik GmbH & Co. KG. Nach dem Ausscheiden des Bruders setzte Walter Mennekes verstärkt auf die Produktion von Industriesteckvorrichtungen und richtete das Unternehmen in Hinblick auf Elektromobilität neu aus. Das Unternehmen entwickelte sich unter der Führung von Walter Mennekes zu einem global agierenden Branchenführer mit derzeit mehr als 1 000 Mitarbeitern. Walter Mennekes Warum haben Sie sich damals für ein Studium in Meschede entschieden? Walter Mennekes: Einerseits aus ganz praktischen Gründen: Die Ingenieurschule war in der Nähe und so konnte ich weiter im familieneigenen Unternehmen arbeiten. Nach meiner technischen Ausbildung hat mein Vater mir nahe gelegt, über den zweiten Bildungsweg das Abitur nachzuholen und Ingenieur zu werden. Damals wurde noch nicht groß gefragt, wie die persönlichen Neigungen waren, das wurde einfach gemacht. Aber da hatte ich Spaß dran, das war meins: Drehmaschinen, Fräsmaschinen, Schweißen und Bohren, während ich vorher in der Schule eher faul war. Außerdem hatte die Ingenieurschule einen guten Ruf, ein klares Konzept, viel wissenschaftliches Wissen und die Praxis immer im Blick. Wie haben Sie Ihre Studentenzeit erlebt und woran denken Sie besonders gerne zurück? Walter Mennekes: Es war eine unbeschwerte und intensiv gelebte Zeit. Das Studium war für mich zunächst die wichtigste Nebensache der Welt und im großen, sympathischen Dorf Meschede habe ich mich sehr wohl gefühlt. Ich habe damals in Meschede über der Kneipe »Postkeller« gewohnt und dort auch gefeiert. In meiner Freizeit war ich zudem im Motorsport sehr aktiv und habe zum Beispiel die Bergrennen in Nuttlar mit organisiert. Ich kann mich an einen denkwürdigen Morgen auf dem Mescheder Marktplatz erinnern. Am Abend zuvor kam ich sehr spät von einem Rennen nach Hause und habe mein Auto in der Dunkelheit einfach mitten auf dem Marktplatz abgestellt. Als ich am nächsten Morgen Walter Mennekes (im Bild hinten Mitte) 1972 als Mitglied im Redak tionsteam der Studentenzeitschrift »ln 66«, vor den Gebäuden der Gesamthochschule Paderborn, Abteilung Meschede gegen 11 Uhr meinen Wagen umparken wollte, war er zugestellt mit Marktständen und umringt von vielen wütenden Obst- und Gemüsehändlern. Ich musste mir einiges über das lockere Studentenleben anhören. Da habe ich schon einen roten Kopf bekommen! 47 Praxis unternehmerischen Handelns. Lernt Sprachen - wie wäre es einmal mit Chinesisch? - und entdeckt die Welt. Ich schaue bei Bewerbungen auch stark auf den Ausbildungsgang. Mir persönlich sind Leute sympathisch, die auf dem zweiten Bildungsweg ihr Studium absolvieren, da diese Was haben Sie aus Ihrem Studium in Meschede mitgenommen? Walter Mennekes: Ich habe gelernt, logisch und analytisch zu denken und Prozesse voran zu bringen. Während ich in meiner Ausbildung das Grundrüstzeug gelernt habe, vertiefte ich mein Wissen in der Fachhochschule. So konnte ich fachlichen Diskussionen ziemlich gut folgen und hatte vielleicht auch eher eine Nase für neue Produkte und neue Verfahren. Welche Bedeutung hat für Sie als Unternehmer die heutige Fachhochschule Südwestfalen? Walter Mennekes: Sie ist unverzichtbar. Theorie ohne Praxis bleibt grau und Praxis ohne Theorie blind. Deshalb: Wissenschaft und Wirtschaft gehören zusammen, sie müssen noch enger zusammenwachsen und lernen, voneinander zu profitieren. Die Wirtschaft braucht Bachelor- und Masterarbeiten mit Praxisbezug, sie ist auf den wechselseitigen Erfahrungs- und Problemaustausch mit der Theorie angewiesen. Und die Wissenschaft braucht die Effizienz- und Erfolgskontrolle der Theorie durch die Praxis. Keiner kann so richtig ohne den anderen. Was möchten Sie Studenten mit auf den Weg geben? Walter Mennekes: Schließt einen Pakt mit einem PartnerUnternehmen, kniet euch rein in die praktischen Probleme des Unternehmens! Prüft dabei den Nutzen eures Theoriewissens, schreibt Abschlussarbeiten als Drehbücher für die Zukunftsmarkt Elektromobilität: Walter Mennekes mit EU-Kommissar Günther Oettinger, Volker Lazzaro (Geschäftsführer) und Christopher Mennekes beim »Betanken« eines Tesla (v.l.n.r.) meist belastbarer sind und sich durchsetzen können. Und dann ist mir ein Hand- oder Fußballer, also ein Teamsportler, lieber als ein Schachspieler. Wir möchten als mittelständisches Familienunternehmen überschaubar bleiben und Teamarbeiter haben – bei uns ist die Mannschaft der Star, nicht der Einzelkämpfer. 48 Arbeitsplatz für Mescheder Absolventen - der Mennekes Hauptsitz im sauerländischen Kirchhundem: Hier arbeiten rund 550 der heute über 1 000 Mitarbeiter des Unternehmens Ideelle und materielle Unterstützung: Der Verein der Freunde und Förderer 49 Seit dem 16. September 1969 unterstützt der »Verein der Freunde und Förderer der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede e. V.« die Hochschule. Der Förderverein soll nach besten Kräften Projekte fördern, für die öffentliche Gelder nicht ausreichen oder gar nicht zur Verfügung stehen. Gegründet wurde der Verein mit dem Ziel, die Fachhochschule bei der Einrichtung und Vervollkommnung von Werkstätten, Laboratorien und Arbeitsmitteln und der Stiftung von Materialien, Geräten und Geldmitteln zu unterstützen. Vor allem hervorragende wissenschaftliche Leistungen und Vorhaben, die das Ansehen der Hochschule erhöhen, sollten unterstützt werden - und daran hat sich bis heute nichts geändert. Bereits kurz nach der Gründung des Vereins wurden die Mitglieder des Vereins aktiv: Von den ersten Spenden und Mitgliedsbeiträgen tätigten sie eine erste große Investition: Eine dringend benötigte Präsenzbücherei für die Studenten wurde eingerichtet. Zuvor musste noch jeder Student selbst die Bücher kaufen, die er für wissenschaftliche Recherchen benötigte. Auch in der Erwachsenenbildung engagierte sich der Verein gleich zu Beginn. Für die Erstellung einer Jahresschrift, in der über die Hochschule und Meinungen aus Wirtschaft, Industrie und Hochschulpolitik geschrieben werden sollte, setzte er sich ebenso ein. Eine lange Tradition haben auch die Ehrungen besonders guter studentischer Abschlussarbeiten. Bis heute werden bei den alljährlichen Versammlungen die jeweils besten Abschlussarbeiten aus den Bereichen Wirtschaft, Maschinenbau und Elektrotechnik mit 500 Euro prämiert. Werner Schmitt war es ein Anliegen, die Hochschule in Meschede nicht nur finanziell zu unterstützen. Deshalb setzte er sich zusammen mit ehemaligen Studienkollegen, wie zum Beispiel Dr. Jörg Schmeck, für ein Umdenken im bestehenden Förderverein ein. »Wir wollten nicht nur eine materielle, sondern auch eine ideelle Unterstützung etablieren. Deshalb haben wir 1979 den Förderverein noch einmal neu aufgestellt«, erzählt er. »Wir wollten den Kontakt zu den Ehemaligen der Fachhochschule erhalten, um möglichst vielen den Eintritt in den Verein zu ermöglichen.« Mit einem Jahresbeitrag zwischen fünf Mark im Jahr für Studenten und bis zu 300 DM für Unternehmen war die Mitgliedschaft für viele erschwinglich. Als im Oktober 1979 die Gründungsversammlung des neu aufgestellten Fördervereins stattfand, wurde nicht nur die neue Satzung heiß diskutiert. Ein weiteres Anliegen von Werner Schmitt war die Werbung für den Förderverein und die Fachhochschule selbst. »Wir wollten ein Zentrum für Weiterbildung gründen und etwas für die Außenwirkung der Hochschule tun.« Da in den 70er Jahren die Studentenzahlen stark zurückgingen, engagierte sich der Förderverein viel in der Werbung für ein Studium in Meschede. »Wir haben Broschüren gedruckt und den Standort immer wieder unter Marketingaspekten bei öffentlichen Einrichtungen bekannt gemacht«, erinnert er sich. Zum ersten Mal in der Geschichte des Vereins wurden mit Werner Schmitt als Vertreter der Ehemaligen zudem aktiv Mitglieder geworben. 120 Teilnehmer waren bei der Gründungsversammlung des neuen Vereins dabei, der dann unter dem Namen »Förderverein und Freundeskreis der Universität-Gesamthochschule Paderborn, Abteilung Meschede« bekannt wurde. Die Zahl der Mitglieder stieg schnell an. Von insgesamt 37 Mitgliedern des Fördervereins bei der Gründung 1969, davon nur 13 Privatpersonen, bis auf mehr als 240 Personen- und über 50 Firmenmitgliedschaften heutzutage. Die schnellen Erfolge bestätigten Werner Schmitts Überzeugung und so war er von der Gründung des Vereins 1979 bis 2013 aktiv im Vorstand als Vertreter der Ehemaligen tätig. Auch an der Fachhochschule sprach sich schnell herum, dass der Förderverein verschiedene Projekte unterstützt. »Nachdem bekannt wurde, dass es bei uns Geld gab, wurden immer mehr Anträge eingereicht«, sagt Werner Schmitt. »Gleichzeitig wurden im Laufe der Jahre immer größere Summen bewilligt.« Die Mittel, die der Förderverein an Dozenten und Angehörige der Hochschule weitergibt, stammen aus den jährlichen Beiträgen der Mitglieder und Spendengeldern. »Finanziell waren wir immer sehr gut ausgestattet, wir hatten teilweise Rücklagen für größere Anschaffungen bis zu 50 000 Mark angespart«, so der inzwischen 71-jährige. An einige, sehr unterschiedliche Werner Schmitt, Absolvent der Staatlichen Ingenieurschule und Projekte des Fördervereins kann Gründungsmitglied des 1979 neu sich Werner Schmitt noch gut aufgestellten Fördervereins erinnern: Kurse für arbeitslose Akademiker in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt Meschede, Gemälde für Hörsäle, eine Ausfallbürgschaft für das 25-jährige Jubiläum der Fachhochschule oder einen 3D-Scanner und Drucker. Kritik an der Arbeit des Fördervereins habe es nur ganz selten und dann auch eher aus den eigenen Reihen gegeben. »Ein Anlass zu kleineren Beschwerden hat es zum Beispiel bei der 1:1 Umstellung der Mitgliedsbeiträge von DM auf Euro gegeben«, schmunzelt Werner Schmitt. Er denkt gerne an die Arbeit mit dem Förderverein zurück. »Wir hatten immer eine gute Gesprächsbasis. Sowohl in der Vorstandsals auch in den Mitgliedssitzungen haben wir hervorragend zusammen gearbeitet.« Deshalb ist er auch nach seiner aktiven Zeit im Vorstand noch gerne bei den alljährlichen Versammlungen dabei. »So bleibe ich auf dem Laufenden über die Hochschule und Meschede. Es hat sich ja vor allem in den letzten Jahren so viel verändert.« 50 Hintergrund Förderverein: Die wechselvolle Geschichte der Hochschule ist auch erkennbar an den häufigen Namensänderungen des Fördervereins: 1969 bis 1972: Verein der Freunde und Förderer der staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen Meschede e.V. 51 1973: Förderverein für die Abteilung Meschede der Fachhochschule Südost-Westfalen e. V. 1974 bis 1979: Förderverein für die Abteilung Meschede der Gesamthochschule Paderborn e. V. 1980: Förderverein für die Abteilung Meschede der UniversitätGesamthochschule Paderborn e. V. 1981 bis 2001: Förderverein und Freundeskreis der Universität-Gesamthochschule-Paderborn Abteilung Meschede e. V. 2002: Förderverein und Freundeskreis der Hochschule Meschede e. V. Seit 2003: Verein der Freunde und Förderer der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede e. V. Vorsitzende des Fördervereins: 1969 bis 1976: Dr.-Ing. Hans-Friedrich Honsel 1977 bis 1981: Dipl.-Ing. Edward Kersting 1982 bis 1998: Dipl.-Ing. Peter Busch 1999 bis 2012: Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Hans-Dieter Honsel 2013 bis heute: Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Wolfgang Krappe Umzug zum Studienabschluss des »MK 2« (Universität) Gesamthochschule Paderborn Chronologie 1973 bis 2001 55 1973 In Meschede wird das »integrierte Studium« eingeführt. Bereits nach einem Jahr erfolgt die Rückkehr zum Fachhochschulstudium. 13. Dezember 1990 Erwerb der Liegenschaft »Noelle« in der Jahnstraße durch das Land Nordrhein-Westfalen. 1996 wird der zweite Bauabschnitt in der Jahnstraße übergeben. 1977 Zweite Erweiterung der Laborflächen im »Schwarzen Bruch« durch weitere Anmietungen. 6. Juni 1991 Spatenstich für den Neubau des Technologie-Informations-Zentrums in der Lindenstraße. Die Schlüsselübergabe erfolgt am 7. Mai 1993. 1980 Die Abteilung Meschede gründet das »Zentrum für Weiterbildung«. Die Gesamthochschule Paderborn wird zur »Universität-Gesamthochschule Paderborn«. 1983 Aufstellung weiterer Pavillons auf dem Hochschulgelände. 1985 Der Fachbereich 11 »Maschinenbau« bietet den Studienschwerpunkt »Aluminiumtechnologie« an. 1986 Der Fachbereich 15 »Elektrische Nachrichtentechnik« führt die Studienrichtung »Informationsverarbeitung« ein. Die Mensa wird durch einen Küchenanbau erweitert. 1. Oktober 1992 Mit dem Wintersemester 1992/1993 wird im Fachbereich Maschinenbau der Lehrbetrieb im neuen Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen aufgenommen. 1. Oktober 1995 Prof. Dr. Paul Gronau wird Prorektor der Universität-Gesamthochschule Paderborn. 15. Januar 1998 Offizielle Einweihung der Laborgebäude in der Jahnstraße durch die Wissenschaftsministerin Anke Brunn. 1. Oktober 1997 Im Fachbereich »Maschinenbau-Datentechnik« wird der Fachhochschul-Studiengang »European Studies in Technologie and Business (ETB)« eingerichtet (Diplom). 1999 Abschluss eines Qualitätspaktes zwischen der Landesregierung und den Universitäten und Fachhochschulen des Landes. 1. Oktober 1999 Der Fachbereich »Nachrichtentechnik« bietet den Studiengang »Informations- und Kommunikationstechnik« an. 1. April 2000 Ein neues Hochschulgesetz tritt in Kraft. 28. Juni 2000 Ministerin Behler bringt die Anmeldung »Neubau Meschede« zum 30. Rahmenplan in den Landtag ein. 22. September 2000 Das Kabinett der Landesregierung entscheidet über die Bau- und Planungsliste und genehmigt die Kosten für 2001. 1. Oktober 2001 Bachelorund eingerichtet. Masterstudiengang ETB werden 56 Einblick ins Labor: Turbinen-Prüfstand in den 70ern Studierendenzahlen in Meschede 5 000 4 500 4 000 57 3 500 3 000 2 500 2 000 1 500 1 000 500 0 Verbundstudium Bildungspartnermodell Präsenz Geburtenrate *1 000 Wider den Trend der geburtenstarken Jahrgänge Demographie – Teil 1: Geburtsjahrgänge 1953 bis 1961 Aus Daten der Weltbank sowie des Statistischen Bundesamtes lässt sich die Entwicklung der Geburtenrate für die Jahrgänge 1945 bis 1993 ermitteln. Die Geburtenrate eines Kalenderjahres zeigt, wie viele Kinder durchschnittlich je gebärfähiger Frau zur Welt kamen und charakterisiert damit das Geburtenverhalten der Frauen im jeweiligen Kalenderjahr. Die Entwicklung der Geburtenrate ist in der dargestellten Abbildung graphisch der Entwicklung der Studierendenzahl überlagert. Die Kurve wurde dabei um 20 Jahre in die Vergangenheit verschoben, um ein angenommenes durchschnittliches Studieneintrittsalter von 20 Jahren zu berücksichtigen. Weiterhin wurde sie für die bessere Lesbarkeit stark überhöht dargestellt, wobei der Faktor 1 000 gewählt wurde. Bei Betrachtung der Geburtsjahrgänge 1953 bis 1961 lassen sich dabei folgende Feststellung treffen: Die Geburtenrate in Deutschland entwickelte sich in den Jahren ab 1953 positiv und erreicht 1961 den Wert von 2,45. 20 Jahre später: Die Studierendenzahl in Meschede sank hingegen von 700 Studierenden im Wintersemester 1973/74 auf ein Allzeittief von 422 Studierenden im Wintersemester 1980/81 ab. 58 Intermezzo: Y-Modell 59 Im Jahr 1973 wurde an nordrhein-westfälischen Gesamthochschulen – und damit auch in Meschede als einer Abteilung der Gesamthochschule Paderborn – das integrierte Studium eingeführt. Dieses Studiengangmodell wurde auch als Y-Modell bezeichnet. Zuvor führten zwei unterschiedliche Wege zum Diplom. Dabei handelte es sich zum einen um ein siebensemestriges praxisbezogenes Studium an einer Fachhochschule und zum anderen um ein neunsemestriges Studium an einer Universität. Diese beiden Wege sollten im integrierten Studium an einer Gesamthochschule zusammengefasst werden. Beim Y-Modell absolvierten zunächst alle Studierenden ein gemeinsames viersemestriges Grundstudium bis zur Diplomvorprüfung. Im Hauptstudium konnten sich die Studierenden dann für das Diplom I nach dem siebten Semester oder das Diplom II nach dem neunten Semester entscheiden. Studierende, die sich mit Fachhochschulreife eingeschrieben hatten, mussten bis zum Vordiplom sogenannte Brückenkurse in Deutsch, Englisch und Mathematik absolvieren. Auch einige der Dozenten aus Meschede mussten im Rahmen dieses Modells immer wieder zur Gesamthochschule Paderborn fahren, um dort ihre Lehrgebiete zu unterrichten. »Für die Kollegen war es eine ziemliche Fahrerei«, erinnert sich Prof. Dr. Klaus-Dieter Schwarz, ehemaliger Dozent und Abteilungssprecher der Fachhochschule. Diese Änderungen für Abteilungen an Gesamthochschulen, die ausschließlich Fachhochschulstudiengänge anboten, wurden allerdings bereits nach einem Jahr NRW-weit wieder zurückgenommen. »Das Y-Modell war in Meschede einfach nicht der Renner«, so Schwarz. Deshalb wurde 1974 auch in Meschede anstelle des integrierten Studiums wieder das Fachhochschulstudium weitergeführt. Die Studierenden, die bereits ein Jahr lang das integrierte Studium absolviert hatten, stiegen fast ausschließlich auf das Fachhochschulstudium um und setzten Ihr Studium in Meschede fort. Nur einige wenige wechselten nach Paderborn, wo das integrierte Studium zunächst weitergeführt wurde. Abbildung entnommen aus »25 Jahre Ingenieurausbildung in Meschede« Vergabe von Studienplätze durch die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze (ZVS) Bis zum Wintersemester 1978/79 führte die ZVS wegen starker Nachfrage an der Gesamthochschule Paderborn eine Auswahl in den Studiengängen Elektrotechnik und Maschinenbau durch. Ab dem Wintersemester 1978/79 wurden die Plätze für die Studiengänge Elektrotechnik und Maschinenbau an der Gesamthochschule Paderborn dann im »Besonderen Verteilungsverfahren« vergeben. Das heißt: Wegen der ausreichenden Zahl an Studienplätzen in diesen Fächern insgesamt konnte auf das Auswahlverfahren nach Durchschnittsnote und Wartezeit verzichtet werden, die Studienbewerber wurden lediglich gleichmäßig auf die freien Studienplätze »verteilt«. Nach dem Wintersemester 1979/80 wurden die Studiengänge Elektrotechnik und Maschinenbau nicht mehr an der Abteilung Meschede sondern nur noch als »Integrierte Studiengänge« an der Gesamthochschule Paderborn über die ZVS vergeben. Das Verteilungs-Verfahren über die ZVS wurde zum Wintersemester 1996/97 letztmalig durchgeführt. Des Weiteren hat die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen zum Wintersemester 2002/03 bis einschließlich Wintersemester 2004/05 für die FH Südwestfalen Studienplätze im Studiengang Wirtschaft vergeben. Die Auswahl der Studienbewerber erfolgte zu 60 Prozent nach der Durchschnittsnote und zu 40 Prozent nach der Wartezeit. Verteilung der Studienplätze über die ZVS an der FH Meschede (Gesamthochschule Paderborn) Semester Studiengang Wintersemester 1973/74 Elektrotechnik/Nachrichtentechnik 1) Maschinenbau/Fertigungstechnik 1) Maschinenbau/Konstruktionstechnik 1) Elektrotechnik/Nachrichtentechnik 1) Maschinenbau/Fertigungstechnik 1) Maschinenbau/Konstruktionstechnik 1) Wintersemester 1974/75 Elektrotechnik 1) 3) Maschinenbau 1) 3) Sommersemester 1975 Kein Angebot (Jahresrhythmus) Wintersemester 1976/76 Nachrichtentechnik 1) Fertigungstechnik 1) Konstruktionstechnik 1) Sommersemester 1976 Kein Angebot (Jahresrhythmus) Wintersemester 1976/77 Elektrotechnik 1) Maschinenbau 1) Sommersemester 1977 Kein Angebot (Jahresrhythmus) Wintersemester 1977/78 Elektrotechnik 1) Maschinenbau 1) Sommersemester 1978 Kein Angebot (Jahresrhythmus) Wintersemester 1978/79 Elektrotechnik 2) Maschinenbau 2) Sommersemester 1979 Kein Angebot (Jahresrhythmus) Wintersemester 1979/80 Elektrotechnik 2) Maschinenbau 2) 1) Wegen starker Nachfrage war eine Auswahl erforderlich (60 % Durchschnittsnote; 40 % Wartezeit) 2) Wegen nur geringer Nachfrage war eine Auswahl nicht erforderlich (nur Verteilung auf die Hochschulen) 3) Integrierte Studiengänge 60 Wie der Vater, so die Tochter Karl Stieren und seine Tochter Lisa Stieren haben beide in Meschede studiert 61 Karl Stieren aus Velmede arbeitet bei der Telekom. Er ist als Führungskraft für die Prozesssteuerung im Privatkundensegment in Deutschland verantwortlich. Seine Tochter Lisa arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fachhochschule Südwestfalen. Beide haben etwas gemeinsam: ein Studium in Meschede. Allerdings in unterschiedlichen Fächern und zu verschiedenen Zeiten. Was und wann haben Sie in Meschede studiert? Lisa Stieren: Ich habe hier 2013 meinen Master of Arts in Wirtschaft gemacht. Karl Stieren: Ich habe von 1976 bis 1979 in Meschede Elektrotechnik/Nachrichtentechnik studiert. Damals war hier noch die Gesamthochschule Paderborn und wir haben als Ingenieure graduiert. Nachträglich konnte man sich den Abschluss als Diplom-Ingenieur anerkennen lassen. Hat sich die Hochschule seit Ihrem Studium sehr verändert? Karl Stieren: Da hat sich doch einiges verändert. Von den alten Gebäuden ist ja nichts mehr übrig. In Datenverarbeitung haben wir damals mit Lochkarten und großen Trommelspeichern gearbeitet. Das funktioniert heute mit Chips in Fingernagelgröße. Manches ist aber auch gleich geblieben. Als ich heute hier ankam, sind mir sehr prägnant die Parabolspiegel auf dem Dach aufgefallen. Die hatten wir früher auch schon. Lisa und Karl Stieren Warum haben Sie sich für ein Studium in Meschede entschieden? Lisa Stieren: Nachdem ich meinen Bachelor in Heidelberg abgeschlossen hatte, stand ich vor der Wahl: Job oder Master? Ich bin noch jung und möchte weiter lernen. Das Wirtschafts-Studium hier wurde mir empfohlen. Für Meschede habe ich mich dann auch entschieden, weil es nicht weit von Velmede liegt. Mein Vater hat mir letztlich noch bestätigt, dass Meschede ein toller Standort ist. Karl Stieren: Bei mir war es anders. Ich komme aus Büren und bin über das Studium hier hängen geblieben. Meschede kannte damals nicht jeder. Aber bei denen, die es kannten, war es positiv belegt. Wichtig war mir damals der Praxisbezug. Ich dachte, solche Leute können gebraucht werden. 62 Erinnerung an frühere Zeiten: Parabolspiegel auf dem Gelände der Staatlichen Ingenieurschule in Meschede in den 70er-Jahren. Hat sich das in Ihrer beruflichen Laufbahn bestätigt? Karl Stieren: Nach meinem Studium habe ich in der technischen Planungsstelle bei der Post in Meschede angefangen. Damals ging es um den Ausbau des Fernmeldewesens, um BTX und Übertragungstechniken für Telefon und Daten. Da hat mein technisches Wissen gut gepasst. Ich konnte dann allerdings schnell in den organisatorisch-technischen Bereich mit Personalverantwortung wechseln. Was ich gemerkt habe: Wer im technischen Bereich arbeitet, lernt automatisch und ständig dazu. Alle zwei bis drei Jahre ändert sich der Stand der Technik. Da ist Flexibilität gefragt. Lisa Stieren: Das ist das Schöne an Wirtschaft. Menschen verändern sich auch ständig. Zwar ist auch technisches Wissen wichtig, insbesondere bei der Bedienung von Computern. Die Herausforderung liegt aber vor allem darin, mit Menschen flexibel umgehen zu können und sich auf sie einzustellen. 63 Woran können Sie sich aus ihrem Studium noch besonders gut erinnern? Karl Stieren: Den ersten Tag werde ich nie vergessen. Wir waren damals etwa 150 Studenten und wurden von Herrn Krause mit den Worten empfangen »Hier sind gut 100 von Ihnen zu viel, das werden Sie dann schnell selbst merken«. Woran ich mich auch noch erinnere ist, dass wir nach Vorlesungen in der Aula manchmal noch mit 40 bis 50 Studenten »Sesamstraße« geguckt haben. Besonders schön war überhaupt das Kollegiale. Wir sind mit zwei, drei Kommilitonen durchs Studium gezogen und haben viel gemeinsam erlebt. Und ein enorm großer Vorteil in Meschede: Bei »Hängern« oder mangelndem Durchblick konnte man immer die Dozenten direkt ansprechen und fragen. Lisa Stieren: Das ist heute immer noch so. Worin unterscheidet sich das Studium früher und heute? Karl Stieren: Heute ist Gruppenarbeit ein Bestandteil im Studium. Das ist gut für den Beruf. Früher gab es das nicht. Lisa Stieren: Das ist zwiespältig. Ich hatte in Meschede Glück und habe eine gute Gruppe gefunden. Eine Gruppe muss sich immer erst aufeinander einstimmen um miteinander zu arbeiten. Wenn neue Gruppen zusammen kommen, dauert dieser Prozess oft erst seine Zeit und es können Probleme in der Abstimmung auftauchen, bevor richtig am Thema gearbeitet werden kann. Außerdem kann es immer wieder sein, dass es jemand gibt, der sich nur mitziehen lässt. Karl Stieren: Das ist aber eine schöne Übung. Man arbeitet heute sehr projektorientiert, oft mit Menschen, die man gar nicht kennt. Ich finde es genial, dass meine Tochter da durch muss. Haben Sie während Ihres Studiums gearbeitet? Lisa Stieren: Die Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin hatte ich schon während meines Masterstudiums. Unser Studium ist extra berufsverträglich aufgebaut. Die Pflichtfächer fangen erst um 17.30 Uhr an und gehen bis 20.45 Uhr. Danach setzten wir uns oft noch zu Gruppenarbeiten zusammen. Karl Stieren: Meine Eltern hatten damals einen landwirtschaftlichen Betrieb. Da habe ich in der Woche geholfen. In den Semesterferien war ich für die Post mit einem R4 mit einer Leiter darauf im Sprechstellenbau unterwegs und habe Telefone installiert. Aber ein berufsbegleitendes Studium gab es damals so nicht. Und wie haben Sie das Studentenleben in Meschede empfunden? Karl Stieren: Damals war schon nichts los und heute ist auch nicht viel los. Lisa Stieren: Stimmt. Das ist schade. Karl Stieren: Trotzdem habe ich wirklich gerne hier studiert. Lisa Stieren: Ich auch. Die Zeit der Flyer und Plakate – oder wie man eine Hochschule attraktiver macht Prof. Dr. Klaus-Dieter Schwarz war während einer wechselvollen Zeit Dozent der Hochschule in Meschede. Von 1975 bis 2004 war er zudem regelmäßig Abteilungssprecher und zuständig für das Marketing der Hochschule. Deshalb erlebte er die starken Schwankungen der Studentenzahlen in Meschede hautnah mit. »Als gegen Ende der 70er Jahre die Anzahl der Einschreibungen sehr stark zurückging, begann für die Fachhochschule eine Zeit der Flyer und Plakate«, so Schwarz. »Wir sind damals zur IHK oder zu Gymnasien gefahren und haben dort Werbung für ein Studium in Meschede gemacht.« Gründe für den deutlichen Rückgang der Studierenden deutschlandweit sieht Klaus-Dieter Schwarz heute in den zahlreichen Hochschulneugründungen in den 70er Jahren. »Es gab immer mehr Hochschulen, aber nicht mehr Studenten für die Ingenieurfächer.« Eine weitere Maßnahme zur Bekanntmachung der Hochschule war die Einführung der Hochschultage. 1986 fand unter der Leitung von Klaus-Dieter Schwarz erstmals eine Veranstaltungsreihe statt, bei der Dozenten der Fachhochschule Vorträge für Firmen und die Öffentlichkeit hielten. »Das waren natürlich auch Werbeveranstaltungen für unseren Standort«, erinnert sich der Briloner. »Damals war die Hochschule sogar bei der ansässigen Bevölkerung fast unbekannt.« Doch die Hochschultage kamen gut an und seit der Einführung ist die alljährliche Veranstaltung sehr gut besucht. Die 80er Jahre waren für den 75-jährigen aber nicht nur geprägt vom Rückgang der Studentenzahlen und aktiver Werbung für den Studienort Meschede. Da die Arbeitsmarktsituation für Ingenieure allgemein schlecht war, bildeten Dozenten in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt arbeitslose Ingenieure, vor allem Einwanderer aus dem Os- 64 Die Zeit der Flyer und Plakate: Werbung in den 80ern ten, in Elektrotechnik weiter. »Sie haben an Rechnern gelernt, die für die damalige Zeit hochmodern waren. So etwas hatten die meisten Ost-Ingenieure bis dahin noch nicht gesehen«, erzählt er. Die Stimmung bei diesen Kursen sei immer sehr gut gewesen. »Wir haben oft gegrillt und von Einigen habe ich hinterher als Dankeschön eine Karte oder sogar einen Gruß vom neuen Arbeitsplatz bekommen.« Ab Mitte der 90er Jahre gingen die Studentenzahlen erneut deutlich zurück. »Nachdem die geburtenstarken Jahrgänge 1988 ihr Studium beendet hatten, herrschte plötzlich ein Überangebot an Absolventen und die Unternehmen stellten vorerst nur wenige Ingenieure neu ein.« Da die Berufsaussichten für Hochschulabsolventen bundesweit sehr schlecht waren, begannen immer weniger Studenten ein Studium, was im Endeffekt wieder dazu führte, dass es nach ein paar Jahren zu wenig Nachwuchs für die Wirtschaft gab. »Mit den technischen Studiengängen hat die Fachhochschule jedes Auf und Ab in der Wirtschaft mit gemacht«, erklärt Schwarz. »Erst als die wirtschaftlichen Studiengänge hinzukamen, blieben die Studentenzahlen konstant und stiegen immer weiter an.« 65 Eine Vorreiterrolle hatte die Fachhochschule in den 90er Jahren im Bereich des praxisorientierten Studiums, da sie in Zusammenarbeit mit Siemens Nixdorf Paderborn Studenten, die von Industriefirmen selbst ausgewählt worden waren, zu Ingenieuren ausbildete. »Das waren sozusagen die Anfänge des Dualen Studiums«, sagt Klaus-Dieter Schwarz. »Früher waren die Hochschulen der Wirtschaft gegenüber sehr zurückhaltend, deshalb war das jetzt etwas ganz Neues.« Die Zusammenarbeit entwickelte sich gut und führte wieder zu höheren Studentenzahlen. Teilweise lernten zeitgleich bis zu zwölf Diplomanden bei Siemens und an der Hochschule. »Mitarbeiter von Siemens haben sich unsere Lehrpläne angeschaut und entschieden darauf, ihre Mitarbeiter zu uns zu schicken. Mit diesem Modell waren wir Prof. Dr. Klaus Dieter Schwarz auf jeden Fall in NRW mit die heute … Ersten!« Schwarz ist froh, dass sich die Einstellung der Hochschulen gegenüber einem praxisorientierten Studium komplett verändert hat. Nach und nach folgten auch viele andere Unternehmen dem Beispiel und schickten selbst ausgewählte junge Leute zum Studieren an die Fachhochschule. »In Meschede ist viel Ruhe zum Lernen, hieß es bei den Firmen immer.« Klaus-Dieter Schwarz war allerdings nicht nur als Dozent und Abteilungssprecher an der Fachhochschule sehr aktiv. … und früher in seinem Labor. Zusammen mit dem Kollegen Jürgen Draeger rief er zudem ab 1992 im Rahmen des Erasmusprogramms Austauschprogramme mit geförderten Studienplätzen für Ingenieure ins Leben. Ab sofort konnten Studenten eine Zeit lang in Frankreich (Le Mans), Irland (Galway), England (Nottingham) oder Finnland (Kajaani) studieren oder ihre Abschlussarbeit schreiben. »Zuerst war die Nachfrage nicht sehr hoch«, erinnert sich der heute 75-jährige. »Ich hatte immer das Gefühl, dass unsere Ingenieure etwas ängstlich waren, was Sprachen angeht.« Doch die Studenten, die den Schritt wagten, haben laut Klaus-Dieter Schwarz sehr von dieser Möglichkeit profitiert. »Es kamen nach einem halben Jahr im Ausland andere Persönlichkeiten zurück, als die, die hingefahren waren.« Auch freute er sich immer, wenn er zum Beispiel für die Bewertung einer Abschlussarbeit eine Reise ins Ausland unternehmen konnte. Besonders ein Projekt ist ihm dabei im Gedächtnis geblieben: In Irland hat einer seiner Studenten eine automatische Anlage für die Lachsfütterung entwickelt. Mit Ultraschall wurde erfasst, wo genau sich die Zuchtlachse in den großen Buchten befanden. »Schwammen sie oben, hatten sie Hunger und es gab Futter. Schwammen sie weiter unten waren sie satt und es gab nichts zu essen,« erinnert sich Schwarz. »Das war sehr spannend, solche exotischen Möglichkeiten für Abschlussarbeiten haben wir in Meschede natürlich nicht.« Von 1997 bis 2003 hielt der Briloner in jährlichem Wechsel auch selbst in Galway und in Kajaani jeweils über 14 Tage einen Intensivkurs »Programmierung von Speicherprogrammierbaren Steuerungen« für die dortigen Studenten. 66 Messestand der Gesamthochschule Universität Paderborn Ende der 90er Aufschwung Ende der 80er Demographie Teil 2: Geburtsjahrgänge 1962 bis 1970 67 In diese Jahre fällt der »Pillenknick«: Die Geburtenrate in Deutschland sinkt innerhalb von 6 Jahren vom Höchstwert 2,54 im Jahr 1954 auf 2,03 im Jahr 1970 und fällt weiter. 20 Jahre später: Die Zahl der Studierenden in Meschede steigt dagegen weiter an und erreicht in den Wintersemestern 1990/91 und 1991/92 den damaligen Höchststand von 1 250 eingeschriebenen Studierenden. Große Studentenzahl, kleine Antriebe: in der Mitte der 80er Jahre publiziert Prof. Dr. Draeger über elektrische Kleinantriebe Studierendenzahlen in Meschede 5 000 4 500 4 000 68 3 500 3 000 2 500 2 000 1 500 1 000 500 0 Verbundstudium Bildungspartnermodell Präsenz Geburtenrate *1 000 Das Verhältnis zu Paderborn: Fast alles – außer Personal Prof. Dr. Hubert Willi Klein ist Rheinländer und WahlMescheder. Der aus Asbach stammende Professor für Technische Mechanik studierte und promovierte in Aachen als Bauingenieur. »Die Bauingenieure sind die besseren Mechaniker«, meint Klein, »sie haben in der Regel nur einen Versuch, zum Beispiel beim Bau einer Brücke. Die muss dann halten.« Was ihn nicht davon abgehalten hat, in Meschede 50 Semester lang Maschinenbau-Ingenieure auszubilden. 69 Nach praktischer Tätigkeit im Anlagenbau von Kernkraftwerken und im Chemieanlagenbau bei der Linde AG in München, entschied sich Professor Klein für eine Karriere in Forschung und Lehre: »Ich wollte selbständig als Ingenieur forschen und lehren und mein Wissen weitergeben«. Eine Ausschreibung für Technische Mechanik führte ihn zum 1.1.1990 nach Meschede an die Universität Gesamthochschule Paderborn. Prof. Dr. Hubert Willi Klein Was er hier vorfand, schildert Klein als »aufregend«. Mit 40 Jahren damals einer der jüngsten Professoren in Meschede, wurde der enthusiastische Neuling nach einem Jahr zum Dekan des Mescheder Fachbereichs Maschinenbau gewählt. Er nutzt die Chance, so die Strukturen der Universität wie auch die damalige Wissenschaftsministerin Anke Brunn kennen zu lernen. Das Ergebnis ist nicht immer befriedigend. Zwar gibt es zu dieser Zeit umfassende Geldmittel aus Hochschulprogrammen, allerdings kaum für unbefristete Mitarbeiterstellen. »Man hatte fast alles – außer Personal. Die ersten zehn Jahre war ich mein eigener Laboringenieur und auch noch der Systemverwalter der Datenverarbeitung«, erzählt Klein. Zwar werden der Universität-Gesamthochschule Paderborn unbefristete Mitarbeiterstellen für die Abteilung Meschede zugeteilt. Ein großer Teil davon verbleibt allerdings in Paderborn. Auf der anderen Seite brachte das Verhältnis zur Zentrale in Paderborn auch große Gestaltungsfreiheiten mit sich. So hatte das Kollegium in Meschede viele Freiheiten, musste sich aber auch um alles kümmern. Sichtbar wurde dies in der Gebäudesubstanz. Die Gebäude der Staatlichen Ingenieurschule aus dem Jahr 1964 wiesen mittlerweile zahlreiche Schäden und Defekte auf. Mit großer Unterstützung der Stadt Meschede, des Hochsauerlandkreises, des Kreises Soest, der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer und des Unternehmensverbandes wurde das Projekt »Technologie-Informations-Zentrum« in der Lindenstraße und der Ausbau der Laborgebäude in der Jahnstraße realisiert. »Hinter uns stand praktisch die ganze Region«, erinnert sich Klein. Innerhalb des Kollegiums sind die Bis heute markantes Wahrzeichen des Hochschulstandortes Meschede: Der Eingang zum Technologie Informations-Zentrum beispielsweise die Einführung von Wirtschaftsstudiengängen. »Die Wege, die wir bei der Einführung neuer Studiengänge gehen mussten, wurden einfacher«, sagt Klein und fügt hinzu: »Die Abteilung Meschede wurde so zu einem von vier gleichberechtigten Hochschulstandorten und agiert seitdem auf Augenhöhe«. 71 Westfälische Rundschau vom 15. November 1991 wesentlichen Treiber der Entwicklung die Professoren Dr. Jürgen Draeger und Dr. Wolfgang Tillner. »Sie haben die Entwicklung in den 90er-Jahren maßgeblich geprägt«, so Klein. Professor Klein erinnert sich aber auch gerne an die Zeit als Teil der Paderborner Universität. Er pflegte intensiven Kontakt zu und Austausch mit den Kollegen aus Paderborn. Und ergänzt: »Der Name Universität war für internationale Beziehungen und Forschungsaktivitäten schon sehr hilfreich.« Besonders gern erinnert sich Klein zudem an die Neujahrsempfänge in Paderborn zurück. Ende der 90er Jahre erlebt Klein, wie das Land NordrheinWestfalen die Hochschullandschaft neu ordnet und letztlich die Fachhochschule Südwestfalen ins Leben ruft. Für die Abteilung Meschede führt er die Verhandlungen mit der Märkischen Fachhochschule. »Für viele von uns war das natürlich zunächst eine Umgewöhnung, für den Standort allerdings ein Segen«, meint der Mescheder Professor heute. Vieles, was vorher schwerfiel, kann nun realisiert werden, Vorlesung in Technischer Mechanik im Jahr 1997 Unterstützung aus der Region In seiner 50-jährigen Geschichte wird der Ingenieurschulbzw. Hochschulstandort in der Lindenstraße in Meschede von zahlreichen Institutionen und Personen unterstützt. Eine Aufzählung würde lang, vor dem Hintergrund von fünf Jahrzehnten wechselvoller Geschichte aber kaum vollständig recherchierbar. Heute wie in früheren Jahren zeigen Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, Kreis-und Stadtverwaltung, Sparkassen und Volksbanken im Hochsauerlandkreis, Unternehmensverband Westfalen Mitte sowie zahlreiche Unternehmensvertreter und Privatpersonen an der Hochschule Engagement, sei es durch Vorstandstätigkeit oder Mitgliedschaft im Förderverein, finanzielle Förderung oder projektbezogene Kooperation. Ihnen allen ist die Hochschule zu Dank verpflichtet. In den 90er Jahren treten einzelne Unternehmen und Personen in den Vordergrund, die sich über lange Zeit und stetig für »ihren« Hochschulstandort einsetzen. Die Firmen »Honsel« und »Veltins« unterstützen den Neubau des Technologie-Informationszentrums durch Spenden für die Innenausstattung von Hörsaal und Seminarräumen. Zwei der Räume werden infolgedessen als »Fritz Honsel-Hörsaal« und »Carl Veltins-Hörsaal« benannt. Im Hintergrund wirkt zu dieser Zeit Hans-Dieter Honsel. Er unterstützt Studierende der Hochschule über die »Dr. Ing. eh. Fritz Honsel-Stiftung« mit Stipendien, wirkt an zahlreichen Kooperationen der Honsel AG mit. Auch an der Einrichtung des Studienschwerpunktes »Aluminiumtechnologie/ 72 Hans-Dieter Honsel (li.), hier bei der Prämierung von zwei Studentinnen durch den Förderverein im Jahr 2009 mit Dekan Prof. Dr. Jürgen Bechtloff Leichtmetalltechnik« ist er beteiligt. Von 1999 bis 2012 führt er als erster Vorsitzender den Verein der Freunde und Förderer. Insgesamt unterstützt er die Hochschule über 30 Jahre. 2006 wird er zum Ehrensenator der Fachhochschule Südwestfalen ernannt. Einen anderen Schwerpunkt setzt zu dieser Zeit die Bundestagsabgeordnete Dagmar Schmidt. Mit dem von ihr 73 persönlich gestifteten Förderpreis in Höhe von 2 000 DM richtet sie sich direkt an Studierende. Mit dem von ihr ins Leben gerufenem Preis sollen besondere Leistungen auf den Gebieten Umwelt, Soziales und Völkerverständigung belohnt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist ihr der Anteil der Frauen an der Hochschulabteilung im Sauerland. Einer der vier Preise geht an in der erstmaligen Preisverleihung am 19. Dezember 1996 an die Studentin Petra Rauer. Die Westfälische Rundschau zitiert Dagmar Schmidt in einem Bericht am nächsten Tag: »Während nur drei Prozent Frauen in Meschede eingeschrieben sind, stellten sie gestern immerhin 25 Prozent der Preisträger«. Die Westfalenpost am 20. Dezember 1996 zur Vergabe des ersten Förderpreises durch Dagmar Schmidt Die Unternehmen Honsel und Veltins unterstützen die Mescheder Hochschulabteilung: Erinnerungstafel zur Einweihung des Technologie Informations-Zentrums 1993 74 Studierendenzahlen in Meschede 5 000 4 500 4 000 75 3 500 3 000 2 500 2 000 1 500 1 000 500 0 Verbundstudium Bildungspartnermodell Präsenz Geburtenrate *1 000 Talfahrt der Studierendenzahlen Demographie – Teil 3: Geburtsjahrgänge 1971 bis 1979 Die Geburtenrate in Deutschland sinkt nach dem Pillenknick vom Höchstwert von 2,54 im Jahr 1964 weiter auf den Wert 1,38 im Jahr 1979 ab. 20 Jahre später: Die Hochschule in Meschede verliert über die Hälfte der Studierenden. Während im Wintersemester 1991/92 insgesamt 1 250 Studierende eingeschrieben sind, sind es 9 Jahre später noch 541 Studierende. Kein Arbeitsmarkt für Ingenieure? »Zwei Entwicklungen in den 90er Jahren weisen eine eigentümliche Korrespondenz auf: Auf der einen Seite erfuhren Ingenieure und Naturwissenschaftler erhebliche Arbeitsmarktprobleme, die Zahl der Arbeitslosen nahm unter den Absolventen dieser Fachgebiete deutlich zu. Auf der anderen Seite sank die Zahl der Studienanfänger in Studiengängen der Ingenieur- und der Naturwissenschaften stark ab, in Fächern wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Physik oder Chemie zum Teil auf die Hälfte früherer Größenordnungen. Dieser Rückgang der Studienanfänger löste Debatten um den Nachwuchsmangel in den ingenieur- und naturwissenschaftlichen Bereichen aus, denn sie gelten als eine zentrale Größe für die technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands im globalen Wettbewerb.« Zitiert aus Ramm, Michael und Bargel, Tino: Arbeitsmarktaussichten und Reaktionen von Studienanfängern in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, in: Arbeitsmärkte für Hochqualifizierte, Nürnberg, 2002, S. 151-203 76 Kooperatives Studium - Unternehmen als Partner 77 Bis 1999 bereiteten sinkende Studentenzahlen an der Fachhochschule Meschede den Verantwortlichen einiges Kopfzerbrechen. Nur jeder zweite Studienplatz sei belegt gewesen, hieß es Anfang des Jahres 2000 in einem WDR-Beitrag. Um das Studium in der Kreisstadt attraktiver zu machen und neue Studenten anzuwerben, wurde das »Kooperative Studium« als neues Studienmodell entwickelt und umgesetzt. Prof. Dr. Paul Gronau und Dipl. Ing. Rüdiger Zimmer begannen sogleich in den Anfangsjahren des Studienmodells damit, Partnerunternehmen einzuwerben, bei denen die Studierenden der Fachhochschule auch heute noch in ihrer vorlesungsfreien Zeit arbeiten können. Berufserfahrung schon im Studium sammeln – das ist der Grundgedanke des kooperativen Studienmodells. Während des Semesters sind die Studenten an der Hochschule und regelmäßig in den Ferien und an freien Tagen arbeiten sie bei einem Kooperationsunternehmen. Dafür zahlen die Unternehmen ein monatliches Stipendium oder ein regelmäßiges Werkstudentengehalt. So können sich die Studierenden während der Vorlesungszeit auf das Studium und während der Semesterferien auf die Arbeit im Unternehmen konzentrieren und müssen nicht noch zusätzlich einen Nebenjob annehmen. »Das Studienmodell ist eine Win-Win-WinSituation«, erklärt Rüdiger Zimmer, der damals im Rahmen des Technologietransfers für die Einwerbung der Unternehmenskontakte tätig war. »Alle Teilnehmer profitieren: die Fachhochschule von steigenden Einschreibezahlen und Kontakten zur Wirtschaft, die Studenten von der Erfahrung und der finanziellen Sicherheit sowie die Unternehmen durch motivierte Mitarbeiter, eine langfristige Personalplanung und den Kontakt zur Hochschule.« Doch der Anfang war nicht leicht. Während einige Unternehmen sofort von den Vorteilen für alle Beteiligten überzeugt waren, musste bei einigen Überzeugungsarbeit geleistet werden. Zimmer und Gronau legten Wert darauf, dass es keine Übernahme- oder Rückzahlungspflicht gibt, schließlich habe niemand etwas davon, jahrelang unmotivierte Mitarbeiter zu beschäftigen. Um die Unternehmen von der Teilnahme am »Kooperativen Studienmodell« zu überzeugen, argumentierten Zimmer und Gronau zum Beispiel mit der Verkürzung der Einarbeitungszeit und dem Wegfall einer langwierigen Suche nach qualifizierten Fachkräften. Auch eine Fehlbesetzung könne so fast ausgeschlossen werden. »Eine Personalsuche und die anschließende Einarbeitung sind immer teuer«, so Rüdiger Zimmer. Ein weiterer, positiver Aspekt für Unternehmen ist zudem die Möglichkeit, den eigenen, guten Mitarbeitern das Studium im »Kooperativen Modell« zu ermöglichen, um diese nicht zu verlieren. Um noch weiter auf die Wünsche der Unternehmen einzugehen, änderte die Fachhochschule in Meschede sogar die Vorlesungszeiten. »Damals wurden die Semesterferien verlängert, indem die Zeit für Projektarbeiten aus dem Semester herausgelöst und direkt an den Prüfungszeitraum angehängt wurde. Jetzt konnten die Studenten länger im Unternehmen arbeiten.« Auch das Angebot verschiedener Wahlpflichtfächer sprachen Rüdiger Zimmer und Paul Gronau mit den Partnerunternehmen ab, um das Studienmodell attraktiv für Studenten und Unternehmen zu gestalten. So konnte die erlernte Theorie gleich in die Praxis umgesetzt werden. Um Unternehmen und Studenten möglichst passend und zielgerichtet zusammen zu bringen, forderten Rüdiger Zimmer und Paul Gronau vor der Bewerbung eines Studenten ein Motivationsschreiben und einen kleinen Karriereplan. »Die Studenten sollten sich erst bei uns bewerben und nicht einfach eine Liste mit Unternehmenskontakten abholen und einen Serienbrief an alle verfassen. Außerdem stellt das Modell auch hohe Ansprüche an die Studierenden: Sie müssen sehr belastbar sein und Ferien haben sie auch fast keine mehr.« Dieses Vorgehen kam sehr gut an und im Laufe der Jahre nahmen sowohl die Anzahl der Partnerunternehmen, als auch die der StudenRüdiger Zimmer ten kontinuierlich zu. Heute blickt Rüdiger Zimmer gerne auf die Zeit zurück, in der er an dem »Kooperativen Studienmodell« mitgearbeitet hat. »Mir hat es persönlich sehr viel Spaß gemacht, beide Seiten kennen zu lernen und die Entwicklung der Studenten zu verfolgen. Ich weiß teilweise heute noch, wer in welchem Unternehmen durch das »Kooperative Modell« seine Karriere starten konnte.« Warum kooperativ studieren? »Ich habe 2001 als eine der ersten in Meschede im Kooperativen Studienmodell studiert. Ich hatte zwar deutlich weniger Freizeit als meine Kommilitonen, aber dafür hatte ich eine monatliche Vergütung zur Verfügung und konnte meine Studieninhalte direkt in der Praxis anwenden. Außerdem bin ich während des Studiums in meine späteren Aufgabenbereiche hineingewachsen und habe das Unternehmen so sehr gut kennen gelernt. Die Entscheidung, in Kooperation mit einem Unternehmen in Meschede zu studieren, sehe ich rückblickend äußerst positiv. Ich merke immer öfter, dass sich Unternehmen von Hochschulabsolventen sowohl einen guten Abschluss als auch Berufserfahrung wünschen. Deshalb haben Studenten, die nebenbei Praxiserfahrungen und vielleicht auch noch Erfahrungen im Ausland samDörthe Knefelkamp, Absolventin meln, deutlich bessere Chancen im Studiengang auf dem Arbeitsmarkt.« Wirtschaftsingenieurwesen 78 Von der Gesamthochschule zur Flächenhochschule Chronologie 2002 bis 2013 81 1. Januar 2002 Gründung der neuen Fachhochschule Südwestfalen, bestehend aus den ehemaligen Standorten der Märkischen Fachhochschule Iserlohn und Hagen sowie den ehemaligen Hochschulabteilungen der Universität Paderborn in Soest und Meschede. Verwaltungssitz wird Iserlohn. Gründungsrektor ist Prof. Dr. Michael Teusner, Prorektor für Meschede Prof. Dr. Claus Schuster. Als Gründungsdekane in Meschede werden Prof. Dr. Jürgen Bechtloff und Prof. Dr. Günter Schweppe benannt. 23. Juni 2004 Das Ministerium genehmigt die Studiengänge. Die Di plom-Studiengänge werden eingestellt. 24. April 2002 Der Studiengang »Wirtschaft« wird per Erlass eingerichtet. Beginn ist im WS 2002/2003. Der Fachbereich »Maschinenbau-Datentechnik« trägt nun den Namen Fachbereich »Maschinenbau und Wirtschaft«. 26. September 2005 Einweihung und Schlüsselübergabe des Hochschulneubaus in der Lindenstraße. 1. Januar 2004 Der Fachbereich »Maschinenbau und Wirtschaft« sowie der Fachbereich »Nachrichtentechnik« werden zum Fachbereich »Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften« zusammengelegt. Der Fachbereich stellt einen Antrag an das Ministerium zur Umstellung des gesamten Lehrangebotes in Meschede auf das konsekutive Bachelor-Master-System zum WS 2004/2005 sowie einen Akkreditierungsantrag. Oktober 2004 Zum Wintersemester 2004/2005 bietet der Bildungspartner Technische Akademie Wuppertal am Standort Hamm zum ersten Mal den berufsbegleitenden Studiengang Wirtschaft an. 1. November 2006 Start des Franchise-Projektes der Fachhochschule Südwestfalen in Barcelona. 1. Oktober 2007 Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen-Elektrotechnik und Studiengebühren in Höhe von 500 Euro werden eingeführt. 3. Dezember 2008 Der Hochschulrat wählt Prof. Dr. Claus Schuster vom Hochschulstandort Meschede für sechs Jahre zum Präsidenten. Juni 2012 Der Masterstudiengang Informations- und Kommunika tionssysteme und deren Management wird akkreditiert. Oktober 2008 Neue Bildungspartner in Arnsberg, Köln, Oelde, Ostfildern und Bochum nehmen Ihre Arbeit auf. März 2013 Ein von Prof. Dr. Jürgen Bechtloff und dem Bürgermeister der Stadt Meschede Uli Hess angestoßenes Projekt wird verwirklicht: Meschede ist jetzt »Kreis- und Hochschulstadt«. 19. Februar 2010 Gründung des Zentrums »Zukunft durch Innovationen« für die Bildungsregion Hochsauerlandkreis. 8. November 2010 Einweihung des Gießerei-Labors, mit dem der neu eingeführte Studienschwerpunkt Gießereitechnik ergänzt wird. Wintersemester 2010/11 Neue Bildungspartner in Berlin, Dresden, Düsseldorf und Nürnberg 19. Oktober 2011 Offizielle Einweihung des Erweiterungs-Neubaus in der Lindenstraße 53. Wintersemester 2011/12 Zum Wintersemester werden keine Studiengebühren mehr erhoben. Wintersemester 2014/15 Erstmalig wird der Studiengang »International Management« mit den Vertiefungsrichtungen »Entrepreneurship« und »Tourismus« angeboten. 82 Die »neue« Hochschule 83 Aus dem Jahrbuch 2002 (Bericht der Abteilung Meschede der Fachhochschule Südwestfalen, S. 5 f.): auf das Thema Leichtbau und Energie- und Verfahrenstechnik. »Die Neugründung der Hochschule wurde durch das Gründungsgesetz vom 27. November 2001 vollzogen. Ein Anlass für die Neugründung war der Expertenratsbericht als weitere Stufe der Hochschulreform im Land Nordrhein-Westfalen. Die Zielvereinbarung zwischen dem Ministerium und der Hochschule soll die Maßnahmen und Programme beschreiben, die eine Profilierung innerhalb der Hochschullandschaft mit dem Ziel, ihre Stärken zu stärken und ihre Schwächen zu beheben, ermöglicht. –– Neuordnung der elektrotechnischen Studiengänge an den Standorten Hagen, Meschede und Soest (…) Für den Standort Meschede bedeutet dies eine Schwerpunktbildung im Bereich der mobilen Kommunikation. Auf Grund der langjährig niedrigen Studierendenzahlen des Studiengangs Informations- und Kommunikationstechnik wurden die zwei Studienrichtungen Informationstechnik und Kommunikationstechnik zu einer zusammengefasst. Mit der Neugründung bekommt die Hochschule den Auftrag zur inhaltlichen Neuausrichtung des Studienangebots und zur Reorganisation der inneren Struktur. Dabei sollen aus der Bündelung der an vier Hochschulstandorten verfügbaren Ressourcen in einer gemeinsamen Hochschule Synergieeffekte erzielt werden. –– Schaffung abgestimmter Studienangebote im Bereich Wirtschaft (…) Eine der Konsequenzen für Meschede besteht in der Einstellung des ETB-Diplomstudiengangs und der Weiterentwicklung der ETB-Studiengänge mit Bachelor und Masterabschlüssen. Die Angebote der einzelnen Standorte wurden aufeinander abgestimmt. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen in Meschede wird weiterentwickelt zu dem Studiengang Technologie- und Innovationsmanagement (TIM). Konkret ergeben sich für den Standort Meschede die folgenden Vorhaben: –– Neuordnung der Maschinenbau-Studienangebote an den Standorten Iserlohn, Meschede und Soest (…) Hierzu gehören neben einem einheitlichen Grundstudium an allen Standorten eine ressourcenbezogene und auf die regionale Wirtschaft abgestimmte fachliche Profilierung. Für Meschede bedeutet dies die Konzentration –– Schaffung von Synergieeffekten durch standortübergreifende Zusammenarbeit Die Bildung von standortübergreifenden Fachgruppen wurde bereits mit großem Erfolg durchgeführt. Der Austausch von Lehrleistungen zwischen den Fachbereichen wird bereits seit dem Sommersemester erfolgreich praktiziert. –– Aufbau eines selbsttragenden Qualitätsmanagementsystems (…) Die Zielvereinbarung wurde anlässlich des Gründungsfestes der neuen Hochschule am 16. Mai 2002 in Iserlohn vom Rektor der Hochschule und der Ministerin, Frau Behler, unterzeichnet. Mit der Neugründung der Fachhochschule Südwestfalen am 1. Januar 2002 begann für alle Fachbereiche der neuen Hochschule die Gründungsphase. Mit dem Eintritt in die auf maximal drei Jahre begrenzte Gründungsphase hat sich für die Fachbereiche einiges grundlegend geändert. Alle bisherigen Gremien wie der Fachbereichsrat, der Senat etc. sind für die Dauer der Gründungsphase außer Kraft gesetzt. An ihre Stelle treten Gründungsbeauftragte, die direkt auf Vorschlag des Gründungsrektors, Professor Teusner, durch das Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung in Düsseldorf eingesetzt wurden.« 84 Erstes sichtbares Zeichen der Veränderung: Vor dem Hochschulgebäude wird am 2. Januar 2002 ein Schild mit dem Namen der Fachhochschule Südwestfalen aufgestellt. Die erste Dozentin der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede* 85 Als Prof. Dr. Beate Burgfeld-Schächer 2002 an der Fachhochschule Südwestfalen ihre Stelle antrat, war sie noch eine echte Seltenheit: Die Professorin für Betriebswirtschaftslehre ist zu diesem Zeitpunkt in Meschede die einzige Frau in der Lehre. Sie beteiligt sich aktiv am Aufbau des Fachbereichs Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften der Fachhochschule Südwestfalen, nach dem Übergang aus der Gesamthochschule Paderborn. Beate Burgfeld-Schächer war zudem eine der ersten wenigen Dozentinnen an allen Standorten der Fachhochschule zusammen. »Ich war in meiner Anfangszeit sehr viel bei Berufungskommissionen für neue Professoren unterwegs, da immer mindestens eine Frau Mitglied Prof. Dr. Beate Burgfeld-Schächer der Berufungskommission sein sollte.« Als kurz darauf mit Prof. Dr. Monika Reimpell und Prof. Dr. Anne Jacobi zwei weitere Professorinnen in Meschede angestellt wurden, freute sich Burgfeld-Schächer, diese Aufgabe teilen zu können. Die Wirtschaftswissenschaftlerin war sich damals und ist sich auch im Nachhinein keiner Sonderstellung als alleinige Professorin in Meschede bewusst. »Weder die Zeitung hat angerufen, noch haben sich die Kollegen mir gegenüber anders verhalten«, erzählt sie lachend. Ihr selbst – und auch allen anderen – seien fachliche Leistungen wichtiger als das Geschlecht gewesen. »Die Fachhochschule war damals sehr stark ingenieurwissenschaftlich geprägt, deshalb haben sich einfach nur sehr wenige Frauen beworben.« Erst als das Angebot um die Studiengänge »Wirtschaftswissenschaften« und »International Management with Engineering« erweitert wurde, bewarben sich auch immer mehr Frauen auf die ausgeschriebenen Professuren. »Die Kollegen waren immer sehr offen und hilfsbereit mir gegenüber und es war unser gemeinsames Ziel, mehr Dozentinnen für Meschede zu gewinnen.« Besonders viel Spaß hat ihr die Aufbauarbeit der Fachhochschule Südwestfalen am Standort Meschede gemacht. Zusammen mit den damals noch wenigen wirtschafts- und ingenieurwissenschaftlichen Kollegen galt es, den Fachbereich »fit« für die damaligen und zukünftigen Herausforderungen zu machen. Viele Strukturen und Entscheidungsprozesse hatten sich mit der Abspaltung von der Gesamthochschule Paderborn verändert, eine Umstellung die Beate Burgfeld-Schächer allerdings nicht schwer fiel. »Ich habe die alten Gegebenheiten ja nicht mehr kennen gelernt.« Ein deutliches Beispiel für Veränderungen sei die Bibliothek. Als Außenstelle der Gesamthochschule Paderborn gab es damals nur einen Bruchteil der heutigen Bücher im Präsenzbestand. »Die Räumlichkeiten, ein alter Klassenraum in einem der Pavillons, und die Organisation, eine reine Zettelwirtschaft, sind nicht mit der heutigen, modernen Einrichtung zu vergleichen«, so Burgfeld-Schächer. Die vielen Möglichkeiten und Freiheiten in der Gestaltung der »neuen/alten« Fachhochschule haben damals allen sehr gut gefallen. »Ich habe nicht erlebt, dass jemand den alten Strukturen nachgetrauert hätte.« Auch die Gebäude der ehemaligen Ingenieurschule vermisst heute niemand mehr. Die neuen Räume oder andere Ameisenstraße durch die alten Seminarräume habe ebenfalls so manche Vorlesung aufgelockert. * Als erste Professorin in Meschede wird im Jahr 1998 Dr. Sigrid Hafner in den Fachbereich Nachrichtentechnik berufen. Sie wechselt jedoch in der Gründungsphase der Fachhochschule Südwestfalen an den Standort Soest und forscht und lehrt dort bis heute im Fachbereich Elektrische Energietechnik. Die Bibliothek in den Pavillions der ehemaligen Ingenieurschule. seien, nach einer anstrengenden und beengenden Bauzeit, eine große Erleichterung für alle gewesen, ein Unterschied wie Tag und Nacht. »Ich erinnere mich noch gut an eine Vorlesung in den alten Gebäuden«, erzählt sie. »damals war es sehr warm. Nach dem Aufstehen waren die Studenten plötzlich an Rücken und Hinterteil ganz braun – es war so heiß geworden, dass die Stühle abgefärbt haben.« Die eine 86 Einblick in den modernsten Teil der heutigen Bibliothek: Stillarbeitsplätze und abgeschlossene Gruppenarbeitsräume Hochschulneu- und Erweiterungsbau Fast vier Jahrzehnte findet der Unterricht in Meschede in den Pavillons der Staatlichen Ingenieurschule von 1964 statt. Mit der Neugründung der Fachhochschule Südwestfalen soll dieses »Provisorium« ein Ende haben. Rund zehn Jahre nach der Errichtung des Technologie Informations-Zentrums nehmen Hochschulleitung und Fachbereich ein umfangreiches Neubauprojekt in Angriff. Als Ziel wird formuliert, unter Einhaltung des vorgegebenen Flächen und Finanzvolumens einen gefälligen, transparenten und lichtdurchfluteten Neubau entstehen zu lassen. 88 Die wesentlichen Meilensteine des Projektes »Pavillongebäude zu Massivbauten«: … und durch Bagger abgerissen. April 2002 Mit der Lesung »Haushaltsunterlage Bau« wird das Bauvorhaben unter dem Arbeitstitel »Ersatzneubau für die Pavillonbauten der Abteilung Meschede« in den 31. Rahmenplan aufgenommen. Mit der Planung und Ausführung des Gebäudes wird die Geschäftsstelle Soest des Bau- und Liegenschaftsbetriebes des Landes NRW (BLB) beauftragt. 31. März 2003 Grundsteinlegung für den Hochschulbau in der Lindenstraße. Am 9. Dezember erfolgt das Richtfest. Die alten Pavillons auf den Gelände der Hochschule werden ausgeräumt, … 26. September 2005 Einweihung und Schlüsselübergabe des Hochschulneubaus. Bereits wenige Jahre nach Einzug in das neue Gebäude wird der Hochschulneubau zu klein für die mittlerweile stark gestiegenen Studierendenzahlen. Im Jahr 2009 beginnt deshalb das Projekt »Hochschulerweiterung«. November 2009 Baubeginn Hochschulerweiterung. Das Richtfest für das Erweiterungsgebäude findet am 14. September 2010 statt. 89 Frühjahr 2011 Baubeginn Bibliothekserweiterung: Hier entstehen auf 250 qm hochwertige Lesearbeitsplätze und kleine Gruppenarbeitsräume. Die Einweihung erfolgt im Juni 2012. Der Rohbau des neuen Hochschulgebäudes »dockt« an das Technologie Informations-Zentrum an. August 2011 Übergabe des Erweiterungsneubaus vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb an die Fachhochschule. Die offizielle Einweihung findet am 19. Oktober mit Gästen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft statt. 34 zusätzliche Büroarbeitsplätze, 3 Seminarräume und eine 900 qm große Veranstaltungsfläche stehen zum Wintersemester 2011/12 zur Verfügung. Der Hochschulneubau heute Aus dem Sauerland in die Welt 91 Julia Wulf leitet in der vierten Generation als Geschäftsführerin mit ihren Brüdern Tobias und Ansgar gemeinsam mit Vater Günter die Firma KettenWulf in Eslohe-Kückelheim. 1925 von ihrem Urgroßvater gegründet, produziert das Unternehmen heute mit über 1 200 Mitarbeitern Förderketten, Antriebsketten und Kettenräder. KettenWulf vertreibt seine Produkte an Standorten in Europa, Amerika und Asien und beschäftigt hierfür Ingenieure in der Forschung und Entwicklung, der Konstruktion, der Produktionsplanung, im Vertrieb und auch Wirtschaftsingenieure im Controlling. »Wir haben eigentlich überall Ingenieure, außer in der Finanzbuchhaltung und der Personalabteilung«, erklärt Julia Wulf. Sie findet es wichtig, dass die Region über Julia Wulf eine eigene Hochschule verfügt, die Ingenieure ausbildet. Ihrer Ansicht nach tragen sich viele Auszubildende mit dem Gedanken, zu studieren. In Meschede kann das Unternehmen mit ihnen in Kontakt bleiben. Entsprechend vergibt KettenWulf Werkstudentenverträge, Praktika aber auch Abschluss- und Projektarbeiten. »Dadurch haben wir immer aktuellen Bezug zur Wissenschaft, Kontakt zu Professoren und können zudem Personal rekrutieren«, so Wulf. Sie hofft deshalb, dass es im Mescheder Studiengang Maschinenbau immer genug Studierende gibt. Die Fachhochschule Südwestfalen in Meschede kennt Julia Wulf aus eigener Erfahrung. Nach einem Wirtschaftsstudium in Paderborn hat sie hier bis 2004 zusätzlich den Studiengang »European Studies in Technology and Business« absolviert. Zu dieser Zeit hat sie bereits im Unternehmen gearbeitet. »Wenn ich morgens in der Hochschule war, habe ich einfach abends länger gearbeitet«, erklärt die Unternehmerin. Viele Veranstaltungen liefen damals aber »berufsverträglich« am Nachmittag oder an Samstagen. Ein Prinzip, das die Hochschule in den Masterstudiengang »Wirtschaft« übernommen hat. Auch die Gruppengröße war überschaubar. »Wir waren damals um die 15 Studenten in den Seminaren«, erinnert sich Wulf. Sie hat vor allem die Fächer belegt, die sie aus dem Unternehmen heraus interessierten: »Zum Beispiel Produktionsplanung, das hat wirklich etwas gebracht«. Sie fand ihre Arbeit in Vorlesungen theoretisch wieder, war erstaunt über die Praxisnähe des Unterrichts und den guten Kontakt zu den Professoren. Dabei empfand sie den Unterricht auch anspruchsvoll: »Wir hatten Fächer wie beispielsweise Internationales Controlling, die hatten schon ein hohes Niveau«. Zum Studium in Meschede riet ihr unter anderem ihr Vater Günter Wulf. Auch er hat in Meschede studiert, zu seiner Zeit allerdings noch an der Staatlichen Ingenieurschule. 92 Der Stammsitz der Firma KettenWulf in Eslohe-Kückelheim Heute besucht Julia Wulf gerne bei Gelegenheit die Hochschule, vor allem begeistern sie die modernen Gebäude. »Die Architektur ist echt mutig, den Unterricht damals in den Pavillons der Ingenieurschule kann ich mir fast nicht mehr vorstellen. Es ist schon toll, was die Fachhochschule für eine Entwicklung gemacht hat«, meint Wulf. Und was würde Sie sich von der Fachhochschule heute wünschen? KettenWulf setzt auf heimische Mitarbeiter, benötigt aber auch kontinuierlich Angestellte, die die Niederlassungen im Ausland besetzen. Aktuell geht eine junge Wirtschaftsingenieurin für zwei Jahre in ein Vertriebsbüro in den USA, derzeit sind zwei Absolventen der Fachhochschule in Meschede in China tätig. Alle kommen aber nach einer gewissen Zeit gerne zurück. »Insofern wünsche ich mir gut ausgebildete Sauerländer, die auch mal in die Welt wollen«. Bologna in Meschede 93 In den Jahren 2003 und 2004 bringen die unter dem Namen »Bologna-Prozess« stattfindenden Reformen des europäischen Hochschulwesens zusätzliche Dynamik in die Entwicklung der jungen Fachhochschule Südwestfalen. Hintergrund ist die zunehmende Internationalisierung von Studiengängen. In Anlehnung an internationale Standards wird auch in Deutschland ein – im Vergleich zum Diplomstudium – kurzes Bachelor-Erststudium eingeführt. Dieses kann durch ein anschließendes »konsekutives« Masterstudium direkt oder auch zu einem späteren Zeitpunkt als berufsbegleitendes Masterstudium fortgeführt werden. Im Jahr 2004 ist Prof. Dr. Jörg Liese Rektor der Fachhochschule Südwestfalen. Als Argumente für das Bachelor-/Master-System nennt er im Jahrbuch 2004 vor allem mehr Flexibilität in der Anpassung von Studiengängen an veränderte Marktbedingungen, eine verbesserte Marktfähigkeit deutscher Hochschulabsolventen sowie eine vermehrte Gewinnung ausländischer Studierender für deutsche Hochschulen. In Meschede erfolgt die Umstellung im Rekordtempo: 1. Oktober 2003 Alle Studiengänge im FB »Maschinenbau und Wirtschaft« sind modularisiert. Januar 2004 Antrag an das Ministerium zur Umstellung des gesamten Lehrangebotes in Meschede auf das konsekutive BachelorMaster-System zum WS 2004/2005: –– Bachelor-Studiengang Wirtschaft (B.A.) –– Master-Studiengang Wirtschaft (M.A.) –– Bachelor-Studiengang European Studies in Technologie and Business ETB (B.A.) –– Bachelor-Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen (B.Eng.) –– Bachelor-Studiengang Maschinenbau (B.Eng.) –– Bachelor-Studiengang Informationstechnik- und Kommunikationstechnik (B.Eng.) Alle Anträge werden vom Ministerium positiv beschieden. Der Fachbereich stellt einen Akkreditierungsantrag. 23. Juni 2004 Das Ministerium genehmigt die Studiengänge. Die Diplom-Studiengänge werden eingestellt. 17. September 2004 Die Umstellung endet mit der Akkreditierung der Bachelor- und Masterstudiengänge Wirtschaft. Innerhalb eines Jahres ist praktisch der gesamte Umstellungsprozess formal abgeschlossen. Hierzu Liese im Jahrbuch 2004: »Der Standort Meschede nimmt in diesem Prozess eine Vorreiterstellung ein, weil er als erster Standort erfolgreich das Akkreditierungsverfahren für die Umwandlung aller Diplomstudiengänge und sogar die Akkreditierung des neuen eigenständigen Wirtschafts-Masterstudiengangs geschafft hat.« Neuland: Duales Studium bei Bildungspartnern Im Jahr 2003 wurde das nordrhein-westfälische Hochschulrahmengesetz dahingehend geändert, dass die staatlichen Hochschulen nicht mehr darauf beschränkt waren, ihr Studienangebot in öffentlich-rechtlicher Form und damit kostenlos anzubieten. Die Hochschulen konnten jetzt ihre Studiengänge in Zusammenarbeit auch mit externen Bildungseinrichtungen anbieten. Dies führte zur Gründung der Wissenschaftlichen Genossenschaft Südwestfalen e. G. Damit betrat die Fachhochschule Südwestfalen Neuland auf dem Gebiet der privatwirtschaftlich organisierten wissenschaftlichen Aus- und Weiterbildung in der Zusammenarbeit mit staatlichen Hochschulen. 2007 hat die Fachhochschule Südwestfalen für jedes Pflichtfach Studienbücher eingeführt. Die Studienbücher werden in der Präsenz in Meschede und bei Bildungspartnern eingesetzt. Die Wissenschaftliche Genossenschaft Südwestfalen e. G. (WGS) ist ein An-Institut der Fachhochschule Südwestfalen und verzeichnet zurzeit 40 Mitglieder, zum größten Teil Professoren der Fachhochschule Südwestfalen. Die Genossenschaft bietet Dienstleistungen im Bereich der wissenschaftlichen Aus- und Weiterbildung an. So entstehen in enger Zusammenarbeit mit den Professoren der Fachhochschule Südwestfalen Studienmaterialien aus den Lehrinhalten der Präsenz-Studiengänge. Diese Studienbücher werden allen Studierenden der Fachhochschule Südwestfalen zur Verfügung gestellt, also auch denen, die ein berufs- oder ausbildungsbegleitendes Studium bei Bildungspartnern absolvieren. Zum Wintersemester 2004/2005 wurde die Hamm Business School GmbH gegründet in Trägerschaft des Bildungspartners Technische Akademie Wuppertal. Am Standort Hamm wurde zum ersten Mal der berufsbegleitende Studiengang Wirtschaft mit dem Abschluss Bachelor of Arts angeboten. Die Wissenschaftliche Genossenschaft Südwestfalen ermöglicht der Fachhochschule Südwestfalen, Studienangebote bereit zu stellen, in denen sie selbst aufgrund fehlender Ressourcen den Bedarf nicht befriedigen kann. Vorrangige Zielgruppe für diese Art von Studienangeboten sind berufstätige Studieninteressierte, die am Markt nur ein eingeschränktes und nicht auf ihre besonderen Bedürfnisse ausgerichtetes Angebot an akademischen Studiengängen vorfinden. Die Fachhochschule Südwestfalen sorgt in diesem Modell für die Einhaltung der akademischen Standards, nimmt die Prüfungen ab und verleiht Absolventen den entsprechenden akademischen Grad. Die 2004 erstmalig umgesetzte 94 95 Kooperation zwischen der WGS, der Fachhochschule Südwestfalen und Bildungspartnern wurde im Laufe der letzten zehn Jahre kontinuierlich ausgebaut und weiterentwickelt. Mit zunehmender Anzahl von Bildungspartnern und Studienorten entstanden immer wieder neue Herausforderungen. Aufgrund dieses stetigen Wachstums entschied das Präsidium der Fachhochschule Südwestfalen in 2012 die Verantwortung für die Betreuung der Bildungspartner und die wissenschaftliche Begleitung der Themen Didaktik, ELearning und Weiterbildung zurück in die Hochschule zu verlagern. Hierauf wurde das Wissenschaftliche Zentrum Duales Studium und Weiterbildung als zentrales In-Institut der Fachhochschule Südwestfalen gegründet. Zum Wintersemester 2013/2014 gibt es aktuell 13 Bildungspartner, mit denen die Fachhochschule Südwestfalen die Studiengänge aus den Bereichen Wirtschaft und Technik an 30 Standorten in der Bundesrepublik Deutschland und an einem Standort in Spanien ausbildungs- bzw. berufsbegleitend anbietet. Im Bildungspartnermodell waren zum Wintersemester 2013/14 über 2 500 Studierende eingeschrieben. Zum Vorstand der Wissenschaftlichen Genossenschaft zählen unter anderem Prof. Dr. Paul Gronau und Prof. Dr. Jürgen Bechtloff. Im Prof. Dr. Paul Gronau Interview erklären sie das Erfolgsmodell »Duales Studium bei Bildungspartnern«: Wie sind Sie auf die Idee für eine Partnerschaft zwischen Hochschule und privaten Bildungsanbietern gekommen? Bechtloff: Prof. Dr. Michael Teusner, der Gründungsrektor der Fachhochschule Südwestfalen kam eines Tages von einem Gespäch aus Düsseldorf zurück und berichtete von einem Austausch im Ministerium. Er fragte, ob man nicht das schon bestehende Verbundstudium auf private Bildungspartner ausweiten könne. Gronau: Hintergrund war ein Paragraph im Hochschulfreiheitsgesetz, der in einem Halbsatz beschreibt, dass Hochschulen sich Dritter bedienen können, um Studenten auf ihren Abschluss vorzubereiten. Die folgende Ausführungsbestimmung als »Anleitung zum Lesen« war eine Revolution. Warum? Gronau: Den Hochschulen wurde zugestanden, mit externen Dritten Geschäftsmodelle zu entwickeln, um daraus für alle Beteiligten Mehrwert zu generieren. Für Studierende ist es die günstigste Möglichkeit zu studieren, weil sie zum einen im Job bleiben können. Zum anderen bekommen sie ein Angebot, das von staatlicher Seite gemacht ist und nicht privaten Anbietern überlassen wird. Zumeist werden sie von ihren Unternehmen unterstützt und sind hochmotiviert. Für die Bildungspartner ist es gut, weil sie ihr Angebot erweitern. Und die Hochschule erschließt sich neue Studentengruppen und schafft zusätzliche Studienplätze. Bechtloff: Außerdem schaffen wir so Angebote in Kommunen, die keine Hochschule oder duale Studienangebote vor Ort haben. Hier gilt der Ausspruch »statt in Beton in Köpfe investieren«. Als Hochschule kann man den eigenen Bildungsauftrag ganz anders erfüllen, man wird vor allem unterschiedlichen Bildungsbiographien gerecht. So hat man zudem ein Rezept für verschiedene Umstände: Demographischer Wandel, Fachkräftemangel, … Und wieso haben Sie dieses Konzept in Meschede entwickelt? Gronau: Es war einfach logisch und ein konsequenter Schritt, weil wir schon seit 1995 mit Siemens das Kooperative Modell betrieben haben. Mit dem Verbundstudium haben wir zudem bei den Lehrmaterialien schon Erfahrungen gesammelt. Die Verbundstudienunterlagen waren einfach ideal geeignet, einen derartigen Studienverlauf zu unterstützen. Passend dazu kam die Technische Akademie Wuppertal auf uns zu, die einen Hochschulstandort in Hamm errichten wollte. Die Puzzle-Stücke waren alle schon da, wir haben sie nur zusammengefügt. Hatten Sie denn damals nicht genug zu tun? Bechtloff: Damals hatten wir in Meschede gerade 700 Studenten und waren die kleinste Einheit der Fachhochschule Südwestfalen. Es war einfach eine besondere Aufbruchsstimmung. 2002 haben wir hier den neuen Studiengang »Wirtschaft« eingerichtet … Gronau: … und den Hochschulneubau hochgezogen … Bechtloff: Das war schon eine intensive Zeit! Was waren dann die wichtigsten Meilensteine? Bechtloff: 2007 haben wir unsere eigenen Studienbücher eingeführt. Gronau: Damit konnten wir unser didaktisches Modell weiterentwickeln und uns vom Verbundstudium ablösen. Bechtloff: 2007 begannen wir auch mit der Ingenieurausbildung, zunächst bei der Technischen Akademie Esslingen, später dann auch beim TÜV Rheinland. Und wie geht es weiter? Gronau: Zurzeit krempeln wir das didaktische Modell noch einmal um. Themen sind: ELearning, Blended Learning und Mobile Learning. Nächstes Jahr wollen wir in die Erprobung gehen. Bechtloff: Und über das »Wissenschaftliche Zentrum für Prof. Dr. Jürgen Bechtloff Duales Studium und Weiterbildung« soll es ein Roll-out über die ganze Fachhochschule Südwestfalen geben. Viel Arbeit, aber aus den Synergien zwischen Präsenz- und Dualem Studium profitieren letztlich wieder alle. Prozesse werden entwickelt, die Qualität des Studiums gesichert oder verbessert. Wir freuen uns auf jeden Fall schon darauf und sehen die positiven Ergebnisse. 96 MINT im Fokus 97 Trotz oder vielleicht gerade wegen steigender Studierendenzahlen in den Wirtschaftsstudiengängen bleibt die Fachhochschule Südwestfalen ihren technischen Wurzeln in der Staatlichen Ingenieurschule treu. Im Jahr 2013 übernimmt die Fachhochschule Südwestfalen die Trägerschaft des zdi Netzwerks Bildungsregion Hochsauerlandkreis. Von hier koordiniert das Zentrum die kreisweiten MINT-Förderangebote. Ziel der Initiative »Zukunft durch Innovation (ZdI)« ist es, mehr Jugendliche für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (kurz: »MINT«) zu begeistern. Bereits zum achten Mal fand im Februar 2014 für Kinder der vierten bis sechsten Klasse die Kinder-Uni an der Fachhochschule Südwestfalen statt. 2007 riefen Prof. Dr. Stephan Breide und Prof. Dr. Christian Lüders die Veranstaltung ins Leben. In den Vorlesungen werden technische, naturwissenschaftliche und wirtschaftliche Themen kindgerecht anhand konkreter Fragestellungen vermittelt. 2014 standen beispielsweise Reisen in den Urlaub oder zum Mars, Technik, die unser Leben verändert und zersprungene Gläser auf dem Programm. In der Förderung des Ingenieurnachwuchses hat die junge Hochschule zu diesem Zeitpunkt bereits eine langjährige Tradition. Im Rahmen der ZdI-Initiative findet jedes Jahr der Roboter-Wettbewerb der weiterführenden Schulen am Standort Meschede statt. Die Freude am spielerischen Umgang mit Technik, Spaß an Roboterkursen und das Arbeiten im Team sind zentrale Botschaften des jährlich ausgetragenen Wettbewerbs, der sich seit 2006 großer Beliebtheit erfreut. Mehr als zehn Schülerteams mit etwa 100 Teilnehmern nehmen jedes Jahr an der Veranstaltung in den Räumen der Fachhochschule teil. Dabei gibt es zwei Wettbewerbskategorien, bei denen selbstgebaute und eigenständig programmierte Roboter einen festgelegten Parcours absolvieren müssen. 2014 beschäftigten sich die Schüler mit dem Thema »Nature‘s Fury«. Spannende Experimente in der Kinder-Uni Beim alljährlichen Girl‘s Day probieren sich Schülerinnen der achten und neunten Klasse von Schulen aus Meschede und Umgebung zum Beispiel an Internet-Blogs, arbeiten mit Metall oder entwickeln Geschäftsideen. In die Hochschule treiben sie Neugier, ihre Eltern oder auch ganz praktische Erwägungen. Hier lernen sie den Umgang mit einem Content-Management-System und außerdem einiges über Datensicherheit im Internet. Auch das Labor in der Jahnstraße wird am Girl‘s Day von Schülerinnen entdeckt: Hier wurden schon Solitär-Spiele aus Metall hergestellt. Im Sommer in die (Hoch-)Schule? – Die Summer School der Fachhochschule Meschede bietet Wissenschaft zum Anfassen für Schüler der siebten und achten Klasse. Jedes Jahr in der letzten Sommerferienwoche steht die Hochschule ganz im Zeichen von spannenden Experimenten. Die Veranstaltung soll das wissenschaftliche Interesse von Jugendlichen fördern. Die Schüler lernen im Laborumfeld den Umgang mit elektrischen Messgeräten und Werkzeugen. Sie arbeiten mit Elektrotechnik-Baukästen, erfahren etwas über den theoretischen Hintergrund der Elektrotechnik und bauen Schaltungen selbst auf. Dazu gehört auch der Umgang mit Lötkolben und Lötzinn. Last but not least: Seit Juni 2014 betreibt das zdi Netzwerk in Kooperation mit dem Hochsauerlandkreis und der Stadt Arnsberg die lokale Netzwerkstelle für das »Haus der kleinen Forscher«. Die Stiftung »Haus der kleinen Forscher« engagiert sich bundesweit für die MINT-Bildung von Kindern im Alter von 3 bis 10 Jahren. Das Netzwerk bietet in Fortbildungen spannende Forscherideen und pädagogische Hintergrundinformationen, um pädagogische Fach- und Lehrkräfte in der Region und darüber die Kinder für das forschende Entdecken zu begeistern. 98 In der Summerschool Elektrotechnik wird experimentiert und gelötet. Studierendenzahlen in Meschede 5 000 4 500 4 000 99 3 500 3 000 2 500 2 000 1 500 1 000 500 0 Verbundstudium Bildungspartnermodell Präsenz Geburtenrate *1 000 Demografie und Studierendenzahlen »disjunkt« Geburtsjahrgänge 1980 bis 1993 Die Geburtenrate in Deutschland bleibt auf einem niedrigen Niveau und sinkt nach der deutschen Wiedervereinigung weiter leicht ab auf einen Wert von 1,3. 20 Jahre später: Die Zahl der Studierenden in Meschede steigt stark an und erreicht im Präsenzbereich den Wert von rund 1 800 Studierenden im Wintersemester 2013/2014. Erstsemesterbegrüßung im heute größten Hörsaal: Im unterteilbaren »Multifunktionsraum 2.1.1 bis 2.1.3« haben heute bis zu 500 Studierende Platz. Vollständig geöffnet ist der Hörsaal allerdings nur zur Erstsemesterbegrüßung und am Schüler-Infotag. Sonst umfasst die größte Vorlesung maximal 300 Teilnehmer. Wachstumsmotor: Das Studium bei Bildungspartnern beginnt im Wintersemester 2006/07 und die Anzahl der in Meschede eingeschriebenen Studierenden wächst auf weitere beinahe 2 600 Studierende an. 100 Die Hochschule heute 101 »Studieren, wo andere Urlaub machen« – Ein Satz, den man oft in Meschede hört. Für den Fachhochschulstandort sprechen nicht nur die schöne Landschaft und die gute Verkehrsanbindung, zum Beispiel an das Ruhrgebiet, sondern vor allem die moderne Ausstattung: Helle, freundliche Gebäude und moderne Technik ermöglichen nicht nur in den zahlreichen Laboren ein Studium zum Anfassen. Die Studenten loben die kleinen Lerngruppen, die eine vorbildliche Betreuung durch die Dozenten ermöglichen. Mit etwa 2 000 Präsenzstudierenden am Standort Meschede im Wintersemester 2014/15 bleibt das Campusleben überschaubar. Das soll auch so bleiben, denn die Fachhochschule Südwestfalen ist keine anonyme Massenuni. Familiär ist die Hochschule im wahrsten Sinne des Wortes: Im Juli 2013 erfolgte die Auditierung zur »familiengerechten Hochschule«. Sichtbare Neuerungen sind vergünstigte Essen und Kinderstühle in der Mensa sowie bedarfsorientierte Kinderferienbetreuung. Studiengang International Management mit den Vertiefungsrichtungen »Entrepreneurship« und »Tourismus«. Doch alle Standorte der Fachhochschule Südwestfalen zusammen genommen, profitieren die Studenten von einer der größeren Fachhochschulen in NRW. Hier werden qualifizierte Fach- und Führungskräfte in den Bereichen Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Informationstechnik, Betriebswirtschaft und Agrarwirtschaft ausgebildet. In Meschede ist heute der Fachbereich Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften angesiedelt. Das Studienangebot umfasst insgesamt sieben Bachelor- und zwei Masterstudiengänge aus den Bereichen Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaft. Neu im Wintersemester 2014/15: der Vielleicht das Wichtigste zum Schluss: Ein enges Netzwerk mit Kooperationspartnern aus Wirtschaft, Verbänden und Institutionen ermöglicht einen erfolgreichen Start ins Berufsleben. Eine aktuelle Studie des hochschuleigenen Institutes für Qualitätsentwicklung und -management (IQEM) bestätigt: Absolventen der Fachhochschule Südwestfalen kommen gut auf dem Arbeitsmarkt an. Sie haben keine Probleme, einen passenden, gutbezahlten Arbeitsplatz zu finden. Das ist das Ergebnis einer Befragung von etwa 550 ehemaligen Studierenden aller Standorte der Hochschule ein Jahr nach ihrem Abschluss. Demnach erzielen mehr als Die Hochschule ist auf vielen Gebieten Ansprechpartner für Industrie, Landwirtschaft und Handwerk. In gemeinsamen Projekten und als Gesprächspartner für Innovations- und Technologieberatung sind Forschung und Wirtschaft miteinander verknüpft. Forschung, Entwicklung und Studium werden an der Fachhochschule streng praxisbezogen betrieben. Angeschlossene Forschungs- und Transferinstitute vernetzen die Hochschule in den Forschungsschwerpunkten Informatik, Informations- und Kommunikationstechnologien, optische Technologien, Materialwissenschaften und Produktionstechnik, Umwelt- und Energieforschung, nachhaltige Landwirtschaft sowie Bio- und Nanotechnologie. Internationale Kooperationen ermöglichen Auslandspraktika sowie den Austausch von Dozenten und Studierenden. 80 Prozent der berufstätigen Befragten ein Monatsbruttoeinkommen über 2 500 Euro, mehr als die Hälfte verdient zwischen 3 000 und 4 500 Euro im Monat. In der Regel hatten sie drei Monate nach Studienabschluss bereits einen Arbeitsvertrag in der Tasche. 102 Zu guter Letzt: Warum sich Studierende heute für Meschede entscheiden 103 Daniel Sander, Elektrotechnik »Vor dem Studium habe ich bereits eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Systemintegration gemacht. Dazu passt die Fachrichtung Kommunikationstechnik hier in Meschede sehr gut. Für den Standort sprechen auch die gute Betreuung der Studierenden, der hohe Praxisbezug des Studiums und nicht zuletzt die Nähe zu meinem Wohnort.« Felix Schulte aus Rietberg, Maschinenbau »Ich habe Bewertungen von Hochschulen im Internet verglichen. Mir war vor allem der Praxisbezug sehr wichtig. Und es ist nah an meinem Heimatort.« Marie-Theres Heß aus Bad Berleburg, International Management (with Engineering) »Die Fachhochschule hier hat einen guten Ruf und eine überschaubare Größe. Besonders gefällt mir radioFH, der Radiosender der Hochschule.« Ricarda Johr aus Olpe »Ich studiere kooperativ den Studiengang Wirtschaft mit dem Unternehmen Kirchhoff Automotive am Standort Attendorn.« Andreas Spiegel, Wirtschaftsingenieurwesen Elektrotechnik »Für das Wirtschaftsingenieurwesen entschied ich mich zum einen aufgrund der guten Berufsaussichten und zum anderen wegen des wirtschaftlichen Aspekts. Für den Standort Meschede sprachen die Nähe zu meinem Wohnort und Empfehlungen von Bekannten.« Carina Wehn, Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau »Das Wirtschaftsingenieurwesen stellt für mich eine wichtige Schnittstelle zwischen den Ingenieurwissenschaften und den Wirtschaftswissenschaften dar. Für Meschede habe ich mich wegen des guten Hochschulrankings und der vielen Wahlpflichtfächer entschieden. Besonders gut gefallen mir hier die Betreuung der Studierenden durch die Professoren sowie die kleinen Übungsgruppen.« Dominik Hennecke, Masterstudiengang Informations- und Kommunikationssysteme und deren Management »Ich habe in Meschede schon meinen Bachelor in Elektrotechnik absolviert und war mit der Betreuung sehr zufrieden. Wichtig ist mir die Möglichkeit, berufsverträglich zu studieren. Die Veranstaltungen im Masterstudiengang sind meist spätnachmittags. So kann ich in meinem Beruf weiterarbeiten.« Dennis Kwarteng aus Goslar, Masterstudiengang Wirtschaft »Ich wollte keine anonyme Nummer an einer großen Hochschule sein. Über Freunde habe ich von der Fachhochschule in Meschede erfahren. Sie haben erzählt, dass die Betreuung hier einfach gut ist. Und da hatten sie recht.« 104 Verzeichnis der Abbildungen/Bildnachweis: Titelseite Fotomontage, Fachhochschule Südwestfalen, Stadtarchiv Meschede 105 Innenteil Archiv Bernd Schulte, Meschede: Seite 18, 20, 23, 27, 47 Archiv Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften: Seite 15, 26, 28, 29, 30, 58, 65, 67, 68, 69, 71, 72 o. l., 74 u. l., 76, 85, 87, 91, 95, 98, 99, 100, 101, 103 Archiv Verein der Freunde und Förderer der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede: Seite 73 Funke Mediengruppe/Westfalenpost (Redaktion Meschede): Seite 21, 38, 74 o. r., 75 Broschüre »Mescheder Fachhochschule«, Hrsg. Fachhochschule Südostwestfalen (1971): Seite 45 Broschüre »25 Jahre Ingenieurausbildung in Meschede«: Seite 60, Überlassen durch Hochschulgemeinde der Fachhochschule Südwestfalen, Standort Meschede: Seite 31 Privatbesitz Hubert Lohmann: Seite 57, 63 Privatbesitz KettenWulf GmbH, Eslohe: Seite 93 Privatbesitz Mennekes Elektrotechnik GmbH, Kirchhundem: Seite 48, 49 Privatbesitz Prof. Dr. Jürgen Bechtloff: Seite 89, 90 Privatbesitz Prof. Dr. Hubert Willi Klein: Seite 72 u. r., Privatbesitz Werner Schmitt: Seite 53 Portraitfotos von Einzelpersonen wurden mit deren Einverständnis durch Mitarbeiter der Fachhochschule Südwestfalen erstellt oder durch aus dem Privatbesitz der dargestellten Personen zur Verfügung gestellt.