Zur Extraktion von Neutrinosignalen aus Himmelskarten auf Basis
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Zur Extraktion von Neutrinosignalen aus Himmelskarten auf Basis
Zur Extraktion von Neutrinosignalen aus Himmelskarten auf Basis von Multipolkoeffizienten von Kai Fabian Bindel 2. Oktober 2013 Bachelorarbeit in Physik vorgelegt der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der RWTH Aachen im September 2013 angefertigt im III. Physikalischen Institut B bei Professor Christopher Wiebusch Ich versichere, dass ich die Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt sowie Zitate kenntlich gemacht habe. Aachen, den 2. Oktober 2013 Fabian Bindel ii Inhaltsverzeichnis 1 Motivation 1 1.1 Neutrinosignale aus Dunkler Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Halomodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Daten 7 2.1 Der IceCube-Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2 Experimenteller Datensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.3 Simulation von Ereignissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.3.1 Untergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.3.2 Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3 Analysemethode 14 3.1 Kugelflächenfunktionen und Multipolkoeffizienten . . . . . . . . . . . 14 3.2 Hin- und Rückentwicklung der Himmelskarten . . . . . . . . . . . . . 15 3.3 Gewichtung der Multipolkoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.4 Rückentwicklung in Himmelskarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.5 Histogrammierung gegen Winkelabstand zum Galaktischen Zentrum 18 4 Ergebnisse 21 4.1 Einfluss durch zenitabhängige Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . 21 4.2 Hinzufügen von Gewichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.2.1 Dem Halomodell entsprechende Gewichtung . . . . . . . . . . 24 4.2.2 Gewichtung aus anderen Modellen . . . . . . . . . . . . . . . 24 Normierung und Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.3 5 Fazit und Ausblick 32 iii Abbildungsverzeichnis 1.1 Feynman-Diagramm der Selbstannihilation Dunkler Materie . . . . . 2 1.2 J(ψ)-Veranschaulichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.3 J(ψ)-Himmelskarte für NFW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.4 Energiespektrum Dunkler-Materie-Teilchen . . . . . . . . . . . . . . 5 1.5 Dichte Dunkler Materie und J(ψ) verschiedener Modelle. . . . . . . 6 2.1 IceCube-Skizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2 IceCube-Akzeptanz für Untergrund und Signal . . . . . . . . . . . . 9 2.3 Himmelskarte simulierter Untergrundereignisse . . . . . . . . . . . . 10 2.4 Winkelauflösung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.5 Himmelskarte simulierter Signalereignisse nach NFW . . . . . . . . . 12 2.6 Flussdiagramm der Signalsimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.1 alm -Mittelwerte für Untergrund und Signal . . . . . . . . . . . . . . 16 3.2 Vergleich zwischen a2,1 für Untergrund und Signal . . . . . . . . . . 17 3.3 Rückentwickelte Himmelskarten nach NFW . . . . . . . . . . . . . . 19 3.4 Winkelabstand der Himmelskarten zum Galaktischen Zentrum . . . 20 4.1 Vergleich der Auftragung ohne Gewichte mit und ohne al0 bei reinem Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 22 Vergleich ungewichteter Histogramme mit und ohne al0 bei reinem Untergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.3 Vergleich gewichteter Histogramme mit und ohne al0 bei reinem Signal 26 4.4 Gewichtetes Histogramm für 1 000 Signalereignisse. . . . . . . . . . . 27 4.5 Halomodell NFW mit Gewichten von Moore und Burkert . . . . . . 28 4.6 Modellanpassung für NFW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.7 Modellanpassung für Burkert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.8 Modellanpassung für Moore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 iv 1 Motivation Ziel dieser Arbeit ist es zu untersuchen, ob mittels Multipolentwicklung von Neutrinosignalen, wie sie vom IceCube-Detektor gemessen werden, eine Aussage über die Verteilung der Dunklen Materie in der Milchstraße getroffen werden kann. 1.1 Neutrinosignale aus Dunkler Materie In den letzten Jahrzehnten haben Beobachtungen des Universums gezeigt, dass – sofern das Gravitationsgesetz in seiner bisherigen Form Gültigkeit behalten soll – sogenannte Dunkle Materie existieren muss, welche zwar gravitativ, allerdings nicht elektromagnetisch wechselwirkt und somit nicht zu sehen ist. Diese Schlussfolgerung ergibt sich unter anderem daraus, dass sich die Bewegung von Galaxien mit der bisher entdeckten Materie nicht nachvollziehen lässt und weitere Materie existieren muss [1]. Elementarteilchen Dunkler Materie werden zumeist mit χ bzw. mit χ̄ für die Antiteilchen bezeichnet. In dieser Arbeit werden diese Teilchen als sog. WIMPs (Weakly Interacting Massive Particles), also als massereiche, ausschließlich schwach wechselwirkende, Teilchen verstanden. Ihre Massen werden in Bereichen von einigen GeV bis hin zu mehreren 100 TeV angenommen. Hier wird eine Masse von mχ = 600 GeV benutzt. Die Theorie der WIMPs und ihre Einschränkungen werden in [2, 3] motiviert. Es wird in dieser Arbeit angenommen, dass es Teilchen Dunkler Materie möglich ist, per Selbstannihilation über den W+ W− -Kanal Neutrinos zu produzieren (Abb. 1.1). Bei dieser Reaktion entstehen zwei W-Bosonen, die wiederum später Teil einer Wechselwirkung sind, wobei Neutrinos ausgesandt werden. In dem späteren Datensatz wird diese Quelle von Neutrinoereignissen allerdings einen sehr kleinen Teil ausmachen, d. h. die Messdaten werden durch Untergrund dominiert sein. 1.2 Halomodelle Beobachtungen der Rotationsgeschwindigkeit von Sternen und Gas in Zwerggalaxien in Abhängigkeit des Abstands zu den Galaxiezentren dienen als Grundlage verschie- 1 Kapitel 1. Motivation χ W ν χ̄ W̄ ν̄ Abbildung 1.1: Feynman-Graph der Selbstannihilation Dunkler-Materie-Teilchen χ im W+ W− -Kanal. Modell α β γ δ rs [kpc] Burkert [4] Moore [5] NFW [6] 2 1,5 1,5 3 3 3 1 1,5 1 1 0 0 9 28 20 ρ0 h GeV cm3 i 0,43 0,27 0,3 Tabelle 1.1: Übersicht der verwendeten Modelle und ihrer Parametrisierung wie in Gleichung (1.1) beschrieben. dener Halomodelle, wie Dunkle Materie in Galaxien verteilt sein könnte. Der Halo einer Galaxie umschließt alle Objekte, die um das Zentrum der Galaxie rotieren – der Halo ist damit größer als die sichtbare Galaxie und hat zumeist eine kugelähnliche Form. Alle in dieser Arbeit verwendeten Modelle (Tabelle 1.1) haben gemein, dass sie von einer Dichte der Form ρDM (r) = ρ0 r δ+ rs −γ 1+ r rs α (γ−β)/α (1.1) in Abhängigkeit vom Abstand r zum Galaktischen Zentrum für diesen DunkleMaterie-Halo ausgehen [7]. In der Formel sind α, β, γ, δ modellabhängige Parameter, ρ0 wird so gewählt, dass das Modell für den Bereich des Sonnensystems die richtige Dichte Dunkler Materie voraussagt, rs ist ein Skalierungsfaktor, der für unterschiedliche Galaxien verschieden ist. Dargestellt ist ρDM in Abbildung 1.5a. Das Navarro-Frenk-White-Modell (NFW ) ist ein populäres Modell, Burkert und Moore zwei Extremfälle für die mögliche Verteilung der Dunklen Materie. Moore und NFW resultieren aus N-Körper-Simulationen. Die wesentlichen Unterschiede der Modelle sind zum einen, dass ρDM für Burkert nicht im Galaktischen Zentrum divergiert und Moore in der Nähe des Galaktischen Zentrums eine höhere Dichte vorhersagt als NFW. Es existieren auch weitere Halomodelle, die hier nicht weiter betrachtet 2 Kapitel 1. Motivation werden [8, 9, 10]. Für eine Selbstannihilation werden zwei Dunkle-Materie-Teilchen benötigt, d. h. die Wirkungswahrscheinlichkeit skaliert mit ρ2DM . Gemessen wird der Neutrinofluss [9] dφν hσA νi RSC · ρ2SC dN = J(ψ) . dE 2 4πm2χ dE (1.2) Hier beschreiben mχ die Masse des Dunkle-Materie-Teilchens und dN dE das Ener- giespektrum der Neutrinos (zu sehen in Abbildung 1.4), wie es durch DarkSUSY [11] berechnet wurde. Dabei wurde für jeden Kanal ein Verzweigungsverhältnis von 100 % angenommen. hσA νi 2 ist der geschwindigkeitsgemittelte Wirkungsquerschnitt der Selbstannihilation pro Teilchen. Es muss der Fluss entlang der Sichtlinie berücksichtigt werden, daher wird eine Integration Z lmax J(ψ) = dl ρ2DM q 2 − 2lR 2 RSC SC cos (ψ) + l RSC ρ2SC 0 , (1.3) durchgeführt [7]. Siehe auch Abbildung 1.2 zur Erklärung der Größen. Hier steht lmax Sonne ψ RMW RSC G. Z. Abbildung 1.2: Zur Veranschaulichung der Formel für J(ψ) aus Gleichung (1.3). G. Z. steht für Galaktisches Zentrum, RMW für den Radius der Milchstraße. Abbildung aus [12] (modifiziert). ψ für den Winkelabstand zwischen Galaktischem Zentrum und der betrachteten Richtung; ρ2SC und RSC sind Skalierungsfaktoren, lmax die Entfernung zwischen Erde und dem Rand der Galaxie unter dem Winkel ψ. ρ2SC wird für die Milchstraße derart gewählt, dass u. a. ρSC (Sonne) ≈ ρSonnensystem . Das so ausgewertete Integral für die in dieser Arbeit verwendeten Modelle ist in Abbildung 1.5b gezeichnet und für NFW 3 Kapitel 1. Motivation J(ψ)-Himmelskarte für das NFW-Modell 0 J(ψ) 7.6 Abbildung 1.3: J(ψ) aus Gleichung (1.3) für NFW als Himmelskarte in äquatorialen Koordinaten. Das Maximum der Funktion ist beim Galaktischen Zentrum. In dieser Arbeit wird nur die nördliche Hemisphäre betrachtet, deshalb ist die südliche Hemisphäre hier ausgeblendet. ist es als Himmelskarte in Abbildung 1.3 eingetragen. Deutlich sind die Unterschiede zwischen den Modellen für ψ . 30 ◦ , für größere Winkel sind sich die Modelle ähnlich. 4 Kapitel 1. Motivation Abbildung 1.4: Energiespektrum der Teilchen Dunkler Materie. Für diese Arbeit wird nur das Spektrum des W + W − -Kanals verwendet. Abbildung entstammt [13]. 5 Kapitel 1. Motivation Dunkle-Materie-Dichte 104 NFW Burkert Moore 103 GeV ρDM in cm 3 102 101 100 10-1 10-2 10-3 -3 10 10-1 10-2 101 100 102 Abstand r zum Galaktischen Zentrum in kpc (a) Dichte Dunkler Materie verschiedener Modelle doppellogarithmisch aufgetragen Sichtlinienintegral 107 NFW Burkert Moore 106 105 J(ψ) 104 103 102 101 100 0 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 (b) Sichtlinienintegral verschiedener Modelle Abbildung 1.5: (a) Dichte Dunkler Materie in Abhängigkeit vom Abstand zum Galaktischen Zentrum und (b) Sichtlinienintegral für die Verteilung von Dunkler Materie in Abhängigkeit des Winkelabstands ψ zum Galaktischen Zentrum. 6 2 Daten 2.1 Der IceCube-Detektor IceCube ist ein am Südpol befindliches Experiment zur Detektion von Neutrinos [14]. Das Detektorvolumen bemisst insgesamt ca. 1 km3 ; in das Eis sind in hexagonaler Anordnung Kabel eingelassen, an denen jeweils sechzig Digitale Optische Module (DOMs), hauptsächlich bestehend aus Photomultipliern, in einer Tiefe zwischen 1 500 m und 2 500 m angebracht sind. Sie detektieren das Cherenkowlicht [15, S. 107], das entsteht, wenn hochenergetische Neutrinos und Myonen mit den Nukleonen des Eises schwach wechselwirken. Ein schematischer Aufbau des Detektors ist in Abbildung 2.1 zu sehen. IceCube kann mit der Erweiterung DeepCore Neutrinos ab der einer Energie in der Größenordnung von 10 GeV detektieren. Der Detektor wurde bereits genutzt, bevor alle Kabel in das Eis eingelassen wurden. Um die verschiedenen Versionen zu kennzeichnen, wird die Anzahl der eingebauten Kabel hinter das Kürzel „IC“ gesetzt. Daten wurden mit IC22, IC40, IC59, IC79 und dem fertiggestellten Detektor mit Kürzel IC86 aufgenommen. Durch die Lage am Südpol besteht zu jeder Zeit eine feste Beziehung zwischen Deklination und dem Zenitwinkel. Die Akzeptanz des Detektors ist nur von Deklination und Energiespektrum abhängig. Sie ist für Untergrund und die in dieser Arbeit gewählte Energie in Abbildung 2.2 dargestellt. 2.2 Experimenteller Datensatz Die genutzten experimentellen Daten sind mit IC79 aufgenommen worden. Diese Konfiguration des Detektors ist vom 31. Mai 2010 bis zum 12. Mai 2011 aktiv gewesen. Aus diesen Daten sind nur jene Ereignisse, die von der nördlichen Hemispähre kommen, verwendet worden. Ohne diese Einschränkungen kämen mehr Signale durch Myonen und Neutrinos, die in der Atmosphäre entstehen als Untergrund hinzu. Zudem ist der Datensatz vorab nach verschiedenen Qualitätskriterien mittels eines Boosted Decision Tree (BDT ) selektiert worden, um Untergrundereignisse weiter 7 Kapitel 2. Daten IceCube Lab IceTop 81 Stations 324 optical sensors 50 m IceCube Array 86 strings including 8 DeepCore strings 5160 optical sensors 1450 m DeepCore 8 strings-spacing optimized for lower energies 480 optical sensors Eiffel Tower 324 m 2450 m 2820 m Bedrock Abbildung 2.1: Skizze des IceCube-Detektors [16]. Die zu IC79 gehörigen Kabel sind an der Oberfläche die hexagonal angeordneten Punkte mit Ausnahme der orange gefärbten. Einzelne Detektorkomponenten sind eingezeichnet. zu reduzieren. Der resultierende Datensatz enthält 57 281 von IceCube registrierte Ereignisse [17]. 8 Kapitel 2. Daten 1.4 Zenitakzeptanz von IceCube Relative Akzeptanz 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.01.0 Hintergrund Signal 0.8 0.6 cos(θ) 0.4 0.2 0.0 Abbildung 2.2: Akzeptanz des IceCube-Detektors in Abhängigkeit des Zenitwinkels θ für ein Energiespektrums eines χ mit Masse mχ = 600 GeV im W + W − -Kanal. Die Abhängigkeit der Rektaszension mittelt sich aufgrund der Erdrotation heraus. Die Kurven sind so normiert, dass die Fläche unter ihnen je 1 entspricht. Zusammensetzung der Daten Der größte Teil der von IceCube registrierten Ereignisse sind Neutrinos und Myonen, die in der Erdatmosphäre entstehen. Um die Zahl der Myonen zu unterdrücken, werden nur Ereignisse von der nördlichen Hemisphäre genommen, da Myonen die Erde nicht durchdringen. Die Anzahl der Ereignisse aus atmosphärischen Neutrinos wird aufgrund des geringen Wirkungsquerschnittes nicht nennenswert durch diese Methode reduziert. 2.3 Simulation von Ereignissen Für die Untersuchungen in dieser Arbeit müssen Ereignisse simuliert werden. Diese simulierten Ereignisse werden in Himmelskarten der Neutrinoankunftsrichtungen eingetragen, wobei das äquatoriale Koordinatensystem genutzt wird. Dazu muss die Menge an Ereignissen insgesamt für eine zu erstellende Himmelskarte angegeben werden (N ), sowie die Anzahl der Ereignisse daraus, die als Signal erzeugt werden 9 Kapitel 2. Daten sollen (Ns ). Dabei ist Ns ≤ N ≤ 57 281, da 57 281 die Anzahl der Messwerte ist. 2.3.1 Untergrund Alle gemessenen Ereignisse im experimentellen Datensatz werden als Grundlage für die Untergrundereignisse verwendet. Dies ist sinnvoll, da echte Detektorereignisse kleinere Unsicherheiten haben als Monte-Carlo-Simulationen. Des Weiteren wird erwartet, dass die experimentellen Daten stark von Untergrundereignissen dominiert werden und somit nicht viele Signalereignisse zur Untergrundsimulation eingehen. Ein zufälliger Eintrag wird für jedes zu simulierende Untergrundereignis ausgewählt. Die Deklination des Ereignisses bleibt bestehen, doch die Rektaszension wird gleichverteilt neu generiert. Dieser Vorgang wird wiederholt, bis genügend (d. h. N − Ns ) Hintergrundereignisse erzeugt worden sind. Abbildung 2.3 zeigt eine reine Untergrundhimmelskarte. Reine Hintergrundhimmelskarte 0 Ereignisse 4 Abbildung 2.3: Himmelskarte von generierten Untergrundereignissen auf der Nordhalbkugel in äquatorialen Koordinaten. 2.3.2 Signal Die Simulation von Signalereignissen erfolgt nicht auf Grundlage der IceCube-Daten, sondern nach einem Monte-Carlo-Verfahren, welches auf einer vollständigen Detektorsimulation beruht. Dargestellt ist dieses Verfahren schematisch in Abbildung 2.6. Es werden Deklination und Rektaszension gleichverteilt zufällig gewählt und danach 10 Kapitel 2. Daten Winkelauflösung 0.12 Winkelauflösung Wahrscheinlichkeit 0.10 0.08 0.06 0.04 0.02 0.000 5 10 Winkelabstand ψ in ◦ 15 20 Abbildung 2.4: Winkelauflösung für mχ = 600 GeV im W + W − -Kanal. Um Winkel größer 20 ◦ wird nicht verschoben. per Verwurfsverfahren verglichen, ob diese Koordinaten in Abhängigkeit des Winkelabstands zum Galaktischen Zentrum mit dem J(ψ) des gewählten Halo-Modells verträglich sind. Daran schließt sich die Berücksichtigung der Winkelauflösung nach Abb. 2.4 an, wodurch die Koordinaten des Ereignisses um einen kleinen Winkel mit der angegebenen Wahrscheinlichkeit verschoben werden. Dies geschieht in Abhängigkeit der Ankunftsrichtung eines simulierten Neutrinos, nicht für die Bewegungsrichtung des simulierten Myons selbst. Für diese verschobenen Koordinaten wird nun das Kriterium überprüft, ob das Ereignis auf der nördlichen Hälfte der Himmelskarte liegt. Abschließend wird geprüft, ob das Ereignis aufgrund der Akzeptanz des Detektors und der Datenselektion an der Stelle angenommen wird. Dieser Algorithmus wird wiederholt, bis Ns Ereignisse eingetragen sind. Abbildung 2.5 zeigt eine Himmelskarte mit reinem Signal, also mit N = Ns , nach dem NFW -Modell. Eine Häufung links in Äquatornähe, entsprechend dem J(ψ), ist deutlich erkennbar. 11 Kapitel 2. Daten NFW-Himmelskarte, reines Signal 0 Ereignisse 5 Abbildung 2.5: Himmelskarte nach dem NFW -Modell mit reinem Signal in äquatorialen Koordinaten. 12 Kapitel 2. Daten (θ, φ) gleichverteilt wählen. Start Mit J(ψ) vereinbar? Nein Ja Wegen Winkelauflösung um kleinen Winkel verschieben zu (θ0 , φ0 ). Ja θ0 noch auf nördlicher Hemisphäre? Nein Ja Ereignis in Himmelskarte eintragen. Wird Ereignis von IceCube akzeptiert? Ja Nein Abbildung 2.6: Flussdiagramm der Generierung eines Signalereignisses für die Himmelskarten. Diese Schritte werden wiederholt, bis Ns Ereignisse in die Himmelskarte eingetragen werden. 13 3 Analysemethode Die aus den Simulationen erzeugten Himmelskarten werden in Multipolkoeffizienten entwickelt. Auf diese wird eine Gewichtung angewendet, bevor eine Rückentwicklung stattfindet. Dies steht in Analogie zu beispielsweise Bandpassfiltern; elektrische Signale dort werden in den Fourierraum transformiert und der zu analysierende Frequenzbereich isoliert. Nach einer Rücktransformation sind die Daten von ungewünschten Signalen befreit. Die rückentwickelten Himmelskarten werden anschließend gegen den Winkelabstand zum galaktischen Zentrum hin in Histogrammen aufgetragen. Diese Histogramme werden daraufhin untersucht und es wird eine Gewichtung genutzt, die das Signal isoliert. 3.1 Kugelflächenfunktionen und Multipolkoeffizienten Die Kugelflächenfunktionen 1 Ylm (θ, φ) = √ 2π s 2l + 1 (l − m)! Plm (cos θ) eimφ 2 (l + m)! (0 ≤ l, m ≤ l) (3.1) mit den zugeordneten Legendrepolynomen Plm (siehe auch [18, S. 126 ff.]) eignen sich, um Kugeloberflächen zu beschreiben. φ ist dabei die Rektaszension mit φ ∈ [0,2π) und θ der Zenit mit θ ∈ [0, π). Durch ihre Orthogonalität und Vollständigkeit können in ihnen beliebige quadratintegrable Funktionen f (θ, φ) entwickelt werden; die Enwicklungskoeffizienten sind dabei gegeben durch Z alm = Ω ∗ , dΩf (θ, φ)Ylm (3.2) wobei Ω der gesamte Raumwinkel ist. In dem hier vorgestellten Fall ist die Funktion f eine Himmelskarte, gegeben durch f (θ, φ) = N X δ(cos θ − cos θi ) · δ(φ − φi ), i=1 14 (3.3) Kapitel 3. Analysemethode mit N als Anzahl der Punkte in der Himmelskarte, welche jeweils die Koordinaten (θi , φi ) haben. Die Koeffizienten al0 , also jene mit m = 0, sind nur von θ abhängig und somit rotationssymmetrisch zur vertikalen Achse. Die Koeffizienten sind im Allgemeinen komplexe Größen, deren Phase und Betrag mit ϕ(alm ) bzw. kalm k bezeichnet werden. 3.2 Hin- und Rückentwicklung der Himmelskarten Es werden nur Koeffizienten bis zu einem Wert lmax = 100 entwickelt, da sich dies als ausreichende Genauigkeit erwiesen hat, um großskalige Anisotropien zu suchen. Dies zeigt sich insbesondere in Abbildung 3.1 für den Fall mit 0 Signalereignissen. Die meiste Information liegt dort in den al0 , da die φ-Abhängigkeit in IceCube aufgrund der Erdrotation wesentlich kleiner ist als die θ-Abhängigkeit aus Abb. 2.2. Des Weiteren ist zu erkennen, dass auch bei vollem Signal die meiste Information in Koeffizienten mit m < 10 liegt und die Stärke bei steigendem l abnimmt. Das hier gewählte lmax führt zu einer Winkelauflösung von ∆ψ ≈ 180 ◦ lmax = 1,8 ◦ . Je höher l, desto weniger Information trägt der einzelne Koeffizient. 3.3 Gewichtung der Multipolkoeffizienten Die Himmelskarten werden in Multipolkoeffizienten transformiert. Halo- und Hintergrundkoeffizienten befinden sich an verschiedenen Stellen der komplexen Zahlenebene. Für reinen Hintergrund wird erwartet, dass dort die Koeffizienten keine Information tragen und daher statistisch um den Nullpunkt verteilt sind, wie auch in Abb. 3.2 dargestellt. Für jedes Halomodell ergibt sich aufgrund der erwarteten Struktur auf der Kugeloberfläche eine charakteristische Verteilung der alm,halo . Um die Koeffizienten der entwickelten Himmelskarte mit dem Modell des Halos vergleichen zu können, wird eine Projektion alm,proj = kalm k cos [ϕ(alm ) − hϕ(alm,halo )i] (3.4) [7] benutzt, welche die Phase des alm aus den Daten mit der erwarteten der alm,halo aus dem Halomodell vergleicht. hxi beschreibt den Mittelwert von x. Durch die Projektion wird eine reelle Zahl erzeugt, die bei orthogonalen Phasen 0 ergibt und negativ wird für Phasendifferenzen ∆φ ∈ (π/2, 3π/2). Diese Projektion wird für die Gewichtung der Koeffizienten nötig sein. 15 Kapitel 3. Analysemethode ® log( |alm| ) für reinen Untergrund 0.8 1.2 80 log10( |alm| ) 1.6 2.0 ® 60 l 2.4 40 2.8 3.2 20 0 3.6 4.0 0 20 40 m 60 80 (a) Reiner Untergrund ® log( |alm| ) für reines Signal 0.6 0.9 80 1.2 log10( |alm| ) 1.5 ® 60 l 1.8 40 2.1 2.4 20 0 2.7 3.0 0 20 40 m 60 80 (b) Reines Signal Abbildung 3.1: Logarithmische Auftragung der gemittelten Werte der alm aus 510 Himmelskarten, die nach dem NFW -Modell erzeugt wurden für (a) reinen Untergrund und (b) reines Signal. Die Gewichtung ist aus [7, 19] entnommen und durch den Pull motiviert. Dies berücksichtigt, dass große Unterschiede zwischen Hintergrund und Signal auch stark gewichtet werden, wenn die Standardabweichung klein ist. Wenn Untergrund- und Haloprojektion sich relativ zur Standardabweichung nicht stark unterscheiden, ist 16 Kapitel 3. Analysemethode 0.10 Verteilung der a2,1 in der komplexen Zahlenebene 0.08 a2,1 (Ns =57281) a2,1 (Ns =0) Im 0.06 0.04 0.02 0.00 0.020.004 0.002 0.000 0.002 Re 0.004 0.006 0.008 0.010 Abbildung 3.2: Darstellung der Streuung um den Nullpunkt in der komplexen Ebene anhand des Multipolkoeffizienten a2,1 aus 510 Himmelskarten. das Gewicht klein. Die Gewichte, mit denen die alm für die Rückentwicklung später multipliziert werden, sind durch ha lm,proj,halo i − halm,proj,bgd i wlm = σ(alm,proj,bgd ) (3.5) bestimmt. σ(x) beschreibt die Standardabweichung von x. alm,proj,bgd sind die projizierten Koeffizienten reiner Hintergrundereignisse. 3.4 Rückentwicklung in Himmelskarten Sind die Gewichte bestimmt, werden für die Rückentwicklung der Karten neue a0lm bestimmt, die sich einfach nach a0lm = alm wlm ergeben. Die neue Himmelskarte ist dann f 0 (θ, φ) = lX max l X a0lm Ylm . (3.6) l=1 m=0 Rückentwickelte Karten für reinen Hintergrund und reines Signal sind in Abbildung 3.3 zu finden. Durch die Gewichtung ist die Struktur der Karte gröber, es gibt keine 17 Kapitel 3. Analysemethode kleinen Punkte mehr. Die Form des Halos ist im Gegensatz zur Hintergrundkarte auf der Karte mit ausschließlich Signal klar zu erkennen. Beim Hintergrund hingegen kann keine klare Struktur ausgemacht werden, die Werte fluktuieren um Null. Dies zeigt sich in der Stärke der Koeffizienten in Abb. 3.3, für reines Signal ist das Maximum bei 25,94 und das Minimum bei −16,67, für reinen Untergrund sind die Werte mit Maximum 0,23 und Minimum −0,26 deutlich kleiner. Aufgrund der Geometrie der alm sind nun auch die Pixel auf der südlichen Hemisphäre von Null verschieden. Diese Pixel gehen in die weitere Analyse allerdings nicht ein. 3.5 Histogrammierung gegen Winkelabstand zum Galaktischen Zentrum Für jeden Pixel auf der Nordhalbkugel der rückentwickelten Himmelskarten wird der Winkelabstand zum Galaktischen Zentrum berechnet (vgl. Abbildung 3.4). Dieser Winkelabstand wird – entsprechend einer Farbe in Abb. 3.4 – in ein Histogramm eingetragen, welches somit eine Messgröße histogrammiert. Je nach Verfahren, welche Informationen histogrammiert werden, ändert sich diese Messgröße: Wenn die Koeffizienten al0 nicht auf eine Stärke von Null reduziert werden (siehe Kapitel 4.1), ist die Messgröße – ausgenommen von gegebenenfalls existierenden Gewichtungen und anderen Proportionalitätskonstanten – gegeben als α(ψ) = J(ψ)ε(ψ)∆Ω(ψ)Θ(θ − π/2). (3.7) Dabei entsprechen ε(ψ) der Detektorakzeptanz, ∆Ω(ψ) dem Raumwinkelanteil und Θ der Stufenfunktion um zu berücksichtigen, dass nur Signale der Nordhalbkugel in die Berechnung mit eingehen. Durch das Histogrammieren wird also das Modell, ausgedrückt durch J(ψ), mit Detektoreigenschaften und der Geometrie des Problems verbunden. Mit wl0 = 0 wird der Teil von J(ψ), der bei festem θ konstant ˆ in der Rektaszension ist, nicht weiter berücksichtigt. Dieser Beitrag wird als J(ψ) bezeichnet und somit ergibt sich ˆ α̂(ψ) = J(ψ) − J(ψ) ε(ψ)∆Ω(ψ)Θ(θ − π/2). (3.8) Das heißt, dass durch Weglassen der Koeffizienten al0 eine direkte Aussage über das ˆ Modell nicht mehr möglich ist, da der Ausdruck J(ψ) − J(ψ) nicht notwendigerweise konstant ist. Die Fehlerbalken geben die Streuung des jeweiligen Bins unter allen simulierten 18 Kapitel 3. Analysemethode Gewichtete NFW-Himmelskarte, reiner Hintergrund -0.26 Ereignisse 0.23 (a) Reiner Hintergrund Gewichtete NFW-Himmelskarte, reines Signal -16.67 Ereignisse 25.94 (b) Reines Signal Abbildung 3.3: Rückentwickelte Himmelskarten für das NFW -Modell für (a) reinen Untergrund und (b) reines Signal. Himmelskarten an. Dadurch, dass nur noch große Strukturen in den Himmelskarten vorkommen, beeinflussen sich die Werte benachbarter Bins. Diese Fehler sind von Bin zu Bin stark korreliert. 19 Kapitel 3. Analysemethode Raumwinkelfläche 0 ψ in ◦ 175 Abbildung 3.4: Winkelabstand der Himmelskarten zum Galaktischen Zentrum. Jede Farbe entspricht einem 5 ◦ -Schritt. 20 4 Ergebnisse 4.1 Einfluss durch zenitabhängige Koeffizienten Aufgrund der starken θ-Abhängigkeit der Akzeptanz des Detektors sind die al0 Koeffizienten jene, die am meisten Information tragen. Die Zenitakzeptanz hat eine systematische Unischerheit von einigen Prozent, weshalb im Folgenden versucht wird, reine θ-Abhängigkeiten zu ignorieren. Damit werden Unsicherheiten verkleinert. Wenn die al0 nicht eingetragen werden, also wl0 = 0 gesetzt wird, führt das zu einer erkennbaren Änderung der Histogramme. Reines Signal Eine Unterscheidung des Signals vom Untergrund ist in beiden Diagrammen in Abbildung 4.1 signifikant möglich. Der Einfluss der al0 ist ebenfalls erkennbar. Charakteristisch ist, dass bei Berücksichtigung der Koeffizienten alle Werte positiv sind. Bei einer Rückentwicklung ohne diese findet ein Vorzeichenwechsel in der Nähe von 90 ◦ statt, da dort weniger Signale vorkommen und die Struktur des Halos deutlich wird. Geringes Signal Bei einer Signalstärke von Ns = 1 000 ist es nicht möglich, Signal und Untergrund voneinander zu unterscheiden (Abb. 4.2). Auch findet bei Weglassen der al0 nicht ein konkreter Vorzeichenwechsel statt, die Werte für das Signal fluktuieren um die Null. Im Folgenden werden in dieser Arbeit keine weiteren Diagramme bei Ns = 1 000 gezeigt, da keine Unterscheidung vom Untergrund möglich ist. Es gibt einen Punkt Nsmin , der im Rahmen dieser Arbeit nicht ermittelt wurde, ab dem eine signifikante Unterscheidung möglich ist. Dies folgt daraus, dass bei reinem Signal eine Unterscheidung gelingt. 21 Kapitel 4. Ergebnisse α-Histogramm einer NFW-Himmelskarte ohne Gewichtung Ns =0 Ns =57281 4000 3500 3000 α(ψ) 2500 2000 1500 1000 500 00 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 (a) wlm = 1 α̂-Histogramm einer NFW-Himmelskarte ohne Gewichtung Ns =0 Ns =57281 1500 2000 α̂(ψ,θ) 1000 500 0 500 1000 15000 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 (b) wl0 = 0 Abbildung 4.1: Vergleich zwischen (a) wlm = 1 für alle m mit dem Fall (b), dass explizit wl0 = 0 gesetzt wird für das NFW -Modell mit 57 281 Signalereignissen, um den Einfluss der al0 zu veranschaulichen. In jedem Histogramm sind zum Vergleich auch reine Hintergrundsignale enthalten (Ns = 0). 22 Kapitel 4. Ergebnisse 2500 α-Histogramm einer NFW-Himmelskarte ohne Gewichtung Ns =0 Ns =1000 2000 α(ψ) 1500 1000 500 00 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 (a) wlm = 1 200 150 α̂-Histogramm einer NFW-Himmelskarte ohne Gewichtung Ns =0 Ns =1000 100 α̂(ψ,θ) 50 0 50 100 150 2000 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 (b) wl0 = 0 Abbildung 4.2: Vergleich zwischen (a) wlm = 1 für alle m mit dem Fall (b), dass explizit wl0 = 0 gesetzt wird für das NFW -Modell mit 1 000 Signalereignissen, um den Einfluss der al0 zu veranschaulichen. In jedem Histogramm sind zum Vergleich auch reine Hintergrundsignale enthalten (Ns = 0). 23 Kapitel 4. Ergebnisse 4.2 Hinzufügen von Gewichten In diesem Abschnitt werden die Gewichte wlm wie in Gleichung (3.5) beschrieben auf die einzelnen alm angewandt. Dadurch sollen Hintergrund und Signal besser voneinander separierbar werden. Es werden sowohl Gewichte des simulierten Modells als auch anderer Modelle benutzt. Dies ermöglicht auch die Überprüfung, ob die Daten trotz Anwendung modellfremder Gewichte erlauben, das richtige Modell anhand des Signals zu extrahieren und inwieweit andere Gewichtungen das Ergebnis verzerren. 4.2.1 Dem Halomodell entsprechende Gewichtung Durch Multiplikation der alm mit den wlm soll erreicht werden, dass das Halo-Signal signifikant besser vom Untergrund zu unterscheiden ist. Hier ist es wieder möglich, die al0 nicht zu berücksichtigen. Abbildung 4.3 zeigt den Unterschied zwischen den beiden Möglichkeiten. Die Werte auf der y-Achse sind wesentlich größer als zuvor und der Untergrund wird in beiden Fällen stark gegenüber dem Signal unterdrückt. Damit eignet sich die Gewichtung, um das Signal vom Untergrund aufzutrennen. Da durch die Gewichtung auf große Strukturen optimiert wird und somit der Untergrund sehr klein wird, ist zu erwarten, dass Nsmin mit der Gewichtung kleiner ist als zuvor. Dies ist auch in Abbildung 4.4 nachzuvollziehen, dort kann noch nicht signifikant Signal von Untergrund getrennt werden, im Vergleich zu 4.2 ist aber eine Tendenz zu erkennen. Hier muss eine Arbeit zur Signifikanz erstellt werden. 4.2.2 Gewichtung aus anderen Modellen Abbildung 4.5 zeigt Histogramme für NFW -Himmelskarten mit Gewichten aus den Modellen Burkert und Moore. Eine offensichtliche Änderung der Diagramme findet nicht statt. Die allgemeine Form bleibt erhalten und die Positionen der Peaks sowie des Nulldurchgangs sind in beiden Histogrammen identisch. Die Höhe der jeweiligen Bins ändert sich, jedoch auch zueinander. Eine quantitative Analyse zur Unterscheidbarkeit fand im Rahmen dieser Arbeit nicht statt. 4.3 Normierung und Anpassung Zur Überprüfung der Annahme aus Gleichung (3.7) wird ohne Gewichtung mit al0 zurückentwickelt, nun aber durch die Akzeptanz des Detektors und durch den Raumwinkelanteil (siehe Abbildungen 2.2 und 3.4) geteilt. 24 Kapitel 4. Ergebnisse Darüber hinaus werden Anpassungen an die Modelle angefertigt, um eine quantitative Aussage über die Güte der Annahme machen zu können. Für die Anpassungen werden zwei Parameter, zur Skalierung der Höhe (x0 ) und zur Verschiebung der Funktion (x1 ), genutzt, sodass die Anpassungsfunktion für Modell m mittels gm (ψ) = x0 Jm (ψ) + x1 (4.1) gegeben ist. Für das NFW -Modell ist dies in Abbildung 4.6 dargestellt, für Burkert und Moore in Abbildungen 4.7 und 4.8. Die Anpassung findet nicht über den gesamten Signalbereich statt, da im ersten nichtleeren Bin aufgrund der Verschiebung der Signale sowie durch den sehr kleinen Winkelteil nicht erwartet wird, dass hier dem Modell entsprochen wird. Die Anpassung findet daher im Bereich [30 ◦ , 140 ◦ ] statt. Für die Halomodelle Burkert und NFW liefert die Anpassung des eigenen Sichtlinienintegrals die beste Anpassung, wie auch in Tabelle 4.1 nachzuvollziehen ist. Für das Halomodell Moore hingegen liefert auch NFW die beste Anpassung. Die Anpassungsparameter x1 und x2 aus Gleichung (4.1) sind in Tabelle 4.2 aufgeschrieben. Damit ist zum einen gezeigt, dass J(ψ) tatsächlich aus den Histogrammen extrahierbar ist, zum anderen, dass das Verfahren sensibel genug ist, um das Modell Burkert von den Modellen Moore und NFW bei reinem Signal voneinander zu unterscheiden. Anpassungsmodell Burkert Moore NFW Burkert Moore NFW 1,19 30,72 16,18 13,37 2,93 0,48 5,77 8,64 2,21 Tabelle 4.1: χ2 -Werte der Anpassungen für reines Signal. Die Spalten geben das Halomodell an, die Zeilen das Modell, das angepasst wird. Anpassungsmodell x0 x1 Burkert Moore NFW 0,183 0,170 0,168 0,008 0,012 0,013 Tabelle 4.2: Parameter x0 und x1 wie in Gleichung (4.1) beschrieben für die modelleigenen Anpassungen, d. h. für beispielsweise Burkert-Halomodell und -Gewichtung sind die Werte auch für die Burkert-Anpassung. 25 Kapitel 4. Ergebnisse α-Histogramm einer NFW-Himmelskarte mit Gewichtung Ns =0 Ns =57281 3500000 4000000 3000000 α(ψ) 2500000 2000000 1500000 1000000 500000 00 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 (a) Gewichtet mit al0 300000 200000 α̂-Histogramm einer NFW-Himmelskarte mit Gewichtung Ns =0 Ns =57281 α̂(ψ,θ) 100000 0 100000 200000 3000000 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 (b) Gewichtet ohne al0 Abbildung 4.3: Vergleich für das NFW-Modell bei voller Signalstärke (Ns = 57 281) zwischen Gewichtung mit (a) integrierten al0 und (b) ohne. Die ungewichteten Entsprechungen der Diagramme sind in Abbildung 4.1 zu finden. 26 Kapitel 4. Ergebnisse 80 60 α̂-Histogramm einer NFW-Himmelskarte mit Gewichtung Ns =0 Ns =1000 40 α̂(ψ,θ) 20 0 20 40 60 800 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 Abbildung 4.4: Histogramm inklusive Gewichtung für Ns = 1 000. 27 Kapitel 4. Ergebnisse 300000 200000 α̂-Histogramm einer NFW-Himmelskarte mit Gewichtung Ns =0 Ns =57281 α̂(ψ,θ) 100000 0 100000 200000 3000000 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 (a) NFW mit Burkert-Gewichten 300000 200000 α̂-Histogramm einer NFW-Himmelskarte mit Gewichtung Ns =0 Ns =57281 α̂(ψ,θ) 100000 0 100000 200000 3000000 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 (b) NFW mit Moore-Gewichten Abbildung 4.5: α̂ für Signal und Untergrund mit Gewichten aus (a) Burkert und (b) Moore für Ereignisse, die nach dem NFW-Modell simuliert wurden. Unterschiede zu Abbildung 4.3 sind kaum auszumachen. 28 Kapitel 4. Ergebnisse 1.2 Modellanpassung des NFW-Modells ohne Gewichtung Ns =0 Ns =57281 α(ψ)/²(ψ)/∆Ω(ψ) 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.00 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 Abbildung 4.6: Für das NFW-Modell mit Ns = 57 281 dargestellt ist die Rückentwicklung ohne Gewichtung inklusive der al0 -Koeffizienten geteilt durch Akzeptanz und Raumwinkel im jeweiligen Bin. Dazu sind Anpassungen für die Halo-Modelle eingezeichnet. 29 Kapitel 4. Ergebnisse 1.4 α(ψ)/²(ψ)/∆Ω(ψ) 1.2 Modellanpassung des Burkert-Modells ohne Gewichtung Fit NFW, (χ2 /ndf =16.183) Fit Burkert, (χ2 /ndf =1.193) Fit Moore, (χ2 /ndf =30.718) Ns =0 Ns =57281 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.00 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 Abbildung 4.7: Für das Burkert-Modell mit Ns = 57 281 dargestellt ist die Rückentwicklung ohne Gewichtung inklusive der al0 -Koeffizienten geteilt durch Akzeptanz und Raumwinkel im jeweiligen Bin. Dazu sind Anpassungen für die Halo-Modelle eingezeichnet. 30 Kapitel 4. Ergebnisse 1.6 α(ψ)/²(ψ)/∆Ω(ψ) 1.4 1.2 Modellanpassung des Moore-Modells ohne Gewichtung Fit NFW, (χ2 /ndf =0.48) Fit Burkert, (χ2 /ndf =13.367) Fit Moore, (χ2 /ndf =2.928) Ns =0 Ns =57281 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.00 20 40 60 80 ψ in 100 ◦ 120 140 160 180 Abbildung 4.8: Für das Moore-Modell mit Ns = 57 281 dargestellt ist die Rückentwicklung ohne Gewichtung inklusive der al0 -Koeffizienten geteilt durch Akzeptanz und Raumwinkel im jeweiligen Bin. Dazu sind Anpassungen für die Halo-Modelle eingezeichnet. 31 5 Fazit und Ausblick In dieser Arbeit wurde das Prinzip der Multipolentwicklung von simulierten Neutrinosignalen für den IceCube-Detektor sowie die Rückentwicklung in Himmelskarten motiviert. Es wurde gezeigt, dass die Rückentwicklung der Multipolkoeffizienten es ermöglicht, großskalige Strukturen in der Verteilung der Signale zu finden und zu verstärken. Dies erlaubte, auch aus wenigen Signalereignissen Aussagen über die Existenz eines Halos zu machen. Eine quantitative Analyse zur Unterscheidung der Modelle bei wenig Signalereignissen fand nicht statt. Für ein reines Signal war eine Unterscheidung des Burkert-Modells von den Modellen NFW und Moore mittels χ2 Anpassung möglich. Dabei zeigte sich, dass durch die verwendete Methode das J(ψ) eines Modells extrahiert werden kann. Dies machte den Einfluss des Raumwinkels sowie der Detektorakzeptanz deutlich. Durch weitere Arbeit kann der Punkt bestimmt werden, an dem eine Unterscheidung eines Halomodells vom Untergrund möglich wird. Auch eine Analyse, um bei geringer Signalstärke die verschiedenen Modelle voneinander zu unterscheiden, ist möglich. Es existieren noch weitere Halomodelle, für welche die Analysen aus dieser Arbeit ebenfalls durchgeführt werden können. Zudem können Anpassungen für allgemeine Modelle vorgenommen werden, sodass andere Werte für α, β, γ und δ in Gleichung (1.1) ermittelt werden. Anpassungen mittels Likelihoodverfahren statt χ2 -Tests sind eine weitere Möglichkeit der Analyse. Dieses Verfahren kann sich auch für andere Signalarten als für Neutrinossignale aus Dunkler Materie genutzt werden, wenn die betrachtete Geometrie kugelähnlich ist. 32 Literaturverzeichnis [1] G. Bertone, D. Hooper und J. Silk: Particle dark matter: evidence, candidates and constraints. Physics Reports, 405(5), 279–390, 2005. doi:10.1016/ j.physrep.2004.08.031. [2] G. Steigman und M. S. Turner: Cosmological constraints on the properties of weakly interacting massive particles. Nuclear Physics B, 253, 375–386, 1985. [3] K. Griest und M. Kamionkowski: Unitarity limits on the mass and radius of dark-matter particles. Physical Review Letters, 64(6), 615–618, 1990. doi: 10.1103/PhysRevLett.64.615. [4] A. Burkert: The structure of dark matter halos in dwarf galaxies. The Astrophysical Journal Letters, 447(1), L25, 1995. doi:10.1086/309560. [5] B. Moore, T. Quinn, F. Governato, J. Stadel und G. Lake: Cold collapse and the core catastrophe. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 310(4), 1147–1152, 1999. doi:10.1046/j.1365-8711.1999.03039.x. [6] J. F. Navarro, C. S. Frenk und S. D. M. White: The Structure of Cold Dark Matter Halos. Astrophysical Journal, 462, 563, Mai 1996. arXiv:arXiv: astro-ph/9508025, doi:10.1086/177173. [7] R. Reimann und IceCube Collaboration: Multipole analysis with IceCube to search for dark matter accumulated in the Galactic Halo. 2013. [8] W. De Blok: The core-cusp problem. Advances in Astronomy, 2010, 2009. doi:10.1155/2010/789293. [9] H. Yüksel, S. Horiuchi, J. F. Beacom und S. Ando: Neutrino constraints on the dark matter total annihilation cross section. Phys. Rev. D, 76, 123506, Dec 2007. URL: http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevD.76.123506, doi:10.1103/PhysRevD.76.123506. 33 Literaturverzeichnis [10] I. M. Oldengott: Zum Neutrinofluss aus der Annihilation dunkler Materie aus der Richtung des galaktischen Zentrums. Bachelorarbeit, RWTH Aachen, 2010. [11] P. Gondolo, J. Edsjö, P. Ullio, L. Bergström, M. Schelke und E. A. Baltz: DarkSUSY: Computing supersymmetric dark matter properties numerically. Journal of Cosmology and Astroparticle Physics, 2004(07), 008, 2004. doi:10.1088/1475-7516/2004/07/008. [12] J.-P. Hülß: Search for Neutrinos from the Direction of the Galactic Center with the IceCube Neutrino Telescope. Doktorarbeit, RWTH Aachen, 2010. [13] R. Reimann: Suche nach Neutrinos aus der Annihilation dunkler Materie im Galaktischen Halo mit IceCube. Masterarbeit, RWTH Aachen, 2013. [14] IceCube Collaboration: IceCube preliminary design document, 2001. [15] W. Demtröder: Experimentalphysik 4: Kern-, Teilchen-und Astrophysik, Band 4. Springer DE, 2010. [16] IceCube Collaboration: .pdf image of array with drilling seasons and labels. https://gallery.icecube.wisc.edu/internal/v/graphics/ arraygraphics2011/other/pdf/ArrayWSeasonsLabels.pdf. [17] IceCube Collaboration, M. G. Aartsen, R. Abbasi, Y. Abdou und M. Ackermann: Search for time-independent neutrino emission from astrophysical sources with 3 years of IceCube data. http://arxiv.org/abs/1307. 6669, 2013. arXiv:arXiv:1307.6669. [18] J. D. Jackson: Klassische Elektrodynamik. Walter de Gruyter, 2006. [19] A. Schukraft, J.-P. Hülß, C. Wiebusch und IceCube Collaboration: AMANDA 7-Year Multipole Analysis. http://arxiv.org/abs/0906.3942, 2009. arXiv:arXiv:0906.3942. 34 Danksagung Mein erster Dank gilt meinem Betreuer René Reimann, der nicht nur mit viel Geduld meine Fragen beantwortete, sondern das auch aus dem Urlaub und von Konferenzen aus zuverlässig tat. Er gab mir Tipps und Verständnis zur Physik und stellte mir auch eine große Menge an Programmcode zur Verfügung. Er fand auch schnell heraus, warum mein Arbeitsplatz eines Morgens plötzlich weg war. Ohne sein Korrekturlesen wäre diese Arbeit auch deutlich schlechter ausgefallen. Vielen Dank für deine tatkräftige Unterstützung, René! Weiterhin möchte ich Professor Wiebusch danken, der dieses Thema motiviert und mich zu den richtigen Leuten geschickt hat, um diese Bachelorarbeit schreiben zu können. Es ist mir wichtig, mich bei allen Mitarbeitern der IceCube-Gruppe an der RWTH zu bedanken. In den Meetings haben sie meinen Vorträgen interessiert zugehört, mir bei Problemen geholfen, Vorschläge gemacht und mich insgesamt freundlich und einladend in die Gruppe mit aufgenommen. Ich kann die gesamte Arbeitsatmosphäre der vergangenen drei Monate nur als sehr angenehm bezeichnen und zukünftigen Bacheloranden voll und ganz empfehlen, hier zu arbeiten. Nicht zuletzt waren auch die anderen Mitstreiter im „Tanzsaal“ im Physikzentrum – ebenso gestresst und teilweise planlos wie ich selbst – Motivatoren sowie auch die richtige und willkomene Ablenkung und Gemeinschaft. Des Weiteren herzlichen Dank an die vielen Korrekturleser, namentlich Sebastian, Jonas, Susanne, Markus, Vent (insb. was LATEXund dessen Formatierungen angeht und der mir freundlicherweise seinen Bibliographiestil gegeben hat) sowie natürlich René. Zu guter Letzt danke ich meiner Familie, die mich noch immer bei all meinen Eskapaden unterstützt und ohne die mein Studium nie denkbar gewesen wäre. 35