„Rund um den Baum“ – Bericht von der „Malenter Runde“ 2007

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„Rund um den Baum“ – Bericht von der „Malenter Runde“ 2007
„Rund um den Baum“ – Bericht von der „Malenter Runde“ 2007
Am 9. und 10.11.2007 hatte der bdla Schleswig-Holstein zum 25. Mal zur „Malenter Runde“
eingeladen – und fast 40 PlanerInnen und Interessierte aus dem ganzen Land waren
gekommen. Sich zwei Tage lang mit dem Baum und seinen vielfältigen Einsatzmöglichkeiten
zu beschäftigen, hatte viele angesprochen - und sie wurden nicht enttäuscht. Vom
ökologischen Wert von Bäumen über die Pflanzenproduktion bis zu vielfältigen
Planungsbeispielen reichte das Spektrum der Vorträge.
Der Baum als Siedlungsraum vor allem für Tiere stand im Mittelpunkt des Vortrages von
Karsten Lutz, Biologe aus Hamburg. An Hand von Statistiken belegte er, dass Bäume, die in
unserer Region als einheimisch gelten, einen höheren ökologischen Wert haben als
Neubürger wie Platane und Rosskastanie: auf Eichen leben über 400 Tierarten, auf
Rosskastanien 5. Anhand des Beispieles von Dompfaffen, die besonders gerne auf Eschen
leben, zeigte Herr Lutz auf, welche weitreichenden Folgen planerische Entscheidungen wie
die Artenauswahl für einen Baumhain auf Jahrzehnte oder Jahrhunderte haben können.
„Fordern Sie Qualität ein!“ war der klare Aufruf von Peter Heydorn und Frans van DijkSteffen, die als Vertreter des Bundes Deutscher Baumschulen gleich einige Musterpflanzen
mitgebracht hatten. Es liege in der Hand der Ausschreibenden und der Bauleiter,
minderwertige oder zu kleine Pflanzen nicht zu akzeptiert. Nur so könnten die Baumschulen
auch langfristig gute Qualitäten zu einem angemessenen Preis produzieren.
Ein Anwendungsbeispiel für Qualitätsbäume folgt gleich danach. Im Berliner
Regierungsviertel sollten über mehrere Jahre hinweg insgesamt ca. 500 Alleebäume so
gepflanzt werden, dass sie am Ende ein einheitliches Erscheinungsbild abgaben. Das Büro
Flechner & Brodt aus Berlin erhielt den Auftrag nur für die Durchführung der Bepflanzung, an
der vorbereitenden Planung und Pflanzenauswahl war das Büro nicht beteiligt. Herr Brodt
schilderte anschaulich den hohen Aufwand und die umfangreiche Logistik, die erforderlich
waren, um das Projekt erfolgreich zu Ende zu führen. Ob die „Spree-Eichen“ (Quercus
palustris) sich an dem trockenen Standort langfristig jedoch gut entwickeln werden, bleibt
abzuwarten. Von den Zuhörern wurde vor allem kritisch hinterfragt, warum bei der
Artenauswahl, der Größe der Pflanzbeete u.ä. in erster Linie optische Gründe entscheidend
waren und nicht die (langfristigen) Bedürfnisse der Bäume im Mittelpunkt standen.
Passend dazu schilderte anschließend Dr. Clemens Heidger, Sachverständiger aus
Hannover, wie Baumstandorte in der Stadt optimiert werden können. Anhand zahlreicher
(Schad)Bilder wurde deutlich, dass sich die Baumwurzeln durch kleinste Ritzen hindurch
immer dorthin entwickeln, wo es Luft und Wasser gibt. Langfristig benötigt ein Baum 100m³
durchwurzelbaren Raum, und diesen kann es in der Stadt nur im Unterbau unter Straßen
und Fußwegen geben. Bautechnisch ist dies möglich, wenn es auch von Tiefbauern oft
abgelehnt wird. Entscheidend ist dabei, durch Belüftungsrohre genug Sauerstoff für das
Wurzelwachstum in den Untergrund zu leiten.
Vier Vorträge zur Verwendung von Bäumen in der Außenraumgestaltung rundeten die
Veranstaltung ab:
Beim Alleenkonzept Neumünster ging es darum, wie der planerische Umgang mit einer
mehrere Kilometer langen Allee aussehen kann, bei der sich Teilbereich in sehr gutem
Zustand befinden, während die Allee an anderen Stellen kaum noch zu erkennen ist.
Landschaftsarchitekt Uwe Herrmann vom Büro Bendfeldt, Herrmann, Franke aus Kiel stellte
dar, wie zunächst detaillierte und sehr kleinteilige Bestandsaufnahmen erforderlich waren.
Daraus resultierten dann kurz-, mittel- und langfristige Ziele, wobei vor allem die Abwägung
oft schwierig war, ob gesunde Bäume gefällt werden sollen, um wieder eine einheitliche Allee
entwickeln zu können.
Über waldartige Bereiche innerhalb des BUGA-Parks in Potsdam berichtete
Landschaftsarchitektin Elke Betzner aus Berlin, die die Entwicklung aus
naturschutzfachlicher Sicht begleitet hat. Innerhalb des BUGA-Geländes gab es mehrere
Alteichenbestände, die in die Gesamtkonzeption einbezogen werden sollten. Im südöstlichen
Teil des Geländes, dem Waldpark, sind diese Eichen auch Lebensraum des sehr seltenen
Käfers Heldbock, der sowohl Lebend- als auch Totholz für seinen Lebenszyklus benötigt und
sehr standorttreu ist. Um das Totholz nicht aus Verkehrssicherungsgründen aus den
Bäumen entfernen zu müssen, wurden die Eichenbestände mit einer Art Holzstapeln
umgeben, so dass sie nicht betreten werden können. Auch der Verlauf einer neuen
Straßenbahnlinie wurde geändert, um die Waldbestände nicht unnötig zu zerschneiden. So
entstand die sogenannte „Käferkurve“. Insgesamt schilderte Frau Betzner eine gelungene
Zusammenarbeit von Naturschutz und Freiraumplanung, die bis heute nachwirkt.
Richtiger Wald liegt meistens in der Zuständigkeit von Förstern, nicht von
Landschaftsarchitekten. Deshalb war das Beispiel aus dem Saarland, das
Landschaftsarchitekt Axel Timpe vom Büro Lohrberg aus Stuttgart vorstellte, eher
ungewöhnlich. Im Großraum Saarbrücken sollte der Wald der Bevölkerung näher gebracht
werden, denn obwohl er buchstäblich vor der Tür lag, wurde er kaum für Erholung und
Freizeit genutzt. Durch öffentlichkeitswirksame Aktionen wie das Ausrufen der
„Saarländischen Schweiz“ mit musikalischer Untermalung von Alphornbläsern wurden die
Menschen in die Wälder gelockt. Zusätzlich wurden Wege und Infrastruktur verändert und
die Förster auf ganz neue Aufgaben vorbereitet. So gibt es heute einen „Urwald“-Bereich, in
dem keine konventionelle Waldnutzung mehr stattfindet, sondern wo der Förster nur noch
Führungen, Schulungen u.ä. durchführt.
Last but not least erinnerte Dr. Lucia Grosse-Bächle von der Universität Hannover an eine
Tatsache, die im Bezug auf Pflanzen trotzdem immer wieder vergessen wird: „Es wächst!“.
Pflanzen als lebender Baustoff, der sich im Laufe der Zeit verändert, bieten auch
gestalterische Möglichkeiten, die heute oft vergessen werden. Während unsere Vorgänger
vergangener Jahrhunderte noch Eicheln in die Erde steckten und warteten, bis sich daraus
Bäume entwickelten, sind heute Großbaumverpflanzungen im großen Stil möglich – auch
wenn die Ergebnisse nicht immer überzeugend sind. Planungsbeispielen aus der Schweiz
zeigten, dass das Wachstum der Pflanzen als eigenständige Qualität angesehen werden
kann, wenn der Wandel Teil der Gestaltungsidee ist.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die „Malenter Runde 2007“ eine gelungene
Mischung an Themen und Thesen rund um das vielfältige Thema „Baum“ angeboten hat. Die
Veranstaltung zeichnete sich aus durch interessante Vorträge, offene Diskussionen und
zahlreiche Gespräche im kleinen Kreis, sei es in den Pausen oder beim gemeinsamen
„Abend der Landschaftsarchitektur“.
Von daher laden wir schon jetzt alle Interessierten ein, sich den Termin für die nächste
„Malenter Runde“ vorzumerken – sie wird voraussichtlich am 7. und 8. November 2008
stattfinden.
Flensburg, den 13.12.2007
Jo Agnes Nickels