Stolpersteine - Synagoge Rödelheim
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Stolpersteine - Synagoge Rödelheim
FEBRUAR 2006, MÄRZ 2007 Stolperstein-Verlegungen im Frankfurter Stadtteil Rödelheim Dokumentation FEBRUAR 2006, MÄRZ 2007 Stolperstein-Verlegungen im Frankfurter Stadtteil Rödelheim Dokumentation FR ANKFURT AM MAIN - RÖDELHEIM • MAI 20 07 © Initiative Stolperstein Rödelheim Postanschrift: c/o Gruppe Stadtteilerkundung Rödelheim der Evangelischen Cyriakusgemeinde, Wolf-Heidenheim-Straße 7, 60489 Frankfurt am Main Kontakt: Tel. 78 88 02, E-Mail: [email protected] Spendenkonto: Courage gegen Rassismus, Deutsche Apotheker- und Ärztebank, Kto.-Nr. 0 103 597 946, BLZ 500 906 07, Verwendung: Stolpersteine Entwurf und Gestaltung: Hans-Peter Köhler Inhalt Einleitung4 Alt-Rödelheim 40 Familie Markus: Rosalie Markus 6 Flussgasse 5 – 7 Familie Markus: Ferdinand Markus 7 Alt Assenheimer Straße 1 / Alt Rödelheim 12 Selma, Isidor und Renate Strauß 15 Radilostraße 8 Familie Wallerstein: Emma und Henriette Wallerstein 17 Alt-Rödelheim 20 Rebekka Marx19 Alt Rödelheim 38 Max, Martha und Kurt Grünebaum 20 Wehrhofstraße 10 Karl Knauf 21 Reichsburgstraße 2 Sally und Selma Fleisch 24 Radilostraße 29 Albert, Amalie und Siegbert Dreyfuß 26 Bericht aus der Michael-Ende-Schule 27 Pressespiegel 28 5 Einleitung Im Straßenpflaster vor den Häusern, in denen jüdische Bürgerinnen und Bürger, Menschen des Widerstands, Opfer der Euthanasie oder aus anderen Gründen Verfolgte lebten, werden zur Erinnerung Gedenksteine mit deren Namen eingelassen. Viele Spuren der Opfer nationalsozialistischer Herrschaft in Rödelheim waren über lange Zeit verwischt. Durch inten sive Nachforschungen der Rö delheimer Gruppe Stadtteiler kundung und der Pfarrer der Cyriakusgemeinde gelang es Ende der 80er Jahre in Zusam menarbeit mit dem Jüdischen Museum und über schriftli che Kontakte zu emigrierten Angehörigen einzelne Schicksale nachzuzeichnen und sie sichtbar werden zu lassen. Umfangreich dokumentiert wurden erste Ergebnisse dieser Suche in den Broschüren 12 Jahre Rödelheim 1933 – 1945 von 1988 und Juden in Rödelheim. Die ver gessenen Nachbarn von 1990. Darin wurde die Geschichte der Rödelheimer Juden von ihrer politischen und rechtlichen Stellung im Mittelalter über die Beschreibung des jüdischen Gemeinde lebens bis hin zur Verfolgung während des National sozialismus dargestellt. Viele Schicksale jüdischer Familien in Rödelheim wurden darüber wieder in Erinnerung gebracht. Die Initiative Stolperstein Schon lange wird in Rödelheim an den entsprechen den Jahrestagen und Anlässen der Opfer des nationalso zialistischen Terrors gedacht. An diese Tradition knüpft die Initiative Stolperstein an, um auch im Alltag an die Menschen zu erinnern, die verschleppt und ermordet wurden. Im Straßenpflaster vor den Häusern, in denen jüdische Bürgerinnen und Bürger, Menschen des Wider stands, Opfer der Euthanasie oder aus anderen Gründen Verfolgte lebten, werden zur Erinnerung Gedenksteine mit deren Namen eingelassen. Bereits in 86 Städten hat der Künstler Gunter Demnig über 5.000 „Stolpersteine“ im Pflaster verlegt. Steine des Anstoßes und des Nachdenkens sind auch in vielen Stadtteilen Frankfurts bereits gelegt. 6 Mit den Steinen wollen wir in Rödelheim an Menschen erinnern, die hier über Jahrzehnte und deren Familien zum Teil über Generationen im Stadtteil lebten, arbeiteten und Geschäfte betrieben und die dennoch deportiert und ermordet wurden. Manche Schicksalswege lassen sich aus verschiedenen Gründen nur noch bruchstückhaft rekonstruieren – sei es, weil Angehörige nicht mehr auffindbar bzw. verstorben sind, sei es, weil nationalsozialistische Bürokraten sämtliche Akten in den letzten Monaten der Gewaltherrschaft vernichteten. Gleichzeitig finden sich immer noch Rödelheimer, die sich an sie erinnern, die mit ihnen die Schulbank drückten, deren Eltern ihre Einkäufe in den Geschäften dieser Menschen tätigten. Mit den Stolpersteinen möchten wir ein Zeichen gegen das Vergessen setzen und diejenigen ehren, die durch die Verfolgung der Nationalsozialisten ihr Leben verloren. Wir danken. Die Initiative Stolperstein dankt allen, die die Vorbereitungsarbeit und die Stolpersteine durch ihre Spenden ermöglicht haben: Ingeborg Adam, Heinz Allerberger, AWO Rödelheim, Albrecht Berner, Ulrich Billerbeck, Gerda Brinkmann, Courage gegen Rassismus Rödelheim, die Farbechten im Ortsbeirat 7, Wilfriede Dieter, Helga Dieter, Heike Duill, Philipp Fischer, Friedensinitiative Rödelheim, Helmut Furtmann, GEW-Haupt vorstand, Armin Grüneich, Hans Heimroth, Christoph Heise, Sarah Holz, Eckard Horstmann, Anne Jenter, Norbert Kohler, Mechtild Loewer, Heiko Lüßmann, Angelika und Gerd Massberg, Klasse 6c der Michael-Ende-Schule, Lisel Michel, Renate Münzing, das Nachbarschaftsfest Schenckstraße, Gerrit Nentwig, Kamilla Nuyken, Willi van Ooyen, der Ortsbeirat 7, Wulf Raeck, Izmet Sahan, Marianne Schienbein, Ludwig Schneider, Hilmar-Florian Schumacher, Sammlung beim SPD-Neujahrsempfang 2007, Elisabeth Sippel, Stefan Spitzer, Monika Spork, Rainer Tiemann, verdi-Jugend Frankfurt am Main, Christel Vinnen, Barbara und Jens Voss, Rudolf Walther, Brigitte Wink. Ein ganz besonderer Dank geht an die Klasse 6c der Michael-Ende-Schule, die nicht nur den Stolperstein für Rebekka Marx gespendet hat sondern auch im Rahmen einer Patenschaft die Pflege des Gedenksteins übernommen hat. 7 ALT-RÖDELHEIM 40 Familie Markus: Rosalie Markus Gunter Demnig und einer seiner Assistenten beim Setzen des Gedenksteines für Rosalie Markus in Alt-Rödelheim. Rosalie (bzw. Rosa) Markus, geb. Gruen, genannt Salchen, geb. am 1. Januar 1870, war verheiratet mit Abraham Markus, geb. am 31. Januar 1870. Abraham Markus war Tapezierer und Altwarenhändler und wohnte zunächst Markstraße 23, dann Wehrstraße 13, schließlich Alt-Rödelheim 40. Er verstarb am 11. Januar 1929. Rosalie Markus war Eigentümerin des Hauses bis Ende 1938. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Ferdinand, geb. am 9. März 1901 in Rödelheim; Ludwig, geb. am 5. Juni 1912 in Rödelheim. Er konnte in die USA emigrieren und lebt heute in New York; Paula konnte Deutschland rechtzeitig verlassen und ging nach England. Sie muss nach dem Krieg noch einmal in Frankfurt gewesen sein, wo sie für ihre Mutter Rosalie und ihren Bruder Ferdinand eine Gedenktafel auf dem Familiengrab des Jüdischen Friedhofs, Eckenheimer Landstraße, errichten ließ. Rosalie Markus und ihr Sohn Ferdinand wurden 1943 bzw. 1942 deportiert und ermordet. 8 Rosalie Markus Rosalie war die Tochter von Michael Gruen und Ester Gruen, geb. Goldschmidt. Rosalie betrieb selbst einen Eisen- und Metallwarenhandel in der Straße Alt-Rödelheim 40. Im Juli 1938 wurde ihr Haus in Rödelheim zwangsweise geräumt, und sie musste dieses Haus vermutlich verkaufen. Sie wurde noch von Rödelheimern mit einem gelben Stern an der Kleidung gesehen. Laut Deportationsliste zog sie nach Frankfurt in den Musikantenweg 39, im Jahr 1939 dann in die Ingolstädter Straße 9. Spätestens seitdem war Rosalie völlig mittellos und wurde von der jüdischen Fürsorge unterstützt. Rosalie Markus wurde am 15. September 1942 bei der neunten großen Deportation mit dem Transport XII/3 – 760 von Frankfurt in das Durchgangslager Theresienstadt deportiert, unter den gleichen Bedingun gen, wie sie Emma und Henriette Wallerstein bei diesem Transport erleben mussten. Sie verstarb am 4. Januar 1943, kurz nach ihrem 73. Geburtstag, an den Auswirkungen der erbärmlichen Lebensumstände in diesem Sammellager. FLUSSGASSE 5 – 7 Familie Markus: Ferdinand Markus Fotografie ca. 1950: Blick auf die Häuser Flußgasse 5 (vorn) und 7 Ferdinand Markus Ferdinand Markus, geb. am 9. März 1901, Sohn von Rosalie und Abraham Markus, war mit der taubstummen, nichtjüdischen Johanna M. verheiratet und hatte mit ihr eine Tochter, Edith, geb. am 1. Oktober oder November 1924. Seit dem 26. Juli 1928 bei der städtischen Straßenbahn als Schaffner beschäftigt, verlor er am 22. April 1933 den Arbeitsplatz. Vorausgegangen waren betriebli che Vertrauensratswahlen, bei denen die Nationalsozia listische Betriebszellenorganisation (NSBO) insbesondere in Rödelheim eine schwere Schlappe hinnehmen musste. Die Gestapo machte daraufhin Betriebsangehö rige ausfindig, die sie verdächtigte, diese Organisation abgelehnt zu haben und erwirkte deren Entlassung. Außerdem verfügte der Magistrats-Personaldezernent Frankfurts bereits in einem Rundschreiben vom 4. März 1933 die Entlassung bzw. Beurlaubun g aller Beamten und Angestellten jüdischen Bekenntnisses. Die Entlassungen jüdischer Beamter und Angestellter begann in Frankfurt also bereits vor Inkrafttreten des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“. Ferdinand Markus eröffnete nach seiner Entlassung einen Tapezierladen in Rödelheim, Flußgasse 5 – 7, wo er mit seiner Familie auch wohnte. Aktenkundig wurde seine Scheidung, aber der Zeitpunkt ist nicht bekannt. Die Schwester von Ferdinand Markus, Paula, gab gegenüber der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem 1971 an, dass er mit Flora R. verheiratet gewesen sei und eine gemeinsame Tochter Inge habe. Diese Aussage lässt darauf schließen, dass Ferdinand Markus noch ein zweites mal verheiratet gewesen sein muss. Weitere Angaben dazu ließen sich bisher nicht ermitteln. Ferdinand Markus, der vom Juli 1932 bis zu ihrer Auflösung der KPD angehörte, wurde gemeinsam mit anderen Widerstandskämpfern am 7. September 1936 verhaftet, in das Frankfurter Untersuchungsgefängnis in der Hammelgasse gebracht und am 10. November 1936 in das Gefängnis Frankfurt-Preungesheim überführt (s. Aktenvermerk des Gefängnisses S. 8). Anhand der Anklageschrift lässt sich rekonstruieren, mit welchen Tatvorwürfen Ferdinand Markus konfrontiert war (s. S. 8 und 9). Die Anklage beschuldigte ihn der „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ und der „Beeinflussung der Massen durch Herstellung und Verbreitung von Schriften“. Bereits am 16. Dezember 1936 wurde er gemeinsam mit den 21 Mitangeklagten aus Rödelheim und Westhausen verurteilt. Er erhielt zwei Jahre und drei Monate Haft; die bürgerlichen Rechte wurden ihm auf die Dauer von fünf Jahren aberkannt. In der Urteilsbegründung wurde vor allem auf den „regen Verkehr mit ehemaligen Genossen von KPD und SPD“ hingewiesen. 9 Aktenvermerk des Untersuchungs-Gefängnisses Auszüge aus der Anklageschrift 10 Auszüge aus der Anklageschrift 11 Als strafmildernd wurde bewertet, dass er den Kontakt zu den anderen von sich aus eingestellt hatte. Die Anklageschrift beschreibt die Aktivi täten, die ihm zur Last gelegt wurden: Dies waren in erster Linie die monatlichen Parteimitgliedsbeiträge in Höhe von 50 Rpf oder 1 RM. Ein Zeuge der Anklage hatte ausgesagt, dass, wenn er zu Markus ginge, er gar nicht zu sagen brauche, was er wolle. Markus habe, sobald er seiner ansichtig wurde, sofort das Geld für die illegalen Beiträge gezahlt. Es handelte sich hier offenbar um einen Zeugen, der ein früherer Weggefährte war. Der Einwand von Ferdinand Markus, er habe mit diesem Betrag lediglich, wie andere auch, die Rödelheimer Familie Weisenberger unterstützen wollen, der es wirtschaftlich sehr schlecht ging, wurde zurückgewiesen. Auch seine Aussage, er habe sich im Jahr 1934 aus der illegalen KPD zurückgezogen, „weil es für ihn als Juden zu gefährlich gewesen sei und weil seiner Ansicht nach doch nichts bei der Sache herausgekommen wäre“ wurde als Ausrede gewertet; in Wahrheit habe seine „Tätigkeit … der Aufrechterhaltung eines organisatorischen Zusammenhalts (gedient)“ (aus der Urteilsbegründung). Im Mittelpunkt der Anklage standen somit die Beitragszahlungen als Beweis seiner Mitgliedschaft, erwähnt wurde aber vor Gericht auch die Tatsache, dass er und die übrigen Angeklagten die KPD-Schrift „Der Rote Nidda Bote“ bezogen bzw. in Umlauf brachten. 12 Auszüge aus der Urteilsbegründung Auszüge aus der Urteilsbegründung 13 Auszüge aus der Urteilsbegründung 14 Von Frankfurt-Preungesheim wurde Ferdinand Markus nach der Urteilsverkündung in das Straflager „Aschendorfer Moor, Lager II“ in Freiendiez verlegt, wo er seine Haftstrafe verbüßte. Auszüge aus der Urteilsbegründung Man weiß nicht genau, ob er von dort aus deportiert wurde oder nach seiner Entlassung zunächst nach Frankfurt zurückkehrte. Wahrscheinlich aber betrieb er von hier aus seine Flucht nach Shanghai; im August 1939 wurde ein Passierschein auf seinen Namen nach Marseille bewilligt. Offenbar konnte Ferdinand Markus aber nicht mehr ausreisen. Seine Spur findet sich wieder im Jahr 1942. Sie führte über das In ternierungslager Drancy (Frankreich) und über Kozlu (Polen) nach AuschwitzBirkenau. Der Konvoi ging mit 1.000 Juden am 28. August 1942 in Bourget-Drancy ab, darunter waren 280 Kinder unter 17 Jahren. In Kozlu fand eine erste „Personen selektion“ statt. Die Überlebenden kamen am 31. August 1942 in Auschwitz an. Ferdinand Markus kam dort wahrscheinlich am selben Tag ums Leben, genaue Angaben sind nicht auffindbar, da die SS vor der Befreiung des Lagers sämtliche Unterlagen vernichtete. Erhalten geblieben ist nur die Transportliste aus Drancy. 15 Fotografie ca. 1929 / 30 Zweite Reihe ganz rechts:Ferdinand Markus Quellen: Gedenkstein für Ferdinand Markus in der Flußgasse 5 Jüdisches Museum Frankfurt/Main Jüdisches Museum Frankfurt (Hrg.), Juden in Rödelheim. Die vergessenen Nachbarn, Frankfurt 1990 Gedenkstätte Theresienstadt Gerichtsakten des Hessischen Hauptstaatsarchivs Wiesbaden Bromberger, Barbara, Nieder mit Hitler! Frankfurter Arbeiterbewegung im Widerstand gegen den Faschismus 1933 – 1945, Frankfurt/Main 2004 Gruppe Stadtteilerkundung, 12 Jahre Rödelheim 1933 – 1945, Frankfurt 1988 Holocaust Gedenkstätte YadVashem (Suchliste) 16 ALT ASSENHEIMER STR ASSE 1 / ALT RÖDELHEIM 12 Selma, Isidor und Renate Strauß Blick auf Alt Rödelheim Ecke Assenheimerstraße/Am Rödelheimer Wehr Das Haus links Ecke Assenheimerstraße ist das Wohn- und Geschäftshaus der Familien Strauß und Stern. Selma Strauß, geb. Capell, wurde am 28. Februar 1900 geboren. Ihre Eltern, Jacob und Sophie Capell lebten mit ihren Kindern Selma, Sybilla und Siegfried in der Assenheimer Straße 1; dieses Haus gehörte später, bis zum Jahr 1937, Sybilla. Im Jahr 1940 gelang der Mutter Sophie Capell mit ihrer Tochter Sybilla und deren Ehemann die Flucht in die USA. Auch der Sohn Siegfried konnte in die USA fliehen und lebte bis zu seinem Tod mit seiner Familie in Buffalo. Selma Strauß war verheiratet mit Isidor Strauß, beide hatten eine Tochter, Renate, geb. 6. April 1926. Die Familie musste die Wohnung in Rödelheim verlassen und zog gezwungener Maßen in die Scheffelstraße 27 zur Familie Goldschmidt. Am 23. Mai 1942 wurden Selma Strauß und ihre Tochter Renate nach Izbica deportiert. 5 Wochen später erfolgte der Transport nach Krasnystaw. Es wird vermutet, dass beide im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurden. Selma Strauß’ Ehemann war der Kaufmann Isidor Strauß, geb. 21. Mai 1894. Er betrieb in der Assenheimer Str. 1 ein Geschäft für Gemischtwaren. Eine Rödelheimerin erinnert sich an die Erzählung ihrer Mutter, die mit Isidor Strauß darüber sprach, dass es für ihn und seine Familie doch sehr gefährlich in Deutschland würde. Er habe ihr darauf geantwortet, dass für ihn keine Gefahr bestünde, da er doch im 1. Weltkrieg gekämpft und das Eiserne Kreuz erhalten habe. Nach Auskunft einer Angehörigen gelang Isidor Strauß zunächst die Flucht nach Belgien. Dort wurde er jedoch verhaftet und in das Durchgangslager Gurs in Frankreich verschleppt. Von dort wurde er wahrscheinlich mit einem der zahlreichen Transporte in ein Vernichtungslager in Polen deportiert. Er gilt als verschollen. Mehr ist nach bisherigen Nachforschungen über ihr Schicksal nicht bekannt. Es konnten bislang weder weiterführende Dokumente noch weitere Angehörige gefunden werden. 17 Das Setzen der Gedenksteine für Selma, Isidor und Renate Strauß Nachgewiesen ist lediglich, dass Selma Strauß mit ihrer Tochter Renate am 23. Mai 1942 mit einem Sonderzug der Reichsbahn mit der Zugnummer „Da 60“ im Rahmen der fünften Deportation aus Frankfurt zunächst nach Izbica deportiert wurde. In dem Zug befanden sich 930 Frankfurter und 27 Wiesbadener Juden. Dieser Ort in Polen war zunächst Station für Juden außerhalb Polens. Von dort kamen die Verschleppten in diejenigen Vernichtungslager, die „Kapazitäten“ frei hatten. Nach 5 Wochen wurden Selma und Renate Strauß von Izbica weiter in das Lager Krasnystaw deportiert. Vermutlich wurden sie von dort weiter in das Vernichtungslager Sobibor transportiert. Von der Ankunft des Zuges bis zum Vergraben der Leichen vergingen in der Regel nur zwei bis drei Stunden; verschont wurden lediglich einige hundert Personen für die Arbeit in den dort befindlichen Werkstätten; sie lebten einige Monate länger. Laut Bundesarchiv fehlt allerdings der namentliche Beweis für den Tod von Selma und Renate Strauß; sie gelten deshalb als verschollen. 18 Quellen: Jüdisches Museum Frankfurt/Main Jüdisches Museum Frankfurt (Hrg.), Juden in Rödelheim. Die vergessenen Nachbarn, Frankfurt 1990 Holocaust Gedenkstätte YadVashem (Suchliste) Bundesarchiv Berlin Zeitzeugengespräche R ADILOSTR ASSE 8 Familie Wallerstein: Emma und Henriette Wallerstein Das zweite Haus von links ist das Wohnhaus der Familie Wallerstein. Sally Wallerstein, geb. am 23. Mai 1867, betrieb seinen Viehhandel im alten Gutshof in der Radilostraße 8. Er starb am 13. Januar 1928 in Rödelheim laut Umbettungsliste des jüdischen Friedhofs. Er war verheiratet mit Emma, geb. Rosenthal, geb. am 23. November 1871. Sie hatten drei Kinder: Henriette, die am 3. April 1891 in Rödelheim ge boren wurde. Sie war Piani stin, möglicherweise körperbehindert. Ihr Sohn Max, geboren 1892, betrieb im selben Haus vor seiner Emigration eine Wäscherei; sowie Margo. Max konnte mit seiner Familie (Frau und ein Kind) rechtzeitig in die USA auswandern, ebenso wie Tochter Margo, die wahrscheinlich in Florida lebt. Die Wallersteins mussten 1937 / 38 ihr Haus im Rahmen der „Arisierung“ an das Bankgeschäft Muth & Co verkaufen. Die Familie musste zunächst in die Friedber ger Landstraße 21 – einer „Sammelstelle“ für jüdische Familien – umziehen, danach in die Scheffelstraße 26. Fotografie ca. 1929 / 30 Hintere Reihe dritte von links Emma Wallerstein Kind vorne links Margo Wallerstein Die Wallersteins wurden nach 1941 von Rödelheimern noch mit einem gelben Stern an der Kleidung gesehen. Das Haus in der Radilostraße 8 wurde Sitz der NSDAP-Ortsgruppe. 19 Schulfoto vor der Radiloschule (Mädchenschule) in Rödelheim. Erste Reihe, 5. von rechts: Margo Wallerstein Emma und Henriette Wallerstein Von der Scheffelstraße aus wurde Emma Wallerstein im Alter von 70 Jahren am 13. September 1942, wahrscheinlich mit ihrer Tochter Henriette, zunächst in das ehemalige jüdische Altersheim im Reichneigraben 18 – 20 verbracht, das als „Ghettohaus“ genutzt wurde. Dies lässt sich aus den Dokumenten über die Vorbereitung der neunten Deportation aus Frankfurt schließen. Zwei Tage später wurden die Verfolgten auf Last wagen zur Großmarkthalle transportiert, von wo aus der Zug am 15. September zum Durchgangslager Theresienstadt aufbrach. Es war der dritte TheresienstadtTransport mit 1.378 Menschen und er erhielt am Zielort, den der Zug am nächsten Tag erreichte, die Transportbezeichnung „XII/3 – 1299“. Eineinhalb Monate später, am 30. Oktober 1942, starb Emma Wallerstein im Ghetto. Theresienstadt in Tschechien diente als Sammellager vor allem für tschechische und deutsche Juden. Von dort kamen die Deportierten in die Vernichtungslager Auschwitz, Riga, Treblinka, Sobibór oder Majdanek. Wegen der entsetzlichen Lebensumstände starb aber bereits ein Viertel der Inhaftierten vor dem Weitertransport. Auch ihre Tochter Henriette wurde bei dieser Deportation am 15. September 1942 nach Theresienstadt transportiert; wahrscheinlich aber wurde sie in eines der Vernichtungslager weiter verbracht, wo auch sie ums Leben kam. Nach den Angaben der Gedenkstätte Theresienstadt starb sie im November 1942. Quellen: Jüdisches Museum Frankfurt/Main Jüdisches Museum Frankfurt (Hrg.), Juden in Rödelheim. Die vergessenen Nachbarn, Frankfurt 1990 Gedenkstätte Theresienstadt Bundesarchiv Berlin Kingreen, Monica (Hrg.), Nach der Kristallnacht. Jüdisches Leben und antijüdische Politik in Frankfurt am Main 1938 – 1945, Frankfurt 1999 Zeitzeugengespräch 20 ALT RÖDELHEIM 20 Rebekka Marx Eröffnung des „Knusper häuschen“ am 7. Juli 1930 in Alt Rödelheim 20 Rebekka Marx, genannt Riekchen, geb. am 29. Mai 1875, wohnte gemeinsam mit ihrer Schwester Bertha, geb. am 25. Oktober 1876 in Rödelheim. Beide waren unverheiratet und betrieben eine Lebensmittelhandlung im eigenen Haus in Alt Rödelheim 20, die den Rödelheimern in den 30 er Jahren als „Knusperhäuschen“ bekannt war. Vermutlich unter Zwang zog Rebekka Marx – ihre Schwester Bertha war bereits am 5. August 1928 verstorben – im Jahr 1940 in ein Altersheim in der Hans-Handwerk-Straße 30. Nebenan hatten auch der Verein Berufsberatung und Arbeitsnach weis für Juden e.V. sowie die Jüdische Wohlfahrtspflege ihren Sitz. Rebekka Marx musste am 9. April 1940 ihr Haus verkaufen, um mit dem Erlös die Heimkosten zu bezahlen. Rebekka Marx wurde am 18. August 1942 im Alter von 67 Jahren mit der siebten großen Deportation aus Frankfurt in das Durchgangs- und Konzentrationslager Theresienstadt und von dort am 26. September 1942 unter der Transportnummer „Br-932“ in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt, wo sie ermordet wurde. Für den Gedenkstein an Rebbekka Marx hat die Schulklasse 6c der Michael-EndeSchule eine Patenschaft übernommen. Quellen: Krohn, Helga / Rauschenberger, Katharina, Juden in Rödelheim. Die vergessenen Nachbarn, Frankfurt/M. 1990 Suchliste Yad Vashem Jüdisches Museum Bundesarchiv 21 ALT RÖDELHEIM 38 Max, Martha und Kurt Grünebaum Ansicht von Alt Rödelheim mit dem Elternhaus von Max, Martha und Kurt Grünebaum, dem Haus Nr. 38 Max Grünebaum, geb. am 14. Juli 1895 in Frankfurt am Main, war der Sohn von Leopold Grünebaum (gest. 1936) und Johanna Grünebaum, geb. Meiberg (gest. 1939). Er war verheiratet mit Martha Grünebaum, geb. Günther, geb. am 1. Januar 1897 in Gießen, und arbeitete als Metzger. Die beiden hatten zwei Kinder, Kurt, geb. am 28. März 1927, und Erna, geb. am 27. Januar 1931, beide in Frankfurt am Main. Die Familie wohnte zunächst bei den Eltern in Alt Rödelheim 38, denen das Anwesen bis 1938 gehörte. Zum Zeitpunkt der Volkszählung vom 17. Mai 1939 wohnten die Grünebaums in der Liebigstraße 58. Max Grünebaum starb am 29. August 1942, sein Sohn Kurt am 12. September 1942, beide im Vernichtungs lager Majdanek. Nach Auskunft des Bundesarchivs gibt es zu Martha Grünebaum keine Angaben über den Zielort ihrer Deportation. Nach Angaben des Jüdischen Museums wird die Familie Grünebaum in keiner der erhaltenen Depor tationslisten erwähnt. Todesort und -datum von Max und Kurt Grünebaum lassen aber darauf schließen, dass die Familie bei einer der drei großen Deportationen vom 8. Mai, 24. Mai oder 11. Juni 1942 verschleppt wurde, 22 für die keine Listen erhalten sind. Aus anderen Quellen ist bekannt, dass die Deportationszüge zunächst nach Lublin fuhren, wo die arbeitsfähigen Männer selektiert wurden, um im KZ Majdanek Zwangsarbeit zu leisten. Die extremen Arbeitsbedingungen führten nach wenigen Wochen oder Monaten zum Tode der Häftlinge. Die Frauen, Kinder, Jugendlichen und älteren Männer dieser Transporte wurden zunächst ins Ghetto Izbica verbracht und nach einiger Zeit im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Dieses Schicksal ist daher wohl auch für Martha Grünebaum anzunehmen. Über das Schicksal von Erna Grünebaum ist nichts bekannt. Laut Bundesarchiv könnte sie sich nach Palästina gerettet haben. Der Bruder von Max Grünebaum, Robert, konnte mit seiner Frau und seinen Kindern in die USA entkommen. Quellen: Krohn, Helga/Rauschenberger, Katharina, Juden in Rödelheim. Die vergessenen Nachbarn, Frankfurt/M. 1990 Suchliste Yad Vashem Jüdisches Museum Bundesarchiv WEHRHOFSTR ASSE 10 Karl Knauf Karl Knauf wurde am 22. März 1899 in Rödelheim, Battenberger Weg 7, geboren und lebte später – bis zu seiner Verhaftung – in der Wehrhofstraße 10. Er war Werkzeugmacher, heiratete Katharine Müller am 20. Dezember 1924 und hatte mit ihr eine Tochter. Als Schlosser arbeitete er zuletzt in den Adler-Werken in Frankfurt-Gallus, bis er am 7. Januar 1943 von seinem Arbeitsplatz weg verhaftet wurde. Die Adler-Werke waren eine Außenstelle des Konzentrationslagers Natzweiler und beschäftigten Zwangsarbeiter vieler Nationen. Gegen Ende der nationalsozialistischen Herrschaft waren es ca. 1.700 Arbeiterinnen und Arbeiter. Am 15. Januar 1943 zeigte das Reichssicherheitsamt in einer streng vertraulichen Meldung an, dass aufgrund staatspolizeilicher Ermittlun gen Mitglieder einer „illega len Zelle“ unter anderem auch in den Adler-Werken verhaftet worden waren, weil sie „bei jeder sich bietenden Gelegenheit unter Verwendung abgehörter ausländi scher Rundfunknachrichten im kommunistischen und defaitistischen Sinn politisiert hatten“. Zu dieser „Zelle“ war auch Karl Knauf gezählt worden. Heinrich Heil, der ebenfalls am 7. Januar verhaftet worden war, berichtete später, dass sie erst bei der Vernehmung über die Haftgründe informiert Meldung des Reichssicherheitshauptamtes vom 15. Januar 1943 23 wurden: Abhören feindlicher Sender und Wehrkraftzersetzung. Nach seiner Überzeugung hatte es sich bei dieser Verhaftung um Denunziation gehandelt. Unmittelbar nach seiner Festnahme kam Karl Knauf zunächst für 4 Tage in das Gefängnis Frankfurt-Preungesheim. Danach wurde er bis zum 21. April 1943 in das Gefängnis Hammelsgasse in Frankfurt verbracht. Wie seine Frau Käthe später im Entschädigungsver fahren berichtete, war ihr Mann während der Haft schwersten Misshandlungen ausgesetzt. Sie hat ihn dort bei einem Besuch als seelisch gebrochenen Menschen erlebt. Nach ihrem Bekunden tat sich der Gestapo beamte und Kriminalsekretär Georg B. durch Grausamkeit besonders hervor. Nach Kriegsende wurde B. aufgrund der Aussagen von Angehörigen und Opfern – darunter auch Frau Knauf – zu sechs Jahren Haft verurteilt. Meldung des Reichssicherheitshauptamtes vom 15. Januar 1943 Während dieser Zeit in der Hammelsgasse war Karl Knauf ein Rechtsanwalt zur Seite gestellt worden. Nach dessen Aussage legte die Staatspolizei Karl Knauf nach seiner Freilassung aus der Haft am 21. April nahe, sich noch einmal Anfang Juli zu melden, da sein Fall noch nicht abgeschlossen sei. Am 9. Juli 1943 wurde Karl Knauf in das SS-Arbeitslager Friedrichshafen, einem Nebenlager des KZ Dachau, deportiert, wo er am 31. Oktober 1943 im Alter von 44 Jahren umkam. Die vorliegenden Gerichtsakten lassen vermu ten, dass die erfolgte Haftentlassung nur eine vorüberge hende Entscheidung und nicht wirklich intendiert war, denn bereits am 15. Februar hatte der Oberstaatsanwalt des Frankfurter Landgerichts die „Strafsache Knauf zuständigkeitshalber an den Herrn Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof Berlin“ abgegeben. 24 Karteikarte der Staats polizeistelle, Geschäftsstelle Frankfurt Quellen: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Zum Entschädigungsverfahren der Witwe, siehe: Gruppe Stadtteilerkundung Rödelheim, Die zweite Qual. Entschädigungsverfahren für Verfolgte der NS-Zeit, Frankfurt 1996, S. 87 f. 25 REICHSBURGSTR ASSE 2 Sally und Selma Fleisch Blick auf das Haus von Metzger Sally Fleisch, Reichsburgstraße 2 Sally Fleisch, geb. am 8. Oktober 1878, war verheiratet mit Selma Fleisch, geborene Sternfels, geb. am 6. Sep tember 1892. Sie hatten drei Kinder: Herta, geb. am 1915, Heinrich, geb. am 11. August 1919 und Walter, geb. am 2. Januar 1922. Seit dem 1. März 1926 war Sally Fleisch Inhaber der Metzgerei in der Reichsburgstraße 2 in Rödelheim, die er von seinem Vater übernommen hatte. Neben diesem Haus besaß die Familie Äcker in Rödelheim, Sossenheim und Eschersheim sowie einen Stall in der Wehrhofstra ße. Infolge der Boykotte gegen die jüdischen Geschäfte gingen die Umsätze zurück, der Betrieb musste zum 20. Juni 1938 abgemeldet und das Haus verkauft werden. Darüber hinaus musste das Ehepaar 12.500 RM als „Judenvermögensabgabe“ entrichten. Ab dem 18. März 1940 wohnten sie bei Verwandten im Kettenhofweg 94. Die Kinder konnten sich rechtzeitig nach Südengland bzw. Südafrika retten. Herta verließ Deutschland 1937 26 und folgte ihrem Verlobten nach Südafrika. Ihr Bruder Heinrich bekam für Südafrika lediglich ein Besuchsvisum für einen Tag und musste sich danach in Nord rhodesien durchschlagen. Er starb vor einigen Jahren in England. Walter Fleisch blieb bis 1939 in Rödelheim. Durch die Hilfe eines früher mit ihm befreundeten SS-Sturmbannführers konnte er als Leiter eines Kindertranspor tes nach England ausreisen. Dort wurde er von den Engländern bei Kriegsbeginn interniert und nach Australien geschickt. Später konnte er wieder nach England zurückkehren und in der britischen Armee gegen das nationalsozialistische Deutschland kämpfen. Sally Fleisch wurde am 19. Oktober 1941 im Alter von 63 Jahren zusammen mit seiner Ehefrau Selma bei der ersten großen Deportation aus Frankfurt in das Ghetto Kind rechts vorne: Heinrich Fleisch 6. Person von links: Herta Fleisch Lodz verschleppt, wo sie ums Leben kamen. In diesem Ghetto lebten zeitweise 200.000 Menschen. Die überwie gende Zahl der jüdischen Bewohner leistete Zwangsarbeit, lebte schlecht ernährt und mangelhaft medizi nisch versorgt; ca. 23 % der Bewohner starben unter diesen katastrophalen Lebensbedingungen. Nachdem Heinrich Himmler 1944 die Schließung des Ghettos angeordnet hatte, wurden die übrigen Bewohner nahezu alle in das nahegelegene Vernichtungslager Chelmno oder nach Auschwitz deportiert. Nur 7.000 Menschen überlebten. Die Todesdaten von Sally und Selma Fleisch wurden auf den 8. Mai 1945 festgesetzt. Quellen: Krohn, Helga / Rauschenberger, Katharina, Juden in Rödelheim. Die vergessenen Nachbarn, Frankfurt/M. 1990 Suchliste Yad Vashem Jüdisches Museum 27 R ADILOSTR ASSE 29 Albert, Amalie und Siegbert Dreyfuß Albert Dreyfuß, geb. am 3. Oktober 1873 in Altdorf, war verheiratet mit Amalie Salomon, geb. am 20. Oktober 1890 in Hersel, verwitwete Rosenthal. Sie hatten einen Sohn, Siegbert, geb. am 15. Januar 1926 in Rödelheim. Albert Dreyfuß übte den Beruf des Kaufmanns und Hausverwalters aus. Der erste Ehemann von Amalie Dreyfuß, der Metzger Sally Rosenthal, hatte im eigenen Haus in Rödelheim, Radilostraße 29, einen Viehhandel betrieben, den sie nach seinem Tod von 1922 bis August 1933 weiter führte. Mit ihrem 2. Mann Albert Dreyfuß lebte sie bis 1938 im Haus in der Radilostraße 29, das inzwischen der Familie Oppenheimer gehörte. Im April 1938 wurde das Haus an einen Rödelheimer Gastwirt verkauft. Die Gedenksteine für die Familie Dreyfuß vor dem Haus Radilostraße 29 Vom 24. September 1938 bis 25. September 1941 lebte die Familie Dreyfuß in einer Zweizimmerwohnung in der Habsburger Allee 20, im Anschluss daran in der Windeckstraße 33. Bei diesem Haus handelte sich um ein „Judenhaus“, in dem jüdische Verfolgte vor ihrer Deportation aus Frankfurt zwangsweise konzentriert wurden. In Frankfurt gab es ab dem Jahr 1939 ca. 300 „Judenhäuser“, davon nahezu alle in der Innenstadt, zuletzt konzentriert auf das Ostend. Von der Windeckstraße 33 aus wurde Albert Dreyfuß am 19. Oktober 1941 im Alter von 68 Jahren zusammen mit seiner Ehefrau Amalie und seinem 15jährigen Sohn Siegbert bei der ersten großen Deportation aus Frankfurt in das Ghetto Lodz verschleppt, wo die Familie ums Leben kam. Der 31. Dezember 1945 wurde als Todesdatum von Albert, Amalie und Siegbert Dreyfuß festgelegt. Quellen: Krohn, Helga / Rauschenberger, Katharina, Juden in Rödelheim. Die vergessenen Nachbarn, Frankfurt/M. 1990 Suchliste Yad Vashem Jüdisches Museum 28 Bericht aus der Michael-Ende-Schule Die Klasse 9d der Michael-Ende-Schule war beim Verlegen der ersten Stolpersteine dabei. Die Schülerinnen und Schüler waren sehr beeindruckt, wie unten stehender Bericht deutlich macht. Wir haben beschlossen, die Pflege des ersten Stolpersteins zu übernehmen. Sina wird auf dem Schulweg regelmäßig auf den Stein achten und eventuelle Beschädigungen oder Verschmutzungen melden. Auch ein Mitschüler, Seyit, der Verfasser des unten stehen Artikels berichtete, dass er des öfteren Menschen anspricht, die achtlos über den Stein laufen. Er macht sie aufmerksam, was es mit dem Stein auf sich hat und bittet sie, nicht einfach so darüber hinweg zu laufen. Die Michael-Ende-Schule ist gerade dabei, ein Konzept zu erarbeiten, wie die Pflege der Steine von Klassen unserer Schule übernommen werden kann. Liebe Grüße und vielen Dank für die wunderbare Initiative an den Künstler und allen UnterstützerInnen, Regine Trenkle-Freund (Lehrerin an der Michael-Ende-Schule) Bericht „Heute am 23. Februar 2006 wurde in Rödelheim, in der Flussgasse 5 – 7 ein Stolperstein für den Juden Ferdinand Markus verlegt. Aber es werden noch sechs andere verlegt. Ich habe etwas über den Ferdinand Markus heute er fahren, ich glaube er wurde 1901 geboren, heiratete eine nicht jüdische Frau und bekam von ihr eine Tochter. Nur so viel weis ich oder habe über ihm erfahren. Diese Idee hatte ein Künstler Names Gunter Deming, der schon länger ein Denkmal an vielen Orten in Deutsch land gemacht hat. Ich finde, es ist eine schöne Idee, dass die Jungend von heute wissen sollten was damals in der Zeit des Nationalsozialismus so passiert und geschehen ist. Ich fand es auch gut, dass sich auch heute viele Leute zusammen gefunden haben und es sich angeguckt haben. es waren auch Presse und Jounarlisten da. Auch für mich war es interessant zu wissen, wer früher in diesen Häu sern gelebt hat.“ Seyit Sumali: Der Bericht zu den Stolpersteinen 29 Pressespiegel Frankfurter Rundschau vom 20. Februar 2006 30