Auflistung der frühen humanistischen Akademien

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Auflistung der frühen humanistischen Akademien
Auflistung der frühen humanistischen Akademien
1) Gegen 1400 hin wird Coluccio Salutati Mittelpunkt eines regelmäßig sich zu gelehrten Gesprächen
treffenden Kreises von Florentiner Bürgern, Geistlichen und Universitätslehrern 2) 1433 gründet Antonio Beccadelli aus Palermon in Neapel eine Akademie, der auch der Historiker
Giovanni Pontano beigetreten ist, nach dem diese Akademie als Academia Pontaniana bezeichnet
worden ist. Man tagte in der Bibliothek König Alfons' I. von Aragon im Castel Nuovo in Neapel und
studierte unter Pontanos Anleitung vor allem Vergil. Löst sich 1523 auf.
3) 1439 soll bis 1521 bestanden haben, ist aber vermutlich bloßer MYTHOS!!! Platonische Akademie
in Florenz, von Cosimo dei Medici getragen und von Marsilio Ficino (1433-1499), Arzt, Humanist,
Philosoph, Theologe, lebte ab 1462 in der ihm von Cosimo de'Medici geschenkten Villa, wo er an der
Übersetzung Platons und seiner Platon-Biographie arbeitete (abgeschlossen 1477), lehrte an der von
Cosimo gestifteten Platonischen Akademie in Florenz, wo auch der spätere PP Leo X sein Schüler
war; 1473 Priester, "De christiana religione, "Theologia Platonica. De immortalitate videlicet
animoraum ac aeterna felicitate libri XVII"; betrachtete dasChristentum als eine besondere Art des
Bewußtwerdens der göttlichen Offenbarung und stellte damit eine Akkordierung zwischen der Lehre
Platons und dem Christentum her, wobei er sich in der Seelenlehre an Augustinus anschloß; 1489
vom Vorwurf der Ketzerei freigesprochen. – geleitet (der angeblich in seiner Wohnung vor Platons
Büste ein ewiges Licht unterhielt), Feier von Platons Geburtstag (Gastmahl) etc. Enormer Einfluß
dieses Platonismus auf die neuere spanische Mystik, aber auch auf die nordeuropäischen Länder. Tatsächlich war Ficino nur zeitweise Leiter eines privaten Gymnasiums und Lehrer an der
Universität Florenz, die so berühmte Akademie hat es wohl nie gegeben!!!
4) Ab Dezember 1454 nachweisbare Akademie im Hause des Alamanno Rinuccini (1419-1499), in der
sich nach festen Regeln Bürger zu gemeinsamer Lektüre und Interpretation antiker Autoren sowie zu
Vorträgen und Diskussionen über allgemeine gelehrte Themen zusammenfanden. Hauptziele war
anfangs, in den exercitationes den literarischen Ausdruck und die rhetorischen Fähigkeiten im
Vortrag in lateinischer Rede zu entwickeln. – Die Gesellschaft nannte sich wohl als erste
"Achademia"; die Bezeichnung dürfte aus Cicero übernommen sein, da man möglicherweise Plato
noch gar nicht gelesen hatte, auch interessierte man sich unter der Anleitung des Johannes
Argyropulos, der in der Achademiea eine führende Stellung einnahm, weit mehr für Aristoteles; unter
dem Einfluß des Argyropulos tendierte man auch mehr und mehr zur Interpretation und Diskussion
philosophischer Texte.
5) 1460, Pomponio Leto (1428-1497) lebte in einem mit Antquitäten vollgerammelten Haus auf dem
Quirinal und eröffnete 1460 seine "Accademia Romana"; die Feier heidnischer Riten,
Versammlungen in den Katakomben etc. führten zu seiner Einkerkerung und Folterung und die
Akademie wurde aufgelöst. unehelicher Sanserverino aus dem Geschlecht der Fürsten von Salerno,
Schüler Vallas in Rom, folgt ihm 1457 auf dem Lehrstuhl an der Universität Rom. Sein Haus am
Tiberufer mit großen Sammlungen wurde Zentrum eines Humanistenkreises, aus dem sich die
Accademia Romana oder Pomponia entwickelte, deren Pontifex Maximus er selbst war; die
Akademie feierte den 21. April als Geburtstag der Stadt Rom. Von PP Paul II der Ketzerei bezichtigt,
einjährige Gefangenschaft (bis 1469), Akademie aufgelöst, 1471 neubegründet. Seine Bedeutung
liegt in der archäologischen Sammeltätigkeit und in seinem begeisternden Unterricht, weniger in
philologischer Arbeit. Die Akademie geht im Sacco di Roma 1527 unter.
6) Sodalitas Celtica oder Rhenana, auf Veranlassung des zuvor in Italien gewesenen Celtis von Johann
Clemens von Dalberg in Worms gegründet,
7) Sodalitas literaria (Danubiana) von Celtlis in Krakau gegründet und 1498 nach Wien verlegt
8) 1495, 1502, Aldus Manutius - der in Rom und Ferrara die studia humanistica betrieben und auch
griechisch gelernt und gelehrt hatte - eröffnete 1490 als Vierzigjähriger in Venedig eine Druckerei.
Um die grichischen Klassiker korrekt drucken zu können, umgab er sich mit einem Kreis griechischer
und des Griechischen mächtiger Gelehrter, der 1502 den Namen und das Statut einer "Neuen
Akademie" (NEAKADEMIAS NOMOS) erhielt.Die Akademie erlischt mit dem Tod des Manutius
1515.
9) 1500 Sodalitas Philhellenon in Venedig (1508 von Erasmus besucht)
10) Nach 1500 Accademia degli Orti Oricellari, Zusammenkünfte im Hause des Florentiner Adeligen
Bernardo Rucelai, hier diskutierte man weniger literarische als vielmehr historische und auch
politische Probleme; Machiavelli hat hier seine "Discorsi sulla prima deca di Tito Livio" und seine
Abhandlung "Dell'arte della guerra" vorgetragen. Als zentrum politischer Opposition wurde die
Akademie 1522 aufgelöst.
11) Nach 1517 Accademia dei Grillenzoni = in Modena, ihre Mitglieder bekannten sich bzw.
sympathisierten mit Luthers Lehre; wurde über kirchliche Intervention aufgelöst.
12) Nach 1517 Accademia Parrasiana in Cosenza, ihre Mitglieder bekannten sich bzw. sympathisierten
mit Luthers Lehre; wurde über kirchliche Intervention aufgelöst.
13) 1540 Accademia degli Umidi = 1541 Accademia Fiorentina, War ursprünglich ein freier
Zusammenschluß von Dichtern in Florenz, Herzog Cosimo II de'Medici proklamiert sie 1541 als eine
feste, unter seinem Schutz stehende Organisation. Die MItglieder dieser Akademie kommentieren
und feiern Dante und Petrarca und beschäftigen sich mit der toskanischen Gegenwartssprache.
Cosmio erhebt - wie schon 80 jahre zuvor Lorenzo de'Medici il Magnifico - die Pflege der
Muttersprache zur patriotischen Pflicht und schafft dafür eine staatlich privilegierte Institution mit
eigenem Statut: indem der consolo an der Spitze der Akademie in Personalunion auch das Amt des
rektors der Universität versah, waren beide Institutionen mit einander verbunden; es entwickelte sich
ein relativ umfänglicher verwaltungsapparat. Die internen Sitzungen wurden an der Universität, die
öffentlichen in der Kirche Santa Maria Novella an Sonn- und Feiertagen abgehalten. In den
öffentlichen Sitzungen dominierten maroalische und philosophische Exegese, in den iternen
Sitzungen ging es meist um linguistische Probleme: Regelung der italienischen Orthographie,
Ausarbeitung einer Grammatik. Trotz einer relativ großen Vielfalt von Themen konzentrierte man
sich doch auf die Interpretation der drei großen Klassiker des trecento: Dante, Petrarca und
Boccaccio. Einer der führenden Köpfe war der Schuster Giovan Battista Gelli, der nicht weniger als
101 Vorlesungen über Dante hielt und 1551 sein "Ragionamento sopra le difficoltà di mettere in
regola la nostra lingua" vorlegte
14) Um 1550 Académie de Poesie et de Musique in Paris – Gegründet von Antoine de Baif, einem
Mitglied der Plejade. Baif plante eine platonische Akademie enzyklopädischen Zuschnitts, ohne
Einengung, die Musik sollte gewissermaßen eine Art Dachfunktion haben. Die Akademie schien in
den 1570er Jahren zu erlöschen, wurden dann aber von Hernri III. fortgeführt, der sie an seinen Hof
zog, weshalb sie die bezeichnung Academie du Palais erhielt. Aus ihr ging dann später eine weitere
Akademie hervor, die sich vor allem religiösen Themen widmete. In der Folge starker kirchlicher
Einfluß - Carlo Borromeo mit seiner Accademia delle Notte vaticane, Jesuitenakademien im Dienste
der Gegenreformation etc.
15) 1582 Accademia della Crusca (= Kleie, die vom Mehl gesondert werden soll), besteht heute noch
(nur kurze Unterbrechung um 1800), widmete sich der Reinigung und Veredelung der Sprache1,
starke Nachahmung durch Sprachgesellschaften im Reich und auch in anderen Ländern; begann als
eine Versammlung von Dichtern, von denen Antonfrancesco Grazzini, genannt Lasca, bereits ab
1540 mit Akademiegedanken umging. Da das Problem der Nationalsprache Zentrum der Tätigkeit
der Akademie war, vermochte sie sich zu halten: 1591 beschloß man die Erarbeitung eines großen
italienischen Wörterbuchs und verzettelte zu diesem Zweck Dantes Divina Comedia, Boccacios
Decamerone und die Canzoniere, von den ichtflorentinischen Autoren übernahm man nur "schöne,
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Um 1500 wird der klassische Humanismus von einem sogenannten "Vulgär-Humanismus" abgelöst, der von der Pflege der
klassischen Sprachen übergeht zur - sehr bald national bestimmten - Pflege der Nationalsprachen. Aus dieser bewegung
entstetehn die Accademia della Crusca und nachfolgend die Sprachreinigungsgesellschaften in fast allen Ländern und
insbesondere die französischen Institutionen. Als gängiger Topos wird das begriffspaar "Waffen - Wissenschaft" entwickelt
So entsteht eine bald sehr stark national getönte Akademie- und Wissenschaftsauffassung. Auch Ansätze zu internationalen
Institutionen - wie bei Leibniz - ersticken an der Undurchführbarkeit und werden in national orientierte Modelle umgeformt.
Erst im 18. Jh wird durch das Göttinger Modell Albrechts von Haller diese Phase wieder überwunden.
bedeutsame und in den florentinischen Sprachgebrauch eingegangene Worte"; so entstand das
"Vocabulario degli Accademici della Crusca", das eine in seiner Zeit hervorragende Leistung
darstellte (1621 oder 1621??? mit 960 Seiten bei einem venezianischen Verleger; 1691, 1729-1738;
1923 mußte die 5. Auflage beim Buchstaben O auf staatliche Weisung abgebrochen werden), das ein
Vorbild für viele analoge Unternehmungen geworden ist. 1595 erschien eine Dante-Ausgabe.
Die Crusca entwickelt ein ziemlich skuriles Zeremoniell: Wahrzeichen ist das Mehlsieb (frullone),
die Namen der Akademiker hängen ebenfalls mit dem Mehl zusammen: Salviati hieß Infarinato (=
der mit Mehl bestäubte), ein anderer Infrigno (= Kleienmehl); die Bilder der Mitglieder wurden auf
hölzernen Mehlschaufeln (pale) gemalt, man saß auf umgestürzten Mehlkörben (gerle) etc.