Ad hoc – mit der Tram nach Amsterdam

Transcription

Ad hoc – mit der Tram nach Amsterdam
Ad hoc – mit der Tram nach Amsterdam
Porsche Regional
D
er PC Schwaben feierte
Nach der weiteren beschwerlichen
»betrunkener Häuschen« finden –
mit seiner PCC-Veranstaltung
Fahrt auf den vollen Autobahnen
da ist manchmal der Schiefe Turm
in Zandvoort (siehe Seite 92 ff.)
Hollands trafen sich die Mitglieder
von Pisa gar nichts dagegen.
und dem Abstecher nach Amster-
und Gäste des PC Schwaben
Doch nun zu unserer Grachten-
dam seinen Event-Jahreshöhe-
zum angenehmen Begrüßungs-
rundfahrt. Die Standardtour dau-
punkt. Immerhin 700 Kilometer von
abend im Hotel Golden Tulip in
ert rund eine Stunde. Unsere Tour
der Heimat des PC Schwaben in
Haarlem. Mehr als 50 Interessier-
dagegen dauerte fast zwei Stun-
Reutlingen bzw. Tübingen – ent-
te (u. a. Mitglieder der PC Kirchen-
den und führte uns auf der Amstel
fernt, galt es, eine Veranstaltung
Hausen, PC Heilbronn-Hohenlohe
durch die wirklich recht malerische
mit mehr als 100 Teilnehmern mit-
und PC Brandenburger Tor) mach-
Herrengracht, ehemals Quartier
tels E-Mail und Telefon (leider war
ten sich zusammen mit dem PC
der reichen Kaufmannsleute, noch
manch Ansprechpartner unbekannt)
Schwaben bei schönstem Wetter
heute zu erkennen an ihren reichen
zu organisieren. Eine Vorab-Pla-
auf nach Amsterdam.
und stolzen Patrizierhäusern, an
nungsreise? Die war weder im Etat
Mit einem für Porsche Fahrerinnen
den reich verzierten Giebeln und
noch im Zeit-Budget eingeplant.
und Fahrer ungewöhnlichen
Fassaden. So viele reiche Kaufleute
Das neu formierte Vorstands-
Verkehrsmittel, der Tram, startete
gibt es zwar nicht mehr, dafür aber
team, Dr. Fritz Letters (Präsident),
der Ausflug ins Zentrum Amster-
umso mehr Banken, die sich hier
Gert Barlok (Vizepräsident), Claus
dams – Treffpunkt »Watertaxi«.
niedergelassen haben.
Plappert (Schatzmeister) und
Inge Reichert-Zorzi, bekannt
Im Bereich der Brouwersgracht
Gerry Haag (Sportleiter), schulterte
als »die Geschäftsstelle des PCD«,
wiederum fanden wir die für Amster-
in routinierter »Gelassenheit« ge-
hatte diese Reise vorbereitet und
dam ebenfalls einst typischen
meinsam diese letztendlich sehr
die beiden »Scouts« engagiert.
großen, alten Lagerhäuser, in de-
erfolgreiche Herkulesaufgabe. Ein
nen die Waren der Kaufleute ge-
erster Zwischenstopp auf dem
stapelt wurden, und etwas weiter
Weg nach Amsterdam war der Zoll-
kamen wir an die Stadtschleusen.
verein Essen: eine Kohlenzeche,
Eine andere typische Besonderheit
die in ihrer Betriebszeit (bis 1986)
sind die ausladenden Kranhaken.
mit einem täglichen Fördervolumen
Generell sollten wir erst einmal
In anderen Städten, besonders aus
von bis zu 16.000 Tonnen Kohle zur
über die Entstehung der Stadt
der Zeit des Mittelalters, sieht man
modernsten Zeche der Welt gezählt
Amsterdam nachdenken, die wie
diese, wie auch hier, an den mehr-
hatte. Nachdem das Land Nord-
halb Holland in einen abgetrennten
stöckigen Lagerhäusern. Um die
rhein-Westfalen der Ruhrkohle AG
Teil des Meeres gebaut wurde. Ent-
Waren herein oder heraus zu hieven,
die Zeche abgekauft hatte, wur-
sprechend stehen noch heute fast
hat fast jedes ältere Bürgerhaus im
de sie grundlegend saniert und im
alle Häuser der Altstadt auf langen
Obergeschoss einen solchen Ha-
Jahre 2001 von der UNESCO mit
Holzpfählen, die in den darunter
kenmast mit der entsprechenden
dem Titel »Weltkulturerbe« für
liegenden Grund gerammt wurden
Dachgaube. Die Treppenhäuser wa-
die Industrielle Kulturlandschaft
und die Häuser tragen. Da solche
ren und sind so eng, dass dies in
Zollverein geadelt.
Pfähle natürlich über die Jahrzehnte
aller Regel der einzige Weg war und
Dr. Rolf Tiggemann, der selbst
hinweg auch faulen können, ist die
ist, um größere Sachen in die Ober-
wesentlich am Aufbau des Zoll-
manchmal etwas schiefe, leicht
geschosse zu bekommen. Über den
vereins beteiligt war, brachte uns
»betrunken wirkende« Schräglage
Nordseekanal ging es weiter, wie
persönlich die architektonischen
einiger Häuser etwas leichter zu
der Name vermuten lässt, in Rich-
und ingenieurstechnischen Leis-
verstehen. Wenn die Grundpfeiler
tung Nordsee, vorbei am Museums-
tungen nahe und zeigte uns auch
auf der einen Seite verrotteter sind
hafen, wo es ein romantisches altes
auf, mit welchen Maßnahmen der
als die auf der anderen, dann be-
Segelschiff zu bewundern gab. Auf
Zollverein heute seine Finanzierung
ginnt das Häuschen eben etwas
dem Rückweg kamen wir noch an
sichert (Buch: Zollverein Schacht
einseitig zu wanken. Schaut euch
fast der gesamten Altstadt vorbei,
XII, Rolf Tiggemann, 2007, ISBN
dort mal in Ruhe um, dann wer-
so auch an dem alten Rathaus und
978-3-89861-741-3).
det ihr eine ganze Menge solch
dem Anne Frank Huis.
03 | 08 Porsche Club Life 111
Genauso, wie zu Holland die vielen
Nach diesen vielen bleibenden Ein-
vor eine enorme Anziehungskraft.
sogenannten »Fietzen«, die Fahr-
drücken legten wir mit unserem
Als Nächstes stand natürlich auch
räder, gehören (überall fahren wel-
Boot in der Altstadt zum Mittages-
ein Besuch im Rotlichtviertel auf un-
che herum, am Rande jeder Gracht
sen im Restaurant der Fünf Fliegen
serem Programm. Von dort aus ging
und neben jeder Brücke stehen Dut-
an. Die beiden Guides hatten uns
unsere Erkundungsreise zum Rat-
zende), so sind auch die Grachten
Amsterdam von seiner schönsten
haus, danach zu einer Bier-Kneipe.
schon seit Langem erfolgreich mit
Seite gezeigt.
Die Bierprobe zeigt die Geschichte
einem anderen typischen Gefährt
Frisch gestärkt ging die Führung
des Bieres auf und bietet verschie-
belegt, nämlich mit dem Wohn-
weiter in der Altstadt. Wir besich-
dene Biere, so z.B. auch ein Kirsch-
Hausboot, das es ebenso haupt-
tigten einen der typischen Coffee-
bier, zum Probieren an. Dort endete
sächlich nur in Holland gibt. Hun-
shops, The Bulldog, der für die et-
dann unsere organisierte Führung,
derte und Aberhunderte liegen hier
was anderen Genüsse bekannt ist.
und wir hatten noch genügend Zeit,
in den Seilen. Die einen nutzen es
Übrigens ist Cannabis auch in den
auf eigene Faust die Innenstadt
als Wochenendheim, die anderen
Niederlanden illegal. Lediglich der
zu erkunden.
als feste Behausungen, die zum Teil
Besitz und Verkauf kleiner Mengen
Den Amsterdam-Besuchern blieb
mit festen Liegeplätzen, Strom, Gas
wird geduldet. Fast 1.400 Cafés,
nur wenig Zeit zum Regenerieren,
und Wasseranschlüssen von der
Bars und Clubs gibt es in der Alt-
bevor der PC Schwaben mit inzwi-
Stadt ausgestattet sind.
stadt, die meisten befinden sich in
schen mehr als 100 Teilnehmern
Auf den Grachten kann man, was
der Gegend von Rembrandtplein
der Clubreise und des PCD Club-
kaum erstaunlich sein sollte, auch
und Reguliersdwarsstraat.
Cup an den »Beach« von Zandvoort
recht interessante und moder-
Seit den 1970er-Jahren sind die Top-
zog, um dort einen schönen Abend
ne malerische Fahrzeuge bewun-
adressen für Jazzfans das Bimhuis
am Strand im Beachclub Riche zu
dern. Denn unter den »Boatpeople«
in der Oude Schans und das Cas-
erleben. Mit einem Barbecue bei
befinden sich nicht wenige (noch
ablanca, ein ehemaliger Seemanns-
rotem Sonnenuntergang und je-
lebende) begabte Künstler, die
club im Rotlichtviertel. Auch wenn
der Menge Smalltalk bereiteten wir
diese Art des Lebens in einem
der große Glanz des holländischen
uns auf den folgenden Tag vor, der
»sich bewegenden« Heim der
Jazz im Schatten des kubanischen
für die aktiven Fahrer/innen einen
vollen, stupiden städtischen
Buena-Vista-Social-Club etwas ver-
Tag auf der Natur-Rennstrecke
Sesshaftigkeit vorziehen.
blasst ist, haben die Läden nach wie
Zandvoort versprach.
112 Porsche Club Life 03 | 08
Porsche Regional
03 | 08 Porsche Club Life 113