Sportfreunde - Integration durch Sport

Transcription

Sportfreunde - Integration durch Sport
spezial
Sportfreunde
Eine goldene Zeit
Im Härtetest zum Deutschen
Sportabzeichen  2
Dieses Spezial entstand in Zusammenarbeit mit:
Wir sind Vielfalt
Vier Liebeserklärungen
an ganz unterschiedliche
Disziplinen  4
Sport kann...
Was ihr dem Sport
alles zutraut  8
1 Auf die Plätze, fertig... keuch! Boxer Melvin entscheidet den Sprint klar für sich.
2 Von allen angefeuert fliegt Melvin in ungeahnte Höhen. 3 Jennifer Oeser und Walter
Schneeloch wählen die Alternative zum Hochsprung: „Seilchenspringen“. 4 Gülbeyaz kämpft
sich über 3.000 Meter zum Sportabzeichen. 5 Vorbildlich: Aufwärmübungen. 6 Optische
Täuschung: Sieht knapp aus, ist es aber nicht. 7 Stand... Sprung! Für eine
Siebenkämpferin kein Problem.
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Zeit
Treffen sich der Vizepräsident des Deutschen
Olympischen Sportbundes, eine Siebenkämpferin
und zwei Schüler... für das Deutsche Sportabzeichen.
Kein Witz, sondern ein Härtetest. Schweiß und innige
Umarmumgen mit der Hochsprungmatte inklusive.
von Maria Gramsch, 23 Fotos: Frank Dünzl
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ir müssen jetzt am Popo
messen“, stellt Inge Eisele
mit Kennerblick fest. Wer
glaubt, dass ich heute meine Ausbil­
dung zur Kinderkrankenschwester
beginne, liegt falsch. Ich stehe in der
Leichtathletikhalle des TSV Bayer 04
Leverkusen.
Frau Eisele ist Prüferin des Deutschen
Olympischen Sportbundes (DOSB) und
zuständig für die Prüfung und Ver­
gabe des Deutschen Sportabzeichens.
Mit dabei sind Walter Schneeloch, 66,
ins Ziel. Ihm geht ordentlich die Pum­
pe, doch beim Blick auf die Fotos vom
eben absolvierten Lauf kann er wieder
Scherze machen: „Wieso bin ich auf
dem Foto denn verdeckt, da war doch
ein Riesenabstand zu den anderen!?“
Ihr Weg zum Sportabzeichen führt
unsere vier Sportler als nächstes zur
Hochsprunganlage. Für Jennifer als
Siebenkämpferin ist das kein Pro­
blem. Der erste Sprung von Walter
Schneeloch sieht eher aus, als würde
er nach langer Trennung auf die Hoch­
sprunglatte zustür­
men, um dann eng
umschlungen
mit
ihr auf der Matte zu
landen.
Melvin hüpft wie
ein junges Reh über
die immer höher
gestellte Latte. Alle
feuern an – Jennifer
flüstert mir ihren Geheimplan zu: „Ich
werd ihn einfach so lange anfeuern,
bis er sich gegen das Boxen und für die
Leichtathletik entscheidet.“
Für den Standweitsprung geht es
an die Weitsprunggrube. Nach dem
ersten Sprung von Gülbeyaz greift
Profisportlerin Jennifer beherzt zum
Rechen und kümmert sich um den
zerfurchten Sandkasten. Da ich so­
wieso gerade meinen Schreibblock in
der Hand halte, ruft mir Frau Eisele ein
„Schreib auf!“ zu. Die anderen hüpfen
brav einer nach dem anderen aus dem
Stand in den Sand. Alle bestehen.
Der 3.000-Meter-Lauf spaltet unsere
Sportgruppe allerdings doch. Jennifer,
die nach einer Verletzung noch nicht
ganz fit ist, und Herr Schneeloch ge­
ben nach einer Runde auf. Gülbeyaz
trotz Knieproblemen nicht – nicht mal,
als sie von Melvin überrundet wird.
Die beiden schaffen es sicher und un­
verletzt ins Ziel. Melvin erreicht auch
hier eine goldene Zeit.
„Ich werde ihn so lange
anfeuern, bis er sich gegen
das Boxen und für die
Leichtatheltik entscheidet.“
der Vizepräsident des DOSB, Sieben­
kämpferin und Drittplatzierte bei der
Weltmeisterschaft 2011 Jennifer Oeser,
30, Gülbeyaz Akyol, 14, Schülerin und
Leichtathletin und Melvin Munusy, 13,
Schüler und Boxer. Die vier werden
heute gemeinsam das Sportabzeichen
ablegen.
Dafür müssen sich alle Sportler in ei­
nem selbstgewählten Element der vier
Kategorien Ausdauer, Kraft, Schnellig­
keit und Koordination beweisen. Für
die Ausdauer sollen heute 3.000 Meter
gelaufen werden, bei der Kraft treten
alle zum Standweitsprung an, für die
Schnelligkeit bittet Frau Eisele zum
100-Meter-Lauf und in Sachen Koordi­
nation steht Hochsprung auf dem Plan.
Unsere vier Sportler beginnen mit dem
100-Meter-Lauf. Melvin spurtet vorne­
weg und erreicht mit seiner Zeit den
Bereich für das goldene Sportabzei­
chen. Dicht gefolgt wird er von Jenni­
fer und Gülbeyaz – Walter Schneeloch
kommt weit abgeschlagen als letzter
Da es mit der Ausdauer bei Jennifer
und Herrn Schneeloch leider nicht
so gut geklappt hat, dürfen sie heute
kein Sportabzeichen mit nach Hau­
se nehmen. Für Jennifer ist das nicht
schlimm, denn ihre Oma ist Sportab­
zeichenprüferin – da kann sie das je­
derzeit nachholen. Walter Schneeloch
macht heute ohnehin nur zum Spaß
mit: Das Sportabzeichen hat er längst.
Melvin und Gülbeyaz hingegen dürfen
sich bald ihr Sportabzeichen bei Frau
Eisele abholen. Vorher müssen sie
aber noch ihren Schwimmpass vor­
legen. Denn ohne Schwimmnachweis
gibt es kein Sportabzeichen – nicht
mal von Frau Eisele.
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„Ohne meinen
Sport wäre ich
nichts“
Carlos Manuel Fernandes Marques
Esteves, 53, hätte auch im Profifußball landen können – oder auf der
schiefen Bahn. Ist er aber nicht,
sondern im Taekwondo.
von Sebastian Reith, 23
Fotos: Frank Dünzl
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strahlen im Landesleistungsstützpunkt für Taekwondo in
Iserlohn von der Wand. „Ist das nicht
toll?“, fragt Bundestrainer Carlos
Esteves seine Schüler, als er das frisch
gemalte Bild zum ersten Mal sieht.
Der 53-Jährige stammt aus Lissabon
und kommt als Kind
nach Deutschland,
wo seine Eltern in
einer
Kofferfabrik
arbeiten. „Die erste
Zeit war eine Katastrophe, ich war gerade fünf und in einer
völlig neuen Umgebung“, erzählt Carlos. Damals knüpft
er erste Kontakte beim Sport, spielt
regelmäßig Fußball mit Jungs auf der
Straße, die „den Portugiesen“ gerne in
ihrer Mannschaft haben. „Ich konnte
ganz gut Fußball spielen und habe die
Sprache schnell gelernt.“
Im Sport – Carlos probiert auch
zahlreiche Kampfsportarten aus, darunter Taekwondo – ist er gut. In der
Schule hingegen hat er Startschwierigeiten. „Durch den Sport habe ich
vieles erlebt. Da habe ich mich toll
gefühlt. In der Schule hatten alle eine
andere Sicht auf mich.“ Dort ist er der
Fremde und wird wegen seiner dunklen Haare gehänselt.
1977 kehren seine Eltern zurück
in die Heimat, Carlos jedoch will unbedingt in Deutschland bleiben. Dafür
lehnte er sogar einen Vertrag im Internat des portugiesischen Profi-Fußballvereins Sporting Lissabon ab, wo zum
Beispiel Cristiano Ronaldo seine Karriere begann. „Ich habe mich gefragt: Wo
soll dein Leben hinführen? Kein Schulabschluss, kein Beruf. Was du kannst,
ist Sport. Das war der Anker, den ich
hatte.“ Von da an konzentriert er sich
voll auf seine Karriere im Taekwondo.
1989 wird er zum ersten Mal
deutscher Meister. Bis zu seinem
Karriereende nach einem schweren
Autounfall 1998 kämpft Carlos um Titel und züchtet mit seiner Frau, die er
beim Taekwondo kennengelernt hatte,
Pferde.
Carlos steigt
vom Vereinstrainer
bis zum Bundestrainer auf. Bei den
Olympischen Spielen
in London holt seine
Kämpferin
Helena
Fromm 2012 Bronze.
Dass er in den Trainingsgruppen Integrationsarbeit betreibt, ist ihm bewusst
– und es ist für ihn eine Selbstverständlichkeit: „Integration... Wir nehmen das
Wort gar nicht in den Mund.“
Er lächelt, als er mir die wechselreiche Geschichte seines Lebens
erzählt hat. „Ohne meinen Sport“, sagt
er, „wäre ich heute nichts.“
„Durch den
Sport habe
ich mich toll
gefühlt.“
Ob Sebastian selbst begeisterter
Sportler ist? Fragt ihn auf SPIESSER.de,
Profilname: BastiFantasti
„Boxen hat
mir die Angst
genommen“
Von ihrem Bruder lässt sich Elvira Müller, 20, vor zehn
Jahren mit dem Box-Fieber anstecken – und verdankt dem
Sport heute ihre Selbstsicherheit. von Peter Andre, 19
Fotos: Sascha Kreklau
G
ummisohlen quietschen, das
Boxsack-Gewinde ächzt – in
der kleinen Halle des BC Vogelheim in Essen, Stützpunktverein
des Programms „Integration durch
Sport“, trainieren Grundschüler an
der Seite von Berufstätigen. Mittendrin: Elvira. Die blonden Haare hat sie
zurückgebunden, die viel zu großen
Boxhandschuhe wirken grotesk an
ihrem zierlichen Körper, mit dem sie
sich durch die Gewichtsklasse »Fliegengewicht« kämpft. Auf den ersten
Blick sieht die 20-jährige Elvira wirklich nicht wie eine Boxerin aus, sondern: harmlos. Dann aber schlägt sie
los. Und alles, was mir durch den Kopf
schwirrt, ist: Der arme Boxsack...
Angefangen hat Elvira mit zehn
Jahren, vermutet sie. So genau weiß
sie es nicht mehr. Ihr Bruder habe
zuerst geboxt, erzählt sie, und sie mit
dem Box-Fieber angesteckt. Dafür ist
sie ihm noch heute dankbar, denn der
Sport habe ihr Leben bereichert. Nicht
nur um große Erfolge wie bei der Deutschen Meisterschaft U21, bei der sie
2012 den dritten Platz belegt. Auch
um Selbstsicherheit. „Boxen hat mir
die Angst genommen“, sagt Elvira.
Ihre Mutter stammt aus
der Ukraine, Elvira ist dort geboren. Mit drei Jahren kommt die
Familie nach Deutschland,
„bessere Perspektiven“,
erinnert sich Elvira.
Doch der Start fällt ihr
schwer. Sie wird mit
einem Jahr Verzögerung eingeschult, weil ihr
Deutsch noch nicht gut genug ist. Und
auch auf der Realschule läuft nicht al-
les reibungslos. Doch jetzt ist sie gerade im Endspurt zum Abitur, möchte
danach Lehrerin werden – und hat
keinen Zweifel daran, dass das Boxen
einen großen Anteil daran hatte.
Beim Boxen lerne man Menschen kennen und schätzen, die man
sonst gemieden hätte – und umgekehrt. „Man findet zueinander. Wenn
die Hände zur Waffe werden, muss
man Verantwortung lernen. Ohne
Rücksicht und Respekt geht beim Boxen gar nichts.“
Das Training ist vorbei, Elvira
zieht ihre Boxhandschuhe langsam
aus. Jetzt sehe ich den Schriftzug darauf: „Invincible“ – unbezwingbar.
Ob Peter schon mal geboxt hat?
Fragt ihn auf SPIESSER.de, Profilname:
Peter.Andre.
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„Nur deshalb
hab ich Abi
gemacht“
Milorad Vlajnic, 37, trainiert Kinder und Jugendliche
im Fußball und Basketball. Dabei geht es ihm
um mehr als sportlichen Ehrgeiz.
von Bebero Lehmann, 27
Fotos: Maya Claussen
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in einer ruhigen Straße mitten
im rheinland-pfälzischen Andernach. Die Turnhalle ist erleuchtet,
ein paar Jungs kommen mir mit dem
Fahrrad entgegen, andere kicken. Jeden Sonntag spielen etwa 50 Jugendliche hier Fußball.
Hier treffe ich Milorad.
Der 37-jährige Jugendsozialarbeiter ist seit Jahren
für „Integration durch
Sport“ aktiv. Ehrenamtlich trainiert er
Kinder und Jugendliche in Fußball und
Basketball, organisiert
Sportcamps in ganz Europa. Begonnen hat all das
in Andernach.
„Für uns Kinder war Sport
das Ventil. Weg von zuhause, weg vom
Stress in der Schule, einfach Fußball
spielen, Tore schießen.“ 1981 kommt
er mit seiner Familie aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland. In Andernach besucht Milorad
Kindergarten und Fußballverein. „Es
war schwer, dort Anschluss zu finden,
denn das waren alles deutsche Trainer, deutsche Jungs und wir waren
Ausländerkinder.“ Die Alternative ist
ein Verein, in dem kein einziger deutscher Junge spielt. „Dort nimmt dich
jeder an, so wie du bist, hieß es. Aber
Integration war das auch nicht.“
Bald darauf entdeckt er auch
Basketball für sich. Mit 17 wird Milo-
rad selbst Trainer, weil es im Verein
an Personal für die Jüngeren fehlt.
„Damals hab ich mir gesagt, ich will
ein Trainer sein, der die Kids wirklich
so annimmt wie sie sind. Ich hab mich
selbst in ihnen wiedererkannt.“
Zum Studieren geht er nach
Köln an die Sporthochschule. „Nur
deshalb hab ich Abi gemacht.“
Unter der tief sitzenden Mütze beobachtet Milorad,
was auf dem Spielfeld
passiert. „Gerade sind
15 Leute da, aus 13
Nationen“, sagt Milorad. „Integration durch
Sport ist ja jetzt ein
politischer Begriff. Wir
machen das seit 15 Jahren. Damals sind wir mit nem
Fußball losgezogen, um die Kinder
von der Straße zu holen.“
In seinem Training geht es um
mehr als die sportliche Leistung: „Einfache menschliche Werte, wie Fürsorge, Hingabe, Miteinander statt Gegeneinander lassen sich zum Beispiel
beim Passspiel vermitteln.“
Die ersten Jungs schauen ungeduldig zu uns rüber. Heute steht ein
Turnier auf dem Plan. Höchste Zeit,
dass Milorad die Trikots verteilt und
das erste Spiel anpfeift.
Welcher Sport Beberos Leidenschaft ist?
Fragt sie auf SPIESSER.de, Profilname:
Bebero
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ittwochnachmittag, 16 Uhr in
Bochum-Wattenscheid. Während ich Maral Feizbakhsh,
23, in der Mensa des Olympiastützpunktes treffe, laufen unzählige Sportlerinnen und Sportler an uns vorbei.
Maral kennt sie alle und hält für jeden
ein freundliches Wort bereit. Seit sie
13 ist, ist sie Leichtathletin. Dass sie
da steht, wo sie ist, hat sie auch der
mutigen Entscheidung ihrer damals
28-jährigen iranischen Mutter zu verdanken.
„Als ich auf die Welt kam, hat
sich meine Mutter fürs Auswandern
entschieden, weil sie nicht wollte,
dass ich in einem frauenfeindlichen
Land aufwachse“, erzählt Maral. So
kam sie im Alter von
vier Monaten nach
Mainz. Marals Vater
blieb zurück. „Er ist
nicht mitgekommen,
weil meine Eltern
damals bereits getrennt waren. Zu
ihm habe ich keinen
Kontakt mehr“, sagt
sie nachdenklich.
Von Anfang an habe ihre Mutter
alles dafür getan, dass sich Maral in
Deutschland gut einlebt. „Sie musste
selbst erst mal Deutsch lernen, hat es
aber nach 23 Jahren echt gut drauf“,
so Maral. Sie selbst lernt die Sprache
mit 18 Monaten in der Kinderkrippe.
„Es ist verrückt, wie einfach die Ver-
„Zusammen
ist man viel
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ständigung für Kinder ist“, sagt sie,
„einfach so beim Spielen“. In ihrem
Freundeskreis findet sich heute nur
eine Iranerin, ihre Mutter habe stets
Wert darauf gelegt,
dass sie sich mit
deutschen Kindern
umgibt – auch beim
Sport.
„Im Sport ist
jeder gleich“, sagt
Maral. Nach Versuchen im Rollschuhlaufen und Schwimmen fängt sie im
Alter von 13 mit Leichtathletik an. Der
Sport habe sie vor der pubertären Einsamkeit gerettet. Besonders mit den
Mädels aus ihrer 400-Meter-Staffel
verbindet sie viel – das wird spätestens klar, wenn sie mit glänzenden
Augen den Teamgeist beschwört: „In
der Staffel hat man plötzlich Reserven,
von denen man nichts wusste. Zusammen ist man viel stärker, im Team laufen alle füreinander.“
Sechs bis acht Mal pro Woche
trainiert sie, war 2012 bei den Olympischen Spielen in London dabei. 2014
möchte sie auf 400 Metern in 52 Sekunden ihre persönliche Bestzeit schlagen.
Täglich macht sie nach der Arbeit als
wissenschaftliche Mitarbeiterin bei
der Industrie- und Handelskammer
ihre Kilometer. „Es ist stressig, aber
macht Spaß – das ist mein Leben.“
„Es ist verrückt,
wie einfach die
Verständigung
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Laura wäre? Fragt sie auf SPIESSER.de
Profilname: Laura...
Die 400-Meter-Läuferin Maral
Feizbakhsh, 23, kam mit vier Monaten
aus dem Iran nach Deutschland. Mit
Vorurteilen hatte sie nie zu kämpfen –
daran hat auch ihr Sport großen Anteil.
von Laura Konieczny, 20
Fotos: Sascha Kreklau
7
Sport kann...?
Julius hat sich umgehört, was ihr dem Sport alles zutraut – lest selbst!
von Julius Wußmann, 24
Fotos: Frank Grätz
Sport kann Spaß machen. Beim
Trampolinspringen habe ich gemerkt, wie ich meinen Körper immer
besser kennengelernt habe. Figuren, die
erst schwer und frustrierend waren, gelingen mir
jetzt viel leichter. Ein Erfolgserlebnis!
8
Sport kann dich schneller
von A nach B bringen. Durch
häufiges Fahrradfahren etwa
tust du was für deine Bewegung und wirst dadurch immer
ausdauernder.
Anne, 21 aus Zwickau
Sport kann Gemeinschaft schaffen:
Sportvereine sind Orte des Miteinanders
und der aktiven Teilhabe für alle Menschen,
unabhängig von ihrer sozialen oder kulturellen
Herkunft. Die Bundesregierung unterstützt
deshalb Vereine vor Ort durch das Programm
„Integration durch Sport“.
Markus, 22 aus Koblenz
Sport kann euch fürs Leben
bilden und dabei unglaublich
viel Spaß machen.
Dr. Manfred Schmidt, Präsident des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
Walter Schneeloch, DOSB-Vizepräsident
Breitensport und Sportentwicklung
Sport kann Grenzen
überwinden, weil es da keine
Vorurteile gibt. Hier ist egal, wo
du herkommst, wie du aussiehst
oder was für eine Sprache du sprichst.
Es zählt einzig der Mensch und seine
sportliche Leistung.
Alexander, 19 aus Freiburg
Sport kann glücklich
machen. Wenn ich
mich beispielsweise
erfolgreich gegen meine
kein-Bock-auf-Sport-Stimmung wehre und dann wirklich
rausgehe, um mich zu bewegen, fließen die
Glückshormone nur so durch meinen Körper.
Christina, 26 aus Dresden
Sport kann euch stark machen,
und im Verein findet ihr neue
Freundinnen und Freunde.
DOSB-Vizepräsidentin
Frauen und Gleichstellung
www.integration-durch-sport.de
Herausgeber:
Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12
60528 Frankfurt am Main
Redaktion und Layout:
SPIESSER GmbH
Schandauer Straße 64
01277 Dresden
Projektleitung: Caroline Jeschke
Ilse Ridder-Melchers,
Ihr wollt in einem Stützpunktverein
dabei sein? Hier erfahrt ihr mehr:
Impressum
Redaktion: Peter Andre, Maria
Gramsch, Laura Konieczny, Bebero
Lehmann, Luise Mundhenke, Sebastian
Reith, Eva Weber, Julius Wußmann
Fotos: Andrea Bowinkelmann, Maya
Claussen, DOSB, Frank Dünzl, Thomas
Geiger, Frank Grätz, Sascha Kreklau,
ANSA Alessandro di Meo / dpa
Layout: Ronny Pietsch