[130]dogs world ZUCHT

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[130]dogs world ZUCHT
[130] dogs world ZUCHT
Er läuft!
My Life Tailing Paris Hilton“. „50 Prozent
der Frauen, die sich für unsere Hunde interessieren, haben einen Paris-Hilton-Komplex“, so die Züchterin Lorena Galanti aus
München. „Mädchen, die weder Geld noch
Ahnung haben, was Hundehaltung überhaupt bedeutet. Die wissen kaum, wie ein
Chi aussieht, und können schon gar keine
800 oder 1200 Euro bezahlen, die ein Hund
aus sorgfältiger Zucht eben kostet.“
Der Chihuahua ist ein robuster kleiner Hund von ungeheurer Loyalität. Doch
der schrille Zeitgeist steckt ihn ins Glitterhandtäschchen oder hebt ihn aufs Katzenklo anstatt auf die grüne Wiese, ärgert sich DOGS -Autorin Katharina von der Leyen
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in Parks und Grünanlagen, dafür
umso öfter auf Laufstegen, in
Autos und Restaurants, in kleinen Taschen,
auf Damen-Armen, mit T-Shirts und Bomberjacken bekleidet. Spätestens seit Paris
Hilton sich als lebendes Mode-Accessoire
ihren Chihuahua Tinkerbell anschaffte,
braucht man offenbar für den perfekten
Glamour-Auftritt ein Toy-Hündchen im
Arm. Madonna besaß gleich drei davon –
namens Rosita, Evita und Chiquita. Um
ihrem großen Idol in nichts nachzustehen,
hatte auch Britney Spears (vor der Schei-
dung, den Strip-Lokalen und der Sache mit
den Haaren) ein solches Mini-Trio. Die mangelnde Stubenreinheit der Hunde bescherte
Spears angeblich an die Gemälde Jackson
Pollocks erinnernde Muster auf ihren weißen Teppichen. Als dann allerdings einer der
Chihuahuas nach dem Knöchel ihres Exmanns Kevin Federline schnappte, mussten
die drei ausziehen: Hätte Britney nur auf
den hündischen Instinkt vertraut, ihr – und
uns – wäre einiges erspart geblieben …
MIT JUNGTIEREN LASSEN
SICH GESCHÄFTE MACHEN
Die offiziellen Zuchtvereine haben daher
auch keine wachsenden Welpenzahlen zu
vermelden, während das Internet vor abzugebenden Chihuahuas überquillt. Es sind
Chi-Chis, wie sie von ihren Fans liebevoll
genannt werden, die von schlauen Händlern
aus dem Osten importiert und häufig viel
zu früh abgegeben werden. Mit sechs, sieben
Wochen, kaum in der Lage, sich auf den
Beinen zu halten. „Zu jung, zu klein, ungeimpft und unterzuckert“, so Galanti, „die
sehen aus wie Vögelchen.“ Oder von profitorientierten Hundevermehrern. „Zehn Wochen alt, sofort abzugeben. Da wir keine
Freunde des Vereinslebens sind, haben wir
die Eltern nicht auf Zuchttauglichkeit prüfen lassen, deshalb ohne Papiere“, heißt es in
einer Kleinanzeige. Züchter der eingetragenen Vereine geben die Welpen dagegen frühestens mit 12, meist erst mit 14 oder
16 Wochen ab. Dank Paris ist die Nachfrage
nach kurzhaarigen Chihuahuas gestiegen.
„Das dünne Fell nehmen die Halterinnen als
Vorwand, ihnen etwas anzuziehen“, faucht
Lorena Galanti. „Aber ein T-Shirt hält nicht
warm. Ohnehin ist der Chihuahua ein sehr
robuster Hund und gar nicht empfindlich.“
DIE KLEINEN HUNDE SIND
DER HYPE UNSERER ZEIT
DAS OBJEKT DER BEGIERDE:
EIN BILD VON EINEM HUND
FOTO: ML HARRIS/ICONICA /GE T T Y IMAGES
Die Hälfte aller Chihuahua-Fans hat
einen Paris-Hilton-Komplex, meint Züchterin
Lorena Galanti aus München
Chihuahuas sind nicht nur die kleinste,
sondern auch eine der ältesten Hunderassen
der Welt. Sie gehörten zu den Lieblingsspielzeugen aztekischer Prinzessinnen und
begleiteten als Opferhunde die Toten der
Azteken auf ihrer Reise ins Jenseits. Dass
Prinzessinnen sie lieben, ist bis heute so geblieben. Dass sie zum Opfer werden auch:
Es gibt unzählige komplette Outfits für Chihuahuas, Taschen und Täschchen in jeder
Form und Farbe sowie zahllose ChihuahuaShops im Internet, bei denen man Kleidchen, T-Shirts, Bikinis, Hütchen und
Ringelpullis, mit denen die Hunde erbarmungslos verkleidet werden, mit oder ohne
Glitzer bestellen kann. Nur wenige dieser
Hunde scheinen je den Boden berühren zu
dürfen, und ihre Notdurft verrichten sie
mitnichten an Bäumen und in Parks, sondern ausschließlich auf dem Katzenklo.
Mit Tinkerbell trat Paris Hilton als künstlichste Jetset-Blondine mit Barbie-Hund
auf. Tinkerbell wurde in kurzer Zeit zum
berühmtesten Hund Amerikas und fungiert
sogar als „Autor“ einer Biografie über die
Hotelerbin: „The Tinkerbell Hilton Diaries –
Oft werden sogenante „Teacups“ angeboten, besonders kleine Exemplare, die fürs
Foto adrett in Weingläsern oder Teetassen
drapiert werden: „Mini-Traum in Weiß mit
650 Gramm in allerbeste Hände abzugeben“
oder „Im Auftrag von angesehenen Züchtern vermitteln wir Mini-Chihuahua-Wel-
pen, auch Teacup-Chihuahua genannt,
bekannt durch Paris Hiltons Tinkerbell“.
Auch Britneys neuestes Modell ist ein „Teacup“, der angeblich 3200 Dollar kostete. In
Wirklichkeit gibt es „Teacups“ dabei gar
nicht. Sie sind nichts weiter als eine clevere
Marketing-Erfindung von erbarmungslosen
Züchtern, die unter dieser Bezeichnung
Kümmerlinge verkaufen wollen. „Zwergenwuchs ist nichts Erstrebenswertes“, meint
die Vorsitzende des Deutschen ChihuahuaKlubs Heidi Gehring, die diese Rasse seit
40 Jahren züchtet, „sondern weist häufig auf
genetische und gesundheitliche Schäden
hin.“ Eines der Kriterien für einen gesunden
Chihuahua ist sein Gewicht: Mit zwölf Wochen sollte er um die tausend Gramm wiegen. Zur Zucht zugelassen werden vom VDH
nur Hunde von mindestens zwei Kilogramm.
Denn: Je kleiner, desto empfindlicher sind
sie. Hunde sind nun mal keine Handys – je
kleiner, desto modischer, desto besser.
It-Girl Paris Hilton trennte sich von
Hündchen Tinkerbell: Das Tier war ihr zu
groß geworden. Um Imageschäden abzuwenden, tat sie, als wäre Tinkerbell weggelaufen, und inszenierte eine medienwirksame Suchaktion. In Wirklichkeit hatte sie
den Hund an ihre Mutter abgegeben –
um sich anschließend einen neuen, kleineren Chihuahua namens Bambi zu kaufen.
AUSLAUF UND WÜRDE STATT
TASCHEN MIT GLITTER
Das Dumme an Hunden als Fashion-Accessoire ist: Sie werden bis zu 15 Jahre alt. So
lange dauert kein Trend der Welt. Auch Madonna merkte das irgendwann und gab Chiquita, Evita und Rosita nach ein paar Jahren
ab. Ins Tierheim. Doch die Rasse hat auch
das überlebt. Der beste Freund der aztekischen Prinzessinnen ist selbstbewusst, energisch und robust. Chihuahuas sind mutige,
intelligente Hunde mit einem großen Herzen und ungeheurer Loyalität. Sie brauchen
keine rüschenverzierten Pullover, rosa
Täschchen und Glitzerleinen, sondern Spaziergänge, ein hundgerechtes Sozialleben,
Abenteuer und Unterhaltung. Sie haben artgerechte Liebe verdient – und Würde.
PLUS
Altmodische Erkenntnisse über
„moderne“ Taschenhunde
• Chihuahuas sind aufmerksame Wachhunde.
Wer einen ruhigen, stillen Hund sucht, sollte bedenken: Chihuahuas bellen oft und gern,
was man allerdings mit der richtigen Erziehung
in den Griff bekommen kann.
• Wer kleine Kinder hat, sollte sich besser nach
einem anderen Hund umsehen: Chihuahuas sind
als Welpen sehr fragil und empfindlich. Diese
zarte Rasse kann sich gegen ein selbstbewusstes
Kleinkind kaum wehren.
• Klein, aber fein: Ein gesunder, dem Rassestandard entsprechender Chihuahua aus sorgfältiger
Zucht kostet zwischen 800 und 1200 Euro.
• Chihuhahuas sind häufig sehr stark auf ihr Herrchen fixiert und verhalten sich gegenüber
Fremden mitunter eifersüchtig und misstrauisch.
• Chihuahuas können sehr eigensinnige Wesen
sein, die es aufgrund ihres Charakters ihren Besitzern nicht immer leicht machen.
• Chihuahuas hängen sehr am Menschen und
können nicht den ganzen Tag allein sein.
Genauer gesagt: nicht länger als fünf Stunden.
Und als Welpen schon gar nicht.
• Chihuahuas sind richtige Hunde und wollen
trotz ihrer geringen Größe draußen etwas erleben.
Man kann sie nicht einfach mit einem Katzenklo wie ein Meerschweinchen in der Wohnung
halten. Mal abgesehen davon, dass Meerschweinchen sicher auch von etwas anderem träumen
als solch einem „goldenen Käfig“.
• Ein erwachsener Chihuahua sollte auf jeden
Fall zwischen zwei und drei Kilo wiegen.
• Chihuahuas neigen zu bestimmten Krankheiten
wie Blasenentzündungen, Patella-Luxation,
Star, Schwierigkeiten mit dem Gaumensegel oder
trockener Hornhaut (weshalb wiederum die
Augen stark tränen können). Fragen Sie den
Züchter, welche Gesundheitstests er bei seinen
Hunden durchführt, und wie die genetische
Disposition der Elterntiere ist.
• Wenn Sie sich einen Chihuahua anschaffen
wollen, sollten Sie sich darauf gefasst machen, dass
die Tiere 11 bis 16 Jahre alt werden. Ob der
Trend zum Mini-Hund so lange anhalten wird,
erscheint zumindest fraglich.
• Wer alles richtig machen möchte, kann sich
über das Internet an einen der folgenden Verbände wenden: www.chihuahua-club.de,
www.chihuahuaklub.de, www.kleinhunde.de