Schreiben an Minister Matschie

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Schreiben an Minister Matschie
Schulelternvertretung Staatliches Gymnasium „Hermann Pistor“ Sonneberg
c/o Stefan Kühn
Beethovenstraße 20
96515 Sonneberg
Stefan Kühn, Beethovenstr. 20, 96515 Sonneberg
Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Herr Minister Christoph Matschie
Postfach 90 04 63
99107 Erfurt
26. Mai 2011
Verbindliche Einführung von Computer-Algebra-Systemen (CAS)
Sehr geehrter Herr Minister Matschie,
wir wenden uns heute an Sie, um Sie zu bitten, eine andere Form der Umsetzung zu wählen oder, so dies
nicht mehr möglich ist, die Einführung der CAS-Rechner vorerst zu stoppen.
Als Grundlage für dieses Schreiben haben wir unter anderem Ihr Antwortschreiben an Frau Beate Meißner
(MdL) vom 11. Mai verwandt.
Die Gründe für unsere Bitte sind ebenso praktisch und gravierend wie die Gründe zur Einführung von CAS.
Auch wir sind – wie die LEV auch – nicht gegen die Einführung der CAS-Rechner. Wenn damit mehr Schülerinnen und Schülern der Zugang zur Mathematik erleichtert wird, umso besser. Allerdings hakt die von
Ihnen bzw. Ihrem Ministerium favorisierte Lösung an vielen Ecken.
Ihr Haus hat mit verschiedenen Herstellern Verträge geschlossen bzw. Gespräche geführt. Kaufen werden
aber die Eltern bzw. Schülerinnen und Schüler. Somit kommt der Rahmenvertrag doch nur zum Tragen,
wenn eine Bestellung über die Schule zustande kommt. Wenn sich die Eltern abseits der Schule (z. B. Gebraucht-) Geräte beschaffen, liefern die Hersteller auch dann Freiexemplare für sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler?
Gehen diese Freiexemplare dann in den Besitz der sozial benachteiligten Schülerin bzw. des sozial benachteiligten Schülers über? Falls die Freiexemplare an den Schulen verbleiben, was wird mit diesen gemacht (z.
B. Aufbereitung durch den Hersteller)? Schaffen somit Eltern einen Teil der Ausstattung der Schule an? Und
was geschieht mit nicht benötigten Freiexemplaren?
Unklar sind für uns auch die Garantie- bzw. Gewährleistungsansprüche. Wendet man sich mit einem defekten Gerät an die Schule, den Großhändler oder den Hersteller?
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Da den Eltern bzw. Schülerinnen und Schülern nicht vorgeschrieben werden kann, welches Gerät (Hersteller, Typ, Softwarestand) sie freiwillig kaufen müssen, wird mancherorts sicherlich ein Großteil der Unterrichtszeit für Bedienungsdiskussionen verwandt werden. Im besten Fall wird dies durch den hoffentlich
erreichbaren schnelleren Lernfortschritt kompensiert.
Sehr geehrter Herr Matschie, wäre es aktuell nicht ehrlicher zu sagen: „Wir würden diese Geräte gerne
flächendeckend einführen, können dies aber angesichts leerer Kassen nicht?“ Wir hören und reden viel
davon, dass Bildung nichts mit dem Geldbeutel der Eltern zu tun hat. Aber wir hören auch von Leuten, die
gerade so über die Runden kommen. Leute, die ihren Kindern einen gymnasialen Abschluss ermöglichen
wollen und dafür täglich sparen müssen. Diese Menschen hören bei Fragen nach Hilfen in den zuständigen
Ämtern, dass sie nicht sozial benachteiligt seien. Sagen Sie diesen: „Die 100 Euro für Ihr Kind sind doch gut
angelegt“, wenn die Frage darauf kommt?
Schlussendlich gibt es aber doch einen gewichtigen Grund gegen die Verwendung von CAS im Unterricht.
Wenn weiterführende Schulen/ Hochschulen den Einsatz von CAS-Rechnern ablehnen mit der Begründung,
dass dies „kein probates Mittel *sei+, den ständig nachlassenden Fertigkeiten der Abiturienten in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern wirksam zu begegnen“ (Freies Wort vom 17.05.2011), sollten
Sie innehalten und die Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens hinterfragen. Oder, um es mit Bertolt Brecht zu
formulieren: „Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“
Mit Bitte um Antwort bzw. Information verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Kühn
stellv. Schulelternsprecher
Staatliches Gymnasium „Hermann Pistor“ Sonneberg