Kultur-Schäume
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Kultur-Schäume
Schäume Natur Kultur Technik Ä|á Thomas Scheiblauer architecture, Vienna Was sind Schäume? • Ihre Struktur wird durch viele, vom flüssigen oder festen Grundmaterial eingeschlossene, Zellen od. Poren gebildet. • geschlossenzellige: Wände zwischen den einzelnen Zellen komplett geschlossen -> flüssigkeitsdicht. • offenzellige: können Flüssigkeiten aufnehmen. • gemischtzellige: enthalten beide Arten von Zellen. • Integralschäume: geschlossene dicke Außenhaut, zelliger Kern, Dichte ist ungleichmäßig verteilt. geschlossenzelliger Aluminium-Schaum offenzelliger Aluminium-Schaum Schema Integralschaum Natürliche Schäume • biologische (Schwämme, Zellstrukturen, Knochen) • vulkanische (Bimsstein) Naturschwämme Knochenstruktur Waben Zellen: pflanzlich, menschlich versteinerter Naturschwamm Bimsstein Kultur-Schäume (1) • Nahrungsmittel (Brot, Kuchen, etc.) • Erzählungen (Aphrodite bis Spongebob) Aphrodite (röm. Venus) Hesiod: „die Schaumgeborene“ ὁ ἀφρός; aphrós=Schaum Sandro Botticelli, 1486: „Die Geburt der Venus“ Stephen Hillenburg, 1998: „SpongeBob SquarePants“ Schaumkatastrophe in Indien Indien, Bangalore, 2015: Giftiger Schaum aus Abwässern verseucht die Stadt. Fäkalien, Urin und Chemikalien bilden stinkenden, brennbaren, ätzenden, infektiösen Schaum. Kultur-Schäume (2) • Philosophie (Peter Sloterdijk, 2004: „Sphären III – Schäume“) • Mathematik / Physik (Menger-Schwamm, Weaire-Phelan-Struktur) Karl Menger, 1926: Menger-Schwamm Chris Bosse, Rob Leslie-Carter, 2008: Water-Cube, Peking, Weaire-Phelan-Struktur Weaire-Phelan-Struktur • William Thomson, 1. Baron Kelvin, 1887: Kelvin's Conjecture: Wie kann Raum in gleichvolumige Zellen mit minimaler Oberfläche unterteilt werden? (Was ist der optimale Schaum?) • Denis Weaire, Robert Phelan, 1993, Trinity College Dublin: Computersimulation: bisher beste Lösung des Kelvin-Problems + unregelmäßiges Dodekaeder (12 Fl.) = Tetrakaidekaeder (14 Flächen) Weaire-PhelanStruktur „Water-Cube“, Peking Chris Bosse, Rob Leslie-Carter, (PTW/Arup), 2008 Ist Architektur Mega-Schaum? Antti Lovag, 1989: Pierre Cardins „Bubble Palace“ Mies van der Rohe, 1958 Seagram Building Technische Schäume • organische Schäume (herkömmliche Schaumstoffe) • anorganische Schäume (Blähglas, Blähton, Perlite, Porenbeton, keramische Schäume, Metallschäume, etc.) • syntaktische Schäume (Mikrohohlkugeln in Matrix) • Aerogel, Nanoschaum (Sol-Gel-Prozess) Herstellungsverfahren • physikalisches Schäumen: Formteilprozess, Extrudieren • chemisches Schäumen: Zugeben und Aktivieren von Treibmittel • mechanisches Schäumen: Einmixen von Luft • Kompositherstellung: Einmixen von hohlen bzw. geschäumten Füllern • Sol-Gel-Prozess: Ausdampfen von Hohlraumfüllmaterial Physikalische Eigenschaften Herkömmliche Schaumstoffe: • geringe Dichte, geringe Festigkeit, geringe Wärmeleitfähigkeit • thermoplastische Schäume (z. B. PS-E PP-E und PVC-E) • elastomere Schäume (z. B. PUR-Weichschaum, NBR) • duroplastische Schäume (z. B. PUR-Hartschaum, PF) Keramische und metallische Schäume sind in der Regel duroplastisch und erreichen höhere Festigkeiten. Neueste Entwicklung: Hybridschaum aus offenzelligem Metallgerüst mit syntaktischem Schaum dazw. Abkürzungen: PS-E … Polystyrol PP-E … Polypropylen PVC-E … Vinyl PUR … Polyurethan NBR … Nitrilkautschuk PF … Phenolharz Ist Geopolymer ein Nanoschaum? Prof. Joseph Davidovits, www.geopolymer.org, Webinar 2014, Talk 1/Part 2 Was ist syntaktischer Schaum? Syntaktischer Schaum Der Begriff wurde 1955 Durch die Bakelite Company geprägt. Das Material zeichnet sich durch hohe Druckbeständigkeit aus und wird in der Luftfahrt und in submarinen Anwendungen verwendet. Bestandteile Mikrohohlkugeln (aus Glas, Metall, Keramik, Plastik) werden in eine Matrix (aus Kunststoff, Metall, Keramik) eingebettet. Hersteller Glas-Mikrohohlkugeln Beispiel: Marineanwendung Pressure at 5 000 m below sea level = 49.14 MPa (7 126 psi) Pressure at 10 000 m below sea level = 98.17 MPa (14 238 psi) High performance concrete: 50‐110 MPa Mikrohohlkugel Rohstoffe • • • • • • • Hollow glass microspheres: marine applications Plastic microspheres Cenospheres: low-density, hollow, free-flowing alumino-silicate microspheres (= Flugasche) Ceramic microspheres: paints and coatings Carbon: Phenolic microspheres can be carbonized or pitch (= Pech) can be treated and carbonized to produce carbon spheres Aluminum and copper/silver microspheres are currently available Solid glass microspheres, commonly called glass beads, are widely used as resin extenders Leichtbeton • Dichte ρ=800-2000 kg/m³ • Wärmeleitfähigkeit λ=0,44-1,35 W/(m·K) • Druckfestigkeit = 10-50 MPa Leichtzuschläge: • Blähton, z.B. „Liapor“ • Blähglas • Naturbims (Neuwieder Becken) • geblähter Perlite: porös • Bublon: geschlossene Oberfläche der Körner Porenbeton YTONG: Yxhults ånghärdade gasbetong = dampfgehärteter Gasbeton aus Yxhult, Hersteller: Firma Xella in Duisburg • Erfinder: Axel Erikson, Architekt und Forscher, Technische Hochschule Stockholm, 1923 • Zutaten: Quarzsand, Kalk, Zement, Wasser • Treibmittel: Aluminiumpulver • dampfgehärtet bei 190°C, 12 bar • Dichte ρ= 510 kg/m³ • Wärmeleitfähigkeit λ=0,11 W/(m·K) • Druckfestigkeit=2,5-5 MPa EPS / XPS (Polystyrol) • Erfindung Polystyrol: I.G.-Farben, 1931. Styropor: BASF,1950 • Wärmeleitfähigkeit λ=0,035-0,040 W/(m·K) • Dichte ρ=10-35 kg/m³ • Druckfestigkeit=0,012-0,062 N/mm² (Stauchung <2%) • EPS: Partikelschaumstoff aus verschweißtem, geblähtem Polystyrolgranulat, porös, NICHT wasserfest • XPS: extrudergeschäumter Polystyrolschaumstoff, geschlossenzellig, wasserfest PUR-Schaum (Polyurethan) • Erfindung: I.G.-Farben, 1937, PU = Diol + Diisocyanat • Herstellung aus Erdöl oder Zuckerrüben, Mais oder Kartoffeln • Geschlossenzellig > 90% • Wärmeleitfähigkeit λ=0,020-0,030 W/(m·K) • Dichte ρ=30-35 kg/m³ • Druckfestigkeit=0,10-0,15 N/mm² • Isocyanate: verursachen Allergien, Verdacht, Krebs zu verursachen Angelika Arendt: 2006 „Bernhard von Clairvaux“ Aerogel • Silicat-Aerogele: Samuel Stephens Kistler 1931/32 • Hochporöse Festkörper, Porenanteil ca. 99,98% • Ausgangsmaterialien: Silicate, Metall, Polymere, Graphit • 2012: Aerographit • Wärmeleitfähigkeit λ = 0,017-0,021 W/(m·K) • Dichte ρ = ca. 1 kg/m3 • Druckfestigkeit = 2000 x Eigengewicht = ca. 0,2 kPa • Bildquelle: http://www.aerogel.org/ Aerogel Herstellung • Kistler-Verfahren, 1932: Wasserglas+Salzsäure-> Gel, Ausspülen mit H2O, Versetzen mit Alkohol, Trocknen im Autoklaven • Teichner, 1968: Sol-Gel-Verfahren: Hohlräume entstehen durch Verdampfen oder Verdunsten einer ausgefällten Flüssigkeit Aerogel Rekord-Eigenschaften mancher Aerogele (14 Einträge im Guinness-Buch der Rekorde) • geringste Dichte eines Festkörpers (Aerographit 0.0011 g/cm³) • kleinster Brechungsindex (1.002) • kleinste Wärmeleitfähigkeit (0.016 W/(m·K)) • kleinste Schallgeschwindigkeit durch Festkörper (70 m/s) • kleinste Dielektrische Konstante 3-40 GHz (1.008) • größte spezifische Oberfläche eines Festkörpers (3200 m²/g) Spezielle Eigenschaften: • akustische Resonanzphänomene im hörbaren Bereich • keine Benetzung durch flüssige Metalle, ihnen gegenüber chemisch inert