Auf den Spuren der Goldrausch-Pioniere
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Auf den Spuren der Goldrausch-Pioniere
Reise Volksstimme Direkt an der Straße sitzt ein Tourist in Coloma vor einem Gebäude, das um 1850 errichtet wurde. In dem kleinen Ort fanden Arbeiter 1848 die ersten Goldbröckchen. Ein Jahr später kamen tausende Goldsucher in das Land. In Erinnerung daran heißt die Straße „Road 49“. 12. Juni 2010 9 Floyd Oydegaard (l.) und das Ehepaar Jane und Edward Rozdal posieren im Museumsdorf Columbia in historischen Kostümen vor einer Buchhandlung. Fotos (6): Oliver Schlicht Im Hinterland von Sacramento lässt sich entlang der „Road 49“ Kaliforniens junge Geschichte erkunden Auf den Spuren der Goldrausch-Pioniere Road 49 Die „Gold-Straße“ G OLD D CO O U N TR OUNTRY RY Coloma 49 Sacramento Plymouth Shutter Gold Mine Von Oliver Schlicht Sacramento. Für einen Augenblick sieht alles wieder aus wie 1850: Zwei Planwagen mit Siedlern biegen am Stadtrand von Sacramento vor dem großen hölzernen Tor des Forts ein und werden mit Jubelschreiben willkommen geheißen. Die Pferde schnaufen. Auf den Bänken hinten im Wagen tragen die Mädchen Kopftücher, die Jungs Jeans mit Hosenträgern. So etwa könnte es gewesen sein, als sich tausende Siedler auf dem Weg in Richtung Westen gemacht haben – dem Ruf des Goldes folgend. Heute sind es Schulkinder aus Sacramento, die in „Sutters Fort“ das Leben ihrer Vorfahren kennenlernen. Im Fort selbst warten ihre Eltern – ebenfalls im Stil des 19. Jahrhunderts kostümiert. Unter freundlicher Anleitung der ehrenamtlichen Fortbesatzung werden gemeinsam Körbe geflochten, Fellmützen genäht und Kerzen gezogen. Nicht nur bei Schulkindern, sondern auch bei Touristen ist „Sutters Fort“ ein beliebtes Ausflugsziel. Das Fort ist die historische Keimzelle von Sacramento – mit 370 000 Einwohnern die Hauptstadt von Kalifornien. „Sutter‘s Fort“ ist eine typische Fortbefestigung, von einer etwa etwa fünf Meter hohen Mauer umgeben. Arbeitsräume und Verteidigungsanlagen sind gut erhalten und heute als Museum ausgebaut. Errichtet wurde das Fort ab 1840 von Johann August Sutter, einem Deutsch-Schweizer. Sutter hatte ein 20 000 Hektar großes Siedlungsgebiet am Zu- Gold im Internet Murphys 49 Grafik: Cicero Fotosatz GmbH Am 24. Januar 1848 fand James W. Marshall im Coloma River 30 Kilometer östlich des heutigen Sacramento einen kleinen Goldbrocken. Im Goldrausch kamen ein Jahr später tausende Glückssucher in den wilden Westen. Auf ihren Spuren entlang der „Road 49“ können Touristen heute auf Entdeckungstour gehen – im „GoldCountry“ von Kalifornien. Ironstone-Park Columbia Sacramento Sonora KALIFORNIEN 49 sammenfluss von Sacramento River und American River erworben und das Fort zum Schutz gegen Indianer errichtet. Diese erwiesen sich als friedlich. Das Fort wurde dennoch berühmt. 20 km Yosemite National Das „Railroad-Museum“ in Sacramento ist auch für Kinder ein Erlebnis. In mehreren Hallen werden dort Park riesige Lokomotiven und Hänger in historischen Kulissen inzeniert. Europa, die das Land und seine Geschichte über die berühmten Zentren San Francisco und Los Angeles hinaus kennenlernen möchten, bietet sich im „Gold Country“ dazu die beste Gelegenheit. Von Sacramento aus lassen sich entlang der „Road 49“ – die Straße wurde zu Ehren des 1849 einsetzenden Goldrauschs so genannt – zahlreiche „Goldstätten“ besuchen. Diese Orte im ländlichen Hinterland werden von den Kaliforniern liebevoll gepflegt. Sind es doch in der noch jungen Geschichte der Besiedlung des amerikanischen Westens wichtige Zeitzeichen, die zu erhalten den Kaliforniern eine patriotische Pflicht ist. Wer sich auf die Spuren des Goldrauschs begeben möchte, sollte seine Reise aber in jedem Fall in Sacramento starten. Nicht nur „Sutters Fort“ ist dort sehenswert. Das „Old Sacramento“ am Flussufer mit über 100 historische Gebäuden der Gründerzeit ist heute ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen. Hier lebten die eigentlichen Profiteure des Goldrauschs – Händler, die die goldfiebrigen Abenteuerer mit allem ausstatteten, was zum Leben in den Wäldern notwendig ist. Beim Bummel entlang der liebenvoll restaurierten Häuser kommt Cowboyfeeling auf. Geradezu abenteuerlich sind Führungen in den „Untergrund“ der Stadt. Nach einem Hochwasser 1860 wurde viele Häuser im Uferbereich einfach um etwa fünf Meter angehoben. Die Straßen wurden aufgeschüttet, die neu entstandenen Keller unter den Häusern blieben ohne Zwischenwände. So entstand ein Tunnelsystem, in dem das gehandelt wurde, was das Licht der Öffentlichkeit scheute. „Auch Alkohol-Destillen haben die Archäologen hier ausgegraben“, erzählt Heather Downey. Die Stadtbedienstete führt Besucher mit Taschenlampen in den Untergrund – ein großer Spaß für Kinder. Wie auch das State Railroad Museum. Die Sacramento Valley Railroad war die erste Eisenbahn Kaliforniens. Dieser Geschichte widmet die Stadt ein wirklich spektakulär schönes Museum mit riesigen Loko- Fritz Erhardt Tysons Vorfahren kamen aus Deutschland. Der junge Mann wäscht mit Besuchern des Freilichtmuseums von Coloma Gold aus dem Wasser. In den Bottichen finden geschickte Goldwäscher tatsächlich kleine Krümel des Edelmetalls. Sie wurden vorher in den Bottichen verteilt. Der größte Goldklumpen der Welt wird in „Ironstone“ ausgestellt. Er wiegt 22 Kilogramm. 1848 den ersten Brocken gefunden Und das hat mit Gold zu tun. Denn im Frühjahr 1848 fand der Arbeiter James W. Marshall, der im Auftrag Sutters im nur etwa 30 Kilometer entfernten Coloma eine Sägemühle am Fluss errichten sollte, im Wasser einen kleinen Goldbrocken. Die Nachricht, dass in den Flüssen Gold zu finden ist, verbreitete sich in Windeseile. Zu Tausenden strömten die Siedler von San Francisco kommend herüber. Etwa 10 000 Einwohner hatte Kalifornien 1848. In den zwei Folgejahren kamen etwa 200 000 Siedler in den Westen. „Sutters Fort“ wurde schnell zu eng, so entstand ab 1850 am Ufer des American River die Stadt Sacramento. Kalifornien-Besucher aus motiven und Waggons. In mehreren Hallen werden die alten „Schlachtrösser“ mit Kulissen und Puppen in historischem Ambiente inszeniert. Direkt vor dem Museum wurde der ehemalige Bahnhof, die Central Pacific Passenger Station, restauriert. Nach Sacramento bietet sich das etwa 30 Kilometer entfernte Coloma als zweite Station auf der Goldreise an. Die alte Sägemühle, wo der erste Goldbrocken gefunden wurde, gibt es noch. Rund herum entstand ein großes Freilichtmuseum. Probewaschen am Holz-Bottich An einem Holzbottich unter schattigen Bäumen am Fluss ufer zeigt dort Fritz Erhardt Tyson Besuchern, wie sich aus dem sandigen Wasser winzige Goldpartikel herauswaschen lassen. Tyson: „Heute gibt es nur noch sehr wenig Gold im Fluss. Das, was wir finden, kippen wir in diese Bottiche“, erzählt er. So haben die Touristen ein Erfolgserlebnis. In kleinen Glas- fläschchen zum Umhängen, die es im Museumsshop zu kaufen gibt, lassen sich die Goldkrümel dann zum stolzen Vorzeigen mit nach Hause nehmen. Wie der Vorname von Tyson verrät, haben viele Kalifornier deutsche Vorfahren. Entsprechend freundlich reagieren sie bei der Frage nach dem Heimatland auf die Antwort „Germany“. Deutsche, so scheint es, sind in Kalifornien besonders gern gesehene Gäste. Daran ändert auch die Weltkriegsgeschichte nichts. Auf dem ebenfalls nah der „Road 49“ gelegenen noblen Weingut „Ironstone“ hat der Inhaber John Kautz – auch ein ehemaliger Deutscher – im Schauraum ganz unverkrampft Uniformen des zweiten Weltkriegs ausgestellt. Hakenkreuz-Armbinden neben kalifornischem Sauvignon Blanc. Doch nicht diese Uniformen sollten Grund sein, Ironstone zu besuchen, sondern der größte Goldbrocken der Welt: 22 Kilogramm schwer, 1992 in einer Mine im nahen Jamestown gefunden. Millionär Kautz kaufte das Prachtstück für 3,5 ❍ Einen Überblick mit Reisetipps zu Kalifornien zeigt die Internetseite: www. visitcalifornia.de. ❍ American Airlines bietet Flüge von Frankfurt/Main nach Sacramento über Dallas oder direkt nach San Francisco an. Nach San Francisco kostet aktuell ein Hin- und Rückflug inklusive aller Nebenkosten ab 588 Euro. Infos im Internet: www.aa.com ❍ Das Railroad-Museum im Internet unter www. californiastaterailroadmuseum.org ❍ Hotel-Tipp: Übernachten wie im 19. Jahrhundert bei Peggy A. Mosley im 1849 gegründeten Groveland-Hotel. Internet: www.groveland.com Millionen Dollar. Besucher können den „Super-Nugget“ hinter Panzerglas bewundern. Als weitere Stationen auf der „Gold-Road“ empfiehlt sich die „Sutter Goldmine“, wo noch in den 1990er Jahren Gold gefördert wurde. Heute fährt dort Charlie Chapfield mit Besuchern mit einem Geländewagen 300 Meter tief unter Tage. Der Mann trägt einen langen grauen Bart und hat 40 Jahre seines Lebends auf Goldsuche unter Tage verbracht. Mit der Taschenlampe zeigt er den staunenden Besuchern Stellen in den Felswänden, wo noch heute kleine Goldflecken im Gestein glitzern. Zuckerstange im Kramladen In Goldgräberdorf Columbia wurde die Hauptgeschäftsstraße der alten Siedlung liebevoll restauriert. Dort kann der Besucher heute noch im Saloon seinen Drink nehmen wie einst die Glücksjäger oder im Kramladen für die kleinen Cowboys eine Zuckerstange aus dem Glas kaufen. Die Geschäfte in dem Goldgräberstädtchen sind sehenswert – vor allem auch, weil die Inhaber hinter den Ladentheken ihre Westernkostümierungen wohl den ganzen Tag nicht ablegen. Was am Ende einer „Goldreise“ in den Westen der USA auf keinen Fall versäumt werden sollte, ist ein Besuch im Yosemite Nationalpark. Steile Felswände aus denen gewaltige Wasserfälle schießen, enge Schluchten, in denen auch Braunbären, Klapperschlangen und Puma zu Hause sind. Doch keine Angst: Wer nicht abseits der Wege spaziert, sollte die Schönheiten der Natur halbwegs sicher bewundern können. Wenngleich: Die ParkRanger erzählen, dass jährlich etwa 25 Besucher im Park ihr Leben lassen. Also schön vorIm Yosemite-National-Park ragen die Felswände steil hinauf. Der Park sichtig: Klapperschlangen beiist ein beliebtes Ausflugziel. Doch Vorsicht ist geboten. In den Wäldern ßen auch die überall so beliebten leben Braunbären und Puma. „Germans“.