Protokoll Nr. 528 vom 14.06.2010 - Wilhelm

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Protokoll Nr. 528 vom 14.06.2010 - Wilhelm
WILHELM FOERSTER STERNWARTE E.V.
MIT ZEISS-PLANETARIUM BERLIN
Munsterdamm 90  D-12169 Berlin  Tel. 030 / 790 093 - 0  FAX: 030 / 790 093 - 12
PROTOKOLL DER
528. SITZUNG DER GRUPPE
BERLINER MONDBEOBACHTER
Das Mondprotokoll im Internet: http://www.wfs.be.schule.de/pages/Mondbeobachter
Datum: 14. Juni 2010
Beginn: 20:00 Uhr
Ende: 21:30 Uhr
Es sind erschienen: Herr Buchholz, Busse, Christoph, Czepluch, Dentel, Holz, Kaschub,
A.Lerch, W.Lerch, T.Meyer, Nutz, Schneider, Starzynski und Tost.
Herr Tost begrüßt herzlich die Teilnehmer im Planetarium. Die Baumaßnahmen sind jetzt in
vollem Gange und die nächste Sitzung der Mondgruppe, die im September stattfindet, wird
wohl in den Hörsaal der Sternwarte verlegt.
Kurzberichte
Mondbild von Herrn Schramm aus der letzten Sitzung
Aus dem in der letzten Sitzung behandelten Bild (19.04.2010) von Herrn Schramm werden
noch ein paar wesentliche Merkmale herausgegriffen. Herr Schramm merkte in seinem
Begleitschreiben an, dass es in der Nähe des Kraters Römer einen „halben Krater“ zu sehen
gibt. Dieser ist auch auf seinem Bild vom 24.03.2010 zu sehen. (Links neben Römer)
Bild vom 19.04.2010 (Thilo Schramm)
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Bild vom 24.03.2010 (Thilo Schramm)
Ein weiterer Bildausschnitt zeigt die Krater Ritter
und Sabine im Mare Tranquillitatis. Recht genau
in der Mitte des rechten Bildrandes befindet sich
übrigens die Landestelle von Apollo 11. Hier haben
wir es mit einem lustigen Bild zu tun, denn der
Krater Sabine am rechten Rand zeigt das deutliche
Lächeln eines Smiley. Solche kuriosen Ansichten
sind immer wieder auf Mondbildern zu finden und
es gehört zu den kleinen Übungen des Fotografen,
seine Bilder nach solchen Besonderheiten zu
durchsuchen. Dabei wird man dann fündig mit
„halben Kratern“, „lächelnden Kratern“ und
mitunter auch vermeintlichen Höhlen, Brücken
oder seltenen Lichteffekten wie der Lichtstrahl im
Hesiodus oder im Maginus (siehe Protokolle Nr.
526 und 527) oder auch Schatteneffekte in Form von Kreuzen oder Ampelmännchen.
Mondbild von Herrn Hempel
Herr Rolf Hempel, ein Kollege von Herrn Tost aus dem DLR in Köln, hat ein großes
Mondmosaik geschickt. Das Bild wird aufmerksam begutachtet und kommentiert: So ist im
Sinus Iridum eine kleine beleuchtete Bergspitze auszumachen. Ein Kleinod, welches häufig
übersehen wird. Mons LaHire und andere
Berge sind am Terminator im Mare
Imbrium sichtbar. Beim Riphäengebirges
ergeben die beleuchteten Ränder einen
Anblick ähnlich dem „Goldene Henkel“
und östlich davon liegt eine dunkle
kreisförmige Senke mit einem Lineament
auf der 9 Uhr Position.
Weiter östlich im Mare Nubium zeichnet
sich der lange Schatten des 830 m hohen
Bergzuges Bonpland sigma ab. Südlich
davon liegt Euclides D, der für kurze Zeit
den unrühmlichen Namen Eppinger trug.
Die Brücke bei Bullialdus ist zu erkennen
und am Südrand des Mare Nubium liegt
der konzentrische Krater Hesiodus A. Von
hier aus liegt 45 Grad in Richtung SüdWesten der Krater Capuanus mit einer
auffälligen „Nase“ im Westwall.
„Cassinis weiße Wolke“ ist schön zu
sehen, ebenso der dunkle Untergrund nahe
Apollo 17 und die Farbabstufungen
zwischen Mare Tranquillitatis und Mare
Serenitatis. Das Vallis Rheita und
Stevenius sind hingegen kaum zu
erkennen, ebenso Petavius. Überraschend
erscheint Blancanus südlich von Clavius!!
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Zum Bild: Herr Hempel hat es am 23.04.2010 mit einem Refraktor 130/1200 bei f=3170 mm
aufgenommen. Das Mosaik besteht aus 38 Einzelbelichtungen einer Nikon D80. Das Objektiv
des Fernrohrs ist ein dreilinsiger Apochromat mit 130 mm Öffnung und 1200 mm
Brennweite, ergänzt durch einen "Flatfield-Corrector", der das Bildfeld ebnet und die
Brennweite auf 3170 mm vergrößert hat. Damit leuchtete der Mond den 22-MegapixelVollformatsensor der Spiegelreflexkamera fast vollständig aus.
Eine Besonderheit zeigt sich, wenn man einen Bildausschnitt aus dem Süden mit einem
Bildverarbeitungsprogramm bearbeitet. Es werden dann bei einem dunklen Bild zwei helle
und parallele Lineamente sichtbar, die
sich von Südosten kommend quer durch
den Süden des Mare Nectaris ziehen
(oder umgekehrt). Unklar ist, ob es sich
hier um eine zufällige Anordnung
hellerer Krater und anderer Objekte
handelt oder nicht. Auch auf anderen
Bildern sieht man diese Lineamente. Es
ist also keine Besonderheit dieser
spezielle Aufnahme, sondern ein schwer
sichtbares Merkmal.
Grüner Blitz
Andreas und Wilfried Lerch ist während ihres Urlaubs in Noordwijk (Niederlande) das Bild
von einem „Grünen Blitz“ bei Sonnenuntergang gelungen. Das von einer Pentax ME super
mit einem 200 mm Teleobjektiv bei Blende 4,5 und 1/125 sec Belichtung aufgenommene Bild
zeigt den kurzen Augenblick kurz vor endgültigem
Untergang der Sonne am Horizont. Das
atmosphärische Phänomen ist schon seit langer Zeit
bekannt, aber es tritt nur unter besonderen
Bedingungen auf, die hinreichend selten sind. Umso
schöner, dass hier ein so deutlicher grüner Blitz
festgehalten werden konnte. Die Spektralfarben des
Sonnenlichtes werden am Horizont am stärksten
gebrochen und legen den längsten Weg durch die
Atmosphäre zurück. Die längeren Wellenlängen im
roten und gelben Bereich werden am stärksten
gebrochen und gehen zuerst (am unteren Rand der
Sonne) unter den Horizont. Die kürzeren
Wellenlängen (blau und grün) verbleiben ein wenig
länger und da das blaue Licht auf dem langen Weg
durch die Atmosphäre besonders stark gestreut wird, ist einzig der grüne Anteil am Ende
noch vorhanden. Das gesamte Phänomen ist nur wenige Sekunden sichtbar und es empfiehlt
sich eine Serienaufnahme, um den richtigen Augenblick nicht zu verpassen. Prinzipiell
entsteht ein grüner Blitz auch bei Sonnenaufgang, jedoch ist er dann besonders schwierig zu
sehen, weil man vorab nicht genau weiß, wo genau die Sonne über den Horizont gehen wird.
Auch beim Untergang eines hellen Vollmondes ist es möglich, einen grünen Blitz zu
beobachten, dies ist jedoch noch einmal erheblich schwieriger.
Ein Beispiel findet sich im EPOD (Earth Science Picture of the Day) vom 14. Mai 2010.
URL: http://epod.usra.edu/blog/2010/05/moonrise-with-green-rim.html
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Metonscher Mondzyklus auf Stabdolchen der Bronzezeit?
Herr Kaschub hielt einen Vortrag zur Frage, ob der Metonsche Mondzyklus bereits vor 3500
Jahren in der Bronzezeit bekannt gewesen sein könnte und ob sich dies an den Stabdolchen,
wie sie in vielen Hortfunden aus dieser Zeit erhalten sind, nachweisbar ist. Er kam nach
seinen Ausführungen zu dem Schluss, dass der Meton-Zyklus vor 3500 Jahren schon bekannt
gewesen sei und Hortfunde aus dieser Zeit deshalb unbedingt unter archäoastronomischen
Gesichtspunkten erneut untersucht werden sollten.
Allen archäoastronomischen Untersuchungen ist gemein, dass es z.T. überraschende
Zusammenhänge zwischen (in diesem Fall) den Winkelverhältnissen auf Stabdolchen und den
errechneten Werten der minimalen und
maximalen Vollmondhöhen geben kann.
Ob
dies
nur
eine
zufällige
Übereinstimmung ist, oder vom damaligen
Hersteller so gewollt war, bleibt nur
Spekulation. Es ist also durch die
Messungen nicht erwiesen, ob der
Metonsche Zyklus wirklich in dieser Zeit
als
solcher
erkannt
wurde
und
anschließend
auf
den
Stabdolchen
festgehalten wurde. Ein anderes Beispiel in
diesem Zusammenhang ist der Fund von
Gegenständen mit 30 Markierungen, die
unwillkürlich mit der Zählung in einem
Mondkalender in Verbindung gebracht
werden. Jedoch ist auch dies nie mit Gewissheit zu sagen, sondern muss immer im
Fundzusammenhang überprüft werden.
Die an den Vortrag anschließende Diskussion zog sich interessiert und lange hin und die
verschiedenen Argumente wurden heftig gegeneinander abgewogen. Als wichtige Frage
wurde aufgeworfen, „warum“ der MetonZyklus auf den Stabdolchen enthalten sein
sollte. War es für den Menschen der
Bronzezeit wichtig, die minimale und
maximale Höhe des Vollmondes zu
kennen? War dies nur wichtig für einen
„Würdenträger“ oder konnte aus diesem
Wissen ein wichtiges Handeln für jeden
Träger eines Dolches abgeleitet werden?
Wurden diese überhaupt im täglichen
Leben benutzt? War es möglich, mit einem
Stabdolch und den Querrippen überhaupt
eine Peilung durchzuführen, die genau
genug war, um verlässliche Daten für den Meton-Zyklus zu erhalten? Hier wäre ein
Selbstversuch angebracht, der klären kann, ob mit dieser Methode auf Jahre, Monate oder gar
Tage genau Vorhersagen getroffen werden können. Eine weitere Frage, die nicht beantwortet
werden konnte, war die, ob es Funde von „großen“ und genaueren Peilanlagen gibt und die
Stabdolche eher ein rituelles Instrument darstellten. Daran schloss sich die Frage an, ob die
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Kenntnis über die extremen Vollmondhöhen so wichtig war, dass diese zur
„Massenproduktion“ von Stabdolchen führen konnte.
In der Bewertung der Thematik erwies es sich als schwierig, dass zwar jeder Teilnehmer den
Mond als Beobachtungsobjekt kennt, aber Niemand ein Experte auf dem Gebiet der
Archäologie ist. Für eine Diskussion wäre die Anwesenheit eines Archäologen günstig
gewesen, der aus seiner Fachkenntnis einige Fragen hätte erhellen können. Darunter z.B. ob
Stabdolche zu verschiedenen Zeitperioden oder geografischen Regionen eine einheitliche
Form oder deutliche Abweichungen voneinander besaßen und damit die Interpretation nach
dem Meton-Zyklus überhaupt zulassen würden. Auch blieb die Frage, ob es sich hier um ein
globales oder lokales Wissen gehandelt haben könnte und ob es im geschichtlichen Kontext
Vorteile gegenüber anderen Gruppen hätte haben können. Es bliebe zu hoffen, dass das
Thema erneut bei einer interdisziplinären Diskussion zwischen Astronomen und Archäologen
aufgegriffen werden könnte. Die Gruppe nahem die umfangreichen Ausführungen von Herrn
Kaschub positiv auf. Eine abschließende Wertung der Ergebnisse konnte aufgrund der
fehlenden archäologischen Kompetenz nicht gezogen werden. Es wurde jedoch festgehalten,
dass die Behandlung mit allen Themen, die einen Bezug zum Mond haben, gern gesehen
wird. Auch vermeintlich sachferne Gebiete wie Archäologie, Kunst oder Literatur haben ihren
Reiz und können zeigen, wie weit der Mond in unserem täglichen Leben verankert ist. So ist
ein Vortrag über den Mond in der Literatur, Musik oder gar auf Briefmarken bestimmt sehr
reizvoll und ein willkommenes Thema in der Mondgruppe.
Künstliche Reliefkarten
Thomas Meyer hat eine Reihe von künstlichen Reliefkarten der Mondoberfläche mit dem
Programm LTVT erstellt. Hierin kann man eine vorgegebene Sonnenhöhe über der
Landschaft angeben und den Schattenwurf zum Relief berechnen lassen. Mit stetig ändernden
Beleuchtungswinkeln kann damit der fortschreitende Terminator im Zeitraffer dargestellt
werden. Weitere Infos unter der URL http://lpod.wikispaces.com/April+25%2C+2010
Themen der nächsten Sitzung
Kurzberichte und Mondbilder aus dem letzten Monat
TOP25, Nr. 01 Mare Imbrium (Buchholz)
Mond am 13.09.2010: 4.6 Tage, 27%, Blatt 6 BMA (4.9), BVMA 0:08 h (4.5 Tage)
Die nächste Sitzung der GRUPPE BERLINER MONDBEOBACHTER findet statt
am Montag, dem 13. September 2010, um 20 Uhr
im Hörsaal der Sternwarte
gez. Tost
[email protected]
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Bild: Rolf Hempel, 23.04.2010, Mondalter 9 Tage
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