Symptomorientierte Behandlung am Lebensende am Beispiel von
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Symptomorientierte Behandlung am Lebensende am Beispiel von
Symptomorientierte Behandlung am Lebensende am Beispiel von Schmerzen und Atemnot Dr. Hans Pohlmann Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin Klinikum München - Harlaching Tumorzentrum München Süd Gliederung Einleitung – Häufigkeit der Symptome Schmerzbehandlung Atemnot Weitere Literatur Einleitung Prävalenz von Schmerz und Dyspnoe stationäres Setting Pantilat et al J Hosp Med 2012 Einleitung Prävalenz von Schmerz und Dyspnoe Symptome bei 42 Schlaganfallpatienten in den letzten Lebenstagen Dyspnoea or dyspnoea behaviour(s) 34 (81%) Pain or pain behaviour(s) 29 (69%) Mouth dryness 26 (62%) Constipation 16 (38%) Anxiety, sadness 11 (26%) Delirium 6 (14%) Sleep disorders 5 (12%) Other symptoms 5 (12%) Eur J Neurol 2010,17:73 1986 WHO Grundregeln der Tumorschmerztherapie - nach der Stufenleiter ( by the ladder ) - regelmäßig ( by the clock ) - oral ( by mouth ) 1986 WHO Grundregeln zur Tumorschmerztherapie Die WHO Stufenleiter der Schmerztherapie Stufe 3: Starkes Opioid + Stufe 1 Morphin, Hydromorphon, Oxycodon, Fentanyl, u.a. Stufe 2: Schwaches Opioid + Stufe 1 Tramadol, Tilidin, Codein Stufe 1: Nicht Opioide Novamin, ASS, NSAR`s, Paracetamol zusätzlich können in jeder Stufe Ko-Analgetika kombiniert werden Funktioniert das WHO-Stufenschema? Beispiele für Studien die WHO-Stufenleiter als Instrument zur Schmerzeinstellung überprüfen Autor Jahr Pat.-Zahl Studiendauer Schmerzkontrolle Ventafridda1987 871 ? ? ? 70,9% 20 >> 12 Cancer Center Zech 1995 2118 1 - 1613 Tage 88% ? ? 2500 89,5% 4,4 >> 2,3 Pain unit Mercadente 1999 1 - 821 Tage Home palliative care programm zitierte nach: Azevedo et al Support Care Cancer 2006, 14: 1086 - 1093 Wie gelingt Schmerztherapie im klinischen Alltag? Analyse von Studien die eine Schmerzeinstellung nach der WHO-Stufenleiter unternahmen: - 17 Studien gefunden methodisch meist mäßig - Schmerzreduktion ist möglich aber oft nicht vollständig adäquate Schmerzkontrolle in 45 -100% - die Nebenwirkungen der Schmerztherapie konnten zufriedenstellend kontrolliert werden - Abhängigkeit und Toleranz waren keine relevanten Probleme - bessere Studien sind notwendig, Lebensqualität sollte mit erfasst werden Azevedo et al Support Care Cancer 2006, 14: 1086 - 1093 Flow diagram of patient enrollment. Fisch M J et al. JCO 2012;30:1980-1988 ©2012 by American Society of Clinical Oncology Warum ist die Schmerzbehandlung noch immer ein Problem? Gründe für schlechte Schmerzeinstellung: - fehlende Erfassung von Schmerz - falsche Vorstellungen zur Opioidtherapie - fehlende Kenntnisse im Umgang mit Opioiden - Zurückhaltung der Patienten bezüglich Opioiden - Patienten geben Schmerzen nicht an - fehlende Hinzuziehung von Palliativ-Care (early integration!) Schmerzbehandlung praktische Empfehlungen - nach Schmerzen fragen!!! - Beschränkung auf einige wenige Schmerzmittel mit denen man Erfahrung gesammelt hat - Meidung von NSAR`s insbesondere für länger und bei älteren Pat. (Alternative: Novamin, Stufe 2 Analgetika, ) - Unbedingt! >>> Bedarfsmedikation für akute Schmerzen verordnen und erklären Schmerzbehandlung praktische Empfehlungen - bei Opioiden > start low und / oder unretardiert - Antiemetika am Anfang kombinieren - über Obstipation aufklären / vorbeugen - Bedenken: Pflaster sind träge Systeme und am besten für stabilen Schmerz oder Schluckstörungen geeignet - bei unbefriedigender Einstellung – fragen ob und wie Schmerzmittel genommen wird Schmerzbehandlung neuer am Markt Tapentadol: u-Antagonist mit auch Noradrenalin re-uptakeInhib. - Vorteil: weniger Gi-Nebenwirkungen - Nachteil: Preis, sehr große Tabletten - Option: ev. geeignet beim Übergang Stufe 2> Stufe3 bzw. Erstopioideinstellung Rasch wirksame Fentanyle („2x Spray, 2x „Lutschtabletten): - Vorteil: wirkt schneller als andere unret. Opioide - Nachteil: Preis, Dosisfindung, Verpackung - Option: bei plötzlich auftretenden kurz dauerndem SZ Schmerzbehandlung Was bringen Steroide bei Schmerz? Main results: average pain intensity in last 24 hours (numeric rating scale [NRS], 0 to 10), fatigue and appetite (European Organisation for Research and Treatment of Cancer–Quality of Life Questionnaire C30, 0 to 100) on days 0 and 7, and patient satisfact... ©2014 by American Society of Clinical Oncology Ørnulf Paulsen et al. JCO 2014;32:3221-3228 Häufigkeit von Atemnot (im letzten Lebensjahr) - 94% der Patienten mit COPD - 78% der Patienten mit Lungenkrebs - 50% der Patienten mit Herzerkrank. nach Schmerz und Fatigue ist Atemnot das häufigste Symptom in fortgeschrittenen Krankheitssitutationen Häufigkeit von Atemnot (bei fortgeschrittenen Erkrankungen) Aus Solano et al J Pain + Symptom Management 2006 Therapieansätze Opioide und Dyspnoe Effekte von Opioide auf die Atemnot - Reduktion der zentralen Atemnotwahrnehmung - Erniedrigung des O2-Verbrauchs - Erhöhung der Hyperkapnietoleranz - Angstreduktion - bessere kardio-vaskuläre Funktion Therapieansätze Opioide und Dyspnoe Meta-Analyse und Review Jennings et al 2002 + 2006 (Thorax und Cochrane) 2 x 9 Studien ( p.o./s.c. und vernebelt) Kleine Pat. Zahlen n=19/166 // n=76/177 schlechte Dosisfindung/ bzw. Fixdosierung vernebelt … Placebo / Placebo ? (NaCl) Besserung der Belastbarkeit keine Verschlechterung von p02 /Sätt.02 Meta-analysis of dyspnoea outcomes (grouped by route of administration) using standardised mean differences. Jennings A et al. Thorax 2002;57:939-944 ©2002 by BMJ Publishing Group Ltd and British Thoracic Society Therapieansätze Benzodiazepine und Dyspnoe häufig bei Atemnot eingesetzt - Effekt auf die y-Aminobuttersäure Rezeptoren > beruhigend und schlafanstoßend > Angstlösend (anxiolytisch) > Muskelrelaxierend > Antikonvulsiv Therapieansätze Benzodiazepine und Dyspnoe Chochrane Review 2010 Simon et al zum Einsatz bei Dyspnoe - n= 7 Studien mit 5 – 101 Patienten 1981-2006 - 4 Studien COPD / 3 bei Krebserkrankungen COPD n=52 // Krebs n=148 Therapieansätze Benzodiazepine und Dyspnoe Gesamtergebnis - kein signifikanter Effekt auf Dyspnoe - n= 4 Studien Angst erfaßt > kein Unterschied - n= 3 Studien Depression erfaßt > no difference - kein Unterschied bei p/Sättigung O2 - kein Unterschied bei CO2 Hauptnebenwirkung - Benommenheit und Schläfrigkeit Therapieansätze Bedeutung von Sauerstoff Cochrane Review Cranston et al 2008 (ohne COPD) 8 Studien insgesamt 144 Patienten n=97 (Lungen-)Krebs, n=35 Herzinsuff., n=12 Skoliose sehr widersprüchliche Daten > keine klare Schlussfolgerung für 25% Unterschied mind. n=31 nötig für 0,4 Punkte auf VAS mind. n=600 nötig Therapieansätze Bedeutung von Sauerstoff Amy P Abernethy MD et al Lancet Vol. 376, p. 784 – 793, 4. September 2010 n=239 Patienten O2 vs Raumluft Therapieansätze Bedeutung von Sauerstoff ungünstige Effekte von O2-Gabe: - Reduktion von Aktivitäten (angebunden sein) - Beeinträchtigung der Kommunikation - Psychologische Abhängigkeit - Feuergefahr/Verbrennungen - Hypercapnie - Kosten Therapieansätze Bedeutung von Sauerstoff Empfehlungen - O2 ist nur ein Baustein im Therapiekonzept - individuell schwer vorhersagbar wer profitiert daher: - Profit dokumentieren (VAS, QL-Bogen, Belasbarkeitssteigerung überprüfen,…) - auf ungünstige Nebenwirkungen achten (s.o) - in den letzten Tagen oft nicht mehr (so)wichtig Therapieansätze Nicht medikamentöse Therapien bei Dyspnoe Chochrane Review Bausewein et al 2009 mehrere (komplexe) Interventionen - Beratung + Unterstützung n=6 (education) - Beratung+Untersützung und Entspannung n=2 - Atemtrainig n=3 - „Case-managment“ n=2 - Psychotherapie n=2 Therapieansätze Nicht medikamentöse Therapien Chochrane Review Bausewein et al 2009 Methoden mit signifikanten Effekten - neuromuskuläre Stimmulierung - Brustwandvibration moderate Effekte - Atemtrainig - Gehhilfen (5/7 nur COPD) die übrigen Ansätze nicht konklusiv Atemnot praktische Empfehlungen Opioide sind ein sehr wichtiger Baustein in der palliativen Behandlung von Dyspnoe nicht medikamentöse Verfahren sollten in die Behandlung der Atemnot einbezogen werden - Entspannung/Atemtherapie ganzheitliche Ansätze der Unterstützung sind zu suchen Atemnot praktische Empfehlungen auch bei fortgeschrittenen Nicht-TumorErkrankungen sollten Therapiebegrenzung in Zusammenschau mit der Prognose besprochen werden – Verzicht auf Beatmung, ggf. Verzicht erneute Antibiose, ggf. Verzicht auf KH-Einweisung, Anbindung an Palliative Dienste Aktuelle Leitlinien / Empfehlungen - EAPC – guidelines 2 / 2012 zur Schmerztherapie - Nice Guideline - Clinical Guideline „ Opioids in palliative care: safe and effective prescribing of strong opioids for pain in palliative care of adults“ Full guideline May 2012 - American College of Chest Physicians Consensus statement on the management of dyspnoe in patients with advanced lung an heart disease Chest 2010; 137(3):674 Aktuelle Leitlinien / Empfehlungen - S- 3 Leitlinie : Opioiden, Langzeitanwendung zur Behandlung bei nicht tumorbedingten Schmerzen AWMF Reg-Nr.: 145 - 003 - S-3 Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht mehr heilbaren Krebserkrankung AWMF Reg-Nr.: 128/001OL Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit In eigener Sache: darf ich Sie auf unserBenefizkino Matinee aufmerksam machen So. 22.11.2015 11Uhr 12 10 8 6 4 2 0 Wie gelingt Schmerztherapie im klinischen Alltag? Prospective, Observational Study of Pain and Analgesic Prescribing in Medical Oncology Outpatients With Breast, Colorectal, Lung, or Prostate Cancer Michael J. Fisch⇓, Ju-Whei Lee, Matthias Weiss, Lynne I. Wagner,Victor T. Chang, David Cella,Judith B. Manola, Lori M. Minasian, Worta McCaskill-Stevens, Tito R. Mendoza and Charles S. Cleeland Journal of Clinical Oncology 2012, 30: 1980 – 1988 Analgesic prescribing in relation to pain severity at (A) initial assessment and (B) follow-up 28 to 35 days later. Fisch M J et al. JCO 2012;30:1980-1988 ©2012 by American Society of Clinical Oncology Symptome Studie ambulante Patienten / n= 133 / 22 Monat Walke et al Arch Intern Med 2007