pwc: crisis management

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pwc: crisis management
August 2008
pwc
pwc:
crisis management
Quarterly Executive Briefing
Forensic Services Fraud-Thermometer ■ BKA-Gesetzentwurf ■
Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz
Governance, Risk & Compliance Nachhaltiges Compliance Management
Government, Infrastructure & Privatisation Kartellrecht bei Vertriebsvereinbarungen?
Editorial
Inhalt
Editorial
3
Forensic Services
4
Fraud Thermometer: Nebel erfolgreich durchdringen Indikatoren für dolose Handlungen erkennen............................... 4
Der BKA-Gesetzentwurf und die Online-Durchsuchung:
Aktueller Stand ............................................................................. 5
Die 3. EU Geldwäscherichtlinie wurde zum 1. August 2008
in nationales Recht umgesetzt ..................................................... 7
Governance, Risk & Compliance
9
Nachhaltiges und ganzheitliches Compliance Management
- Teil I ........................................................................................... 9
Government, Infrastructure &
Privatisation
11
Welche Vertriebsvereinbarungen sind kartellrechtlich
zulässig? - Teil II ........................................................................ 11
Kurz notiert
13
GwBekErgG: Adressatenkreis ausgeweitet................................ 13
Verbesserte grenzüberschreitende Zusammenarbeit in
Strafsachen ................................................................................ 13
Neues Rechtsdienstleistungsgesetz........................................... 13
Eine gute Nachricht für Gründer – das MoMiG kommt! .............. 13
Veranstaltungen
14
Gesprächkreis Wirtschaftskriminalität ........................................ 14
E-Discovery ................................................................................ 14
Unternehmensrisiko: Straftaten .................................................. 14
Impressum
2
15
pwc:crisis management | August 2008
Editorial
Editorial
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie ganz herzlich zur August-Ausgabe unseres crisis
management-Newsletters.
In unserem ersten Artikel stellen wir Ihnen an einem Fallbeispiel
vor, wie die Fraud-Experten von PricewaterhouseCoopers durch
den Einsatz des sogenannten Fraud-Thermometers vorhandene
Indikatoren für dolose Handlungen aufspüren und Risikobereiche
auf unkomplizierte, aber dennoch höchst individuelle Weise
diagnostizieren können.
Ich hoffe, dass wir Ihnen auch dieses Mal interessante und
informative Beiträge zusammengestellt haben und freue mich auf
Ihre Kommentare. Für weitergehende Fragen stehe ich, wie auch
meine Kolleginnen und Kollegen, Ihnen jederzeit für ein
persönliches Gespräch zur Verfügung.
Claudia Nestler
In einem kleinen Exkurs befassen wir uns mit der geplanten
Kompetenzerweiterung des Bundeskriminalamtes (BKA) zur
Gefahrenabwehr des internationalen Terrorismus. Unser Artikel
befasst sich mit der Abgrenzungsproblematik der Begrifflichkeiten
'verdeckte Systemeingriffe' und 'privater Kernbereich'.
Im Juni hat sich der Bundesrat nach längerer Abstimmungsphase
für die Annahme des Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetzes (GwBekErgG) ausgesprochen und ist somit
seiner Pflicht nachgekommen, die 3. EU-Geldwäscherichtlinie in
deutsches Recht umzusetzen. Die Veränderungen, die das
Geldwäschegesetz (GwG) durch das GwBekErgG, insbesondere
im Bezug auf die allgemeinen und verstärkten Sorgfaltspflichten,
erfährt, werden ausführlich dargestellt.
Erstmals bieten wir Ihnen in der vorliegenden Ausgabe des crisis
management-Newsletters Informationen aus unserem
Geschäftsbereich Governance, Risk & Compliance an. Zunächst
wollen wir einige grundsätzliche Gedanken zu den aktuellen
Herausforderungen im Zusammenhang mit Compliance
Management aufzeigen. Dabei spielt die individuelle Zielsetzung
des einzelnen Unternehmens eine übergeordnete Rolle. In den
nächsten Ausgaben dieses Newsletters werden wir dann auf
konkrete Maßnahmen eingehen, die in der Praxis zur Anwendung
kommen und ein nachhaltiges und effektives Compliance
Management ermöglichen.
Wie bereits in der letzten Ausgabe dieses Newsletters erläutert
wurde, sind Unternehmen innerhalb der EU selbst dafür
verantwortlich zu prüfen, ob geschlossene oder geplante
Vertriebsvereinbarungen kartellrechtlich zulässig sind oder gegen
Artikel 81 (1) EG-Vertrag verstoßen. Im zweiten Teil unseres
Beitrags zum Kartellrecht bei Vertriebsvereinbarungen werden
nun die Legalausnahme gemäß Artikel 81 (3) EG-Vertrag
erläutert und die vier Bedingungen dargestellt, die kumulativ
erfüllt sein müssen, damit Vereinbarungen durch diese vom
Kartellverbot freigestellt werden können.
pwc:crisis management | August 2008
3
ForensicServices
Services
Forensic
Fraud Thermometer: Nebel erfolgreich
durchdringen - Indikatoren für dolose
Handlungen erkennen
Wirtschaftskriminalität findet sich in unterschiedlicher Ausprägung
in jeder Branche. In den letzten Jahren ist - nicht zuletzt als Folge
mehrerer medienwirksamer Fälle - bei vielen Unternehmen das
Bewusstsein für derartige Sachverhalte gestiegen. Ein
umfassendes Wissen darüber, welche Ausprägungen bezogen
auf das jeweilige Unternehmen hinter dem Begriff
"Wirtschaftskriminalität" stecken können und wie am
wirkungsvollsten gegen sie vorzugehen ist, ist wie das
nachfolgende Fallbeispiel belegt für viele Unternehmen ein
bislang unerschlossenes Feld.
Ein Vorfall ...
Ein alt eingesessenes Konsumgüter herstellendes Unternehmen
mit Vertriebsgesellschaften in verschiedenen Ländern erfreut seit
Jahren die Eigentümerfamilie mit guten Gewinnen. Das
Management vertraut seinen Mitarbeitern völlig.
Überraschend erkrankt ein langjähriger Mitarbeiter der
Personalabteilung kurz vor Auszahlung der Löhne und Gehälter
schwer. Als daraufhin der kaufmännische Leiter die
Abrechnungen selbst erstellt, fallen ihm mehrere Ungereimtheiten
auf. Rückfragen des verblüfften Chefs bei seinem langjährigen
Mitarbeiter ergaben keine zufriedenstellenden Antworten. Als
dann erste Analysen zeigten, dass ähnliche Ungereimtheiten
auch in Vormonaten vorlagen, kam dem kaufmännischen Leiter
ein unerwarteter Verdacht. Er beauftragt daraufhin PwC mit der
Sachverhaltsaufklärung.
Die Spezialisten von PwC kamen bei den Untersuchungen zu
dem Ergebnis, dass der langjährige Mitarbeiter der
Personalabteilung das Unternehmen seit ca. drei Jahren durch
dolose Handlungen um mehrere 100.000 EUR geschädigt hatte.
Am Ende des Tages trennte sich das Unternehmen von dem
Mitarbeiter. Auf die Anzeige des Unternehmens hin erfolgte eine
strafrechtliche Verurteilung des ehemaligen Mitarbeiters.
... und die Folgen
Beim kaufmännischen Leiter sowie dem Beirat des
Unternehmens hinterließ dieser Vorfall eine Ratlosigkeit: Wenn
schon im Personalbereich, der als völlig integer eingeschätzt
wurde, ein Vorfall aufgetreten war - wo könnten noch dolose
Handlungen auftreten und unentdeckt bleiben? Gemäß dem
Vorschlag der Fraud-Experten von PricewaterhouseCoopers
wurde in anderen Bereichen des Unternehmens eine erste
Risikoabschätzung mittels des Fraud-Thermometers
durchgeführt. Auf Basis von strukturierten Interviews mit
Bereichsverantwortlichen schätzten die Spezialisten das Risiko
für dolose Handlungen in den einzelnen Organisationseinheiten
des Unternehmens ab. Hierbei wurden u.a. Fragen zu
4
Organisation, Kontrollen, potentiellen Motiven,
Präventionsmaßnahmen, Aufdeckung und Verfolgung von
Wirtschaftskriminalität gestellt.
Als Ergebnis erhielt die Geschäftsleitung in Form einer
Ampeldarstellung diejenigen Unternehmensbereiche dargestellt,
die ein erhöhtes Risiko für dolose Handlungen aufweisen. Die
Geschäftsleitung war erstaunt über die Anzahl der roten Ampeln
im PwC Bericht - insbesondere für die Bereiche Einkauf und
Verkauf. Außerdem war sie überrascht, über den Umfang der
vorgeschlagenen Präventionsmaßnahmen und deren enge
Verzahnung mit der Unternehmenspolitik, wie z.B. im Bereich
Vertragspartnermanagement oder Marketing/Geschenke. Mit
diesem Ausmaß oder gar Themen, wie Kommunikation der
Geschäftsleitung zu Wirtschaftskriminalität oder organisatorische
Verantwortung, hatte sie nicht gerechnet.
Auf Basis des Berichts arbeitete die Geschäftsführung eine
Prioritätenliste von Vorbeugemaßnahmen, die in der Folgezeit
gemeinsam umgesetzt wurden. Dabei stellte sich heraus, dass es
in anderen Unternehmensbereichen noch weitere risikobehaftete
Fraud-Sachverhalte gab.
Fazit
Dieses Fallbeispiel zeigt, dass konkrete Fraud-Fälle Unternehmen
oftmals unvorbereitet treffen. Häufig wird erst durch einen
konkreten Vorfall das Bewusstsein auf Fraud gelenkt. Viele
Unternehmen stellen dann überrascht fest, dass ihr Wissen über
Fraud/Wirtschaftskriminalität und Präventionsmaßnahmen gering
ist. Das Fraud-Thermometer identifiziert in einem ersten Schritt
die Risiko-Bereiche und zeigt individuelle
Handlungsempfehlungen auf. Bereits mit einfachen und
kostengünstigen Mitteln kann somit eine angemessene Analyse
der Unternehmensrisiken durchgeführt werden. Oft sind es nur
wenige Stellschrauben, die - richtig justiert- eine
Organisationsstruktur und -kultur bedingen, die vor dolosen
Handlungen im Unternehmen weitgehend schützt.
Autor
Linda Heintz
Forensic Services
PricewaterhouseCoopers, Frankfurt am Main
pwc:crisis management | August 2008
Forensic Services
Der BKA-Gesetzentwurf und die OnlineDurchsuchung: Aktueller Stand
In der Diskussion um die Online-Durchsuchung legte das
Bundesinnenministerium am 4. Juni 2008 einen Gesetzentwurf
des „Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen
Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BKAG-E)“ vor. Anlass
und Zielsetzung des Gesetzentwurfes sind die Abwehr von
Gefahren, die aus dem Bereich des internationalen Terrorismus
drohen.
Mit dem BKAG-E1 erhält das BKA erstmals die Aufgabe der
Gefahrenabwehr sowie die entsprechenden Befugnisse2.
Demnach hätte nun, neben den Polizeibehörden der Länder und
der Bundespolizei, auch das Bundeskriminalamt Befugnisse zur
Gefahrenabwehr des internationalen Terrorismus. Zu diesen
Befugnissen gehört auch die Online-Durchsuchung.
Die Begründung des Bundesinnenministers Herrn Dr. Schäuble
zum BKAG-E lautet:
„Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat
dem Bundeskriminalamt (BKA) im Zuge der
so genannten Föderalismusreform I die
Aufgabe der Abwehr von Gefahren des
internationalen Terrorismus übertragen. Um
diese Aufgabe bewältigen zu können,
benötigt das BKA entsprechende
Befugnisse. Der heute beschlossene
Entwurf enthält alle erforderlichen
Ergänzungen des BKAG, um dem
Bundeskriminalamt für seine neue Aufgabe,
der Abwehr vom internationalen Terrorismus
ausgehender Gefahren, das notwendige
Rüstzeug an die Hand zu geben.“
Weiter führt Herr Dr. Schäuble aus:
„Der Entwurf hält sich selbstverständlich an
das Grundgesetz und stimmt mit der
Rechtssprechung des
Bundesverfassungsgerichts überein.“
Der vorliegende Gesetzentwurf kreist um die beiden
Begrifflichkeiten „Verdeckter Eingriff in informationstechnische
Systeme“ 3 und „Kernbereich privater Lebensgestaltung“; zwei
wichtige Komplexe, die im Folgenden kurz dargestellt werden
sollen:
„Verdeckter Eingriff in informationstechnische Systeme“
Demnach darf das BKA ohne Wissen des Betroffenen „mit
technischen Mitteln in dem vom Betroffenen genutzte
informationstechnische Systeme eingreifen und aus ihnen Daten
erheben“. Dazu müssen bestimmte Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass eine Gefahr für „Leib, Leben oder Freiheit
einer Person“ vorliegt oder „solche Güter der Allgemeinheit, deren
Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder
die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt“4.
Eine richterliche Entscheidung kann bei Gefahr im Verzug gemäß
Absatz 5 zunächst umgangen werden, da hierbei die Anordnung
durch den Präsidenten des BKA oder seines Vertreters
maßgeblich ist. Eine gerichtliche Entscheidung ist danach
„unverzüglich einzuholen“5.
„Kernbereich privater Lebensgestaltung“
Dieser Bereich umfasst private Daten und ist daher als äußerst
sensibel einzustufen, weil die Abgrenzung dieser privaten Daten
von anderen Daten bisher nicht generalisiert werden konnte.
Wie ist mit dem Begriff der Daten des privaten Kernbereichs in
Verbindung mit den verfassungsmäßig geschützten Grundrechten
umzugehen?
Dieser Frage versucht sich der Verfassungsrichter Hans-Jürgen
Papier auf der Sicherheitskonferenz in Tutzing im Juni diesen
Jahres6. Mit Hinweis auf das Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes vom 27. Februar 2008 zeigt
Herr Papier auf, dass das Bundesverfassungsgericht das
Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität
informationstechnischer Systeme aus dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs 1 GG)
abgeleitet hat. Dies bedeutet für die Diskussion zum Thema
Kernbereich privater Lebensgestaltung, dass die OnlineDurchsuchung in Zukunft weitere Grundrechtsbedenken
aufwerfen könnte.
Eine hundertprozentige Abgrenzung der Daten des privaten
Kernbereichs ist während künftiger Untersuchungen jedoch als
schwierig einzustufen. Nach dem BKAG-E ist eine Maßnahme
unzulässig, wenn Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass
„durch die Maßnahme allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich
privater Lebensgestaltung erlangt würden (...)“.
Auf ihrer Internetseite veröffentlicht das Bundesministerium des
Innern der Bundesrepublik Deutschland Fragen und Antworten
zum Thema Online-Durchsuchungen. Zum Thema
Datenschutz/Kernbereich liegt dabei folgende Information vor:
„Die gesetzliche Regelung muss zunächst darauf hinwirken, dass
keine kernbereichsrelevanten Daten erhoben werden, soweit dies
informationstechnisch und ermittlungstechnisch möglich ist. Bei
4
1
Bundeskriminalamtgesetz vom 7. Juli 1997 (BGBl. I S. 1650) zuletzt geändert durch
Artikel 7 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198)
2
BKAG-E Begründung Abschnitt A. Seite 34
3
BKAG-E §20k S. 14 bis 17
pwc:crisis management | August 2008
BKAG-E §20k Abs. 1
BKAG-E §20k Abs. 5 S. 2/3
6
vgl. Rede vom 1. Juni 2008 via:
http://www.welt.de/politik/article2055921/Wie_der_Staat_Freiheit_und_Sicherheit_
vereint.html
5
5
Forensic Services
dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System
kann aber praktisch unvermeidbar sein, dass Informationen zur
Kenntnis gelangen, bevor ihr Kernbereichsbezug bewertet
werden kann.“ Dies bedeutet, dass kernbereichsrelevante Daten
unter Umständen abgefragt werden könnten.
Fazit: Sicherheitsbedürfnis versus privater Kernbereich
Um einerseits dem gewachsenen Sicherheitsbedürfnis seit
September 2001 und andererseits der Wahrung von bestimmten
Grundrechten gerecht zu werden, bedarf es mit hoher
Wahrscheinlichkeit einiger Diskussionen, Entwürfen und
Entscheidungen seitens Staat und Bürgern. Der Staat trägt die
Fürsorgepflicht zur Wahrung bestimmter freiheitlicher Räume
Einzelner. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner
berühmten Entscheidung zur Volkszählung nicht umsonst, das
Recht jedes Einzelnen zur informationellen Selbstbestimmung
hervorgehoben7.
Es muss auf jeder Instanz stets kritisch geprüft werden, inwieweit
dieser Fürsorgepflicht nachgekommen wird. Es bestehen noch
Fragen im Bereich der Abgrenzung von kernbereichsrelevanten
Daten und deren Verwendung und Behandlung. Die einzelnen
Bestandteile und Auswirkungen der Datenverarbeitung müssen
dem Bürger klar sein.
Die Online-Durchsuchung muss transparent vermittelt werden,
sodass nach einer Verabschiedung des BKAG-E zum Thema
privater Kernbereich keiner überrascht nach Goethe sagen möge
„Das also war des Pudels Kern!“
Autor
Henning Larsch
Forensic Services
PricewaterhouseCoopers, Frankfurt am Main
7
6
Spiegel Nr. 51/1983 vom 19. Dezember 1983 zum Urteil des
Bundesverfassungsgerichts (BVG) zur Volkszählung
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Forensic Services
Die 3. EU Geldwäscherichtlinie wurde
zum 1. August 2008 in nationales Recht
umgesetzt
Nach einer längeren Abstimmungsphase und der Einarbeitung
verschiedener Änderungswünsche von Verbänden und der Politik
ist es nunmehr amtlich: Der Bundesrat hat im Juni die durch einen
Koalitionsantrag geänderte Fassung des Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetzes (GwBekErgG) angenommen.
Damit kommt der deutsche Gesetzgeber seiner Pflicht nach, die
3. EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht umzusetzen, was
eigentlich schon seit Dezember 2007 hätte passieren sollen. Die
Verabschiedung des GwBekErgG wird zu Änderungen im
Geldwäschegesetz (GwG), im Kreditwesengesetz (KWG) und im
Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) führen. Durch diese
Änderungen sollen die zur Geldwäschebekämpfung entwickelten
Instrumente auch auf die Bekämpfung der
Terrorismusfinanzierung ausgedehnt werden.
Im Zentrum dieses Beitrags steht die Neufassung des GwG, die
durch das GwBekErgG veranlasst wird. Es wird dargestellt,
welche wesentlichen Änderungen das GwG erfährt und welche
Herausforderungen diese Veränderungen für den
Adressatenkreis, insbesondere für Finanz- und Kreditinstitute mit
sich bringen.
Allgemeine Sorgfaltspflichten - Identifizierung des wirtschaftlich
Berechtigten
§ 3 GwG statuiert die allgemeinen Sorgfaltspflichten, die das
GwG seinen Adressaten auferlegt. Dazu zählt neben der
Identifizierung des Vertragspartners und die Einholung von
Informationen über die angestrebte Geschäftsbeziehung auch die
Klarstellung, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich
Berechtigten handelt oder nicht. Falls dies der Fall ist, muss der
wirtschaftlich Berechtigte identifiziert werden. Wirtschaftlich
Berechtigter ist gemäß § 1 Abs. 6 GwG die natürliche Person, in
deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner
letztlich steht, oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung
eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine
Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird. Bei Gesellschaften,
die nicht an einem organisierten Markt notiert sind, ist
wirtschaftlich Berechtigter die natürliche Person, die unmittelbar
oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält oder
mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert. An dieser Stelle
stehen die Adressaten des GwG vor dem Problem, festzustellen,
ob eine natürliche Person mittelbar mehr als 25 Prozent der
Kapitalanteile hält oder mehr als 25 Prozent der Stimmrechte
kontrolliert.
Beispiel
Zur Veranschaulichung sei eine Situation geschildert, die deutlich
macht, dass die mittelbare Beteiligung einer Person häufig nur
schwer bestimmbar ist: Eine natürliche Person hält 90 Prozent
der Kapitalanteile eines Unternehmens A. Dieses Unternehmen A
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hält wiederum 40 Prozent der Anteile an einem Unternehmen B.
Hält somit auch die natürliche Person 25 Prozent der
Kapitalanteile an dem Unternehmen B?
Vor allem Finanz- und Kreditinstitute dürften daher nun vor der
Frage stehen, wie sie die mittelbare Beteiligung einer natürlichen
Person feststellen. Daraus wiederum folgt, dass diese Institute in
Zukunft einen Bedarf für Strukturen und Mechanismen haben
werden, mit deren Hilfe sie die Eigentums- und Kontrollstrukturen
bei juristischen Personen in Erfahrung bringen können, um so in
einem weiteren Schritt beurteilen zu können, ob eine natürliche
Person wirtschaftlich berechtigt ist oder nicht. Besonders
komplexe und undurchsichtige Strukturen sollten bei den
Instituten dabei stets erhöhte Wachsamkeit hervorrufen.
In diesem Rahmen ist außerdem zu beachten, dass
unterschiedliche Gesellschaften auch unterschiedlich gut oder
schlecht dazu geeignet sind, zu Geldwäschezwecken
missbraucht zu werden. Um risikoadäquat entscheiden zu
können, ob eine natürliche Person wirtschaftlich Berechtigter ist,
muss also auch das individuelle Risiko einer jeden Gesellschaft in
Betracht gezogen werden. Ein reines Abstellen auf den
Schwellenwert von 25 Prozent wäre für viele Insitute adhoc sicher
nicht leistbar und kann somit auch nicht zielführend sein.
Durch die Neufassung des GwG werden die Finanz- und
Kreditinstitute in Zukunft vor der Herausforderung stehen,
Kontrollen und Mechanismen zu implementieren, die diesen
Besonderheiten Rechnung tragen und mit vertretbarem Aufwand
das gewünschte Ergebnis herbeiführen.
Allgemeine Sorgfaltspflichten - Laufende Aktualität der Daten
Als eine weitere allgemeine Sorgfaltspflicht legt
§ 3 Abs. 1 Nr. 4 GwG die kontinuierliche Überwachung einer
Geschäftsbeziehung, einschließlich der in ihrem Verlauf
durchgeführten Transaktionen, fest. Zusätzlich dazu werden die
Adressaten in Zukunft auch dazu verpflichtet sein, die zu einer
Geschäftsbeziehung gehörenden Dokumente, Daten oder
Informationen in einem angemessenen zeitlichem Abstand zu
aktualisieren.
Diese Neuerung führt im Wesentlichen dazu, dass die Adressaten
nunmehr auch solche Dokumente und Daten der Konten
aktualisieren müssen, die noch vor der Verabschiedung des GwG
eröffnet worden sind. Da vor allem bei Finanz- und Kreditinstitute
davon auszugehen ist, dass ein Großteil der
Geschäftsbeziehungen bereits vor der Einführung des GwG
begonnen haben dürfte, bedarf es nicht viel Phantasie sich
ausmalen zu können, dass diese Neuerung einen erheblichen
Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Der Bundesrat sah diese
Gefahr bereits während des Gesetzgebungsverfahrens und
versuchte daher die Einführung der Vorschrift zu verhindern,
konnte sich aber letzten Endes nicht durchsetzen.
Da eine sofortige Aktualisierung aller Daten, die vor der
Einführung des GwG aufgenommen worden sind, eher nicht
7
Forensic Services
realisierbar erscheint, sollten Finanz- und Kreditinstitute in einem
ersten Schritt eine risikoorientierte Vorgehensweise entwickeln
und den Risikogehalt der Geschäftsbeziehung analysieren. In
einem weiteren Schritt sollte dann die Aktualisierung der Daten
anhand der festgestellten Risikosituation vorgenommen werden.
Autor
Hannah Müller, Lars-Heiko Kruse
Forensic Services
PricewaterhouseCoopers, Frankfurt am Main
Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass sich
der konkrete Umfang der Maßnahmen, die die Adressaten im
Rahmen ihrer allgemeinen Sorgfaltspflichten ergreifen müssen,
grundsätzlich nach dem Risikogehalts eines Vertragspartners,
einer Geschäftsbeziehung, eines Produkts oder einer Transaktion
richtet. Grundsätzlich sind die Adressaten also frei in der Wahl
der Maßnahmen, die sie zu ergreifen beabsichtigen. Es muss
allerdings beachtet werden, dass die Adressaten des GwG der
Aufsichtsbehörde auf deren Verlangen darlegen können müssen,
dass der Umfang der ergriffenen Maßnahmen risikoangemessen
war. Somit ergibt sich, dass sämtliche Adressaten des GwG,
insbesondere aber Finanz- und Kreditinstitute, Maßnahmen
definieren müssen, die unter Berücksichtigung des Risikogehalts
des betreffenden Geschäftes zu ergreifen sind.
Verstärkte Sorgfaltspflichten - Identifizierung einer "politically
exposed person"
Neben den allgemeinen Sorgfaltspflichten sieht das GwG auch in
§ 6 verstärkte Sorgfaltspflichten vor. Die Verstärkung von
Sorgfaltspflichten trägt dem Umstand Rechnung, dass manche
Geschäftsvorfälle von Natur aus ein höheres Risiko beinhalten.
Von einem höheren Risiko wird insbesondere bei der Involvierung
einer so genannten "politically exposed person" (PEP) in eine
Geschäftsbeziehung ausgegangen. PEPs sind Personen, die
wichtige öffentliche Ämter bekleiden oder bekleidet haben, wobei
der PEP-Status ein Jahr nach Niederlegung des Amtes erlischt.
Bei der Feststellung der Identität einer PEP sind verschiedene
Maßnahmen zu ergreifen. Zum einen muss der Vorgesetzte der
Aufnahme einer Geschäftsbeziehung mit dieser Person
zustimmen. Zum anderen muss festgestellt werden, woher die
Mittel stammen, die zur Durchführung der Geschäftsbeziehung
verwendet werden. Weiterhin muss die Geschäftsbeziehung in
ihrem Verlauf stärker überwacht werden als dies bei weniger
kritischen Geschäftsbeziehungen der Fall ist.
Fazit
Die Verabschiedung des GwBekErgG führt zu etlichen
Neuerungen im GwG, die die Adressaten vor vielfältige
Herausforderungen stellen. Im Wesentlichen geht es dabei um
die Entwicklung risikoadäquater Prozesse, die die Anforderungen,
die die Neuerungen definieren, entsprechend umsetzen. Wie sich
die Neuregelungen in der Praxis bewähren und welchen Einfluss
sie auf die Geschäfte der Adressaten haben werden, bleibt
abzuwarten.
8
pwc:crisis management | August 2008
Governance,
Governance,Risk
Risk&&Compliance
Compliance
Nachhaltiges und ganzheitliches
Compliance Management - Teil I
Die Komplexität der Compliance- Anforderungen, die an
Unternehmen gestellt werden, wachsen stetig. Nicht nur von den
Regulatoren werden Compliance-Verstöße immer offensiver
verfolgt, auch die Öffentlichkeit betrachtet Verfehlungen mit
wachsender Aufmerksamkeit. Dem gestiegenen Interesse der
externen Stakeholder nach Compliance-Einrichtungen und Maßnahmen steht allerdings häufig der interne Druck entgegen,
die Kosten für Compliance möglichst gering zu halten. Die
Herausforderung besteht darin, unternehmensweite Compliance
effektiv und effizient und damit nachhaltig sicherzustellen.
Demnach müssen nicht nur relevante Anforderungen erkannt und
erfüllt werden, vielmehr muss auch der Aufwand für die
erforderlichen Maßnahmen optimal im Verhältnis zum Nutzen
stehen. Im ersten Teil dieses Beitrags sollen nun einige
grundlegende Gedanken zum Compliance Management
aufgezeigt werden.
Compliance als Herausforderung
Compliance Sicherzustellen heißt, die Anforderungen der
Stakeholder an das Unternehmen zu kennen und mit geeigneten
Maßnahmen zu adressieren. Um den Stellenwert von Compliance
in der Praxis angemessen zu berücksichtigen, ist es notwendig,
den Begriff nicht auf die Einhaltung von Gesetzen oder weiteren,
verpflichtenden Regularien zu reduzieren. Compliance in einem
erweiterten Kontext umfasst vielmehr auch die Anforderungen,
die ein Unternehmen freiwillig erfüllen kann bzw. aus Sicht der
Stakeholder erfüllen sollte, um hieraus einen Mehrwert zu
generieren.
Die stetig wachsende Bedeutung von Compliance zeigt sich
anhand der Anforderungen, die aktuell an Unternehmen gestellt
werden. Ein Beispiel hierfür ist der Deutsche Corporate
Governance Kodex (DCGK), der in seiner aktuellen Fassung das
Thema Compliance explizit aufgreift. Demnach muss der
Vorstand eines Unternehmens sicherstellen, dass sowohl
unternehmensinterne Richtlinien als auch gesetzliche Vorgaben
eingehalten werden.
Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung von Compliance liefert
das Thema Wirtschaftskriminalität. Eine PwC-Studie zu diesem
Thema zeigt, dass fast die Hälfte der untersuchten Unternehmen
in Deutschland durch dolose Handlungen geschädigt worden
sind.1 Vorfälle aus dem Bereich der Wirtschaftskriminalität ziehen
neben dem häufig immensen materiellen Schaden auch
immaterielle Belastungen nach sich, die den Erfolg des
betroffenen Unternehmens langfristig beeinträchtigen können
(z.B. Androhung von Strafen, Reputationverlust).
1
Vgl PricewaterhouseCoopers, Marting-Luther Universität Halle-Wittenberg (Hrsg.)
Wirtschaftskriminalität 2007, Frankfrut am Main 2007, S.3
pwc:crisis management | August 2008
Compliance ist heute weitgehend als wichtige Thema etabliert
und im Bewusstsein der Entscheider verankert. Maßnahmen
werden in den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen
eingesetzt und die Bereitschaft wächst, sich dem Thema
vorausschauend anzunehmen und dauerhaft zu stellen.
Allerdings birgt die aktuelle Umsetzung von Compliance in der
Praxis noch ein Potential für Verbesserungen:
● Verschiedene Compliance-Initiativen existieren innerhalb der
Verantwortung von unterschiedlichen Vorstandsbereichen.
● Synergien und Abhängigkeiten zwischen unterschiedlichen
Compliance-Initiativen werden nur teilweise erkannt und kaum
genutzt.
● Die derzeitigen Berichtsstrukturen sind inhomogen und liefern
keinen unternehmensweiten Überblick über den ComplianceStatus.
● Compliance-Funktionen werden zentral ausgeführt. Das
Verantwortungsbewusstsein im Bezug auf Compliance ist
fernab der Vorstandsetage häufig gering.
Das Thema Compliance wird von Unternehmen häufig nicht
strategisch und ganzheitlich, sondern in erster Linie operativ und
auf einzelne Compliance-Anforderungen bezogen betrachtet. Die
fehlende Transparenz bezüglich des unternehmensweiten
Compliance-Status erhöht das Risiko einer Non-Compliance und
erschwert es der Unternehmensführung, wirksame Maßnahmen
festzulegen. Zusätzlich bleiben Optimierungspotenziale
ungenutzt, was den Aufwand für Compliance wachsen lässt.
Die Probleme einer fehlenden ganzheitlichen Betrachtung werden
durch die stetig wachsende Komplexität und Anzahl der
Compliance-Anforderungen verstärkt. Im Rahmen einer Studie
geben 73% der von PwC befragten CEOs an, dass sie
Überregulierung als wichtigsten Aspekt sehen, der das Geschäft
ihres Unternehmens potenziell gefährdet.2
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, ist ein effektives und
effizientes und damit nachhaltiges Compliance Management
unabdingbar. Letzteres soll die Einhaltung bestehender und neuer
Compliance-Anforderungen mit wirksamen Maßnahmen
ermöglichen. Zusätzlich soll der Aufwand für die entsprechenden
Maßnahmen optimal und damit zielgerichtet gestaltet werden.
Am Anfang des Implementierungsprozesses für ein nachhaltiges
Compliance Management stellt sich vor allem folgende Frage:
Werden im Unternehmen die richtigen ComplianceAnforderungen adressiert und werden diese Anforderungen
angemessen priorisiert? - Dazu müssen StakeholderAnforderungen an das Unternehmen bekannt sein und eine
Zielsetzung für das Compliance Management muss definiert
werden.
2
Vgl. PricewaterhouseCoopers International Survey Unit (Hrsg.): 10th Annual Global
CEO Survey, Belfast 2007, S.11
9
Governance, Risk & Compliance
Zielsetzung für das unternehmensweite Compliance Management
Für die Zielsetzung ist es notwendig, sowohl die Bedeutung von
Compliance für das Unternehmen bei der Umsetzung der
Unternehmensvision und -strategie als auch die StakeholderAnforderungen selbst zu beachten. Nur so werden Nachteile
vermieden, die sich ergeben, wenn Compliance Management auf
die rein operative Umsetzung von Anforderungen reduziert wird.
Um Compliance ganzheitlich und strategisch zu adressieren und
den größtmöglichen Nutzen für das Unternehmen zu erzeugen,
sollte der Umgang mit Compliance in Übereinstimmung mit den
obersten Unternehmenszielen erfolgen. Compliance-Vision und
Compliance-Strategie müssen also im Einklang mit der
Unternehmensvision und Unternehmensstrategie sowie der
Risikobereitschaft und Risikotoleranz des Unternehmens stehen.
Wie die unternehmensweite Zielsetzung für das Compliance
Management festgelegt werden kann, verdeutlichen verschiedene
Abstufungen (vgl. Abbildung 1). Mit zunehmender Nachhaltigkeit
und Optimierung von Compliance wächst zwar die erwartete
Wertsteigerung für das Unternehmen. Es muss jedoch auch
berücksichtigt werden, inwieweit der erforderliche Aufwand
ganzheitlichen, strategischen Ansatz in einem angemessenen
Verhältnis zum erwarteten Beitrag für den unternehmerischen
Erfolg steht.
Bei der Betrachtung der verschiedenen StakeholderAnforderungen ergeben sich insbesondere die folgenden
Fragestellungen:
● Wie hoch wird das Risiko, die Stakeholder-Anforderung nicht
zu erfüllen, nach einer Risikobewertung eingeschätzt?
● Welche Auswirkungen ergeben sich voraussichtlich im Falle
der Nichterfüllung
● Welcher zusätzliche Nutzen ergibt sich voraussichtlich aus der
Erfüllung freiwilliger Anforderungen?
etabliert sind. Sie liefert entscheidende Informationen für die
Priorität, die einer Anforderung letztendlich zugeordnet werden
sollte. Um bei der Priorisierung der Anforderung die
Auswirkungen einer Nichterfüllung und den Nutzen bei freiwilliger
Erfüllung zu berücksichtigen, können häufig vergleichbare
Beispiele aus der Praxis (z.B. bekannt gewordene Verstöße von
Unternehmen der gleichen Branche) herangezogen werden. Für
die Umsetzung eines nachhaltigen Compliance Managements ist
es empfehlenswert, die unternehmensweite Zielsetzung auch auf
einzelne Anforderungen herunterzubrechen und deren
Priorisierung zu berücksichtigen. Die Frage ist hierbei, ob
Maßnahmen für alle Compliance-Anforderungen mit der gleichen
Intensität und im gleichen Umfang umgesetzt werden sollen. Für
einige Compliance-Anforderungen kann es angemessen sein,
diese mit möglichst geringem Aufwand nachhaltig zu erfüllen
(Stufe »Minimum«). Für andere Anforderungen hingegen kann es
aus Unternehmenssicht notwendig sein, diese noch stärker
aufeinander auszurichten oder zu integrieren und die getroffenen
Maßnahmen gezielt zu optimieren (Stufe »Leader«/ »Best in
Class«).
Autor
Christof Menzies, Jörg Tüllner
Governance, Risk & Compliance
PricewaterhouseCoopers, Frankfurt am Main
Eine fundierte Risikobewertung erfordert ausreichende
Transparenz darüber, in welchem Ausmaß eine Anforderung das
Unternehmen betrifft und welche Compliance-Maßnahmen bereits
1. Minimum
2. Acceptable
Fragmentierte
Compliance- und
Risikoaktivitäten
Initiale
Verbesserung von
fragmentierten
Compliance- und
Risikoaktivitäten
3. Market Standard
Partielle
Ausrichtung von
ComplianceInitiativen
4. Leader
Integration von
ComplianceInitiativen
5. Best in class
Ganzheitlicher &
strategsicher
Compliance Ansatz
Wertsteigerung durch Nachhaltigkeit & Optimierung
Abbildung 1: Zielsetzungen
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pwc:crisis management | August 2008
Government,
Government,Infrastructure
Infrastructure&&Privatisation
Privatisation
Welche Vertriebsvereinbarungen sind
kartellrechtlich zulässig? - Teil II
Im Zuge der Reform des Europäischen Kartellrechts sind
Unternehmen gemäß der Verordnung (EG) 1/2003 nun selbst
dafür verantwortlich zu prüfen, ob durch sie geschlossene
Vereinbarungen mit dem Kartellrecht konform sind oder gegen
Artikel 81 (1) EG-Vertrag verstoßen. In der vorherigen Ausgabe
dieses Newsletters wurde bereits dargestellt, anhand welcher
Schritte und Kriterien zu prüfen ist, ob Vereinbarungen unter das
Kartellverbot fallen. In diesem Beitrag wird nachfolgend näher
erläutert, unter welchen Bedingungen Unternehmen von der
Legalausnahmemöglichkeit gemäß Artikel 81 (3) EG-Vertrag
profitieren und Vereinbarungen von dem Kartellverbot freigestellt
werden können.
Vereinbarkeit gemäß Artikel 81 (3) EGV
Ausschlaggebend für die Freistellung der
wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung durch Artikel 81 (3)
EG-Vertrag sind die aus der Vereinbarung resultierenden
wettbewerbsfördernden Wirkungen. Grundlage der
Ausnahmemöglichkeit vom Kartellverbot ist nämlich die
ökonomische Erkenntnis, dass zwischen Unternehmen getroffene
Vereinbarungen nicht immer den Wettbewerb in unzulässiger
Weise beschränken müssen. Unter bestimmten Bedingungen
können Vereinbarungen zu gesamtwirtschaftlichen Vorteilen
führen, die die Nachteile der Wettbewerbsbeschränkung
überwiegen. Hierfür müssen vier Bedingungen kumulativ erfüllt
sein:
● es müssen Effizienzgewinne entstehen;
● die Verbraucher müssen angemessen beteiligt sein;
● die Beschränkung muss unerlässlich sein und
● der Wettbewerb wird nicht ausgeschaltet.
Nachfolgend werden die einzelnen Bedingungen und relevante
Faktoren für deren Überprüfung erläutert.
1. Effizienzgewinne
Die Vereinbarung muss zur Verbesserung der Warenerzeugung
oder –verteilung oder zur Förderung des technischen oder
wirtschaftlichen Fortschritts beitragen. Entsprechend geht es um
die Feststellung von Effizienzgewinnen bzw. objektiven Vorteilen,
die durch die Vereinbarung entstehen. Dabei sind vor allem
folgende Anforderungen zu prüfen:
– Es besteht ein direkter Kausalzusammenhang zwischen der
wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung und den
geltend gemachten Effizienzgewinnen.
– Die Effizienzgewinne treten mit hoher Wahrscheinlichkeit in
einem bestimmbaren Zeitraum ein.
– Die Effizienzgewinne sind hinreichend quantifizierbar.
Vielfach können Effizienzgewinne durch eine Integration
wirtschaftlicher Tätigkeiten bzw. Kooperationen zwischen voroder nachgelagerten Wirtschaftsstufen erreicht werden. Die
wichtigste Quelle für Effizienzgewinne sind Kosteneinsparungen.
pwc:crisis management | August 2008
Diese können durch Vereinbarungen über die Entwicklung neuer
Produktionstechniken- und Verfahren (Technologiesprünge),
durch Skalenvorteile, Verbundvorteile oder bessere und
koordinierte Produktions- und Lagerhaltungsplanung realisiert
werden. Auch qualitative Effizienzgewinne spielen eine Rolle. In
einigen Fällen besteht das effizienzsteigernde Potential einer
Vereinbarung nicht in Kostensenkungen, sondern in der
Verbesserung der Qualität, zum Beispiel durch Lizenz- oder F&EVereinbarungen.
2. Angemessene Beteiligung der Verbraucher
Die Verbraucher müssen angemessen an den durch die
Vereinbarungen entstehenden Vorteilen beteiligt werden.
Mindestens ist ein Ausgleich der negativen Auswirkungen der
Wettbewerbsbeschränkung notwendig, was einem für die
Verbraucher neutralen Nettoeffekt entspricht. Da ein wesentliches
Ziel der europäischen Wettbewerbspolitik der Schutz der
Konsumenten ist, wird diesem Kriterium hohe Bedeutung
beigemessen.
Die Beteiligung der Verbraucher an den entstehenden Vorteilen
kann durch die Weitergabe von Kosteneinsparungen in Form
niedrigerer Preise oder auch durch die Weitergabe von
qualitativen Verbesserungen, wie zum Beispiel neuer oder
besserer Produkte erfolgen. Generell gilt, je größer die
Wettbewerbsbeschränkungen, umso höher muss der Umfang der
weitergegebenen Effizienzgewinne an die Verbraucher ausfallen.
Die Weitergabe von Kostensenkungen an Konsumenten in Form
von niedrigeren Preisen ist eher bei der Einsparung von variablen
Produktionskosten als bei Fixkosten zu erwarten, da die
Preisentscheidungen eines Unternehmens in der Regel auf
variablen Kosten sowie dem Nachfrageverhalten der Käufer
basiert.
3. Unerlässlichkeit der Beschränkung
Die Wettbewerbsbeschränkung muss für das Erreichen der
Vorteile unerlässlich sein; insbesondere darf es keine andere
Möglichkeit zu deren Erreichen geben, die zu einer geringeren
Beeinträchtigung des Wettbewerbs führen würde. Die
Vereinbarung muss insgesamt notwendig sein und die einzelnen,
sich aus der Vereinbarung ergebenden
Wettbewerbsbeschränkungen müssen ebenfalls unerlässlich für
die Erzielung der Effizienzgewinne sein. Eine
Wettbewerbsbeschränkung gilt als unerlässlich, wenn bei ihrer
Beseitigung ebenfalls die Effizienzgewinne beseitigt oder
erheblich geschmälert würden. Unternehmen haben
entsprechend die Aufgabe zu prüfen und ggf. zu belegen, warum
realistisch erscheinende Alternativen, die den Wettbewerb
weniger beschränken, weniger effizient wären.
4. Keine Ausschaltung des Wettbewerbs
Die Vereinbarung darf nicht dazu führen, dass der Wettbewerb für
einen wesentlichen Teil der betroffenen Waren ausgeschaltet
wird. Damit wird dem Schutz des Wettbewerbsprozesses Vorrang
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Government, Infrastructure & Privatisation
vor potentiell wettbewerbsfördernden Effizienzgewinnen
eingeräumt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Erhaltung
des Wettbewerbsprozesses eine höhere Bedeutung beigemessen
wird als der Realisierung kurzfristiger, statischer
Effizienzgewinne, da der Wettbewerbsprozess langfristig die
Antriebskraft für wirtschaftliche Effizienz und Innovation ist. Ob
eine Ausschaltung für einen wesentlichen Teil des Wettbewerbs
vorliegt, ist abhängig von der Wettbewerbsintensität vor
Abschluss der Vereinbarung und den Auswirkungen der
Vereinbarung auf den Wettbewerb. Je geringer die
Wettbewerbsintensität auf dem betreffenden Markt vor der
Vereinbarung, desto geringer muss die Beschränkung ausfallen,
die bereits zu einer Ausschaltung des Wettbewerbs gemäß Artikel
81 (3) EGV führt.
um Rechtssicherheit zu erlangen und mögliche
Kartellverletzungen und Strafzahlungen zu vermeiden.
Autor
Dr. Wolfgang Nothhelfer, Dr. Gisela Kramer
PwC Economics
PricewaterhouseCoopers, Berlin/Frankfurt am Main
Bedeutung ökonomischer Analyse bei Legalausnahmen
Legalausnahmen nach Artikel 81 (3) EGV erfordern eine
einzelfallbezogene ökonomische Analyse und Abwägung der
wettbewerbsfördernden und –beschränkenden Auswirkungen
einer Vereinbarung. Grundsätzlich ist hierfür eine fundierte
Analyse der zu erwartenden Effizienzgewinne notwendig. Die
Forderung der angemessenen Beteiligung der Verbraucher an
den Effizienzgewinnen, d.h. die Weitergabe der Vorteile und die
Beantwortung der Frage, ob es für wesentliche Bereiche der
betreffenden Waren zu einer Ausschaltung des Wettbewerbs
kommt, erfordern eine erweiterte ökonomische Analyse der
Marktstruktur sowie des Wettbewerbsprozesses. Bei der
Weitergabe von Kostenvorteilen werden vor allem folgende
Faktoren berücksichtigt:
– Merkmale und Struktur des Marktes (bestehende
Wettbewerbsintensität),
– Art (variabel/fix) und Ausmaß der Effizienzgewinne,
– Preiselastizität der Nachfrage (Reaktion auf
Preisveränderungen) und Ausmaß der
Wettbewerbsbeschränkung (Abschwächung der
Wettbewerbsintensität).
Wesentlich für die Beurteilung, ob eine Vereinbarung den
Wettbewerb in Teilen ausschaltet, ist eine angemessene
Untersuchung aller auf dem betreffenden Markt vorhandenen
Wettbewerbsquellen, des Wettbewerbsdrucks sowie der
Auswirkungen der Vereinbarung auf den selbigen. Hierbei sind
auch der potentielle Wettbewerb und die Höhe der
Marktzutrittsschranken zu berücksichtigen.
Zum Schluss
Unternehmen sind verpflichtet selbständig zu prüfen, ob ihre
getroffenen oder geplanten Vereinbarungen kartellrechtlich
zulässig sind. Eine Vereinbarkeit gemäß Artikel 81 (3) EG-Vertrag
kann vorliegen, erfordert aber eine gründliche ökonomische
Analyse des Marktes sowie der Auswirkungen der Vereinbarung.
Unternehmen sollten diese Selbsteinschätzung unbedingt
vornehmen und sich hierbei ggf. professionell unterstützen lassen.
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pwc:crisis management | August 2008
Veranstaltungen
Kurz
notiert
GwBekErgG: Adressatenkreis
ausgeweitet
Wie in unserem Artikel dargelegt tritt das „Gesetz zur Ergänzung
der Bekämpfung der Geldwäsche und der
Terrorismusfinanzierung" nun in Kraft. Künftig muss bei
Bargeschäften von über 15.000 Euro grundsätzlich die Identität
des Kunden überprüft werden. Verdächtige Fälle müssen an die
Behörden gemeldet werden. Während bislang nur Banken und
Finanzdienstleister verpflichtet waren, entsprechende
Vorkehrungen gegen Geldwäsche zu treffen, sind künftig auch
Berufsgruppen wie Immobilienmakler und Steuerberater in der
Pflicht.
http://rsw.beck.de/
unternehmerischen Ideen schnell und unkompliziert in die Tat
umzusetzen. Es wird einen besseren Schutz der Gläubiger in
Fällen der Krise und der Insolvenz geben. Die Reform bietet
demnach mehr Flexibilisierung und Deregulierung sowie eine
bessere Chance der Bekämpfung der Missbrauchsgefahr.
http://www.bmj.de/
Verbesserte grenzüberschreitende
Zusammenarbeit in Strafsachen
Die Justizminister der EU-Staaten haben sich auf neue
Beschlüsse zur Arbeit von Eurojust, der Koordinationsstelle für
grenzüberschreitende Strafverfahren, geeinigt. Dabei geht es vor
allem um einen verbesserten Informationsaustausch und die
personelle Entsendung von Mitarbeitern durch alle EUMitgliedsstaaten.
Eurojust, mit Sitz in Den Haag, soll die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit der Behörden verbessern, laufende
Strafverfolgungsmaßnahmen fördern und in bestimmten Fällen
sogar Ermittlungen aufnehmen und gemeinsame
Ermittlungsteams einrichten. Insoweit hat Eurojust
ermittlungsbezogene Initiativ- und Vorschlagsrechte.
http://www.bmj.de/
Neues Rechtsdienstleistungsgesetz
Am 01. Juli 2008 trat das neue Rechtsdienstleistungsgesetz in
Kraft, das eine weitreichende Neuregelung der Rechtsberatung
vorsieht. Unentgeltliche Rechtsdienstleistungen sind danach
grundsätzlich erlaubt. Auch wird Rechtsberatung, die als
Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen
Tätigkeit erbracht wird, künftig zulässig sein.
http://www.bmj.de/
Eine gute Nachricht für Gründer – das
MoMiG kommt!
Der Deutsche Bundestag hat am 26. Juni 2008 das Gesetz zur
Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von
Missbräuchen (MoMiG) beschlossen, das im Oktober/November
in Kraft treten soll. Das neue GmbH-Recht gibt Gründern und
Investoren den nötigen rechtlichen Rahmen, um ihre
pwc:crisis management | August 2008
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Veranstaltungen
Veranstaltungen
Gesprächkreis
Wirtschaftskriminalität
Eine Diskussionsplattform, die durch hochkarätige Referenten und kleine Gesprächskreise
gekennzeichnet sein wird, um abseits des Tagesgeschäfts grundsätzliche Fragen mit hohem
praktischem Bezug zu erörtern.
Termin/Ort
22. August 2008 in Frankfurt am Main
Weitere Informationen
www.convent.de
E-Discovery
Elektronische Beweismittelbeschaffung in den USA und
Europa: Aktuelle Rechtslage und IT-Umsetzung
Termin/Ort
25.-27. August 2008 in Berlin
Weitere Informationen
www.iqpc.com
Unternehmensrisiko:
Straftaten
Fachtagung zu den Themenkreisen "Risiko - Prävention - Bekämpfung"
Termin/Ort
22.-23. September 2008 in Frankfurt am Main
Weitere Informationen
www.forum-institut.de
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Veranstaltungen
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Herausgeber
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60439 Frankfurt am Main
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Fax: +49 69 9585-3102
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Government, Infrastructure & Privatisation
Alfred Höhn
Tel.: +49 30 2636-1270
Fax: +49 30 2636-1221
[email protected]
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