Störungen der Entwicklung sozialer Kognition – AUTISMUS

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Störungen der Entwicklung sozialer Kognition – AUTISMUS
Störungen der Entwicklung
sozialer Kognition –
AUTISMUS
Seminar: Entwicklungspsychologie: Die Emotionale
Entwicklung in Kindheit und Jugend
Dozentin: Ruth von Brachel
Referenten: Angela Bieda, Irina Kaltwasser, Maren
Hulisz , Kathrin Schwetka
Gliederung
Hintergrundinformationen
Das ´theory of mind` - Defizit
weitere Auswirkungen des ´theory of mind`Defizits & understanding attention and goal
Studie 1: Autism and Symbolic Play
Studie 2: Picture-Sequencing
Kurzbeschreibung:
Christopher liebt Primzahlen, Puzzles und
Polizisten. Aber er hasst Gelb und Braun.
Damit er auch Fleisch und Gemüse, das
diese Farbtöne hat, essen kann, hat er immer
Lebensmittelfarbe dabei. Seit seine Mutter
vor zwei Jahren überraschend gestorben ist,
vertraut er nur noch einem Menschen auf
dieser Welt: seinem Vater, der ihn allein
erzieht. Die beiden verstehen sich auch gut,
bis Cristopher eines Nachts den Wellington,
den Pudel der Nachbarin, tot im Garten
findet. Der Junge mag Hunde sehr. Bei ihnen
weiß er, woran er ist. Er muss unbedingt den
Täter finden und nimmt die Ermittlungen auf.
Streng logisch, mit Deduktionen, wie einst
Sherlock Holmes. Er kann nicht ahnen, wie
sehr Wellingtons Tod mit seiner eigenen
Geschichte zusammenhängt.
Christopher Boone leidet an einer leichten
Form des Autismus und geht zur
Sonderschule. Von den komplizierten
menschlichen Gefühlen versteht er wenig,
aber in Mathe und Physik ist er geradezu
genial. Darum will er später auch Astronaut
werden. Oder Wissenschaftler ...
Merkmale von autistischen Kindern
Christopher
Boone:
Ordnung gibt ihm das
Gefühl von Sicherheit
Versteht bestimmtes
Handeln anderer Menschen
oft nicht
großes Allgemeinwissen
große Begabung & großes
Interesse für die
Mathematik und die Physik
Elly – als Baby:
Zu selbstständig und unabhängig für ein
Baby
Entwicklung erst ab dem 1. Lebensjahr
auffällig
begreift nicht, wie sie andere Menschen
auf ihre Wünsche aufmerksam machen
kann
- einerseits: geistige Retardierung
- andererseits: „fein aufeinander
abgestimmte und grazile Bewegungen“
& Hinweise auf versteckte Intelligenz
minimaler Wortschatz
benutzt andere Menschen nicht als
Gehilfen, sondern als Hilfsmittel
keine Als-ob-Spiele
Spiele von Zwangshandlungen
gekennzeichnet (Bausteine)
Konzentrierung nur auf Einzelheiten,
erkennt keine Zusammenhänge
Hintergrundinformationen –
Allgemeines über den Autismus
Autismus (vom griech. autós : „selbst“)
Erst vor 50 Jahren entdeckt und beschrieben
Als erstes dargestellt von Leo Kanner und Hans Asperger
seltene Störung: etwa 4 von 10.000 Kindern leiden unter Autismus
Mehr Jungen als Mädchen werden autistisch eingestuft ( 4:1 )
4 Hauptsymptome: 1) Abnormität in den Beziehungen autistischer Kinder zu
anderen Menschen
2) Beeinträchtigung der Sprachentwicklung/der
Kommunikation ohne Sprache
3) keine „Als-ob-Spiele“
4) Zwangshandlungen
Die Störung ist biologischen Ursprungs
Es gibt individuelle Unterschiede
Hintergrundinformationen –
Heilungschancen
autistische Kinder können es lernen mangelnde
Fähigkeiten auszugleichen
keine Heilung möglich, es gibt nur kompensierende
Maßnahmen
autistische Menschen werden nie wirklich
herausfinden, wie andere Menschen denken
Hintergrundinformationen –
Was ruft den Autismus hervor?
Autismus ist eine biologische Störung, ein Defizit in irgendeinem
angeborenen Mechanismus
Frage: handelt es sich dabei um ein emotionales oder um ein
kognitives Defizit?
Emotionales Defizit:
- autistische Kinder sind von Geburt an unfähig,
emotionale Kontakte mit ihren Mitmenschen
aufzunehmen
- sie besitzen kein Einfühlungsvermögen
- sie erleben keine emotionale Kommunikation
Wieso weisen autistische Kinder ein so spezifisches Muster
von Defiziten auf?
Kognitives Defizit:
Das ´theory of mind`- Defizit
Simon Baron- Cohen: From attention-goal
psychology to belief- desire
psychology: the development of a
theory of mind and its dysfunction
1.
2.
3.
4.
Portrait von Simon Baron- Cohen
Theorie of mind hypothesis of autism
Nicht- mentale soziale Erkenntnis im Autismus
Fazit
1. Simon Baron- Cohen
• Professor für Psychologie und Psychatrie an der
University of Cambridge und Direktor des dortigen
Autismus Forschungszentrums (ARC).
• Theorie zur Entstehung von Autismus
• Entwicklung des Autismusquotienten
2. Theorie of mind hypothesis of autism
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
Überzeugung, Glauben
Wunsch
Wissen
Vorstellung
Wahrnehmung
Emotion/ Gefühl
(belief)
(desire)
(knowledge)
(pretence)
(perception)
(emotion)
2.1 Überzeugungen verstehen
?
=> Autistische Kinder sind nicht in der Lage
anderen Menschen fehlerhafte Überzeugungen
zuzuschreiben
2.2 Wünsche verstehen
=> autistische Kinder können fast so gut wie
normale Kinder vorhersagen, wie jemand sich fühlt,
wenn er etwas bekommt, dass er gerne mag und
wie jemand sich fühlt, wenn er jenes nicht
bekommt.
=> autistische Kinder können einfache
Wunschmuster verstehen und zeigen in dieser
Hinsicht keine großen Beeinträchtigungen in ihrer
Theorie des Denkens.
2.3 Wissen verstehen
=> Wissen zu verstehen ist für autistische Kinder
einfacher als z. B. falsche Überzeugungen zu
verstehen, da Wissen nur die „wahren
Überzeugungen“ beinhaltet.
Aber: beide Bereiche des Denkens sind bei
autistischen Kindern beeinträchtigt im Vergleich zu
normal entwickelten Kindern.
2.4 Vorstellungen verstehen
=> autistische Kinder zeigen fast kein Verständnis
von Vorstellungen.
2.5 Wahrnehmung verstehen
=> Autistische Kinder zeigen keinerlei Defizite in der
Wahrnehmung. Ihre Beeinträchtigungen beziehen sich
also nur auf undurchsichtige Zustände des Denkens
Aber:
=> Autistische Kinder zeigen Defizite im „Wissen folgt auf
Sehen“- Prinzip, d.h. sie können das, was sie
wahrnehmen nicht richtig im Sinne der Theorie des
Denkens deuten.
2.6 Emotion, Gefühl
=> Autistische Kinder können situationsbedingte Gefühle
anderer gut vorhersagen und sie zeigen auch nur wenig
Schwächen darin, Gefühle vorherzusagen, die mit
Wünschen zusammenhängen.
aber: Autistische Kinder haben wiederum große
Schwierigkeiten Gefühle vorherzusagen, die auf
Überzeugungen anderer basieren
=> Autistische Kinder könne einfache Emotionen, wie
Freude und Ärger gut verstehen, aber sie haben große
Schwierigkeiten komplexe Emotionen, wie z.B.
Überraschung zu verstehen.
3. „Nicht- mentale“ soziale Erkenntnis im
Autismus
=> Autistische Kinder haben keine Defizite im Bereich
der Verständnis von der Permanenz einer Person
=> Autistische Kinder nehmen sich selbst als eigene Person
wahr, aber zeigen vermehrte Schüchtern- und Verlegenheit
bei Betrachtung/ Wahrnehmung ihrer selbst
=> Autistische Kinder können wichtige Merkmale
von Personen, wie z.B. Geschlecht, Alter und
Identität gut erkennen.
=> Autistische Kinder sind fähig einfache Beziehungen
von Personen im Hinblick auf ihr Alter und Geschlecht
zu verstehen.
=> Autistische Kinder
können gut zwischen
lebendigen und
gegenständlichen
Objekten unterscheiden.
4. Fazit
• Alle Studien zur nicht- mentalen sozialen Erkenntnis
zeigen, dass autistische Kinder kein generelles Defizit
hinsichtlich ihres Verständnisses der sozialen Welt
haben, sondern sie zeigen nur ausschließliche und
gravierende Defizite in der Entwicklung ihrer Theorie des
Denkens und somit im Verständnis von mentalen
Zuständen.
Die Auswirkungen des
´theory of mind´- Defizits
Drei wichtige Auswirkungen des
´theory of mind`- Defizits
1.) autistische Kinder sind nicht in der Lage, dem Gehirn
eine mentale Funktion zuzusprechen
2.) Ihnen fehlt die Fähigkeit zwischen mentalen und
physischen Wesen zu unterscheiden
3.) Sie haben Probleme bei der Unterscheidung
zwischen Realität und Erscheinung
„Deviance and Delay“
Ist die Entwicklung eines autistischen Kindes
abweichend und retardiert im Vergleich zu der
Entwicklung normaler Kinder?
verzögert: ja, die Entwicklung ist durch eine geistige
Retardierung gekennzeichnet.
abweichend: ja, da autistische Kinder eine andere
Gewichtung im Verständnis von mentalen
Zuständen aufweisen.
erste Abweichungen in der Entwicklung eines autistischen Kindes sind zu
erkennen, sobald es um das Verständnis von `pretence` und `imagination`
geht, also etwa ab dem mentalen Alter von 18 Monaten.
„Understanding attention
and goal“
„Understanding attention“
Behauptung: Das Verständnis dafür,dass Personen dem
Objekt ihrer Handlung Aufmerksamkeit schenken, ist ein
früher Wegbereiter für die Entwicklung der Denktheorie.
Mit Hilfe von „gaze-monitoring“ und Gesten wie
„protodeclarative pointing“ wurde bewiesen, dass bereits
9 Monate alte Kinder das Verständnis von der
Aufmerksamkeit einer anderen Person besitzen.
Autistische Kinder zeigen weniger „gaze - monitoring“ und
fast gar kein „protodeclarative pointing“
Sie sind nicht in der Lage, die Aufmerksamkeit einer
Person um ihrer selbst willen zu manipulieren.
„Understanding goals“
Gesunde Kinder verstehen, dass uns die
Blickrichtung einer Person nicht nur über das Ziel
ihrer Aufmerksamkeit, sondern auch über das
Ziel ihrer Handlung informiert.
Für autistische Kinder hat der Augenkontakt nicht die
gleiche, wichtige Funktion wie für normale und
geistig behinderte Kinder.
Grund: Unverständnis dafür, dass Personen
zielorientiert handeln.
Fazit
Bereits während der Entstehung dieser Konzepte werden
Abweichungen in der Entwicklung autistischer Kinder
sichtbar, also schon bevor man von der Entstehung der
Denktheorie sprechen kann.
Das Defizit im Erwerb dieser frühen Konzepte scheint mit
dem späteren `theory of mind`- Defizit zusammen zu
hängen .
Ohne den Erwerb dieser frühen Konzepte ist es also nicht
möglich zukünftige komplexere Konzepte zu verstehen.
Das Konzept von „attention and goal“ kann man als
eine „einfache Denktheorie“ verstehen.
Autism and symbolic play
Simon Baron-Cohen
Definition: Symbolisches Spiel
Ein Verhalten wird als symbolisches Spiel gewertet, wenn
1. die Person ein Objekt zweckentfremdet (z.B. „diese Banane ist ein
Telefon“) und/oder
2. die Person einem Objekt Eigenschaften zuschreibt, die es in
Wirklichkeit nicht hat (z.B. „diese Puppe hat ein schmutziges Gesicht“)
und/oder
3. die Person sich auf Objekte bezieht, die nicht wirklich vorhanden
sind (z.B. „diese [leere] Tasse ist voll mit Tee“).
Hypothese:
Autistische Kinder zeigen kein spontanes symbolisches Spiel.
Methode: Versuchsteilnehmer
• Jeweils 10 autistische Kinder, klinisch normale Kinder
und Kinder mit Down-Syndrom
• Überprüfen der Auswirkungen allgemeiner geistiger
Behinderung mithilfe der Down-Gruppe
• Anpassung des geistigen Alters (verbal und non-verbal)
von autistischen Kindern an Kinder mit Down-Syndrom
• Gleiche Verteilung der Geschlechter in der DownGruppe; in der autistischen Gruppe mehr Jungen als
Mädchen; „normale“ Gruppe daran angepasst
Methode: Versuchsaufbau
• Drei verschiedene Zusammenstellungen von Spielzeug,
die den Kindern nacheinander präsentiert wurden
• Jedes Kind wurde einzeln 15 Minuten lang gefilmt (je 5
Minuten mit den verschiedenen Spielzeug-Sets)
• Keine Beteiligung des Versuchsleiters am Spiel des
Kindes
• Große Auswahl an Spielsachen sollte das Auftreten von
symbolischem Spiel begünstigen
• Einordnung der beobachteten Verhaltensweisen in vier
Kategorien: sensorisch-motorisches, ordnendes,
realistisches und symbolisches Spiel
Beobachtungen
(Eindeutige) Zuordnung der Gruppenmitglieder in die
jeweiligen Kategorien (in Prozent)
Autistisch
DownSyndrom
Normal
Symbolisch Realistisch Sensorisch- Ordnend
motorisch
20*
80
100
40
80
90
80
20
90
* = signifikant
100
40
40
Hintergrundvariablen
• Signifikante Unterscheidung der autistischen pretenders
von autistischen non-pretenders durch ihr (verbales/nichtverbales) geistiges Alter (mental age)
• Signifikant höheres nicht-verbales MA bei den Downpretenders im Vergleich zu den non-pretenders; jedoch
keine Unterscheidung durch ihr verbales MA oder ihr CA
(chronological age)
• Keine signifikante Unterscheidung der autistischen nonpretenders von den Down-pretenders durch ihr
verbales/nicht-verbales MA oder ihr CA
Ergebnisse
• Autistische Kinder beteiligen sich deutlich seltener an
spontanem symbolischen Spiel als normale und nichtautistische behinderte Kinder
• Identische Hintergrundvariablen bei Down-pretenders und
autistischen non-pretenders weisen auf ein für den
Autismus spezifisches Defizit hin
• Symbolisches Spiel tritt bei nicht-autistischen behinderten
Kindern entsprechend ihrem MA auf (befinden sich
innerhalb der Spannweite von 12-24 Monaten)
Erklärungsansatz:
symbolic deficit theory
• Unterscheidung zwischen Zeichen und Symbolen als
Repräsentationen erster bzw. zweiter Ordnung
• Repräsentation der physikalischen Welt durch Zeichen
wird von autistischen Kindern verstanden und angewandt
• Probleme autistischer Kinder beim Entwickeln einer
theory of mind deuten auf eine Unfähigkeit hin, Symbole
zu verstehen und zu verwenden
• Fähigkeit zum realistischen, nicht aber zum symbolischen
Spiel kann durch die Unfähigkeit, Symbole zu verstehen,
erklärt werden
Studie 2
Mechanical, behavioural and Intentional unterstanding
of picture stories in autistic children
• Simon Baron-Cohen, Alan M. Leslie & Uta Frith
Theoretischer Hintergrund
• Autistische Kinder haben…
• …ein weitgehend normales Verständnis der
physikalischen Welt.
• …ein kognitives Defizit (theory-of-mind Defizit),
d.h. ein beeinträchtigtes Verständnis der sozialen Welt.
Methode
Versuchspersonen
CA
Non-verbal Verbal
MA
MA
Autistische Kinder (21)
12,4
9,6
5,7
Down-Syndrom Kinder (15)
10,5
5,9
2,9
Klinisch normale Kinder (27)
4,5
-
-
•Bedingungen
• Sequencing - Task
• Erzähl - Task
Ergebnisse
Sequencing
Korrekte Reihenfolge
Letztes Bild richtig
Alle anderen Möglichkeit
Pro Bedingung (à 3 Stories) =
2P
1P
0P
max. 6P
Ergebnisse
Bedingung
Mechanisch
Verhalten
Intentional
Angemessene
Beschreibung
Kausal
beschreibend „mental-state“
Autisten
0,78
0,95
0,22
Down-Syndrom
0,17
0,98
0,78
Klinisch Normal
0,39
0,76
0,81
•Einteilung nach der An-/bzw. Abwesenheit von „kausal“ oder
„Mental State“ Ausdrücken
•Fehlen diese Ausdrücke wird die Beschreibung als „Deskriptive“
bewertet
Zusammenfassung
•
In den Mechanical-und Behavioural-Stories war die Leistung der
autistischen Kinder mindestens so gut wie die der anderen Kinder.
Das Verständnis von Kausalen (physikalischen) Relationen und das
Verständnis für einfache Person-zu-Person Interaktionen scheint nicht
beeinträchtig.
•
In den Stories der Intentionalen Bedingung zeigten die autistischen
Kinder wesentlich schlechtere Leistung als alle anderen
•
Zudem verwendeten sie in ihren Erzählungen hauptsächlich
deskriptive Beschreibungen im Gegensatz zu allen anderen Kindern
die hauptsächlich „mental State“ Ausdrücke gebrauchten
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und
einen schönen Nikolaustag!