EDAB INFOS April 2008
Transcription
EDAB INFOS April 2008
April 2008 EDAB INFOS «SUCHT» > Einleitung ...2 > Philosophische Konzepte zur Lust ...3 > Kurzer geschichtlicher Überblick zu Drogen ...4 > Verlangen, Genuss und Sucht ...4 > Abhängigkeit und Sucht: Was lehrt uns die Forschung? ...6 > Gesundheitliche Risiken im Zusammenhang mit missbräuchlichem Drogenkonsum ...8 > Psychische Gefahren bei missbräuchlichem Drogenkonsum ...9 > Aktuelles ...10 > Weiteres ...11 Informationsblatt der Neurowissenschaften Zweite Ausgabe: Sucht Das Informationsblatt « EDAB – INFOS » ist entstanden mit dem Wunsch den Lehrern ein kleines Dossier für Hintergrundswissen und Ideen zum Thema der Neurowissenschaften zusammenzustellen. Die « European Dana Alliance for the Brain » (EDAB) hofft dabei Inspirationshilfen zu geben, um Debatten zum Thema Hirnforschung in Fachrichtungen, wie z.B. Biologie, Physik, Deutsch oder Geschichte, zu eröffnen. Die Informationen, die wir zu Verfügung stellen, haben wir aus zahlreichen Quellen zusammengetragen: eine Auswahl Artikeln aus Zeitschriften, Büchern und Internetseiten, sowie weitere zusätzliche Neuigkeiten zu Veröffentlichungen und aktuelle Veranstaltungen runden dieses Blatt ab. EDAB freut sich die zweite Ausgabe von « EDAB – INFOS », dessen Inhalt der Sucht gewidmet ist, zu publizieren. Wir hoffen damit das Interesse von zahlreichen Lehrern an die Hirnforschung zu wecken und/oder zu unterstützen. EDAB setzt sich ein, um dem Publikum die Informationen bezüglich der neuen Forschungsergebnisse rund um die Neurowissenschaften zum gesunden und kranken Gehirn zu vermitteln. Die European Dana Alliance for the Brain (EDAB) wurde 1997 gegründet. 183 hervorragende Neurowissenschaftler-Innen in 27 Ländern, davon 5 Nobelpreisträger haben eine Erklärung unterschrieben um Forschungsziele festzulegen, sei es über das gesunde Gehirn oder die Ursachen, die Diagnose oder das Vorbeugen von psychischen oder neurologischen Krankheiten. Sie sind unter anderem auch in der Öffentlichkeitsarbeit mit eingebunden. Herausgeber: European Dana Alliance for the Brain (EDAB) Département de Psychiatrie / CHUV Centre de Neurosciences Psychiatriques Site de Cery 1008 Prilly / Lausanne Fax : 021 643 69 50 e-mail : [email protected] Internet: www.edab.net Die internationale Woche des Gehirns ist die wichtigste Veranstaltung die von EDAB, in Zusammenarbeit mit nationalen neurowissenschaftlichen Gesellschaften organisiert wird. Jedes Jahr im März findet sie in über 65 Ländern weltweit statt. Über Konferenzen, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen, Tage der offenen Tür in Labors, Unterrichtseinheiten in Schulen die von Forschern gehalten werden, bekommt das Publikum eine grosse Bandbreite an Informationen im Bereich der Neurowissenschaft. Die von EDAB veröffentlichten Brochüren und Informationsmaterialien unterstützen die Öffentlichkeitsarbeit (http://edab.dana.org/welcome_de.cfm). 1 April 2008 Einleitung S ucht ist eine chronische psychische Störung, für die regelmässige Rück- Ref. www.waldinski.de/ Cannabis.html Ref. http://teens.drugabuse.gov/ mom/mom_mj1.asp fälle und dazwischen liegende Zeiten der Abstinenz typisch sind. Heute geht man davon aus, dass Drogen die normale Tätigkeit des Gehirns modifizieren und das zerebrale Belohnungssystem so verändern, dass Interesse und Motivation vollständig durch die Fixierung auf die Droge beherrscht werden. Beschaffung und Konsum steigern sich allmählich von einem unbezwingbaren Verlangen zu einem pathologischen und zwanghaften Bedürfnis – dies trotz der verheerenden Auswirkungen auf die Gesundheit und soziale Integration. Der Begriff Abhängigkeit hängt eng mit der Definition von Sucht zusammen und bezieht sich auf einen Zustand chronischer Vergiftung. Das ganze Spektrum einer Abhängigkeit wird durch den regelmässigen Konsum verdeckt und tritt erst dann offen in Erscheinung, wenn der Organismus die regelmässig konsumierte Substanz entbehrt. Das abrupte Absetzen des Konsums führt zu einem Entzugssyndrom oder krisenhaften Mangelzustand; dieser äussert sich in verschiedenartigen, mehr oder weniger schwer wiegenden Symptomen, die in den meisten Fällen die geistige Gesundheit (psychische Abhängigkeit), manchmal auch die Gesundheit des Organismus (körperliche Abhängigkeit) in Mitleidenschaft ziehen. Im Allgemeinen ist der Entzug auf einen Zeitabschnitt von einigen Tage beschränkt; es geht also um die Zeit, die der Organismus benötigt, um wieder ohne die zuvor eingenommene Substanz angemessen zu funktionieren. Ein Rückfall nach Wochen, Monaten oder gar Jahren der Abstinenz ist lediglich aufgrund der Abhängigkeit nicht erklärbar; diese stellt deshalb nur eine der Komponenten der Sucht dar. Überdies spricht man nicht nur dann von Abhängigkeit, wenn eine Substanz im Zentrum des Denkens steht. Es gibt auch Abhängigkeiten, die sich durch das Verhaltens äussern, bei denen eine bestimmte Tätigkeit zum Mittelpunkt des Interesses wird (die Person von der Welt isoliert) und die zwanghafte Ausführung dieser Tätigkeit so weit geht, dass sie schwere Konflikte hervorruft und für die betroffene Person sogar zur Gefahr wird. Dies gilt für Tätigkeiten wie exzessive sportliche Aktivität, Spielsucht, krankhafte Sexualität oder auch Computersucht. Heutzutage gilt Abhängigkeit als eigenständige Krankheit und nicht mehr als Laster. Die Fortschritte der Neurobiologie, der Bildgebung des Gehirns, der Genetik und der Neuropsychologie haben gezeigt, dass wir bezüglich Drogen keineswegs alle gleich geartet sind und dass Sucht eindeutig aus der Interaktion von genetischem Erbe und Umwelt, d.h. der persönlichen Erfahrung, resultiert. Die sehr hohe Rückfallsquote nach einer Zeit der Abstinenz und/oder Entgiftung belegt schmerzlich, dass das therapeutische Wissen und Können begrenzt ist. Daher müssen wir die genetischen und umweltbedingten Faktoren unbedingt identifizieren und die verantwortlichen Hirnstrukturen besser erfassen, um so neue Behandlungsweisen zu entwickeln, die dem Teufelskreis der Sucht Einhalt gebieten können. 2 April 2008 Weitere Info: www.suchtmittel.de/info/sucht/000208.php Philosophische Konzepte zur Lust B ei der Sucht geht es sich nicht um eine Störung des Lusterlebens son- Ref. http://thebrain.mcgill.ca/flash/i/ i_03/i_03_s/i_03_s_que/i_03_s_que.html dern um ein krankhaftes Bedürfnis. Allerdings gibt es ohne Streben nach Lust weder eine Motivation noch ein Verlangen. Anders gesagt: Antrieb jeglicher Motivation ist eben die Befriedigung eines Bedürfnisses oder eines Verlangens, was sich subjektiv als Lustempfindung äussert. Zahlreiche Philosophen haben sich mit den Begriffen Lust und Leiden befasst. Im Streben nach Lust und im Vermeiden von Leiden sahen Aristippos von Kyrene (um 435-366 v. Chr.) und Epikur (um 342-270 v. Chr.) grundlegende Werte, die dem Leben einen Sinn geben. Die Philosophie der Lust wurde dann im Mittelalter aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit zeitgenössischen religiösen Ansichten verworfen und trat erst ab dem 17. und 18. Jahrhundert bei Philosophen wie Locke, Hume und Diderot wieder in Erscheinung. Deren Ideen liessen einen neuen Ansatz entstehen, der das Streben nach Lust als nützlichen Wert definiert, der zum Wohlbefinden des Einzelnen und der Gesellschaft beiträgt. Weitere Info: www.enkler.com/Epikur.doc Zitate « Das höchste Glück besteht in der Abwesenheit jeglichen Schmerzes » « Mein Herz ist mit Freude gesättigt, wenn ich Brot und Wasser habe » Epikur 3 April 2008 Kurzer geschichtlicher Überblick zu Drogen D er Gebrauch psychotroper Substanzen, d.h. von Mitteln zur Beein- Richtig oder falsch ? Spuren bestimmter Drogen lassen sich in den Haaren nachweisen. (Antwort Seite 12) flussung der Stimmung oder des Denkens, findet sich in allen Kulturen und allen Epochen. Sei es zu therapeutischen Zwecken, bei religiösen Zeremonien oder Initiationsritualen, oder ganz einfach aufgrund der Tradition – der Konsum von psychotropen Substanzen wie Kokablättern, Haschisch oder alkoholischen Getränken begleitet die Menschheitsgeschichte und belegt in der Tat die Anfänge des Fachwissens in Alchemie und Botanik. Im 19. Jahrhundert machten es die Fortschritte der Chemie möglich, die in bestimmten Pflanzen enthaltenen Wirkstoffe (wie Kokain oder Morphium) zu extrahieren und neue Substanzen (wie das vom Morphium stammende Heroin oder die Amphetamine) synthetisch herzustellen; dies hat die Ausübung der Medizin radikal verändert. Zudem bewirkte die Erfindung der subkutanen Spritze eine Revolutionierung der Chirurgie auf den amerikanischen (Sezessionskrieg) und europäischen (Krieg von 1870) Schlachtfeldern. Doch schon bald erreichte das Elend der Soldaten auch die Zivilbevölkerung, und viele Patienten, die unter einer Verstümmelung oder Amputation litten, wurden mit hohen Dosen von Morphium und Heroin behandelt. Die medizinische Anwendung führte zu einer Spirale von missbräuchlichem Konsum mit meist dramatischen Konsequenzen. Auch Freud hatte die Verdienste des Kokains gepriesen, bevor ihm die Gefahr seines übermässigen Konsums bewusst wurde. Dasselbe galt für Amphetamine, den noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts einzigen Mitteln gegen die damals oft tödlichen Asthmaanfälle. Heute lässt sich eine psychotrope Substanz nur schwer allein deshalb verbieten, weil ihr Konsum süchtig machen kann. Alkohol und Tabak beispielsweise können eine bestimmte Art von Störung (exzessive Nikotinsucht und Alkoholismus) mit schweren – längerfristig möglicherweise auch zum Tod führenden – gesundheitlichen Komplikationen bewirken, ohne dass deswegen der Handel mit ihnen verboten wäre. Weitere Info: www.thema-drogen.net/Drogen/Allgemein/Allgemein.html Verlangen, Lust und Abhängigkeit Ref. www.amazon.de/Rausch-KulturGeschichte-Drogen-literarischen/dp/ images/3706518635 Wenn jegliche Motivation darauf beruht, ein Bedürfnis oder ein Ver- langen zu befriedigen, kann man davon ausgehen, dass das Gehirn die subjektive Manifestation der Lustempfindung zu antizipieren vermag. Man weiss, dass das Gehirn über Strukturen verfügt, um die Bedürfnisse des Organismus zu integrieren. So bewirken die Regulation von Hunger, Durst und Körpertemperatur, dass den lebenswichtigen Bedürfnissen des Organismus durch angemessene Verhaltensweisen Rechnung getragen wird. Mitte der 1950er Jahre wiesen Olds und Milner nach, dass Ratten eine beträchtliche Aktivität entfalteten, um bestimmte Teile ihres Gehirns elektrisch zu stimulieren. Dies wurde auch für Menschen bestätigt 4 April 2008 Ref. http://thebrain.mcgill.ca/flash/i/ i_03/i_03_cr/i_03_cr_que/i_03_cr_que. html Ref. http://www.drugabuse.gov/scienceofaddiction/brain.html und man entwickelte das Konzept eines neuronalen Netzwerks, das ein Belohnungssystem im Gehirn darstellt. Dieses soll der Verwirklichung eines vorgegebenen Ziels dienen. Vereinfacht ausgedrückt haben wir hier das neurobiologische Korrelat der Suche nach Befriedigung, d.h. des Willens, etwas Befriedigendes zu erlangen bzw. dadurch ein Wohlgefühl zu erlangen – ein Geisteszustand, der oft mit einem gewissen Hochgefühl, ja sogar einer Erregung einhergeht. Früher führte man die Belohnung im Gehirn und die Motivation auf einen neuralen Überträgerstoff, das Dopamin (DA) zurück. Dopamin ist nicht der einzige für die Regulation der Belohnung verantwortliche Neurotransmittor, aber sicher ein wichtiger Faktor. Viele Autoren haben die hohe Korrelation von Dopaminfreisetzung und motiviertem Verhalten (Suche nach Wasser, Nahrung, einem Sexualpartner) bestätigt. Heutzutage gilt Dopamin zwar nicht als Neurotransmittor der Lust, doch schreibt man ihm bezüglich der Stimulation von Sinneswahrnehmung, Emotion und Affekt eine einzigartige Funktion zu; diese Stimulation wird für das Wohlbefinden einer Person oder eines Tieres als relevant angesehen. So verstärkt die Belohnung das Interesse an allem, was Lust bringen kann und begünstigt das Erlernen des besten Weges, dies zu erreichen; sie formt das willentliche Verhalten und die Entscheidungsfindung, indem sie die Vorteile und Risiken einer Tat abwägt, so dass schliesslich Wohlbefinden und positive Emotionen überwiegen. Wenn beispielsweise eine Person etwas isst, interpretiert ihr Gehirn eine Menge interner und externer Signale; dabei berücksichtigt es natürlich den Appetit, aber auch den Kontext der Situation (z.B. das Restaurant, die Gäste, den Anlass des Essens), den Geschmack der Speise, den Preis... All dies wird vom Gehirn eingeordnet und gespeichert, um eine Erfahrung zu wiederholen oder auch nicht. Dasselbe gilt für den Säugling, der durch den Kontakt mit der Mutterbrust getröstet und gesättigt wird, und bringt ihn dazu, sich die Handlungen zu merken, die zur Anwesenheit der nährenden Mutter geführt haben. Das Gehirn vermag sich an viele Situation anzupassen und kann sich ungezählte Quellen der Lust und des Wohlbefindens merken (Nahrungsmittel, Getränke; berufliche, sportliche, spielerische Aktivitäten; Musik, Theater, Literatur; affektive, freundschaftliche, gefühlsbetonte oder sexuelle Beziehungen...). Problematisch wird es, wenn eine einzige Quelle der Lust die gedankliche Aufmerksamkeit exklusiv auf sich zieht. Wenn eine Person ihre Befriedigung zunehmend nur noch von einer einzigen Quelle abhängig macht (sei dies eine Aktivität oder eine Substanz) und sich völlig von der Aussenwelt zurückzieht, macht das Normale dem Krankhaften Platz und das Leben wird von der Sucht zerstört. Ausgangspunkt eines solchen Abrutschens ist in erster Linie eine übertriebene Reaktion des Belohnungssystems im Gehirn, das der entsprechenden Substanz oder Aktivität eine zu hohe Bedeutung zumisst. Im Falle von Drogen kommt es zu einem dramatischen Kurzschluss der für die Belohnung verantwortlichen Hirnstrukturen. Die bedächtige «Alchemie des Gehirns», die normalerweise eine Situation, eine Beziehung oder einen Genuss beurteilt und nicht mehr vergisst, wird bei der Überflutung des Gehirns durch eine abhängig machende Substanz durch eine dramatische und weit reichende Explosion erschüttert. Wie bei ei- 5 April 2008 nem Blitzschlag wird die Aufmerksamkeit immer mehr durch eine Sache in Beschlag genommen; alles, was an die Droge erinnern kann, wird im Gehirn festgeschrieben und beherrscht ständig das Denken von Drogenabhängigen. Weitere Info: www.medizin.uni-koeln.de/dekanat/dateien/KF/KF-Sucht-Allg. Mechanismen-Folien.pdf Ref. http://thebrain.mcgill.ca/flash/i/ i_03/i_03_cr/i_03_cr_par/i_03_cr_par. html www.wadsworth.com/psychology_d/templates/student_ resources/0155060678_rathus/ps/ps02.html www.bas-muenchen.de/fileadmin/user_upload/070402_BAS_ Skript_Neurobiologie_der_Sucht_Tretter.pdf Abhängigkeit und Sucht: Was lehrt uns die Forschung? Das Gehirn besteht unter anderem aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen Ref. http://www.nida.nih.gov/tib/ und jedes Neuron kann bis zu 10’000 Kontakte mit anderen Neuronen aufnehmen. Das Neuron hat die Aufgabe, empfangene Informationen einzuordnen und sie an andere Neuronen zu übermitteln. Das Neuron verfügt über eine besondere Morphologie: jede Zelle besteht aus einem zentralen Zellkörper mit der DNS und aus peripheren Fortsätzen, welche die vielen Verbindungen mit anderen Neuronen ermöglichen. Man spricht von dendritischen Verästelungen und einem neuronalen Netzwerk. Im Allgemeinen wird eine Information im Netzwerk auf zwei unterschiedliche Arten übertragen: elektrisch (im Inneren des Neurons) und chemisch (an der Kontaktstelle zwischen zwei Neuronen, der so genannten Synapse). Auf dieser Ebene setzt das präsynaptische Neuron seine Neurotransmitter frei und das postsynaptische Neuron nimmt diese mittels Rezeptoren auf der Zelloberfläche wahr. Psychotrope Substanzen stören entweder die Freisetzung des Neurotransmittors auf der präsynaptischen oder sein Andocken auf der postsynaptischen Seite; dadurch beeinträchtigen sie das Kommunikationssystem zwischen den Nervenzellen und das Denken. Nicht jede durch psychotrope Substanzen hervorgerufene Denkstörung birgt die Gefahr einer Suchtentwicklung in sich. Antidepressiva und Neuroleptika machen nicht abhängig, auch nicht alle Beruhigungsmittel oder Angst lösenden Medikamente. Eine Sucht entwickelt sich nur, wenn das zerebrale Belohnungssystem verändert wird; die Neuropharmakologie hat nachgewiesen, dass alle Substanzen, die zu einem missbräuchlichen Konsum führen können (Alkohol, Kokain, Crack, Amphetamin, Metamphetamin, Heroin, Morphium, Nikotin, Cannabis, halluzinogene Pilze, GHB, LSD, Ecstasy, inhalierte Lösungsmittel oder Klebstoffe, ja sogar Koffein), die Tätigkeit des zerebralen Belohnungssystem direkt oder indirekt beeinflussen. 6 April 2008 Ref. http://thebrain.mcgill.ca/flash/i/i_ 03/i_03_m/i_03_m_que/i_03_m_que. html Es gibt mehrere, einander ergänzende, sich manchmal auch widersprechende Theorien, zur Erklärung der mit einer krankhaften Sucht einhergehenden neurobiologischen Störungen. Gewisse wissenschaftliche Fachpersonen heben die Sensibilisierung für die Belohnung hervor; demnach wird das Bedürfnis nach der Droge durch einen pathologischen Mechanismus permanent im Gedächtnis verankert; dadurch sind die entsprechenden Hirnstrukturen auf alles gerichtet, was mit der Droge zusammenhängt, so dass jeder Konsum die Anziehungskraft der Droge verstärkt und eine übermässige Motivation für den nächsten Konsum bewirkt. Anderen Forschenden zufolge führt der regelmässig wiederholte Gebrauch der Droge zu einem Automatismus von Handlungen und Verhaltensweisen, wobei der präfrontale Kortex (Sitz der Selbstkontrolle) ausgeschaltet wird und diese konditionierte Gewohnheit nicht mehr verhindern kann. Man hat auch schon angenommen, die Belohnung habe die Tendenz, sich an die exzessiven Stimulationen anzupassen, die durch den Drogengebrauch hervorgerufen werden; sie entwickle Strategien der Gegenregulation, um sich den Wirkungen der Droge zu widersetzen. Gewisse Forschende sind der Ansicht, eben dieser Verlust an Schutzmechanismen führe zu den seelischen und körperlichen Leiden, von denen Drogenabhängige betroffen sind. Andere vermuten, das Belohnungssystem des Gehirns bestehe aus zwei Strukturen: eine sei für die kurzfristige Belohnung zuständig, die andere für längerfristige Belohnung. Drogen würden ausschliesslich die Tätigkeit des kurzfristigen Systems verstärken; dadurch lasse sich erklären, dass die langfristigen Folgen des übermässigen Drogenkonsum nicht ins Blickfeld geraten. Weitere Info: http://de.brainexplorer.org/neurological_control/ neurological_index.shtml www.drogen-und-du.de/ http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/SUCHT/ Kalivas PW and Volkov ND. The neural basis of addiction: a pathology of motivation and choice (2005) 162(8): 1403-13. 7 April 2008 Gesundheitliche Risiken im Zusammenhang mit missbräuchlichem Drogenkonsum Drogenkonsum ist keineswegs in jedem Fall eine lebensbedrohliche Ref. www.ipa-coesfeld.de/inhalte/ ratgeber/1BROSCHUEREN.HTM Ref. http://teens.drugabuse.gov/sarasquest/index.asp Angelegenheit. Die mit dem Konsum einhergehenden Gefahren sind nämlich nicht für alle Substanzen gleich gross. Die gesundheitlichen Risiken hängen sowohl von den pharmakologischen Eigenschaften der verschiedenen Drogen als auch von der Art des Konsums ab. Bei intravenös gespritzten Substanzen besteht aufgrund der hygienischen Umstände bei der Injektion ein Infektionsrisiko. Zusätzlich zur Gefahr einer Virusübertragung (HIV, Hepatitis) kommen die Risiken einer Blutvergiftung (bakterielle Infektion des Organismus), einer Polyneuritis (Reizung der peripheren Nerven) und einer Thrombose; die grösste Gefahr stellt der Stillstand von Atmung und Herztätigkeit durch eine Überdosis (Heroin) dar. Das Schnupfen von Kokain führt zu Komplikationen im Bereich der Nebenhöhlen, zu Läsionen des Nasenknorpels und sogar zu Blutungen; bei empfindlichen Personen oder bei übermässigem Konsum kann es eine Herzattacke auslösen. Ecstasy-Konsum stört die Regulierung der Körpertemperatur, geht mit der grossen Gefahr einer Dehydrierung einher und kann im Falle einer übermässigen Erhöhung der zerebralen Temperatur sogar zum Tod führen. Tabakrauch führt zu Herzkreislaufstörungen und steigert das Krebsrisiko (Lunge, Kehlkopf, Rachen, Haut); zusätzlich zu den mit dem eingeatmeten Rauch verbundenen Gefahren erhöht Cannabis die Anfälligkeit des Organismus für chronische Bronchitis Vereinzelter übermässiger Alkoholgenuss kann ein möglicherweise zum Tod führendes Ethyl-Koma hervorrufen (vor allem, wenn regurgitierte Nahrung die Atemwege blockiert und eine Atemnot bewirkt); chronischer übermässiger Konsum erhöht unter anderem das Risiko von Herzkreislaufstörungen, Leberzirrhose und Leberkrebs. Wird der Konsum nach regelmässigem exzessivem Gebrauch abgesetzt, kommt es aufgrund der körperlichen Abhängigkeit auch zu Entzugserscheinungen. Besonders ausgeprägt sind diese beim Entzug von Opiaten; dabei treten Übelkeit, sogar Erbrechen, Gelenk- und Muskelschmerzen, Durchfall und eine verstärkte Sekretion der Tränen-, Nasenund Speicheldrüsen auf, was eine bedeutende Dehydrierung bewirkt, sowie Schweissausbruch verbunden mit Gänsehaut und Fieber. Alkoholentzug beeinträchtigt die Tätigkeit des vegetativen Nervensystems, führt zu Zittern der Hand, zu Übelkeit bis hin zu Erbrechen und möglicherweise zu Krampfanfällen. Der Entzug von Kokain und Nikotin kann mit Appetitsteigerung, Gewichtszunahme und Herzrhythmusstörungen (Kokain) einhergehen. Weitere Info: http://www.emcdda.europa.eu/html.cfm/index41529DE.html http://www.ggiz-erfurt.de/vergiftungen/drogen.htm 8 April 2008 Psychische Gefahren bei missbräuchlichem Drogenkonsum Drogenkonsum hat nicht immer ernste Folgen für die psychische Ref. www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3037881208/mathiasbroeck-21 Gesundheit. Dennoch muss man festhalten, dass jeder übermässige Drogenkonsum, egal worum es sich dabei handelt, zu einer so genannten psychischen Abhängigkeit führt und somit die Stimmung und das Denken während des Drogeneinflusses beeinträchtigt. Heroinentzug führt zu starker Angst, einer Beeinträchtigung der Stimmung (Trauer, Depression) und zu Schlafstörungen (Insomnie). Alkoholentzug hat ausgeprägte Angstgefühle, Schlafstörungen, eine depressive Gestimmtheit und in besonders dramatischen Fällen Halluzinationen (Delirium tremens) zur Folge. Das Absetzen von Kokain kann mit ausgeprägter Müdigkeit, Schlafstörungen und Alpträumen bis hin zu Nachtangst (pavor nocturnus), Launenhaftigkeit und Depression, Angst, Reizbarkeit, Nervosität, Unrast und Konzentrationsstörungen verbunden sein. Das Absetzen von Zigaretten- und Cannabiskonsum kann zu Nervosität, Reizbarkeit, Launenhaftigkeit und Depression, sowie zu Schlaf- und Konzentrationsstörungen führen. Ausserdem stellt übermässiger chronischer Drogenkonsum tatsächlich eine potentielle Gefahr für die geistige Gesundheit dar, da sich die psychotropen Eigenschaften der Drogen gezielt auf das Denken auswirken. In diesem Bereich spielt die individuell unterschiedliche Anfälligkeit eine entscheidende Rolle. Die Frage, ob solche Veränderungen zuweilen irreversibel werden, ist in wissenschaftlichen und medizinischen Fachkreisen umstritten. Kokainmissbrauch führt klassischerweise zu einem paranoiden Zustand und ist manchmal mit typischen taktilen Psychosen verknüpft (die Empfindung, dass Insekten oder Parasiten unter der Haut kribbeln). Auch Cannabismissbrauch beeinträchtigt das rationale Denkvermögen (Verwirrungszustand), was manchmal mit Angstanfällen oder Verfolgungswahn und, in besonders dramatischen Fällen, mit psychotischen Schüben einhergehen kann. Dass Cannabiskonsum für Schizophrenie verantwortlich sei, hat sich allerdings nicht bestätigt. Einig ist man sich zurzeit, dass die Zuflucht zu einer Droge manchmal als Versuch einer Selbst-Medikation verstanden werden kann (Kokainmissbrauch bei Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörungen, Missbrauch von Tabak und Cannabis bei Schizophrenie). Heroinkonsum könnte Ausdruck eines traumatischen emotionalen Erlebnisses sein (Aggression oder Misshandlung im Verlauf der frühen Kindheit oder Jugend, Trennungstrauma, narzisstische Persönlichkeit,...). Wie auch immer, Drogenkonsum kann eine sich entwickelnde oder bereits vorhandene psychiatrische Störung nur verschlimmern; er bewirkt eine gravierende Störung, die eine konsequente psychiatrische Behandlung erfordert. Ref. www.147.ch/Risiken-vonLSD.3010.0.html 9 April 2008 Aktuelles Kokain: auf Messers Schneide Kokain ist eine psychotrope Substanz, die zunehmend von jungen Ref. www.prometa.ch/Default. aspx?id=28&langId=de Menschen (zwischen 18 und 35 Jahren) konsumiert wird. Diese Substanz beeinflusst das Belohnungssystem des Gehirns und wirkt ausgesprochen euphorisierend. Allerdings ist dieses Wohlbefinden mit besonders schwerwiegenden negativen Auswirkungen verknüpft. Zunächst ist Kokain eine stark abhängig machende Droge; sie führt also rasch zu einer Sucht. Ausserdem greifen die Eigenschaften dieser psychotropen Substanz ebenso sehr den Organismus wie die Psyche einer Person an. Laut «Schweizer Ärzte gegen Drogen» bewirkt Kokain eine Verengung der Blutgefässe, was erstens Blutgerinnsel (Infarktrisiko) und zweitens einen entscheidenden Sauerstoffmangel (Gefahr eines Herzstillstands) hervorrufen kann. Die psychischen Auswirkungen sind gleichermassen verheerend, denn es kommt zu Verwirrtheitszuständen (Halluzinationen, Vorfolgungswahn) und Depressionen, was in einzelnen Fällen zum Suizid führen kann. Weitere Info: www.sfa-ispa.ch/DocUpload/di_kokain.pdf www.aegd.ch/01deutsch/pdf_de/Fakten zu Kokain.pdf Ref. http://www.drugabuse.gov/researchreports/cocaine/Cocaine.html Zitate « Freude und Schmerz und ihre Ursachen, das Gute und das Böse, sind die Angeln, in denen sich unsere Leidenschaften drehen » John Locke 10 April 2008 Weiteres « Die Legende von Coca » Coca Ref. http://www.amazon. de/Coca-Kokain-ChristianR%C3%A4tsch/dp/3855027072 Wissen Sie, was Freudlosigkeit ist? Nun, diese Farbe hatten die Augen von Coca, einem wunderschönen Indianermädchen, das einst in einem Dorf in Collasuyo, im Süden des Inkareiches, lebte. Trotz vollendeter Gesichtszüge, einer pfirsichglatten Haut und wunderbaren schwarzen Haaren war Coca eingebildet und egoistisch. Jeden Abend begab sie sich auf einen kleinen Hügel, um sich dort mit zahlreichen Liebhabern zu treffen. Dabei machte sich Coca über die Männer und deren Liebe lustig: kaum dass sie sie verführt hatte, verstiess sie sie. Von einer Ecke des Reiches zur andern verbreitete sich das Gerücht: Coca pflanzt Unglück in die Herzen der Männer und ihre überwältigende Schönheit zerstört die Heimstätten. Dies dauerte so lange, bis eines Abends die Weisen den Inka-Herrscher aufsuchten und ihm sagten: „Wir haben die Sterne und die Eingeweide mehrerer weisser Lamas eingehend studiert: alles deutet darauf hin, dass Coca für das grosse Unglück verantwortlich ist, das unser Reich zugrunde richten wird. Das Wohl unseres Volkes erfordert Cocas Tod, doch muss man ihren Körper in vier Stücke teilen und diese in den Tempelgärten in den vier Ecken des Reiches begraben. Eine neue Pflanze wird hervor wachsen, die für die Angehörigen unsere Stammes stets eine Quelle der Aufmunterung sein wird.» So geschah es; man opferte Coca und die Stücke ihres Körpers wurden in den vier Ecken des Reiches begraben. Einige Zeit später sah man kräftige Stauden mit schönen, ovalen Blättern aus der Erde hervorbrechen und nannte sie in Erinnerung an das schöne Mädchen, das geopfert worden war, „Coca“. Quellenangabe: Ref. www.bist-du-staerkerals-alkohol.de/ http://tecfa.unige.ch/tecfa/teaching/UVLibre/0001/bin54/ mythes.htm#Coca 11 April 2008 Vorbeugung – Pädagogische Unterlagen Ungezählte Internetseiten und Broschüren befassen sich mit der Vorbeugung von Abhängigkeiten. Hier einige Quellen: Richtig oder falsch www.dr-mueck.de/HM_Sucht/HM_Sucht-Infos.htm ? Spuren bestimmter Drogen lassen sich in den Haaren nachweisen. www.bzga.de/?uid=a3675446e3c9d8f928656e1aa700754b&id=Seite48 www.bist-du-staerker-als-alkohol.de/ www.drugcom.de/ E ine deutschsprachige Broschüre über Cannabis der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA), Postfach 870, 1001 Lausanne kann von folgender Webadresse heruntergeladen werden: www.sfa-ispa.ch/DocUpload/di_cannabis.pdf Richtig! Quellenangabe: www.sfa-ispa.ch/index.php?IDt heme=71&IDarticle=1024&lang ue=D Spiele, Quiz und Tests www.onmeda.de/ratgeber/rauchen_alkohol_drogen/index. html www.suchtvorbeugung-dortmund.de/kifftest.htm www.drogen-und-du.de/cont_check/Index1.htm www.drugcom.de/ ?uid=a6453202c5a8937cd4b7d96c99abc31d&id=check 12 April 2008 Wenn Sie Fragen haben oder Hilfe brauchen Schweiz www.toxi.ch/ger/welcome.html Tox Telefon Schweiz 145 (D F I) Deutschland www.bzga.de Eine Fülle von Daten Europa Observatoire Européen des Drogues et des Toxicomanies, OEDT http://ar2006.emcdda.europa.eu/ge/home-ge.html Schweiz www.ispa.ch Ref. http://teens.drugabuse.gov/ mom/index.asp Grundlegende Quellen (Bücher) Reynaud M (2005) Addictions et psychiatrie. Congrès de psychiatrie et de neurologie de la langue française. Editeur: Masson (1ère édition). Lowinson JH, Ruiz P, Millman RB, Langrod JG (2005) Substance abuse : a comprehensive textbook. Editeur: Lippincott Williams Wilkins (4ème édition). 13 April 2008 Etwas Lektüre… NEU: jetzt auf Französisch, Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Japanisch... erhältlich: Die Individualität des Gehirns Neurobiologie und Psychoanalyse François Ansermet, Pierre Magistretti Verlag : Suhrkamp Inhalt: Lange Zeit galten Neurobiologie und Psychoanalyse als unvereinbar. Während die Neurowissenschaft versuchte, physiologischen Gesetzen auf die Spur zu kommen, und sich daher eher auf empirisch verifizierbare biologische Prozesse konzentrierte, untersuchte die Psychoanalyse psychische Prozesse und insbesondere den Einfluss von Wahrnehmungen, Ereignissen und frühkindlichen Einflüssen auf die Psyche. In jüngster Zeit hat jedoch ein überraschend fruchtbarer Dialog eingesetzt, der in der jeweils anderen Wissenschaft theoretische Modelle entdeckt, die auch der eigenen Forschung neue Impulse geben können. Im Zentrum dieses Dialogs steht dabei das Konzept der Plastizität des Gehirns, das in der heutigen neurobiologischen Forschung von zentraler Relevanz ist. Die neuronale Entwicklung ist, so zeigen die aktuellen Forschungen, keineswegs nach einigen Jahren abgeschlossen, sondern das Gehirn erweist sich als ein erstaunlich veränderbares Organ, das jederzeit offen für neue Eindrücke und Erfahrungen ist. Der Psychoanalytiker François Ansermet und der Neurowissenschaftler Pierre Magistretti zeigen in konziser und zugleich anschaulicher Form die aktuelle Forschungslage auf und öffnen die theoretischen Räume, die für die Begegnung dieser für das moderne Selbstverständnis grundlegenden Disziplinen erforderlich sind. Sie verbinden damit zugleich wieder die Stränge, die in der Frühzeit der Psychoanalyse, wie der Weg Sigmund Freuds zeigt, noch miteinander verbunden waren. ISBN 978-3-518-58441-5, 09-2005, 128x202, 282 Seiten Wir danken Benjamin Boutrel für seine Mitarbeit: Dr Benjamin Boutrel, PD MER Centre de Neurosciences Psychiatriques (CNP) & Service Universitaire de Psychiatrie de l’Enfant et de l’Adolescent (SUPEA) Site de Cery CH -1008 Prilly-Lausanne Tel. ++41 (0)21 643 69 47 Fax : ++41 (0)21 643 69 50 E-mail : [email protected] Die European Dana Alliance for the Brain übernimmt keine Verantwortung für die zitierten Webseiten und ist nicht in der Lage Dokumente zu liefern die nicht von ihr publiziert worden sind. 14