DIVERSITY Ausbilder Handbuch - Fokus

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DIVERSITY Ausbilder Handbuch - Fokus
MODULAR TRAINING SYSTEM FOR HANDICAPPED IN
PROVIDING ATTENDANT SUPPORT
Leonardo da Vinci Pilot Projekt
DIVERSITY
Ausbilder Handbuch
ZIEL
Das Modul soll die TeilnehmerInnen befähigen, das Konzept Diversity zu
verstehen. Die TeilnehmerInnen sollen lernen, von ihrer eigenen
Betroffenheit zu abstrahieren, aber dennoch auf der Grundlage ihrer
eigenen Erfahrungen und der Auseinandersetzung damit, Menschen mit
unterschiedlichen Lebensentwürfen und Lebensbedingungen zu beraten
und sie zu befähigen, ihre eigenen Lösungswege zu entwickeln.
Der Lohn für die
Anpassung ist, dass jeder dich
mag, außer du selbst.“ - Rita
M a e
B r o w n ,
Romanschriftstellerin
DIVERSITY
Inhalt
Voraussetzungen................................................................................................ 4
Übergeordnetes Ziel ........................................................................................... 4
Ziele.................................................................................................................... 4
I. Das Konzept Diversity ................................................................................. 5
Instruktionen für die Trainer: ........................................................................... 5
Zugrundeliegende Regeln: .............................................................................. 6
Übung: „Diversity awareness“ – sich der Unterschiede bewusst werden ........ 7
Filme: .............................................................................................................. 8
Zur Erinnerung ................................................................................................ 9
Impulsreferat: .................................................................................................. 9
Menschenbild und Annahmen:...................................................................... 13
Test ............................................................................................................... 14
II. Diversity Training....................................................................................... 15
Eingangsatemübung: .................................................................................... 15
Übungen zur Körpersprache ......................................................................... 16
Zwei Simulationsspiele: mit Unterschieden klarkommen............................... 16
A. Handianer und Deutsche:...................................................................... 16
B. Autobahnbau – Resilianer und Katonaner............................................. 25
Input: Gesprächstechniken:........................................................................... 29
Sich der eigenen Erfahrungen bewusst werden (z.B. von Behinderung) ...... 31
III.
Diversity Management ........................................................................... 33
Impulsreferat ................................................................................................. 33
Diversity Management Training..................................................................... 36
Zur Erinnerung .............................................................................................. 38
Gruppenarbeit: .............................................................................................. 39
IV.
Beispiele von Gleichstellungsgesetzen .................................................. 39
Impulsreferat: ................................................................................................ 39
Zur Erinnerung .............................................................................................. 40
Beispiele internationaler Gesetze.................................................................. 41
Artikel 13 Amsterdamer Vertrag .................................................................... 41
Gender Mainstreaming.................................................................................. 42
Zur Erinnerung .............................................................................................. 44
Test ............................................................................................................... 45
V. Konzepte von Empowerment..................................................................... 45
Impulsreferat: ................................................................................................ 46
Gruppenarbeit: .............................................................................................. 48
Zur Erinnerung: ............................................................................................. 50
Psychiatrische Intervention in der Gemeinde ................................................ 51
2
Zur Erinnerung .............................................................................................. 52
Test ............................................................................................................... 53
Bibliographie .................................................................................................. 54
Weiterführende Literatur ............................................................................. 54
Links ................................................................................................................ 56
3
Voraussetzungen
Die
TeilnehmerInnen
sollten
Vorkenntnisse
in
Beratungsarbeit,
Gesprächsführung, Beziehungsarbeit und Grundlagen in Recht besitzen.
Übergeordnetes Ziel
Das Modul soll die TeilnehmerInnen befähigen, das Konzept Diversity zu
verstehen. Die TeilnehmerInnen sollen lernen, von ihrer eigenen Betroffenheit
zu abstrahieren, aber dennoch auf der Grundlage ihrer eigenen Erfahrungen
und der Auseinandersetzung damit, Menschen mit unterschiedlichen
Lebensentwürfen und Lebensbedingungen zu beraten und sie zu befähigen,
ihre eigenen Lösungswege zu entwickeln.
Ziele
Nach einer erfolgreichen Teilnahme an diesem Modul sollen die
TeilnehmerInnen
1. die unterschiedlichen Dimensionen des Konzeptes Diversity kennen.
2. etwas über die ethischen Prinzipien und Annahmen des Konzeptes
wissen.
3. sich mit ihrer eigenen Lebensgeschichte und ihren eigenen Erfahrungen
auseinandergesetzt haben und von ihren eigenen Erfahrungen
abstrahieren können.
4. sensibilisiert sein für die vielfältigsten Unterschiede bei Menschen.
5. Gesprächsführungstechniken kennen gelernt haben, in denen sie
vielfältige Lebensentwürfe wahrnehmen und damit arbeiten können und
befähigt werden, das Gegenüber bei eigenen Lösungswegen zu
unterstützen.
6. Diversity Trainingsmethoden kennen.
7. wissen, was unter Diversity Management zu verstehen ist.
8. Grundlagen über Antidiskriminierungsgesetze und relevante rechtliche
Bestimmungen besitzen.
9. das Konzept Empowerment kennen gelernt haben.
4
I.
Das Konzept Diversity
Das Konzept Diversity
Praxis:
- grundlegende Kommunikationsregeln
- Übungen: „Wahrnehmung von Diversity“
- Filmbeispiele
- Arbeitsgruppen: Diskussion des Menschenbildes
Theorie:
- Diversity
- Menschenbild und damit verbundene Annahmen
Anforderungen an Ausstattung:
mehrere Räume
Beamer, Laptop
evtl. Overhead-Projektor
DVD Spieler
Flipchart
Metaplan, verschieden farbige Karten
verschieden farbige Stifte, Zeitschriften, Scheren, Kleber
285 Minuten (4
Stunden, 45
Minuten)
gesamt
240 Minuten
30 Minuten
90 Minuten
90 Minuten
30 Minuten
45 Minuten
25 Minuten
20 Minuten
Anleitungen für die Ausbilder:
Es ist ratsam, dass dieses Modul von einem Team von Trainern (oder
mindestens zwei Trainern) angeboten wird, die unterschiedliche Fähigkeiten
und Hintergründe besitzen (unterschiedliches Geschlecht, Alter, Kultur,
Behinderung...).
Sich mit dem Konzept Diversity zu beschäftigen, heißt nicht nur, sich inhaltlich
mit den Unterschieden zwischen Menschen zu beschäftigen, sondern auch,
dass den TeilnehmerInnen unterschiedliche Zugangsweisen ermöglicht werden
sollten und zwar sowohl durch Methodenvielfalt als auch durch die Arbeit mit
Unterschieden der TeilnehmerInnen und der Ausbilder. Dies basiert auf der
Annahme, dass TeilnehmerInnen und Ausbilder sich in ihren Lernstilen,
Bedürfnissen, Stärken und Fähigkeiten unterscheiden und dass Lernmethoden
dafür geeignet sein sollten, diesen Unterschieden gerecht zu werden.
5
Grundsätzliche Überlegungen:
•
TeilnehmerInnen sollten die Möglichkeit haben, in kleinen Gruppen oder
zu zweit zu arbeiten.
• Die TeilnehmerInnen sollten unterschiedliche Möglichkeiten zum
Schreiben nutzen können: Stift und Papier, Computer, Internet, Buntund Filzstifte etc. Es sollte erlaubt sein, auch Bilder zu malen oder
Photos aus Zeitschriften zu benutzen statt nur geschriebener Worte.
•
Die TeilnehmerInnen können dafür Anregungen bekommen (z.B. durch
Merkblätter zur Benutzung möglicher Materialien).
•
Es ist hilfreich, TeilnehmerInnen erzählen zu lassen, anstatt dass
Gedanken aufgeschrieben werden.
•
Die TeilnehmerInnen sollten genug Zeit haben.
•
Die
TeilnehmerInnen
sollen
ihre
eigenen
Standards
und
Beurteilungskriterien erarbeiten dürfen.
•
Weiterführende Aufgaben oder Hausaufgaben wie zum Beispiel
Internetrecherche, Interviews und das Recherchieren von Literatur,
Filmmaterial und Fachbüchern sollen den TeilnehmerInnen gründlich
erklärt werden.
•
Die TeilnehmerInnen sollten sich bei jeder Aufgabe entscheiden können
wie sie arbeiten wollen, z.B. ob alleine oder mit einem Partner, ob am
Schreibtisch oder auf den Boden sitzend, ob sie einen Text lesen oder
ihn hören.
•
Biete die TeilnehmerInnen unterschiedliche Zugänge zu den Inhalten der
Texte – sie können Texte zusammenfassen, szenisch darstellen oder
einander interviewen, um andere Sichtweisen und Interpretationen zu
erfahren.
Das Modul beginnt damit, grundlegende Kommunikationsregeln der
Ausbildungsgruppe zu diskutieren und zu verabreden:
Die Gruppe kann diese Regeln diskutieren und ergänzen. Die Regeln können
auf farbigen Karten sichtbar fixiert werden (Wandzeitung, Metaplan o.ä.).
Zugrundeliegende Regeln:
Bitte keine Urteile fällen und Richtig-Falsch-Aussagen vermeiden.
6
Benutze die Ich-Form, um deine eigene Sichtweise zu gewinnen.
Bleibe bei deinen Gefühlen, keine detailreichen Tatsachengeschichten.
Höre gut zu. Stimme nicht zu oder widerspreche nicht, bevor dein Gegenüber
den Satz beendet hat.
Das was in der Gruppe ausgesprochen wird, bleibt in der Gruppe.
Veröffentliche Deine Bewertungen, Vermutungen und (Vor)Urteile, damit sie
für dich und andere sichtbar werden.
Verlangsame das Tempo; innovative und kreative Kommunikation ist
langsam.
Übung: „Diversity awareness“ – sich der Unterschiede bewusst werden
1. Es werden Gruppen von drei oder vier TeilnehmerInnen gebildet. Jede
Teilnehmerin1 schreibt ihre Überlegungen und Erwartungen über eine andere
Teilnehmerin auf ein Blatt Papier. Was glaubst du von deinem Gegenüber: wie
ist ihr Name, ihr Alter, ihre Nationalität, ihre Konfession, ihr familiärer
Hintergrund, ihre berufliche Ausbildung, was arbeitet sie?
Dann stellt jede Teilnehmerin ihr Gegenüber vor. „Darf ich euch Petra
vorstellen? Sie ist 54 Jahre alt und kommt aus Pakistan. Sie lebt...“
Anschließend stellt „Petra“ sich mit ihrem echten Namen, Alter usw. vor.
Auswertung:
Mit dieser Übung können eigene Vorurteile und Bewertungen entlarvt werden.
Es wird sichtbar, dass Realität nicht „objektiv“ ist, sondern eine Konstruktion.
Wir benutzen Klischees, um Menschen einzuordnen. Je weiter weg sich jemand
von uns befindet, desto mehr Klischees benutzen wir. Es ist wichtig, sich
dessen bewusst zu sein, bewusst zu sein, dass unser Denken permanent
unsere Realität produziert.
2. Die TeilnehmerInnen bekommen die Aufgabe, sich im Raum aufzustellen
nach bestimmten Kriterien wie:
Alter (bildet eine Linie durch den Raum, am einen Ende die Jüngste,
am anderen Ende der Älteste)
Geschlecht
7
Ethnizität/Nationalität
religiösem Glauben
sexueller Orientierung
Behinderung
oder/und Kriterien wie Größe, Augenfarbe, Geburtsort....
Welche weiteren Unterscheidungsmöglichkeiten fallen den TeilnehmerInnen ein
(Sportlichkeit, Bildungsabschluss, geschiedene Eltern etc.)?
Welche Bilder ergeben sich? Wie einheitlich/uneinheitlich sind die
Zuordnungen? Welche Gruppen sind groß, welche klein? Gibt es immer
eindeutige Zuordnungen? Bitte Fotos machen und die unterschiedlichen
Gruppen fotografisch festhalten.
Was war überraschend, was nicht?
Was glauben die TeilnehmerInnen was gesellschaftlich relevant ist?
Ist die Frage beispielsweise nach sexueller Orientierung für einzelne
TeilnehmerInnen unangenehm?
Arbeitet mit Werbungsanzeigen aus Zeitschriften und diskutiert folgende
Fragen: Welche Kriterien stellen bestimmte Zugangsfilter dar z.B. bei
Stellenbeschreibungen, die implizit oder explizit bestimmte Gruppen
bevorzugen?
Die
TeilnehmerInnen
bitte
immer
wieder
an
die
verabredeten
Kommunikationsregeln erinnern.
Filme:
Zur Einführung können mehrere Filmausschnitte gezeigt werden, die
unterschiedliche Lebensentwürfe zeigen.
Zum Beispiel:
Ein Dokumentarfilm über zwei Lesben, die einen Schrotthandel haben
und die unheimlich glücklich darüber sind, schwere Sachen zu tragen.
Dieses Paar ist absolut wunderbar, um viele Vorurteile zu entlarven.
Den Film “Beautiful Mind”.
Eine Dokumentation über Steven Hawking.
Den Film “Kick it like Beckham”.
1
Hier wird der Einfachheit halber nur eine Form gewählt und zwar die weibliche. Mitgemeint
8
Den Film “Camille Claudel”.
Den Film “Benny and Joon”.
Die unterschiedliche Eindrücke sollen im Anschluss diskutiert werden
orientiert an den Fragen oben.
Sammelt die Ergebnisse dieser Fragen und der Diskussion der Filme. Schreibt
die Konsequenzen und Resultate auf den Flipchart oder den Metaplan.
Zur Erinnerung
•
Menschen können nach verschiedenen Kriterien
unterschieden werden.
•
Es gibt sichtbare/offensichtliche und nicht sichtbare
Unterschiede.
•
Es gibt Unterschiede die man nicht erwartet.
•
Wir haben alle Vorurteile und Vorannahmen über Menschen, denen wir
zum ersten Mal begegnen.
•
Wir benutzen Klischees um Menschen zu klassifizieren.
•
Die Realität ist nicht objektiv, sie ist eine Konstruktion.
•
Die Übungen schaffen ein Bewußtsein für Diversity.
Impulsreferat:
Deine Präsentation sollte spannend sein und verschiedene Medien verwenden,
z.B. Flipchart, PowerPoint, Fotos. Nach einer kurzen Pause sollten den
TeilnehmerInnen die Gelegenheit gegeben werden, Fragen zu stellen.
Anschließend folgt Gruppenarbeit. Stelle sicher, dass die TeilnehmerInnen
deine Präsentation verstanden haben.
Das Thema Diversity ermöglicht im wahrsten Sinne des Wortes
vielfältige Zugänge und unterschiedliche Sichtweisen. Diversity
meint die Unterschiedlichkeit, die aus der Vielfalt von Menschen
entsteht, die alle einzigartig sind. Außerdem beschreibt es eine
Denkhaltung, die durch ein erhöhtes Bewusstsein für die vielfältigen
sind selbstverständlich auch männliche Teilnehmer.
9
Unterschiede und ihren Einfluß auf unser Miteinander gekennzeichnet ist. Dabei
spielen Werte und Einstellungen gegenüber Differenz und der Umgang mit
„anderen“ eine Rolle, also wie tolerant, respektvoll und wertschätzend
Menschen mit den Unterschieden anderer umgehen und inwiefern sie diese
einbeziehen.
Diversity in diesem Sinne thematisiert Individualität nicht als das Trennende,
sondern sieht Unterschiedlichkeit als etwas Verbindendes. Dazu muss Vielfalt
allerdings zunächst erkannt werden, bevor sie anerkannt und als Chance
genutzt werden kann. Das bedeutet, dass Einstellungen und Gefühle bewusst
werden müssen. Ein besonderes Anliegen besteht darin, verbreitete Stereotype
und die damit vielfach verbundenen Vorurteile, die häufig zu Diskriminierungen
führen, abzubauen, damit durch eine Geisteshaltung von Offenheit die
Voraussetzung für Teilhabe und Partizipation geschaffen wird. Dieser Ansatz
von Wertschätzung von Unterschiedlichkeit stellt somit Fragen an menschliche
Grundhaltungen: „Welche fundamentale Einstellung habe ich zu
Unterschiedlichkeit? Wie gehe ich auf Menschen zu, die „anders“ sind? Wie
offen bin ich für andere Sichtweisen und für Anregungen anderer?“ und wie
kann darüber hinaus ein respekt- und verständnisvoller Umgang gegenüber
dieser an/erkannten Vielfalt gewährleistet und etabliert werden. Er geht somit
über reine „Toleranz“ hinaus, vielmehr müssen bestehende Denk- und
Verhaltensweisen bewusst gemacht, überdacht und gegebenenfalls geändert
werden.
Diversity unterstützt das Grundverständnis für Chancengleichheit. Das Ziel ist
nicht die Gleichbehandlung, sondern die Berücksichtigung von Unterschieden,
um gleiche faire Ausgangsbedingungen herzustellen. Dabei soll jegliche Art von
Bevorzugung abgebaut werden (positive Diskriminierung).
Seit der erstmaligen Erwähnung vor ungefähr 15 Jahren (siehe auch III.
„Diversity Management“), hat sich der Rahmen für Diversity von den
ursprünglichen Kerndimensionen „Geschlecht“ und „Ethnizität“ erheblich
erweitert und umfasst im Prinzip sämtliche denkbaren Unterschiede zwischen
Menschen. Allerdings gibt es sechs sogenannte „Kerndimensionen von
Diversity“:
10
1.
Gender (soziales/biologisches Geschlecht): Frauen, Männer,
Transgender-Personen
2.
Ethnizität / Rasse / kulturelle Herkunft
3.
Alter: Menschen aller Generationen – von jung bis alt
4.
Behinderungen: Menschen mit oder ohne physische, psychische oder
geistige Behinderung
5.
Religion, Glaube
6.
sexuelle Orientierung: heterosexuell, homosexuell, bisexuell,
asexuell.
Diese Kategorien stellen biologische und soziale Faktoren dar, die Menschen
von Natur aus gegeben sind, ihre Lebenswelten erheblich prägen und/oder
praktisch nicht veränderbar sind (besonders 2., 3. und 4.). Diese Faktoren
werden ebenso im Artikel 13 des EU-Vertrages (Amsterdamer Vertrag), in der
entworfenen
europäischen
Menschenrechtscharta
sowie
in
den
Antidiskriminierungsrichtlinien der EU genannt als besonders schützenswerte
Dimensionen (siehe IV. Beispiele von Gleichstellungsgesetzen). Sie stehen
nicht separat nebeneinander, sondern greifen ineinander und überlagern sich.
Weiterhin verändern viele Dimensionen ihre Bedeutung im Kontext anderer
Dimensionen, z.B. Alter oder sexuelle Orientierung in verschiedenen Kulturen.
Darüber hinaus können weitere Dimensionen differenziert werden,
beispielsweise:
•
persönliche Situation (Familienstand, persönliche Wahrnehmung,
soziale Umgebung und sozio-ökonomischer Hintergrund, persönliche
Erfahrungen und Hintergründe, Denkart, Lebensziele, Mobilität),
•
Bildung und Ausbildung
•
Arbeitsplatz
(Arbeitsbedingungen,
Vergütungsmodelle,
Berufsmodelle, Unternehmensphilosophie, Arbeitsorganisation,
Arbeitszeiten, Arbeitsgebiet, Standort, Lerntyp, Berufsziele,
Teamverhalten, soziale und/oder methodologische Kompetenzen,
Denk- und Arbeitsstil, Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit,
Hierarchie)
•
physische Charakteristiken
11
•
Besonderheiten der nationalen Herkunft (ausgehend von der
jeweiligen Geschichte und Kultur z.B. Irland: Religion; Belgien und
Schweiz: Sprache; Ungarn: Roma und Sinti)
•
gesellschaftliche Bedingungen (demografischer Wandel, veränderte
Beziehungen zwischen Menschen, individueller Wertewandel,
allgemeine Differenzierung und Individualisierung, rechtliche
Entwicklungen)
Ein weiteres Unterscheidungskriterium besteht in der (zumindest scheinbaren)
Sichtbarkeit (wie Ethnie, Geschlecht und Alter) bzw. der subtileren
Wahrnehmbarkeit (wie Nationalität) und den kaum sichtbaren Unterschieden
(wie Persönlichkeit, kulturelle Werte, sexuelle Orientierung, Bildung etc.).
Diversity im Sinne von Vielfalt thematisiert also verschiedene Faktoren von
Unterschiedlichkeit. Noch einmal: ein besonderes Risiko ist dabei der Wunsch
nach einer Reduzierung von Komplexität: wenn nur einige wenige
Unterscheidungsfaktoren bei gleichzeitiger Betonung von Unterschiedlichkeit im
Sinne von trennendem Anderssein ausgewählt werden, entstehen klassische
Feindbilder zwischen denjenigen, die der Norm entsprechen, also „normal“ sind
und denen, die sich unterscheiden. Beachtung finden dann beispielsweise im
Diversity Management bei bestimmten Unternehmen nur einzelne
Kerndimensionen wie Geschlecht, Kultur, eventuell noch Alter und
Behinderung; sexuelle Orientierung oder Religion dagegen werden u.U. nicht
berücksichtigt.
Zur Erinnerung
•
‘Diversity’ bedeutet eine erhöhte Aufmerksamkeit für die
Unterschiedlichkeit des menschlichen Lebens.
•
Dies beinhaltet die Wahrnehmung von Einstellungen und
Gefühlen: wie gestalten sich Beziehungen zu Menschen,
die irgendwie „anders“ sind?
•
Ein Ziel ist der Abbau von weitverbreiteten Stereotypen und Vorurteilen
sowie der Förderung eines respektvollen und verständnisvollen
12
Umgangs mit Differenz. Das Ziel davon ist, eine gleiche und faire
Ausgangsposition für alle zu sichern und nicht alle gleich zu behandeln.
•
Diversity hat sechs Kerndimensionen: Gender, Ethnizität, Alter,
Behinderung, Religion und sexuelle Orientierung.
•
Es können weitere Dimensionen beschrieben werden: persönliche
Situation, Bildung, Arbeit, physiologische Eigenschaften und
gesellschaftliche Bedingungen.
Menschenbild und Annahmen:
Dies ist der Versuch, Annahmen und das damit verbundene Menschenbild zu
skizzieren, wobei diese Aufzählung nicht als vollständige und abgeschlossene
zu betrachten ist. Es geht davon aus, dass
jeder Mensch einzigartig ist und jeder unterschiedliche Bedürfnisse hat.
Menschen sich frei entfalten und selbst verwirklichen wollen und sollen.
Menschen ihr volles Potential entwickeln sollen.
keine Person von der Gemeinschaft ausgeschlossen und diskriminiert werden
soll.
man sich respektvoll gegenüber allen anderen Menschen zu verhalten hat.
dies die Lebensqualität steigert, indem für Einzelne wichtige Belange
unterstützt werden, wie z.B.: Fähigkeiten, Interessen und Möglichkeiten.
jeder Mensch selbstkritisch die eigenen Reaktionen und die des Gegenübers
überprüfen soll.
jeder Mensch die Fähigkeit zur Empathie besitzt.
die eigenen Erfahrungen genutzt werden können, um aufgrund dieser
Kenntnisse einen guten/besseren Zugang zu den Erfahrungen des Gegenübers
zu erhalten.
Geduld für langsame Veränderung und schwierige Situationen notwendig ist.
es jeden Menschen betrifft, der sich mit seiner Meinung, Überzeugung und
Erwartung gegenüber anderen auseinander setzt und einen positiven Umgang
mit Andersartigkeit erreichen will.2
2
Diversity nach den Seiten der „Society for Human Resource Management“ (SHRM) http://
www.shrm.org/diversity/definingdiversity.asp )
13
es umfassend genug ist, um jeden mit einzuschließen und genügend viele
Dimensionen zu berücksichtigen.
jeder Mensch zu bestimmten Zeiten Täter und zu manchen Zeiten Opfer von
Diskriminierung und Stereotypisierung ist. Wichtig ist es, sich darüber bewußt
zu werden. Menschen verhalten sich ethnozentrisch – sie sehen die Welt durch
ihr eigenes begrenztes Blickfeld und beurteilen ihr Umfeld anhand dessen, was
ihnen vertraut ist.
Menschen sich sträuben gegen Veränderung und sich ständig bemühen um
einen Zustand von Homogenität.
Menschen Beruhigung und Vertrauen in Ähnlichkeit finden. Sie tendieren
dazu, die Gesellschaft derer zu suchen, die ihnen möglichst ähnlich sind.
es schwierig für Menschen ist, Macht zu teilen; die Geschichte belegt, dass
dies selten freiwillig und ohne Grund geschieht.
Gruppenarbeit
Besprecht und ergänzt zusammen die Liste, stimmt ihr mit allen Punkten
überein?
Test
Fragen:
1. Beschreibe einige wesentliche Merkmale des Konzeptes
„Diversity“.
2. Benenne die sechs Kerndimensionen von Diversity.
3. Nenne zehn weitere Aspekte.
4. Was ist Deiner Einschätzung nach sozial relevant?
5. Wie hast Du die Gruppenarbeit persönlich erfahren und welche
Erkenntnisse und Ergebnisse hat diese Arbeit für Dich?
6.
Welche zehn grundlegenden Aspekte des oben skizzierten
Menschenbildes sind für Dich wichtig?
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Die Bewertungskriterien für diesen Abschnitt orientieren sich nicht allein an dem
Wissenszuwachs, sondern an der Bemühung des Einzelnen sich dem Konzept
Diversity anzunähern.
II.
Diversity Training
Diversity Training
375 Minuten (6
Stunden, 15
Minuten)
gesamt
345 Minuten
15 Minuten
30 Minuten
60 Minuten
Praxis:
- Eingangsatemübung
- Körperspracheübung
- Simulation: Handianer und Deutsche oder Resilianer und
Katonaner
- Gruppenarbeit: Sich der eigenen Erfahrungen bewusst
120 Minuten
werden
- Rollenspiel
120 Minuten
Theorie:
30 Minuten
- Gesprächstechniken
30 Minuten
Anforderungen an Ausstattung:
mehrere Räume
Scheren, Lineale, Filzstifte, Pinseln, Farben, Schablonen, Wachsstifte, Kreide,
Fingerfarben, Zeitungen und Zeitschriften, mehrere postergroße Blätter Papier
oder Pappe (mindestens A3)
Beamer, Laptop
evtl. Overhead-Projektor
Videokamera oder Audiorekorder
Flipchart
Metaplan, verschiedene farbige Karten
Ziel des Diversitytrainings ist es, das Bewußtsein für Unterschiede und die
Dimensionen von Diversity zu schulen. Kernpunkt bildet dabei die Beziehung
zwischen UnterstützerIn/BetreuerIn und KlientIn. Eingeübt werden deswegen
Beratungssequenzen.
Eingangsatemübung:
Unterstütze die TeilnehmerInnen in ihrer Motivation. Starte mit Auflockerung:
alle laufen quer durch den Raum. Stelle sicher, dass auch Gehandicappte an
15
dieser Übung teilnehmen können. Das Ziel von dieser Übung ist, das die
TeilnehmerInnen zuerst ein Bewusstsein ihrer selbst erlangen.
Dies ist eine Übung zur Koordination und Synchronisation von Körper, Atem
und Denken. Dies ermöglicht den TeilnehmerInnen, sich ganz auf die Situation
einzustellen und ihre Präsenz zu stärken. Atmen ist ein natürliches, überaus
wirksames Mittel, Ablenkung zu verhindern. Die TeilnehmerInnen schließen die
Augen und zählen in Gedanken etwa einmal in der Sekunde und beobachten
die Zeitdauer des Ein- und Ausatmens. Dabei soll auf die Struktur des Atmens
und die Körperempfindungen geachtet werden, die es hervorruft. Dann soll
jeder Atemzug ausgedehnt werden, bis sie zum gleichmäßigen ruhigen Einund Ausatmen etwa sechs bis acht Sekunden benötigen. Die Gedanken sollen
dabei kommen und gehen, ohne auf sie zu achten.
Übungen zur Körpersprache
Was sind die verschiedenen Elemente der Körpersprache?
Zum Beispiel: Augenkontakt, Körperhaltung, eingenommener Raum, Gestik,
Mimik.
Diskutiert folgende Fragen zusammen oder in kleineren Gruppen:
-
Welche kulturellen Unterschiede gibt es in der Körpersprache?
-
Wie wird Körpersprache durch Behinderung beeinflusst oder verändert?
Zwei Simulationsspiele: mit Unterschieden klarkommen
A. Handianer und Deutsche:
Ziele:
•
Sensibilisierung für interkulturelle Begegnungen (Thematisieren von
Kultur, Kulturstandards, kulturspezifischer Kommunikation)
•
Trainieren von Empathie
•
Üben von Ambiguitätstoleranz
•
Ausübung von Rollendistanz
Eine Einführung in das Spiel:
Es wird das Aufeinandertreffen zweier kulturell verschiedener Gruppen
simuliert, die sich kennenlernen und gemeinsam etwas erarbeiten sollen
16
(Plakat). Beiden Gruppen werden vor der Simulation bestimmte Eigenschaften
zugewiesen, an die sie sich im Spiel halten sollen.
Entgegengesetzte Vorstellungen und Arbeitspraktiken sowie
Kommunikationsbarrieren simulieren die Probleme, die beim Aufeinandertreffen
verschiedener Kulturen entstehen können. Das Vorenthalten von Informationen
bezüglich der anderen Gruppe soll einem oft mangelhaften oder nur
stereotypisierten Wissen über andere Kulturen in der Realität entsprechen.
Unter diesen erschwerten Bedingungen eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu
leisten, trainiert Empathie und Ambiguitätstoleranz, soll aber auch Spaß
machen und einen gewissen Aha-Effekt bei den TeilnehmerInnen auslösen.
Eine optionale dritte Gruppe kann als Beobachtergruppe fungieren, um die
interkulturelle Begegnung zu analysieren und Problemfelder zu reflektieren. Im
anschließenden Plenum sollten die aufgetretenen Missverständnisse und
Unsicherheiten gemeinsam thematisiert und erklärt werden, und schließlich auf
den alltäglichen Umgang mit Ausländern/fremden Kulturen ausgeweitet und
angewandt werden.
Spielzeit:
circa 60 Minuten: 10-15Minuten zur Vorbereitung, 20-25 Minuten für die
Simulation und 20-25 Minuten für die Auswertung/Diskussion.
Die Spielzeit ist eine Minimalangabe. Wenn mehr Zeit zur Verfügung steht,
können die einzelnen Phasen verlängert werden. Sowohl in der
Vorbereitungsphase (besseres Einstudieren der Kultur), aber vor allem in der
Auswertungsphase bietet sich eine längere Zeitspanne an, damit die Thematik
ausreichend vertieft und ein effizienter Wissenstransfer auf reale Situationen
erreicht werden kann.
Vorbereitung:
•
Gruppeneinteilung überlegen und genauen Zeitrahmen abstecken (siehe
Spielbedingungen).
•
Raum mit ausreichend großer Arbeitsfläche (großer Tisch) auswählen, 2
oder 3 voneinander getrennte Aufenthaltsmöglichkeiten für die Gruppen
in der Vorbereitungsphase (Phase 1) organisieren.
17
•
Materialien in genügender Anzahl besorgen und verdeckt bereitstellen.
Gruppe 1: Scheren, Lineal, Marker, Pinsel, Farben, Schablonen
Gruppe 2: bunte Wachsstift, bunte Malkreide, Fingerfarben
Zeitungen/Zeitschriften (zum Ausschneiden/Reißen), Bogen
Papier/Pappe als Plakat (DIN A 3)
•
Gruppenanweisungen in benötigter Zahl kopieren und nach Einleitung
austeilen.
•
Bei Videoaufzeichnung: Kamera auf Funktion testen und evtl.
Einstellungen ausprobieren, Gerät zum Abspielen bereitstellen.
Es ist manchmal sehr hilfreich zu hören, welche Erwartungen die
TeilnehmerInnen von ihren Projektpartnern hatten. Da kann es sehr
interessant sein, Ausschnitte von Videoaufnahmen aus der
Vorbereitungsphase zu zeigen. Die Simulation selber sollte in ihrer
Gesamtheit gefilmt werden. Wenn das Filmmaterial zusammen mit den
Gruppen analysiert wird, ist es spannend zu beobachten, wie die
Körpersprache neu verhandelt wird während der Verhandlungen.
Versucht herauszufinden, wer aktiver in diesem Prozess ist (und warum).
Durchführung:
Nach ein paar einführenden Worten werden die Teilnehmer in 2 bzw. 3
Gruppen eingeteilt, maximale Teilnehmerzahl ist 7 Personen pro Gruppe.
Die Gruppen 1 und 2 erhalten nur die für sie vorgesehenen
Anweisungsblätter (s.u.), sie dürfen die Anweisungen der anderen nicht
erfahren. Die Gruppe 3 erhält neben ihrer eigenen Anweisung die
Spielbeschreibungen der beiden anderen Gruppen.
Phase 1: Die Teilnehmer haben 10 - 15 min Zeit, sich mit den
Aufgabenstellungen vertraut zu machen und erste Vorbereitungen zu
treffen.
Phase 2: Die Gruppe der Deutschen und der Handianer treffen
aufeinander (ggf. unter Beobachtung durch Gruppe 3 oder einer
Videokamera). Für die Begrüßung und Erfüllung der Aufgabe werden
mindestens 20 min Zeit gegeben (ggf. verlängern).
Das Spiel wird abgebrochen, wenn die Aufgabe gelöst wurde bzw. sich
abzeichnet, dass eine Lösung nicht erreicht werden kann.
18
Phase 3: Jetzt wird die Reflektions- und Diskussionsrunde begonnen, in
der die Simulation gemeinsam ausgewertet wird. Diese letzte Phase
erfordert eine besonders gründliche Vorbereitung seitens der
TrainerInnen (siehe Auswertung, Anhang, Linkliste...).
Auswertung:
Die Auswertung stellt einen sehr wichtigen Teil der Simulation dar und darf nicht
unterschätzt werden. Die TrainerInnen sollten das Gespräch so leiten, dass ein
Praxisbezug der Simulation für die TeilnehmerInnen erkennbar wird und bleibt.
Die Übung hatte Erfolg, wenn die TeilnehmerInnen das Erfahrene und Gelernte
auch verinnerlichen und in einer realen Situation darauf zurückgreifen können.
Befragt die TeilnehmerInnen der Simulation (Gruppe 1 und 2) nach ihren
Empfindungen und Gedanken während der Simulation. Lasst Gruppe 3 ihre
Beobachtungen aus der Außenseiterperspektive vorstellen. Ermutigt die
TeilnehmerInnen frei zu sprechen und auch Misserfolge zu nennen. Sucht
gemeinsam nach den Gründen für Erfolge und Missverständnisse. Orientiert
euch dabei an den Fragen der Beobachtergruppe.
Die Diskussion sollte folgende Themenfelder abdecken und in Beziehung
zueinander setzen:
1. Kultur
•
Ausmaß und Regeln für den Körperkontakt unterscheiden sich kulturell
sehr stark.
•
Kontaktkulturen sind wie hier Handianer, oder auch Araber,
Lateinamerikaner, Südeuropäer u.a.
•
Kultur manifestiert sich in Denkweisen (z.B. ästhetisches Empfinden)
und Arbeitsweisen (_ Handianer: Wertschätzung der Hände als
Arbeitsmittel, Ablehnen von Werkzeugen).
2. Kommunikation
Kommunikation vollzieht sich nicht nur verbal, sondern auch nonverbal
(Mimik, Gestik...), paraverbal (Intonation, Lautstärke...) und extraverbal
(Kommunikationsumfeld).
19
Kommunikation ist kulturspezifisch (hier z. B. Bedeutung der Hände in
der Kommunikation).
Sprachgebrauch vermittelt eigenkulturelle Standards (hier z.B. nur
positive Aussagen um Konflikte zu vermeiden).
Erfolgreiche Kommunikation setzt einen gemeinsamen „Code“ zwischen
Sender und Empfänger voraus.
3. Begegnung von verschiedenen Kulturen (interkulturell)
•
Beim Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen kann die
Kommunikation und Zusammenarbeit gestört sein. Das Finden einer
gemeinsamen Verständigungsebene (Code) kann durch Empathie und
Metakommunikation erreicht werden.
•
Empathie bedeutet Einfühlungsvermögen hinsichtlich fremder Denk- und
Handelsweisen.
•
Metakommunikation bedeutet das Thematisieren von Kommunikation,
z.B. „Wie meint ihr das?“.
•
Erwartungen bezüglich der anderen Kultur entsprechen oft nicht der
vorgefundenen Situation. Die dadurch entstehende Desorientierung und
Frustration erfordern ein hohes Maß an Ambiguitätstoleranz und
Flexibilität.
•
Ambiguitätstoleranz ist die Fähigkeit, eine widersprüchliche Situation
aushalten zu können.
•
Flexibilität ist die Bereitschaft Neues zu lernen bzw. sich auf
ungewohnte Situationen einzustellen.
•
Bei erfolgreicher interkultureller Kommunikation und Zusammenarbeit,
wenn also ein Kompromiss zur Annäherung der Kulturen führt, dann
entsteht etwas „Neues“, ein Synergieeffekt und eine Bereicherung für
beide Seiten.
Hinweise für die TrainerInnen:
•
Die Gruppen: Bei der Einteilung der TeilnehmerInnen in die Gruppen
darauf achten, dass besonders kreative sowie dominante
Persönlichkeiten gleichmäßig auf die Gruppen verteilt sind.
20
•
Die Zeit: Ein gewisser Zeitdruck muss da sein, da er implizit in der
Aufgabenstellung der Deutschen enthalten ist. Zeichnet sich ein
Ergebnis ab, kann der gesteckte Rahmen ggf. ausgedehnt werden.
•
Das Plakat: Idealerweise ist das entstandene Plakat ein
Kompromiss, der beide Gruppen zufrieden stellt. Die Qualität des
Endergebnisses ist nebensächlich, der Weg dahin zählt. Wenn es
einen Ausgleich/ Balance in der Zusammenarbeit gab, dann ist man
damit dem Ziel näher, ein positives Umgehen mit fremden Kulturen
zu verstehen und erlernen, und eine negative Haltung abzubauen.
Die TeilnehmerInnen sollen die gestellte Aufgabe ernst nehmen,
jedoch muss deutlich werden, dass das Ergebnis nicht bewertet wird.
•
Das Fremde: Es ist wahrscheinlich, dass die ungewohnten
Verhaltensweisen (Begrüßung) allgemeine Erheiterung oder sogar
Albernheit verursachen. Es empfiehlt sich daher, zu Beginn des
Spieles (und eventuell im Spiel) auf die notwendige Ernsthaftigkeit
hinzuweisen
•
Der Spielfluss: Die Trainer sollten immer präsent sein, um eventuelle
Fragen zu beantworten oder hinweisend einzugreifen, wenn das Spiel
ins Stocken gerät. Gründe für ein „Festfahren“ oder „Schiefgehen“
des Spiels müssen in der Auswertung thematisiert werden. Das gilt
auch für den Fall, dass das Spiel nicht ernst genommen wird. Die
Wirkung der Übungen auf die TeilnehmerInnensollte ständig
beobachtet, Gruppenprozesse genau wahrgenommen werden.
•
Rollendistanz: Es wird unter Umständen schwer festzustellen sein, ob
eine eventuelle Einigung aufgrund tatsächlicher Kompromissfindung
oder aufgrund mangelnder Rollendistanz (TeilnehmerInnen fallen aus
ihrer kulturellen Rolle und vergessen Handlungsanweisungen)
zustande kommt. Dies müsste ggf. in der Auswertung berücksichtigt
werden.
•
Die Auswertung: Ist der wichtigste Teil der Simulation, für den
unbedingt ausreichend Zeit eingeplant werden muss und welcher in
direktem Anschluss an die Simulation stattfinden sollte, um Eindrücke
und angestaute Gefühle unmittelbar zu verarbeiten.
21
•
Eine Videoanalyse hilft bestimmte Situationen nochmals genau
nachzuvollziehen und „Knackpunkte“ der Interaktion herauszustellen.
Die TeilnehmerInnen können sich selbst erfahren, eigene
Verhaltensweisen und Reaktionen beobachten und überprüfen. Diese
sollten im Kontext erklärt, verstanden, aber nicht als falsch beurteilt
werden.
Anweisungsblatt Gruppe 1 (Die Deutschen)
Wer ihr seid:
Ihr seid die Vertreter einer deutschen Ausbildungsgruppe und erwartet den
Besuch einer Ausbildungsgruppe aus Handland. Auf der Suche nach einer
Partnerschaft hattet ihr Kontakt mit einem handianischen Institut aufgenommen
und sie nach Deutschland eingeladen, um die Freundschaft mit einem Fest zu
feiern. Ihr seid sehr neugierig, die fremden Gäste kennenzulernen, da sie von
so weit herkommen und man so wenig über die handianische Kultur weiß. Ihr
habt lediglich gehört, dass die Handianer anders kommunizieren und arbeiten
als ihr.
Was ihr vorhabt:
Das geplante Fest soll ein großes interkulturelles Event werden, zu dem ihr die
ganze Umgebung einladet. Mit einem Plakat, das ihr gemeinsam mit den
Handianern gestalten werdet, wollt ihr Werbung dafür machen. Diese
gemeinsame Arbeit soll gleichzeitig der Beginn einer fruchtbaren und
langjährigen Zusammenarbeit sein.
Arbeitshinweise:
Aus Kostengründen (Druck und Vervielfältigung) habt ihr euch zum Ziel gesetzt,
nicht mehr als zwei Farben zu verwenden, am Besten ist natürlich
schwarzweiß. Ihr mögt gerade Linien, exakte Formen und vor allem
Übersichtlichkeit, um die Inhalte klar zu vermitteln. Wählt eure
Arbeitsmaterialien nach diesen Gesichtspunkten aus!
Aufgabenstellung:
22
Überlegt euch, was ihr auf dem Plakat darstellen und wie ihr dies umsetzen
wollt. Danach begrüßt ihr eure Gäste und erzählt von eurem Vorhaben. Beginnt
möglichst zügig mit der Arbeit am Plakat, da es noch heute vervielfältigt und
verteilt werden soll. Denkt immer daran, dass es ein gemeinsames Projekt ist,
mit dem am Ende alle zufrieden sein sollten. Bezieht also eure Gäste mit ein
und versucht, eure Ideen gemeinsam umzusetzen.
Anweisungsblatt Gruppe 2 (Handianer)
Wer ihr seid:
Ihr seid eine Gruppe von Auszubildenden aus Handland. Die Handianer sind
ein stolzes, traditionsreiches Volk, sehr naturverbunden. Sie vertrauen voll auf
die Kraft ihrer Hände. Die Hände sind der wichtigste Teil ihres Körpers und ihr
Arbeits- und Kommunikationsmittel.
Was ihr vorhabt:
Ihr seid zu Gast bei eurer Partnerinstitut in Deutschland, um den vor kurzen
beschlossenen Freundschaftsaustausch mit einem Fest zu feiern. Ihr habt
gehört, dass ihr dafür mit den Deutschen etwas erarbeiten sollt. Vielmehr freut
ihr euch jedoch darauf, die neuen Freunde kennenzulernen, denn ihr habt
tausend Fragen über die fremde Kultur im Kopf.
Wie ihr euch begrüßt:
Wenn ihr eine Person kennen lernt, begrüßt ihr zuerst und ausgiebig ihre
Hände. Verschränkt eure Finger mit den ihren und betrachtet beide Hände ganz
genau. Erst nach ausgiebiger Betrachtung schaut ihr dem Gegenüber ins
Gesicht und sprecht mit ihm.
Wie ihr kommuniziert:
Wenn ihr euch untereinander oder mit anderen unterhaltet, berührt ihr eure
Gesprächspartner stets mit den Händen, egal wo (Arm, Schulter, Kopf), und
bekräftigt so das Gesagte. Da ihr sehr harmonisch und konfliktscheu seid,
macht ihr grundsätzlich nur positive/bejahende Aussagen. Wörter wie NEIN,
KEIN, NICHT sind tabu. Um eine negative Antwort auszudrücken, stimmt ihr
dem Gesagten zu, entzieht aber eure Hände und legt sie euch auf
23
den Mund und nehmt so dem Gesagten die Bedeutung.
Wie ihr arbeitet:
Ihr seid sehr kreativ und verspielt. Ihr arbeitet ausschließlich mit den Händen,
ihr benutzt keine Werkzeuge oder Hilfsmittel. Ihr liebt das Bunte, je mehr
Farben, desto mehr Ausdrucksstärke. Gerade Formen findet ihr langweilig und
nichtssagend, ihr mögt geschwungene Linien, runde Formen und Schnörkel.
Aufgabenstellung:
Einigt euch auf einige Verhaltensweisen/Reaktionen, um die oben
beschriebenen Eigenheiten eurer Kultur darzustellen. Übt in den nächsten 15
min euer Verhalten in der Gruppe. Versucht, euch die Kultur und Ihre
Verhaltens- und Arbeitsweisen zu verinnerlichen und für den gesamten Verlauf
des Spieles beizubehalten. Konzentriert euch, damit euch die
Tabuwörter nicht aus Versehen „rausrutschen“.
Anweisungsblätter Gruppe 3 (BeobachterInnen)
Ihr seid eine neutrale Gruppe von BeobachterInnen, die bei einer
interkulturellen Begegnung von Handianern und Deutschen zugegen sind.
Was ihr macht:
Phase 1: Informiert euch, anhand der Gruppenanweisungen, über die
kulturellen Unterschiede zwischen den Deutschen und den Handianern.
Diskutiert und überlegt gemeinsam, wie das Treffen der beiden Gruppen
aussehen könnte. Orientiert euch an den nachstehenden Fragen des
Analysebogens und macht euch Stichpunkte.
Phase 2: Beobachtet das Treffen der beiden Gruppen und die einzelnen
Reaktionen ganz genau. Achtet auch auf Details und haltet sie auf dem
Analysebogen fest.
Phase 3: Dies ist die Auswertungsphase, in der ihr als Beobachter und
Experten eine entscheidende Rolle spielt. Teilt den anderen Gruppen eure
Beobachtungen mit und wertet sie gemeinsam aus.
24
Analysebogen der Beobachtergruppe und für die Auswertungsphase (ganze
Gruppe)
Phase 1:
1. Welche gegensätzlichen kulturellen Eigenschaften besitzen die Gruppen?
2. Wie stellt ihr euch das Treffen der beiden Gruppen vor, welche Konflikte
könnte es geben?
3. Wie werden die Gruppenmitglieder damit umgehen?
4. Wie könnte man die Konflikte vermeiden bzw. entstehende Probleme lösen?
Phase 2:
1. Wie verläuft die Begrüßung der beiden Gruppen? Fühlen sie sich wohl oder
gibt es Probleme?
2. Wie funktioniert die Kommunikation zwischen den Deutschen und den
Handianern? Gibt es Missverständnisse und wenn ja, wie geht man mit
ihnen um?
3. Wie klappt die Zusammenarbeit im Projekt? Bringen sich beide Seiten gleich
ein?
4. Werden Kompromisse gefunden? Wenn ja, wie einigt man sich? Wenn nein,
warum kommt es zu keiner Einigung?
5. Verläuft das Treffen insgesamt gut oder eher weniger gut? Gibt es Auf- und
Abphasen?
6. Wie könnte man mögliche Probleme besser lösen?
7. Was habt Ihr noch beobachtet?
8. Welche Erkenntnisse lassen sich von dem Spiel für wirkliche Treffen
zwischen verschiedenen Kulturen ableiten?
B. Autobahnbau – Resilianer und Katonaner
Ziele:
Ziel dieses Rollenspiels ist es, anhand zweier unterschiedlicher Kulturen, die
aufeinander treffen, Lösungsmechanismen für Konfliktsituationen zu entwickeln.
Derartige Konfliktsituationen sind im Alltag sehr vielfältig. Deshalb kann dieses
Rollenspiel auch nur ein Beispiel für Konfliktsituationen bieten.
25
Um Konflikte lösen zu können, müssen zunächst die Unterschiede der anderen
Kultur erkannt werden, bevor im Zusammenspiel beider Kulturen der Konflikte
aufgelöst wird. Ein Konflikt ist allerdings nicht behoben, wenn eine Gruppe eine
Lösung festlegt und die andere sich in diese Vorgabe fügen muss, sondern
Konflikte können nur gelöst werden, wenn beide Kulturen Teile ihres eigenen
Selbstverständnisses einbringen konnten.
Informationen:
Das Rollenspiel basiert auf der Tatsache, dass zwei Gruppen unterschiedlicher
Kulturen aufeinandertreffen. Sie haben zwar ein gemeinsames Ziel – vom Bau
der Autobahn zu profitieren – aber wissen ansonsten recht wenig von einander.
Bereits im Kontext sind eine Reihe Konfliktpotentiale eingebaut – das
wesentlichste ist hier das unterschiedliche Selbstverständnis der beiden
Gruppen. Dieser Konflikt in Kombination mit einem „Kolonialkonflikt“ schwingt
unterschwellig immer mit. In den typischen Verhaltensweisen finden sich
weitere, viel offensichtlicher Konfliktpotentiale, etwa die verschiedenen
Vertragsabschlussmodalitäten oder Arten der Gesprächsführung.
Vorbereitung und Spieldauer:
Pro Gruppe sollten nicht mehr als 3-5 Personen ausgewählt werden. Die
Mitspieler bekommen in getrennten Räumen die jeweils für sie vorgesehenen
Aufgabenblätter. Sie sollten etwa 10-15 Minuten Zeit bekommen, damit sie sich
in ihre Rollen hineinversetzen und Absprachen für die nachfolgende
Verhandlung treffen können.
Die anderen TeilnehmerInnen sind BeobachterInnen. Sie bereiten sich anhand
des Anweisungsblattes für BeobachterInnen von dem Spiel „Handianer und
Deutsche“ vor und beobachtwen das Treffen genau.
Danach werden die beiden Gruppen zusammengeführt und die Verhandlungen
können beginnen. Sie sollten nicht länger als 10-15 Minuten dauern. Wenn eine
gute, für alle befriedigende Lösung eher erreicht wird, ist das Spiel beendet.
Auswertung:
siehe Abschnitt Auswertung bei der Simulation „Handianer und Deutsche“
26
Arbeitsblatt für Gruppe 1 (Resilianer)
Kontext und Zielstellung:
Ihr seid eine Gruppe von Resilianer, die man ausgewählt hat wichtige
Verhandlungen für euer Land zu führen. Euer Land Resilien war früher von den
Katonen besetzt, die das Land benutzten und ausbeuteten. Seit 10 Jahren aber
ist Resilien unabhängig und durch einen Pakt in seinen Rechten auf ewig
geschützt.
In den 10 Jahren haben ihr als Bewohner Resiliens viel Selbstbewusstsein
entwickelt. Ihr seid stolz auf euer Land und seine unberührte Natur und habt
gelernt eure eigene Bedürfnisse zu verteidigen. Aber die negativen Erfahrungen
der Abhängigkeit habt ihr noch nicht vergessen, deshalb seid ihr sehr vorsichtig
und misstrauisch im Umgang mit Fremden, insbesondere mit den Katonen.
Der Präsident der Katonen hat nun über einen Botschafter um eine
Verhandlung mit euch gebeten, um ein Anliegen vortragen zu können.
Ihr wisst bisher, dass die Katonen eine Straße zu einem befreundeten Land
bauen wollen, um ihren Handel anzukurbeln. Diese Straße müsste aber durch
Resilien führen, ansonsten würden zu lange Wege dieses Vorhaben erheblich
beeinträchtigen.
Ihr erwartet die Gäste aus Katona um 12 Uhr.
Dem Autobahnbau steht ihr mit gespaltenen Gefühlen gegenüber, denn ihr wollt
eure wunderschöne Natur nicht zerstören. Ihr seid aber auch auf Hilfe und
Unterstützung des größeren Katonas angewiesen. Ihr wäret deshalb unter der
Bedingung bereit einzuwilligen, dass ihr von den Katonen eine angemessene
materielle Entschädigung bekommen und die Katonen auf jeden Fall eurem
Land noch mindestens 1 Jahr Zeit geben sich zu erholen, bevor
sie mit dem Autobahnbau beginnen.
Eure Aufgabe ist es einen solchen Kompromiss mit den Katonen auszuhandeln
und ihn schriftlich festzuhalten.
Typische Verhaltensmuster der Resilianer:
•
Ihr seid in Verhandlungen zurückhaltend, aber bestimmt.
•
Ihr stellt keine Forderungen, erwartet aber faire Angebote.
•
Ihr redet eher leise und auf eine förmliche Art und Weise.
27
•
Ihr verbeugt euch in Gesprächen häufig, das signalisiert eure Bereitschaft
zur Kameradschaft, jedoch keine Unterwürfigkeit.
•
Direkten Körperkontakt meidet ihr (niemand darf euch zu nahe treten).
•
Verträge sollten auf jeden Fall in schriftlicher, beidseitig signierter Form
festgehalten werden, unter Anwesenheit von mind. zwei Zeugen aus dem
Volk. Dies dient der Sicherheit aller.
•
Dabei sollte genau festgelegt werden, welche Rechte und Pflichten jeder
Vertragspartner hat bzw. welche Leistung und Gegenleistung erbracht
werden soll.
Arbeitsblatt für Gruppe 2 (Katonen)
Kontext und Zielstellung:
Als Mitglieder einer Gruppe von Katonen kommt ihr aus einem Land, das früher
sehr mächtig war und sich mehrere Länder unterworfen hatte. Allerdings
mussten die Katonen vor 10 Jahren aufgrund eines Vertrages, der bei den
Katonen als der “Drossel-Pakt” bekannt ist, diese Länder wieder abtreten.
Seitdem schwindet der Wohlstand eures Lands von Jahr zu Jahr mehr. Nun
habt ihr die Chance mit einem seit kurzem befreundeten Land ein
Handelsabkommen zu schließen, was allerdings den Bau einer Autobahn nötig
macht. Diese Autobahn müsste aus wirtschaftlichen Gründen durch das Land
Resilien führen, eines der Länder, das früher zu eurem Herrschaftsbereich
gehörte. Ihr glaubt, dass es keine großen Schwierigkeiten geben wird, die
Erlaubnis für das Vorhaben von den Resilianern zu bekommen. Ihr habt
deshalb auch nicht über Gegenleistungen nachgedacht, weil ihr es
gewohnt seid, dass die Resilianer keine Widerstand leisten.
Ihr kommt mit eurer Gruppe in der resilianischen Botschaft an, wo um 12 Uhr
die Verhandlungen mit den Gastgebern stattfinden sollen. Euch ist es wichtig,
die Verhandlungen schnell abzuwickeln, weil ihr den Autobahnbau so schnell
wie möglich beginnen wollt., damit der wirtschaftliche Verfall eures Landes bald
beendet ist und es euch und eurem Land wieder so gut geht wie früher.
Eure Aufgabe ist es, die Verhandlungen so schnell wie möglich zum Abschluss
zu bringen, wobei ihr so wenig wie möglich Geld ausgeben wollt.
Typische Verhaltensmuster der Katonen:
28
•
Ihr gebt euch in Verhandlungen sehr selbstbewusst.
•
Bei euch ist es üblich, sehr akzentuiert zu sprechen.
•
Bei Gesprächen klopft ihr eurem Gegenüber manchmal gönnerhaft auf die
Schulter, um eure Überlegenheit deutlich zu machen.
•
Dabei tretet ihr sehr nah an den anderen heran.
•
Verträge in schriftlicher Form erachtetet ihr nicht für notwendig, euch
genügt die bloße mündliche Einwilligung der Vertragspartner.
•
Euer Interesse an den Resilianern ist rein wirtschaftlich, ihr legt keinen
Wert auf.
•
Kameradschaft mit euren Verhandlungspartnern.
Input: Gesprächstechniken:
Carl R. Rogers (1902-1987) war ein US-amerikanischer
Psychologe und Jugend-Psychotherapeut.
Seine von einem humanistischen Menschenbild geprägten
Arbeiten wirken in viele Bereiche der angewandten Psychologie,
Soziologie, Pädagogik, Sozialen Arbeit, Seelsorge und Medizin hinein.
Insbesondere geht auf ihn die Entwicklung der Gesprächstherapie zurück.
Rogers legt besonderen Wert auf Begegnung im voll-menschlichen Sinn - d. h.
unter Einschluss der emotionalen Ebene, der nonverbalen Äußerungen, des
gegenseitigen prinzipiellen Wohlwollens. Rogers war nicht nur selbst gefragter
Psychotherapeut, sondern gründete und erlebte viele Encounter-Gruppen,
schrieb motivierende Bücher, hielt Vorträge und vieles mehr.
Anders als viele andere Psychotherapeuten sah Rogers von Grund an das Gute
im Menschen. Dieser von ihm geschaffene klientenzentrierte Ansatz ist heute
u.a. sowohl fester Bestandteil der Gesprächsführung im Rahmen von
Therapiegesprächen, als auch in der generellen Gesprächsführung der
alltäglichen pädagogischen Arbeit mit Klienten.
Grundprinzipien sind:
1. positive Wertschätzung sowie emotionale Wärme (Akzeptanz)
andauernde positive Einstellung, unbeeinflusst vom jeweiligen Verhalten
des/r KlientIn
29
2. Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte
konkret und einfach verstehbar
3. Echtheit und Selbstkongruenz
(besonders wichtig bei Selbstbetroffenheit)
zwischen Gefühl des Beraters und Wahrnehmung und Ausdruck soll
Kongruenz bestehen
Praktische Übungen und Demonstration von Techniken:
die Fähigkeit zuzuhören
Unter aktivem Zuhören wird die gefühlsbetonte Reaktion eines
Gesprächspartners auf die Botschaft eines Sprechers verstanden. Die Ziele
beim Einsatz des aktiven Zuhörens sind vielschichtig: es soll gegenseitiges
Vertrauen aufgebaut und ein würdigender Umgang gefördert und
Missverständnisse vermieden werden.
die Fähigkeit Dinge zusammenzufassen
Gefühle spiegeln
Verstärken/Schweigen
Paraphrasieren
Paraphrasierung ist eine Frageform, bei der die Botschaft verkürzt auf den
affektiven Anteil (die emotionale Bedeutung) für eine kurze Bestätigung durch
das Gegenüber gegengefragt wird. Beispiel: „Habe ich Sie richtig verstanden,
dass es Ihnen vor allem darum geht, möglichst schnell eine Lösung zu finden
und Sie darum sehr unter Druck stehen?“
offene und geschlossene Fragen
offene Fragen: bezeichnet solche Fragen, die dem Gegenüber eine freie
Assoziation innerhalb seiner Antwort erlauben. Sie begrenzen den
Gesprächspartner nicht, sondern fordern ihn auf, sich inhaltlich oder persönlich
zu beteiligen. Sie beginnen mit: wie..., was..., warum..., womit...., wodurch....
Hierbei erhalten Dimensionen der offenen Gesprächsführung wie Empathie,
Wertschätzung und Fokussieren eine herausragende Bedeutung für das
Gelingen der Befragung.
Geschlossene Fragen: sind solche, auf die das Gegenüber entweder mit Ja
oder Nein antworten kann. Einige Beispiele für geschlossene Fragen, die nur
mit Ja oder Nein beantwortet werden können:
30
Haben Sie heute schon etwas für den Abend geplant? Sehen wir uns dann
beim Eingang? Darf ich Sie abholen?
Lernen am Modell
Unter Modelllernen versteht man generell das Beobachtungslernen. Das
bedeutet, dass man das Verhalten anderer Personen wahrnimmt und auf sein
eigenes Verhalten projiziert und anwendet. Dabei muss man aber hinzufügen,
dass nicht nur Personen, sondern auch Medien aller Art diese Wirkung auf uns
haben. Zusätzlich kann es hierbei auch zu hemmenden Wirkungen kommen,
z.B. wenn uns das Verhalten anderer missfällt und wir auf keinen Fall so
agieren möchten.
Es lassen sich drei Formen des Modelllernens unterscheiden:
Aufbau neuer Verhaltensweisen: Verhaltensweisen, die sich nicht im Repertoire
der Person befinden werden erlernt.
Modifikation bestehender Verhaltensweisen: Hemmung/Enthemmung bei
negativen/positiven Verhaltenskonsequenzen.
Schaffung diskriminativer Hinweisreize: Modellverhalten als Hinweisreiz, der
Auftreten bereits erlernten Verhalten erleichtert.
Denke über Beispiele und Übungen nach, dies bildet die Grundlage der
folgenden Übung.
Sich der eigenen Erfahrungen bewusst werden (z.B. von Behinderung)
Gruppenarbeit:
Siehst Du Dich selbst als behindert (oder psychisch erkrankt, ...) an? Wie sieht
Deine Behinderung aus? Beschreibe Deine anfänglichen Gefühle beim ersten
Bewusstwerden der Behinderung. Beschreibe erste Reaktionen. Höre Deinem
Partner, Deiner Partnerin aufmerksam zu ohne Feedback zu geben. Welche
Gefühle rufen die Schilderungen der anderen in Dir hervor? Welche Reaktionen
zeigen/zeigten Mitmenschen Deiner Behinderung gegenüber? Inwiefern
gleichen sie Deinen oder unterscheiden sich davon?
Beschrifte 20-30 Karten mit Gefühlsausdrücken. Inwiefern lassen sich die
jeweiligen Begriffe auf die momentane Situation beziehen?
31
Was bedeutet für Dich die Anerkennung und die Integration der Behinderung?
Wie sieht das konkret aus? Versuchst Du „geheilt“ zu sein oder einfach mit der
Behinderung zu leben? Stelle eine Hierarchie der Behinderungsarten auf.
Welche behinderungsbedingten Einschränkungen und Verhaltensweisen lösen
in Dir Unbehagen aus? Warum?
Rollenspiel mit einer/m PartnerIn um Möglichkeiten zu finden, damit
umzugehen. Zunächst nimmst Du die Rolle des „Anderen“ ein, dann wird
getauscht.
Gesprächsübung:
Voraussetzung ist, dass der Unterstützer Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten
und ein gutes Selbstwertgefühl besitzt. Er soll sich seiner eigenen
Vorerfahrungen bewusst sein, aber auch in der Lage sein, von ihnen zu
abstrahieren.
Das Ziel ist es, nicht auf dem schnellsten Wege zu einer Lösung zu kommen
oder eine Lösung vorzuschlagen, dass der Klient befähigt werden soll, eigene
Lösungswege zu finden.
Eine TeilnehmerIn schildert eine eigene Situation – der Unterstützer hört mit
Einfühlungsvermögen zu:
Der Unterstützer:
• muss eine differenzierte Selbst- und Fremdwahrnehmung haben.
• die emotionale Ebene mit all ihren Aspekten umfassend berücksichtigen,
wobei er die eigenen Gefühle von denen des Gegenübers trennen können
muss.
• muss sich klar sein über die Grenzen der eigenen Fähigkeiten und
Kompetenzen.
• kann verschiedene Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.
• verfügt über fachliches Wissen.
• ermöglicht seinem Gegenüber den Zugang zu entsprechenden relevanten
Informationen.
32
Die Übungssequenz soll auf Video oder Tonband aufgenommen werden, die
TeilnehmerInnen und der Trainer verbessern und geben Hinweise, Sequenz
wird erneut gespielt.
III.
Diversity Management
Diversity Management
Theorie:
- Diversity Management
Praxis:
-Gruppenarbeit: Erarbeitung eines DiversityManagementplans für eine spezifische Institution
Anforderungen an Ausstattung:
mehrere Räume
Beamer, Laptop
evtl. Overhead-Projektor
Flipchart
150 Minuten (2
Stunden 30
Minuten
gesamt
60 Minuten
60 Minuten
90Minuten
90 Minuten
Impulsreferat
In den USA sind Unternehmen seit den 60er Jahren gesetzlich
verpflichtet, Bewerber nicht aufgrund von Ethnie, Herkunft,
Religion oder Geschlecht zu diskriminieren und Mitarbeiter
außerdem vor Diskriminierung am Arbeitsplatz zu schützen.
Diese Antidiskriminierungsgesetzgebung brachte manchen Unternehmen
millionenschwere Klagen ein (z.B. Coca-Cola). US-amerikanische Unternehmen
suchten daraufhin nach neuen Wegen zur effektiveren Integration von Frauen
und ethnischen Minderheiten. Allerdings zog diese frühere Fokussierung auf
bestimmte Gruppen und auf das Anderssein Vorwürfe von „Bevorzugung“ und
„Ausgrenzung“ nach sich. Dies machte eine Verbreiterung des Themas
notwendig, zumal damals neue Prognosen zur Entwicklung der Arbeitsmärkte
vorgelegt worden waren. Heute praktizieren in den USA bereits mehr als drei
Viertel der 500 führenden Unternehmen Diversity Management (DM).
DM steht außerdem im Zusammenhang mit weltweiten
Veränderungsprozessen:
33
1. Internationalisierung und Globalisierung:
Freizügigkeit von Waren,
Unternehmenszusammenschlüsse und –übernahmen,
Wettbewerbsdruck
2. Demografischer Wandel:
•
Alterung der Gesellschaft, Rückgang des Arbeitskräfteangebots,
•
erhöhter Anteil an erwerbstätigen Frauen,
•
erhöhter Ausländeranteil durch das novellierte
Staatsbürgerschaftsrecht, Einbürgerungen von aus Aus- und
Übersiedlern, insgesamt wachsende ethnisch-kulturelle Vielfalt in
der Bevölkerung,
•
gestiegenes Selbstbewusstsein von Schwulen und Lesben,
öffentlichere Wahrnehmung von Transgender,
•
angesichts des technischen Fortschritts wirken sich Behinderungen
immer seltener als „Verhinderung“ aus, die
Antidiskriminierungsgesetze schließen auch Menschen mit einem
Behinderungsgrad von weniger als 50% ein,
•
die großen christlichen Kirchen verlieren an Zulauf, durch
Globalisierung und Migration leben immer mehr Menschen mit
immer mehr unterschiedlichen religiösen Glaubensprägungen in
Deutschland, die Gruppe der Atheisten stellt einen wachsenden
Anteil an der Bevölkerung dar
3. Individualisierung:
•
Werte- und Einstellungswandel (von Gehorsam und Unterordnung
zu Selbstständigkeit und freiem Willen, auch im Bereich Arbeit:
Wunsch nach Mitsprachemöglichkeiten)
•
sinkende Haushaltsgrößen
•
neue Lebens- und Wohnformen
•
steigende Zahl der Alleinlebenden
Als Instrument der Unternehmensführung beschreibt „Diversity Management“
die Gesamtheit der Maßnahmen die dazu führen, dass Unterschiede in und von
34
einer Organisation anerkannt, wertgeschätzt und als positive Beiträge zum
Erfolg genutzt werden. Es geht also darum, durch die gezielte interne und
externe Berücksichtigung sowie die bewusste Einbeziehung und Förderung
aller unterschiedlichen Beteiligten und der damit erzielten höheren Zufriedenheit
zur Steigerung des Erfolges und des Ertrages eines Unternehmens oder einer
Organisation beizutragen.
Damit unterscheidet sich DM von Gleichstellungsansätzen (durch gezielte
Maßnahmen bestehende Ausgrenzung bzw. Diskriminierung auflösen), denn es
verfolgt das Ziel, Menschen mit all ihren Unterschieden zu berücksichtigen, also
nicht so zu tun, als seien sie gleich. Und es stellt das Individuum in den
Vordergrund, was bedeuten kann, dass sich ehemals getrennte Adressaten
(z.B. Männer und Frauen) als Gruppen auflösen und vielmehr das Engagement
und die Qualifikationen aller MitarbeiterInnen gleichermaßen anerkannt werden.
Der Leitgedanke „Diversity und Einschluss“ beschreibt die ganzheitliche
Einbettung und feste Verankerung in allen Bereichen und Aspekten des
Unternehmens und stellt ein Führungsinstrument dar. Vor allem internationale
Unternehmen wenden dies an, um eine optimale Nutzung vielfältiger
Qualifikationen sowie unterschiedlicher Arbeits- und Absatzmarktsegmente zu
erreichen. D.h. dieser Ansatz ist v.a. ein wirtschaftlicher und kein sozialer.
Diversity-Management geht von drei Grundannahmen aus:
Diversity als Vielfalt innerhalb des Personals ist in jedem Unternehmen
vorhanden und muss gemanagt werden. Wird Diversity nicht
gemanagt, dann führt dies zu ökonomischen Nachteilen für das
Unternehmen. Es geht also darum, die vorhandene Vielfalt nicht zu
beseitigen, zu uniformieren, sondern die Vielfalt zu integrieren. Dies
steigert die Motivation der MitarbeiterInnen und damit die Produktivität.
Im Unternehmen erfolgt eine gleichberechtigte Einbeziehung aller
Personen bzw. Gruppen, weil alle relevant für den Erfolg sind. Dies ist
sowohl für das Unternehmen von Vorteil als auch für jeden einzelnen
Arbeitnehmer. Ungleiche Arbeitnehmer haben ein Recht auf eine
ungleiche Behandlung im positiven Sinn. Dies impliziert, dass niemand
diskriminiert werden darf.
35
Diskriminierungen von Minderheiten bringen ökonomische Nachteile,
deshalb müssen sie vermieden werden.
Diversity Management Training
Vorüberlegungen:
•
Diversity Training ist in erster Linie ein Training für das Bewusstsein und
die Aufmerksamkeit.
•
Verwende verschiedene Strategien auf unterschiedliche Ebenen an:
Deine Zielgruppe ist vielfältig und Deine Strategie sollte dies
widerspiegeln.
•
Es ist wichtig, verschiedene Kommunikationsformen (Zeitung, Seminare,
Unterstützung von Netzwerken…) zu nutzen, um den Dialog zwischen
unterschiedlichen Gruppen zu fördern und zu intensivieren. Verfolge eine
Strategie der intensiven Kommunikation und Einbeziehung.
•
Kommunikation erreicht immer nur eine bestimmte Zielgruppe – wende
Dich an verschiedene Zielgruppen und benutze dafür unterschiedliche
Motive, Botschaften und Werkzeuge.
Mit Diversity-Strategien sollen strukturelle, politische oder kulturelle
Veränderungen innerhalb von Arbeitsorganisationen verwaltet werden. Sie
richten sich an unterschiedliche Akteure der Organisation, um neue
Denkmodelle zu initiieren, neue Erfahrungen zu ermöglichen und die
Entwicklung von neuen Verhaltensweisen zu fördern. Sie wirken auf
unterschiedlichen Ebenen:
1. rationales Denken (spricht unser bewusstes Denken an, um eine auf
Fakten basierende Entscheidung für Diversity herbeizuführen): fördert
die Diskussion über das Für und Wider von Diversity,
2. emotionale Erfahrung (spricht unsere Emotionen an und initiiert eine auf
Gefühlen basierende Veränderung unserer Einstellungen durch
Austausch und das Reflektieren von positiven Erfahrungen mit dem
Anderssein. Veränderte Einstellungen und Verhaltensweisen führen zu
einer größeren Zufriedenheit und zum Erfolg im Umgang mit Anderen.):
36
Diversity Training, dass auf den Erfahrungen von Anderssein und dem
Umgang mit Anderen basiert, Foren für den Austausch von persönlichen
Erfahrungen, die Erstellung von individuellen Aktionsplänen, die
Moderation von Versammlungen, Interaktionen und
3. Ergebnisorientiertes Verhalten
(gerichtet auf die Handlungen und
Aktivitäten von Menschen, mit klaren Anweisungen hinsichtlich der
Implementierung
von
Diversity
Richtlinien.
Ein
geordneter
Veränderungsprozess bietet den Beteiligten positive persönliche
Erfahrungen und eine klare Vorstellung von den Vorteilen, Anerkennung
sowie die Vermeidung von Strafmaßnahmen. Dies begünstigt eine
anhaltende Veränderung von Verhaltensweisen): die Analyse von
Erwartungen, die Gestaltung von Richtlinien sowie die öffentliche
Anerkennung von exemplarischem Verhalten und Engagement, wodurch
Diversity zu einer lebendigen und alltäglichen Praxis wird; die
Erschaffung von Preisen und anderen Anerkennungsmodellen sowie die
Integration
von
Diversity
Strategien
in
unterschiedlichen
Verwaltungsmodellen.
Um Prozesse, Strukturen und Inhalte zu optimieren, werden Diversity
Strategien zusammen mit Change Management Modellen gezielt in
unterschiedlichen Teilen der Organisation eingesetzt:
4. Erhöhte Aufmerksamkeit (Erkennen der unterschiedlichen Aspekte und
individuellen Bedeutungen von Diversity, Erkennung des spezifischen,
organisatorischen und kulturellen Kontextes von Diversity und seine
Einbettung
darin
sowie
die
Hervorhebung
von
Verbesserungspotentialen): Diskussionen am Runden Tisch oder
Workshops, Präsentation von Beispielen für die erfolgreiche
Implementierung von Diversity Management, die Förderung von einem
umfassenden Verständnis von Diversity in allen internen und externen
Veröffentlichungen der Organisation.
5. Wahrnehmung von Möglichkeiten (Akzeptanz für das Vorhandensein von
Verbesserungspotentialen schaffen, Aufklärung bzgl. der Auswirkungen
von Diversity bezogenen Veränderungen auf eine Organisation,
insbesondere des rationalen und emotionalen Nutzens von Diversity),
37
6. Entscheidung zum Handeln (die persönliche Verpflichtung zum Handeln
und die Entscheidung Verantwortung für Diversity zu übernehmen,
individuelle Beiträge zur Verbesserung zu identifizieren, eine Plattform
für die Implementierung von Maßnahmen im Rahmen von DM bieten)
und
7. Nachhaltigkeit der Veränderungen sichern (die feste Einbettung
erreichter Ergebnisse in die Strukturen und Prozesse der Organisation,
die Übertragung von Diversity bezogenen Werten und Verhaltensweisen
in das alltägliche, professionelle, persönliche und soziale Leben der
Beteiligten): Evaluation, Überprüfung von Diversity, Integration von
Diversity in allen Kommunikationsmedien und Werkzeugen des
Unternehmens, die Entwicklung von Kriterien und Messwerkzeugen.
In der betrieblichen Praxis soll dies sichergestellt werden beispielsweise durch:
•
betriebliches Sozialwesen
•
Kinderbetreuung
•
interkulturelles Training
•
Gesundheitsmanagement
•
flexible Arbeitszeitgestaltung (Teilzeit, Jobsharing sowie flexible
Pensionspläne, Frührente etc.)
•
Pflege von Angehörigen
•
Sabbatjahre
Zur Erinnerung
•
Diversity Management steht im Zusammenhang
weltweiter Veränderungsprozesse wie
Internationalisierung und Globalisierung,
Individualisierungstendenzen und demografischer
Wandel.
•
Als Führungsinstrument beschreibt „Diversity Management“ die
Gesamtheit der Maßnahmen, die dazu führen, dass Unterschiede in und
von einer Organisation anerkannt, wertgeschätzt und als positive
Beiträge zum Erfolg genutzt werden.
38
•
Anstatt Unterschiede zu negieren, sichert DM durch Integration und
Förderung die Vielfältigkeit des Personals. Dies trägt zu einer höheren
Zufriedenheit der Mitarbeiter und steigert den Erfolg des Unternehmens
bzw. der Organisation.
•
DM zielt auf die optimierte Nutzung von Qualifikationen und den Zugang
zu Absatzmärkten.
•
Diversity Strategien initiieren neue Denkmodelle, ermöglichen neue
Erfahrungen und verändern Verhaltensweisen.
•
Obwohl anders akzentuiert als Gleichstellungsstrategien (mit
spezifischen Antidiskriminierungsmaßnahmen), richten sich DM
Strategien implizit gegen jegliche Form von Diskriminierung.
Gruppenarbeit:
Beschreibe die Struktur einer bestimmten Organisation. Skizziere einen
Diversity Management Plan für diese Organisation.
IV.
Beispiele von Gleichstellungsgesetzen
Beispiele von Gleichstellungsgesetzen
Theorie:
- Antidiskriminierungsrichtlinien
- Beispiele von Gesetzen, die sich mit Gleichstellung befassen
Anforderungen an Ausstattung:
Beamer, Laptop
evtl. Overhead-Projektor
Flipchart
60 Minuten
(1 Stunde)
gesamt
60 Minuten
30 Minuten
30 Minuten
Impulsreferat:
Deine Präsentation sollte spannend sein und unterschiedliche Medien
verwenden (z.B. Flipchart, Power-point-Präsentation, Fotos usw.). Ermögliche
Pausen und Nachfragen, unterbreche für Gruppenarbeit, versichere dich, dass
die TeilnehmerInnen deine Präsentation verstanden haben.
39
2002 und 2003 verabschiedete die Europäische Union drei
Antidiskriminierungsrichtlinien, die auf nationaler Ebene in allen
25 EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden müssen. Die
Richtlinien umfassen die sechs Kerndimensionen von Diversity
und verbieten direkte und indirekte Diskriminierung und Belästigung. Direkte
Diskriminierung ist die ungleiche und nachteilige Behandlung einer Person
aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Religion oder ihren Glaubens, einer
Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung (verglichen mit der
Behandlung anderer in ähnlichen Situationen). Indirekte Diskriminierung findet
statt, wenn eine scheinbar neutrale Regel, Praxis oder Richtlinie sich aufgrund
von Merkmalen wie der ethnischen Herkunft, Religion oder Glauben,
Behinderung, Alter oder sexuelle Orientierung zum Nachteil von Menschen
auswirkt, es sei denn, dass diese Praxis sich durch ein legitimes Ziel objektiv
rechtfertigen läßt.
Auf nationalstaatlicher Ebene sind die meisten dieser Regeln ein juristisches
Novum und selbst viele Experten aus Human Resources-, Diversity- und
Rechtsabteilungen verstehen alle Implikationen der neuen Gesetze noch nicht.
Die meisten EU Länder sind noch dabei, die Richtlinien zu implementieren, ein
Prozess, der von der EU beobachtet und evaluiert wird.
In einigen europäischen Ländern, die nicht der EU angehören (z.B. in
Norwegen und der Schweiz), existieren bereits ähnliche Gesetze die Diversityund Diskriminierungsfragen betreffen, aber im Verlauf der europäischen
Integration wird eine Angleichung der Gesetze erwartet.
Zur Erinnerung
•
In 2002 und 2003 wurden drei
Antidiskriminierungsrichtlinien von der EU
verabschiedet.
•
Sie berücksichtigen alle sechs Kerndimensionen von
Diversity.
•
Die 25 EU-Mitgliedsstaaten sind dazu verpflichtet, diese Richtlinien in
ihrer nationalen Gesetzgebung zu implementieren.
40
•
Direkte Diskriminierung findet dann statt, wenn eine Person schlechter
behandelt wird als eine andere in einer vergleichbaren Situation.
•
Indirekte Diskriminierung findet dann statt, wenn Personen durch
scheinbar neutrale Regeln, Praktiken oder Richtlinien benachteiligt
werden.
•
Die meisten Länder sind noch dabei, die Richtlinien umzusetzen.
Beispiele internationaler Gesetze
Artikel 13 Amsterdamer Vertrag
Zur Umsetzung des Artikel 13 wurden am 29. Juni 2000 bzw. am 27. November
2000 drei wichtige Instrumente von der Europäischen Kommission und vom
(Minister-)Rat der Europäischen Union genehmigt. Sie sollen helfen,
Diskriminierungen auf Basis von Ethnie oder ethnischem Hintergrund, Religion
oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen
Orientierung zu bekämpfen und zu verhindern:
1.
die Richtlinie 2000/43/EG zum Verbot von Diskriminierung aus Gründen
der ethnischen Herkunft in einem breiten Spektrum von zivilrechtlichen
Bereichen: Beschäftigung, Bildung, Bereitstellung von Gütern und
Dienstleitungen sowie Sozialschutz.
2.
die Richtlinie 200/78/EG zum Verbot von Diskriminierungen in
Beschäftigung und Beruf, die Diskriminierungen aus Gründen der Religion
oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen
Orientierung untersagt.
3.
ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung von
Diskriminierungen (Beschluss 2000/750/EG), das die Umsetzung der
Richtlinien unterstützen und ergänzen soll. Hierfür werden Informationsund Erfahrungsaustausch sowie die Verbreitung bewährter Verfahren in
legislativen wie auch in nicht legislativen Bereichen gefördert.
Die Umsetzung von 1. und 2. wird in Deutschland in mehreren Schritten
erfolgen und nicht in einem umfassenden Artikelgesetz.
Das Lebenspartnerschaftsgesetz, Änderungen des Mietrechts in Bezug auf
barrierefreien Wohnraum und das Gleichstellungsgesetz für behinderte
41
Menschen sind bereits in Kraft getreten. Ein Gesetz zur Durchsetzung der
Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den
Gerichten des Bundes ist verabschiedet worden, während das geplante
Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft vorerst zugunsten einer
Selbstverpflichtungserklärung zurückgestellt worden ist.
Bezug nehmend auf das geplante arbeitsrechtliche Antidiskriminierungsgesetz
soll neben den arbeitsrechtlichen Inhalten der Richtlinie 2000/43/EG
(Rasse/ethnische Herkunft) die so genannte Rahmenrichtlinie 2000/78/EG
umgesetzt werden, die sich auf den Bereich Beschäftigung und Beruf
beschränkt. Das arbeitsrechtliche Antidiskriminierungsgesetz wird dabei auch
Regelungen zu Diskriminierungen wegen der Religion, Weltanschauung, Rasse
und ethnischen Herkunft enthalten. Dabei ist ein Detail für das deutsche
Rechtssystem ungewöhnlich: die Beweislast in strittigen Diskriminierungsfällen
wird umgekehrt. Organisationen müssen künftig nachweisen, dass sie nicht
diskriminiert haben. Zukünftig muss der betroffene Arbeitnehmer die Umstände,
die eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung vermuten lassen, lediglich
glaubhaft machen.
Eine entsprechende Regelung kennt das deutsche Recht bereits seit der
Umsetzung der Richtlinie über die Beweislast bei der Diskriminierung aufgrund
des Geschlechts (97/80/EG). §611aI Satz 3BGB regelt die Beweislastumkehr
bei geschlechtsbezogener Diskriminierung. Die bisherige Erfahrung zeigt
erstaunlicherweise aber, dass die Inanspruchnahme der Gerichte aufgrund
dieser Regelung gering ist.
Da die oben genannten Richtlinien wirksame, verhältnismäßige und
abschreckende Sanktionen zur Vermeidung von Diskriminierung verlangen, ist
damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Richtlinienumsetzung
entsprechende Schadensersatzansprüche zugunsten der Geschädigten
statuieren wird.
Gender Mainstreaming3
Gender Mainstreaming wurde in den Amsterdamer Vertrag von 1996 als
politisches Ziel der EU Länder festgeschrieben. In einem Kabinettsbeschluss
vom 23. Juni 1999 hat die Bundesregierung sich grundsätzlich zu der
42
Gleichstellung von Frauen und Männer bekannt und beschloss, dieses durch
Gender Mainstreaming Strategien zu fördern. Nach Paragraph 2 der am 26. Juli
2000
beschlossenen
gemeinsamen
Verfahrensrichtlinien
der
Bundesministerien sind alle Abteilungen dazu angehalten, diesen Strategien in
allen politischen, normativen und administrativen Maßnahmen der
Bundesregierung zu folgen. Die Strategie des Gender Mainstreaming als Mittel
der Bundespolitik ist auch in Paragraph 2 des Bundesgleichstellungsgesetzes
fest verankert. Um diese Vorgaben zu implementieren, hat das
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hierzu ein
relevantes Konzept von der interministeriellen Arbeitsgruppe zu Gender
Mainstreaming (IMA) entwickeln lassen:
•
Alle Ministerien organisieren die Weiterbildung und Sensibilisierung ihres
Personals (einschließlich des Führungspersonals) eigenverantwortlich.
•
In allen Ministerien wird die Anwendung von Gender Mainstreaming mit
einem Pilotprojekt erprobt.
•
Strukturen und Instrumente für die Implementierung von Gender
Mainstreaming in der Verwaltungspraxis werden aufgebaut.
•
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist
zuständig für die Koordinierung und Ausführung der Öffentlichkeitsarbeit
zum Thema Gender Mainstreaming und seiner Implementierung
innerhalb der Bundesregierung.
Ende 2003 war die Pilotphase fast abgeschlossen. Die in den Pilotprojekten
gesammelten Erfahrungen und Ergebnisse wurden in ein elektronisches
Manual zusammengefaßt, das sogenannte „Wissensnetzwerk – Gender
Mainstreaming für die Bundesverwaltung“.
Art. 3 GG:
“Gleichheit vor dem Gesetz“: „(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(...) (3) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner
Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner
religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
3
vergleiche www.gender-mainstreaming.net
43
BGB §611:
Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeitsverhältnissen
„Grundsätze für die Gleichbehandlung der Betriebsangehörigen“ (§75 BetrVG):
In den Unternehmen spielen Betriebsvereinbarungen zunehmend eine größere
Rolle. Immer mehr Organisationen verpflichten sich selbst zu mehr
Chancengleichheit oder Fairness am Arbeitsplatz. Viele dieser Vereinbarungen
haben einen bindenden Charakter.
Grundsätzliche Überlegungen:
Es wird differenziert zwischen Gleichbehandlung, Gleichstellung und
Chancengleichheit. Diskutiere die Unterschiede. Wie könnte eine politische
Stellungnahme zu diesem Thema aussehen? (Da in Deutschland die
staatspolitischen Rahmenbedingungen für Diversity alles andere als ideal sind,
ist dies grundsätzlich notwendig.)
Zur Erinnerung
•
Für die Implementierung von Artikel 13 des Amsterdamer
Vertrags gibt es drei Instrumente: die Direktriven
2000/43/EG, 2000/78/EG und 2000/750/EG.
•
Die Beweislast in strittigen Diskriminierungsfällen wird
umgekehrt, künftig müssen betroffene ArbeitnehmerInnen die Umstände
der Diskriminierung lediglich glaubhaft machen. Organisationen werden
beweisen müssen, dass ihre Praktiken keine Diskriminierung darstellen.
•
Gender Mainstreaming fand 1996 Eingang in die Gesetzgebung. Die
Bundesregierung bekennt sich grundsätzlich zu der Gleichstellung von
Frauen und Männern und hat beschlossen, dieses durch die Gender
Mainstreaming Strategie zu fördern.
•
In Deutschland ist das Prinzip der Chancengleichheit in mehreren
Gesetzen verankert:
* Art. 3 des Grundgesetzes
* BGB § 611
44
* § 75 BetrVG.
Es wird unterschieden zwischen Gleichbehandlung, Gleichstellung und
Chancengleichheit.
In dieser Einheit können TeilnehmerInnen auch zusätzliche Aufgaben
übernehmen wie z.B. Internet- und Hintergrundrecherchen, Interviews
Betriebsbesichtigungen oder Besuche in relevanten Institutionen.
Test
Fragen:
1. Beschreibe den Unterschied zwischen direkter und
indirekter Diskriminierung.
2. Erzähl etwas über die Inhalte von Artikel 13 des
Amsterdamer Vertrags.
3. Was bedeutet “Beweislastumkehr” in diesem Zusammenhang?
4. Welche anderen relevanten Gesetze kennst Du?
5. Diskutiere die Unterschiede zwischen Gleichbehandlung, Gleichstellung
und Chancengleichheit. Welche Schwierigkeiten könnte es bei der
Berücksichtigung dieser Unterschiede bzw. ihrer Verankerung in
Gesetzen geben?
V.
Konzepte von Empowerment
Konzepte von Empowerment
Theorie:
- Empowerment
Praxis:
- Gruppenarbeit: Aussagen über Empowerment
Anforderungen an Ausstattung:
Beamer, Laptop
evtl. Overhead
Flipchart
Metaplan, farbige Karten
90 Minuten (1
Stunde 30
Minuten)
gesamt
60 Minuten
60 Minuten
30 Minuten
30 Minuten
45
Impulsreferat:
Der Begriff stammt aus dem Englischen und bedeutet
Ermächtigung bzw. Selbstermächtigung. Gemeint ist, dass
Betroffene Entscheidungsmacht über ihr eigenes Leben
gewinnen bzw. wieder gewinnen.
Empowerment steht „für einen Prozess, in dem die Betroffenen ihr Leben in die
eigene Hand nehmen, sich dabei ihrer eigenen Fähigkeit bewusst werden,
eigene Kräfte entwickeln und soziale Ressourcen nutzen.“4
Es gibt drei Ebenen des Empowerment:
•
individuelle : Personen übernehmen aus einer Situation der
Machtlosigkeit, Demoralisierung, Resignation ihr Leben wieder in die
Hände
•
gruppenbezogene: neue Fähigkeiten durch Mitarbeit in einer
Organisation ausbilden, Meinungen und Kompetenzen mit anderen
austauschen
•
strukturelle: bezieht sich auf Rahmenbedingungen, soziapolitisches
Handeln
In den häufig beschriebenen Phasen , Schritten oder Etappen des
Empowerment werden Ebenen der Formierung und Mobilisierung beschrieben,
die letztendlich in gesellschafts- bzw. sozialpolitischen Bewegungen münden.
Behinderung der Eigenmacht wird in dem Konzept der „Erlernten Hilflosigkeit“
von Martin E.P. Seligman, Steven F. Maier von 1967 deutlich:
Versuch mit Hunden:
1.a. Käfig mit Stromstößen
1.b. Käfig mit Stromstößen und Ausweichmöglichkeit
2. Gruppe a in Käfig b – Hilflosigkeit, keine Versuche zu entkommen
Die Folge ist nach Seligman erlernte Hilflosigkeit:
•
Erlernte Hilflosigkeit ist ein Zustand negativer Erwartungen, die auf der
Einsicht beruhen, Probleme seien mit den vorhandenen Denk- und
Handlungsmöglichkeiten nicht zu lösen.
•
4
Ein Zustand der eintritt, wenn Ereignisse nicht kontrollierbar sind
Theunissen, G., Plaute, W. (1995): Empowerment und Heilpädagogik: Freiburg im Breisgau
46
•
Ein Gefühl , eine Erfahrung, keine Entscheidungsgewalt und Kontrolle
über Lebensereignisse zu haben.
Daraus entwickeln sich vier Defizite:
•
Motivation: Verminderte Leistungsbereitschaft, Erwartung, dass aktives
Handeln keinen Einfluss auf Handlungsergebnis hat
•
Kognition: Auswirkung auf spätere Lernprozesse, dass es keinen
Zusammenhang zwischen Verhalten und Handlungsergebnissen gibt
•
Emotion: Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit, Angst, da das eigene Handeln
ergebnislos erscheint, Gefühl des Ausgeliefertseins
•
Selbstwert: negatives Selbstbild
Erlernte Hilflosigkeit zeigt viele Parallelen zu Phänomenen, die
Krankheitsverläufen zugeschrieben werden. Auch tendenziell entmündigende
Betreuung unterstützt diesen Prozess.
Untersuchung zum Wiedererstarken von Schizophrenie aus Sicht der
Psychiatrieerfahrenen5
von Psychiatrieerfahrenen am Häufigsten genannte Faktoren, die den Prozess
des Wiedererstarkens beeinflusst haben:
- 74 % eigene Entscheidung, dass es besser gehen soll
- 64 % einen Umgang mit der Krankheit finden
- 61 % der negative Einfluss von Professionellen
- 54 % Selbsthilfestrukturen
- 54 % Freunde, die einen akzeptieren
- 54 % negative Aspekte von Medikamenten
- 61 % berichteten, dass ihre Erfahrungen mit Professionellen nicht nur negativ,
sondern sogar nachteilig für ihren Genesungs-/Wiedererstarkensprozess
gewesen sei. Auch wenn viele Befragte positive Begegnungen mit einzelnen
Professionellen hatten, war der allgemeine Eindruck schlecht.
5
Tooth,B., Kalyanansundaram, V., Glover,H. (1997): Recovery From Schizophrenia: A
Consumer Perspective
47
Empowerment – eine Definition aus Betroffenensicht6
•
Hoffnung
•
Zugang zu Informationen, Ressourcen und Finanzmitteln haben
•
ein Spektrum an Wahlmöglichkeiten haben; die Fähigkeit und Möglichkeit
eigene Entscheidungen zu treffen
das Gefühl zu haben, als Individuum etwas bewegen zu können
•
–Hoffnung ist ein elementarer Bestandteil des Lebens
•
mit der eigenen Stimme reden
•
die eigene Identität neu und selbst definieren
•
das Verhältnis zur institutionellen Macht neu definieren
•
Wut erkennen und äußern können – keine Umdefinition als
Dekompensation
•
ein positives Selbstbild entwickeln und die Stigmatisierung überwinden
•
Veränderungen im eigenen Leben und im Umfeld zu bewirken – bewirkt
ein Mensch Veränderungen, stärkt er oder sie dadurch das Gefühl, über
Kompetenz und Kontrolle zu verfügen
•
sich nicht allein fühlen, sondern als Teil einer Gruppe
•
Coming out bezüglich der eigenen Krankheit, selbstbewusster Umgang mit
dem So-Sein
ein fortlaufende Prozess der Stärkung der Eigenmacht
•
Gruppenarbeit:
Diskutiert die Aussagen und ergänzt sie wenn notwendig.
Empowerment in der Psychiatrie (knüpft an das Verständnis von Gesundheit
und Krankheit an):
•
Auflösung der Expertenherrschaft der Professionellen:
o der Betreuer wird zum Begleiter, „Berater und Förderer eines
zunehmenden Emanzipations- und Partizipationsprozesses“ 7
6
aus: Knuf, A., Seibert, U. (Hg.) (2001); Selbstbefähigung fördern, Empowerment und
psychiatrische Arbeit; Bonn, S. 18 f. und Rede von Peter Lehmannn
7
Knuf, A., Seibert, U.: Selbstbefähigung fördern
48
•
Einflussnahme der Psychiatrieerfahrenen auf Behandlungs- und
Versorgungsstrukturen
•
Hoffnung
o Ein wichtiges Element auf dem Weg der Gesundung/des
Wiedererstarkens ist Hoffnung/Glauben, dass es mir besser
gehen kann. Dies kann auch von anderen vermittelt werden, wenn
die Person selbst (derzeit) nicht an sich glauben kann. Die
therapeutische Bedeutung von Hoffnung lässt sich wie folgt
beschreiben:
„ Hoffnung erhält aufrecht, auch in Phasen von akuten Krisen. Sie
entwickelt in sich ihre Potentiale. In dem sie die Sphäre des
Möglichen öffnet, legt sie den Grundstein für den Beginn der
Veränderung.“8
•
Stärkung:
o Entdecken, Bewusstwerden und Entwickeln der eigenen
Ressourcen
o Gefühl der Identität
o Sinn und Aufgabe im Leben
•
Bedingungen fördern, die es Menschen ermöglicht, Kontrolle über die
Gestaltung des eigenen Lebens und der eigenen sozialen Lebenswelt zu
erlangen
•
Psychiatrieerfahrene sind ExpertInnen in eigener Sache
o Auch in Phasen der Belastung werden die Betroffenen als
kompetente Akteure wahrgenommen, die über das Vermögen
verfügen, ihre Lebenszusammenhänge (Ziele, Entscheidungen...)
in eigener Regie zu gestalten
•
Organisierung von/in Gruppen:
o Selbsthilfegruppen und –verbände
o Psychoseseminare
o Arbeitskreise (Nutzerarbeitskreis...)
o Expertenpartnerschaft
•
8
Entwicklung einer anerkannten gesellschaftlichen Rolle
Lightburn, A. / Session,P. (Hg.): Community based clinical practice; London im Druck
49
•
Integration in die Gemeinde
•
Bürger sein
„Geld und Rechte, darauf kommt es an, daran misst sich ein echter Fortschritt.
Dagegen sind alles andere nur Worte.“ (Peter Lehmann)
Die Kernfrage lautet, hat die Person mehr oder weniger Macht durch meine
Interventionen.
Zur Erinnerung:
•
Empowerment meint, dass Individuen
Entscheidungsmacht über ihr eigenes Leben
gewinnen oder wieder gewinnen, sich ihrer
Fähigkeiten bewusst werden und soziale Ressourcen
nutzen. Leitperspektive ist die selbstbestimmte
Bewältigung und Gestaltung des eigenen Lebens.
•
Es gibt drei Ebenen des Empowerment: die individuelle, die
gruppenbezogene und die strukturelle.
•
Aufgrund erlernter Hilflosigkeit wird Eigenmacht behindert. Erlernte
Hilflosigkeit ist ein Zustand negativer Erwartungen, die auf der Einsicht
beruhen, Probleme seien mit den vorhandenen Denk- und
Handlungsmöglichkeiten nicht zu lösen, Ereignisse nicht kontrollierbar
und Entscheidungsgewalt über Lebensereignisse nicht vorhanden.
•
Das Konzept von Empowerment beinhaltet Zugang zu Informationen.
Ressourcen und Finanzmitteln, Hoffnung zu haben und ein Spektrum an
Wahlmöglichkeiten, die Möglichkeit, als Individuum etwas bewegen und
die eigene Identität neu und selbst definieren zu können, mit der eigenen
Stimme zu reden, ein positives Selbstbild zu entwickeln und sich nicht
alleine zu fühlen, sondern zu einer Gruppe zugehörig.
•
Empowerment knüpft an das Verständnis von Gesundheit und Krankheit
an: Auflösung der Expertenherrschaft der Professionellen und
Verstärkung von Einfluss und Kontrolle. Das meint, dass NutzerInnen
Experten ihres eigenen Lebens sind.
50
•
Hoffnung ist ein wichtiges Element auf dem Weg der Gesundung, es legt
den Grundstein für den Beginn von Veränderung.
•
Wichtig ist die Organisierung von/in Gruppen, z.B. in Selbsthilfegruppen
und –verbänden, Arbeitskreisen und Expertenpartnerschaften.
Psychiatrische Intervention in der Gemeinde
Ist Gemeinde der Locus oder der Focus des Handelns ?
Gemeindeorientiertes Handeln umfasst:
•
Einbeziehung des „natürlichen“ sozialen Umfeldes einer Person
•
Entwicklung von Beziehungen in einem Gemeinwesen
•
Unterstützung bei der Entwicklung einer wertgeschätzten Rolle als
Mitbürger
•
Arbeit mit Mitgliedern des Gemeinwesens zur Bekämpfung von Stigma
und dem eingeschränkten Zugang zu Ressourcen
•
Entwicklung multipler Verbindungen zu und zwischen den Mitgliedern
einer Gemeinde
•
Empowerment, Unterstützung von Wiedererstarken beinhaltet, einen
Sinn im eigenen Handeln zu erkennen, einen Sinn in der Zugehörigkeit
zu einer Gruppe
•
Gemeindeorientierte Arbeit kann nicht von einem Büro aus gemacht
werden; um den elementaren Bedürfnisse eines Menschen zu antworten,
ist es wichtig, ihnen in ihrem Revier und in ihrer Sprache zu begegnen
und Angebote zu machen, die unmittelbar als bedeutsam für den
Lebenskontext angesehen werden können
•
Arbeit ist die Brücke, über die jemand von einem schwer psychisch
Kranken zu einem zunehmend kompetenten, intakten Menschen werden
kann.
10 Prinzipien gemeindeorientierter, bemächtigender Arbeit9
9
nach Davidsen, Larry u.a.: Recovery Guides, an emerging model of community based care for
adults with psychiatric disabilities; in Lightburn, A./ Session,P. : Community based
clinicalpractice; London im Druck
51
1.
Recovery- (Genesungs-/Wiedererstarkens-) Orientierung
2.
Fähigkeitsorientierung
3.
Gemeindeorientierung
4.
personenzentriert
5.
Gegenseitigkeit der Beziehung
6.
Kulturrelevanz
7.
Orientierung am individuellen Lebenskontext
8.
Beziehungsarbeit
9.
Optimierung der natürlichen Unterstützung
10. Es ist dein Job
“The reality in which the practice of rehabilitation takes place is made up of the
sum of places, times, and relationships which constitute daily life. These
include the moments and periods which divide up everyday life, the spaces of
the house and neighbourhood and banal everyday relationships. We could say
that Rehabilitation is the practice of the obvious, the relearning of the banal, the
enhancing of the rhythm which exists between objects and the body which
moves among them, the respect for the relationship between internal and
social time, the integration of memory and project, the acquisition of the
measure of psychological and physical distances, the conquest of the
awareness of rights and the right to awareness.” (B.Saraceno).
Zur Erinnerung
•
Gemeindeorientiertes Handeln umfasst: Einbeziehung
des “natürlichen” sozialen Umfeldes, die Entwicklung
von Beziehungen in einem Gemeinwesen und die
Arbeit mit Diensten in der Gemeinde. Um eine Person
zu unterstützen, ist es wichtig, ihr in ihrem Revier und
in ihrer Sprache zu begegnen und Angebote zu machen, die unmittelbar
als bedeutsam für den Lebenskontext angesehen werden können.
•
Gemeindeorientierte Hilfe, Empowerment beinhaltet den Fokus auf den
Menschen, ist orientiert auf Gesundung und Wiedererstarken und die
Gegenseitigkeit von Beziehungen.
52
Hausaufgabe: Bereite Besuche von unterschiedlichen Diensten vor (z.B. von
Diensten der Gemeindepsychiatrie, von Selbsthilfegruppen etc.). Bereite
Interviews vor.
Test
Fragen:
1. Erzähle uns etwas über das Konzept Empowerment.
2. Welche unterschiedlichen Ebenen gibt es
diesbezüglich?
3. Was ist mit erlernter Hilflosigkeit gemeint? Und was sind die
Konsequenzen von so einer Herangehensweise?
4. Kannst du uns etwas über deine Meinung und/oder deine Erfahrung von
Hoffnung erzählen?
5. Welche Selbsthilfegruppen kennst du?
6. Was sind die Implikationen von gemeindeorientierter Hilfe?
53
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56