Leben alaturka - Deutsche Türkei Zeitung
Transcription
Leben alaturka - Deutsche Türkei Zeitung
Alanya InStyle 07. Juli 2007 ... Music was my first love! Ganz klar: Die Türken lieben Musik! Das ist eindeutig und äußert sich darin, dass vor allem MÄNNER!!!! gern ein türkisches Lied zum Besten geben...teils verträumt und latent melancholisch oder aber auch lauthals und emotionsgeladen. Ganz ohne Scheu und überall. Ob im Bus, auf der Parkbank oder im Restaurant. Der Vergleich mit dem gemeinen deutschen Mann rückt nahe, von dem wir derartige Gefühlsausbrüche in Form von Sangeskunst ja nun überhaupt nicht gewöhnt sind. Vielleicht liegt es aber auch am türkischen Liedgut, das mindestens zum Mitsummen anregt. Die türkische Musik ist durch eine ausgesprochene Vielfältigkeit geprägt... in ihren Stilrichtungen genauso wie in ihrer instrumentellen Bearbeitung. Der Einfluss reicht von indischer Musik bis zur Musik des Balkans, von islamisch arabischer und persischer Musik bis zur europäischen Kunstmusik und von antiker byzantinischer Musik bis zur internationalen Rock- und Popmusik. Dennoch behielt die Musik der Türkei immer ihren eigenen Charakter. Als Urlauber wird man hauptsächlich folgende zwei Musikstile zu hören bekommen: Melancholisch, traurig, schön: Die Traditionelle Musik Die ursprüngliche Musik der Türkei besteht aus zwei großen Traditionen mit unterschiedlichen Charakterzügen. Zum einen gibt es die türkische Volksmusik (Türk Halk Müzigi). Wie auch in Deutschland ist diese Musik von Region zu Region verschieden. Vor allem aber die Kultur der türkischsprachigen Gemeinden Anatoliens drückt sich in dieser Musikform aus. Die zweite Tradition ist die türkische Kunstmusik (Türk Sanat Müzigi). Sie ist sehr stark von der islamischen, v.a. der persischen und arabischen Kultur geprägt und war Ausdruck der osmanischen Elite. Wir als Nicht-Profis erkennen die Unterschiede zwischen beiden Musikrichtungen kaum und finden es einfach nur schön, den melancholischen und virtuosen Klängen zu lauschen. Mit einem Glas Raki kann man dann schon recht leicht in meditative Trancezustande geraten. Orient meets Oxident: Die Türkische Popmusik Die türkische Popmusik ist aus dem Alltag kaum noch wegzudenken. Gleichermaßen beliebt bei Alt und Jung. Ob aus vorbeifahrenden Autos, in Imbissen etc....überall ist sie zu hören. Oft werden für den Text aktuelle Themen aufgegriffen, was der türkischen Popmusik in allen Gesellschaftsschichten zum Durchbruch verholfen hat. Sie hat sowohl westliche als auch arabische Einflüsse. Dadurch entstanden neue Musikrichtungen wie T-Pop und Anadolu Rock. Auch hier zeigt sich die Türkei als Brücke zwischen den Kulturen. Erfolgreichste türkische Popsängerin ist Sezen Aksu. Vor allem den aufmerksamen Zuschauern des Eurovision Song Contest müsste der Name ein Begriff sein, denn Sezen Aksu hat viele der türkischen Beiträge produziert. Bei den männlichen Popstars spielen Tarkan und Mustafa Sandal eine führende Rolle, auch im internationalen Musikbusiness. Auch ständig in den türkischen Charts vertreten: Ajda Pekkan, Sertab Erener, Yildiz Tilbe und Kenan Dogulu. Unser Tipp: Auch in Deutschland gibt’s mittlerweilse sehr schöne Compilations mit türkischen Pop als perfekte Einstimmung für den Urlaub oder schöne Erinnerung an die unvergesslichen Tage an der Türkischen Riviera. Sertab Erener Tarkan Mustafa Sandal Wie lernt man am einfachsten und angenehmsten eine Sprache? Logisch! Indem man sich in die Songtexte von Lieblingsliedern reinhört. Wir haben mal ne ganz kleine Liste zusammengestellt mit Wörtern, die in keinem türkischen Lied fehlen dürfen. Mann, wir sind selbst erstaunt über unseren freiwillig angenommenen Bildungsauftrag dieser Ausgabe. Also fleißig pauken und nächstes mal wird abgehört;) Kleine Sprachschule Türkisch(er Herzschmerz): Ask (aschk) oder auch Sevgi (sewgi): Die Liebe. Natürlich das Thema Nummer eins und in fast JEDEM türkischen Songtext enthalten seni seviyorum (seni sewiyorum): Ich liebe Dich Canim (dschanim): Mein Schatz Askim (aschkim): Meine Liebe Hasret: Die Sehnsucht Sekerim (Schekerim): Mein Zucker. Deswegen nicht wundern, wenn Ihr mal von einem nicht ganz so perfekt englisch sprechenden Türken den Satz zu hören bekommt: „You are so sugar!“ aber bitte dann offensichtlichen Lachkrampf vermeiden! yalnizim (jalnisim): ich bin einsam (schnief) gitt: geh! of (gerne auch offfffffffff oder Abwandlung uff): oft benutzter, da auch sehr vielfältig einsetzbarer Stimmungsausdruck. Zum Beispiel: wenn man gestresst ist oder angespannt, aber auch im Falle von Langeweile oder Müdigkeit. Genauso für Situationen, in denen man einfach nur überwältigt ist. Es kommt halt auf die Intonation an. 43 Leben alaturka Das Phänomen „Anne“ in Kombination mit allgemeiner Lautstärkentoleranz Mal was aus dem Alltag. Jeder, der wie wir nicht in einem Hotel wohnt, sondern das türkische Leben live erleben will und sich daher ein Apartment gemietet hat, möglichst mit mehrheitlich einheimischen Nachbarn, wird regelmäßig durch laute „Anne“-Schreie aus seinem Alltagstrott oder gar Schlaf gerissen. Wer zum ersten mal in den Genuss kommt, weiß zunächst nicht, was los ist. Es stehen Kinder, junge Frauen oder ausgewachsene Männer auf der Straße und schreien, recht verzweifelt „AAAANNE!!!!“! Und das meist unzählige Male hintereinander, ohne auf Nachbarn, die das unter Umständen mit steigender Frequenz nervig finden könnten, Rücksicht zu nehmen. Gerade der wohl erzogene Deutsche staunt darüber meist nicht schlecht. Ist es für ihn doch ganz unvorstellbar, in der Öffentlichkeit durch lautes Geschrei Ärgernis zu erregen. Mama hatte damals schon geschimpft: „Was sollen denn die Nachbarn denken!!!“ und letztere haben sich dann auch tatsächlich echauffiert, wenn es beim Völkerballspielen doch mal bisschen lauter geworden ist... „Ruhe hier unten!!! Ich helf sonst gleich mit!!!“ kam es hinter der Gardine im ersten Stock hervor zusammen mit dem erhobenen Zeigefinger eines meist grimmig schauenden Opas. Und wer kann sich nicht an die Polizei erinnern, die später bei gelegentlichen WG-Parties mit „musikalischem Rahmenprogramm“ auf der Matte stand und vom Nachbarn im Erdgeschoss links bestellt wurde... komischerweise auch hier wieder ein grimmiger Opa (Zufall!?). Ja ja... die Deutschen und ihre sehr empfindliche, da extrem niedrige Schwelle des Sich-belästigt-Fühlens - unter anderem eben auch durch Geräusche in der näheren Umgebung. Hier in der Türkei unvorstellbar! Wir glauben sogar, dass die Toleranz gegenüber Geräuschen, egal welchen Pegels, bei Türken grenzenlos ist und niemanden zu stören scheint. Zumindest lässt es sich keiner anmerken oder würde gar ein Wort darüber verlieren. Um zum „Anne“- man kann schon fast sagen - Urschrei zurückzukommen (denn er ist es so gesehen wirklich!) - hilft die deutsche Übersetzung: „Anne“ bedeutet Mutter. Und die ist, wie wir alle wissen, in türkischen Familien DIE Leitfigur. Anne managt die ganze Familie. Ohne Anne wären alle aufgeschmissen. Selbiges gilt übrigens auch für die deutsche Mutti. Nur, dass Anne in der Türkei einen höheren Stellenwert einnimmt, da sich alle Familienmitglieder dessen auch bewusst sind. Für jeden Türken ist seine Anne die beste Frau auf der ganzen Welt. Niemand kann so gut kochen wie seine Anne. Anne hier und Anne da und „AAAANNE“ eben halt auch auf der Straße. Denn es wird sich nicht die Mühe gemacht, die Türklingel zu benutzen (auch wenn sie noch so schön wie ein Vogel zwitschert) Nein... es wird laut „AAAAAAANNE“ nach oben gerufen und darauf gehofft, dass Anne es hört. Wenn nicht, wird eben solange gerufen, bis Anne endlich die Tür aufmacht und ihre Liebsten in die Arme nehmen kann. Und das kann manchmal dauern. Unser Tipp: Einfach mal mitzählen. Unsere Nachbarn halten den Rekord mit 14 mal „AAAAAAAANNE“;)