ie schärfsten Geräte zur Rechenschaft gezogen - MTM

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ie schärfsten Geräte zur Rechenschaft gezogen - MTM
)ie schärfsten Geräte zur Rechenschaft gezogen: 2175 PS geteilt durch
vier Autos: BMW M3 CSL, Ferrari 575 M Maranello, Lamborghini Gallardo, MTM Bimoto
VON RUDOLF SKARICS
ben vielleicht schon
oder werden bei diesem
Supertest noch öfter
übers Frühaufstehen lesen.
Nicht, dass dies im Autotesterleben so ein einmaliges Erlebnis wäre, denn die erste Maschine in Schwechat hebt um
6 Uhr 40 ab, was uns auf dem
Weg zu neuen Autos recht
regelmäßig einen kleinen Jetlag
einbringt. Dreizehn Wahnsinashobel auf dem Dach der
Westbahnh
.ommen
dann doch ein bissl schärfer.
Immerhin, die Frühaufsteherwertung hatte als nervöser
Bettflüchtling ich gewonnen,
was eine gute Startposition
für eine der wichtigsten Test-
Zeremonien ergab: den SoundCheck. Keiner konnte sich
einen kurzen Zupfer am Gaspedal auf Höhe der AvantiTankstelle verkneifen, um dem
Tankwart, stellvertretend für
alle Menschen, die sich gut und
gerne bei Autos auskennen,
unaufgefordert eine kleine Hörprobe zu verschaffen. SoundDesign, einmal im Vorbeifahren, einmal als Echowelle
aus der Garagenauffahrt. Ich
könnte bereits bei Wetten-Dass
auftreten, ich müsste allerdings
noch 87 Melodien dazulernen,
damit sich eine rekordverdächtige Zahl ergibt.
So viel zum Munterwerden.
Nächster Gang: Südautobahn,
Audi TT Bimoto. Zu Deutsch:
Zwei Motoren ä 400 PS. Das
Kampfflugzeug unter den
Superschnellen. Sie sehen schon,
da bleibt keine Zeit mehr,
ganze Sätze zu bilden. Traktion: ohne Ende. Tritt ins
Kreuz: ohne Ende. In Kurven:
kann alles. Du traust dich:
nichts. Die 3,6 Sekunden von
Null auf Hundert vergehen im
Wesentlichen in der Schaltpause. Die Reduktion der
Sinneswahrnehmung aufs
reine Fahren passiert bei keinem anderen Auto so direkt.
Erst wenn die beiden TurboVierzylinder ausgeknistert
haben, ist das Fahrerhirn wieder fürs normale Leben
brauchbar, zum Beispiel, um
zu erklären: Wozu das alles?
Der deutsche Tuner MTM
in Person des Roland Mayer
will sich aus der Undefinierten
Masse engagierter Autoverbesserer erheben und ein unverkennbares Zeichen setzen:
400 km/h erreichen, mit einem
Auto, das man in der nächsten
Audi-Werkstätte reparieren
kann. Bei 376 km/h ist man
bereits angelangt. Dann staut
sich die Luft beim hinteren
Kühler, und der Motor wird
heiß, weil sie nirgends mehr
raus findet. Die nächsten 24
km/h bleiben noch als große
Aufgabe. Einfach ein Loch in
die hinteren Stoßfänger zu
BEST OF SOUND
1. Lamborghini:
Why don't we do it in the road?
2. Audi: Heiter Skelter.
3. BMW: Sergeant Pepper's
Hearts Club Band.
4. Ferrari: Come Together.
BEST OF SHOW
DIE 3,6 SEC AUF WO
VERGEHEN EIGENTLICH
IN DER SCHALTPAUSE
1. Lamborghini: Martini gerührt
2. Ferrari: Sex on the Beach.
4. Audi: Molotow-Cocktail.
schneiden, wäre eine nahe liegende Idee, aber sehr naiv,
denn dann ist die Aerodynamik
beim Teufel.
Auf dem Ochsattel, bei den
netten Wirtsleuten, denen es
gelungen ist, irgendwann in
den sechziger Jahren die Zeit
anzuhalten, drückt die Sonne
auf die Supertest-Kappln und
bedrohlich aufs Speckbrot. Die
ersten Erfahrungen kommen
hoch: Lamborghini gegen
Ferrari, ein beliebter Vergleich,
aber in unserer Konstellation
so nicht zu machen. Der Lamborghini Gallardo, ein schlanker Supersportwagen, so nahe
am echten Rennwagen wie kein
anderer in unserem Test. Der
Ferrari Maranello, ein üppiges
Coupe mit beinah limousinenhaftem Charakter. Der eine ein
verbindliches Sportgerät also,
der andere ein feiner Pinkel mit
kräftiger Muskulatur.
Um die Spannung anzuheizen, zuerst zum Ferrari: Die
klassische Anordnung, V1258
aytorewue 11/03
BEST OF BEIFAHREN
1. Ferrari: Weil man sich darin
besser sehen lassen kann.
2. BMW: Weil man sich darin
besser fühlen kann.
3. Lamborghini: Weil man sich
darin besser spüren kann.
Trotz viel weniger PS als Ferrari und
Lamborghini ist der BMW M3 CSL ein
rasiermesserscharfes Ding. Der
MTM-TT ist furchterregend schnell
4. Audi: Weil man sich darin besser
übergeben kann.
Motor vorne, Antrieb hinten,
raubt ihm beim Fahrgefühl das
Exotische, man denkt mit geschlossenen Augen eher an
einen Mercedes als an einen
reschen Italiener. Dazu trägt
auch die recht komfortable
Federung bei und das mühelose Aus- und Einsteigen, also
im Grunde sehr positive Eigenschaften, die sich allerdings mit
klischeehaften Erwartungshaltungen spießen, zumal man
auch noch sehr entspannt sitzt.
Machohafte Assoziationen
gehen somit in Richtung maximal geiles Ansteuern des neuesten Haubenlokals mit Hasen
und sie kommt auch reichlich
zum Einsatz. Da muss man
noch nicht wie ein Henker
unterwegs sein, da genügt ein
schludriges Zupferl am Gaspedal kurvenausgangs, und
schon würdest du ohne
Elektronik-Klaps den Straßengraben mit dem Hintern
voraus näher kennen lernen.
Zwischen Ochsattel und
Melk auch den BMW M3 CSL
kennen gelernt. Schalten, Gasgeben, Federn, Lenken, alles
wirkt extrem direkt und exakt
und damit sehr sportlich. Trotz
seiner Straffheit insgesamt
wird er aber nicht ungut im
an Bord, Potenzbeweis auf der
Rennstrecke fällt einem eher
weniger dazu ein. Was immerhin für exzellente Alltagstauglichkeit spricht, wenngleich 515 PS ein eindeutiges
Statement sind auf dem Weg
zwischen Wien, dem Höllental
und Melk.
Die ganze Power an den
hinteren Tatzen will von der
Elektronik gebändigt werden,
SUPERTEST
WIR SEHEN SOFORT,
ZU WELCHER FAMIUE
DER LAMBO GEHÖRT
Alltag, das heißt, Querfugen
auf der Autobahn lassen
durchaus das harte Fahrwerk
spüren, aber das ist zu akzeptieren, schließlich kriegt man
eine beeindruckende Performance mitgeliefert. Das gilt
auch für die Reifen, deren
rennmäßige Eigenschaften im
Vordergrund stehen und die
geradezu starrsinnig jede Spurrinne verfolgen. Das heißt,
beim Bummeln ist erhöhte
Aufmerksamkeit angesagt, je
schneller man fährt, umso
klarer setzen sich seine Talente
in Szene, desto leichtfüßiger
wird er zu dirigieren.
Der M3 CSL fällt als konsequent durchgestyltes Auto auf.
Es entsteht schnell der Eindruck, als wären da zuerst nur
die Reifen gestanden, jene
Semi-Slicks von Michelin, die
eigentlich Slicks sind, mit gerade so viel Profil, dass es für eine
Straßenzulassung reicht. Und
dann begann man ein Auto darum zu bauen, um es am Ende
auch noch in eine durchkomponierte Soundwolke zu ver6o
autorevue 11/03
VERDICT
packen. Was dazwischen liegt,
ist die grundsätzliche Art, wie
BMW seine Autos baut, hier im
weiten Rahmen eines Supersportiers entsprechend kompromissarm auf Performance
gerichtet. Jedenfalls sind die
Fahrleistungen weit jenseits
von normal, obwohl er mit
deutlich weniger PS als Ferrari
und Lamborghini auskommen
muss.
Wenn einen die Übernahme
der feinen Exoten durch große
Konzerne auch sentimental
berührt hat, der Qualität hat es
außerordentlich gut getan,
denn mit zunehmender Komplexität der Autos konnte der
wahre Wert von Supersportwagen mit deren Legende nur
schwer mitziehen. Und es ist
nun einmal sehr egal, dass in
diesem Lamborghini die Bremsen eines Audi RS6 arbeiten,
Hauptsache, sie machen es
gut. Womit nebenbei festge-
Laute Begeisterung für den
Lamborghini Callardo: Fahren als
Selbstzweck funktioniert nirgends
besser. Er erfüllt, was bis heute
viele Exoten nur vorgaben zu sein.
Die Bügelbrettstatur erlaubt immer noch würdiges Betreten und
Verlassen. Seine Sportlichkeit verlangt außer schlankem Schuhwerk
wegen der engen Pedalstellung
noch keinen extremen Körperbau.
Feines Vorfahren im Ferrari.
Kultivierter Motor mit überzeugender Kraftentfaltung. Man darf
ihn nur in seiner Rolle als Sportwagen nicht überfordern. Ein Blick
auf den amerikanischen Markt und
die dortige Kultur des Autofahrens
erklärt ihn am besten und macht
das Konzept schlüssig.
BMW: Strengstes 0,0-PromilleAuto, fettfrei, zuckerfrei und trotzdem intensiv zu erleben. Wer jeden zweiten Tag ins Fitness-Center
geht, verlangt auch von seinem
Auto eine Menge.
Bungee-Jumping horizontal im
Audi. Zweimal 400 PS, und du
weißt, was Beschleunigung wirklich bedeutet. Zweckmäßigkeit hat
hier keinen Platz mehr.
halten ist, zu welcher Familie
Lamborghini jetzt gehört.
Der italienische Charakter,
umgesetzt mit deutscher Akribie, bringt ein reizvolles Ergebnis. Das letzte Tüpferl Know-
Audi Bimoto: Bungee-Jumping horizontal: 2 x 400 PS, vier angetriebene
Räder. Die Zeit zwischen 0 und 100
vergeht in der Schaltpause
how im Schnelleautosbauen
liegt tatsächlich im Land der
unbegrenzten Geschwindigkeit, jedenfalls, was Serienautos
angeht. So ist der Charakter des
kleinen Lamborghini mit Zehnzylindermotor und Allradantrieb so ausgewogen wie der
eines VW Polo, nur dass hier
andere Kriterien im Vordergrund stehen als Kofferraumvolumen und Rundumsicht.
500 PS sind eine runde
Zahl, 1430 kg Gewicht dank
Alu Space Frame eine schlanke
Sache. Dem Ziel, einen Rennwagen für die Straße zu bauen,
ist noch niemand so überzeugend nahe gekommen. Dabei
wirkt die Kulissenschaltung
im Lamborghini schon fast
gestrig, wenngleich sie besser
funktioniert als in allen Ferraris
zuvor. Es ist nicht zu viel verraten, wenn wir ihn schon jetzt
in der nächsten Ausscheidungsrunde sehen.